Wärme- und Stoffübertragung von H.D Baehr, K Stephan Neuausgabe Springer 2006 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 540 32334 1 Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG 38 1 Einführung. Technische Anwendungen ϑi − ϑi+1 = RLi Q̇ = δi Q̇ . λmi Ami (1.78) Mit Q̇ nach (1.71) und (1.77) läßt sich nach dieser Beziehung ϑi − ϑi+1 leicht berechnen. Für die Oberflächentemperaturen ϑW1 und ϑW2 gelten (1.74) und (1.75) unverändert. Für Rohre, die aus mehreren Schichten, z.B. aus dem eigentlichen Rohr und einer Isolierung bestehen, läßt sich (1.77) erweitern zu n 1 1 1 1 1 di+1 1 = + ln + . (1.79) kA πL α1 d1 2 i=1 λmi di α2 dn+1 Die i-te Schicht wird von den Durchmessern di und di+1 begrenzt. Dabei können die erste und die letzte Schicht, die an die Fluide grenzen, auch Schmutzschichten sein, die sich bei längerem Betrieb bilden und zusätzliche Wärmeleitwiderstände darstellen. 1.2.3 Wärmedurchgang durch Wände mit vergrößerter Oberfläche Der Wärmedurchgangswiderstand (1/kA) setzt sich nach (1.72) additiv aus den Einzelwiderständen des Wärmeübergangs und der Wärmeleitung zusammen. Dabei bestimmt stets der größte Einzelwiderstand den Wert von (1/kA), und dies besonders ausgeprägt, wenn die anderen Wärmewiderstände viel kleiner sind. So kann man die Isolierwirkung einer Wand durch Anbringen einer Schicht mit deutlich höherem Wärmeleitwiderstand δ/λm Am , also durch eine dicke Schicht aus einem Material mit kleiner Wärmeleitfähigkeit, erheblich verbessern. Soll dagegen, z.B. in einem Wärmeübertrager, der Wärmedurchgang möglichst gut sein, so verhindert dies oft ein großer Wärmeübergangswiderstand (1/αA). Der große Wärmeübergangswiderstand hat seine Ursache in einem kleinen Wärmeübergangskoeffizienten α, der sich, etwa durch Erhöhen der Strömungsgeschwindigkeit, nur schwer oder gar nicht vergrößern läßt. Hier liegt es nun nahe, (1/αA) durch Vergrößern der Fläche A zu verringern und so den Wärmedurchgang zu verbessern. Eine solche Flächenvergrößerung auf der Seite des schlechten“ Wärmeübergangskoeffizienten läßt sich durch das ” Anbringen von Rippen, Nadeln oder stabartigen Gebilden erreichen. Abb. 1.14 zeigt Beispiele derartig vergrößerter Wärmeübertragungsflächen, die im englischen Schriftum unter der Bezeichnung extended surfaces zusammengefaßt werden. Man kann so die ursprünglich vorhandene Fläche erheblich, sogar um das 10- bis 100-fache vergrößern. Der Wärmeübergangswiderstand verringert sich aber nicht in gleichem Maße. Die vergrößerte Wärmeübergangsfläche wird nämlich durch einen zusätzlichen Wärmeleitwiderstand erkauft. Die Wärme, die z.B. von der nahe der Spitze einer Rippe gelegenen Fläche an das Fluid abgegeben werden soll, muß 1.2 Wärmedurchgang 39 Abb. 1.14: Beispiele vergrößerter Oberflächen, a gerade Längsrippen, b stumpfe und spitze Nadelrippen, c Kreisrippen. in der Rippe durch Wärmeleitung in die Nähe der Spitze transportiert werden. Hierzu ist ein Temperaturgefälle zwischen Rippenfuß und Rippenspitze erforderlich, so daß die Rippe (oder eine andere Form einer vergrößerten Oberfläche) im Mittel eine niedrigere Temperatur aufweist als das von den Rippen freie Grundmaterial. Die aufgesetzten Rippen sind also nicht voll wirksam, denn sie bieten dem Wärmeübergang an das Fluid eine kleinere Temperaturdifferenz als das Grundmaterial. Abb. 1.15: Temperaturverlauf in einer berippten Wand auf der Linie AB. ϑR ist die mittlere Temperatur der Rippe. Um die Wirksamkeit berippter Flächen zu berechnen, betrachten wir die in Abb. 1.15 dargestellten Verhältnisse. Der an das Fluid 2 abgegebene Wärmestrom Q̇ besteht aus zwei Teilen: Q̇ = Q̇G + Q̇R . Der von der Fläche AG des von Rippen freien Grundmaterials abgegebene Wärmestrom Q̇G ist (1.80) Q̇G = αG AG (ϑW2 − ϑ2 ) , wobei αG den hier maßgebenden Wärmeübergangskoeffizienten bedeutet. In der Rippe fällt die Temperatur vom Wert ϑ0 am Rippenfuß (x = 0) bis zum 40 1 Einführung. Technische Anwendungen Wert ϑh an der Rippenspitze (x = h) ab. Mit ϑR als dem Mittelwert der Rippentemperatur gilt dann für den Wärmestrom Q̇R , der von den Rippen mit der Fläche AR an das Fluid abgegeben wird, Q̇R = αR AR (ϑR − ϑ2 ) . Dabei ist αR der (mittlere) Wärmeübergangskoeffizient zwischen Rippe und Fluid. Hätte die Rippe überall die Temperatur ϑ0 des Rippenfußes, so könnte sie den größeren Wärmestrom Q̇R0 = αR AR (ϑ0 − ϑ2 ) , abgeben. Man kennzeichnet nun die Wirksamkeit der Rippe durch den Rippenwirkungsgrad Q̇R ϑR − ϑ2 = (1.81) ηR := ϑ0 − ϑ2 Q̇R0 und erhält Q̇R = αR ηR AR (ϑ0 − ϑ2 ) . (1.82) Der Rippenwirkungsgrad ist stets kleiner als eins. Er hängt vom Wärmeleitvorgang in der Rippe und vom Wärmeübergang ab; denn beide Transportvorgänge beeinflussen sich gegenseitig. Neben der Rippengeometrie spielen daher die Wärmeleitfähigkeit λR des Rippenmaterials und der Wärmeübergangskoeffizient αR eine Rolle bei der Berechnung des Rippenwirkungsgrads, auf die wir in 2.2.4 eingehen. Abb. 1.16: Periodische Temperaturverteilung auf der Linie CD. ϑ0 mittlere Temperatur des Rippenfußes, ϑW2 mittlere Temperatur der Oberfläche des Grundmaterials zwischen den Rippen. Die Temperatur ϑ0 des Rippenfußes hat einen anderen Wert als die Temperatur ϑW2 des von Rippen freien Grundmaterials. Durch den Rippenfuß fließt nämlich eine wesentlich höhere Wärmestromdichte in die Rippe als vom Grundmaterial an das Fluid übergeht. Es tritt also eine Temperaturabsenkung unter der Rippe auf, so daß sich im Grundmaterial eine periodische Temperaturverteilung einstellt, wie sie Abb. 1.16 schematisch zeigt. Zur Vereinfachung vernachlässigt man diesen komplizierten Temperaturverlauf und setzt 1.2 Wärmedurchgang ϑ0 = ϑW2 , 41 (1.83) nimmt also eine isotherme Temperaturverteilung unter den Rippen und an der Oberfläche des Grundmaterials zwischen den Rippen an. Diese Vereinfachung führt zu einer Überschätzung des übertragenen Wärmestroms. Wie zuerst O. Krischer und W. Kast [1.4], später E.M. Sparrow und D.K. Hennecke [1.5] sowie E.M. Sparrow und L. Lee [1.6] zeigten, kann der Wärmestrom bis zu 25 % zu groß berechnet werden. In vielen Fällen, besonders bei dickeren und enger stehenden Rippen, liegt der Fehler unter 5 %. Wir nehmen daher (1.83) als gültig an und erhalten mit dieser Vereinfachung aus (1.80) und (1.82) Q̇ = Q̇R + Q̇G = (αG AG + αR ηR AR ) (ϑ0 − ϑ2 ) . (1.84) Die Rippenoberfläche ist nicht mit ihrer vollen Größe AR , sondern nur mit dem durch den Rippenwirkungsgrad verminderten Anteil ηR AR wirksam. Meistens ist AR AG , und in der ersten Klammer von (1.84) überwiegt der zweite Summand trotz ηR < 1. Man kann daher ohne großen Fehler αG ≈ αR setzen und erhält (1.85) Q̇ = αR (AG + ηR AR ) (ϑ0 − ϑ2 ) . Für den Wärmedurchgangswiderstand einer berippten Wand findet man nun, da außerdem die Beziehungen (1.68), (1.69) und (1.71) gelten, 1 1 δ 1 = . + + kA α1 A1 λm A m αR (AG + ηR AR ) (1.86) Hierin sind δ die Dicke, λm die mittlere Wärmeleitfähigkeit und Am die mittlere Fläche der unberippten Wand. Der Wärmedurchgang berippter Wände läßt sich also nach den gleichen Beziehungen berechnen wie bei unberippten Wänden; man hat nur statt der Rippenoberfläche die mit dem Rippenwirkungsgrad multiplizierte Fläche einzusetzen. Beispiel 1.3: Ein Rohr aus einer Aluminiumlegierung (λm = 205 W/K m) hat den Innendurchmesser d1 = 22 mm und den Außendurchmesser d2 = 25 mm. Es wird innen von Wasser mit ϑ1 = 60 ◦ C durchströmt, während Luft mit ϑ2 = 25 ◦ C senkrecht zu seiner Achse strömt. Typische Wärmeübergangskoeffizienten sind α1 = 6150 W/m2 K und α2 = 95 W/m2 K. Man berechne den auf die Rohrlänge L bezogenen Wärmestrom Q̇/L. Aus (1.76) erhält man « „ 1 1 1 d2 1 1 = + ln + kA πL α1 d1 2λm d1 α2 d2 = 1 Km 0,1365 K m (0,0074 + 0,0003 + 0,4211) = πL W L W und aus (1.71) Q̇/L = (kA/L) (ϑ1 − ϑ2 ) = 256 W/m . Der Wärmedurchgangswiderstand (1/kA) wird durch den großen Wärmeübergangswiderstand an der Rohraußenseite bestimmt, der durch das Anbringen von Rippen verkleinert werden soll. 42 1 Einführung. Technische Anwendungen Hierzu werden kreisringförmige Scheiben-Rippen mit dem Außendurchmesser dR = 60 mm, der Dicke δR = 1 mm und der Teilung tR = 6 mm gewählt. Die Zahl der Rippen ist dann n = L/tR . Für die von Rippen freie Außenfläche des Rohres gilt AG = π d2 (L − n δR ) = π d2 L (1 − δR /tR ) und für die Rippenoberfläche AR = 2n ´ ´ π` 2 π L ` 2 dR − d22 . dR − d22 = 4 2 tR Die schmale Fläche mit der Breite δR an der Rippenspitze ist hierbei vernachlässigt worden; denn sie trägt wegen ihrer niedrigen Übertemperatur nur wenig zum Wärmeübergang an die Luft bei. Gegenüber der Fläche A0 = πd2 L des unberippten Rohres erhält man eine Flächenvergrößerung um den Faktor (AG + AR )/A0 = 10,75. Für den Wärmeübergang ist die Rippenfläche jedoch nicht voll wirksam. Wir nehmen αR = α2 und einen Rippenwirkungsgrad ηR = 0,55 an und erhalten nach (1.86) „ « 1 d2 πL 1 1 1 + ln + = kA πL α1 d1 2λm d1 αR (AG + ηR AR ) = Km 0,0238 K m 1 (0,0074 + 0,0003 + 0,0670) = . πL W L W Der Wärmeübergangswiderstand auf der Rohraußenseite ist zwar immer noch der größte Wärmewiderstand, doch der Wärmedurchgangswiderstand hat sich durch das Anbringen der Rippen erheblich verkleinert. Dementsprechend erhält man den größeren Wärmestrom Q̇/L = 1472 W/m. Die Flächenvergrößerung um den Faktor 10,75 hat zu einer Erhöhung der Wärmeleistung um den Faktor 5,75 geführt. 1.2.4 Abkühlung und Erwärmung dünnwandiger Behälter Die Beziehungen für den stationären Wärmedurchgang lassen sich auch auf die Lösung eines instationären Wärmeübergangsproblems anwenden, nämlich zur Berechnung des zeitlichen Temperaturverlaufs beim Aufheizen und Abkühlen dünnwandiger Behälter, die mit einer Flüssigkeit gefüllt sind. Hierzu muß man zwei vereinfachende Annahmen machen: 1. Die Temperatur der Flüssigkeit im Inneren des Behälters ist räumlich ausgeglichen; sie ändert sich nur mit der Zeit, ϑF = ϑF (t). 2. Die Wärmespeicherung der Behälterwand, genauer die Änderung ihrer inneren Energie, kann vernachlässigt werden. Die erste Annahme wird häufig zutreffen, weil freie oder durch ein Rührwerk erzwungene Konvektionsströme einen räumlichen Temperaturausgleich im Inneren des Behälters herbeiführen. Die zweite Annahme ist nur dann berechtigt, wenn die Wärmekapazität des Behälterinhalts die Wärmekapazität 1.2 Wärmedurchgang 43 der Wände weit überwiegt. Dies trifft auf die Abkühlung oder Erwärmung von Flüssigkeiten in dünnwandigen Behältern zu, jedoch nicht auf gasgefüllte Behälter mit dicken oder stark isolierten Wänden. Bei Gültigkeit der beiden Annahmen herrscht zu jeder Zeit im Behälterinneren eine räumlich ausgeglichene Temperatur, und in den Wänden verläuft die Temperatur nach den Gleichungen, die für den stationären Zustand gelten. In einer ebenen Behälterwand fällt die Temperatur also linear ab, diese Gerade verlagert sich jedoch im Laufe der Zeit. Abb. 1.17: Temperaturverlauf bei der Abkühlung eines dünnwandigen Behälters. Wir betrachten zunächst den Abkühlvorgang, Abb. 1.17. Der Wärmestrom Q̇(t), der von der Flüssigkeit mit der Temperatur ϑF (t) durch die Behälterwand an die Umgebung mit der konstanten Temperatur ϑU übertragen wird, ist durch Q̇(t) = kA [ϑF (t) − ϑU ] (1.87) gegeben. Dabei kann der Wärmedurchgangskoeffizient k nach (1.72) berechnet werden. Nach dem ersten Hauptsatz bewirkt der abfließende Wärmestrom Q̇ eine Abnahme der inneren Energie UF der im Behälter befindlichen Flüssigkeit: dUF dϑF Q̇(t) = − = −MF cF . (1.88) dt dt Hierin bedeutet MF die Masse und cF die als konstant angenommene spez. Wärmekapazität der Flüssigkeit. Aus (1.87) und (1.88) folgt die gewöhnliche Differentialgleichung dϑF kA + (ϑF − ϑU ) = 0 dt MF cF für die Flüssigkeitstemperatur. Ihre Lösung unter der Anfangsbedingung ϑF = ϑF0 lautet in dimensionsloser Form zur Zeit t=0 44 1 Einführung. Technische Anwendungen ϑ+ F := ϑF − ϑU kA = exp − t . ϑF0 − ϑU MF cF (1.89) Die Flüssigkeitstemperatur sinkt also exponentiell von ihrem Anfangswert ϑF0 auf die Umgebungstemperatur ϑU . Abb. 1.18 zeigt den Temperaturverlauf für verschiedene Werte der Abklingzeit t0 := MF cF /kA . (1.90) Sie erscheint in Abb. 1.18 als Subtangente der Abkühlkurve zu einem beliebigen Zeitpunkt, insbesondere auch zur Zeit t = 0. Abb. 1.18: Zeitliche Änderung der Flüssigkeitstemperatur ϑ+ F nach (1.89) mit t0 nach (1.90) bei der Abkühlung eines Behälters. Die Erwärmung des Behälterinhalts möge zur Zeit t = 0 beginnen, bei der der ganze Behälter die Umgebungstemperatur hat: ϑF = ϑU für t = 0 . (1.91) Der Flüssigkeit werde für t ≥ 0 die Heizleistung Q̇H = Q̇H (t) zugeführt, die eine beliebige Funktion der Zeit sein kann. Da die Flüssigkeit den Wärmestrom Q̇(t) nach (1.87) durch die dünne Behälterwand an die Umgebung verliert, liefert der erste Hauptsatz die Bilanzgleichung dUF = −Q̇(t) + Q̇H (t) , dt woraus die Differentialgleichung Q̇H (t) dϑF kA (ϑF − ϑU ) = + dt MF cF MF cF 1.3 Wärmeübertrager 45 folgt. Ihre allgemeine Lösung unter Beachtung der Anfangsbedingung (1.91) lautet t Q̇H (t) exp (t/t0 ) dt (1.92) ϑF = ϑU + exp (−t/t0 ) MF cF 0 mit t0 nach (1.90). Nimmt man eine konstante Heizleistung Q̇H an, so folgt aus (1.92) ϑF = ϑU + Q̇H [1 − exp (−t/t0 )] . kA Nach sehr langer Zeit (t → ∞) erreicht die Temperatur der Flüssigkeit den Wert Q̇H ϑF∞ = ϑU + . kA Die zugeführte Heizleistung reicht dann gerade aus, um den Verlustwärmestrom Q̇ nach (1.87) zu decken; es stellt sich ein stationärer Zustand ein. 1.3 Wärmeübertrager Soll Energie als Wärme von einem Fluidstrom auf einen anderen übertragen werden, so führt man die beiden Fluide durch einen Apparat, der Wärmeübertrager (früher auch Wärmetauscher oder Wärmeaustauscher) genannt wird. Die Fluidströme sind dabei durch eine materielle Wand, meist eine Rohrwand, getrennt, durch die Wärme vom Fluid mit der höheren Temperatur auf das kältere Fluid übertragen wird. Für die Berechnung von Wärmeübertragern verwendet man daher die in Abschnitt 1.2 hergeleiteten Beziehungen für den Wärmedurchgang. Außerdem verknüpfen die Energiebilanzen des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik den übertragenen Wärmestrom mit den Enthalpieänderungen der beiden Fluide und damit mit ihren Temperaturänderungen. Wärmeübertrager kommen in verschiedenen Bauarten vor, die sich insbesondere durch die Stromführung der beiden Fluide unterscheiden. Hierüber wird im ersten Abschnitt berichtet. Danach gehen wir auf die Berechnungsgleichungen ein, die vorteilhaft mit dimensionslosen Kenngrößen formuliert werden. In den dann folgenden Abschnitten behandeln wir die Berechnung der Gegenstrom-, Gleichstrom- und Kreuzstromwärmeübertrager. Im letzten Abschnitt wird auf weitere praktisch wichtige Stromführungen hingewiesen, die sich aus den drei genannten Grundformen kombinieren lassen. Berechnung, Gestaltung und Anwendung von Wärmeübertragern werden ausführlich in verschiedenen Büchern behandelt. Es sei insbesondere auf die Veröffentlichungen von H. Hausen [1.7], H. Martin [1.8] sowie W. Roetzel u.a. [1.9] hingewiesen. Die folgenden Abschnitte geben nur eine Einführung 46 1 Einführung. Technische Anwendungen in dieses umfangreiche Gebiet unter Betonung der wärmetechnischen Berechnungsverfahren. 1.3.1 Bauarten und Stromführungen Zu den einfachen Bauformen eines Wärmeübertragers gehört der in Abb. 1.19 schematisch dargestellte Doppelrohr-Wärmeübertrager. Hier werden zwei Rohre in der Regel konzentrisch angeordnet. Das eine Fluid, Index 1, strömt im Innenrohr, das andere, dessen Eigenschaften durch den Index 2 gekennzeichnet werden, strömt im ringförmigen Raum zwischen dem Innen- und dem Mantelrohr. Offensichtlich sind zwei Stromführungen möglich: der Gegenstrom, bei dem die beiden Fluide in verschiedenen Richtungen strömen, Abb. 1.19a, und der Gleichstrom nach Abb. 1.19b. Abb. 1.19: Fluidtemperaturen ϑ1 und ϑ2 in einem Doppelrohr-Wärmeübertrager. a Gegenstromführung, b Gleichstromführung. In Abb. 1.19 sind auch die Verläufe der über den Querschnitt gemittelten Temperaturen ϑ1 und ϑ2 der beiden Fluide dargestellt. Die Eintrittstemperaturen werden mit einem Strich, die Austrittstemperaturen mit zwei Strichen gekennzeichnet. In jedem Querschnitt ist ϑ1 > ϑ2 , wenn wir mit dem Index 1 das heißere Fluid bezeichnen. Bei Gegenstromführung treten die beiden Fluide an verschiedenen Enden des Wärmeübertragers aus. Deswegen kann die Austrittstemperatur ϑ1 des warmen Stromes unter der des kalten Stromes liegen (ϑ1 < ϑ2 ); denn es müssen nur die Bedingungen ϑ1 > ϑ2 und ϑ1 > ϑ2 eingehalten werden. Eine derartige starke Abkühlung des warmen Fluids 1 bzw. die große Erwärmung des kalten Fluids 2 ist mit der Gleichstromführung nicht zu erreichen. Hier treten die Austrittstemperaturen beider Fluide im selben Querschnitt des Doppelrohr-Wärmeübertragers auf, 1.3 Wärmeübertrager 47 und es gilt daher ϑ1 > ϑ2 selbst bei beliebiger Verlängerung des Apparates. Dies ist ein erstes Anzeichen dafür, daß die Gegenstromführung der Gleichstromführung überlegen ist: Nicht alle Wärmeübertragungsaufgaben, die bei Gegenstrom realisiert werden können, lassen sich mit Gleichstrom verwirklichen. Außerdem werden wir in 1.3.3 herleiten, daß bei gleicher übertragener Wärmeleistung ein Gegenstrom-Wärmeübertrager stets eine kleinere Fläche hat als ein Gleichstrom-Wärmeübertrager, sofern die gestellte Aufgabe überhaupt mit beiden Stromführungen lösbar ist. Aus diesen Gründen wird die Gleichstromführung selten angewendet. Die in der Praxis am häufigsten angewandte Bauform ist der RohrbündelWärmeübertrager nach Abb. 1.20. Das eine der beiden Fluide strömt dabei in den parallelen Rohren eines Bündels, das sehr viele Rohre enthalten kann. Das Bündel ist von einem Mantelrohr umgeben, in dessen Innerem das andere Abb. 1.20: Rohrbündel-Wärmeübertrager (schematisch) Fluid an der Außenseite der Rohre des Bündels strömt. Auch hier läßt sich Gegenstrom verwirklichen, wenn man von den Enden des Wärmeübertragers absieht, wo das im Außenraum strömende Fluid ein- bzw. austritt. Häufig erzwingt man jedoch durch Umlenk- oder Schikanebleche nach Abb. 1.21, daß das Fluid im Außenraum im wesentlichen quer zu den Rohren des Bündels strömt, was zu einem höheren Wärmeübergangskoeffizienten als bei Längsströmung führt. In diesen Abschnitten zwischen den Umlenkblechen liegt nicht Gleich- oder Gegenstrom vor, sondern Kreuzstrom. Abb. 1.21: RohrbündelWärmeübertrager mit Umlenkblechen. Reiner Kreuzstrom wird bei den Plattenwärmeübertragern nach Abb. 1.22 verwirklicht. Hier ändern sich die Temperaturen der beiden Fluide 48 1 Einführung. Technische Anwendungen Abb. 1.22: Schema eines Plattenwärmeübertragers mit Kreuzstromführung. Abb. 1.23: Fluidtemperaturen ϑ1 = ϑ1 (x, y) und ϑ2 = ϑ2 (x, y) bei Kreuzstrom. auch quer zur jeweiligen Strömungsrichtung. Dies ist in Abb. 1.23 schematisch wiedergegeben. Jedes Fluidteilchen, das einen Wärmeübertrager mit Kreuzstrom-Führung durchströmt, erfährt eine eigene Temperaturänderung zwischen der für alle Teilchen gleichen Eintrittstemperatur ϑi und dem individuellen Wert seiner Austrittstemperatur. Kreuzstrom wird auch bei Rohrbündel-Wärmeübertragern angewendet, bei denen eines der Fluide gasförmig ist. Das Gas strömt quer zu den Rohrachsen über die Rohre, die in Reihen angeordnet sind und in denen das andere Fluid, oft eine Flüssigkeit, strömt. Durch Berippung der Rohre, vgl. Abschnitt 1.2.3 und 2.2.3, läßt sich die Wärmeübertragungsfläche auf der Gasseite vergrößern, wodurch der niedrige Wärmeübergangskoeffizient kompensiert wird. 1.3 Wärmeübertrager 49 Abb. 1.24 zeigt eine besonders einfache Bauart eines Wärmeübertragers, eine Rohrschlange, die in einem Behälter (Kessel) untergebracht ist. Das eine Fluid strömt durch das Rohr, das andere befindet sich im Kessel. Es kann diesen stationär durchströmen oder, im Kessel ruhend, erwärmt oder abgekühlt werden. Häufig wird das im Kessel befindliche Fluid durch ein Rührwerk bewegt, um es zu durchmischen und den Wärmeübergang an die Rohrschlange zu verbessern. Abb. 1.24: Wärmeübertrager mit Rohrschlange (schematisch) Neben den genannten Bauarten gibt es zahlreiche Sonderformen von Wärmeübertragern, auf die wir nicht eingehen. Dabei ist eine Vielzahl von Kombinationen der grundlegenden Stromführungen Gegenstrom, Gleichstrom und Kreuzstrom möglich, was zu komplizierten Berechnungsverfahren führt. Bei den bisher behandelten Wärmeübertragern strömen zwei Fluide stationär und gleichzeitig durch den Apparat. Sie sind stets durch eine Wand getrennt, durch die Wärme vom heißen zum kalten Fluid fließt (Wärmedurchgang). Diese Wärmeübertrager werden auch als Rekuperatoren bezeichnet im Gegensatz zu den Regeneratoren. Sie enthalten eine für Gase durchlässige Füllmasse, z.B. gitterartige Anordnungen von Formsteinen mit Kanälen für das Gas oder eine Schüttung aus Steinen oder Metallstreifen. Die beiden Gase durchströmen den Regenerator in zeitlichem Wechsel. Das heiße Gas gibt Wärme an die Füllkörper ab, in denen sie als innere Energie gespeichert wird. Das anschließend durch die Speichermasse strömende kalte Gas nimmt Energie als Wärme auf und verläßt den Regenerator mit höherer Temperatur. Ein kontinuierlicher Betrieb erfordert wenigstens zwei Regeneratoren, damit gleichzeitig das eine Gas erwärmt und das andere abgekühlt werden kann, Abb. 1.25. Durch Umschalten der Gasströme wird jeder der beiden Regeneratoren im periodischen Wechsel aufgeheizt und gekühlt. Die Austrittstemperaturen der Gase führen dabei zeitliche Schwingungen aus. Regeneratoren werden als Winderhitzer der Hochöfen und als Wärmeübertrager in Tieftemperaturanlagen zur Gasverflüssigung eingesetzt. Eine besondere Bauart, 50 1 Einführung. Technische Anwendungen Abb. 1.25: Regeneratoren für die periodische Wärmeübertragung zwischen den Gasen Luft und Stickstoff (schematisch) der Ljungström-Vorwärmer mit rotierender Speichermasse, dient als Luftvorwärmer für Feuerungen und in Gasturbinenanlagen; das warme Gas ist dabei das Verbrennungsgas (Abgas), das möglichst weit abgekühlt werden soll, um seinen Energieinhalt zu nutzen. Die Theorie der Regeneratoren hat vor allem H. Hausen [1.10] entwickelt. Da es sich um die Berechnung recht komplizierter zeitabhängiger Vorgänge handelt, gehen wir auf die Regenerator-Theorie in den folgenden Abschnitten nicht ein. Es sei auf die zusammenfassenden Darstellungen von H. Hausen [1.7] und im VDI-Wärmeatlas [1.11] verwiesen. 1.3.2 Allgemeine Berechnungsgleichungen. Dimensionslose Kennzahlen Abb. 1.26 zeigt das Schema eines Wärmeübertragers. Die Temperaturen der beiden Fluide werden wie in Abschnitt 1.3.1 mit ϑ1 und ϑ2 bezeichnet, wobei wir ϑ1 > ϑ2 annehmen. Wärme soll also vom Fluid 1 auf das Fluid 2 übertragen werden. Die Eintrittstemperaturen werden durch einen Strich, die Austrittstemperaturen durch zwei Striche gekennzeichnet. Wir wenden zunächst den ersten Hauptsatz der Thermodynamik auf jedes der beiden Fluide an. Der übertragene Wärmestrom bewirkt eine Enthalpieerhöhung des kalten Fluids 2 und eine Enthalpieabnahme des warmen Fluids 1. Es gilt Q̇ = Ṁ1 (h1 − h1 ) = Ṁ2 (h2 − h2 ) , (1.93) wobei Ṁi den Massenstrom des Fluids i bedeutet. Die hier auftretenden spez. Enthalpien sind bei den Eintritts- und Austrittstemperaturen ϑi bzw. ϑi zu berechnen, die als Querschnittsmittelwerte, nämlich als adiabate Mischungstemperaturen im Sinne der Ausführungen von Abschnitt 1.1.3 zu bestimmen 1.3 Wärmeübertrager 51 Abb. 1.26: Schema eines Wärmeübertragers mit Massenströmen Ṁi , Eintrittstemperaturen ϑi , Austrittstemperaturen ϑi , Eintrittsenthalpien hi und Austrittsenthalpien hi der beiden Fluidströme (i = 1, 2). sind. Gleichung (1.93) gilt nur für einen bezüglich der Umgebung adiabaten Wärmeübertrager, was wir im folgenden stets voraussetzen. Die beiden Fluide sollen den Wärmeübertrager ohne Phasenänderung durchströmen, also nicht kondensieren oder verdampfen. Wir vernachlässigen die sehr geringe Druckabhängigkeit der spez. Enthalpie. Sie hängt dann nur von der Temperatur ab, und wir erhalten mit cpi := hi − hi ϑi − ϑi , i = 1, 2 (1.94) als mittlerer spez. Wärmekapazität zwischen ϑi und ϑi aus (1.93) Q̇ = Ṁ1 cp1 (ϑ1 − ϑ1 ) = Ṁ2 cp2 (ϑ2 − ϑ2 ) . Zur Abkürzung führt man den Wärmekapazitätsstrom Ẇi := Ṁi cpi ein und erhält , i = 1, 2 Q̇ = Ẇ1 (ϑ1 − ϑ1 ) = Ẇ2 (ϑ2 − ϑ2 ) . (1.95) (1.96) Die Temperaturänderungen der beiden Fluidströme sind durch den ersten Hauptsatz miteinander verknüpft; sie verhalten sich reziprok zum Verhältnis ihrer Wärmekapazitätsströme. Der Wärmestrom Q̇ wird durch die Temperaturdifferenz ϑ1 − ϑ2 im Inneren des Wärmeübertragers vom Fluid 1 auf das Fluid 2 übertragen. Dabei hat Q̇ den Wärmedurchgangswiderstand 1/kA nach Abschnitt 1.2.1 zu überwinden. Die Größe kA, die wir im folgenden die Übertragungsfähigkeit des Wärmeübertragers nennen, ist die für den Apparat typische Größe. Sie läßt sich nach (1.72) aus den Wärmeübergangswiderständen und dem Wärmeleitwiderstand der Trennwand zwischen den beiden Fluiden berechnen. In der Regel sieht man kA als eine Apparate-Konstante an und nimmt an, der Wärmedurchgangskoeffizient k solle an jeder Stelle des Wärmeübertragers den gleichen Wert haben. Dies muß jedoch nicht zutreffen; denn die Wärmeübergangskoeffizienten der Fluide können sich längs ihrer Strömungswege als Folge 52 1 Einführung. Technische Anwendungen der Temperaturabhängigkeit der Stoffwerte oder wegen einer Änderung der Strömungsverhältnisse ändern. In solchen Fällen kann man k bzw. kA an mehreren Punkten des Wärmeübertragers berechnen und einen geeigneten Mittelwert bilden, vgl. W. Roetzel u. B. Spang [1.12], der dann die für den ganzen Wärmeübertrager charakteristische Übertragungsfähigkeit kA darstellt. Bevor wir die Berechnung eines Wärmeübertragers beginnen, verschaffen wir uns einen Überblick über die maßgebenden Einflußgrößen, verringern ihre Zahl durch Einführen dimensionsloser Kennzahlen und ermitteln schließlich, welche Beziehungen zur Berechnung des Wärmeübertragers benötigt werden. In Abb. 1.27 sind die sieben bisher behandelten Einflußgrößen eingetragen. Die Wirksamkeit des Wärmeübertragers ist durch seine Übertragungsfähigkeit kA gegeben; jeder der beiden Stoffströme wird durch den Wärmekapazitätsstrom Ẇi , die Eintrittstemperatur ϑi und die Austritts- oder Ablauftemperatur ϑi gekennzeichnet. Da es auf die absolute Größe der Temperaturen nicht ankommt, spielen nur die drei Differenzen (ϑ1 − ϑ1 ), (ϑ2 − ϑ2 ) und (ϑ1 − ϑ2 ) eine Rolle, vgl. Abb. 1.28. Somit verringert sich die Zahl der Einflußgrößen um eins. Es verbleiben sechs Größen kA, (ϑ1 − ϑ1 ), Ẇ1 , (ϑ2 − ϑ2 ), Ẇ2 und (ϑ1 − ϑ2 ) . Sie gehören zu nur zwei verschiedenen Größenarten; es sind Temperaturen (Einheit K) oder Wärmekapazitätsströme (Einheit W/K). Nach Abschnitt 1.1.4 lassen sich daher vier (= 6 − 2) Kenngrößen bilden, nämlich die dimensionslosen Temperaturänderungen der beiden Fluide, ε1 := ϑ1 − ϑ1 ϑ1 − ϑ2 und ε2 := ϑ2 − ϑ2 , ϑ1 − ϑ2 (1.97) vgl. Abb. 1.29, und die Verhältnisse N1 := kA Ẇ1 und N2 := kA . Ẇ2 (1.98) Sie werden in der amerikanischen Literatur als Number of Transfer-Units (N T U ) bezeichnet. Im deutschen Schrifttum findet man die direkte Übersetzung Zahl der Übertragungseinheiten“; wir schlagen vor, Ni als dimensi” onslose oder bezogene Übertragungsfähigkeit zu bezeichnen. Anstelle von N2 wird oft das Verhältnis der Wärmekapazitätsströme C1 := Ẇ1 N2 = N1 Ẇ2 (1.99) C2 := Ẇ2 1 = C1 Ẇ1 (1.100) oder sein Kehrwert verwendet. 1.3 Wärmeübertrager Abb. 1.27: Wärmeübertrager mit den sieben Einflußgrößen. 53 Abb. 1.28: Die drei maßgebenden Temperaturdifferenzen (Pfeile) in einem Wärmeübertrager. Abb. 1.29: Verlauf der dimensionslosen Fluidtemperaturen ϑ+ i = (ϑi − ϑ2 ) / (ϑ1 − ϑ2 ) über der Fläche und Veranschaulichung von ε1 und ε2 nach (1.97). Die vier Kenngrößen nach (1.97) und (1.98) sind nicht unabhängig voneinander, denn aus der Bilanzgleichung (1.96) des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik erhält man ε1 ε2 = N1 N2 oder ε2 = C1 ε1 . (1.101) Die zwischen den drei verbleibenden Kenngrößen bestehende Relation F (ε1 , N1 , N2 ) = 0 oder F (ε1 , N1 , C1 ) = 0 (1.102) ist die Betriebscharakteristik des Wärmeübertragers. Sie hängt von der Stromführung ab und muß durch eine Berechnung des Temperaturverlaufs der beiden Fluidströme gewonnen werden, worauf wir in den folgenden Abschnitten eingehen. Bei der Berechnung von Wärmeübertragern treten zwei Gruppen von Aufgaben auf: 1. Nachrechnung eines gegebenen Wärmeübertragers, 2. Auslegung des Wärmeübertragers für eine vorgeschriebene Leistung. Im ersten Fall sind neben (ϑ1 − ϑ2 ) die Wärmekapazitätsströme Ẇ1 und Ẇ2 sowie kA gegeben. Gesucht sind die Temperaturänderungen der beiden Fluidströme, aus denen sich nach (1.96) die Wärmeleistung Q̇ ergibt. Da die Kennzahlen N1 und N2 bzw. das Paar N1 und C1 gegeben sind, läßt sich diese Aufgabe sofort lösen, wenn die Betriebscharakteristik (1.102) explizit nach ε1 aufgelöst werden kann: 54 1 Einführung. Technische Anwendungen ε1 = ε1 (N1 , C1 ) . Die dimensionslose Temperaturänderung ε2 des anderen Fluids folgt aus (1.101). Bei der Auslegungsrechnung wird kA gesucht; die Temperaturänderungen beider Ströme sind gegeben, oder es sind beide Wärmekapazitätsströme und die Temperaturänderung eines Stromes bekannt. In diesem Fall ist eine Betriebscharakteristik erwünscht, die explizit nach N1 oder N2 auflösbar ist: N1 = N1 (ε1 , C1 ) . Daraus erhält man die erforderliche Übertragungsfähigkeit kA = N1 Ẇ1 = N2 Ẇ2 . In Abb. 1.30 ist die Betriebscharakteristik eines Wärmeübertragers mit gegebener Stromführung schematisch dargestellt. Die Lösung der beiden Aufgaben, Nachrechnung und Auslegung, ist angedeutet. In vielen Fällen ist die hier vorausgesetzte explizite Auflösung der Betriebscharakteristik nach ε1 und N1 nicht möglich, selbst wenn man über einen analytischen Ausdruck für die Betriebscharakteristik verfügt. In solchen Fällen kann man Diagramme nach Art der Abb. 1.30 benutzen, auf die wir in Abschnitt 1.3.5 eingehen. Abb. 1.30: Schematische Darstellung der Betriebscharakteristik eines Wärmeübertragers für Ci = const. N angenommer Betriebspunkt für die Nachrechnung: εi = εi (Ni , Ci ), A angenommener Betriebspunkt für die Auslegung: Ni = Ni (εi , Ci ). Außerdem ist die Bestimmung der bezogenen mittleren Temperaturdifferenz Θ für den Betriebspunkt A dargestellt. Bei der Einführung des Wärmekapazitätsstroms Ẇi nach (1.95) hatten wir die Kondensation oder Verdampfung eines der Fluide ausgeschlossen. Bei der isobaren Verdampfung oder Kondensation eines reinen Stoffes ändert sich seine Temperatur nicht, es geht aber cpi → ∞. Daraus folgt εi = 0, während Ẇi → ∞ strebt, was Ni = 0 und Ci → ∞ zur Folge hat. Die Berechnung 1.3 Wärmeübertrager 55 des Wärmeübertragers vereinfacht sich in diesen Fällen, denn die Betriebscharakteristik ist nur noch der Zusammenhang zwischen zwei (und nicht drei) Kennzahlen, nämlich zwischen ε und N des anderen, nicht kondensierenden bzw. verdampfenden Fluids. Zur Berechnung von Wärmeübertragern benutzt man neben den bereits eingeführten Größen und Kennzahlen eine weitere Größe, die mittlere Temperaturdifferenz ∆ϑm . Man erhält sie durch Integration der örtlichen Differenz (ϑ1 − ϑ2 ) der beiden Fluidtemperaturen über die gesamte Übertragungsfläche: ∆ϑm := 1 A Z (ϑ1 − ϑ2 ) dA . (1.103) (A) Analog zu (1.71) erhält man dann für den übertragenen Wärmestrom Q̇ = kA∆ϑm . (1.104) Diese Gleichung gilt streng genommen nur, wenn der Wärmedurchgangskoeffizient k an jeder Stelle von A gleich groß ist. Trifft dies nicht zu, so kann man (1.104) als Definitionsgleichung eines Mittelwertes von k ansehen. Durch Einführen von ∆ϑm erhält man mit (1.104) eine Beziehung, die den übertragenen Wärmestrom unmittelbar mit der Übertragungsfähigkeit kA, also mit der Fläche des Wärmeübertragers verknüpft. Es gelten nun die Gleichungen Q̇ = kA∆ϑm = Ẇ1 (ϑ1 − ϑ1 ) = Ẇ2 (ϑ2 − ϑ2 ) . Mit der dimensionslosen mittleren Temperaturdifferenz Θ := ∆ϑm ϑ1 − ϑ2 (1.105) erhält man daraus die folgenden Beziehungen zwischen Kennzahlen: Θ= ε1 ε2 = . N1 N2 (1.106) Die mittlere Temperaturdifferenz ∆ϑm bzw. die mit ihr gebildete Kennzahl Θ läßt sich also aus den vorher behandelten Kennzahlen berechnen. Die aus der Betriebscharakteristik folgenden Zusammenhänge lassen sich auf Θ übertragen. Grundsätzlich liefert die Einführung der mittleren Temperaturdifferenz keine Erkenntnisse, die sich nicht auch aus der Betriebscharakteristik ablesen ließen. Dies veranschaulicht auch Abb. 1.30, in der Θ als Anstieg der Verbindungsgeraden zwischen dem Betriebspunkt des Wärmeübertragers und dem Nullpunkt des Diagramms erscheint. 1.3.3 Gegenstrom- und Gleichstrom-Wärmeübertrager Wir berechnen nun die Betriebscharakteristik F (εi , Ni , Ci ) = 0, für einen Gegenstrom-Wärmeübertrager durch eine Analyse des Temperaturverlaufs der beiden Fluide. Die so gewonnenen Ergebnisse lassen sich leicht auf den praktisch weniger wichtigen Fall des Gleichstroms übertragen. 56 1 Einführung. Technische Anwendungen Wir betrachten den in Abb. 1.31 dargestellten Temperaturverlauf in einem Gegenstrom-Apparat. Die Temperaturen ϑ1 und ϑ2 der beiden Fluide hängen von der Koordinate z in Strömungsrichtung des Fluids 1 ab. Auf einen Abschnitt mit der Länge dz wenden wir den ersten Hauptsatz an und erhalten für den Wärmestrom dQ̇, der vom Fluid 1 durch das Flächenelement dA auf das Fluid 2 übertragen wird, dQ̇ = −Ṁ1 cp1 dϑ1 = −Ẇ1 dϑ1 (1.107) dQ̇ = −Ṁ2 cp2 dϑ2 = −Ẇ2 dϑ2 . (1.108) und Nun eliminieren wir dQ̇ mit dem für den Wärmedurchgang gültigen Ansatz dQ̇ = k(ϑ1 − ϑ2 ) dA = kA(ϑ1 − ϑ2 ) dz L (1.109) aus (1.107) und (1.108) und erhalten für die Änderung der Fluidtemperaturen dz kA dz = −(ϑ1 − ϑ2 )N1 L L Ẇ1 (1.110) dz kA dz = −(ϑ1 − ϑ2 )N2 . L Ẇ2 L (1.111) dϑ1 = −(ϑ1 − ϑ2 ) und dϑ2 = −(ϑ1 − ϑ2 ) Wir verzichten darauf, die Temperaturverläufe ϑ1 = ϑ1 (z) und ϑ2 = ϑ2 (z) aus diesen beiden Differentialgleichungen zu berechnen, sondern bestimmen die Änderung der Differenz ϑ1 −ϑ2 . Dazu subtrahieren wir (1.111) von (1.110) und erhalten nach Division mit (ϑ1 − ϑ2 ) d(ϑ1 − ϑ2 ) dz . = (N2 − N1 ) ϑ1 − ϑ2 L (1.112) Abb. 1.31: Temperaturverlauf in einem Gegenstromwärmeübertrager. 1.3 Wärmeübertrager 57 Integration dieser Differentialgleichung zwischen z = 0 und z = L liefert die Beziehung (ϑ1 − ϑ2 )L ϑ − ϑ2 ln = ln 1 = N2 − N1 . (1.113) (ϑ1 − ϑ2 )0 ϑ1 − ϑ2 Nun gilt ϑ1 − ϑ2 1 − ε1 ϑ1 − ϑ2 − (ϑ1 − ϑ1 ) = = , ϑ1 − ϑ2 ϑ1 − ϑ2 − (ϑ2 − ϑ2 ) 1 − ε2 und wir erhalten 1 − ε1 ln = N2 − N1 (1.114) 1 − ε2 als Betriebscharakteristik des Gegenstrom-Wärmeübertragers in impliziter Form. Sie ist invariant gegenüber dem Vertauschen der Indizes 1 und 2. Unter Verwendung der Verhältnisse C1 und C2 = 1/C1 nach (1.99) bzw. (1.100) ergeben sich explizite Gleichungen der Form εi = f (Ni , Ci ) und Ni = f (εi , Ci ) , i = 1, 2 die für jeden der beiden Fluidströme dieselbe Gestalt haben. Diese expliziten Formen der Betriebscharakteristik sind in Tabelle 1.4 verzeichnet. Sind die Wärmekapazitätsströme gleich, Ẇ1 = Ẇ2 , so gilt wegen C1 = C2 = 1 ε1 = ε2 = ε und N1 = N2 = N , und man erhält nach Reihenentwicklung der für Ci = 1 geltenden Gleichungen durch den Grenzübergang Ci → 1 die ebenfalls in Tabelle 1.4 angegebenen einfachen Beziehungen. Abb. 1.32: Betriebscharakteristik εi = εi (Ni , Ci ) für Gegenstrom nach Tab. 1.4. Abb. 1.32 zeigt die Betriebscharakteristik εi = f (Ni , Ci ) als Funktion von Ni mit Ci als Parameter. Erwartungsgemäß nimmt die normierte Temperaturänderung εi mit wachsendem Ni , also mit wachsender Übertragungsfähigkeit kA monoton zu. Für Ni → ∞ erhält man den Grenzwert 58 1 Einführung. Technische Anwendungen Tabelle 1.4: Gleichungen zur Berechnung der normierten Temperaturänderung εi , der dimensionslosen Übertragungsfähigkeit Ni und der mittleren Temperaturdifferenz Θ bei Gegenstrom- und Gleichstrom-Wärmeübertragern Stromführung εi = εi (Ni , Ci ) Ni = Ni (εi , Ci ) Θ = Θ (ε1 , ε2 ) Gegenstrom 1 − exp [(Ci − 1) Ni ] 1 1 − Ci εi Ci = 1 εi = Ni = ln i = 1, 2 1 − Ci exp [(Ci − 1) Ni ] 1 − Ci 1 − εi C=1 Gleichstrom i = 1, 2 ε= N 1+N N= εi = 1 − exp [− (1 + Ci ) Ni ] 1 + Ci Ni = kA/Ẇi , Θ= ε 1−ε ε1 = ϑ1 − ϑ1 ϑ1 − ϑ2 , ε1 − ε2 1 − ε2 ln 1 − ε1 Θ =1−ε Ni = ln [1 − εi (1 + Ci )] − 1 + Ci Bedeutung der Kennzahlen: Θ= ε2 = Θ= − (ε1 + ε2 ) ln [1 − (ε1 + ε2 )] ϑ2 − ϑ2 ϑ1 − ϑ2 ∆ϑm εi Ẇ1 ε2 N2 1 , C1 = = = , C2 = = Ni ε1 N1 C1 ϑ1 − ϑ2 Ẇ2 lim εi = Ni →∞ 1 für Ci ≤ 1 1/Ci für Ci > 1 . Ist Ci ≤ 1, so hat εi den Charakter eines Wirkungsgrades; die normierte Temperaturänderung des Fluids, das den kleineren Wärmekapazitätsstrom hat, bezeichnet man daher auch als Wirkungsgrad oder Effektivität des Wärmeübertragers. Durch immer weiteres Vergrößern der Wärme übertragenden Fläche A kann man die Temperaturdifferenz zwischen den beiden Fluiden nur an einem Ende des Gegenstromapparates beliebig klein machen. Allein für Ẇ1 = Ẇ2 , also für C1 = C2 = 1 ließen sich an beiden Enden (und damit in jedem Querschnitt) des Wärmeübertragers beliebig kleine Temperaturdifferenzen durch Flächenvergrößerung erreichen. Der in der Thermodynamik häufig betrachtete Idealfall der reversiblen Wärmeübertragung zwischen zwei Fluiden läßt sich also nur bei Ẇ1 = Ẇ2 mit einem Wärmeübertrager sehr großer Übertragungsfähigkeit annähernd erreichen. Wie schon in Abschnitt 1.3.2 erwähnt, dient die Funktion εi = f (Ni , Ci ) zur Berechnung der Ablauftemperaturen und der Übertragungsleistung, wenn 1.3 Wärmeübertrager 59 der Wärmeübertrager gegeben ist. Zur Dimensionierung des Apparats für eine geforderte Temperaturänderung der Fluide benutzt man die andere Form der Betriebscharakteristik, Ni = Ni (εi , Ci ). Sie ist ebenfalls in Tabelle 1.4 verzeichnet. Bei einem Gleichstrom-Wärmeübertrager kehrt sich die Richtung des Fluidstromes 2 gegenüber Abb. 1.31 um, vgl. auch Abb. 1.20b. An die Stelle von (1.108) tritt die Energiebilanzgleichung dQ̇ = Ṁ2 cp2 dϑ2 = Ẇ2 dϑ2 , so daß man statt (1.112) die Beziehung d(ϑ1 − ϑ2 ) dz = −(N1 + N2 ) ϑ1 − ϑ2 L (1.115) erhält. Danach nimmt die Temperaturdifferenz zwischen den beiden Fluiden in Strömungsrichtung stets ab. Integration von (1.115) zwischen z = 0 und z = L ergibt ϑ − ϑ2 ln 1 = −(N1 + N2 ) , ϑ1 − ϑ2 woraus ε1 + ε2 (1.116) ln [1 − (ε1 + ε2 )] = −(N1 + N2 ) = − Θ als implizite Form der Betriebscharakteristik folgt. Auch sie läßt sich nach εi und nach Ni auflösen, wodurch man die in Tabelle 1.4 verzeichneten Funktionen erhält. Für Ni → ∞ erreichen die normierten Temperaturänderungen den Grenzwert 1 , i = 1, 2 . lim εi = Ni →∞ 1 + Ci Bei Gleichstromführung läßt sich außer für Ci = 0, worauf wir gleich eingehen werden, niemals der Grenzwert εi = 1 erreichen. Die Berechnung der Wärmeleistung und die Dimensionierung eines Wärmeübertragers kann man nach Abschnitt 1.3.2 auch mit der mittleren Temperaturdifferenz Θ nach (1.106) ausführen. Ersetzt man bei Gegenstrom in (1.114) die Differenz N2 −N1 durch Θ, ε1 und ε2 , so erhält man den in Tabelle 1.4 eingetragenen Ausdruck für Θ = Θ(ε1 , ε2 ). Führt man dagegen N2 − N1 = ϑ − ϑ2 − (ϑ1 − ϑ1 ) ε2 − ε1 ϑ − ϑ2 − (ϑ1 − ϑ2 ) = 2 = 1 Θ ∆ϑm ∆ϑm in (1.113) ein, so erhält man für die mittlere Temperaturdifferenz eines GegenstromWärmeübertragers ϑ − ϑ2 − (ϑ1 − ϑ2 ) . (1.117) ∆ϑm = 1 ϑ − ϑ2 ln 1 ϑ1 − ϑ2 Sie ist der logarithmische Mittelwert der an den beiden Enden des Apparats auftretenden Temperaturdifferenzen zwischen den Fluiden. 60 1 Einführung. Technische Anwendungen Für die normierte mittlere Temperaturdifferenz Θ bei Gleichstrom erhält man den in Tabelle 1.4 verzeichneten Ausdruck aus (1.116). Setzt man hierin die Definitionsgleichungen von ε1 und ε2 ein, so ergibt sich ∆ϑm = ϑ1 − ϑ2 − (ϑ1 − ϑ2 ) . ϑ − ϑ2 ln 1 ϑ1 − ϑ2 (1.118) Auch bei Gleichstromführung ist ∆ϑm das logarithmische Mittel der Temperaturdifferenzen an den beiden Enden des Wärmeübertragers. Abb. 1.33: Temperaturverlauf in einem Kondensator mit Abkühlung des überhitzten Dampfes, Kondensation und Unterkühlung des Kondensats (Fluidstrom 1) durch Kühlwasser (Fluidstrom 2). Wir vergleichen nun die beiden Stromführungen. Für Ci = 0 erhält man nach Tabelle 1.4 die normierte Temperaturänderung εi = 1 − exp(−Ni ) bzw. die dimensionslose Übertragungsfähigkeit zu Ni = − ln(1 − εi ) unabhängig davon, ob Gegenstrom oder Gleichstrom vorliegt. Wenn also einer der beiden Stoffströme kondensiert oder verdampft, ist es gleichgültig, ob Gegenstrom oder Gleichstrom gewählt wird. Wird jedoch in einem Kondensator überhitzter Dampf zunächst von ϑ1 auf die Kondensationstemperatur ϑ1s abgekühlt, dann vollständig kondensiert und das Kondensat von ϑ1s auf ϑ1 abgekühlt, so liegen kompliziertere Verhältnisse vor, und es ist nicht zulässig, den Apparat nach den bisher abgeleiteten Gleichungen als einen Wärmeübertrager zu berechnen, für den nur die Ein- und Austrittstemperaturen ϑi und ϑi (i = 1, 2) maßgebend sind, vgl. Abb. 1.33. Da sich der Wärmekapazitätsstrom Ẇ1 erheblich ändert, — Ẇ1 ist bei der Abkühlung des Dampfes und 1.3 Wärmeübertrager 61 des Kondensats endlich, bei der Kondensation jedoch unendlich groß — muß der Wärmeübertrager gedanklich geteilt und wie drei hintereinander geschaltete Apparate berechnet werden. Aus Energiebilanzen erhält man zunächst die beiden unbekannten Temperaturen ϑ2a zwischen Enthitzer und Kondensationsteil und ϑ2b zwischen Kondensations- und Unterkühlungsteil. Daraus ergeben sich die dimensionslosen Temperaturänderungen εia , εib und εic für die drei Teilapparate Enthitzer a, Kondensator b und Kühler c (i = 1, 2). Für jeden Teilapparat können dann mit den Beziehungen nach Tabelle 1.4 die dimensionslosen ÜbertragungsfähigkeitenNia , Nib und Nic berechnet werden. Aus Nij erhält man (kA)j und mit den jeweils gültigen Wärmedurchgangskoeffizienten kj die drei Teilflächen Aj (j = a, b, c), die zusammen die Gesamtfläche des Apparates ergeben. Für Ci > 0 zeigt sich die Gegenstromführung der Gleichstromführung stets überlegen. Ein Nachteil der Gleichstromführung besteht darin, daß mit ihr nicht alle Wärmeübertragungsaufgaben gelöst werden können. Eine vorgegebene Temperaturänderung εi ist nämlich nur dann realisierbar, wenn in NiGl = − 1 ln [1 − εi (1 + Ci )] 1 + Ci das Argument des Logarithmus positiv ist. Das ist aber nur für εi < 1 1 + Ci (1.119) der Fall. Größere normierte Temperaturänderungen lassen sich mit einem Gleichstrom-Wärmeübertrager selbst bei beliebig großer Übertragungsfähigkeit kA nicht erreichen. Für die Gegenstromführung besteht eine derartige Beschränkung nicht; hier sind grundsätzlich alle εi erreichbar und damit alle Wärmeleistungen zu übertragen, wenn nur die Fläche des Gegenströmers genügend groß bemessen wird. Ein weiterer Nachteil der Gleichstromführung besteht darin, daß bei gleicher Aufgabenstellung (gleiches εi und gleiches Ci ) eine größere Übertragungsfähigkeit kA als bei Gegenstrom erforderlich ist. Dies zeigt Abb. 1.34, in der das Verhältnis (kA)Gl /(kA)Gg = NiGl /NiGg aufgrund der Gleichungen von Tabelle 1.4 dargestellt ist. Dieses Verhältnis wächst stark an, wenn εi sich dem Grenzwert nach (1.119) nähert. Selbst wenn sich die gegebene Aufgabe mit einem Gleichstrom-Wärmeübertrager lösen ließe, wird man den weniger aufwendigen Gegenstrom wählen, um einen Apparat kleinerer Abmessungen zu erhalten. Nur bei einer Kombination aus genügend kleinen Werten von Ci und εi hält sich die bei Gleichstrom erforderliche Flächenvergrößerung in engen Grenzen. Beispiel 1.4: In einem Gegenstrom-Wärmeübertrager soll Ammoniak beim auf die Sättigungstemperatur ϑ1s = Druck von 1,40 MPa von ϑ1 = 150,0 abgekühlt und bei dieser Temperatur vollständig kondensiert werden. 36,3 62 1 Einführung. Technische Anwendungen Abb. 1.34: Verhältnis (kA)Gl / (kA)Gg = NiGl /NiGg der bei Gleichstrom und Gegenstrom erforderlichen Übertragungsfähigkeiten als Funktion von εi und Ci . Sein Massenstrom ist Ṁ1 = 0,200 kg/s, und einer Dampftafel von Ammoniak [1.13] entnimmt man die spezifischen Enthalpien h(ϑ1 ) = 1959,4 kJ/kg, hg (ϑ1s ) = 1637,3 kJ/kg und hfl (ϑ1s ) = 427,3 kJ/kg. Es steht Kühlwasser mit zur Verfügung, das sich auf ϑ2 = 28,5 erwärmen soll; seine ϑ2 = 12,0 mittlere spezifische Wärmekapazität ist cp2 = 4,184 kJ/kgK. Man berechne die mindestens erforderlichen Übertragungsfähigkeiten (kA)abk für den Abkühlungsteil des Wärmeübertragers und (kA)kond für den Kondensationsteil. Wir bestimmen zunächst den übertragenen Wärmestom Q̇ und den Massenstrom Ṁ2 des Kühlwassers. Für den vom Ammoniak abgegebenen Wärmestrom gilt h i kJ kg (1959,4 − 427,3) = 306,4 kW . Q̇ = Ṁ1 h(ϑ1 ) − hfl (ϑ1s ) = 0,200 s kg Daraus erhält man den Massenstrom Ṁ2 = 306,4 kW kg Q̇ = = 4,439 . cp2 (ϑ2 − ϑ1 ) 4,184 (kJ/kgK) (28,5 − 12,0) K s Zur Berechnung der Übertragungsfähigkeiten wird die Temperatur ϑ2a des Kühlwassers benötigt, die im Querschnitt zwischen dem Abkühlungs- und Kondensationsteil des Wärmeübertragers auftritt, vgl. Abb. 1.35. Aus der Energiebilanz des Kondensationsteils, h i ` ´ Ṁ2 cp2 ϑa − ϑ2 = Ṁ1 hg (ϑ1s ) − hfl (ϑ1s ) , erhält man ϑ2a = ϑ2 + i Ṁ1 h g h (ϑ1s ) − hfl (ϑ1s ) = 25,0 ◦ C . Ṁ2 cp2 Die gesuchte Übertragungsfähigkeit des (Ammoniak-)Abkühlungsteils ergibt sich nach Tabelle 1.4 aus 1.3 Wärmeübertrager 1 1 − C1 ε1 (kA)abk = N1 = ln . 1 − C 1 − ε1 1 Ẇ1 63 (1.120) Für das Verhältnis C1 = Ẇ1 /Ẇ2 der beiden Wärmekapazitätsströme erhält man mit Ẇ1 = Ṁ1 cp1 = Ṁ1 kW kg 1959,4 − 1637,3 kJ h(ϑ1 ) − hg (ϑs ) = 0,5666 = 0,200 ϑ1 − ϑs s 150,0 − 36,3 kgK K und mit Ẇ2 = Ṁ2 cp2 = 18,573 kW/K den Wert C1 = 0,0305. Die dimensionslose Temperaturänderung ε1 des Ammoniaks ist ε1 = ϑ1 − ϑ1s 150,0 − 36,3 = 0,9096. = ϑ1 − ϑ2a 150,0 − 25,0 Damit ergibt sich aus (1.120) N1 = 2,450 und schließlich (kA)abk = N1 Ẇ1 = 1,388 kW/K . Abb. 1.35: Temperaturverlauf von Ammoniak und Kühlwasser in einem Gegenstrom-Wärmeübertrager (schematisch). Für den Kondensationsteil des Wärmeübertragers gilt ε1 = 0, und wegen Ẇ1 → ∞ wird C2 = Ẇ2 /Ẇ1 = 0. Nach Tabelle 1.4 erhält man (kA)kond /Ẇ2 = N2 = − ln (1 − ε2 ) . Mit der normierten Temperaturänderung des Kühlwassers, ε2 = ϑ2a − ϑ2 25,0 − 12,0 = 0,5350 , = ϑ1s − ϑ2 36,3 − 12,0 ergibt sich dann N2 = 0,7657 und daraus (kA)kond = N2 Ẇ2 = 14,22 kW/K . Um aus den Übertragungsfähigkeiten (kA)abk und (kA)kond die mindestens erforderliche Fläche A = Aabk + Akond des Gegenstrom-Wärmeübertragers zu erhalten, müssen die Wärmedurchgangskoeffizienten der beiden Teile berechnet werden. Sie werden verschieden groß sein, denn im Abkühlungsteil bietet der Wärmeübergang auf der Seite des gasförmigen Ammoniaks den größten Wärmewiderstand, während im Kondensationsteil der Wärmeübergang an das Kühlwasser den größten Wärmewiderstand darstellt. Auf die Berechnung der Wärmedurchgangskoeffizienten gehen wir hier nicht ein; zu ihrer Bestimmung müssen die konstruktive Gestaltung des Wärmeübertragers und die Strömungsverhältnisse der beiden Fluide bekannt sein. 64 1 Einführung. Technische Anwendungen 1.3.4 Kreuzstrom-Wärmeübertrager Bevor wir den reinen Kreuzstrom nach Abb. 1.23 behandeln, berechnen wir die Betriebscharakteristik für einen einfacheren Sonderfall, den einseitig quervermischten Kreuzstrom. Bei dieser Stromführung hängt die Temperatur eines der beiden Fluide nur von einer Ortskoordinate, z.B. von x ab, während die Temperatur des anderen Fluids von x und y abhängt. In Abb. 1.36 ist das quervermischte Fluid durch den Index 1 gekennzeichnet; seine Temperatur ϑ1 ändert sich nur in Strömungsrichtung, ϑ1 = ϑ1 (x). Quer dazu wird ideale Quervermischung angenommen, so daß ϑ1 nicht von y abhängt. Diese Annahme ist in sehr guter Näherung erfüllt, wenn das Fluid 1 eine einzige Reihe von Rohren durchströmt, während das Fluid 2 quer zu den Rohren strömt, Abb. 1.37. Kreuzstrom mit einer Rohrreihe entspricht also dem einseitig quervermischten Kreuzstrom. Das quervermischte Fluid 1 in den Rohren muß dabei nicht wie bisher das Fluid mit der höheren Temperatur sein. Um die Temperaturen ϑ1 = ϑ1 (x) und ϑ2 = ϑ2 (x, y) der beiden Fluide zu bestimmen, betrachten wir das in Abb. 1.36 hervorgehobene Flächenelement dA = dx dy. Für den vom Fluid 1 an das Fluid 2 übertragenen Wärmestrom dQ̇ gilt dQ̇ = [ϑ1 (x) − ϑ2 (x, y)] k dx dy . Die gesamte Übertragungsfläche ist A = L1 L2 , vgl. Abb. 1.36. Mit den dimensionslosen Koordinaten (1.121) x+ := x/L1 und y + := y/L2 erhält man ˜ ˆ dQ̇ = ϑ1 (x+ ) − ϑ2 (x+ , y + ) kA dx+ dy + . (1.122) Abb. 1.37: Kreuzstrom mit einer Rohrreihe als Realisierung des einseitig quervermischten Kreuzstroms. Abb. 1.36: Temperaturverlauf bei einseitig quervermischtem Kreuzstrom. ϑ1 = ϑ1 (x) Temperatur des quervermischten Fluids, ϑ2 = ϑ2 (x, y) Temperatur des anderen Fluids. 1.3 Wärmeübertrager 65 Eine zweite Beziehung für dQ̇ ergibt sich durch Anwenden des 1. Hauptsatzes auf das Fluid 2, das das Flächenelement dA überströmt. Sein Massenstrom ist dṀ2 = Ṁ2 dx/L1 = Ṁ2 dx+ , und es gilt « „ « „ ∂ ϑ2 ∂ ϑ2 + + dQ̇ = Ṁ2 dx cp2 ϑ2 + dy + . . . − ϑ2 = Ṁ2 cp2 dy + . . . dx+ ∂y + ∂y + + oder ∂ ϑ2 dx+ dy + . (1.123) ∂y + Aus den Beziehungen (1.122) und (1.123) folgt schließlich die gesuchte Differentialgleichung ∂ ϑ2 = N2 (ϑ1 − ϑ2 ) . (1.124) ∂y + Ihre Lösung ˆ ˜ + (1.125) ϑ2 (x+ , y + ) = ϑ1 (x+ ) − ϑ1 (x+ ) − ϑ2 e−N2 y dQ̇ = Ẇ2 enthält noch die unbekannte Temperatur ϑ1 (x+ ) des quervermischten Fluids. Abb. 1.38: Temperaturverlauf in einem Streifen der Größe L2 dx bei einseitig quervermischtem Kreuzstrom. ϑm2 (x) ist die in y-Richtung gemittelte Temperatur des Fluids 2. Um ϑ1 (x+ ) zu berechnen, wenden wir den ersten Hauptsatz auf das Fluid 1 an. Beim Durchströmen des Streifens der Breite dx, vgl. Abb. 1.38, gibt es den Wärmestrom dQ̇∗ an das Fluid 2 ab, der nicht mit dQ̇ übereinstimmt. Für dQ̇∗ gilt » – dϑ1 ∗ dx + . . . − ϑ1 . − dQ̇ = Ṁ1 cp1 ϑ1 + dx 66 1 Einführung. Technische Anwendungen Mit x+ nach (1.121) folgt − dQ̇∗ = Ẇ1 dϑ1 dx+ . dx+ (1.126) Eine zweite Beziehung für dQ̇∗ ist die Gleichung für den Wärmedurchgang: ` ´˜ ` ´˜ ˆ ` ´ ˆ ` ´ dQ̇∗ = ϑ1 x+ − ϑm2 x+ kL2 dx = ϑ1 x+ − ϑm2 x+ kA dx+ . (1.127) Hierin bedeutet Z1 + ϑ2 (x+ , y + ) dy + ϑm2 (x ) = (1.128) + y =0 die in y-Richtung gemittelte Temperatur des Fluids 2, die für den Wärmedurchgang durch den Flächenstreifen L2 dx maßgebend ist. Aus (1.127) und (1.128) folgt die gewöhnliche Differentialgleichung dϑ1 = −N1 (ϑ1 − ϑm2 ) dx+ (1.129) zur Bestimmung von ϑ1 (x+ ). Aus (1.125) und (1.128) berechnen wir zunächst die Mitteltemperatur des Fluids 2 und erhalten ” ˜“ 1 ˆ . (1.130) ϑ1 (x+ ) − ϑ2 1 − e−N2 ϑm2 (x+ ) = ϑ1 (x+ ) − N2 Damit ergibt sich aus (1.129) die Differentialgleichung ”` ´ dϑ1 N1 “ 1 − e−N2 ϑ1 − ϑ2 . =− + dx N2 Ihre Integration zwischen x+ = 0 und x+ = 1 liefert » – » ”– N1 1 “ ϑ1 − ϑ2 −N2 −C1 N1 1 − e . = exp − (1 − e ) = exp − ϑ1 − ϑ2 N2 C1 Das auf der linken Seite stehende Temperaturverhältnis stimmt mit (1 −ε1 ) überein. Die gesuchte Betriebscharakteristik bei einseitig quervermischtem Kreuzstrom ist damit 1 (1.131) ε1 = 1 − exp − (1 − e−C1 N1 ) . C1 Sie gibt die bezogene Temperaturänderung des quervermischten Fluidstroms als Funktion des Kapazitätsstromverhältnisses C1 nach (1.99) und der dimensionslosen Übertragungsfähigkeit N1 nach (1.98). Die Betriebscharakteristik (1.131) läßt sich auch nach N1 explizit auflösen. Man erhält N1 = − 1 ln [1 + C1 ln(1 − ε1 )] , C1 (1.132) woraus sich das erforderliche kA sofort berechnen läßt. Die bezogene Temperaturänderung des quer zu der Rohrreihe strömenden Fluids ergibt sich aus (1.101) zu 1.3 Wärmeübertrager ε2 = ϑm2 − ϑ2 = C1 ε1 . ϑ1 − ϑ2 67 (1.133) Hierin ist ϑm2 der Mittelwert der Ablauftemperatur, den man auch durch Integration von (1.130) über x+ erhalten würde. Der Kreuzstrom mit einer Rohrreihe wurde schon 1934 von D. M. Smith [1.14] behandelt. Die Erweiterung dieser Aufgabe auf n hintereinander liegende Rohrreihen hat erstmals H. Schedwill [1.15] 1968 gelöst. Es ergeben sich dabei wesentlich kompliziertere Berechnungsgleichungen als für den hier behandelten Fall n = 1. Die Temperaturänderung ε1 mit einer über alle n Rohrreihen gemittelten Ablauftemperatur ϑ1 wächst dabei mit der Zahl der Rohrreihen. Die Berechnungsgleichungen findet man auch in [1.8] und [1.16]. Mit Steigerung der Anzahl n hintereinander liegender Rohrreihen nähert man sich dem reinen Kreuzstrom, bei dem die Temperaturen beider Fluide von x und y bzw. den dimensionslosen Koordinaten x+ und y + nach (1.121) abhängen, vgl. Abb. 1.23. Für den Wärmestrom, der durch ein Flächenelement mit der Größe dA = dx dy = A dx+ dy + vom Fluid 1 auf das Fluid 2 übertragen wird, erhält man mit der gleichen Argumentation, die zu (1.123) führte, die folgenden Gleichungen: dQ̇ = −Ẇ1 ∂ ϑ1 dx+ dy + ∂x+ (1. Hauptsatz, angewendet auf Fluid 1), dQ̇ = Ẇ2 ∂ ϑ2 dx+ dy + ∂y + (1. Hauptsatz, angewendet auf Fluid 2) sowie dQ̇ = kA(ϑ1 − ϑ2 ) dx+ dy + (Wärmedurchgang). Elimination von dQ̇ ergibt die beiden gekoppelten Differentialgleichungen und ∂ ϑ1 = −N1 (ϑ1 − ϑ2 ) ∂x+ (1.134a) ∂ ϑ2 = N2 (ϑ1 − ϑ2 ) ∂y + (1.134b) für die Temperaturen ϑ1 = ϑ1 (x+ , y + ) und ϑ2 = ϑ2 (x+ , y + ). Sie müssen den Randbedingungen ϑ1 (0, y + ) = ϑ1 genügen. und ϑ2 (x+ , 0) = ϑ2 (1.135) 68 1 Einführung. Technische Anwendungen W. Nußelt [1.17] hat dieses Problem durch einen Potenzreihen-Ansatz gelöst. Mit (1.136a) ξ := N1 x+ = (kA/Ẇ1 )(x/L1 ) und η := N2 y + = (kA/Ẇ2 )(y/L2 ) (1.136b) hat die Lösung die Gestalt ∞ m m j η ξ e−(ξ+η) , ϑ1 (ξ, η) = m! j! m=0 j=0 ∞ m m j ξ η e−(ξ+η) . ϑ2 (ξ, η) = 1 − m! j! m=0 j=0 (1.137a) (1.137b) Mit den Mittelwerten ϑm1 1 = N2 N2 ϑ1 (N1 , η) dη η=0 und ϑm2 1 = N1 N1 ϑ2 (ξ, N2 ) dξ ξ=0 erhält man für die dimensionslosen Änderungen εi der beiden Fluidtemperaturen m m ∞ j j N (C N ) 1 i i i 1 − e−Ni 1 − e−Ci Ni , (1.138) εi = Ci Ni m=0 j! j! j=0 j=0 wobei wegen der Symmetrie des Problems für i = 1 und i = 2 die formal gleiche Beziehung gilt. Eine explizite Auflösung dieser Gleichung nach Ni ist nicht möglich. H. Martin [1.8] hat ein überraschend kurzes Rechenprogramm angegeben, mit dem die mittlere Temperaturdifferenz Θ = εi /Ni und damit εi berechnet werden kann. Für Ni → ∞ liefert der reine Kreuzstrom die Grenzwerte 1 für Ci ≤ 1 (1.139) lim εi = 1/Ci für Ci > 1 , Ni →∞ die mit denen des Gegenstroms übereinstimmen. Für Ci = 0 erhält man den Grenzwert (Ci = 0) (1.140) εi = 1 − e−Ni , 1.3 Wärmeübertrager 69 der ebenfalls mit dem in Abschnitt 1.3.3 hergeleiteten Ergebnis übereinstimmt. Das bedeutet: Wenn eines der beiden Fluide kondensiert oder verdampft, hängt die Temperaturänderung des anderen Fluids nicht von der Stromführung (Gegenstrom, Gleichstrom oder Kreuzstrom) ab. Für Ci = 0 und endliche Werte von Ni bleiben die bei Kreuzstrom erreichbaren Temperaturänderungen merklich hinter den mit Gegenstrom erreichbaren Temperaturänderungen zurück. Sie sind jedoch günstiger als im Fall der Gleichstromführung. Der Vergleich der bisher behandelten einfachen Stromführungen ist beispielhaft in Abb. 1.39 ausgeführt. Dort ist die dimensionslose Temperaturänderung ε1 über der dimensionslosen mittleren Temperaturdifferenz Θ = ε1 /N1 für das konstante Verhältnis C1 = 0,5 dargestellt. Linien N1 = const erscheinen als ein Geradenbüschel, das durch den Koordinatennullpunkt geht. Eine vorgeschriebene Temperaturänderung ε1 , z.B. ε1 = 0,65, erfordert die folgenden Werte der dimensionslosen Übertragungsfähigkeit: Gegenstrom (Kurve a) N1 = 1,30, Kreuzstrom (Kurve b) N1 = 1,50, Gleichstrom (Kurve c) N1 = 2,44. Für einen Wärmeübertrager mit N1 = 3,0 erreicht man eine dimensionslose Temperaturänderung ε1 , die bei Gegenstrom den hohen Wert 0,874 hat, bei Kreuzstrom auf 0,816 und bei Gleichstrom auf 0,660 zurückgeht. Abb. 1.39: Vergleich verschiedener Stromführungen im ε1 , Θ-Diagramm. a Gegenstrom, b reiner Kreuzstrom, c einseitig quervermischter Kreuzstrom, d Gleichstrom. Beispiel 1.5: Der Kühler eines Kraftfahrzeugs ist ein Kreuzstrom-Wärmeübertrager, in dem das flüssige Motorkühlmittel durch eine Reihe paralleler Rohre strömt, die an ihrer Außenseite mit Rippen versehen sind. Quer zu den Rohren strömt die Luft. In einem bestimmten Fahrzustand ist der Volumenstrom des Kühlmittels V̇1 = 1,25 dm3 /s; seine Dichte ist ρ1 = 1,015 kg/dm3 und seine mittlere spezifische Wärmekapazität cp1 = 3,80 kJ/kgK. Die Luft strömt mit in den Kühler, und es sind V̇2 = 1,100 m3 /s, ρ2 = 1,188 kg/m3 ϑ2 = 20,0 und cp2 = 1,007 kJ/kgK gegeben. Der Kühler hat die Übertragungsfähigkeit kA = 0,550 kW/K; er soll den Wärmestrom Q̇ = 28,5 kW an die Luft übertragen. Welche Temperaturen ϑ1 und ϑ1 des Motorkühlmittels stellen sich ein, und wie groß ist die Temperatur ϑ2 der abströmenden Luft? 70 1 Einführung. Technische Anwendungen Aus der Energiebilanzgleichung (1.96), nämlich aus ` ´ ` ´ Q̇ = Ẇ1 ϑ1 − ϑ1 = Ẇ2 ϑ2 − ϑ2 erhält man für die Temperatur der abströmenden Luft ϑ2 = ϑ2 + Q̇/Ẇ2 (1.141) und für die Temperaturänderung des Kühlmittels ϑ1 − ϑ1 = Q̇/Ẇ1 . Damit ergibt sich aus der Definitionsgleichung (1.97) für die normierte Temperaturänderung ε1 die gesuchte Eintrittstemperatur des Kühlmittes zu ϑ1 = ϑ2 + ϑ1 − ϑ1 Q̇ = ϑ2 + , ε1 Ẇ1 ε1 (1.142) woraus für die Kühlmittel-Austrittstemperatur ϑ1 = ϑ1 − Q̇/Ẇ1 (1.143) folgt. Für den hier vorliegenden Kreuzstrom mit einer Rohrreihe (einseitig quervermischter Kreuzstrom) liefert die Betriebscharakteristik (1.131) den in (1.142) benötigten Wert » ”– 1 “ 1 − e−C1 N1 . (1.144) ε1 = 1 − exp − C1 Um die Gleichungen auszuwerten, berechnen wir aus den gegebenen Daten die Wärmekapazitätsströme des Kühlmittels, Ẇ1 = V̇1 ρ1 cp1 = 1,25 kg kW dm3 kJ · 1,015 = 4,821 , · 3,80 s dm3 kgK K und der Luft, Ẇ2 = V̇2 ρ2 cp2 = 1,100 kg kW m3 kJ · 1,188 3 · 1,007 = 1,316 . s m kgK K Daraus erhält man die Kennzahlen C1 = Ẇ1 /Ẇ2 = 3,664 und C1 N1 = N2 = kA/Ẇ2 = 0,418 . Aus der Betriebscharakteristik (1.144) folgt ε1 = 0,0890. Damit ergeben sich die gesuchten Kühlmitteltemperaturen aus (1.142) und (1.143) zu ϑ1 = 86,4 und ϑ1 = 80,5 . Es stellt sich das für den Betrieb des Motors günstige, relativ hohe Temperaturniveau des Kühlmittels ein. Die Luftaustrittstemperatur erhält man aus (1.141) zu ϑ2 = 41,7 .