Untersuchung des Adsorptionsverhaltens organischer Moleküle auf

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Untersuchung des Adsorptionsverhaltens
organischer Molekule auf
Eisenoxidoberachen mittels
Rontgenabsorption
Dissertation
zur Erlangung des Grades
eines Doktors der Naturwissenschaften
der Fakultat fur Chemie
der Ruhr-Universitat Bochum
vorgelegt von
Mario Wuhn
aus Brandenburg
Bochum im August 2000
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1
1.1 Einfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.2 Motivation der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
2. Apparative Grundlagen
5
2.1 Die BESSY-Meapparatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.2 Der Elektronenspeicherring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
2.3 Die NEXAFS-Metechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
3. Spektroskopische Grundlagen
17
3.1 Die Methode der kantennahen Rontgenabsorptionsspektroskopie
(NEXAFS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
3.2 Die Methode der Rontgenphotoelektronenspektroskopie (XPS) . . . .
29
3.3 Die Methode der Beugung niederenergetischer Elektronen (LEED) . .
33
4. Adsorbate und Substrate
37
4.1 Die Eisenoxidoberachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I
37
Inhaltsverzeichnis
4.2 Organische Adsorbate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
4.3 Die Praparation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
5. Spektroskopie der reinen Eisenoxid-Oberachen
49
5.1 Charakterisierung mittels XP-Spektroskopie . . . . . . . . . . . . . .
49
5.2 Charakterisierung mittels NEXAFS-Spektroskopie . . . . . . . . . . .
53
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
57
6.1 Das Edukt: Ethylbenzol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
6.2 Das Produkt: Styrol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
6.3 Diskussion der Meergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
81
7.1 Benzol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
7.2 Naphthalin, Oktan und Ethen adsorbiert auf Fe3 O4(111) . . . . . . .
86
7.3 Pyridin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
7.4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
93
8. Zusammenfassung und Ausblick
99
II
Abbildungsverzeichnis
1.1 Schematische U bersicht der katalytischen Dehydrierung von Ethylbenzol (Edukt) zu Styrol (Produkt). Unter katalytischer Wirkung von Eisenoxiden und Wasserdampf wird diese Reaktion bei Temperaturen von
900 K durchgefuhrt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
2.1 Die BESSY-Meapparatur besteht aus drei Vakuum-Kammern, die
mit unterschiedlichen Komponenten bestuckt werden konnnen. Einige
Standardkomponenten sind explizit angegeben. . . . . . . . . . . . . .
6
2.2 Querschnitt durch den hemispharischen Energieanalysator inklusive
der elektronischen Komponenten. Die Flugbahn der zu detektierenden
Elektronen ist schraert dargestellt. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.3 Der NEXAFS-Detektor mit seinen einzelnen Komponenten. Die Bauteile werden in Sandwich-Form in das Keramik-Gehause eingesetzt. Bei
der Messung werden die elektrischen Komponenten mit unterschiedlichen Spannungen V1 bis V6 versorgt. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
2.4 Aufbau einer LEED-Optik. Der Experimentator blickt von links auf
den Leuchtschirm, auf dem das Beugungsbild entsteht. . . . . . . . .
11
III
Abbildungsverzeichnis
2.5 Prinzipieller Aufbau des Elektronenspeicherrings. Nach Ablenkung des
Elektronenstrahls im Ring mittels Undulatoren, Wiggler und Dipolmagnete gelangt die dabei erzeugte Synchrotronstrahlung durch ein
tangential zum Ring angeordnetes Strahlrohr uber einen Monochromator zum Nutzer und weist dabei eine charakteristische raumliche
und zeitliche Struktur auf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.6 An den verschiedenen Strahlrohren bei BESSY I verfugbarer Photonenu in Abhangigkeit von der Energie (doppelt-logarithmische Auftragung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
2.7 Das Prinzip der Signalaufnahme und Verarbeitung dargestellt in Form
eines einfachen Blockschaltbildes. Das I0- und das NEXAFS-Signal
werden simultan aufgenommen und nach einer Verstarkung in ein digitales Spannungssignal (0-10 V) gewandelt. Der angeschlossene Computer steuert die Messungen und speichert die Daten. . . . . . . . . .
15
3.1 Beide Diagramme zeigen SEXAFS-Spektren, aufgenommen an der
Sauersto-1s-Kante (O1s). Beim Adsorbat handelt es sich im oberen
Fall um atomaren (O), im unter Fall um molekularen (NO) Sauersto
als Adsorbat. Wahrend das obere Spektrum durch Oszillationen infolge
ruckgetreuter Elektronenwellen dominiert ist, sind im unteren Teil resonante Anregungen in Molekulorbitale mit - und - Charakter von
Bedeutung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
3.2 Dargestellt sind die moglichen Anregungen von kernnahen Elektronen
(1s) in unbesetzte Molekulorbitale. Rechts wird ein sich daraus ergebendes NEXAFS-Spektrum inklusive der energetischen Referenzierung
auf die entsprechenden Resonanzen gezeigt. . . . . . . . . . . . . . . .
19
3.3 Raumliche Darstellung der bei der Anregung wichtigen Vektoren
bezuglich der Oberache: X, Y, Z = kartesische Raumkoordinaten Ek
bzw. E? = paralleler bzw. senkrechter Anteil der polarisierten Strahlung; TDM = Dipolubergangsmoment . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
IV
Abbildungsverzeichnis
3.4 Theoretische Darstellung der moglichen Resonanzintensitaten in
Abhangigkeit vom Einfallswinkel . Aus mindestens zwei unter verschiedenem Einfallswinkel aufgenommen Resonanzen lat sich somit
eine genaue mathematische Anpassung laut Formel 3.8 nden, aus der
man den Verkippungswinkel eindeutig bestimmen kann. . . . . . .
24
3.5 Mogliche Kanale fur die Abregung: Photoelektron, Auger-Elektron,
Fluoreszenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
3.6 (A) Veranschaulichung der Photoabsorption im Festkorper und der kaskadenformigen Vervielfachung der erzeugten Auger-Elektronen vor dem
Verlassen der Oberache. Wahrend die neutralen Photonen bis zu 1000
Ain die Probe eindringen, haben die Elektronen auf Grund der groeren Wechselwirkung mit Materie nur eine maximale Ausdringtiefe von
50 A. (B) Universalkurve fur die Freie Weglange der Elektronen in
Abhangigkeit von ihrer kinetischen Energie. . . . . . . . . . . . . . .
27
3.7 Dargestellt sind alle NEXAFS-Spektren, die zur Auswertung beitragen: A) I0-Signal; B) auszuwertendes Rohspektrum einer Multilage
Napthtalin (simultan zu A) gemessen); C) Rohspektrum der sauberen
Substratoberache (Fe3O4), gemessen unmittelbar vor der Adsorption;
D) Spektrum eines sauberen Goldsubstrates; E) Ausgewertetes Spektrum der Multilage Naphthalin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
3.8 Der Proze der Photoionisation und die Entstehung der Photoelektonenspektren in idealisierter Darstellung fur den Fall eines Atoms (a)
und eines Festkorpers (b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
3.9 Diese eindimensionale Zeichnung verdeutlicht die Beugung zweier paralleler Elektronenstrahlen am Coulomb-Potential zweier benachbarter
Atome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
V
Abbildungsverzeichnis
4.1 Die Praparation von Eisenoxidlmen mit unterschiedlichen Stochiometrien ist schematisch dargestellt. Ausgehend von einer sauberen, geordneten Pt(111)-Oberache kann man durch Variation verschiedener
experimenteller Parameter den gewunschten Film herstellen. . . . . .
38
4.2 Die Struktur des FeO-Films (Wustit), bestehend aus Fe2+ -Kationen
und O2;-Anionen. Oben: Oberachen- und Bulkstruktur, unten: korrespondierendes LEED-Bild. Die Einheitszellen sind eingezeichnet. . .
39
4.3 Die Struktur des Fe3O4 -Films (Magnetit), bestehend aus Fe2+- (tetraedisch) und Fe3+-Kationen (oktaedrisch) sowie O2;-Anionen (fcc).
Oben: Oberachen- und Bulkstruktur, unten: korrespondierendes
LEED-Bild. Die Einheitszellen sind eingezeichnet. . . . . . . . . . . .
40
4.4 Die Struktur des Fe2O3-Films (Hematit), bestehend aus Fe3+ -Kationen
(oktaedrisch) sowie O2; -Anionen (hcp). Oben: Oberachen- und
Bulkstruktur, unten: korrespondierendes LEED-Bild. Die Einheitszellen sind eingezeichnet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
4.5 Molekulare Struktur der katalytisch relevanten Molekule Ethylbenzol
und Styrol. Wahrend im Falle des freien Styrolmolekuls nur eine geringe
Torsion vorliegt (27), ist diese beim Ethylbenzol zwischen der Ebene
des Phenylrings und der Ethylgruppe deutlich starker ausgepragt (70). 43
4.6 Molekulare Struktur der Modellmolekule Benzol, Naphthalin, Oktan
und Ethen. Es handelt sich hier ausschlielich um planare Molekule
mit einer wohldenierten Ebene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
4.7 Zusammenfassung der Desorptionsexperimente von Ethylbenzol und
Styrol adsorbiert auf den verschiedenen Eisenoxidoberachen (nach
Kuhrs et al.). Diese Daten dienten zur Orientierung fur die Praparation
der in dieser Arbeit untersuchten Adsorbat-Filme. . . . . . . . . . . .
47
VI
Abbildungsverzeichnis
5.1 XP-U bersichtsspektren der drei relevanten Eisenoxid-Filme und des reinen Fe-Films vor der Oxydation (oben), der als Referenz fur die auftretenden Fe-Linien dient. Im Hinblick auf die qualitaitive Analyse lassen
sich ferner die typischen Linien der Elemente Platin (nur FeO/Pt(111))
und Sauersto identizieren wobei die Referenzierung mit Hilfe von Literaturdaten durchgefuhrt wurde (fur Einzelheiten siehe Text). . . . .
50
5.2 Detaillierte XP-Spektren der Fe2p- (links) und der O1s-Linien gemessen mit einer hoheren Auosung des Energieanalysators. Wahrend sich
die Fe2p-Linien von oben nach unten zu hoheren Bindungsenergien verschieben, bleibt die Position der O1s-Linie konstant. Die elektronische
Ladung der Fe-Ionen und somit strukturelle Informationen des Eisenoxidlms lassen sich ermitteln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
5.3 NEXAFS-Spektren der drei Eisenonxidlme im Energiebereich der FeKanten L2 und L3 (white lines). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
5.4 NEXAFS-Spektren des Fe3 O4-Films im Energiebereich der O1s- (links)
und C1s-Kante (rechts). Zwischen den drei Eisenoxidlmen sind dabei
keine signikanten Unterschiede zu beobachen. . . . . . . . . . . . . .
55
6.1 XP-Daten im Bereich der C1s-Bindungsenergie von adsorbiertem
Ethylbenzol in unterschiedliche Schichtdicken auf den drei EisenoxidSubstraten. Wahrend sich der Multilagenpeak bei 284,7 eV bendet,
verschiebt sich die C1s-Linie bei dunneren Bedeckungen auf allen Substraten auf Grund der Relaxation kontinuierlich zu niedrigeren Bindungsenergien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
6.2 NEXAFS-Daten von adsorbierten Multilagen im Vergleich. Anhand
der bekannten Literaturspektren Benzol und n-Oktan lassen sich die
entsprechenden Resonanzen im Falle des Ethylbenzols zuordnen, was
durch ein hochaufgelostes Gasphasenspektrum unterstutzt wird. . . .
59
VII
Abbildungsverzeichnis
6.3 C1s NEXAFS-Spektren fur dunne Filme im Bereich einer Submonolage von Ethylbenzol adsorbiert auf den verschiedenen Substraten. Die
Spektren wurden unter normalem und streifendem Einfall der Synchrotronstrahlung gemessen und weisen einen ausgepragten Dichroismus
auf. bezeichnet den daraus ermittelten mittleren Verkippungswinkel
der Molekule relativ zur Oberache an. . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
6.4 Spektrenserie von Ethylbenzol adsorbiert auf dem Fe3O4 -Substrat gemessen fur verschiedene Bedeckungen. Je dicker die Adsorbatschicht
ist, um so geringer ist die Gegenlaugkeit und der sich daraus ergebende mittlere Verkippungswinkel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
6.5 XP-Daten im Bereich der C1s-Bindungsenergie von adsorbiertem
Styrol in unterschiedlichen Bedeckungen auf den drei EisenoxidSubstraten. Wahrend sich der Multilagenpeak bei 284,7 eV bendet,
verschiebt die C1s-Linie genau wie bei der Adsorption von Ethylbenzol
bei dunneren Bedeckungen auf allen Substraten auf Grund der Relaxation kontinuierlich zu niedrigeren Bindungsenergien. . . . . . . . .
65
6.6 NEXAFS-Daten von adsorbierten Multilagen im Vergleich. Anhand der
bekannten Literaturspektren von Benzol und den ISEELS-Daten von
Ethen in der Gasphase lassen sich die entsprechenden Resonanzen im
Falle von Styrol zuordnen. Diese Zuordnung wird unterstutzt durch
detaillierte ab-initio Hartre-Fock-Rechnungen der dominierenden Resonanz bei 285 eV sowei ein hochaufgelostes Gasphasenspektrum,
die im Detail in Abbildung 6.10 prasentiert werden. . . . . . . . . . .
66
6.7 C1s NEXAFS-Spektren fur dunne Filme von adsorbiertem Styrol
im Bereich einer Submonolage auf den drei relevanten EisenoxidSubstraten. Die Spektren wurden unter normalem und streifendem Einfall der Synchrotronstrahlung gemessen und weisen einen ausgepragten
Dichroismus auf. gibt den daraus berechneten, mittleren Verkippungswinkel der Molekule relativ zur Oberache an. . . . . . . . . . .
68
VIII
Abbildungsverzeichnis
6.8 Vergleich verschiedener Multi- und Monolagenspektren zur Analyse der
dominierenden -Resonanz. Wahrend sich im Falle von Ethylbenzol
die Resonanz durch eine Gaukurve (285,3 eV) annahern lat, ist beim
Styrol eine zusatzliche Schulter zu erkennen. Der gesamte Peak lat
sich hier durch 2 Gaukurven (284,1 eV und 285,3 eV) Simulieren. . .
69
6.9 U berlagerung der Beitrage der einzelnen Kohlenstoatome zur Intensitat der dominierenden -Resonanz, wie sie mittels ab-initio HartreeFock-Rechnungen ermittelt wurden. Die beiden Komponenten liegen
energetisch um 1,1 eV getrennt, wahrend der tiefer liegende Beitrag
einen Anteil von 12% an der Gesamtintensitat besitzt. . . . . . . . . .
71
6.10 Die (C1s ! )-Resonanz im Detail: a) Simulation der Resonanz anhand der Ergebnisse der Hartree-Fock-Rechnungen unter Verwendung
von Gaukurven einer Halbwertsbreite von 0,2 eV. b) Modizierung
der theoretischen Ergebnisse durch Vibrationsanregungen. c) hochaufgelostes Gasphasenspektrum von Styrol mit eingezeichneten C-H
Streckschwingungen. d) NEXAFS-Spektrum der Multilage Styrol . . .
73
6.11 Schematisches Bindungsmodell der Adsorption von Ethylbenzol und
Styrol auf der Fe3 O4-Oberache. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
7.1 NEXAFS-Spektren von einer Serie von Submonolagen Benzol adsorbiert auf den Substratoberachen FeO, Fe3 O4 und Fe2O3 . Im oberen
Teil ist eine Multilage als Referenz gezeigt. Die unter streifendem (30)
und senkrechtem (90) Einfall gemessenen Daten zeigen einen ausgepragten Dichroismus, dessen Analyse zu den angegebenen Verkippungswinkeln der Molekule in Bezug auf die Oberache fuhrt. . . . .
82
7.2 Anpassung der dominierenden -Resonanz von Benzol adsorbiert auf
den drei verschiedenen Substraten. Die Daten der Submonolage (30Spektren) konnen direkt mit denen der Multilage verglichen werden. .
83
IX
Abbildungsverzeichnis
7.3 NEXAFS-Spektren von einer Serie von Benzollmen adsorbiert auf
der Fe3O4-Oberache in verschiedenen Schichtdicken. Wahrend die Bedeckung von unten nach oben zunimmt, ist auch ein Ansteigen des
mittleren molekularen Verkippungswinkls zu beobachten. In der Submonolage liegen die Molekule annahernd ach auf der Oberachen,
richten sich jedoch im Mittel bei nachfolgender Dosierung etwas auf. .
85
7.4 NEXAFS-Spektren von Naphthalin adsorbiert auf Fe3O4 (111) in Bedeckungen einer Multi- (oben) und Monolage (unten). Die dominierende -Resonanz ist in zwei Komponenten aufgespalten und kann
den Endzustanden der an verschieden Kohlenstoen lokalisierten Anregungen zugeordnet werden. Der Dichroismus in den Spektren der
Monolagenbedeckung lat auf ach auf der Oberache orientierte Molekule schlieen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
7.5 NEXAFS-Spektren von n-Oktan adsorbiert auf Fe3O4 (111) in Bedeckungen einer Multi- (oben) und Monolage (mitte). Diese Adsorbatspektren werden von den beiden Komponenten der Rydberg-Resonanz
(288 eV) dominiert. Fur den Monolagenlm (T=160 K) lat sich anhand des Dichroismus eine Adsorption mit ach auf der Oberache
liegenden Molekulen schlufolgern. In den Spektren von Oktan adsorbiert auf Cu(111) wird eine zusatzliche Resonanz (M ) bei 285,1 eV
beobachtet (Vergleichsspektren unten). . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
7.6 EELS-Spektrum (oben) und Spektrum einer auf dem Fe3O4 (111)Substrat adsorbierten Monolage (unten) Ethen (T=127 K). Die dominierende Resonanz bei 284,7 eV wird einer Elektronenanregung der
Form 1s!1b3g zugeordnet. Der in der Monolage prasente Dichroismus
fuhrt zu einer molekularen Orientierung parallel zur Oberache (=18). 89
X
Abbildungsverzeichnis
7.7 NEXAFS-Daten gemessen an der C1s- und N1s-Kante. An der C-Kante
tritt ein Maximum in den 90-Spektren auf, was auf eine aufrechte
Orientierung des Molekuls schlieen lat. An der N1s-Kante ist die
energetische Verschiebung der -Resonanz um 0,3 eV von besonderer
Bedeutung, da sie auf eine signikante Wechselwirkung zwischen dem
N-Atom und dem Substrat hinweist. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
7.8 Schematische Darstellung der Modelle fur die Adsorption auf den Substraten FeO (oben), Fe3O4 (mitte) und Fe2 O3 (unten). . . . . . . . .
94
7.9 Schematische Darstellung der Adsorptionsgeometrien der Modellmolekule Naphthalin, Oktan, Ethen und Pyridin fur Adsorption auf dem
Fe3O4 -Substrat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
8.1 Schematischer U berblich uber den Reaktionskreislauf wahrend der Dehydreirung von Ethylbenzol zu Styrol. . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
XI
Abbildungsverzeichnis
XII
Tabellenverzeichnis
4.1 U berblick uber die untersuchten Ethylbenzollme adsorbiert auf den
Oberache FeO(111), Fe3O4(111) und Fe2O3(0001) inklusive Schichtdicke und Adsorptionstemperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
4.2 U berblick uber die untersuchten Styrollme adsorbiert auf den FeO-,
Fe3O4 - und Fe2O3-Oberachen inklusive Schichtdicke und Adsorptionstemperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
6.1 Zuordnung der Resonanzen im Multilagenspektrum von Ethylbenzol.
Verwendet wurden die entsprechenden Literaturdaten von Benzol- und
Oktanspektren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
6.2 Zuordnung der Resonanzen im Multilagenspektrum von Styrol. Verwendet wurden die entsprechenden Literaturdaten von bekannten Benzolspektren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
6.3 Berechnete Energiepositionen und relative Intensitaten der zur dominierenden -Resonanz beitragenden Kohlensto-Atome . . . . . . . .
70
XIII
Tabellenverzeichnis
XIV
1. Einleitung
Die eektive Durchfuhrung chemischer Reaktionen besitzt in unserer industrialisierten Gesellschaft einen hohen Stellenwert. So besteht unter anderem ein groer Bedarf an der okonomischen und okologischen Herstellung vielfaltiger Materialien und
Substanzen als Ausgangssoe fur die anschlieende Weiterverarbeitung in diversen
Technologiezweigen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die Wirtschaftlichkeit
der eingesetzten Verfahren. Um die Ausbeute an Reaktionsprodukten zu maximieren
und den Ablauf von Reaktionen zu beschleunigen, gibt es in der chemischen Industrie
verschiedene Ansatze. Eine herausragende Rolle nimmt dabei der Katalysator ein, der
sogar eine Vielzahl von Reaktionen erst ermoglicht. Ein prominentes Beispiel ist der
Einsatz des Katalysators zur Reduzierung des Stickoxidausstoes in Fahrzeugen.
1.1 Einfuhrung
Aber auch bei der Herstellung von modernen Werkstoen, wie zum Beispiel Polymeren, ist der Einsatz von Katalysatoren unerlalich. In der chemischen Industrie wird
seit 1957 das zur Herstellung von Polystyrol benotigte Monomer Styrol durch Dehydrierung von Ethylbenzol unter Verwendung promotierter Eisenoxide hergestellt [1].
Die dabei ablaufende Reaktion ist in Abbildung 1.1 schematisch dargestellt. Vergleichende Studien verschiedener U bergangsmetalloxide fuhrten zu dem Ergebnis, da
ein auf Eisenoxid basierender Katalysator die hochste Eektivitat bezuglich chemischer Selektivitat und Aktivitat liefert [2,3]. Eine zusatzliche Promotierung mit Kalium erhoht den Umsatz um eine weitere Groenordnung. Diese endotherme Reaktion
(H=12,9 kJ/mol) wird in Gegenwart von Wasserdampf bei einer Temperatur von
1
1. Einleitung
900 K durchgefuhrt. Das jahrliche Produktionsvolumen belauft sich auf 15 Millionen
Tonnen Styrol [4].
+ EisenoxideKatalysator
+ H2O - H 2
C6
C5
C8
C1
C4
C2
C3
Ethylbenzol
C7
Styrol
Abbildung 1.1: Schematische U bersicht der katalytischen Dehydrierung von Ethylbenzol (Edukt) zu Styrol (Produkt). Unter katalytischer Wirkung von
Eisenoxiden und Wasserdampf wird diese Reaktion bei Temperaturen
von 900 K durchgefuhrt.
1.2 Motivation der Arbeit
Obwohl das empirisch gefundene Verfahren bereits uber 40 Jahre grotechnisch eingesetzt wird, konnte der genaue Mechanismus der Reaktion bisher nicht vollstandig
geklart werden. Zur Optimierung ist jedoch unter anderem die genaue Funktionsweise
des Katalysators auf mikroskopischer Ebene von entscheidender Bedeutung, da man
sich dabei ein besseres Verstandnis der einzelnen molekularen Prozesse der chemischen
Reaktion erhot. Diese Arbeit soll einen Beitrag zum Verstandnis des Reaktionsablaufs liefern.
Ausgehend vom Realkatalysator ergibt sich eine Vielzahl komplexer Fragestellungen.
Um jedoch die Moglichkeit zu haben, die zahlreich auftretenden Phanomene im Einzelnen zu untersuchen, empehlt sich die Verwendung von Modellsystemen, die eine
fundamentalere Behandlung erlauben. Dabei ist jedoch zu beachten, da jede Vereinfachung des Problems eine Vereinfachung realer Gegebenheiten bedeutet, deren
Zulassigkeit einer technischen U berprufung bedarf.
Einen bevorzugter Ansatz derartige Modellsysteme zu behandeln, bieten die Methoden der Oberachenanalytik, wie sie auch in dieser Arbeit eingesetzt werden. Besondere Experimentierbedingungen bietet beispielsweise das Ultrahochvakuum (UHV),
da hier die Praparation sehr sauberer Oberachen und die Bereitstellung der bei der
2
1. Einleitung
Katalyse relevanten Edukte und Produkte mit einem hohen Reinheitsgrad moglich
sind. Durch den Einsatz von Vakuumpumpen kann in den dafur notwendigen UHVKammern typischerweise ein Basisdruck von weniger als 10;9 mbar erreicht werden.
Dadurch wird die Minimierung von Verunreinigungen auf einer fur das Modellexperiment notigen Zeitskala realisiert. Zu Beginn dieser Arbeit wurde eine derartige
Apparatur aufgebaut, mit der die hier prasentierten Messungen durchgefuhrt wurden.
Die Anlage ist transportabel konzipiert und kann sowohl im Labor fur Standardmessungen (siehe Kapitel 2.5), als auch fur externe Experimente unter Verwendung von
Synchrotronstrahlung, wie zum Beispiel am Berliner Elektronenspeicherring BESSY,
verwendet werden.
Um die grundlegenden Prinzipien der chemischen Reaktion und Bindung zu untersuchen, werden oftmals hoch geordnete Kristalloberachen verwendet. Ausgehend
von einem Pt(111)-Einkristall wurden im Rahmen dieser Arbeit die monokristallinen Oberachen FeO(111), Fe3O4 (111) sowie Fe2O3(0001) epitaktisch hergestellt und
spektroskopisch untersucht. Um einen genaueren Einblick in die Reaktionsmechanismen auf molekularer Ebene zu bekommen, wurden die unmittelbar bei der Styrolsynthese beteiligten Substanzen Ethylbenzol und Styrol sowie die molekularen Modellsysteme Benzol, Naphthalin, Oktan und Ethen sowie Pyridin auf den Eisenoxidlmen
adsorbiert und mittels diverser spektroskopischer Methoden eingehend untersucht.
Von Interesse sind dabei die experimentellen Bedingungen, unter denen eine Adsorption stattndet, der chemische Charakter der Anbindung an die verschiedenen
Oberachen und die elektronische Struktur des Adsorbat-Substrat-Systems. Diese Informationen lassen zusammen wichtige Ruckschlusse auf den Ablauf der Dehydrierung
von Ethylbenzol zu Styrol zu. Dabei wurden im Rahmen dieser Arbeit die Methoden
der rontgenkantennahen Feinstrukturanalyse NEXAFS (Near Edge X-ray Absorption
Fine Strucure), der Rontgenphotoelektronenspektroskopie XPS (X-ray Photoelectron
Spectroscopy) und der Beugung niederenergetischer Elektronen LEED (Low Energy
Electron Diraction) verwendet.
3
1. Einleitung
4
2. Apparative Grundlagen
Die hier vorgestellten Experimente wurden zu einem wesentlichen Teil am Berliner
Elektronenspeicherring fur Synchrotronstrahlung BESSY I durchgefuhrt. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgte der Aufbau einer UHV-Apparatur, die zu den bewilligten
Mezeiten nach Berlin transportiert wird, sonst jedoch fur vorbereitende und weiterfuhrende Experimente im Bochumer Labor stationiert ist.
2.1 Die BESSY-Meapparatur
Die Anlage besteht aus drei separaten UHV-Kammern, die durch Plattenventile voneinander getrennt sind. In jeder Kammer wird durch eine Kombination aus Vorpumpe
und Turbomolekularpumpe ein Ultrahochvakuum mit einem Basisdruck kleiner als
10;9 mbar erzeugt. Abbildung 2.1 zeigt in einer schematische Skizze die wesentlichen
Komponenten der und deren Einsatzmoglichkeiten.
In der Schleuse ist die gleichzeitige Lagerung von bis zu sieben Proben unter UHVBedingungen moglich. Die Kammer kann mit ussigem Sticksto beluftet werden,
gestattet einen schnellen Aufbau neuer Proben und das Evakuieren ohne erneutes
Ausheizen. Der Basisdruck betragt hier 1 10;8 mbar.
Die Praparationskammer ist mit einem Manipulator bestuckt, mit dem die Probe mittels Elektronenstoheizung (Hochspannung: U 1000V , Emissionsstrom: I 2 A)
prapariert werden kann. Die Temperatur wird uber ein Typ-K-Thermoelement bestehend aus Nickel/Nickel-Chrom-Draht kontrolliert. Eine Sputtereinrichtung wird zum
Reinigen der Probe mittels Argonionen verwendet. Ferner besteht die Moglichkeit,
5
2. Apparative Grundlagen
uber verschiedene Verdampfersysteme organische Molekule und Metallatome auf der
Probe zu deponieren.
Manipulator
Manipulator
Strahlrohr
Probentransfer
VorvakuumPumpen
Meßkammer
!
!
!
!
!
!
Präparationskammer
Proben!
präparation
Adsorption !
NEXAFS
XPS
LEED
TDS
Schleuse
ProbenLagerung von
präparation max. 7 Proben
Adsorption
Abbildung 2.1: Die BESSY-Meapparatur besteht aus drei Vakuum-Kammern, die
mit unterschiedlichen Komponenten bestuckt werden konnnen. Einige
Standardkomponenten sind explizit angegeben.
Die Mekammer ist ebenfalls mit einem Manipulator bestuckt, der jedoch zusatzlich vielfaltige raumliche Bewegungen ermoglicht. Neben den drei Raumrichtungen
x, y und z lat sich die Probe auch um die Langsachse (z-Achse) um 360 rotie6
2. Apparative Grundlagen
ren, was speziell fur die NEXAFS-Experimente von fundamentaler Bedeutung ist.
Die gewunschte Position kann mittels eines Winkelcodierers mit einer Genauigkeit
von 0,1 angesteuert werden. Ferner ist eine azimuthale Drehung um maximal 180
moglich. Weiterhin besteht die Moglichkeit, die Probe mit ussigem Sticksto bis
auf Temperaturen von 100 K zu kuhlen, ohne da die raumlichen Freiheitsgrade dadurch eingeschrankt werden. Zur Probenpraparation steht eine Sputtereinrichtung zur
Verfugung. In dieser Kammer werden die spektroskopischen Untersuchungen durchgefuhrt. Fur die XPS-Messungen stehen dazu eine Rontgenrohre mit Doppelanode
fur Anregungen mit MgK - (E = 1253,6 eV) und AlK- (E = 1486,6 eV) Strahlung
sowie ein hemispharischer Energieanalysator mit drei Channeltrons zur Verfugung.
Abbildung 2.2 illustriert den Aufbau und die Funktionsweise eines Analysators.
Bei der Bestrahlung der Probe mit Rontgenlicht treten als Folge der Absorption Elektronen aus der Probe aus. Sie werden am Analysator durch zwei elektrische Linsen auf
den Eintrittsspalt fokussiert, wobei durch Variation der Feldstarke Elektronen einer
bestimmten kinetischen Energie selektiert werden. Zwischen den elektrisch geladenen
Hemispharen werden die Elektronen entsprechend einer gewahlten Pass-Energie auf
kreisformige Bahnen gezwungen. Nach Passieren des Austrittsspaltes erfolgt die Detektion mittels dreier Channeltrons. Die so innerhalb eines speziellen Energiefensters
zur Detektion gelangten Elektronen werden addiert und im XP-Spektrum wahlweise
als Zahlrate gegen die Bindungsenergie oder gegen die kinetische Energie aufgetragen.
Dabei gilt folgende Gleichung:
Ekin = h ; BE ; Spec
mit
Ekin
h
BE
Spec
=
=
=
=
(2.1)
Kinetische Energie der Elektronen,
Photonenenergie der anregenden Rontgenstrahlung,
Bindungsenergie der emittierten Elektronen im Festkorper
Spektrometerfunktion
Die Spektrometerfunktion ist eine von der zu untersuchenden Probe unabhangige
Groe, die durch Kalibrierung an bekannten Linien ermittelt werden kann. Sie betragt
7
2. Apparative Grundlagen
ElektronenFlugbahn
Äußere Hemisphäre
(negativ)
Innere Hemisphäre
(positiv)
AustrittsEintrittsspalt
spalt
Linse R
Channeltron
Vorverstärker
Quadrupole
Linse N
Probe
LinsenVersorg.
Ratemeter
ChanneltronVersorgung
SpektrometerSteuerung
Kamera
(optional)
MeßComputer
Abbildung 2.2: Querschnitt durch den hemispharischen Energieanalysator inklusive
der elektronischen Komponenten. Die Flugbahn der zu detektierenden
Elektronen ist schraert dargestellt.
bei dem hier benutzten Analysator CLAM2 5,5 eV [40].
Fur die NEXAFS-Messungen wird ein in Eigenkonstruktion gefertigter Detektor eingesetzt, wie er in Abbildung 2.3 dargestellt ist [6]. Die einzelnen Komponenten sind
gegen die Mekammer isoliert und wurden dazu in eine Macor-Keramik eingepat.
Im unteren Teil bendet sich der Kollektor (Kupfer), der uber Zuleitungen mit einer Spannung versorgt wird (V6 ) und durch einen Keramikring nach oben isoliert ist.
Daruber liegen in einer Sandwich-Anordnung zwei Mikokanalplatten (MCP: Micro
8
2. Apparative Grundlagen
Channel Plate), die uber drei Ringkontakte (Kupfer) mit Spannung versorgt werden
(V3 ; V5) und nach oben durch einen weiteren Keramikring isoliert sind. Es folgen
zwei feinmaschige Metallgitter (Goldnetze, V1 und V2) mit Keramikring und als Abschlu ein Federkontakt mit Deckplatte. Dieser Aufbau gewahrleistet die Detektion
von Elektronen, die nach Anregungen mit Synchrotronstrahlung in der Probe freigesetzt werden. Wahrend an Gitter 2 eine Gegenspannung von -150 V angelegt wird
(PEY: Partial Electron Yield), ist Gitter 1 geerdet, um den Detektor von aueren
Feldern abzuschirmen. Somit werden die elektrischen Kontakte von oben nach unten mit steigender Spannung belegt, um die Elektronen bei der sich anschlieenden
Vervielfaltigung in den Mikrokanalplatten zu beschleunigen.
Ein sogenannter I0 -Detektor zur simultanen Messung von Referenzsignalen vervollstandigt die Ausstattung, die fur die NEXAFS-Messungen eingesetzt wird. Dieser
Detektor besteht im Wesentlichen aus einem mit Kontaminationen belegten Goldnetz.
Er besitzt eine Durchlassigkeit fur Photonen im Rontgenbereich von uber 80% und
ist isoliert am Eingang der Kammer montiert. Die absorbierten Photonen erzeugen
Photoelektronen und ermoglich dadurch die Messung eines Probenstroms am Netz.
Ferner steht fur Elektronenbeugungsexperimente eine verfahrbare LEED-Optik zur
Verfugung, dessen Aufbau in Abbildung 3.3 dargestellt ist [21]. In der Elektronenkanone wird ein Elektronenstrahl erzeugt, den das Linsensystem auf die Probe fokussiert. Dort werden die Elektronen an der Oberache gebeugt und zum Leuchtschirm beschleunigt. Die elastisch gebeugten Elektronen interferieren und erzeugen
das LEED-Bild, welches im Falle einer guten Fernordnung der Probe aus scharfen
Spots mit einer wohldenierten Struktur besteht. Durch eine Gegenspannung an den
Gittern werden die inelastisch gestreuten Elektronen mit geringer kinetischer Energie vom Leuchtschirm ferngehalten, so da nur eleastisch gebeugte Elektronen zum
LEED-Bild beitragen.
Die Analysenkammer ist mit einem Massenspektrometer ausgerustet, das eine Detektionsmoglichkeit von bis zu 300 atomaren Masseneinheiten besitzt. Dieses Gerat wird
eingesetzt zur Restgasanalyse, zur Kontrolle der Reinheit der in die Kammer eingelassenen Gasen sowie fur Thermodesorptions-Messungen TDS (Thermal Desorption
Spectroscopy). Dabei ermoglicht ein vor der Ionisationskammer des Mekopfes mon-
9
2. Apparative Grundlagen
Deckplatte
Federring
Keramikring
V1
Metallgitter 1
Keramikring
Metallgitter 2
V2
Keramikring
Ringkontakt
V3
Kanalplatte 1
V4
Ringkontakt
Kanalplatte 2
Ringkontakt
V5
Keramikring
V6
Kollektor
KeramikGehäuse
Abbildung 2.3: Der NEXAFS-Detektor mit seinen einzelnen Komponenten. Die Bauteile werden in Sandwich-Form in das Keramik-Gehause eingesetzt.
Bei der Messung werden die elektrischen Komponenten mit unterschiedlichen Spannungen V1 bis V6 versorgt.
tiertes Feulnercup mit kleiner O nung (1-2 mm) eine genaue Positionierung vor der
Probe und somit die Auswahl des Ortes der Desorption der nachzuweisenden Molekule
und Molekulfragmente.
Drei direkt an die Kammer montierte Dosiersysteme ermoglichen es, sowohl organische Molekule aus der Gasphase (z. B. Benzol, Oktan, Styrol) als auch Laborgase (z.
B. Ar, O2, H2 ) einzulassen, wobei eine denierte Dosierung durch die Kontrolle des
10
2. Apparative Grundlagen
Leuchtschirm
Elektronenkanone
Kathode
Probe
Linse
Gitter
0 - 300V
5 KV
Abbildung 2.4: Aufbau einer LEED-Optik. Der Experimentator blickt von links auf
den Leuchtschirm, auf dem das Beugungsbild entsteht.
Partialdrucks gewahrleistet wird. Wahrend dieser Arbeit wurde auch ein Metallverdampfer fur das epitaktische Aufbringen von Eisen-Atomen verwendet.
2.2 Der Elektronenspeicherring
Die Methode NEXAFS-Spektroskopie erfordert monochromatisierte Rontgenstrahlung hoher Intensitat, die energetisch durchstimmbar und linear polarisiert ist. Zur
Durchfuhrung der hier dokumentierten Experimente wurde die Apparatur daher zum
Berliner Elektronenspeicherring BESSY I transportiert, der eine Synchrotronquelle
der zweiten Generation darstellt. Abbildung 2.5 zeigt eine Funktionsskizze.
Nach der Emission aus einer Gluhkathode und anschlieender Beschleunigung durch
ein Mikrotron sowie ein Booster-Synchrotron auf nahezu Lichtgeschwindigkeit (E =
800 MeV bei BESSY I), werden die relativistischen Elektronen im Intervall von etwa
11
2. Apparative Grundlagen
Elektronenspeicherring
Undulator/
Wiggler
Kleine Quelle
Weiter Energiebereich
E
Monochromator
Schmales Bündel
Zeitliche
Struktur
Abbildung 2.5: Prinzipieller Aufbau des Elektronenspeicherrings. Nach Ablenkung
des Elektronenstrahls im Ring mittels Undulatoren, Wiggler und Dipolmagnete gelangt die dabei erzeugte Synchrotronstrahlung durch
ein tangential zum Ring angeordnetes Strahlrohr uber einen Monochromator zum Nutzer und weist dabei eine charakteristische raumliche und zeitliche Struktur auf.
5 Stunden in Form von Paketen (Bunches) in den Speicherring injeziert. Diese besitzen eine raumlich ausgedehnte, periodische Struktur mit eine Pulsdauer von ca.
1 ns (Lange 3 cm) und Intervallen im Nanosekunden- bis Mikrosekunden-Bereich.
Nach der Einspeisung in den Speicherring durchlaufen die Pakete einerseits geradlinige Strecken, auf denen Energieverluste durch eine Nachbeschleunigung kompensiert und mittels Quadrupolmagnete erneut fokussiert werden. Andererseits sind weitere Streckenabschnitte mit Dipolmagneten ausgerustet, an denen die Pakete auf
Kreisbogen abgelenkt werden. Die von ihrer geradlinigen Bahn abgelenkten Elektronen verlieren wie jedes geladene Teichen kinetische Energie, die in Form von Synchrotronstrahlung in einem engen Kegel tangential zur Trajektorie abgestrahlt wird.
Diese wird dem Nutzer an Schnittstellen, den Strahlrohren, zur Verfugung gestellt.
Der O nungswinkel des Kegels betragt 1/ mit = Ekin=E0, wobei Ekin die kinetische
und E0 die Ruhe-Energie der Elektronen sind. Das abgestrahlte Spektrum ist kontinuierlich. Die Synchrotronstrahlung ist in der Ringebene linear, daruber und darunter
elliptisch polarisiert. Entsprechend der Abstrahlrichtung der Synchrotronstrahlung
12
2. Apparative Grundlagen
sind Strahlrohre tangential zum Ring angeordnet.
Die hier gezeigten Experimente wurden am Strahlrohr HE-TGM2 (HochenergieToroidalgitter-Monochromator 2) durchgefuhrt, fur das ein Polarisationsgrad P
P = P P+kP
?
k
(2.2)
von 91,5 % (+/- 1%) experimentell bestimmt wurde [7]. Dieses Strahlrohr gewahrleistet die Nutzung von weicher Rontgenstrahlung in einem Energiebereich zwischen 100
eV und 750 eV und ist sehr gut geeignet fur die Spektroskopie organischer Molekule.
In diesem Bereich benden sich die Rontgenkanten der Elemente Kohlensto (C1sKante), Sticksto (N1s-Kante) und Sauersto (O1s-Kante) bei 285 eV, 400eV und
530 eV. Ein Vergleich der spektralen Intensitatsverteilung mit anderen bei BESSY I
eingesetzten Strahlrohren ist in Abbildung 2.6 gegeben.
Unmittelbar hinter dem Auslasystem des Speicherringes wird die Synchrotronstrahlung uber einen elliptischen, Nickel-bedampften Aluminium-Vorspiegel auf den Ein
trittsspalt des Strahlrohres (Onung
200 m) fokussiert. Dahinter wird das weie
Licht an einem Monochromator gebeugt, der wahlweise mit drei toroidformigen Gittern von 500, 1000 und 1500 Linien/mm betrieben werden kann. Durch Verfahren
des Gitters mittels eines Schrittmotors kann das fur das Experiment benotigte Energieintervall schrittweise durchfahren werden. Dabei werden die monochromatisierten
Photonen auf den Austrittsspalt (200 m) fokussiert. Das Strahlrohr endet mit einem
fur Rontgenlicht undurchlassigen Glasventil, an welches die Mekammer direkt angeschlossen werden kann. Dabei wird das durch das Glasventil durchgelassene, visuell
sichtbare Licht zur Justage von Kammer und Probe relativ zum Lichtstrahl verwendet. Dazu wird der Monochromator in die nullte Beugungsordnung gefahren.
Durch die Wahl des Beugungsgitters am Monochromator und die Verwendung mehrerer verfahrbarer Blenden am Strahlrohr ist eine Manipulation des Lichtstrahls entsprechend den experimentellen Anforderungen moglich. Die hier dargestellten Experimente wurden mit dem Gitter 1 (1500 Linien/mm) gemessen, wobei eine Auosung
von E/E = 600 erreicht wurde. Das entspricht an der C1s-Kante etwa 0,5 eV. Zur
Bestimmung dieses Wertes wird standardmaig eine CaF2-Probe vermessen, in der
13
Photonen/sec x mrad2 x 1%bandbreite
2. Apparative Grundlagen
Wellenlänge/Energie
Abbildung 2.6: An den verschiedenen Strahlrohren bei BESSY I verfugbarer Photonenu in Abhangigkeit von der Energie (doppelt-logarithmische
Auftragung).
bei Photonenenergien von 351 eV und 354.5 eV intermolekule Elektronen-U bergange
der Form Ca(2p3=2 ! 3d) sowie Ca(2p1=2 ! 3d) stattnden [8,9]. Im dazugehorigen
Absorptionsspektrum sind 2 entsprechende Resonanzen prasent. Deren naturliche Linienbreite liegt mit ca. 0,1 eV deutlich unter der gemessenen Halbwertsbreite von 0,5
eV, welche somit ein geeignetes Ma fur die apparative Auosung darstellt.
2.3 Die NEXAFS-Metechnik
Wahrend im Falle der XP- und LEED-Messungen kommerzielle elektronische Komplettsysteme zum Einsatz kommen, handelt es sich bei der verwendeten NEXAFSElektronik um speziell zusammengestellte Komponenten. Bei dieser Memethode werden das eigentliche NEXAFS-Spektrum sowie ein Referenzsignal (I0-Signal) simultan
14
2. Apparative Grundlagen
Au-Netz
Probe
Ruhr-Universität Bochum
Lehrstuhl für Physikalische ChemieMCP-Detektor
I
SR
hn
e
V
A
D
{
I
_
Kathode: +200V
Anode: +2KV
Kollektor: +2.1 KV
G1
11
10
G2: -150V
8
10
Io-Signal
{
I
V
A
D
NEXAFSSignal
Abbildung 2.7: Das Prinzip der Signalaufnahme und Verarbeitung dargestellt in Form
eines einfachen Blockschaltbildes. Das I0 - und das NEXAFS-Signal
werden simultan aufgenommen und nach einer Verstarkung in ein digitales Spannungssignal (0-10 V) gewandelt. Der angeschlossene Computer steuert die Messungen und speichert die Daten.
gemessen (siehe Abbildung 2.7 sowie Abschnitt 2.1). Die aus dem Strahlrohr zugefuhrte Synchrotronstrahlung erzeugt beim Durchgang durch das Goldnetz einen
Photoelektronenstrom. Anschlieend treen die Photonen auf die zu untersuchende
Probe und setzen Sekundarelektronen frei. Diese werden im NEXAFS-Detektor nachgewiesen, wobei sie zunachst das potentialfreie Gitter 1 (V1 ) passieren. Das folgende
Gitter 2 ist mit einer Gegenspannung von -150 V (V2) beschaltet und wirkt somit energiediskriminierend. Es gelangen nur Elektronen mit einer kinetischen Energie Ekin > 150 eV zur Detektion. Danach werden die Elektronen innerhalb zweier
Mikrokanalplatten (MCPs) vervielfaltigt, wobei sie zwischen der Kathode (+200 V,
V3 ), der Anode (+2.0 kV, V5) und dem Kollektor (+2,1 kV, V6 ) eine Beschleunigungsstrecke durchlaufen. Beide Signale werden im ersten Schritt um den Faktor
15
2. Apparative Grundlagen
108 (NEXAFS-Signal) und 1011 (I0-Signal) verstarkt. Anschlieend erfolgt uber einen
Strom-Spannungs-Wandler (Fa. EG&G) eine Transformation in eine Spannung zwischen 0 und 10 V und mit zwei AD-Wandlerkarten (Fa. National Instruments) digitalisiert. Mittels eines selbst entwickelten LabWindows-Programms erfolgt die Steuerung
der Messungen inklusive des Monochromators sowie die Datenspeicherung.
16
3. Spektroskopische Grundlagen
Bei der NEXAFS-Spektroskopie wird die Feinstruktur im Nahbereich der elementspezischen Rontgenkante untersucht. Neben XPS ist sie die zentrale Untersuchungsmethode dieser Arbeit.
3.1 Die Methode der kantennahen Rontgenabsorptionsspektroskopie (NEXAFS)
Dabei werden die Photonen in der Probe resonant absorbiert, wobei sie eine Eindringtiefe von maximal 500 A aufweisen. Dabei kommt es zur Erzeugung von Primarelektronen, die jedoch nur eine mittlere freie Weglange von etwa 8 A besitzen. Auf ihrem
Weg zur Oberache losen sie durch inelastische Streuprozesse eine Vielzahl von Sekundarelektronen aus, die im Folgenden die Probe verlassen konnen [6].
3.1.1 Das NEXAFS-Spektrum
Abbildung 3.1 zeigt zwei typische Spektren des Rontgenabsorptionsquerschnittes in
Abhangigkeit von der Photonenenergie (aus Referenz [10]). Im oberen Teil wurde ein
atomares Adsorbat untersucht, wahrend im unteren Teil das Spektrum eines auf einer
Metalloberache adsorbierten Molekuls gezeigt wird. Dabei umfat die Ordinate ein
weites Energieintervall von mehr als 300 eV, das in zwei Abschnitte unterteilt werden
kann, die der NEXAFS- (A) und SEXAFS- (Surface Extended X-ray Absorption Fine
Structure) Spektroskopie (B) zugeordnet wird. Das bedeutet, da bei der NEXAFS17
Absorption
3. Spektroskopische Grundlagen
A
500
600
700
800
900
Photonenenergie [eV]
Absorption
Ni(111)-c(4x2)-NO
A
500
Cu(110)-(2x1)-O
B
B
600
700
Photonenenergie [eV]
800
Abbildung 3.1: Beide Diagramme zeigen SEXAFS-Spektren, aufgenommen an der
Sauersto-1s-Kante (O1s). Beim Adsorbat handelt es sich im oberen
Fall um atomaren (O), im unter Fall um molekularen (NO) Sauersto als Adsorbat. Wahrend das obere Spektrum durch Oszillationen
infolge ruckgetreuter Elektronenwellen dominiert ist, sind im unteren
Teil resonante Anregungen in Molekulorbitale mit - und - Charakter von Bedeutung.
Spektroskopie nur der niederenergetische Bereich der Rontgenabsorption, also der
Nahbereich, untersucht wird. Wahrend dieser relativ scharfe Resonanzen aufweist,
wird der SEXAFS-Bereich von Oszillationen uber weite Energiebereiche dominiert.
Nach der Anregung der Adsorbate mit Synchrotronstrahlung werden im Zuge der
Abregung Auger-Elektronen emittiert. Die auslaufenden Wellen werden an Nachbaratomen reektiert und fuhren zu Interferenzen, die im SEXAFS-Spektrum als Oszil-
18
3. Spektroskopische Grundlagen
Vakuumniveau
Rydbergorbitale
unbesetzte
Molekülorbitale
Photonenenergie
lationen zu identizieren sind. Das resultierende Spektrum hangt also stark von der
Wellenlange und somit vom Abstand des ruckstreuenden Atoms vom emittierenden
Atom ab. Die Analyse der Daten ermoglicht sowohl eine Bestimmung des AdsorbatAdsorbat- sowie Adsorbat-Substrat-Abstandes und ermoglicht Erkenntnisse uber die
Adsorptionsplatze. Der Fokus dieser Arbeit lag auf der Untersuchung des Adsorptionsverhaltens von organischen Molekulen auf Festkorperoberachen. Da hierbei die
Orientierung der molekularen Ebenen von entscheidender Bedeutung war, wurde vorrangig die NEXAFS-Spektroskopie eingesetzt.
Kontinuum
s*
IP
p*
Absorption
hn
kernnahe
Zustände
Abbildung 3.2: Dargestellt sind die moglichen Anregungen von kernnahen Elektronen (1s) in unbesetzte Molekulorbitale. Rechts wird ein sich daraus
ergebendes NEXAFS-Spektrum inklusive der energetischen Referenzierung auf die entsprechenden Resonanzen gezeigt.
Das grundlegende Prinzip ist in Abbildung 3.2 illustriert. Die bei der Absorption von
Rontgenphotonen auftretende Elektronenanregung erzeugt ein NEXAFS-Spektrum,
wie es schematisch fur den Fall eines Molekuls dargestellt ist. Mehrelektronenanregungen werden dabei vernachlassigt. Dargestellt ist eine hierbei typische Form der Anregung eines kernnahen Elektrons in ein unbesetztes Molekulorbital (z.B. C1s ! ).
Mogliche charakteristische Endzustande sind hierbei -Orbitale, die sich energetisch
oberhalb des Vakuumniveaus benden, Rydberg (R)- sowie -Orbitale, die unterhalb
des Vakuumniveaus liegen. Die rechte Seite der Abbildung zeigt eine entsprachende
Zuordnung der Resonanzen im sich ergebenden NEXFAS-Spektrum. Daneben treten
19
3. Spektroskopische Grundlagen
Anregungsprozesse auf, bei denen der Energieubertrag auf die Elektronen so gro
ist, da diese das Ionisierungspotential uberwinden und als freie Elektronen in das
Kontinuum angeregt werden. Sie bilden im Spektrum die elementspezische Rontgenkante, die von einer Feinstruktur uberlagert wird, welche Anregungen in die oben
beschriebenen , R- und -Orbitale zugeordnet wird.
Wahrend der Ursprung der -Resonanz theoretisch recht gut verstanden ist und in
der Literatur der Anregung in das niedrigste unbesetzte Moleulorbital (LUMO: Lowest Unoccupied Molecular Orbital) zugeordnet wird, gibt es diesbezuglich im Falle
der -Resonanz kontroverse Diskussionen. So wird dieser Endzustand oft als quasigebunden interpretiert [82], das mit einem eektiven Potential erklart werden kann.
Auch Streuprozesse infolge auslaufender Photoelektronenwellen in Form von EXAFSOszillationen [83], Doppelanregungen ein und desselben Elektrons [63,84{86] sowie
Shake-up- und Shake-o-Prozesse [63,87{89] werden in diesem Zusammenhang diskutiert. Verglichen mit den relativ schmalen -Resonanzen (FWHM 1 eV), weisen
die -Resonanzen eine deutlich groere Halbwertsbeite auf (FWHM 3 eV) und
haben somit der Heisenberschen Unscharferelation
E t h=2
(3.1)
folgend eine deutlich kurzere Lebensdauer. Als komplementare Methode zur NEXAFS
Spektroskopie, bei der die nichtbesetzten elektronischen Zustande des Molekuls in
Anwesenheit eines Kernlochs untersucht werden, ist die Photoelektronenspektroskopie UPS (Ultraviolet Photoelectron Spectroscopy) zu sehen, in der besetzte Valenzzustande analysiert werden [21].
3.1.2 Physikalische Grundlagen
Das Dipolubergangsmoment
Bei der Analyse und der Interpretation von NEXAFS-Spektren ist eine quantenmechanische Betrachtung der Elektronenanregung von fundamentaler Bedeutung [6].
Allgemein lat sich der Zustand eines Elektrons durch seine Wellenfunktion be20
3. Spektroskopische Grundlagen
schreiben. Unter der Annahme eines konstanten Potentials lat sich diese in der folgen
Form formulieren:
s
= eikx; k = 2m(E 2; V )
h
(3.2)
mit E = Ekin + V (x), Ekin = kinetische Enrgie, V(x) = potentielle Energie am Ort x.
Diese Wellenfunktion lat sich mit Hilfe der Schrodinger-Gleichung berechnen, die in
eindimensionaler Form lautet:
2 2
; 2hm ddx2 + V (x) = E (3.3)
beziehungsweise unter Verwendung des Hamilton-Operators H^ :
H^ = E (3.4)
Betrachtet man ferner die zeitabhangige Schrodinger-Gleichung und fuhrt eine quantenmechanische Storungsentwicklung in erster Ordnung durch, erhalt man die Wahrscheinlichkeit fur den U bergang zwischen zwei orthogonalen Zustanden, zum Beispiel
vom Anfangs- in den Endzustand. Diese U bergangswahrscheinlichkeit ;if ist ein Ma
fur die Intensitat der angeregten Resonanz IRes und lat sich durch Fermis Goldene
Regel beschreiben:
IRes = ;if j < final jE~ ~rjinitial > j2
(3.5)
In diesem Dipolmatrixelement beschreiben initial und final die Wellenfunktion des
Anfangs- und Endzustandes, E~ den elektrischen Feldstarkevektor der anregenden
Strahlung und ~r den Dipoloperator. Unter Verwendung des Dipolubergangselements
TDM (Transition Dipole Moment) lat sich Formel 3.6 auch in der folgenden Form
schreiben:
IRes = ;if jE~ < final j~rjinitial > j2 = jE~ TDMj2
21
(3.6)
3. Spektroskopische Grundlagen
Das bedeutet, da die Resonanzintensitat vom elektrischen Feldstarkevektor E~ und
vom Dipolubergangsmoment TDM abhangt. Folglich lat sich unter Verwendung des
im Experiment genau vorgegebenen E~ -Vektors die Lage des TDM bestimmen.
Bestimmung des Verkippungswinkels
Gruppenthoeretische Betrachtungen ermoglichen eine exakte mathematische Behandlung und liefern unter anderem die Dipolauswahlregel l = 1 [6]. Das bedeutet, da
im Falle der Anregung von Elektronen aus der kugelsymmetrischen K-Schale (1s) nur
ein U bergang in ein Molekulorbital mit p-Charakter (l = +1) erlaubt ist. Da folglich
das Dipolubergangsmoment in Richtung der maximalen Amplitude des Endzustandes
orientiert ist, lat sich daraus die Lage der Orbitale und unter Berucksichtigung der
molekularen Geometrie die Orientierung der molekularen Ebene ermitteln. Im Falle
~ entlang der Bindungsachse orientiert,
einer Anregung in ein -Orbital ist das TDM
wahrend im Falle eines -Orbital als Endzustand das Dipolubergangsmoment senkrecht zur Bindung steht. Die Gruppentheorie liefert dafur folgende Abhangigkeit:
IRes cos2;
(3.7)
mit = Winkel zwischen Dipolubergangsmoment und linear polarisiertem elektrischen Feldstarkevektor. Bei der Beschreibung von Anregungen in mehrere, raumlich
unterschiedlich orientierte Orbitale kommt es zu einer Summierung der entsprechenden Beitrage.
Abbildung 3.3 veranschaulicht die geometrischen Verhaltnisse. Hierbei fallen der parallele (Ek = 92%) und senkrechte (E? = 8%) Anteil des linear polarisierten Synchrotronlichts auf die Probe, wobei Ek mit der Oberachennormalen dem Einfallswinkel
bildet. Die Raumrichtung mit der maximalen Anregung wird beschrieben durch
das TDM, welches mit der Oberachennormalen den Winkel und mit dem Parallelanteil des Feldstarkevektors den Winkel einschliet. Die Projektion des TDM auf
die Probe bildet mit der Projektion von Ek den Azimuthwinkel . Die theoretischen
Resonanzintensitaten lassen sich aus geometrischen Betrachtungen entsprechend ihrer parallelen und senkrechten Anteile nach entwickeln. Unter Berucksichtigung einer
mindestens dreizahligen Substatsymmetrie, welche bei (111)-Oberachen relevant ist,
22
3. Spektroskopische Grundlagen
z
hn
E
=
Q
Q
a
d
TDM
E
f
y
x
Abbildung 3.3: Raumliche Darstellung der bei der Anregung wichtigen Vektoren
bezuglich der Oberache: X, Y, Z = kartesische Raumkoordinaten
Ek bzw. E? = paralleler bzw. senkrechter Anteil der polarisierten
Strahlung; TDM = Dipolubergangsmoment
.
ergibt sich im Rahmen dieser Arbeit die folgende mathematische Beschreibung [6]:
IRes P (cos2cos2 + 21 sin2 sin2 ) + (1 ; P )sin2
(3.8)
Aus Formel 3.8 wird ersichtlich, da bei vorgegebenem Einfallswinkel aus der Resonanzintensitat IRes der Verkippungswinkel des Dipolubergangsmomentes direkt
ermittelt werden kann. Abbildung 3.4 gibt die Schar moglicher Kurven, bei denen
die normierte Intensitat der Resonanzen in Abhangigkeit von Einfallswinkel und Verkippungswinkel aufgetragen sind. Der Verlauf jeder dieser theoretischen Kurven lat
sich durch 2 Punkte eindeutig festlegen. Daraus folgt, da zur Ermittlung des Verkippungswinkels mindestens zwei Spektren unter verschiedenem Einfallswinkel der
anregenden Synchrotronstrahlung gemessen werden mussen. Bei einem Einfallswinkel = 54; 7, dem magischen Winkel, schneiden sich alle Kurven in genau einem
Punkt. Da dieser Punkt entartet ist, lat sich in diesem Fall keine Zuordnung zu
einer der theoretischen Kurven treen. Eine Aussage bezuglich der Orientierung des
/textbfTDM lat sich nicht ableiten. Allerdings kann das unter diesem Einfallswin23
3. Spektroskopische Grundlagen
kel gewonnene Spektrum als Referenz verwendet werden. Ferner ergibt sich fur einen
Verkippungswinkel = 54; 7 in diesem Diagramm eine Gerade parallel zur X-Achse.
Es handelt sich auch hier um einen magischen Winkel, da bei gleichen Resonanzintensitaten nicht klar ist, ob der Verkippungswinkel tatsachlich 54,7 betragt oder eine
zufallige Verteilung vorliegt. Da bei der NEXAFS-Spektroskopie in Abhangigkeit von
der Spotgroe des anregenden Strahls ( 1 mm) uber einen weiten Bereich der Probe
gemittelt wird, konnen die Molekule auch ungeordnet vorliegen. Gemessen wird daher
stets der mittlere Verkippungswinkel.
1,0
Intensität [willk. Einheiten]
0,9
Vektororbital
(3-zählige Symmetrie)
a
0,8
0,7
0,6
0°
20°
30°
40°
50°
60°
70°
90°
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0,0
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Einfallswinkel Q [°]
Abbildung 3.4: Theoretische Darstellung der moglichen Resonanzintensitaten in
Abhangigkeit vom Einfallswinkel . Aus mindestens zwei unter verschiedenem Einfallswinkel aufgenommen Resonanzen lat sich somit
eine genaue mathematische Anpassung laut Formel 3.8 nden, aus der
man den Verkippungswinkel eindeutig bestimmen kann.
24
3. Spektroskopische Grundlagen
3.1.3 Detektion und Auswertung
Detektion
Wahrend die Anregung von kernnahen Elektronen innerhalb von 10;18 Sekunden
erfolgt [6], betragt die Lebensdauer der dabei erzeugten Kernlocher etwa 10;15 Sekunden [11{13] und die der Zustande im Kontinuum 10;17 Sekunden. Im Gegensatz dazu nden die Vibrationen der Atomkerne auf Grund der groen Masse auf
einer groeren Zeitskala von 10;13 Sekunden statt. Diese Tatsache gestattet eine getrennte Behandlung der elektronischen und nuklearen Eigenschaften im Sinne der
Born-Oppenheimer-Naherung [14]. Ferner kann der Kernabstand wahrend der Anregung als konstant betrachtet werden (Franck-Condon-Prinzip [15]). Fur die Abregung der Elektronen stehen mehrere Kanale zur Verfugung, wie sie in Abbildung 3.5
dargestellt sind. Ein Photon der entsprechenden Energie h kann entweder ein Photoelektron erzeugen oder in einen gebundenen Endzustand anregen. Dieser zerfallt
in den Grundzustand entweder unter Erzeugung eines Auger-Elektrons oder unter
Aussendung eines Fluoreszenz-Photons. Daraus ergeben sich die folgenden Detektionsmoglichkeiten fur die Untersuchung des Anregungsprozesses (Yield = Ausbeute):
Fluoreszenz Yield: Die aus der Probe austretenden Photonen werden detektiert.
Auger Electron Yield: Die aus der Probe austretenden Auger-Elektronen werden
energieselektiv mittels eines Analysators nachgewiesen, wobei ein vorgegebenenes Energiefenster verfahren wird.
Total Electron Yield: Alle aus der Probe austretenden Sekundarelektronen werden unabhangig von ihrer kinetischen Energie nachgewiesen.
Partial Electron Yield: Der Detektor wird am Eingang mit einer Gegenspannung
beschaltet (zum Beispiel -150 V), so da nur Elektronen nachgewiesen werden
konnen, deren kinetische Energie diesen Schwellwert uberschreitet (Elektronenteilausbeute).
Die gesamte Zerfallsrate setzt sich additiv aus der Fluoreszenz- und der AugerAusbeute zusammen [16] und hangt wesentlich von der Atomzahl Z ab. Im Falle der fur
25
3. Spektroskopische Grundlagen
Abbildung 3.5: Mogliche Kanale fur die Abregung: Photoelektron, Auger-Elektron,
Fluoreszenz
organische Adsorbate relevanten Atome Kohlensto (ZC = 12), Sticksto (ZN = 14)
und Sauersto (ZO = 16) liegt die Fluoreszenzausbeute unterhalb 10%. Die im Rahmen dieser Arbeit eingesetzte Methode ist die Elektronenteilausbeute (Partial Electronen Yield), wobei die angelegte Gegenspannung bei den hier gezeigten Spektren
-150 V betrug. Da die anregende Rontgenstrahlung eine Eindringtiefe von etwa 1000
Abesitzt [17], mussen die erzeugten Auger-Elektronen vor dem Verlassen der Probe
den Festkorper durchqueren. Dabei werden durch inelastische Streuprozesse kaskadenformig Elektronen vervielfaltigt. Die dabei erzeugten Sekundarelektronen werden
nachgewiesen. Abbildung 3.6 illustriert das Problem.
Es gelangen nur Elektronen aus einer maximalen Tiefe von 50 A zur Detektion (Abbildung 3.6 A). Durch die Verwendung einer Gegenspannung am Eingang des Detektors wird die Oberachensensitivitat deutlich erhoht, da vorrangig Elektronen aus
den oberen Schichten des Festkorpers nachgewiesen werden. Die spektroskopierten
Rontgen-K-Kanten von C, N und O liegen im Bereich zwischen 250 eV und 600 eV
der Photonenenergie. Daraus ergibt sich eine typische mittler freie Weglangen sowohl
der Photo- als auch der Auger-Elektronen von weniger als 10 A (siehe Abbildung 3.6
A). Da die Anzahl der emittierten Elektronen in guter Naherung ein Ma fur die
absorbierten Photonen ist, lat sich somit der Absorptionsquerschnitt der Rontgenstrahlung ermitteln.
26
3. Spektroskopische Grundlagen
A)
AdsorbatAtome
ElectronenAusdringtiefe ~ 50 A
SubstratAtome
B)
Freie Weglänge der Elektron [A]
PhotonenEindringtiefe ~ 1000 A
Elektronenenrgie oberhalb der Fermikante [eV]
Abbildung 3.6: (A) Veranschaulichung der Photoabsorption im Festkorper und der
kaskadenformigen Vervielfachung der erzeugten Auger-Elektronen vor
dem Verlassen der Oberache. Wahrend die neutralen Photonen bis
zu 1000 Ain die Probe eindringen, haben die Elektronen auf Grund
der groeren Wechselwirkung mit Materie nur eine maximale Ausdringtiefe von 50 A. (B) Universalkurve fur die Freie Weglange der
Elektronen in Abhangigkeit von ihrer kinetischen Energie.
Datenanalyse
Zum quantitativen Vergleich von Spektren, die unter verschiedenen experimentellen
Bedingungen aufgenommen wurden, ist dabei eine einheitliche Datenreduktion und
-darstellung erforderlich. In Abbildung 3.7 sind die fur die Auswertung wesentlichen
NEXAFS-Spektren exemplarisch an der C1s-Kante dargestellt.
27
3. Spektroskopische Grundlagen
14
Intensität [Einheiten des Kantensprungs]
A
A)
12
10
B
B)
8
C)
C
D)
6
4
2
E)
0
280 285 290 295 300 305 310 315 320 325
Photonenenergie [eV]
Abbildung 3.7: Dargestellt sind alle NEXAFS-Spektren, die zur Auswertung beitragen: A) I0 -Signal; B) auszuwertendes Rohspektrum einer Multilage
Napthtalin (simultan zu A) gemessen); C) Rohspektrum der sauberen
Substratoberache (Fe3O4), gemessen unmittelbar vor der Adsorption; D) Spektrum eines sauberen Goldsubstrates; E) Ausgewertetes
Spektrum der Multilage Naphthalin
Spektrum A reprasentiert das I0 -Signal, welches als Monitorsignal fungiert (siehe Abschnitt 2.1. Neben der Intensitatskontrolle der anregenden Rontgenstrahlung wird es
zur Kalibrierung der Energieskala verwendet, wobei die Position der mit A bezeichneten typischen Struktur als Referenz verwendet wird. Diese Energieposition wird vorher
durch eine Referenzmessung genau bestimmt, wie sie in der Literatur eingehend beschrieben wird [18]. Hierbei wird eine Probe bestehend aus hochorientiertem pyrolyti28
3. Spektroskopische Grundlagen
schen Graphit (HOPG) untersucht, dessen Spektrum eine ausgepragte -Resonance
aufweist und deren Energieposition bei 285,36 eV sehr gut bekannt ist. Durch Vergleich mit dem im Experiment tatsachlich gemessenen Wert, lat sich die Energieskala
kalibrieren und die sich daraus ergebende Position der Resonanz A im I0 -Signal exakt festlegen. Alle gemessenen NEXAFS-Spektren werden dann auf diese Position im
I0 -Signal referenziert. Spektrum B zeigt die unbearbeiteten Rohdaten einer Multilage Naphthalin, die bei einer Oberachentemperatur von 145 K auf dem Substrat
Fe3 O4 prapariert wurde. Dieses Spektrum ist eine U berlagerung von Adsorbat- und
Substratbeitragen und weist speziell im niederenergetischen Bereich (E < 290 eV)
typische NEXAFS-Resonanzen auf (B). Dem uberlagert aufgetragen ist das Signal
der sauberen Substratoberache C, welches zunachst vom Spektrum B subtrahiert
wird, um den reinen Betrag des Adsorbates E zu separieren. Bei Signal D wurde ein
sauberer Goldwafer vermessen. Da Gold in diesem Energiebereich keine resonanten
Strukturen aufweist und somit nur Elektronen des Untergrundes zum Signal beitragen,
stellt dieses Spektrum ein gutes Ma fur den Photonenu dar. Deutlich zu erkennen sind hierbei zwei Minima (C) bei 285 eV und 291 eV, die durch die Absorption
von Photonen an Verunreinigungen optischer Komponenten des Strahlrohres zuruckzufuhren sind und folglich auch in Spektrum C zu nden sind. Aus diesen Grunden ist
eine Normierung der NEXAFS-Daten auf konstanten Photonenu mittels Division
durch dieses Transmissionspektrums D erforderlich. Anschlieend erfolgt die einheitliche Normierung auf die Rontgenkante, was durch das Spektrum E symbolisiert wird.
Dieser Prozedur folgend wurden alle Spektren dieser Arbeit ausgewertet.
3.2 Die Methode der Rontgenphotoelektronenspektroskopie
(XPS)
3.2.1 Physikalische Grundlagen
Diese Labormethode wird standardmaig zur Gewinnung von Informationen uber die
chemische Zusammensetzung sowie die Schichtdicke und geometrische Anordnung von
Adsorbaten und Substraten verwendet [19,20]. Sie wird daher in der Literatur auch als
29
3. Spektroskopische Grundlagen
ESCA (Electron Spectroscopy for Chemical Analysis) bezeichnet [21]. Wahrend bei
der NEXAFS-Spektroskopie die nicht besetzten Molekulorbitale untersucht werden,
spektroskopiert man mit Hilfe der Rontgenphotoelektronenspektroskopie XPS (Xray
photoelectron spectroscopy) die kernnahen Zustande. Die Oberache wird dabei entweder mit Synchrotronstrahlung einer diskret wahlbaren Energie oder mit Photonen
einer Laborrontgenquelle mit der festen Energie 1253,6 eV (MgK ) bzw. 1486,6 eV
(ALK ) bestrahlt. Nach der Primaranregung werden Rumpfelektronen (z.B. 1s, 2s,
2p, ...) emittiert, deren kinetische Energie elementspezisch ist.
Die physikalische Grundlage bildet hierbei der Photoelektrische Eekt, der durch Formel 2.1 beschrieben wird. Wie im Falle der NEXAFS-Spektroskopie erfolgt auch hier
die Beschreibung in Form der Einelektronennaherung. Formel 2.1 berucksichtigt jedoch nicht die beim U bergang des (N-1)-Elektronensystems in den Grundzustand auftretenden dynamischen Eekte (Relaxationseekte) [23,24]. Abbildung 3.8 illustriert
den Vorgang der Photoemission fur den Fall eines Atoms (a) und eines Festkorpers.
Abbildung 3.8: Der Proze der Photoionisation und die Entstehung der Photoelektonenspektren in idealisierter Darstellung fur den Fall eines Atoms (a)
und eines Festkorpers (b)
Im Atom ergibt sich bei der Anregung eines Elektrons mit der Ionisierungsenergie ;In
(= negative Bindungsenergie) die kinetische Energie einfach zu h ; In, was im XP30
3. Spektroskopische Grundlagen
Spektrum zu den n eingezeichneten Linien fuhrt (a). Hierbei dient das Vakuumniveau
als Nullpunkt der Energieskala (Evac = 0). Im Festkorper (b) besteht der wesentliche Unterschied in der Tatsache, da auf Grund der vorhandenen Banderstruktur fur
die Emission des Photoelektrons zusatzlich zum Betrag der Bindungsenergie Eb eine
Autrittsarbeit geleistet werden muss. Das Ferminiveau, in der Festkorperphysik deniert als Bezugspunkt fur das thermodynamische Gleichgewicht der Elektronen, wird
in diesem Falle als Energie-Nullpunkt verwendet. Die genaue Referenzierung kann unter Verwendung von Photoemissionsspektren UPS (engl.: Ultraviolett Photoelectron
Spectroscopy) direkt auf experimentellem Wege erfolgen. Bei der Anregung von Elektronen des Anfangszustandes Ei (initial state) kommt es zum U bergang in den Endzustand Ef (nal state), was in Abbildung 3.8 fur den Fall von Rumpfniveaus (XPS)
und Valenzbandniveaus (UPS) illustriert ist. Durch einen detaillierten Vergleich der
beobachteten Rumpfniveaulinien im XP-Spektrum mit tabellierten Bindungsenergien
(zum Beispiel C1s-Linie: 291 eV) ist die Durchfuhrung einer Element-analyse inklusive der eektiven lokalen Ladungsverteilung moglich.
3.2.2 Schichtdickenbestimmung der Adsorbate
Die emittierten Elektronen mussen auf ihrem Weg zur Probenoberache den
Festkorper durchqueren und haben auf Grund verschiedener Wechselwirkungen, wie
zum Beispiel inelastischer Streuprozesse und Absorption, nur eine endliche mittlere freie Weglange im Adsorbat und Substrat, wodurch diese Analysemethode sehr
oberachensensitv ist und unter anderem die Schichtdickenbestimmung von Adsorbatlmen ermoglicht. Prinzipiell gibt es dabei folgende Methoden:
Abschwachung eines Substratsignals durch ein Adsorbat
Vergleich von Adsorbat- und Substratsignal
Verwendung eines Referenzsystems, zum Beispiel Alkanthiole mit variierender
Kettenlange
Vergleich mit deniertem Monolagensignal
31
3. Spektroskopische Grundlagen
Die Intensitat eines XP-Signals ist eine Funktion mehrerer Faktoren und proportional
zu folgenden Groen:
nA(r)
j (r)
A LA( )
A
LA( )
T (EPass)
D(EA)
=
=
=
=
=
=
=
atomare Dichte
einfallender Rontgenu
photoelektronischer Streuquerschnitt, mit:
isotroper Scoeldfaktor (Wirkungsquerschnitt fur die Anregung)
Geometriefaktor der anregenden Strahlung, hier = 1
Transmissionsfunktion des Energieanalysators bei einer Passenergie EPass
Nachweiswahrscheinlichkeit der Elektronen
Die elementspezischen Scoeldfaktoren A beruhen auf quantenmechanischen Rechnungen und sind fur eine Vielzahl von Elementen tabelliert [25]. Der Geometriefaktor
LA druckt die auf Grund der unterschiedlichen Symmetrien der elektronischen Rumpfzustande auftretende Winkelabhangigkeit des photoelektronischen Streuquerschnittes
aus und betragt bei der hier verwendeten Apparatur 1, da = 54; 7 (magischer Winkel) ist.
Infolge inelastischer Streuprozesse erfolgt gema dem Lambert-Beerschen Gesetz eine
exponentielle Schwachung des Signals. Fur die Zahlrate dI (EA) gilt folgende allgemeine Beschreibung:
z
dI (EA) = T (EPass) D(EA) nA(r) j (r) A LA ( ) e; (EA;z ) cos d3rd
mit
(EA;z )
=
=
=
=
(3.9)
mittlere freie Weglange
Raumwinkel
Winkel zwischen Rontgenrohre und Detektor
Winkel zwischen Oberachennormalen und Detektor
Diese allgemeingultige Formel lat sich je nach Adsorptionsgeometrie weiter entwickeln und liefert schlielich quantitative Methoden zur Bestimmung von Schichtdicke und Stochiometrie adsorbierter Schichten. Im Rahmen dieser Studie wurde die
32
3. Spektroskopische Grundlagen
Filmdicke der organischen Adsorbate durch Vergleich der entsprechenden Intensitat
(z.B. C1s Linie) mit der Intensitat der O1s Linie des Einsenoxid-Substraten verglichen. Dabei wurde die gleiche Passenergie EPass fur beide Linien verwendet. Die
hierbei eingesetzte Formel ergibt sich zu:
dA
IA = A TA nA A(EA) [1 ; e; A(EA) ]
dA
IS S TS ns
S (ES ) e; A(ES )
(3.10)
Hierbei stehen die Indizes fur A = Adsorbat und S = Substrat. Im Falle von Multilagen hat es sich als praktisch erwiesen, die Filmdicke in Vielfachen der Monolage
anzugeben.
3.3 Die Methode der Beugung niederenergetischer Elektronen
(LEED)
Eine der wichtigsten Methoden zur Untersuchung monokristalliner Festkorproberachen mit einer periodischen Struktur ist die Beugung niederenergetischer Elektronen LEED (Low Electron Energy Diraction). Dabei wird ein monochromatischer
Elektronenstrahl (E = 20 ... 500 eV) an der Oberache gebeugt, und erzeugt nach
einer anschlieenden Beschleunigung infolge von Interferenzen auf einem Schirm ein
Beugungsbild, welches eine charakteristische Abbildung des reziproken Oberachengitters darstellt (siehe Referenz 2.1). Da nur elastisch gebeugte Elektronen detektiert
werden, deren Wellenlange im Bereich der Atomabstande im Festkorper liegt, ist diese
Methode mit einer Eindringtiefe von 10 A ebenfalls sehr oberachensensitiv. Sehr hilfreich ist dabei die Beschreibung der Elektronen mittels ihrer de-Broglie-Wellenlange:
= hpp = mhp v = p hp
2mE
mit:
33
(3.11)
3. Spektroskopische Grundlagen
hp = Plancksches Wirkungsquantum
p = Impuls
m = Masse der Elektronen
v = Geschwindigkeit des Elektrons
E = kinetische Energie des Elektrons
Analysiert werden dabei die Intensitaten und die Lage der Beugungsmaxima bezuglich
des zentralen (00)-Reexes. Prinzipiell ist dabei eine Unterscheidung von Reexen
moglich ist, die einerseits vom Substrat stammen und die andererseits von einem
Adsorbat erzeugt werden, sofern dieses eine geordnete U berstruktur aufweist. In der
vorliegenden Arbeit wurden unter Verwendung eines Fluoreszenzschirmes Informationen uber Art und Struktur der Einheitszelle der Substratoberache gewonnen und
mit Literaturdaten verglichen.
Die Frauenhofersche Beugungsbedingung sagt aus, da es zu konstruktiver Interferenz und damit zu einem Beugungsmaximum kommt, wenn der Gangunterschied des
gestreuten Strahls ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlange ist:
a~1 (~s ; s~0) = h (3.12)
mit:
a~1 = Abstandsvektor zwischen 2 streuenden Atomen (Gittervektor)
~s = Einheitsvektor in Ausfallsrichtung
s~0 = Einheitsvektor in Einfallsrichtung
Abbildung 3.14 veranschaulicht die Beugung zweier paralleler Elektronenstrahlen
s~0 ! ~s am Coulomb-Potential der Oberachenatome und die dabei relevanten geometrische Zusammenhange fur den eindimensionalen Fall.
Unter Verwendung von Wellenvektoren der Form
34
3. Spektroskopische Grundlagen
S0
S
S0
S
a1
Abbildung 3.9: Diese eindimensionale Zeichnung verdeutlicht die Beugung zweier paralleler Elektronenstrahlen am Coulomb-Potential zweier benachbarter
Atome.
k~0 = 2 s~0 sowie ~k = 2 ~s;
(3.13)
erhalt man die Laue-Gleichungen, welche die grundlegende Basis fur die kinematische
Beschreibung der Beugung niederenergetischer Elektronen darstellt:
a~1 (~k ; k~0 ) = 2 h
a~2 (~k ; k~0 ) = 2 h
(3.14)
Dabei stellt (~k ; k~0 ) = ~k den Streuvektor dar. Da das Beugungsbild ein zweidimensionales Abbild der Oberache ist, sind bei der Beschreibung nur zwei LaueGleichungen relevant. Da jedoch die Relation k 1= gilt, stellt das LEED-Bild
lediglich die Projektion des reziproken Oberachengitters dar. Durch eine Fouriertransformation ergibt sich daraus das reale Gitter im Ortsraum. Dabei lassen sich die
realen (a~i) in die reziproken Gittervektoren (z~j ) nach folgender Denition transformieren:
a~i z~j = ij 2
(3.15)
Von besonderer Bedeutung ist dabei der Translationsvektor G~ , dessen Betragsquadrat
Ort und Scharfe der Reexe bestimmt. Er ist gegeben durch:
G~ = h z~1 + h z~2
35
(3.16)
3. Spektroskopische Grundlagen
Die Laue-Gleichungen sind erfullt, wenn der Streuvektor ~k gleich dem Translationsvektor G~ ist [21]. Schematisch lat sich bei bekannter Periodizitat der Oberache
unter Verwendung einer Ewald-Kugel mit dem Radius k0 = 2= das zu erwartende
Beugungsbild konstruieren. In der Praxis benotigt man zur Berechnung des Streuvektors die apparativen Groen Radius des LEED-Schirms und sichtbarer Durchmesser
sowie die experimentellen Groen Energie der Elektronen und Abstand der Reexe
vom zentralen (00)-Spot. Daraus lassen sich dann die Gittervektoren im Realraum und
somit die Groe der Einheitszelle der Oberache und gegebenenfalls der U berstruktur
bestimmen.
Als weitaus aufwendigere Methode zur verfeinerten Analyse von Oberachenstrukturen sei in diesem Zusammenhang die Beugung schneller Elektronen (RHEED: Reection High Energy Electron Diraction) im Energiebereich von 10 bis 50 keV erwahnt.
36
4. Adsorbate und Substrate
Fur das Verstandnis des Adsorptionsverhaltens organischer Molekule auf molekularer
Ebene ist eine genaue Kenntnis der Oberachenmorphologie von groer Bedeutung.
Die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Eisenoxidoberachen weisen daher eine
monokristalline Struktur auf. Bei der Probenpraparation wurde dabei auf Arbeiten
von Weiss et al. zurueckgegrien [26{30,35].
4.1 Die Eisenoxidoberachen
Bei den katalytisch relevanten Eisenoxidoberachen handelt es sich um Filme mit
FeO-, Fe3O4 - und Fe2O3 -Stochiometrie. Dabei werden mittels eines Verdampfers Eisenatome auf einen Pt(111)-Kristall epitaktisch aufgedampft und anschlieend in einer Sauersto-Atmosphare geheizt. Je nach Wahl der praparativen Parameter wie die
Schichtdicke des Fe-Films, O2 -Partialdruck, Probentemperatur und Heizdauer lassen
sich die gewunschten Oberachen mit hoher struktureller Qualitat herstellen [26],
[27]. Dabei erfolgt die Praparation prinzipiell nach dem in Abbildung 4.1 dargestellten Schema. Die Kontrolle der hergestellten Oberachen bezuglich ihrer Reinheit und
Struktur erfolgt mittels XPS, LEED und NEXAFS.
Vor Beginn des Aufdampfens wird mittels mehrerer Sputter- (Eargon = 1 keV, IProbe
= 3 A) und Heizzyklen in einer Sauerstoatmosphare (TProbe = 1200 K, pO2 = 10;7
mbar) eine saubere Pt(111)-Oberache hoher Ordnung prapariert. Dieser Vorgang
wird so lange wiederholt, bis ein scharfes (1X1) LEED-Bild zu sehen ist und keine
nachweisbaren Verunreinigungen im XP-Spektrum mehr auftreten. Anschlieend er37
4. Adsorbate und Substrate
Präparation dünner Eisenoxid-Filme
Pt(111) Substrat
Eisen
Abscheidung von Eisen
Sauerstoff
Pt Substrat
-6
-7
Oxidation in 10 -10 mbar O2
bei 870-1000 K
FeO(111)
Pt Substrat
Wiederholte Zyklen aus
Eisenabscheidung und Oxidation
Fe3O4(111)
Fe O (111)
Pt Substrat
-1
-3
Oxidation in 1 - 10 mbar O2
bei 1000 K
a -Fe2O3(0001)
Pt Substrat
Abbildung 4.1: Die Praparation von Eisenoxidlmen mit unterschiedlichen Stochiometrien ist schematisch dargestellt. Ausgehend von einer sauberen,
geordneten Pt(111)-Oberache kann man durch Variation verschiedener experimenteller Parameter den gewunschten Film herstellen.
folgt die Abscheidung von Eisenatomen in dunner Bedeckung aus der Dampfphase
und anschlieend eine Oxydation mittels Heizen ((TProbe = 870 - 1000 K) in Sauerstoatmosphare (pO2 = 10;6-10;7 mbar). Dabei kommt es zur Ausbildung eines
dunnen FeO-Films ( 3 A). Das Wachstum des Fe3 O4-Films erfolgt durch zyklisches
Wiederholen der Aufdampfprozedur und anschlieender Oxydation unter gleichen experimentellen Bedingungen bis zur Ausbildung eines 50-200 A dicken Films entsprechender Stochiometrie. Ein Fe2 O3-Film wird ausgehend von dieser Oberache ohne
erneutes Aufdampfen von Eisenatomen durch Heizen der Probe auf 870 K in einer
Hochdruck-Sauerstoatmosphare und anschlieendem Abkuhlen (pO2 = 10;4 mbar)
prapariert. Eine Ruckkonvertierung der Filme ist nicht moglich.
Die Struktur der Oberachen ist aus der Literatur gut bekannt und wurde mittels Ra-
38
4. Adsorbate und Substrate
stertunnelmikroskopie STM (Scanning Tunneling Microscopy) und LEED von Ritter
et al. (Referenz [28], FeO und [29], Fe3O4 ) sowie Shaikhutdinov et al. (Referenz [30],
Fe2 O3) untersucht. Die sich aus diesen Studien fur die verschiedenen Eisenoxidlme
ergebenden Oberachen- und Festkorperstrukturen sowie die entsprechenden LEEDBilder, sind in den Abbildung 4.2 bis 4.4 gezeigt und wurden in dieser Arbeit zugrunde
gelegt.
FeO
2-
O
2 + / 3+
Fe Tetr.
2 + / 3+
FeOkt.
Abbildung 4.2: Die Struktur des FeO-Films (Wustit), bestehend aus Fe2+-Kationen
und O2;-Anionen. Oben: Oberachen- und Bulkstruktur, unten: korrespondierendes LEED-Bild. Die Einheitszellen sind eingezeichnet.
Der FeO-Film (Wustit) bedeckt die Pt(111)-Oberache vollstandig in Form einer Doppellage, bestehend aus Fe2+- und O2;-Ionen und ist komplett Sauersto-terminierten
(4.2, oben). Wahrend die hexagonale Einheitszelle der Pt(111)-Oberache eine Gitterkonstante von 2,77 A aufweist, betragt sie fur den FeO(111)-Film 3.1 A und ist
damit um 12% groer. Durch diese Dierenz der Gitterkonstanten kommt es zur
39
4. Adsorbate und Substrate
Formierung einer Moire-U berstruktur mit einer Periodizitat von 25 A [31], die ge
genuber der Pt(111)-Unterlage um 1,30 rotiert ist. Mit Hilfe detaillierter SPA-LEEDUntersuchungen (Spot Prole Analysis-LEED) konnten die hexagonal angeordneten
Hauptbeugungsreexe im LEED-Bild (4.2, unten) dem FeO-Film zugeordnet werden, wahrend die umgebenden Satelliten-Spots durch Doppelbeugung zwischen der
Pt(111)-Oberache und der FeO(111)-Monolage entstehen.
FeO
2-
O
Fe
2+/3+
Tetr.
2+/3+
Fe Okt.
Abbildung 4.3: Die Struktur des Fe3O4-Films (Magnetit), bestehend aus Fe2+- (tetraedisch) und Fe3+ -Kationen (oktaedrisch) sowie O2;-Anionen (fcc).
Oben: Oberachen- und Bulkstruktur, unten: korrespondierendes
LEED-Bild. Die Einheitszellen sind eingezeichnet.
Der deutlich dickere Magnetitlm bildet eine wohldenierte Oberachenstruktur aus
und weist eine vertikale Rauhigheit von 30-100 A pro m auf. Dabei kristallisiert
Fe3 O4 (50-200 A dick) in der kubisch inversen Spinellstruktur, wobei die O2;Anionen ein fcc-Untergitter mit tetraedrisch und oktaedrisch koordinierten Fe2+-
40
4. Adsorbate und Substrate
Fe3+-Kationen bilden. Wahrend der interatomare Abstand der dicht gepackten Sauerstoonen nur 2,96 A betragt, weist die zweidimensionale Einheitszelle eine Lange von
5,92 A auf (Abbildung 4.3 oben). Es sind nur einige Muldenplatze der (111)-Flache
mit Fe-Ionen besetzt, welche insgesamt 1/4 Eisenterminierung aufweist. Die Spots
des im untern Teil von Abbildung 4.3 prasentierten LEED-Bildes sind konsistent mit
einer hexagonalen Einheitszelle mit einer Lange von 6.00 A.
a -Fe2O3
2-
O
2+/3+
Tetr.
Fe
2+ / 3+
Fe Okt.
Abbildung 4.4: Die Struktur des Fe2O3 -Films (Hematit), bestehend aus Fe3+Kationen (oktaedrisch) sowie O2; -Anionen (hcp). Oben: Oberachenund Bulkstruktur, unten: korrespondierendes LEED-Bild. Die Einheitszellen sind eingezeichnet.
Ausgehend vom Fe3O4-Film erfolgt die irreversible Umwandlung in den Fe2O3-Film
(Hematit) durch Oxidation bei den in Abbildung 4.1 gegebenen experimentellen
Bedingungen. Dabei kristallisiert -Fe2O3 in der Korundstruktur, wobei die O2;Anionen in diesem Fall hcp-Untergitter bilden und die Fe3+-Kationen eine oktaedrische Anordnung aufweisen (Abbildung 4.4, oben). Im Gegensatz zu den oben be41
4. Adsorbate und Substrate
schriebenen Oberachen mit (111)-Orientierung, weist der Fe2O3-Film bezuglich des
Sauersto-Untergitters eine (0001)-Orientierung auf. Sowohl die Gitterkonstante dieses hcp-Untergitters (2,91 A), als auch die zweidimensionale Einheitszelle mit 1/3
Eisenterminierung (5.03 A) sind etwas kleiner als im Fall des Fe3 O4-Films. Die Beugungsreexe im dazu gehorigen LEED-Bild (Abbildung 4.4 unten) sind konsistent mit
einer Gitterkonstanten von 5.00 A fur die Einheitszelle.
Auer den im Rahmen dieser Arbeit hergestellten und untersuchten Eisenoxidoberachen, wie sie in diesem Abschnitt beschrieben sind, ist eine mit Kalium dotierte Oberache bezuglich der heterogenen Katalyse von groer Bedeutung. Unter
realkatalytischen Bedingungen fuhrt eine derartige Dotierung beim Umsatz von Ethylbenzol zu Styrol zu einer Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit um eine Groenordnung, wobei eine aktive KFeO2-Phase nachgewiesen wurde [32{34]. Ausgehend
von der Fe3O4 -Oberache ist es Shaikhutdinov et al. gelungen, durch Aufdampfen
von Kaliumatomen einen epitaktischen Kalium-Eisenoxid-Film der Form KFexOy zu
praparieren und zu charakterisieren [35]. Auch dieser Film weist eine hohe strukturelle
Ordnung auf und hat eine besondere Relevanz im Hinblick auf eine Fortfuhrung der
vorliegenden Arbeit in Form einer Kooperation.
4.2 Organische Adsorbate
Die spektroskopische Analyse der katalytischen Dehydrierung von Ethylbenzol zu
Styrol im Rahmen der vorliegenden Arbeit gliedert sich bezuglich der Adsorbate in
zwei Kategorien. Einerseits wurden neue Erkenntnisse im Hinblick auf die Adsorptionseigenschaften vom Edukt Ethylbenzol (EB) und Produkt Styrol (ST) erarbeitet.
Andererseits wurde ein Satz von Sondenmolekulen untersucht, die sowohl Aufschlu
uber die relevanten elektronischen und geometrischen Aspekte der Modelloberachen
des Katalysators liefern, als auch in Form von Modellsubstanzen beispielsweise zum
Verstandnis der spektroskopischen Ergebnisse. Hierbei handelt es sich um die organischen Molekule Benzol, Naphthalin, Oktan und Ethen.
Die katalytisch relevanten Molekule sind in Abbildung 4.5 schematisch dargestellt.
Wahrend Ethylbenzol (C8H10 ) aus einem Phenylring und einer Ethylgruppe besteht,
42
4. Adsorbate und Substrate
setzt sich Styrol (C8H8) aus einem Phenylring und einer Vinylgruppe zusammen.
Beide Molekule unterscheiden sich stochiometrisch nur in der funktionellen Gruppe.
Die molekulare Struktur von Ethylbenzol wurde von Scharfenberg et al. [37] mittels
Elektronen-Beugungsexperimente in der Gasphase untersucht. Dabei wurde eine Orientierung ermittelt, bei der der Phenylringebene relativ zur Ebene der Ethylgruppe
unter einem Winkel von 70 angeordnet ist und eine coplanare Orientierung (0 ) ausgesschliet. Die molekulare Struktur von Styrol wurden von Cochran et al. [36] mittels detaillierter ab-initio Rechnungen und Elektronen-Beugungsexperimente in der
Gasphase ermittelt. Bezuglich molekularer Torsion existiert demzufolge bei Raumtemperatur fur das freie Molekul ein Energieminimum bei einen Raumwinkel von 27
zwischen der Ebene der Phenylrings und der Vinylgruppe.
Ethylbenzol
Styrol
Abbildung 4.5: Molekulare Struktur der katalytisch relevanten Molekule Ethylbenzol und Styrol. Wahrend im Falle des freien Styrolmolekuls nur eine
geringe Torsion vorliegt (27), ist diese beim Ethylbenzol zwischen
der Ebene des Phenylrings und der Ethylgruppe deutlich starker ausgepragt (70).
In Abbildung 4.6 sind die relevanten Modellmolekule gezeigt, die im Rahmen dieser
Arbeit untersucht wurden. Um nahere Informationen uber die Gute der Eisenoxidoberachen und uber die Adsorption von Phenylringe in genereller Form zu erlangen,
wurden die planaren Molekule Benzol und Naphthalin auf diesen Oberachen adsorbiert und spektroskopiert. Als spektroskopisches A quivalent zur Ethylgruppe des
Ethylbenzol beziehungsweise zur Vinylgruppe des Styrol wurden Oktan und Ethen
bezuglich ihres Adsorptionsverhaltens auf diesen Oberachen untersucht.
43
4. Adsorbate und Substrate
Naphthalin
Benzol
Oktan
Ethen
Abbildung 4.6: Molekulare Struktur der Modellmolekule Benzol, Naphthalin, Oktan
und Ethen. Es handelt sich hier ausschlielich um planare Molekule
mit einer wohldenierten Ebene.
4.3 Die Praparation
Nach der Herstellung der verschiedenen Eisenoxid-Filme und der U berprufung der
hohen strukturellen Qualitat mittels LEED und XPS (Abschnitt 4.1) erfolgte eine
kontrollierte Praparation der Adsorbatlme. Zur Bestimmung der Schichtdicken wurden dafur die entsprechenden XP-Spektren quantitativ nach Formel 3.2.2 ausgewertet.
Fur Ethylbenzol und Styrol geben die Tabellen 4.1 und 4.2 einen konkreten U berblick
uber die untersuchten Adsorbat-Substrat-Systeme inklusive der ermittelten Schichtdicken und Adsorptionstemperaturen.
Von jedem System wurde eine Reihe von Adsorbatschichten mit wachsendem Be-
44
4. Adsorbate und Substrate
Ethylbenzol/FeO
Schichtdicke Temperatur Kommentar
0.5 ML
190 K
Submonolage
1.0 ML
190 K
Monolage
5.0 ML
170 k
Multilage
Ethylbenzol/Fe3O4
Schichtdicke Temperatur Kommentar
0.3 ML
270 K
Submonolage
1.0 ML
260 K
Monolage
3.0 ML
200 K
dunne Multilage
5.0 ML
155 k
Multilage
Ethylbenzol/Fe2O3
Schichtdicke Temperatur Kommentar
0.4 ML
230 K
Submonolage
1.0 ML
190 K
Monolage
10.0 ML
145 k
Multilage
Tabelle 4.1: U berblick uber die untersuchten Ethylbenzollme adsorbiert auf den
Oberache FeO(111), Fe3 O4(111) und Fe2O3 (0001) inklusive Schichtdicke
und Adsorptionstemperatur
deckungsgrad prapariert, wobei das Aufdampfen aus der Gasphase zunachst bei hohen
Oberachentemperaturen und geringer Dosierung durchgefuhrt wurde. Nach abgeschlossener spektroskopischer Charakterisierung wurde durch ein erneutes Aufdampfen der Molekule bei tieferen Probentemperaturen die nachst dickere Schicht hergestellt und erneut untersucht, bis eine abschlieende Bedeckung im Multilagenbereich
erreicht wurde. Die somit hergestellten Schichten verschiedener molekuarer Bedeckung
lassen sich als Submonolage (hohe Probentemperatur), gesattigte Monolage, dunne
Multilage und dicke Multilage (niedrige Probentemperatur) beschreiben. Um eine
Desorption wahrend der Messungen zu vermeiden, wurde nach erfolgter Adsorption
die Probe weiter gekuhlt. Zur Praparation der Ethylbenzol- und Styrol-Filme wurde
45
4. Adsorbate und Substrate
Styrol/FeO
Schichtdicke Temperatur Kommentar
10 A
270 K
Submonolage
20 A
250 K
Monolage
30 A
200 K
dunne Multilage
40 A
150 k
Multilage
Styrol/Fe3O4
Schichtdicke Temperatur Kommentar
10 A
270 K
Submonolage
20 A
250 K
Monolage
30 A
200 K
dunne Multilage
40 A
150 k
Multilage
Styrol/Fe2O3
Schichtdicke Temperatur Kommentar
10 A
270 K
Submonolage
20 A
250 K
Monolage
30 A
200 K
dunne Multilage
40 A
150 k
Multilage
Tabelle 4.2: U berblick uber die untersuchten Styrollme adsorbiert auf den FeO-,
Fe3O4 - und Fe2O3-Oberachen inklusive Schichtdicke und Adsorptionstemperatur
auf TDS-Daten aus der Literatur zuruckgegrien [39,70], die eine gute Orientierung
hinsichtlich der Oberachentemperatur wahrend der Adsorption und der Dosierrate
ermoglichten. Eine Verizierung dieser Untersuchungen von Kuhrs et al. konnte mittels XP-Spektroskopie durchgefuhrt werden.
Die schematische Darstellung der TDS-Ergebnisse ist in Abbildung 4.7 gezeigt. Da
bezuglich der Desorptionstemperatur zwischen Ethylbenzol und Styrol kein signikanter Unterschied festgestellt wurde, gilt die Abbildung fur beide Substanzen gleicher-
46
4. Adsorbate und Substrate
150 200
Sauber
Monolage
Multilage
TDS: Ethylbenzol (Styrol) /FeO (schematisch)
250 300
350 400
Temperatur [K]
Sauber
Monolage
Bilage
Multilage
TDS: Ethylbenzol (Styrol) /Fe3O4 (schematisch)
150 200 250 300 350
400
Temperatur [K]
Sauber
Monolage
Bilage
Multilage
TDS: Ethylbenzol (Styrol)/ Fe2O3 (schematisch)
150 200 250 300 350
400
Temperatur [K]
Abbildung 4.7: Zusammenfassung der Desorptionsexperimente von Ethylbenzol und
Styrol adsorbiert auf den verschiedenen Eisenoxidoberachen (nach
Kuhrs et al.). Diese Daten dienten zur Orientierung fur die Praparation der in dieser Arbeit untersuchten Adsorbat-Filme.
maen. Daraus folgt, da das Adsorptionverhalten auch insgesamt vergleichbar ist.
Im Hinblick auf die Ausbildung der verschiedenen Oberachenspezies in Abhangigkeit von der Temperatur treten jedoch deutliche Variationen auf. Wahrend sich im
Falle des FeO-Substrates zwei verschiedene Spezies ausbilden konnen, handelt es sich
im Falle des Fe3O4- und Fe2O3-Substrates um drei verschiedene Phasen. In jedem
Fall kommt es bei Temperaturen unterhalb 170 K durch Kondensation zur Ausbildung einer Multilage. Zwischen 170 K und 220 K formiert sich auf allen Substraten ein
schwach gebundener, physisorbierter Film, der auf den Fe3 O4- und Fe2 O3-Oberachen
47
4. Adsorbate und Substrate
eine Bilage bildet, im Falle von FeO jedoch als gesattigte Monolage charakterisiert
wird. Wahrend beim FeO-Film unterhalb 220 K die Desorption erfolgt, wird im Falle
der anderen beiden Substrate bei diesen Temperaturen eine chemisorbierte Spezies in
Monolagenbedeckung beobachtet. Oberhalb von 300 K beziehungsweise 340 K kommt
es zur Desorption von der Fe2O3- beziehungsweise Fe3O4 -Oberache.
48
5. Spektroskopie der reinen
Eisenoxid-Oberachen
In der Literatur werden haug Adsorptionsexperimente beschrieben, bei denen vorrangig einkristalline Oberachen (zum Beispiel Cu(110), Au(111), ... ) als Substrate
Verwendung nden [6]. Die in dieser Arbeit untersuchten Eisenoxid-Filme weisen im
Vergleich dazu eine recht komplexe Struktur auf. Um nahere Informationen bezuglich
ihrer elektronischen Struktur zu erlangen, wurden zunachst die reinen Substratlme
spektroskopisch charakterisiert.
5.1 Charakterisierung mittels XP-Spektroskopie
Fur die hier prasentierten XP-Spektren erfolgte die Anregung mit Mg K -Rontgenstrahlung (h = 1253,6 eV). Zur qualitativen Analyse wurden zunachst von allen
praparierten Eisenoxid-Oberachen U bersichtsspektren im Bereich von Bindungsenergien zwischen 1000 eV und 0 eV aufgenommen. Diese sind in Abbildung 5.1 dargestellt
und konnen anhand der Zuordnung der auftretenden Linien nach Referenz [40] direkt
miteinander verglichen werden.
Als Referenzsignal wird hier im oberen Teil das XP-Spektrum eines reinen Eisenlms,
der auf den Platin-Kristall aufgedampft wurde, vor der Oxidation gezeigt. Zu erkennen sind die typischen Linien Fe2s (Ebin =845 eV), Fe2p1=2 (Ebin =720 eV) und Fe2p3=2
(Ebin =707 eV), Fe3p (Ebin=53 eV) sowie die drei Auger-Linien LMM (Ebin=655 eV,
Ebin =606 eV, Ebin =551 eV). Auf den darunter folgenden Spektren sind diese Linien
49
5. Spektroskopie der reinen Eisenoxid-Oberachen
XPS: Übersichtsspektren (Mg Ka )
Intensität [CPS x 1000]
300
Fe 2p1/2 Fe 2p3/2
Fe/Pt(111)
200
Pt 4p3/2
100
Pt 4f
Pt 4d3/2 Pt 4d5/2
FeO/Pt(111)
Fe3O4/Pt(111)
0
1000
Fe 2s
O KLL
800
Fe2O3/Pt(111)
Fe LMM O 1s
600
400
Bindungsenergie [eV]
200
Fe 3p
0
Abbildung 5.1: XP-U bersichtsspektren der drei relevanten Eisenoxid-Filme und des
reinen Fe-Films vor der Oxydation (oben), der als Referenz fur die
auftretenden Fe-Linien dient. Im Hinblick auf die qualitaitive Analyse lassen sich ferner die typischen Linien der Elemente Platin (nur
FeO/Pt(111)) und Sauersto identizieren wobei die Referenzierung
mit Hilfe von Literaturdaten durchgefuhrt wurde (fur Einzelheiten
siehe Text).
ebenfalls prasent, variieren jedoch bezuglich Intensitat und energetischer Position,
was in den hoher aufgelosten Spektren in Abbildung 5.2 am Beispiel der Fe2p-Linien
demonstriert wird. Neben diesen Eisenlinien wird das U bersichtsspektrum der Monolage FeO auf Pt(111) ( 3 A) deutlich von den Platin-Linien Pt4p3=2 (Ebin=519 eV),
Pt4d3=2 (Ebin=332 eV) und Pt4d5=2 (Ebin=315 eV) sowie Pt4f5=2 (Ebin=74 eV) und
Pt4f5=2 (Ebin=71 eV) dominiert, wahrend diese bei den dickeren Filmen mit Fe3O4und Fe2O3-Stochiometrie nicht mehr auftreten, da sie durch die daruber bendliche
50
5. Spektroskopie der reinen Eisenoxid-Oberachen
Multilage ( > 100 A) vollstandig abgeschwacht werden. Ferner sind in allen Spektren der Eisenoxid-Filme die Sauersto-Auger-Linien O KLL (Ebin =780 eV, Ebin =766
eV, Ebin =745 eV) sowie die O1s-Linie (Ebin =530,1 eV) zu erkennen. Diese Ergebnisse
stehen mit den Literaturdaten in guter U bereinstimmung, siehe Referenzen [41] und
[42].
XPS: Fe 2p (Mg Ka )
Fe 2p1/2
Fe 2p3/2
20
40
Fe
30
FeO
Fe3O4
Fe2O3
0
730
720
710
Bindungsenergie [eV]
FeO
10
20
10
530.1 eV
15
Intensität [CPS x 1000]
Intensität [CPS x 1000]
50
XPS: O1s (Mg Ka )
Fe3O4
5
Fe2O3
0
540
700
530
520
510
Bindungsenergie [eV]
Abbildung 5.2: Detaillierte XP-Spektren der Fe2p- (links) und der O1s-Linien gemessen mit einer hoheren Auosung des Energieanalysators. Wahrend sich
die Fe2p-Linien von oben nach unten zu hoheren Bindungsenergien
verschieben, bleibt die Position der O1s-Linie konstant. Die elektronische Ladung der Fe-Ionen und somit strukturelle Informationen des
Eisenoxidlms lassen sich ermitteln.
Die beiden Diagramme in Abbildung 5.2 gestatten eine genauere Untersuchung der
Fe2p- (links) und O1s-Region (rechts), wobei die Spektren hier in einer deutlich hohern
Auosung dargestellt sind. Der Energieanalysator wurde dafur wahrend des Experimentes mit einer Passenergie von 20 eV betrieben, wahrend die Spektren in Abbildung 5.1 bei EPass=100 eV gemessen wurden. Der linke Teil der Abbildung wird die
Fe2p-Linien des reinen Fe-Signals erganzt (oben). Deutlich zu erkennen ist die Verschiebung beider Fe2p-Linien zu hoheren Bindungsenergien mit steigender Ladung
51
5. Spektroskopie der reinen Eisenoxid-Oberachen
der Eisenatome bezwiehungsweise -ionen. Beim reinen Eisen (Fe0 ) benden sich die
Peaks bei 719,7 eV und 706,6 eV (siehe 5.1). Sie verschieben im Falle des FeO-Films
(ausschlielich Fe2+ -Ionen) zu 721,7 eV und 708,8 eV, im Falle des Fe3 O4-Films (Fe2+und Fe3+-Ionen) zu 723,6 eV und 710,5 sowie beim Fe2 O3-Film (ausschlielich Fe3+Ionen) zu 723,9 eV und 710,7 eV. Diese Werte sind charakteristisch fur die Fe2+und Fe3+-Ionen und stimmen sehr gut mit Literaturangaben von Muhler et al. [43],
Brundle et al. [44] und Bagus et al. [45] uberein. Die Linien des Fe3O4-Fims weisen
im Vergleich zu den anderen beiden Oxiden eine Verbreiterung auf, die sich auf die
Koexistentenz der beiden Ionen Fe2+ und Fe3+ zuruckfuhren lat. Besonders deutlich erkennbar ist das im Fall des Fe2p3=2 -Peaks, dessen Schwerpunkt auf Grund des
entsprechenden Mengenverhaltnisses der Ionen 1/3 (Fe2+) zu 2/3 (Fe3+) bei hoheren
Bindungsenergien liegt. Neben der Primaranregung mit Mg K-Strahlung tragen sowohl zahlreiche Satelliten als auch shake-up-Prozesse zu der gemessenen Linienform
bei [41,42].
Bei Betrachtung des rechten Teils der Abbildung 5.2 wird deutlich, da die energetische Position der O1s-Linie bei allen drei Eisenoxidlmen konstant bei einer Bindungsenergie von 530,1 eV bleibt. Im Gegensatz zu den Fe2p-Linien weist die SauerstoLinie bezuglich der Linienbreite und -form keine signikanten Unterschiede auf, was
zu den Angaben aus der Literatur konsistent ist [43{45]. In allen drei Filmen liegt der
Sauersto ausschlielich in Form von O2; -Ionen vor und die O1s-Bindungsenergie ist
von der Phase der Eisenoxide unabhangig ist. Die Struktur auf der niederenergetischen Seite im Spektrum des FeO-Film bei 519 eV ist der Pt4p3=2 -Linie zugeordnet,
wahrend die an der nahezu gleichen Energieposition bendlichen Strukturen geringer
Intensitat im Falle der beiden anderen Oxid-Filme typische Satelliten der Hauptanregung sind.
Wie bei der Analyse der Fe2p-Region demonstriert, liefert somit die Photoelektronenspektroskopie XPS eine adaquate Moglichkeit, strukturelle Informationen inklusive der elektronischen Ladungen und der Ionenstochiometrie der Eisenoxidlme zu
gewinnen. Diese Spektroskopiemethode ist bezuglich der Charakterisierung und Identizierung der verschiedenen Filme eine sinnvolle Erganzung der LEED-Experimente
(siehe Kapitel 4.1). Um eine detailliertere Analyse der Linienform der in diesem Kapitel gezeigten XP-Spektren durchzufuhren, empehlt sich eine Studie unter Verwen52
5. Spektroskopie der reinen Eisenoxid-Oberachen
dung durchstimmbarer Rontgenstrahlung.
5.2 Charakterisierung mittels NEXAFS-Spektroskopie
Intensität
[Einheiten des Kantensprungs]
NEXAFS: Fe "White Lines"
20
L3
30°
90°
15
L2
10
Fe2O3
Fe3O4
FeO
5
0
700
710
720
730
Photonenenergie [eV]
740
Abbildung 5.3: NEXAFS-Spektren der drei Eisenonxidlme im Energiebereich der
Fe-Kanten L2 und L3 (white lines).
Analog zu den in den Abbildungen 5.1 und 5.2 gezeigten XP-Spektren werden hier die
NEXAFS-Signale prasentiert, die vor der Adsorption der organischen Molekule von
den reinen Eisenoxidoberachen detektiert wurden. Die Energieskala wurde dabei anhand von Literaturdaten kalibriert [42]. Abbildung 5.3 zeigt entsprechende Spektren,
die fur alle drei Oxidlme im Bereich der Photonenenergie zwischen 700 eV und 740
eV gemessen wurden, wobei die Energieskala anhand von Literaturdaten kalibriert
53
5. Spektroskopie der reinen Eisenoxid-Oberachen
[42] wurde. In diesem Bereich liegen die Fe-Kanten L2 und L3, die durch Elektronenanregungen aus den 2p- in die 3d-Orbitale erzeugt werden. Diese "white lines" (weie
Linien) lassen sich generell in Form des Elektronenubergangs 2p6 3dn ! 2p5 3dn+1
schreiben (l = +1) und sind auf Grund der Spin-Bahn-Kopplung der Fe2p3=2 - und
Fe2p1=2 -Orbitale energetisch um etwa 13 eV voneinander getrennt (siehe Abbildung
5.2). Verglichen mit den spektralen Formen des metallischen Eisens [46], kommt es
im Falle der Eisenoxide zu einer chemischen Verschiebung zu hoheren Energien um
1.4 eV und zu einer Erhohung des Intensitatsverhaltnisses I(L3)/I(L2) von 3,0 auf
4,1. Mogliche Ursachen dafur sind Unterschiede im Bereich des Valenzbandes sowie
in den Koordinationen (oktaedrisch ! tetraedrisch), was durch Untersuchungen an
Mineralien unterstutzt wird [47].
Ein Vergleich der Spektren der verschiedenen Oxidoberachen untereinander lat
keine signikanten Unterschiede im spektralen Verlauf erkennen. Allerdings wurden
die Messungen hier in einem energetischen Grenzbereich durchgefuhrt, da die Optimierung des verwendeten Monochromators im Bereich von Photonenenergien zwischen
200 eV und 600 eV liegt. Die Auosung bei 700 eV konnte zu 2 eV abgeschatzt
werden (Abschnitt 2.5), so da eine eventuelle Aufspaltung der "white lines", wie sie
in der Literatur berichtet wird [48], nicht beobachtbar war. Im Falle der Fe3 O4- und
FeO- Oberachen sind Spektren gezeigt, die unter streifendem (30) und senkrechtem Einfall (90) der anregenden Rontgenstrahlung relativ zur Oberache gemessen
wurden, die jedoch keine signikanten Intensitatsunterschiede aufweisen.
In Abbildung 5.4 sind die zu den Spektren in Abbildung 5.3 zugeordneten NEXAFSDaten gezeigt, die im Energiebereich der O1s- (links) und der C1s-Kanten (rechts)
gemessen wurden. Exemplarisch werden hier die Daten fur den Fe3 O4-Film prasentiert, da die Strukturen der Signale der einzelnen Eisenoxidlme keine wesentlichen
Unterschiede aufweisen. Ebenso zeigen die Spektren keine wesentlichen Variationen
der Intensitat bei A nderung des Einfallswinkels (30 vs. 90), weshalb die Spektren
in der Abbildung unter einem Einfallswinkel von 55 gemessen wurden.
Das C1s-Spektrum ist der Abbildung 3.7 entnommen und weist im Vergleich mit den
Spektren der Fe2p- und O1s-Region nur wenige ausgepragte Strukturen auf. Der Ursprung der beiden charakteristischen Minima, lokalisiert bei 285 eV und 291 eV, ist in
54
5. Spektroskopie der reinen Eisenoxid-Oberachen
A
B
3
55°
Intensität
[Einheiten des Kantensprungs]
Intensität
[Einheiten des Kantensprungs]
4
NEXAFS: C1s-Kante
NEXAFS: O1s-Kante
Fe3O4
2
1
O2p+Fe4s
O2p+Fe4p
0
1,0
Fe3O4
0,5
O2p+Fe3d
280 290 300 310 320 330
520 530 540 550 560 570
Photonenenergie [eV]
Photonenenergie [eV]
Abbildung 5.4: NEXAFS-Spektren des Fe3 O4-Films im Energiebereich der O1s(links) und C1s-Kante (rechts). Zwischen den drei Eisenoxidlmen
sind dabei keine signikanten Unterschiede zu beobachen.
Abschnitt 3 erlautert. Im Gegensatz dazu ist im O1s-Spektrum eine Vielzahl von intensiven Strukturen vorhanden, die durch die beiden Resonanzen A und B dominiert
werden, deren Zuordnung durch einen detaillierten Vergleich mit Modellrechnungen
moglich ist. Hierbei lat sich Resonanz A im Bereich vor der Kante bei 531 eV in
U bereinstimmung mit Molekulorbital-Rechnungen Anregungen in ein Hybridorbital
mit O2p- und Fe3d-Charakter zuordnen [49,50]. Resonanz B liegt bei um 5-20 eV
hoheren Photonenenergien und besteht aus 2 Komponenten, die Anregungen in Orbitale zugeordnet werden konnen, die durch Hybridisierung des O2p-Zustandes mit
dem Fe4s- bzw. Fe4p-Zustanden gebildet werden [51,52]. In einem reinen ionischen
Modell wurde der Sauersto formell die Konguration O 1s2 2s2 2p6 aufweisen, womit ein U bergang der Form 1s ! 2p unter Berucksichtigung der Dipolauswahlregel
l = +/-1 nicht moglich ware, da der O2p-Zustand bereits vollstandig besetzt ist.
Aus der Literatur ist jedoch bekannt, da U bergangsmetalloxide nicht ausschlielich
ionischen Charakter aufweisen, sondern auch einen betrachtlichen Anteil an kova55
5. Spektroskopie der reinen Eisenoxid-Oberachen
lenten Anteilen besitzen [51]. Das O1s-Signal ist daher eine Funktion des Grades
der Kovalenz und somit des Anteils des O2p-Zustandes im Leitungsband des Metalls. Die Elektronenanregung kann daher in der Form O1s ! O2p Fe4sp geschrieben
werden. Anschaulich lat sich die elektronische Struktur als Bindung zwischen den
Fe4sp-Zustanden mit dem p-Zustand der oktaedrisch koordinierten O-Liganden beschreiben. Dabei kommt es zur Ausbildung von -artigen Bindungen, wahrend der
Literatur zufolge das O2p+Fe3d-Orbital als -Orbital behandelt werden kann.
Obwohl somit die elektronischen Strukturen der reinen Eisenoxidoberachen im Wesentlichen verstanden sind, kann es bei der Auswertung der NEXAFS-Spektren von
adsorbatbedeckten Oberachen auf Grund der ausgepragten Strukturen im Falle des
Substrates zu Problemen kommen. Speziell bei Spektren gemessen an der O1s-Kante
mu dabei eine exakte Normierung erfolgen, wahrend das Substratsignal an der C1sKante einen eher achen spektralen Verlauf aufweist.
56
6. Spektroskopie der Adsorbate
Ethylbenzol und Styrol
Wahrend die Prasentation der Ergebnisse fur die Adsorbate der Modellmolekule in
Kapitel 7 erfolgt, werden in diesem Kapitel die spektroskopischen Ergebnisse der
katalytisch relevanten Adsorbate Ethylbenzol und Styrol gezeigt. Die Daten fur das
Ethylbenzol sind veroentlicht in [62], wahrend die Styrol-Ergebnisse in [41] zu nden
sind.
6.1 Das Edukt: Ethylbenzol
6.1.1 XP-Daten
In Abbildung 6.1 sind die XP-Daten des Edukts Ethylbenzol adsorbiert auf den Substratoberachen FeO (oben), Fe3O4 (mitte) und Fe2 O3 (unten) im Bereich der C1sBindungsenergie zusammenfassend dargestellt. Die Energieskala wurde durch Referenzierung auf die Position der O1s-Substratlinie kalibriert, deren Bindungsenergie
mit 530,1 eV fur alle Eisenoxide konstant ist [41,42,45]. Die resultierenden Energiepositionen der C1s-Linien sind in der Abbildung explizit angegeben, wobei in jedem
Spektrum jeweils nur eine Linie mit einer Halbwartsbreite von 1,3 eV prasent ist. In
jedem Diagramm nimmt die Schichtdicke der adsorbierten Filme von unten nach oben
zu, wobei der Bedeckungsgrad nach Kapitel 3 berechnet wurde und eine Monolage als
Sattigungsbedeckung auf dem FeO-Substrat bei einer Substrattemperatur von 190 K
57
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
XPS (Mg Ka ): Ethylbenzol
30
EB/FeO
284.7 eV
20
284.5 eV
10
Intensität [CPS x 1000]
Monolage
284.3 eV
0
295
15
10
Multilage
290
EB/Fe3O4
Submonolage
285
284.7 eV
Multilage
284.3 eV
5
280
Monolage
Submonolage
284.2 eV
0
295
40
30
290
EB/Fe2O3
285
284.7 eV
Multilage
20
10
0
295
284.4 eV
Monolage
284.3 eV
290
280
Submonolage
285
280
Bindungsenergie [eV]
Abbildung 6.1: XP-Daten im Bereich der C1s-Bindungsenergie von adsorbiertem
Ethylbenzol in unterschiedliche Schichtdicken auf den drei EisenoxidSubstraten. Wahrend sich der Multilagenpeak bei 284,7 eV bendet,
verschiebt sich die C1s-Linie bei dunneren Bedeckungen auf allen Substraten auf Grund der Relaxation kontinuierlich zu niedrigeren Bindungsenergien.
deniert ist. In allen Multilagenspektren bendet sich der C1s-Peak bei einer Energieposition von 284,7 eV. Bei diesen Schichtdicken kann der Einu des Substrates
bezuglich der Adsorption ausgeschlossen werden. Das ist jedoch bei den dunneren Bedeckungen nicht der Fall und es kommt zu einer Verschiebung der C1s-Linie infolge
von Relaxationseekten [53{55].
58
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
6.1.2 NEXAFS-Daten
NEXAFS: Multilagen (C1s)
hochaufgelöstes
Gasphasen-Spektrum
Elektronenteilausbeute
[Einheiten des Kantensprungs]
30
25
A BC
D
E F
20
Ethylbenzol
15
n-Oktan
10
5
Benzol
0
280
290
300
310
Photonenenergie [eV]
320
Abbildung 6.2: NEXAFS-Daten von adsorbierten Multilagen im Vergleich. Anhand
der bekannten Literaturspektren Benzol und n-Oktan lassen sich die
entsprechenden Resonanzen im Falle des Ethylbenzols zuordnen, was
durch ein hochaufgelostes Gasphasenspektrum unterstutzt wird.
Die Untersuchung der elektronischen Struktur und der geometrischen Orientierung
der Adsorbatmolekule erfordert ein umfassendes Verstandnis der in den NEXAFSSpektren auftretenden Resonanzen, deren Identizierung mittels Modellrechnungen
und in der Literatur ausfuhrlich diskutierten Zuordnungen erfolgt. In Abbildung 6.2
werden die NEXAFS-Spektren an der C1s-Kante fur die adsorbierten Multilagen von
Benzol, n-Oktan und Ethylbenzol prasentiert und konnen direkt miteinander verglichen werden. Fur das Molekul Ethylbenzol lassen sich die einzelnen spektralen
Komponenten durch eine direkte U berlagerung der entsprechenden Resonanzen kleinerer Molekulfragmente zusammensetzen. Nach diesem "Building Block" Prinzip [6]
erfolgte in dieser Arbeit die Identizierung mittels bekannter Multilagenspektren der
Molekule Benzol [6,57,58], und n-Oktan [59]. Eine entsprechende Zuordnung ist ebenfalls in Abbildung 6.2 gegeben, wobei die einzelnen Energiepositionen der mit A bis
59
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
F bezeichnet Resonanzen der Tabelle 6.1 zu entnehmen sind:
Zuordnung der Resonanzen
Resonanz Energieposition [eV]
Zuordnung
A
285,3
; Orbital; Benzol(C 1s ! e2u)
B
287,6
Rydberg ; Orbital; Benzol + Oktan
C
288,9
; Orbital; Benzol(C 1s ! b2g )
D
293,9
; Orbital; Benzol(C 1s ! e1u) + Oktan
E
300,0
; Orbital; Benzol(C 1s ! e1u + a2g )
F
302,0
; Orbital; Oktan
Tabelle 6.1: Zuordnung der Resonanzen im Multilagenspektrum von Ethylbenzol.
Verwendet wurden die entsprechenden Literaturdaten von Benzol- und
Oktanspektren.
Im oberen Teil der Abbildung ist ferner ein hochaufgelostes Gasphasen-Spektrum im
Energiebereich der vorderen -Resonanz gezeigt, welches von Puttner et al. (BESSY
I Strahlrohr SX700/II) gemessen wurde [60,61]. Die experimentelle Auosung betragt
in diesem Energiebereich 0,1 eV und ermoglicht eine detaillierte Analyse der Resonanzen A bis C in der Gasphase. Dieses Spektrum weist mit dem Multilagenspektrum
eine groe A hnlichkeit auf und unterstutzt die erfolgte Zuordnung der NEXAFSResonanzen im Falle der Multilagen.
60
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
NEXAFS:
Ethylbenzol (C1s)
Multilage
20
Elektronenteilausbeute
[Einheiten des Kantensprungs]
90°
30°
90°
15
30°
EB/FeO(111), Q = 41°
0.1 L / T = 190 K: 0.5 ML
10
EB/Fe3O4(111), Q = 7°
0.2 L / T = 270 K: 0.3 ML
5
EB/Fe2O3(0001), Q = 21°
0
280
0.1 L / T = 230 K: 0.5 ML
290
300
310
Photonenenergie [eV]
320
Abbildung 6.3: C1s NEXAFS-Spektren fur dunne Filme im Bereich einer Submonolage von Ethylbenzol adsorbiert auf den verschiedenen Substraten.
Die Spektren wurden unter normalem und streifendem Einfall der
Synchrotronstrahlung gemessen und weisen einen ausgepragten Dichroismus auf. bezeichnet den daraus ermittelten mittleren Verkippungswinkel der Molekule relativ zur Oberache an.
61
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
Diese wird in Abbildung 6.3 verglichen mit den entsprechenden NEXAFS-Spektren
von Ethylbenzol adsorbiert auf den Adsorbatoberachen FeO(111), Fe3O4(111) sowie
Fe2 O3(0001) fur den Fall geringer Bedeckungen von weniger als einer Monolage. Dabei
werden je Adsorbat zwei Spektren prasentiert, die unter normalem (90, durchgezogene Linie) und streifendem (30, punktierte Linie) Einfall des anregenden Synchrotronlichtes gemessen wurden. Alle Spektren werden dominiert durch die -Resonanz
A bei einer Photonenenergie von 285,2 eV, wobei ein ausgepragter gegenlauger Verlauf mit einem Maximum in den unter 30 gemessenen Daten erkennbar ist. Bei den
unter 90 gemessenen Spektren besitzt die dominierende -Resonanz nur im Falle
des FeO-Substrates eine deutliche Intensitat, wahrend bei den anderen beiden Substraten die entsprechende Intensitat fast verschwindet. Eine detaillierte Analyse der
Resonanzintensitaten nach Referenz [6], wie sie in Kapitel 3 beschrieben wurde, liefert
fur das molekulare -System die in der Abbildung 6.3 angegebenen mittleren Verkippungswinkel bezuglich der Oberachennormalen von 41, 7 und 21 fur die Adsorption auf den Substraten FeO, Fe3 O4 und Fe2 O3. Ausgehend von einem senkrecht
zur molekularen Ebene orientierten -System, geben diese Winkel die Orientierung
der Molekule relativ zur Oberache an. Die Resonanzen B und C weisen prinzipiell
den gleichen Dichroismus auf, wahrend bei den -Resonanzen D und E ein entgegengesetzter Verlauf zu beobachten ist, was in sehr guter Konsistenz zu Literaturdaten
steht [6].
Abbildung 6.4 zeigt eine Spektrenserie von Ethylbenzol adsorbiert auf dem Fe3O4Substrat mit variierender Bedeckung. Jede Adsorbatschicht, deren Dicke vom unteren
Teil der Abbildung nach oben kontinuierlich wachst, wird dabei durch je zwei Spektren
charakterisiert, die unter normalen (90) und streifenden (30) Einfall des Rontgenlichts gemessen wurden. Dabei wird der im Falle der Submonolage am starksten ausgepragte Dichroismus mit wachsender Bedeckung schwacher, wobei sich der spektrale
Verlauf unter beiden gemessenen Winkeln annahert. Die sich aus dem Intensitatsverhaltnis der dominierenden -Resonanz ergebenden Verkippungswinkel betragen
im Falle der Submonolage, Monolage und dunnen Multilage (Bilage) 7 , 40 und 57.
62
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
NEXAFS:
Ethylbenzol/Fe3O4
20
30°
90°
Elektronenteilausbeute
[Einheiten des Kantensprungs]
18
16
Multilage
14
12
Q = 57°
dünne Multilage
10
8
Q = 40°
Monolage (gesättigt)
6
4
2
Q = 7°
0
Submonolage (ungesättigt)
-2
280 285 290 295 300 305 310 315 320 325
Photonenenergie [eV]
Abbildung 6.4: Spektrenserie von Ethylbenzol adsorbiert auf dem Fe3O4 -Substrat gemessen fur verschiedene Bedeckungen. Je dicker die Adsorbatschicht
ist, um so geringer ist die Gegenlaugkeit und der sich daraus ergebende mittlere Verkippungswinkel.
63
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
6.2 Das Produkt: Styrol
Neben den bei den Untersuchungen von Ethylbenzol angewendeten Memethoden
der XP- und NEXAFS-Spektroskopie werden zur Charakterisierung der Adsorption des katalytischen Produkts Styrol zusatzlich ab-initio Hartree-Fock-Rechnungen
prasentiert, die anschlieend in einer eingehenden Analyse mit den experimentellen
NEXAFS-Daten der Multilage und hochaufgelosten Gasphasenspektren verglichen
werden (siehe Referenz [41]).
6.2.1 XP-Daten
Auch in diesem Abschnitt werden zunachst die XP-Spektren im Bereich der C1sBindungsenergie gezeigt, die in Abbildung 6.5 fur die Adsorption von Styrol auf den
Substratoberachen FeO (oben), Fe3O4 (mitte) und Fe2O3 (unten) dargestellt sind,
wobei die Kalibrierung der Energieskala analog zu der im Falle des Ethylbenzols erfolgte. Diese Photoelektronenspektren weisen mit denen fur das Ethylbenzol gemessenen eine groe U bereinstimmung bezuglich der Halbwartsbreite ( 1,3 eV) und der
Position der C1s-Linien auf. Wahrend sich der Peak der Multilage ebenfalls bei 284,7
eV bendet, betragt dessen Verschiebung auf Grund des Relaxationseektes in den
Monolagenspektren bis zu 0,6 eV, was auch in diesem Fall in U bereinstimmung mit
Literaturdaten steht. [53{55].
6.2.2 NEXAFS-Daten
Zunachst erfolgt eine Zuordnung der auftretenden Resonanzen, wobei analog zu Abschnitt 6.2.2 die Daten der Multilage Styrol mit den entsprechenden Daten von Benzol
verglichen werden. Zusatzlich wird hier ein ISEELS-Datensatz (Inner Shell Electron
Energy Loss Spectroscopy) von Ethen in der Gasphase zur Analyse verwendet [56]. Die
Energiepositionen wurden mit den entsprechenden Literaturdaten [6,57,58] (Benzol)
sowie [63,64] (Ethen) verglichen und konnen Tabelle 6.2 entnommen werden.
Hierbei sind 4 verschiedene ausgepragte Resonanzen erkennbar (A-D), wobei die do64
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
25
20
XPS (Mg Ka ): Styrol
ST/FeO
284.7 eV
Intensität [CPS x 1000]
15
10
284.4 eV
5
284.1 eV
0
295
25
20
290
ST/Fe3O4
15
10
5
0
295
25
20
284.7 eV
15
10
5
Monolage
Submonolage
280
Multilage
284.6 eV
Monolage
284.5 eV
Submonolage
290
ST/Fe2O3
0
295
285
Multilage
285
284.7 eV
280
Multilage
284.5 eV
Monolage
284.4 eV
Submonolage
290
285
280
Bindungsenergie [eV]
Abbildung 6.5: XP-Daten im Bereich der C1s-Bindungsenergie von adsorbiertem
Styrol in unterschiedlichen Bedeckungen auf den drei EisenoxidSubstraten. Wahrend sich der Multilagenpeak bei 284,7 eV bendet,
verschiebt die C1s-Linie genau wie bei der Adsorption von Ethylbenzol bei dunneren Bedeckungen auf allen Substraten auf Grund der
Relaxation kontinuierlich zu niedrigeren Bindungsenergien.
minierende -Resonanz bei 285,0 eV dem U bergang C 1s ! e2u zugeordnet wird, was
einer Anregung in das niedrigste unbesetzte Molekulorbital LUMO des Phenylrings
entspricht. Zu beachten ist dabei, da bei einer Energieposition von 284,1 eV eine
zusatzliche Schulter auftritt, deren Intensitat etwa 12 % des Hauptpeaks entspricht
(siehe auch Abbildung 6.8). In Abschnitt 6.2.3 werden Rechnungen prasentiert, die
65
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
Elektronenteilausbeute
[Einheiten des Kantensprungs]
NEXAFS: Multilagen (C1s)
20
Ethen: ISEELS-Daten der Gasphase
15
Styrol
10
5
Benzol
0
280
A BC
285
290
D
295
300
305
310
Photonenenergie [eV]
315
320
325
Abbildung 6.6: NEXAFS-Daten von adsorbierten Multilagen im Vergleich. Anhand
der bekannten Literaturspektren von Benzol und den ISEELS-Daten
von Ethen in der Gasphase lassen sich die entsprechenden Resonanzen
im Falle von Styrol zuordnen. Diese Zuordnung wird unterstutzt durch
detaillierte ab-initio Hartre-Fock-Rechnungen der dominierenden Resonanz bei 285 eV sowei ein hochaufgelostes Gasphasenspektrum,
die im Detail in Abbildung 6.10 prasentiert werden.
eine Idenkation in Form einer Anregung von 1s-Elektronen, die an den C7 - und
C8 -Kohlenstoatomen der Vinylgruppe lokalisiert sind, in das LUMO (1s ! ) entspricht. Diese Interpretation wird ferner durch die Tatsache unterstutzt, da in den
Ethen-Daten die Position der ersten -Resonanz mit 284,7 eV um 0,5 eV energetisch tiefer liegt als im Falle von Benzol. Im NEXAFS-Spektrum vom Styrol, kommt
es zur U berlagerung der Beitrage des Phenylrings und der Vinylgruppe, was in der
beobachteten Aufspaltung resultiert.
In Abbildung 6.7 ist eine Serie von NEXAFS-Spektren gezeigt, die fur verschiedene
66
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
Zuordnung der Resonanzen
Resonanz Energieposition [eV]
Zuordnung
A
284,1
-Orbital, Ethen (C 1s ! e2u)
285,0
-Orbital, Benzol (C 1s ! e2u )
B
287,7
Rydberg-Orbital, Benzol + Ethen
C
289,1
-Orbital, Benzol (C 1s ! b2g )
+ Rydberg-Orbital, Ethen
D
293,6
-Orbital (C 1s ! e1u)
Tabelle 6.2: Zuordnung der Resonanzen im Multilagenspektrum von Styrol. Verwendet wurden die entsprechenden Literaturdaten von bekannten Benzolspektren.
Styrol-Adsorbate mit Bedeckungen im Bereich von Submonolagen auf den drei Substraten FeO (oben), Fe3O4 (mitte) und Fe2 O3 (unten) gemessen wurden. Analog zu
den entsprechenden Untersuchungen von Ethylbenzol existiert auch im Falle von Styrol ein ausgepragter Dichroismus im Verlauf der Spektren, die unter normalem (90)
und streifendem (30) Einfall der Rontgenstrahlung aufgenommen wurden. Die dominierende -Resonanz bei 285 eV weist auch hier ihr Maximum in den 30-Spektren
auf und der spektroskopische Verlauf der Resonanzen D und E ist bei Variation des
Einfallswinkels gegenlaug. Der sich daraus ergebende mittlere Verkippungswinkel der molekularen Ebene gegen die Oberache ist in der Abbildung 6.7 angegeben, wobei im Falle der Fe3O4- und Fe2O3-Substrate die Molekule im Wesentlichen ach auf
der Oberache angeordnet sind ( = 28 und 23), wahrend sie auf dem FeO-Film
deutlich starker verkippen ( = 41).
In Abbildung 6.8 werden nun die fur Ethylbenzol und Styrol gemessenen NEXAFSDaten miteinander verglichen, wobei der Fokus auf der spektralen Form der ersten
-Resonanz liegt. Im oberen Teil sind zunachst die Spektren der in Multilagenbedeckung adsorbierten Molekule Ethylbenzol (Abbildung 6.2) und Styrol (Abbildung
6.6) prasentiert, wahrend im unteren Teil die Styroldaten der auf dem Fe3 O4-Substrat
adsorbierten, gesattigten Monolage gezeigt sind, die unter verschiedenen Winkeln gemessen wurden (Abbildung 6.7). Im Falle von Ethylbenzol kann die Form der Resonanz durch eine Gaukurve bei einer Position von 285,3 eV simuliert werden. Im
Falle von Styrol ist sowohl in den Multi- als auch Monolagen-Spektren eine zusatzliche
67
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
NEXAFS:
Styrol (C1s)
Multilage
20
Elektronenteilausbeute
[Einheiten des Kantensprungs]
90°
30°
90°
15
30°
ST/FeO(111), Q = 41°
0.1 L / T = 190 K: 0.6 ML
10
ST/Fe3O4(111), Q = 28°
0.1 L / T = 240 K: 0.5 ML
5
ST/Fe2O3(111), Q = 23°
0
280
0.1 L / T = 240 K: 0.3 ML
290
300
310
Photonenenergie [eV]
320
Abbildung 6.7: C1s NEXAFS-Spektren fur dunne Filme von adsorbiertem Styrol
im Bereich einer Submonolage auf den drei relevanten EisenoxidSubstraten. Die Spektren wurden unter normalem und streifendem
Einfall der Synchrotronstrahlung gemessen und weisen einen ausgepragten Dichroismus auf. gibt den daraus berechneten, mittleren
Verkippungswinkel der Molekule relativ zur Oberache an.
Schulter auf der niederenergetischen Seite zu erkennen. Hier kann die Resonanzform
duch 2 Gaukurven angenahert werden, die bei 284,1 eV und 285,0 eV positioniert
sind. Auf Grund der limitierten apparativen Auosung von 0,5 eV an der C1s-Kante
ist eine weitere Trennung in diesem Fall nicht moglich. Im folgenden Abschnitt 6.2.3
68
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
Elektronenteilausbeute
[Einheiten des Kantensprungs]
Anpassung der p *-Resonanzen
Multilage Ethylbenzol
285.3 eV
25
20
284.1 eV
285.0 eV
Multilage Styrol
15
10
Monolage Styrol/Fe3O4 30°
5
Monolage Styrol/Fe3O4 90°
0
280
282
284
286
288
290
292
294
Photonenenrgie [eV]
Abbildung 6.8: Vergleich verschiedener Multi- und Monolagenspektren zur Analyse
der dominierenden -Resonanz. Wahrend sich im Falle von Ethylbenzol die Resonanz durch eine Gaukurve (285,3 eV) annahern lat,
ist beim Styrol eine zusatzliche Schulter zu erkennen. Der gesamte
Peak lat sich hier durch 2 Gaukurven (284,1 eV und 285,3 eV) Simulieren.
wird eine auf Hartree-Fock-Rechnungen basierende, detaillierte Interpretation dieser
Struktur gegeben.
6.2.3 Hartree-Fock-Rechnungen
Um den Ursprung der dominierenden -Resonanz, lokalisiert bei 285 eV detaillierter zu untersuchen, wurden fur das Styrol ab-initio Hartree-Fock-Rechnungen durchgefuhrt [41]. Die dabei verwendeten Wellenfunktionen beschreiben die Elektronenanregungen von einem lokalisierten 1s- in ein unbesetztes Valenz-Orbital im Falle
69
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
eines isolierten Molekuls. Um den Rechenaufwand vertretbar zu gestalten, wurde eine
planare Geometrie des Molekuls gewahlt, obwohl es theoretische und experimentelle
Hinweise auf eine Torsion zwischen Phenylring und Vinylgruppe in der Gasphase um
27 gibt [36]. Wahrend in Referenz [41] die Durchfuhrung der Rechnungen detailliert beschrieben ist, werden im Rahmen dieser Arbeit die zum Vergleich mit den
NEXAFS-Daten relevanten Ergebnisse in Tabelle 6.3 prasentiert.
Ergebnisse der ab-initio Hartree-Fock-Rechnungen
Nummer des C-Atoms Energieposition [eV]
Intensitat
(siehe Abbildung 1.1)
(relativ zu C5 )
(willkurliche Einheiten)
C5 (phenyl)
+/- 0 (286.49)
1,00
C1 (phenyl)
-0.01
1,10
C4 (phenyl)
-0.12
1,07
C3 (phenyl)
-0.19
0,99
C2 (phenyl)
-0.30
0,94
C6 (phenyl)
-0.38
1,04
C7 (vinyl)
-1.06
1,16
C8 (vinyl)
-1.46
1,16
Tabelle 6.3: Berechnete Energiepositionen und relative Intensitaten der zur dominierenden -Resonanz beitragenden Kohlensto-Atome
Fur den Beitrag jedes Kohlenstoatoms zur Gesamtintensitat wurde dabei die Anregung aus den einzelnen 1s-Orbitalen simuliert und deren Energieposition und Intensitat untereinander referenziert. In Abbildung 6.9 ist das Ergebnis der Rechnungen
graphisch dargestellt, wobei fur die Halbwartsbreite der verwendeten Gaukurven ein
Wert von 0,5 eV verwendet wurde, der die experimentelle Auosung am Strahlrohr
HE-TGM2 widerspiegelt (siehe Kapitel 3.2.1). In der resultierenden U berlagerung der
einzelnen Beitrage wird deutlich, da die Resonanz in zwei Komponenten unterteilt
werden kann. Die Schwerpunkte der resultierenden Kurven liegen um 1,1 eV voneinander getrennt und der niederenergetische Peak weist einen Anteil von 12% an
der Gesamtintenitat auf. Dieses Ergebnis steht in guter U bereinstimmung mit den
experimentellen NEXAFS-Daten, die in Abbildung 6.8 dargestellt sind.
70
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
5
Intensität
[willkürliche Einheiten]
4
berechnete p *Resonanz von Styrol
3
2
1
0
-1
284
C8
C7
285
C6C2C3C4C1C5
286
287
Photonenenergie [eV]
Abbildung 6.9: U berlagerung der Beitrage der einzelnen Kohlenstoatome zur Intensitat der dominierenden -Resonanz, wie sie mittels ab-initio HartreeFock-Rechnungen ermittelt wurden. Die beiden Komponenten liegen
energetisch um 1,1 eV getrennt, wahrend der tiefer liegende Beitrag
einen Anteil von 12% an der Gesamtintensitat besitzt.
6.2.4 Vergleich mit hoch-aufgelosten Gasphasen-Daten
Um weitere, von der Filmpraparation und den NEXAFS-Daten unabhangige, experimentelle Informationen uber die elektronische Struktur des Molekuls Styrol speziell
im Bereich der ersten -Resonanz zu erlangen, wurde zusatzlich ein hochaufgelostes
Gasphasenspektrum gemessen. Dieses ist in Abbildung 6.10 c) gezeigt und wird direkt
mit einem entsprechenden Ausschnitt aus dem NEXAFS-Spektrum der Multilage d)
verglichen. Ebenso wie im Falle von Ethylbenzol (Abbildung 6.1) wurde Spektrum
c) von Puttner et al. am Strahlrohr SX700/II gemessen. In beiden Styrol-Spektren
ist deutlich eine Schulter auf der niederenergetischen Seite der -Resonanz erken71
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
nen. Ferner weist das Gasphasenspektrum c) eine Reihe weiterer Strukturen in einem
Energieintervall von 320 meV auf, welche C-H Streckschwingungen zugeordnet werden konnen und die in der Abbildung ebenfalls gekennzeichnet sind. Diese Feststellung
wird unterstutzt durch das Studium bekannter Photoabsorptionsspektren von Benzol
und Ethen aus der Literatur ( [65{67]) bei denen die entsprechende Anregung C1s
! eine vergleichbare Vibrationsfeinstruktur aufweist.
Spektrum a reprasentiert erneut die Ergebnisse der Hartree-Fock-Rechnungen, wobei auf Grund der erhohten experimentellen Auosung fur die Halbwertsbreite der
Gaukurven ein Wert von 0,2 eV gewahlt wurde. Eine darauf basierende einfache
Modellierung der C-H Vibrationen fuhrt schlielich zu Spektrum b. Die dafur notigen Angaben bezuglich der Intensitatsrelationen der Vibrationsbanden aller beteiligter Atome wurden den Referenzen [65{67] entnommen. Zu beachten ist dabei, da
die symmetrischen C-C Streckschwingungen vernachlassigt werden konnten, da ihre
Vibrationsenergie mit 120 meV deutlich kleiner ist als die bei der Modellierung verwendete Linienbreite von 200 meV. In Referenz [41] werden alle Details ausfuhrlich
diskutiert. Das somit theoretisch simulierte Spektrum b zeigt groe A hnlichkeiten mit
den experimentellen Daten der Gasphase c und der Multilage d Styrol.
6.3 Diskussion der Meergebnisse
In diesem Kapitel wurden experimentelle und theoretische Daten prasentiert, deren
Analyse neue Informationen bezuglich der Adsorptionseigenschaften von Ethylbenzol und Styrol auf den relevanten Eisenoxidoberachen liefern. Betrachtet man die
Oberachentemperaturen, bei denen die Adsorption der dunnen Filme im Bereich unterhalb einer Monolagenbedeckung stattndet, sind deutliche Unterschiede zwischen
den einzelnen Substraten zu erkennen. Wahrend im Falle der Fe3 O4- und Fe2O3Oberachen die Adsorption bereits in einem Temperaturintervall zwischen 270 K und
230 K stattndet, kommt es auf dem FeO-Film erst bei Probentemperaturen von 190
K zu einer Bedeckung, woraus sich fur beide Adsorbate deutlich kleinere Bindungsenergien schlufolgern lassen. Die Adsorption im Multilagenbereich tritt jeweils bei
150 K auf, was in guter U bereinstimmung mit den Ergebnissen von Kuhrs et al. steht
72
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
Photoionisationsausbeute
Styrol
C1s-1 p *
d)
c)
b)
C2C4C5
a)
C8 C7
284
C6C3C1
285
286
Photenenergie (eV)
Abbildung 6.10: Die (C1s ! )-Resonanz im Detail: a) Simulation der Resonanz
anhand der Ergebnisse der Hartree-Fock-Rechnungen unter Verwendung von Gaukurven einer Halbwertsbreite von 0,2 eV. b) Modizierung der theoretischen Ergebnisse durch Vibrationsanregungen.
c) hochaufgelostes Gasphasenspektrum von Styrol mit eingezeichneten C-H Streckschwingungen. d) NEXAFS-Spektrum der Multilage
Styrol
[39]. Bezuglich der energetischen Position der C1s-Linie in den XP-Spektren sind die
typischen Relaxationsverschiebung zwischen Multilage und Monolage zu erkennen.
73
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
Dieser Eekt ist zuruckzufuhren auf die hohe Polarisierbarkeit der Metallatome im
Substrat (Relaxation). Im Falle der Multilagenbedeckung hat die Polarisierbarkeit
des Substrates auf Grund des groeren Abstandes keinen Einu mehr, weshalb die
C1s-Linie bei etwas hoheren Bindungsenergien auftritt. Zwischen der Multilage und
der Mono- beziehungsweise Submonolage von Ethylbenzol und Styrol adsorbiert auf
den Eisenoxidoberachen betragt diese Energiedierenz bis zu 0,6 eV.
Auf der Basis der Identikation der in den NEXAFS-Spektren von adsorbiertem
Ethylbenzol (Abbildungen 6.2 und Tabelle 6.1) und adsorbiertem Styrol (Abbildungen 6.6 und Tabelle 6.2) auf den Eisenoxidoberachen auftretenden Resonanzen, die
anhand von Vergleichsspektren und Literaturdaten erfolgte, lassen sich nun Aussagen bezuglich der elektronischen Struktur und der molekularen Adsorptionsgeometrie treen. Betrachtet man den Dichroismus der dominierenden -Resonanz in den
Submonolagenspektren in Abbildung 6.3 und 6.7, ergibt sich auf allen Oberachen
ein mittlerer Verkippungswinkel der Molekule, der deutlich kleiner als der magische
Winkel von 54,7 ist. Daraus lassen sich fur die Fe3 O4- und Fe2O3 -Substrate Adsorptionsgeometrien mit ach auf der Oberache orientierten Molekulen schlufolgern,
wahrend die schwacher gebundenen Molekule im Falle des FeO-Films um etwa 40
gegen die Substratebene verkippt sind oder einen geringeren Grad der Ordnung aufweisen. Die Halbwartsbreiten der dominierenden -Resonanzen zeigen zwischen den
Spektren verschiedener Schichtdicke geringe Variationen. Sowohl fur die Adsorbatlme von Ethylbenzol als auch von Styrol sind zwischen den Multilagen (0,7 eV)
und den Submonolagen, adsorbiert auf FeO (0,9 eV), nur geringe Veranderungen erkennbar, wahrend diese etwas signikanter auf den Substraten Fe3O4 (1,2 eV) und
Fe2 O3 (1,2 eV) sind. Daraus lat sich im Falle des FeO-Films erneut eine deutlich
schwachere Wechselwirkung zwischen beiden Adsorbaten und dem Substrat feststellen (Physisorption) als im Falle der anderen beiden Eisenoxide (Chemisorption).
Von Interesse ist ein Vergleich diese Ergebnisse mit Literaturdaten, denen zufolge Benzol auf verschiedenen Metalloberachen in einer achen Geometrie adsorbiert [58].
In der Monolage wird im Falle einer schwachen Wechselwirkung mit dem Substrat
(z.B. Au(111)) in den 90-Spektren keine Intensitat fur die dominiernde -Resonanz
beobachtet, wahrend die Halbwertsbreite verglichen mit dem Peak der Multilage konstant bleibt. Bei starken Adsorbat-Substrat-Wechselwirkungen (z.B. auf Rh(111) und
74
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
Pt(111)) kommt es auf Grund intensiverer chemischer Wechselwirkung zu A nderungen der elektronischen Struktur, wobei besonders die Verbreiterung der ersten Resonanz bei 285 eV charakteristisch ist. Weiss et al. konnten zeigen, da diese Beobachtung konsistent mit Verformungen der molekularen Ebene ist. Das Adsorptionsmodell geht dabei von einem mittlere Verkippungswinkel der C-H-Bindungen relativ zur
Probenoberache von 20 - 30 aus, wahrend der Kohlenstoring parallel orientiert
ist [58]. Als Folge davon kommt es zur Reduzierung der Symmetrie und die C2pxund C2py -Orbitale konnen in das molekulare -Orbital mischen. Im Vergleich dazu
kann die Adsorption sowohl von Ethylbenzol, als auch von Styrol auf den Fe3O4- und
Fe2 O3-Substraten als schwache Chemisorption betrachtet werden.
Bei der Betrachtung der Ergebnisse von Abbildung 6.4 wird ein weiterer Aspekt der
Adsorbat-Substrat-Wechselwirkung deutlich. Dabei ist der stetige Anstieg der Intensitat der vorderen -Resonanz bei den 90-Spektren mit wachsender Schichtdicke
ein deutlicher Hinweis auf ein unterschiedliches Adsorptionsverhalten bei Bedeckungen im Submono- und Monolagenbereich. Fur die ungesattigte Submonolage lat sich
daraus eine Adsorptionsgeometrie schlufolgern, bei der die Molekule ach auf der
Oberache liegen. Wahrend der Formierung der gesattigten Monolage werden alle bei
dieser Oberachentemperatur relevanten Adsorptionsplatze belegt, wobei es jedoch
zur A nderung der molekularen Orientierung kommt, die in einem mittleren Verkippungswinkel von 40 resultiert. Das bedeutet, da bei einem sich verringernden Platzangebot auf der Oberache neben den Adsorbat-Substrat-Wechselwirkungen auch die
intermolekularen Wechselwirkungen des Adsorbates Ethylbenzol an Bedeutung gewinnen. Die dafur verantwortlichen van-der Waals-Krafte konkurrieren in diesem Falle mit
den fur die Adsorption verantwortlichen chemischen und elektrostatischen Kraften.
Bei einem U bergang in den Bedeckungsbereich der Multilage erreicht die mittlere Verkippung den magischen Winkel von 54,7, was die Prasenz einer zufalligen Verteilung
der molekularen Orientierung beziehungsweise eine Zunahme der Unordnung widerspiegelt. Der gleiche Befund konnte fur die Adsorption von Styrol festgestellt werden,
wobei der entsprechende experimentelle Datensatz aus Grunden der Redundanz hier
nicht explizit gezeigt ist (vergleiche Abbildung 6.4).
Neben dieser groen Anzahl von U bereinstimmungen bezuglich des Adsorptionsverhaltens vom Edukt Ethylbenzol und vom Produkt Styrol auf den katalytischen
75
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
Eisenoxid-Modelloberachen, weist deren elektronische Struktur signikante Unterschiede auf. Eine detaillierte Analyse der NEXAFS-Daten, gemessen von kondensierten Filmen im Bereich von Multilagen (Abb. 6.3 und 6.7) sowie aus den Gasphasenspektren (Abb. 6.10) und aus den unterstutzenden Hartree-Fock-Rechnungen
(Abb. 6.9), lassen speziell im Energiebereich der ersten -Resonanz 285 eV diese
Unterschiede deutlich zu Tage treten. Wahrend beim Ethylbenzol nur eine Resonanz
prasent ist, die der Anregung C1s ! des Phenylrings zugeordnet wird, tritt beim
Styrol eine zusatzliche Resonanz in Form einer Schulter auf. Diese ist um etwa 0,9
eV zu niedrigeren Photonenenergien verschoben und wird den entsprechenden Anregungen C1s ! zugeordnet. Durch die limitierte experimentelle Auosung und die
U berlagerung der NEXAFS- und Gasphasenspektren durch Vibrationen auf Grund
von C-H-Streckschwingungen ist eine Trennung dieser beiden Resonanzen gleichen
Charakters, aber unterschiedlichen lokalen Ursprungs nicht moglich. Diese Schulter
jedoch erlaubt eine spektroskopische Unterscheidung der beiden relevanten Molekule
Ethylbenzol und Styrol, was hinsichtlich des katalytischen Prozesses der Dehydrierung
von Interesse ist. Auch hinsichtlich von Polymerisationsreaktionen, wie beispielsweise
bei der Bildung von Polystyrol, kann diese Erkenntnis ausgenutzt werden. So wurde
diese zusatzliche Resonanz auch im NEXAFS-Spektrum von Polyphenylacetylen [68]
beobachtet, dessen sich wiederholende Monomereinheiten der Form [CPH=CH]n dem
Styrol sehr ahnlich sind. In korrespondierenden Polystyrolspektren, deren Monomereinheiten [CPH-CH2 ]n groe strukturelle A hnlichkeit mit Ethylbenzol besitzen, existieren hingegen keine Hinweise auf eine derartige Resonanz [69].
Bindungsmodell
In U bereinstimmung mit anderen Adsorptionsstudien [70] kann auf Grund der im
Rahmen dieser Arbeit prasentierten XP- und NEXAFS-Studien geschlufolgert werden, da keine chemische Wechselwirkung der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol mit
dem ausschlielich Sauersto-terminierten FeO(111)-Substrat stattndet. Eine mogliche Interpretation liegt im basichen Charakter (nach Lewis) sowohl der Sauerstoatome an der Substratoberache als auch des molekularen -Systems des Adsorbates.
Im Gegensatz dazu wird im Falle der teilweise Eisen-terminierten Filme Fe3O4 und
Fe2 O3 eine Chemisorption beobachtet, die in Form einer Wechselwirkung zwischen
den schwachen Basen Ethylbenzol und Styrol mit den unbesetzten 3d-Zustanden der
76
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
aciden Eisenzentren erklart werden kann. Hierbei kommt es zu einer chemische Wechselwirkung der niedrigsten unbesetzten Molekulorbitale (LUMO) mit den Substratoberachen, was durch die beobachtete schwache Verbreiterung der dominierenden
-Resonanz unterstutzt wird. Im Verleich zur Adsorption von Benzol auf reinen Metalloberachen handelt es sich jedoch hier um eine schwachere chemische Wechselwirkung. Unter Verwendung wohlbekannter Erkenntnisse der Komplexchemie bezuglich
der -Liganden, kann die Wechselwirkung durch zwei Bindungsmodelle erklart werden [71]: Das Dewar-Chatt-Duncanson-Modell geht von einer Donation von Elektronen des -HOMO von Ethylbenzol und Styrol in unbesetzte Metallorbitale mit
d-Charakter aus. Gleichzeitig kommt es zum Rucktransfer der Elektronendichte der
besetzten Metall-d-Orbitale in das -LUMO des adsorbierten Molekuls (Konzept von
Hin- und Ruckbindung). Der planare Phenylring wird hierbei als Monodentat-Ligand
behandelt, der ausschlielich sp2 -hybridisierte Kohlenstoatome aufweist. Das zweite
denkbare Modell behandelt den Phenylring als Hexadentat-Ligant, wobei es zur Ausbildung von 6 Metall-Kohlensto-Bindungen kommt. Da der p-Charakter in den CHybridorbitalen starker ausgepragt ist, sind die C-H-Bindungen von der Oberache
weg geneigt, was zu einer Schwachung der intramolekularen Bindungskrafte fuhrt,
wie es bei auf reinen Metalloberachen chemisorbiertem Benzol der Fall ist. [58,72].
Der starke Dichroismus in den prasentierten NEXAFS-Spektren und die im Vergleich
zur kondensierten Multilage auftretende geringe Verbreiterung der dominierenden Resonanz im Falle der Chemisorption bei dunnen Bedeckungen, lat auf eine reale
Bindungssituation schlieen, die aus einer Kombination beider geschilderter Modelle
besteht und zu einem 6-artigen Komplex zwischen Metallzentrum und Phenylring
fuhrt. In Abbildung 6.11 sind die fuhr die Adsorption von Ethylbenzol und Styrol vorgeschlagenen Bindungsmodelle exemplarisch am Beispiel der Fe3 O4(111)-Oberache
illustriert.
Selbstverstandlich handelt es sich bei den epitaktisch gewachsenen Eisenoxiden nicht
um Oberachen mit perfekt acher Topologie. Eine hohe Rauhigkeit auf atomarer Ebene (Stufen, Defekte) und eine mogliche Koexistenz verschiedener Domanen
mussen in Betracht gezogen werden. Ferner wird im Rahmen der hier eingesetzten
Spektroskopiemethoden ein relativ groer Bereich ( 1 mm) der Oberache vermessen. Daher sind die angegebenen Daten fur den molekularen Verkippungswinkel als
77
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
Ethylbenzol
O
Fe
Styrol
2-
2+/3+
Tetr.
2+/3+
Fe Okt.
Abbildung 6.11: Schematisches Bindungsmodell der Adsorption von Ethylbenzol und
Styrol auf der Fe3 O4-Oberache.
Mittelwerte zu betrachten, die lediglich qualitative Aussagen zulassen. Eine Unterscheidung verschiedener Domanen ist nicht moglich. Die Situation wird zusatzlich
noch komplizierter durch die Veranderung der mittleren molekularen Orientierung
mit wachsender Bedeckung bis zu einer Monolage, wie mittels Abbildung 6.4 gezeigt werden konnte. Das bedeutet, da bei hoheren Bedeckungen die intermolekularen Krafte der Adsorbate in den Bereich der Adsorbat-Substrat-Wechselwirkung
gelangen und analog zur Situation auf der FeO-Oberache miteinander konkurrieren.
Ferner ist die Adsorption des Phenylrings auf den Eisenkationen in einer 6-artigen
Geometrie und die damit verbundene elektronische Veranderung der C-H-Bindungen
eine wichtige Information bezuglich der Dehydrierung von Ethylbenzol. Eine dadurch
78
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
mogliche chemische Aktivierung der C-H-Bindungen in der Seitenkette des Molekuls
mu in Erwagung gezogen werden, was unter anderem durch Gasphasenuntersuchungen von Schwarz et al. [73,74] bestatigt wird. Ein eektiver Elektronentransfer vom
Phenylring zur Oberache kann hierbei durch den U berlapp der Elektronendichten
von Ring und Metallion gewahrleistet werden, wobei es zur Reduktion des Eisens
kommt [75].
79
6. Spektroskopie der Adsorbate Ethylbenzol und Styrol
80
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener
Modelladsorbate
Im vorherigen Abschnitt wurde das Adsorptionsverhalten der katalytisch relevanten Molekule Ethylbenzol und Styrol auf den unterschiedlichen Eisenoxidoberachen
ausfuhrlich untersucht. Es stellt sich nun die Frage nach dem konkreten Beitrag der
submolekularen Komponenten Phenylring, Vinyl- und Ethylgruppe. Daher erfolgt hier
eine systematische Untersuchung eines entsprechenden Satzes von Modellsubstanzen. Dabei wurden folgende Adsorbat-Substratsysteme prapariert und spektroskopisch charakterisiert: Benzol/FeO, Benzol/Fe3O4, Benzol/Fe2O3 , Naphthalin/Fe3O4,
n-Oktan/Fe3O4 , Ethen/Fe3 O4 sowie Pyridin/Fe3O4.
7.1 Benzol
Ergebnisse
Das Molekul Benzol wird hierbei als Modell fur den in Edukt und Produkt vorhandenen Phenylring betrachtet und wurde daher besonders ausfuhrlich untersucht. Im
Gegensatz zu den anderen Substanzen, deren Wechselwirkungen ausschlielich mit
der Fe3O4 -Oberache studiert wurden, erfolgte im Falle von Benzol die Adsorption
und Charakterisierung mittels NEXAFS-Spektroskopie auf allen drei Eisenoxidsubstraten. In Abbildung 7.1 sind die NEXAFS-Spektren verschiedener Submonolagen
Benzol prasentiert und konnen direkt mit dem oben gezeigten Spektrum der entsprechenden Multilage verglichen werden. Die getroene Zuordnung der Resonanzen
81
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
wurde ausfuhrlich in Kapitel 6 diskutiert.
24
NEXAFS: Benzol
Submonolagen
Intensität [Einheiten das Kantensprungs]
22
30°
90°
FWHM: 0.7 eV
20
Multilage (55°)
18
16
14 FWHM: 0.7 eV Benzol/FeO(111), a
12
10
8
6
4
= 43°
1.0 L / T = 180 K
FWHM: 1.3 eV
Benzol/Fe3O4(111), a = 14°
1.0 L / T = 200 K
FWHM: 1.3 eV
2
Benzol/Fe2O3(111), a = 24°
0
1.0 L / T = 200 K
280
290
300
310
320
Photonenenergie [eV]
Abbildung 7.1: NEXAFS-Spektren von einer Serie von Submonolagen Benzol adsorbiert auf den Substratoberachen FeO, Fe3O4 und Fe2O3. Im oberen Teil ist eine Multilage als Referenz gezeigt. Die unter streifendem
(30) und senkrechtem (90) Einfall gemessenen Daten zeigen einen
ausgepragten Dichroismus, dessen Analyse zu den angegebenen Verkippungswinkeln der Molekule in Bezug auf die Oberache fuhrt.
Hierbei ist zu beachten, da es sich nicht um gesattigte Filme handelt, sondern um
Bedeckungen im Bereich etwa einer halben Monolage. Alle Spektren werden dominiert
82
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
durch die ausgepragte -Resonanz bei bei 285,0 eV, welche vorrangig fur die Analyse
der Daten verwendet wird. Die unter streifendem (30) und senkrechtem (90) Einfall
gemessenen Daten zeigen auch hier einen ausgepragten Dichroismus, wobei die unter
30 gemessenen Spektren jeweils ein Maximum aufweisen. Der Intensitatsunterschied
variiert jedoch mit dem Substrat und ist im Falle von FeO am schwachsten ausgebildet,
wahrend er im Falle der Fe3O4 - und Fe2 O3-Oberachen deutlich groer ist. Fur den
mittleren Verkippungswinkel der Molekule relativ zur Oberache ergeben sich die in
der Abbildung angegebenen Winkel von 43 (FeO), 14 (Fe3O4) sowie 24 (Fe2 O3).
Von Interesse ist dabei, da sich auf dem FeO-Substrat dieser Wert dem Magischen
Winkel von 55 annahert, was auf den beiden anderen Oxiden nicht beobachtet wird.
Intensität [Einheiten das Kantensprungs]
Anpassung der p *-Resonanzen
20
Multilage (55°)
FWHM: 0.7 eV
15
Benzol/FeO(111)
FWHM: 0.9 eV
10
5
0
Benzol/Fe3O4(111)
FWHM: 1.1 eV
Benzol/Fe2O3(111)
FWHM: 1.1 eV
280
282
284
286
288
290
292
294
296
298
300
Photonenenergie [eV]
Abbildung 7.2: Anpassung der dominierenden -Resonanz von Benzol adsorbiert auf
den drei verschiedenen Substraten. Die Daten der Submonolage (30Spektren) konnen direkt mit denen der Multilage verglichen werden.
83
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
Ferner existieren in den Halbwertsbreiten (FWHM) der dominierenden -Resonanzen
signikante Unterschiede bei Verwendung verschiedener Substrate. Eine genaue Analyse fuhrt zu Werten von 0,9 eV im Falle des FeO-Substrats sowie 1,1 auf den anderen
beiden Eisenoxidoberachen. Der Referenzwert der Multilage betragt 0,7 eV. Die entsprechenden Anpassungen sind in Abbildung 7.2 fur den Fall der unter 30 gemessenen Spektren zusammengestellt. Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht in den
Oberachentemperaturen, bei denen die Adsorption der Benzol-Molekule erfolgte.
Wahrend die FeO-Oberache auf 180 K gekuhlt werden mute, wurde im Falle der
Fe3 O4- und Fe2 O3-Substrate bereits bei 200 K die Adsorption von Benzol beobachtet,
was auf deutlich unterschiedliche Adsorbat-Substrat-Wechselwirkungen hinweist.
Analog zu den Ethylbenzol- und Styrollmen wurde das Adsorptionsverhalten von
Benzol in Abhangigkeit von der Schichtdicke untersucht und wird hier am Beispiel
des Fe3O4-Substrates exemplarisch diskutiert. In Abbildung 7.3 sind die entsprechenden NEXAFS-Spektren fur vier Adsorbatlme mit von unten nach oben steigender
Bedeckung gezeigt. Zuerst wurde dabei die Submonolage durch Dosieren von 0,1 L
Benzol hergestellt, wahrend bei der folgenden Absattigung der Monolage 0,6 L bei
der gleichen Oberachentemperatur dosiert wurden. Fur die Ausbildung einer dunnen
Multilage war eine Temperatur von 180 K notwendig (0,9 L Benzol), im Falle der Multilage wurde auf 160 K gekuhlt (16 L Benzol). In allen Spektren mit Bedeckungen
unterhalb der Multilage ist ebenfalls ein Dichroismus erkennbar, der fur die Submonolage die starkste Auspragung aufweist und mit wachsender Schichtdicke geringer wird.
Eine quantitative Analyse der Resonanzintensitaten ergibt die in der Abbildung angegebenen mittleren Verkippungswinkel der Molekule relativ zur Oberache, die mit
steigender Bedeckung ebenfalls groer werden.
Diskussion
Vergleicht man die Oberachentemperaturen fur die Adsorption von Benzol auf
FeO(111), Fe3O4 (111) sowie Fe2 O3(111) zeigen sich signikante Unterschiede.
Wahrend im Falle des FeO-Substrates eine Adsorption im Bereich bis zu einer Monolage bei tiefen Temperaturen ab 180 K auftritt, beobachtet man die Ausbildung eines
Benzol-Filmes auf den anderen beiden Substraten bereits bei deutlich hoheren Temperaturen um 200 K. Folglich kann man die Adsorbat-Substrat-Wechselwirkung auf den
84
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
Benzol/Fe3O4(111)
Variierende Bedeckungen
28
Intensität [Einheiten des Kantensprungs]
26
16L / T = 160 K (Multilage)
24
22
20
30°
90°
18
16
14
a = 49°
0.9 L / T = 180 K (dünne Multilage)
12
10
a = 40°
8
0.6 L / T = 200 K (Monolage)
6
4
2
a = 24°
0
0.1 L / T = 200 K (Submonolage)
280
290
300
310
320
Photonenenergie [eV]
Abbildung 7.3: NEXAFS-Spektren von einer Serie von Benzollmen adsorbiert auf
der Fe3O4-Oberache in verschiedenen Schichtdicken. Wahrend die
Bedeckung von unten nach oben zunimmt, ist auch ein Ansteigen des
mittleren molekularen Verkippungswinkls zu beobachten. In der Submonolage liegen die Molekule annahernd ach auf der Oberachen,
richten sich jedoch im Mittel bei nachfolgender Dosierung etwas auf.
Fe3 O4- und Fe2 O3-Oberachen als Chemisorption betrachten. Deutlich zu erkennen
ist dabei auch eine Verbreiterung der -Resonanz relativ zur der im Multilagenspek85
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
trum, deren Ursache in der Wechselwirkung mit dem Substrat zu sehen ist. Diese ist
starker als bei der Adsorption von Benzol auf Au(111) und schwacher als bei der Adsorption von Benzol auf Rh(111) und Pt(111), wie aus der Groe der Verbreiterung
der ersten -Resonanzen geschlufolgert werden kann [72,58]. Im Falle der Adsorption von Benzol auf dem FeO-Film handelt es sich um eine Physisorption, wie sie
auch beim System Benzol/Au(111) beobachtet wurde. Die Breite der -Resonanz ist
identisch mit dem entsprechenden Wert der Multilage und spricht somit ebenfalls fur
eine schwache Wechselwirkung. Diese Ergebnisse sind in guter U bereinstimmung mit
denen fur die Adsorption von Ethylbenzol und Styrol auf den Eisenoxidoberachen
und unterstreichen somit die Bedeutung des Phenylrings der katalytisch relevanten
Molekule bezuglich der chemischen Anbindung an die Oberache.
7.2 Naphthalin, Oktan und Ethen adsorbiert auf Fe3O4(111)
Nach der eingehenden Untersuchung der Adsorptionseigenschaften von Benzol als
Modellmolekul fur den Phenylring, erfolgt hier die Prasentation der entsprechenden
NEXAFS-Daten von Naphthalin als raumlich ausgedehnteres Modellmolekul fur den
Phenylring, n-Oktan als Modellmolekul fur die Ethylgruppe in Ethylbenzol sowie
Ethen als Modellmolekul fur die Vinylgruppe in Styrol. Dabei erfolgte die Adsorption
dieser Molekule ausschlielich auf der Fe3 O4(111)-Oberache.
a) Naphthalin
Die NEXAFS-Daten von Naphthalin adsorbiert auf Fe3 O4(111) in Bedeckungen von
einer Multi- (oben) und einer Monolage (unten) sind in Abbildung 7.4 dargestellt. Die
Spektren werden dabei durch eine fur aromatische Systeme typische -Resonanze dominiert, die in diesem Falle deutlich in zwei Komponenten bei 284,8 eV und 285,6 eV
aufgespalten ist. In beiden Fallen handelt es sich um Anregungen der Form C1s! [78,77]. Ab-initio Rechnungen der elektronischen Struktur folgend beruht die Aufspaltung nicht auf einem Anfangszustandseekt mit unterschiedlichen C1s Bindungsenergien, sondern liegt in der Variation der -Bindungsenergie mit unterschiedlicher
Lokalisierung des Kernlochs begrundet. Ferner kann die Resonanz bei 284,8 eV Anregungen in den C-Atomen 1 bis 4 und 7 bis 10 zugeordnet werden (siehe Schema86
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
Intensität [Einheiten des Kantensprungs]
Naphthalin/Fe3O4
14
12
10
p
*
1-4, 7-10
p
*
5,6
8
9
7
10
6
5
1
2
4 3
Multilage (11 L / T = 145 K)
8
6
30°
90°
4
Monolage (1 L / T = 290 K)
2
a = 16°
0
280
285
290
295
300
305
310
315
320
325
Photonenenergie [eV]
Abbildung 7.4: NEXAFS-Spektren von Naphthalin adsorbiert auf Fe3 O4(111) in Bedeckungen einer Multi- (oben) und Monolage (unten). Die dominierende -Resonanz ist in zwei Komponenten aufgespalten und kann
den Endzustanden der an verschieden Kohlenstoen lokalisierten Anregungen zugeordnet werden. Der Dichroismus in den Spektren der
Monolagenbedeckung lat auf ach auf der Oberache orientierte Molekule schlieen.
zeichnung in Abbildung 7.4), wahrend die Zuordnung der Resonanz bei 285,6 eV zu
den Kohlenstoatomen 5 und 6 erfolgt. In den Monolagenspektren ist ein deutlich
ausgepragter Dichroismus dieser -Resonanzen erkennbar, der zu dem Verkippungswinkel =16 fuhrt, wobei die Resonanzposition nicht beeinut wird. Die Adsorption
dieses Filmes erfolgte bei Oberachentemperaturen von 290 K und spricht somit fur
eine starke Wechselwirkung (Chemisorption) mit ach auf der Oberache liegenden
Molekulen.
b) Oktan
In Abbildung 7.5 werden die Spektren gezeigt, die fur n-Oktan-Filme adsorbiert auf
87
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
n-Oktan
Intensität [Einheiten des Kantensprungs]
6
4
Multilage (20 L / 150 K)
Rp (288.2 eV)
Rs (287.6 eV)
2
Monolage/Fe3O4 (1 L / 160 K)
0
-2
-4
280
30°
90°
*
M (285.1 eV)
285
290
295
300
Monolage/Cu(111) (180 K)
305
310
315
320
325
Photonenenergie [eV]
Abbildung 7.5: NEXAFS-Spektren von n-Oktan adsorbiert auf Fe3O4(111) in Bedeckungen einer Multi- (oben) und Monolage (mitte). Diese Adsorbatspektren werden von den beiden Komponenten der Rydberg-Resonanz
(288 eV) dominiert. Fur den Monolagenlm (T=160 K) lat sich anhand des Dichroismus eine Adsorption mit ach auf der Oberache
liegenden Molekulen schlufolgern. In den Spektren von Oktan adsorbiert auf Cu(111) wird eine zusatzliche Resonanz (M ) bei 285,1 eV
beobachtet (Vergleichsspektren unten).
Fe3 O4(111) gemessen wurden. Im Falle der Multilage (oben) ist zu erkennen, da hier
keine -Resonanz (285 eV) existiert. Statt dessen wird das NEXAFS-Spektrum durch
eine fur Alkane typische Rydberg-Resonanz dominiert, dessen zwei Hauptkomponenten bei 287,6 eV (R ) und 288,2 eV (R ) lokalisiert sind und somit bei um etwa 3 eV
hoheren Photonenenergien liegen. Diese Resonanz kann im Wesentlichen der Anregung
aus dem C1s-Zustand in einen molekularen Rydberg-Zustand zugeordnet werden und
ist in Referenz [53] anhand mehrerer gesattigter Kohlenwasserstoketten ausfuhrlich
diskutiert. In den Monolagenspektren (mitte) besitzt diese Rydberg-Resonanz deutlich weniger Intensitat und weist ebenfalls einen Dichroismus auf. Das Maximum tritt
88
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
in dem Spektrum gemessen unter 30 der anregenden Strahlung auf und ist konsistent
mit einem parallel zur Oberache adsorbierten Molekul [53]. Da es zur Adsorption
von n-Oktan erst bei tiefen Temperaturen kommt (TOfl:=160 K), handelt es sich hier
um eine schwache Wechselwirkung in Form einer Physisorption.
Die Spektren im unteren Teil der Abbildung 7.5 erlauben einen direkten Vergleich
mit einem Monolagenlm von Oktan auf Cu(111) (aus Referenz [53]). Darin wird
eine zusatzliche Resonanz (M -Resonanz) lokalisiert bei 285,1 eV beobachtet, wie sie
typisch ist fur reine metallische Substrate. Im Falle der Fe3 O4-Oberache tritt diese
hingegen nicht auf.
Intensität [Einheiten des Kantensprungs]
c) Ethen
Ethen/Fe3O4
14
12
1s
1b3g
10
EELS-Daten
(Corex-Datenbank)
8
6
30°
90°
4
2
Monolage (60 L / 127 K)
0
a = 18°
280
285
290
295
300
305
310
Photonenenergie [eV]
315
320
325
Abbildung 7.6: EELS-Spektrum (oben) und Spektrum einer auf dem Fe3O4(111)Substrat adsorbierten Monolage (unten) Ethen (T=127 K). Die dominierende Resonanz bei 284,7 eV wird einer Elektronenanregung der
Form 1s!1b3g zugeordnet. Der in der Monolage prasente Dichroismus fuhrt zu einer molekularen Orientierung parallel zur Oberache
(=18).
89
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
Die entsprechenden NEXAFS-Ergebnisse fur die Adsorption von Ethen auf dem
Fe3 O4(111)-Substrat sind in Abbildung 7.6 prasentiert. Wahrend fur die Ausbildung
einer Monolage Oberachentemperaturen von 127 K notig waren, konnte aus apparativen Grunden keine Multilage bei noch tieferen Temperaturen prapariert werden.
Daher werden in Analogie zu Referenz [79] die EELS-Daten der COREX-Datenbank
von Hitchcock et al. zum spektroskopischen Vergleich verwendet. Die dominierende
Resonanz beruht auch hier auf einer Anregung der Form 1s ! LUMO, wobei das
1b3g -Orbital den Endzustand darstellt, welcher eine antisymmetrische Linearkombination von C 2p-Funktionen darstellt. Die energetische Position der Resonanz betragt
284,7 eV und weist mit der in aromtischen Systemen auftretenden -Resonanz groe
spektroskopische A hnlichkeiten auf. In den Spektren der Monolage zeichnet sich diese
Resonanz durch einen starken Dichroismus aus, der im Falle der unter 30 gemessenen Spektren ein Maximum besitzt. Den Dipolauswahlregeln folgend, ergibt sich somit
ein mittlerer Verkippungswinkel von 18, was im wesentlichen einer molekularen Orientierung parallel zur Oberache entspricht. Unter Berucksichtigung der benotigten
tiefen Substrattemperatur lat sich bezuglich der chemischen Anbindung an die Oxidoberache auf eine schwache Wechselwirkung in Form von Physisorption schlieen. Sie
ist folglich vergleichbar mit der Adsorption von Oktan auf Fe3O4(111).
7.3 Pyridin
Bei dem hier untersuchten Adsorbat Pyridin handelt es sich um ein aromatisches
Molekul, da infolge der Substitution eines Kohlensto- duch ein Stickstoatom signikante Unterschiede zu den anderen im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Ringsystemen aufweist. Neben einem delokalisierten -System zusatzlich ein weiteres, am
N-Atom lokalisiertes, freies Elektronenpaar. Nach der Saure-Base-Denition von Lewis
kann Pyridin somit als Base fungieren und ermoglicht eine Untersuchung von Substraten bezuglich ihrer Aciditat. Dieses Verfahren wurde bereits erfolgreich bei der Charakterisierung von unterschiedlich terminierten ZnO(0001)-Oberachen durchgefuhrt
[80] und wurde im Rahmen dieser Arbeit auf die Eisenoxidoberache Fe3O4 (111)
ubertragen.
90
Intensität [Einheiten des Kantensprungs]
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
NEXAFS: Pyridin/Fe3O4 (C1s)
8
*
*
p 1
p 2
(285.0) (285.5)
Multilage (60 L / T=145 K)
6
3
4
2
4
1
5
N
Monolage (5 L / T=280 K)
2
a = 67°
30°
90°
0
280
285
290
295
300
305
310
315
320
325
Intensität [Einheiten des Kantensprungs]
Photonenenergie [eV]
NEXAFS: Pyridin/Fe3O4 (N1s)
20
18
16
400.5 eV
14
Multilage
12
10
8
400.8 eV
6
4
Monolage (55°)
2
0
390
395
400
405
410
415
420
425
430
435
Photonenenergie [eV]
Abbildung 7.7: NEXAFS-Daten gemessen an der C1s- und N1s-Kante. An der CKante tritt ein Maximum in den 90-Spektren auf, was auf eine aufrechte Orientierung des Molekuls schlieen lat. An der N1s-Kante ist
die energetische Verschiebung der -Resonanz um 0,3 eV von besonderer Bedeutung, da sie auf eine signikante Wechselwirkung zwischen
dem N-Atom und dem Substrat hinweist.
In Abbildung 7.7 sind die NEXAFS-Daten von Pyridin adsorbiert auf Fe3O4(111) in
Schichtdicken im Bereich von Mono- und Multilagen dargestellt, wobei sowohl Daten
91
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
an der C1s-Kante (oben), als auch an der N1s-Kante gewonnen wurden. Anhand des
Multilagenspektrums an der Kohlenstokante wird ersichtlich, da die dominierende
-Resonanz aus zwei Komponenten besteht, die um 0,5 eV voneinander getrennt sind.
Wahrend die Resonanz bei 285,5 eV den C-Atomen 1 und 5 in unmittelbarer Nachbarschaft (ortho) des N-Atoms zugeordnet wird (siehe Skizze des Molekulmodells), hat
die Resonanz bei 285,5 eV ihren Ursprung in Anregungen, die an den verbleibenden 3
C-Atomen 3 (para) sowie 2 und 4 (meta) lokalisiert sind. Eine exakte Zuordnung aller
Resonanzen an der C1s- und N1s-Kante ist in den Referenzen [57,80] zu nden. Die
C1s-Spektren der Monolage Pyridin weisen auch in diesem Fall eine Dichroismus auf,
wobei das Maximum jedoch beim Spektrum gemessen unter 90 auftritt. Der sich daraus ergebende mittlere molekulare Verkippungswinkel von -Resonanz von 67 weicht
somit deutlich von den Werten ab, die fur die anderen aromatischen Systeme ermittelt
wurden ( 20) und weist somit auf eine andere chemische Wechselwirkung hin.
Konnte dort eine Adsorptionsgeometrie ermittelt werden, bei der die Molekule ach
auf der Oberache orientiert sind, ist im Falle von Pyridin eine aufrechte Orientierung
konsistent mit den Daten. Bezuglich der Energieposition und der Halbwertsbreite der
Resonanz sind zwischen den Spektren der Multi- und der Monolage keine signikanten
Unterschiede feststellbar.
In den NEXAFS-Daten an der N1s-Kante (unten) sind die zu den C1s-Daten zugeordneten Spektren prasentiert, wobei jedoch bei beiden Schichtdicke der Fokus auf
den Ergebnissen liegen, die unter einem Einfallswinkel von 55 ermittelt wurden.
Von besonderer Bedeutung ist hierbei die energetische Verschiebung der -Resonanz
zwischen der Multilage (400,5 eV) und der Monolage (400,8 eV) von 0,3 eV. Ein
vergleichbares Ergebnis wurde ebenfalls bei der Adsorption von Pyridin auf der Znterminierten Seite der ZnO(0001)-Oberache beobachtet (E=0,6 eV) und ist in beiden Fallen ein deutlicher Hinweis auf eine signikante Wechselwirkung zwischen dem
N-Atom und dem Substrat.
92
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
7.4 Diskussion
Benzol und Naphthalin
Die NEXAFS-Daten belegen, da sowohl Benzol als auch Naphthalin vorrangig mit
der molekularen Ebene in einer achen Orientierung auf den Eisenoxidoberachen
adsorbieren. Bezuglich der Adsorption von Ethylbenzol und Styrol ergeben sich groe
U bereinstimmungen mit den im Kapitel 6 gewonnenen Erkenntnissen. So sind zur
Ausbildung eines Benzol-Films auf dem FeO(111)-Substrat Probentemperaturen vom
180 K notig, wahrend im Falle der Fe3 O4(111)- und Fe2O3 (0001)-Oberache bereits
bei hoheren Temperaturen von 200 K die Adsorption beobachtet wird (Abbildung
7.1). Vergleicht man das Multilagenspektrum mit dem Spektrum von Benzol adsorbiert auf FeO, zeigen sich keine Variationen der dominierenden -Resonanz in Bezug
auf die Halbwertsbreite (FWHM=0,7 eV) und energetische Position. Auf den anderen Oberachen kommt es jedoch zu einer deutlichen Verbreiterung um 0,6 eV, was
ein deutliches Indiz auf eine starker ausgepragte chemische Wechselwirkung darstellt.
Folglich lat sich schlufolgern, da es bei der Adsorption von Benzol auf FeO bei
Bedeckungen im Bereich einer Monolage oder weniger zu einer Physisorption kommt,
wahrend auf den beiden anderen Oxidoberachen die Molekule chemisorbieren. Damit lat sich auch der Unterschied in den ermittelten mittleren Verkippungswinkeln
der Molekule erklaren. Diese Werte sind im Falle der auf den Fe3 O4- und Fe2O3Oberachen stark gebundenen Molekule klein (14 und 24) und somit konsistent
mit ach auf der Oberache adsorbierten Molekulen. Analog zum Bindungsmodell
von Ethylbenzol und Styrol adsorbiert auf diesen Oberachen, kommt es somit zur
Ausbildung der chemischen Bindung durch eine Wechselwirkung des aromatischen
-Systems mit den Metallzentren der Oberache, die sich erneut mit dem DewarChatt-Duncanson-Modell unter Ausbildung eines 6-artigen Komplexes beschreiben
lat. Da ferner keinerlei Verzerrungen der elektronischen Struktur beobachtet werden, wie das bei der Adsorption auf einigen Metalloberachen der Fall ist (Rh(111),
Pt(111)) [58], lat sich eine Modizierung der molekularen Ebene in dieser Arbeit
ausschlieen. Im Falle des auf der FeO-Oberache schwach gebundenen Adsorbates
ergibt sich ein mittlerer Verkippungswinkel von 43 und belegt ein leichtes Aufstellen
der Molekule. Der gleiche Eekt wird jedoch auch bei der Absattigung der Mono93
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
lagen auf den anderen beiden Substraten beobachtet, was in Abbildung 7.3 exemplarisch fur die Fe3O4 -Oberache demonstriert werden konnnte. Wie im Falle von
Ethylbenzol und Styrol kommt es auch hier zu intermolekularen Wechselwirkungen,
welche die Adsorptionsgeometrie beeinussen und im Bereich der Adsorbat-SubstratBindungskrafte liegen. In Abbildung 7.8 sind schematisch die Adsorptionsmodelle fur
alle drei Eisenoxidoberachen zusammengefat.
Benzol/FeO(111)
43°
Submonolage
43°
Monolage
T = 180 K
Benzol/Fe3O4(111)
40°
Submonolage
Monolage
T = 200 K
Benzol/Fe2O3(111)
40°
Submonolage
Monolage
T = 200 K
Abbildung 7.8: Schematische Darstellung der Modelle fur die Adsorption auf den Substraten FeO (oben), Fe3 O4 (mitte) und Fe2 O3 (unten).
Die Untersuchungen zum Adsorptionsverhalten des raumlich ausgedehnteren aromatischen Molekuls Naphthalin bestatigen im Wesentlichen die im Falle von Benzol gewonnenen Erkenntnisse. Da die FeO(111)-Oberache im Rahmen der Styrol-Synthese
auf Grund der schwachen Wechselwirkung mit den Adsorbatmolekulen nur eine unter94
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
geordnete Rolle spielt, erfolgte hier die Adsorption auf der Fe3 O4-Oberache. Naphthalin adsorbiert ebenfalls mit der molekularen Ebene parallel zur Oberache. Auf
Grund der deutlich hoheren Desorptionstemperatur lat sich eine im Vergleich zu
Benzol starkere chemische Bindung zum Substrat schlufolgern. was sich in der deutlich hoheren Oberachentemperatur bemerkbar macht. Grundsatzlich bleibt die elektronische Struktur jedoch ebenfalls erhalten, so da bei der Adsorption von einem
intakten, ungestorten Molekul ausgegangen werden kann. Desweiteren kommt es wie
beim Benzol zu einer Chemisorption, wobei die Wechselwirkung zwischen dem delokalisierten -System und den Eisenionen der Oberache fur die Ausbildung der
Bindung verantwortlich ist. Da es bei der Adsorption von Benzol und von Naphthalin bei Oberachentemperaturen von 200 K und 290 K zur Bildung eines Films im
Monolagenbereich kommt, lat sich feststellen, da die Groe des jeweils adsorbierten
aromatischen Molekuls die Starke der Chemisorption bestimmt. Diese ist im Falle von
Naphthalin groer, da das -System hier groere Dimensionen aufweist. Die Orientierung der molekularen Ebene relativ zum Substrat ist jedoch fur beide Adsorbate auf
den untersuchten Eisenoxidoberachen gleich.
Oktan und Ethen
Die Molekule Oktan und Ethen adsorbieren auf dem Fe3O4 -Substrat bei deutlich
tieferen Oberachentemperaturen als die aromatischen Systeme, was in der unterschiedlichen chemischen Struktur begrundet liegt. Bei Oktan wird oberhalb von 160
K die Desorption der Monolage beobachtet, wahrend dies im Falle von Ethen bei
Oberachentemperaturen von 127 K geschieht. Im gesattigten KohlenwasserstoMolekul Oktan existieren ausschlielich Einfachbindungen und es handelt es sich
hier um eine Wechselwirkung mit dem Substrat in Form einer Physisorption. Aus
der Literatur ist bekannt, da es bei der Adsorption von n-Oktan auf reinen Metalloberachen (z.B. Au(111), Cu(111), Ru(0001)) ausschlielich zu einer Adsorption
dieser Art kommt [53], wobei sich ebenfalls eine Geometrie ausbildet, bei der die
Molekule ach auf der Oberache adsorbieren. Obwohl auf dem Fe3 O4-Substrat zu
einem Viertel Eisenzentren in ionischer Form existieren, weisen die im Rahmen dieser
Arbeit erhaltenen Ergebnisse eine gute U bereinstimmung mit denen auf, die fur die
Adsorption auf den reinen Metalloberachen gewonnen wurden. Das bedeutet, da
der chemische Charakter der Oberache fur die Adsorption von Oktan keine dominie95
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
rende Rolle spielt, was das hier vorgeschlagene Modell der Physisorption unterstutzt.
Vergleicht man die Resonanzintensitaten in der Multi- und in der Monolage, ist zu
erkennen, da es im Falle der Monolage zu einer deutlichen Abschwachung des Signals
kommt. Die Nahe zum Substrat und die damit verbundene chemische Wechselwirkung
konnte eine mogliche Ursache dafur sein. Es ist denkbar, da der Endzustand in Form
eines raumlich sehr ausgedehnten Rydberg-Orbitals in diesem Falle gestort ist. Allerdings wird im Falle von Metallsubstraten zusatzlich eine M-Resonanz beobachtet,
die auf eine Hybridisierung von Molekulorbitalen mit Metallzustanden zuruckgefuhrt
wird. Im Kontrast dazu, wird diese Struktur bei der Adsorption auf Fe3O4(111) nicht
beobachtet, was auf einen deutlichen Unterschied bei der Ausbildung von Adsorbatlmen auf rein metallischen sowie oxidischen Substraten schlieen lat.
Schematische Geometrien für die Adsorption
der relevanten Modellsubstanzen auf Fe3O4
Naphthalin/Fe3O4(111)
Oktan/Fe3O4(111)
T = 290 K
T = 160 K
Pyridin/Fe3O4(111)
Ethen/Fe3O4(111)
T = 280 K
T = 127 K
N
N
N
Abbildung 7.9: Schematische Darstellung der Adsorptionsgeometrien der Modellmolekule Naphthalin, Oktan, Ethen und Pyridin fur Adsorption auf dem
Fe3O4 -Substrat.
Bei der Adsorption von Ethen weist die mit 127 K deutlich geringere Oberachentemperatur auf eine im Vergleich zu n-Oktan geringere Wechselwirkung hin. Daher
wird hier ein Adsorptionmodell vorgeschlagen, bei dem das Molekul in Form einer
auerst schwachen Physisorption ach auf dem Substrat adsorbiert. Ein Literaturvergleich mit dem System Ethen/Cu(111) [79] zeigt erneut eine groe U bereinstimmung
96
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
mit der Adsorption auf einer Metalloberache. Dort durchgefuhrte Modellrechnungen
bezuglich der Adsorbat-Substrat-Abstande sagen zwei energetisch diskrete Minima
voraus. Jedoch konnte dort nur ein Adsorptionzustand beobachtet werden, wobei das
Molekul im ungestorten Zustand auf der Oberache physisorbiert. Die Ergebnisse der
hier vorliegenden Arbeit fuhren zu dem gleichen Ergebnis. Anhand der NEXAFSDaten ist keine Storung der elektronischen Struktur zu beobachten, was konsistent ist
mit dem oben vorgeschlagenen Modell der schwachen Physisorption auf der Fe3O4Oberache. In Abbildung 7.9 sind die hier vorgeschlagenen Adsorptionsgeometrien
der hier untersuchten Modellmolekule schematisch dargestellt.
Pyridin
Aus den Daten an der C1s-Kante lat sich eindeutig eine aufrechte Orientierung
der molekularen Ebene relativ zur Substratoberache schlufolgern. Dieses Ergebnis
steht in guter U bereinstimmung mit Literaturdaten, bei denen das Adsorptionverhalten von Pyridin auf den beiden polaren ZnO(0001)-Oberachen mit Sauerstobzw. Zinkterminierung untersucht wurde (Hovel et al. [80]). Durch einen Vergleich
der Multi- und Monolagenspektren erkennt man, da es hier zu keinen wesentlichen A nderungen der elektronischen Struktur kommt. Folglich kommt es zwischen
den Kohlenstoatomen und dem Substrat nur zu einer schwache Wechselwirkung.
Ein daruber hinausgehendes Ergebnis liefert jedoch die Betrachtung der an der N1sKante aufgenommenen NEXAFS-Spektren. Im Falle der Monolage verschiebt sich
die dominierende -Resonanz im Vergleich zur Multilage (400,5 eV) um 0,3 eV zu
hoheren Bindungsenergien, was ein eindeutiger Hinweis auf eine signikante AdsorbatSubstrat-Wechselwirkung darstellt. Vergleicht man dieses Ergebnis mit der Arbeit
von Hovel et al., wird deutlich, da der Wert der beobachteten Verschiebung zwischen dem auf der O-terminierten (0,2 eV) und dem der Zn-terminierten (0,6 eV)
Oberache des ZnO-Substrates liegt. Unter Berucksichtigung der bei der Adsorption
auf der Fe3O4 -Oberache verwendeten Temperatur von 280 K, kann auf eine relativ
starke chemische Bindung geschlossen werden. Insgesamt ergibt sich damit folgendes
Modell: Das Molekul Pyridin chemisorbiert auf der Eisenoxidoberache und weist
dabei eine aufrechte Geometrie auf. Diese Bindung wird realisiert durch die Wechselwirkung des freien Elektronenpaares des N-Atoms mit den Eisenkationen, was sich
durch eine chemische Verschiebung der dominierenden -Resonanz manifestiert. Da
97
7. NEXAFS-Spektroskopie verschiedener Modelladsorbate
Pyridin als Lewis-Base fungiert, konnen die Eisenionen als Saure betrachtet werden.
Zur Saurestarke lat sich feststellen, da diese zwischen derjenigen der O-terminierten
(schwacher) und Zn-terminierten (starker) Oberache des ZnO-Substrates liegt. Vergleicht man diese Ergebnisse mit den fur die Adsorption von Pyridin auf Pt(111)
von Horsley et al. [57], bei denen eine entsprechende Energieverschiebung von 1,2
eV beobachtet wurde, lat sich allgemein ein schwacherer saurer Charakter der untersuchten Oxidoberachen im Vergleich zu reinen Metallen feststellen. Ferner konnte
gezeigt werden, da das Adsorptionsverhalten von Pyridin auf einer Fe3O4-Oberache
bezuglich der elektronischen Struktur und molekularen Orientierung deutliche Unterschiede zu den hier ebenfalls untersuchten aromatischen Systemen aufweist und somit
als Sondenmolekul eektiv eingesetzt werden kann.
98
8. Zusammenfassung und Ausblick
Die Dehydrierung von Ethylbenzol zu Styrol stellt in der chemischen Industrie ein
wichtiges grotechnisches Verfahren dar, mit dem die Monomere zur Polystyrolerzeugung bereit gestellt werden. U ber die Wirkungsweise der dabei verwendeten EisenoxidKatalysatoren auf molekularer Ebene existieren bisher jedoch nur wenige Informationen. Deshalb wurden im Rahmen dieser Arbeit spektroskopische Untersuchungen an
epitaktisch gewachsenen, monokristallinen Modelloberachen FeO(111), Fe3O4 (111)
und Fe2O3 (0001) unter den Bedingungen des Ultrahochvakuums durchgefuhrt. Als
Analysemethoden fanden dabei vorrangig die Rontgenphotoelektronenspektroskopie
(XPS) und die Rontgenabsorptionsspektroskopie im Nahbereich der Rontgenkante
(NEXAFS) Verwendung. Sowohl die katalytisch relevanten Molekule Ethylbenzol und
Styrol als auch die kleineren molekulare Einheiten und Sondenmolekule Benzol, Naphthalin, Oktan, Ethen und Pyridin wurden auf diesen Oberachen adsorbiert und
bezuglich ihrer Wechselwirkung mit den verschiedenen Oxidsubstraten charakterisiert.
Im ersten Teil dieser Arbeit konnte gezeigt werden, da es bei der Adsorption von
Ethylbenzol, Styrol und Benzol auf dem FeO(111)-Substrate nur zu einer schwachen
Wechselwirkungen in Form von Physisorption kommt, wobei oberhalb von 180 K
Oberachtemperatur keine Bedeckung stattndet. Der Grund dafur liegt in der ausschlielichen Sauersto-Terminierung dieser Oberache, die zu einer chemischen Passivierung fuhrt und folglich in der katalytischen Reaktion keine dominierende Rolle
spielen durfte. Im Gegensatz dazu bilden sich auf den Fe3 O4(111)- und Fe2O3 (0001)Oberachen im Bedeckungsbereich bis zu einer Monolage chemisorbierte Filme bereits
bei Temperaturen uber 200 K aus, womit beide Oxide prinzipiell fur die Katalyse von
99
8. Zusammenfassung und Ausblick
Bedeutung sein konnen. Diese Oberachen bestehen bis zu einem Viertel aus Eisenionen, wodurch die Ausbildung einer chemische Bindung durch die Wechselwirkung der
-Systeme des Phenylrings in den aromatischen Molekulen mit den Elektronendichten
der Metallbander ermoglicht wird. Bei dunnen Bedeckungen adsorbieren Molekule unter Ausbildung einer achen Geometrie und bilden ein 6-artiges System. Ferner belegen die spektroskopischen Ergebnisse einer Donor-Akzeptor-Wechselwirkung zwischen
den chemisorbierten aromatischen Molekulen und den eisenterminierten Oberachen.
Im Rahmen dieser Arbeit wird das zum Beispiel durch die Untersuchungen der Pyridinadsorption unterstrichen, das eindeutig den sauren Charakter vom Fe3O4(111)Substrat belegt. Die Molekule Ethylbenzol und Styrol wirken dann als schwache LewisBasen.
Der zweite Teil dieser Arbeit liefert die Erkenntnis, da die Adsorption von Oktan und
Ethen auf der Fe3 O4(111)-Oberache bei Temperaturen unterhalb 160 K stattndet,
wobei die Molekule in einer liegenden Anordnung auf dem Substrat physisorbieren.
Auf Grund der chemischen Struktur wurden Oktan und Ethen als Modellsubstanzen
fur die Ethylgruppe in Ethylbenzol und fur die Vinylgruppe in Styrol betrachtet. Verallgemeinert man die gewonnen spektroskopischen Ergebnisse, kommt man zu dem
Schlu, da diese molekularen Untergruppen bei der Chemisorption der katalytisch
relevanten Substanzen keine entscheidende Rolle spielen. Die Wechselwirkung mit
der Oberache ndet somit ausschlielich uber den jeweiligen Phenylring statt, der
somit die Haftung der Molekule an die Katalysatoroberache gewahrleistet. Gegenteilige Mechanismen wurden jedoch fruher in der Literatur vorgeschlagen, konnen aber
im Rahmen dieser Arbeit eindeutig widerlegt werden. Anhand der NEXAFS-Daten
konnte in diesem Zusammenhang gezeigt werden, da es bei der Chemisorption zu
einer leichten Veranderung der elektronischen Struktur der adsorbierten Molekule
kommt, was eine weitreichende Konsequenz bezuglich der Dehydrierung des Edukts
zur Folge hat. Durch die Wechselwirkung des -Systems mit den Fe2+- und Fe3+Ionen und den damit verbundenen Austauch von Elektronendichten, kommt es zur
Polarisierung der Adsorbatmolekule. Im Falle von Ethylbenzol kann es dabei zu einer
Aktivierung der C-H-Bindungen der Ethylgruppe kommt. Diese Erkenntnisse stehen
in guter U bereinstimmung mit den Arbeiten von Weiss et al. (siehe zum Beispiel [81]).
Dabei ist die Dehydrierung dieser Ethylgruppe an Stufenkanten unter Einbeziehung
100
8. Zusammenfassung und Ausblick
von Sauerstoatomen des Gitters ein moglicher Mechanismus (vergleiche auch Abbildung 8.1), bei dem der Elektronentransfer durch das -System zu dem unter dem
Phenylring lokalisierten Eisenion erfolgen kann. Ferner belegen STM-Untersuchungen,
da die Adsorption vorrangig auf regularen Terassenplatzen erfolgt und Defekte der
Oberache diesbezuglich eine untergeordnete Rolle spielen [30].
3+
H2, (H2O)
O
3+
(H2O)
H
2+
2+
2-
O
Fe
Stufenkante
Katalysatoroberfläche
4
Ads
or
1
HH
3+
-
O
Fe
H
H
2-
O
3+
Fe
-
O
so
De
St
O
3+
Fe
3
H
rp
tion
2
H H
H H
2+
Fe
2-
O
2+
Fe
3+
-
O
3+
-
O
Fe
2-
O
2-
O
H
3+
Fe
3+
O
2-
Fe
2-
O
3+
2-
O
Fe
tio
n
Fe
H
O
3+
Fe
2-
EB
2-
O
ion
Reo
xi
tion
3+
Fe
2-
Fe
pt
da
Fe
2-
ak
Re
Fe
Abbildung 8.1: Schematischer U berblich uber den Reaktionskreislauf wahrend der Dehydreirung von Ethylbenzol zu Styrol.
Abschlieend gibt Abbildung 8.1 einen U berblick uber den sich ergebenden Mechanismus der Dehydrierung von Ethylbenzol und Styrol am Beispiel der Fe2O3-Oberache
(siehe Referenz [70]). Eventuell ist fur die Reoxidation (Schritt 4) die Co-Adsorption
von Wasser auf der Oberache notig ist. Dabei kommt es zur Dissoziation in H+- und
OH;-Ionen, die eine Desorption von molekularem Wassersto und die damit verbundene Reoxidation des Eisens ermoglichen. Damit wird der katalytische Zyklus vollendet. Der dabei auftretende Adsorptions- und Desorption-Mechanismus wird in Referenz [76] anhand einer weiteren XPS- und NEXAFS-Studie fU r den Fall der Fe3O4Substratoberache ausfuhrlich diskutiert. Trotz des dabei auftretenden Problems, da
bei der Auswertung der Daten die Beitrage des oxydischen Substrates von denen des
Wassers nur sehr schwierig zu separieren sind, konnen signikante spektroskopische
101
8. Zusammenfassung und Ausblick
Unterschiede zwischen kondensiertem Eis und chemisorbiertem Wasser (OH; + H+)
sowie Gasphasenspektren aus der Literatur demonstriert werden. Der katalytisch interessante Zustand ist hierbei die dissoziierte Phase, wobei die OH-Gruppen eine
aufrechte Orientierung aufweisen. Einen wichtigen Aspekt der zukunftigen Untersuchungen sollte daher die Wirkung von Wasser im Rahmen der Katalyse einnehmen.
H2 O ist wahrend der Reaktion in Form von Dampf prasent und spielt bei der Dehydrierung moglicherweise eine entscheidende Rolle.
Im Rahmen dieser Arbeit konnte nicht geklart werden, welche der beiden Eisenterminierten Oberachen bezuglich der Katalyse groere Relevanz besitzt. Durch
weiterfuhrende spektroskopische Experimente auf dem Fe2O3 (0001)-Substrat lieen
sich dazu weitere wichtige Informationen gewinnen. Erste Reaktorexperimente belegen jedoch, da gerade diese Oberache von besonderer katalytischer Wirkung ist
[39]. Ferner gibt es momentan intensive Bestrebungen, mit Kalium versetzte Eisenoxidlme zu praparieren, die ebenfalls eine hohe strukturelle Ordnung aufweisen. Da
diese Oberache in der realen Katalyse den groten Stellenwert einnimmt, kann einer
intensiven Untersuchung mit groem Interesse entgegengesehen werden. Ebenso ungeklart ist bisher die Frage der Desorption von Styrol von der Katalysatoroberache
unmittelbar nach der Reaktion. Da ein belegtes Substrat katalytisch inaktiv ist, wird
das eine der zentralen Fragen zukunftiger Forschung sein.
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110
Danksagung
Es ist mir eine besondere Freude, nachfolgend einigen Personen besonders zu danken,
die mich wahrend der Anfertigung dieser Arbeit unterstutzt haben.
Ich danke Herrn Prof. Dr. Woll fur die exzellente Betreuung meiner Arbeit. Zahlreiche Diskussionen und Anregungen haben ebenso zum Gelingen beigetragen, wie das
dabei entgegengebrachte Vertrauen und die ubertragene Verantwortung wahrend der
Meeinsatze bei BESSY in Berlin und am Heimatlehrstuhl in Bochum.
Mein Dank gilt den Kollegen Y. Joseph vom Fritz-Haber-Institut in Berlin und Herrn
Dr. R. Puttner von der FU Berlin fur zahlreiche Kooperationen bei BESSY sowie
Herrn Prof. Dr. P. S. Bagus fur fruchtbare Diskussionen und die theoretische Interpretation von Medaten.
Herrn Dipl.-Phys. S. Rei danke ich fur die sehr gute Zusammenarbeit und die freundschaftliche Unterstutzung in verschiedensten Phasen der Arbeit.
Stellvertretend fur alle Mitarbeiter der Lehrstuhls der Physikalischen Chemie I danke
ich Herrn Dipl.-Phys. R. Arnold und Dipl.-Chem. A. Niklewski fur die produktive
Arbeitsatmosphare.
Mein besonderer Dank gilt meiner Verlobten Frau C. Stol fur die groe Unterstutzung
und das entgegengebrachte Verstandnis.
Lebenslauf
Personliche Daten:
Name:
Geburtsdatum/-ort:
Familienstand:
Nationalitat:
Mario Wuhn
20.11.1969, Brandenburg
ledig
deutsch
Schulbildung:
1976-1986
1986-1988
Polytechnische Oberschule in Brandenburg
Erweiterte Oberschule in Brandenburg, Abitur
Wehrdienst:
1988-1990
Zeitsoldat der Nationalen Volksarmee der DDR
Studium:
1990-1993
1994-1995
1993-1997
Physik-Grundstudium an der TU Braunschweig
Auslandsstudium an der Faculty of Physics and Astronomy,
University of Edingurgh, Scotland
Physik-Hauptstudium an der Universitat Heidelberg,
Diplomarbeit: Elektronenspektroskopische Untersuchungen
der Adsorption von Phthalsaureanhydrid auf einkristallinen
Cu-Oberachen, Angewandte Physikalische Chemie
Promotion:
7/1997
Beginn der Promotion am Lehrstuhl fur Physikalische
Chemie I bei Prof. Dr. Ch. Woll
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