Was ist ein Trauma? - Stiftung zum Wohl des Pflegekindes

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DER ALLTAG MIT
TRAUMATISIERTEN
PFLEGEKINDERN
Dresden 08.05.2017
Dipl.-Psych. Monika Dreiner
© 2017 Dipl-Psych Monika Dreiner
Was ist ein Trauma?
(c) Dipl.-Psych. Monika Dreiner
1
Ein seelisches Trauma beschreibt eine Situation,


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

Die als lebensbedrohlich erlebt wird,
In der keine hilfreichen und ausreichenden
Bewältigungsmöglichkeiten vorhanden sind,
In der niemand anwesend ist, der helfen kann
Die das Gefühl von Ohnmacht, Hilflosigkeit und den
Verlust der Selbstkontrolle hervorruft,
Die das Selbst- und Weltverständnis nachhaltig
beeinträchtigt.
Definition von Psychotrauma


Objektiver Aspekt: Beobachten oder Miterleben
einer Situation, in der ein Mensch stirbt, mit dem Tod
bedroht wird oder eine schwerwiegende Verletzung
erleidet.
Subjektiver Aspekt: die Reaktion auf das Erlebte
oder Beobachtete hinterlässt Gefühle von Ohnmacht
und Hilflosigkeit, massiver Angst und Entsetzen. Bei
Kindern kann dies in Form von verwirrtem und
agitiertem Verhalten auftreten.
(c) Dipl.-Psych. Monika Dreiner
2

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

Ein Trauma stellt eine Erfahrung dar, bei der eine
große Diskrepanz besteht zwischen den subjektiven
Bewältigungsmöglichkeiten einerseits und den
Anforderungen der traumatisierenden Situation
andererseits.
Diese Erfahrung verändert die Vorstellung vom
Selbst und der Welt nachhaltig.
Junge Kinder erleben bedrohliche Situationen
insbesondere dann als traumatisierend, wenn die
eigenen Bewältigungsmöglichkeiten (noch)
unzureichend sind und keine schützende bzw.
helfende Bezugsperson (kein Retter) anwesend ist.
Die reine körperliche Anwesenheit einer Person stellt
keine rettende Unterstützung dar!
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Ein Psychotrauma beeinflusst:
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
Körperliche Funktionen
Das Immunsystem
Die seelische Verarbeitung des Erlebten
Die Ausgestaltung von zwischenmenschlichen
Beziehungen
Das Lernen allgemein und in der Schule im
besonderen
Den Entwicklungsprozess bis hin zur Stagnation.
Auswirkungen auf Kinder und
Jugendliche
(c) Dipl.-Psych. Monika Dreiner
4
Besonderheiten bei traumatisierten
Kindern und Jugendlichen



Kinder und Jugendliche befinden sich in einem
Entwicklungsprozess.
Dieser ganzheitliche Prozess wirkt sich auf
Körper, Seele, Denken und soziale
Kompetenzen der Heranwachsenden aus.
Heranwachsende leben in einem System, das
ihre Entwicklungsmöglichkeiten und
-spielräume bedeutsam mitbestimmt.
Bedeutung der körperlichen Entwicklung


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Größenwachstum verändert z.B. die
Perspektiven (oben-unten, nah-fern)
Zunahme der Körperkraft beeinflusst
körperliche Auseinandersetzungen
Die Entwicklung und Ausdifferenzierung des
Gehirns (gebrauchsabhängige Nutzung)
schafft neue, veränderte Möglichkeiten, das
Leben zu strukturieren
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5
Seelische und kognitive Entwicklung
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

Körperliche, seelische und kognitive Entwicklung
beeinflussen sich gegenseitig
Die seelische und kognitive Entwicklung folgt ebenso wie die körperliche - inneren
Gesetzmäßigkeiten.
Wird ein Bereich gestört, beeinflusst die Störung
immer den gesamten Entwicklungsverlauf.
Ein Trauma stellt eine solche Störung dar.
Das primäre Bezugssystem von
Heranwachsenden



Kinder und Jugendliche leben in der Regel in
einem sozialen System (Familie, Ersatzfamilie,
stationären Jugendhilfeeinrichtungen, etc.).
Dieses System garantiert in der Regel sowohl
die materiellen Bedürfnisse als auch die
Befriedigung emotionaler Bedürfnisse.
Diese Systeme haben Rechte und Pflichten und
damit auch Macht.
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6
Konsequenzen


Zum Verständnis von traumatisierten Kindern und
Jugendlichen müssen alle vier Aspekte ( körperliche,
seelische, kognitive Entwicklung und das System)
beachtet und berücksichtigt werden.
Traumatisierende oder belastende Erfahrungen können
als Störungen/Blockaden eingestuft werden, die sowohl
die seelische, kognitive als auch die körperliche
Entwicklung beeinträchtigen!
Traumatypologie
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Traumatypen nach Terr (1981)
Typ I
 Ein
einmaliges traumatisierendes Ereignis, keine
besonderen Vortraumatisierungen
Typ II
 Wiederholte
und frühe Traumatisierungen, bzw.
kontinuierliche und sich wiederholende
Traumatisierungen
Typ III
 Zeugenschaft
(nach Maerker 2003)
Typ II Traumata


Traumatisierungen, die in der pränatalen und
präsymbolischen, also vorsprachlichen Zeit (bis
ca. 3. LJ) der Entwicklung begonnen haben.
Wiederholte Traumatisierungen, die nach dem
dritten Lebensjahr begonnen haben.
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8
Frühe Traumatisierungen


Traumatisierungen in der vorsprachlichen Zeit können
zum Einen das Bindungssystem, die Bezugspersonen
betreffen (Bindungstraumatisierungen,
Vernachlässigung, Misshandlung, sexuelle
Grenzverletzungen),
sie können jedoch auch andere Ursachen haben
(Naturkatastrophen, Unfälle, Operationen).
Traumatisierende Situationen:





Unfall
Naturkatastrophe
Krieg, Flucht
Medizinische Behandlung
Beziehung
 Familiär
(z.B. Vernachlässigung, Gewalt, etc.)
 Fremde Personen (Vergewaltigung, Gewalt, etc.)
 Andere Bezugspersonen (Lehrer, Trainer,
MitschülerInnen, etc.)
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Bewältigung
2-Faktorenmodell
 Physiologische
Reaktionen und
 Psychische Erlebensweisen wirken zusammen und
variieren unabhängig voneinander (Everly 1995)
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10
3 Symptombilder prägen das
Erlebenskontinuum:
Heftiger Erregungszustand, Reizüberflutung
Verleugnung, Vermeidung
„frozen states“ (Horowitz 1976)
Neurobiologie des Traumas

Thalamus (Nuclei ant.)
 Filterfunktionen,
sensorischer Input wird
verarbeitet und verteilt (Schmerznetzwerk,
Arousal)

Hippocampus
 Wichtiger
Teil des episodischen
(autobiographischen ) Gedächtnis
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Neurobiologie des Traumas

Amygdala
 Kontextabhängiges
Erkennen und Bewerten
 Abspeichern von emotional relevanten Reizen

Medialer präfrontaler Cortex
 Integration
von Informationen
 „Planungsgrundlage“
 Steuerung des Verhaltens
Das 3-Gliedrige Gehirn



Älteste Teil: Überlebensfunktionen des Organismus:
Atmung, Herzschlag, Körpertemperatur, SchlafWach-Rhythmus
Mittlere Teil, Zwischenhirn: Organisation des
Erlebten, der Emotionen, Steuernde Hormone,
Stresshormone
Neuere Gehirnstrukturen, graue Substanz:
Verarbeitung, Koordination, Teile des Gedächtnis
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Quelle: http://home.arcor.de/eberhard.liss/
Hormonelle Stressreaktion


Normalerweise eine Anpassungsreaktion des Stresssystems auf der körperlichen und psychischen Ebene. Ziel ist das Überleben des Individuums
1. Phase: LC (Hirnstamm) schüttet Noradrenalin aus, Nebennierenmark schüttet Adrenalin aus
 2. Phase: Start der HPA‐Achse
 3. Phase: vermittelt durch Glucokortikoid‐Rezeptoren wird die Ausschüttung von Cortisol gehemmt. ‐> Wiederherstellen des Gleichgewichtes

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Endokrines System und Trauma
Traumatisierte Menschen, die eine PTBS
ausbilden, haben eine „hyperdynamische HPAAchse“
> Hyperarousal und Hypervigilanz
> Vigilanz und Erregbarkeit nehmen zu
Noradrenalin fördert die Encodierung von
emotionalen Gedächtnisinhalten.
PTBS führt zu einer erhöhten Konzentration von
Noradrenalin.
Neurobiologische Folgen:
•
Überflutung durch Botenstoffe (wie z.B. Cortisol,
Adrenalin, Noradrenalin und Endorphine)
•
•
•
Einfrieren neuromuskulärer und kognitiver
Aktivationsmuster
Blockade der Informationsverarbeitung
Andauernde Fehlregulationen von
Botenstoffen im ZNS und in der Peripherie
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Neurobiologie des Traumas
Neocortex
Hippocampus
Thalamus
Hypothalamus
Amygdala
Hirnstamm
Notfallreaktion
Neurobiologie des Traumas
Eine als bedrohlich erlebte Situation
(Notfallreaktion) aktiviert immer den kurzen
Weg!
Thalamus
Amygdala
Die räumlich / zeitliche Integration durch den
Hippocampus findet nicht statt.
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Erkennungsmerkmale von Trauma
Diagnostik
„Clash der Zeiten“ (Linke 2003) beschreibt bei
frühen Traumata einen Zustand, in dem sich die
Empfindung einstellt: „Ich sterbe jetzt!“
Dieser Zustand führt dazu, dass sich der Zeittakt
im Gehirn verändert.
Die implizit gespeicherten Informationen dieser
Momente können getriggert werden und zu
befremdlichen Verhaltensweisen führen. (Fehlende
Realitätswahrnehmung, die nicht psychotisch ist)
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Diagnostik
Im Zustand der „Jetzt-Tod-Erfahrung“ während
der traumatischen Situation existieren keine
Handlungsmöglichkeiten.
Alle bisherigen Bewältigungsversuche haben sich
als unwirksam erwiesen.
Dissoziation in eine Lebenserfahrung vor dem
Trauma (Regression vor das Trauma) scheint die
einzige Rettung.
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Übertragung - Gegenübertragung


Trauma ist „ansteckend“.
Betroffene berichten unbewusst über die Art und
Weise der Beziehungsgestaltung was sie erlebt
haben.
 Sie
lassen uns auf diese Weise spüren, was sie erlebt
haben.
 Wir erleben – teilweise sehr heftig - Gefühle,
 Wir spüren Impulse, etwas zu tun, was uns nicht vertraut
ist.


Wenn wir die Botschaften des
Übertragungsgeschehens nicht übersetzen, laufen
wir Gefahr, selbst zum Täter zu werden.
Erkennen von Übertragung und Verständnis für die
übertragene Geschichte erleichtern den Zugang zu
den Kindern/Jugendlichen.
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Psychodynamik des Traumas


Die Bewältigungsversuche führen dazu, dass
sich Betroffene bemühen, ein solches Ereignis
nicht noch einmal zu erleben. Ein wichtiger
Selbstheilungsversuch besteht darin,(als
Traumakompensation) alles zu vermeiden, was
an das Trauma erinnert.
Verankert wird die Spannung zwischen
Vermeiden und Wiedererleben u.a. durch
physiologische Bedingungen.
Psychodynamik des Traumas
Zu diesen physiologischen Folgen zählen:
 Überflutung durch Botenstoffe = Transmitter
(wie z.B. Cortisol, Adrenalin, Noradrenalin und
Endorphine)



Einfrieren neuromuskulärer und kognitiver
Aktivationsmuster
Blockade der Informationsverarbeitung
Andauernde Fehlregulationen von Transmittern
im ZNS und in der Peripherie
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Psychodynamik des Traumas
Im psychischen System lässt sich die Spannung
durch zwei Kräfte beschreiben:
Durch das Traumaschema (Wahrnehmungs- und
Handlungsschema), sowie
Das Traumakompensatorische Schema.

Das Symptom stellt den Kompromiss beider
Kräfte dar.
Traumaschema (Fischer&Riedesser)
Ein Schema i.S. Piagets beschreibt eine Art
Schablone als Grundlage für Denken und
Handeln.
Das TS beschreibt das Zusammenwirken von
erleben und Verhalten in der traumatischen
Situation.
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Traumakompensatorisches Schema
(Fischer&Riedesser)
Basisstrategie und individuelle Ausprägung der
traumakompensatorischen Maßnahmen.
Das TKS umfasst 3 Komponenten:
 Eine
ätiologische Theorie
 Die Heilungstheorie
 Die präventive Theorie
Psychodynamik des Traumas
Kontrollstil
Traumakompensatorisches Schema
(TKS)
ätiologisch
Minimal Kontrolliertes
Handlungs- und
Ausdrucksfeld (MKHA)
präventiv
reparativ
Traumaschema
(TS)
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BEZIEHUNGSGESTALTUNG
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Trauma und Entwicklung
Traumatisierende Erlebnisse bei Kindern und
Jugendlichen führen zu:
 Unterbrechen
der Handlung
 Unterbrechen der kindlichen Entwicklung
Veränderung / Hilfe bedeutet:
- Aufheben der Handlungsblockade
- Aufheben der Entwicklungsblockade
Beziehungsgestaltung



Früh traumatisierte Kinder organisieren ihre
Beziehungen nach diesen frühen
Beziehungserfahrungen.
D.h. sie übertragen ihre frühe Beziehungserfahrungen
auch auf andere potentielle Bezugspersonen.
Dies gilt für Pflegeeltern, ErzieherInnen, Lehrer und
andere.
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Trauma und Entwicklung
Lebensalter, körperliche Entwicklung,
Entwicklungsaufgaben und Entwicklungsmöglichkeiten (und damit das Umfeld!) haben
Einfluss auf das Erleben und die Verarbeitung
von traumatischen Erfahrungen.
Trauma und Entwicklung








Nähe zur Hauptbezugsperson herstellen
Bindung an die Hauptbezugspersonen
Kontrolle über die Funktionen des eigenen Körpers
Erweiterung des Beziehungsgefüges (Triangulierung)
Integration in die Peer-Group
Sexuelle Entwicklung
Ablösung aus den Bindungen
Eigenes Wert- und Weltverständnis entwickeln und
bewahren.
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Pränatale Traumatisierungen
Die frühen intrauterin gelebten Erfahrungen werden als Gedächtnisspuren in jeder Zelle des Körpers festgehalten. Dieses Körpergedächtnis stellt quasi die innere Repräsentanz der gemachten Erfahrungen dar und kann nach dem Spracherwerb als innere Bilder im Sinne von inneren Verschaltungs‐mustern abgerufen werden.
Entwicklung des kindlichen Bindungsverhaltens
4 Phasen:
 Vorphase
(0 – 3 Monate)
 Phase der personenunterscheidenden Ansprechbarkeit
(3 – 7 Monate)
 Phase der eigentlichen Bindung (ab 7. – 8. Monat)
 Phase der zielkorrigierten Partnerschaft (ab 3 Jahre)
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Bindung
Bindungstypen:




Sicher gebunden (40 - 55 %)
Ambivalent gebunden (10 – 15 %)
Vermeidend gebunden (20 – 25 %)
Desorganisiert gebunden (15 – 20 %)
(nach Streeck-Fischer 2006)
Desorganisiertes Bindungsmuster
80% der traumatisierten Kinder haben ein
desorganisiertes Bindungsverhalten (Carlson et al. 1989,
1998)
Unfähigkeit der Selbstregulation
Unfähigkeit notwendige Hilfe anzunehmen
Unfähigkeit, sich auf andere zu verlassen

Bezugsperson ist gleichzeitig Quelle von
Zuwendung und Bedrohung
5.-7. Lebensjahr Wechsel von desorganisiertem
Verhalten zu Kontrolle ausübendem Verhalten
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PTBS und ADHS
•
PTBS-Symptome u.a.:
–
–
–
–
–
–
Erhöhtes Erregungsniveau
Wutausbrüche
Impulskontrollverlust
Dissoziationen
Hyperarousal
Probleme in der Beziehung zu Altersgleichen
Diese Symptome finden sich auch bei unsicherdesorganisiert gebunden Kindern und z.T. bei ADHS
-> Überdenken der Ätiologie von ADHS >
„Behandlungsansätze“ notwendig
Trauma und Gedächtnis
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Traumatische Erlebnisse beeinträchtigen die
Gedächtnisfunktion.
Die Gedächtnisfunktionen sind für das Lernen
unerlässlich.
Lernen meint jedoch ausdrücklich nicht nur schulisches
Lernen.
Lernen
Lernen beginnt im Mutterleib!
Ein Neugeborenes verfügt bereits über einen
Erfahrungsschatz, der sein weiteres Leben prägt.
(Reaktionen auf unangenehme Reize ab der 6. SSW
möglich)
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Trauma und Lernen
Seelische Traumata hinterlassen bleibende strukturelle
Veränderungen im Gehirn.
Die strukturellen Veränderungen betreffen in erster
Linie die entwicklungsgeschichtlich späteren Areale,
die für die Steuerung und Kontrolle des Verhaltens
notwendig sind.
In traumatisierenden Situationen wird die Handlung
und damit auch die Entwicklung unterbrochen. 
Traumadynamik
Herkunfts-, Ersatz-Familie
Die Herausnahme eines Kindes aus seiner
Herkunftsfamilie hat immer Einfluss auf den weiteren
Lebensverlauf.
Die Aufnahme in die Ersatzfamilie stellt noch nicht das
Ende der erlebten und erlittenen Belastungen dar.
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Lernen in der Schule
Bei unverarbeiteten Traumata ist der
Überlebenskampf vorrangig vor dem
Neugierverhalten.
Traumafolgen sind z.B. Entwicklungs-verzögerungen,
implizite Blockaden etc. erschweren das Lernen.
Trauma als Prozess
Traumata haben eine Verlaufsgestalt:
 Schockphase
(bis zu 14 Tagen nach dem Ereignis)
 Einwirkphase (bis ca. 6 Monate nach dem Ereignis)
 Erholungsphase oder Chronifizierungsphase
Die Phase der Verarbeitung bestimmt, welche
Unterstützung Kinder benötigen!
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Im Rahmen der In-Obhutnahme trifft man auch auf
Kinder, die sich noch in der Schockphase befinden.
In der Regel befinden sich Pflege- und Adoptivkinder
im Prozess der Chronifizierung.
Zentrale Symptome

Intrusives Wiedererleben
 Bilder,

Geräusche, Gerüche, Gefühle, Träume
Vermeidungsverhalten
 Vermeiden
von Wiedererleben, „Unfähigkeit“, sich zu
erinnern,

Übererregung
 Schlafstörungen,
Aggressives Verhalten (Reizbarkeit,
Wutausbrüche), Konzentrationsprobleme, erhöhte
Schreckhaftigkeit, verstärkte Wachsamkeit
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Kernsymptome
Kernsymptome der PTBS
Intrusionen: sich aufdrängende, belastende
Traumaerinnerungen in Form von Bildern,
Alpträumen und flash-backs oder Gedanken
Diese Symptome treten besonders vor dem
Einschlafen auf oder, wenn das Kind zur Ruhe
kommen soll
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Kernsymptome der PTBS
Fühlen und Verhalten, als ob das Trauma sich
gerade wiederholt (Dissoziationen,
Halluzinationen)
Repetitives Spiel der traumatisierenden Situation
Kernsymptomatik der PTBS
Wiederholungsträume vom bedrohlichen
Ereignis (Schlafstörungen, Aufschreien in der
Nacht ohne aufzuwachen, neue Dunkelangst,
nächtliche körperliche Symptome, Einnässen,
Einkoten)
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Kernsymptomatik der PTBS
Aggressives Verhalten, starke und rasche
Reizbarkeit oder sozialer Rückzug können zu
Problemen in der Interaktion und
Kommunikation mit den Peers und
Bezugspersonen führen
Spannungsabbau durch Nägelkauen, Haare
lutschen oder essen, Kopf gegen die Wand
schlagen, sich kratzen, beißen, schneiden
Kernsymptomatik der PTBS



Trennungsängste auch bei größeren Kindern
und Jugendlichen
Gefühl der Nichtzugehörigkeit
Schuldgefühle (Überlebensschuld),
Panikattacken, neue Ängste, Depressionen,
Scham, Suizidgedanken und - fantasien
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Kernsymptomatik der PTBS


Hypervigilanz, ständige Erwartung einer
Bedrohung, Gefahr lauert immer und überall,
extreme Schreckreaktionen und extreme
„Lachreaktionen“
Unfähigkeit, sich an Aspekte des Traumas zu
erinnern oder extrem genaue Erinnerung an
Details der traumatische Situation
Kernsymptomatik der PTBS
Nachlassendes Interesse an bisher gepflegten
Hobbys, an anderen alterstypischen Aktivitäten,
Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung,
Pessimismus, fehlende Perspektive, Veränderung
der Werte
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Kernsymptomatik der PTBS

Nichts mehr wahrnehmen
Nichts mehr spüren
Nichts mehr fühlen
Nichts mehr wissen
Nichts mehr tun

Gefühl der Entfremdung




Die Alltagsgestaltung
(c) Dipl.-Psych. Monika Dreiner
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Resilienz



Ein Topf mit viel und unterschiedlichen Inhalten.
Resilienz meint die seelische Widerstandskraft des
Menschen.
Resilienz beschäftigt sich mit den Bedingungen, die
die körperliche und seelische Gesundheit fördern.
Resilienz Definition

„Wenn sich Personen trotz gravierender Belastungen
oder widriger Lebensumstände psychisch gesund
entwickeln, spricht man von Resilienz. Damit ist keine
angeborene Eigenschaft gemeint, sondern ein
variabler und kontextabhängiger Prozess.“
Fröhlich-Gildehoff, Rönnau-Böse (2015)
(c) Dipl.-Psych. Monika Dreiner
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

Eine wesentliche Bedingung für die Entwicklung von
Resilienz ist eine hinreichend gute Beziehung!
Beziehungen lassen sich nicht trainieren, man kann
sie
 anbieten
oder verweigern und
 annehmen oder ablehnen.
„Kochbuch für TraumaKinder?“





Es gibt kein Manual für die Kinder!
Sinn und Funktion von Trainings
Das Unwissen über Trauma in KiTa und Schule.
Die Macht der traumatisierenden Übertragung in
den Alltagsbeziehungen.
Die Gefahr der Identifikation mit den verschiedenen
Zeitkindern (=Übertragungsanteile).
(c) Dipl.-Psych. Monika Dreiner
38




Der Spagat zwischen dem regredierten kleinen
Kind und dem aktuellen Kind.
Struktur und nochmals Struktur!
Grenzen auf jeden Fall oder vielleicht doch nicht?
Die Einsamkeit der traumatisierten Pflegeeltern.
Kinder brauchen:


Einen äußeren realen sicheren Raum!
Sie sollten nicht alleine gelassen werden!
wichtig ist:
 Beachten der Phase, in der sich das Kind
befindet (Akut-, Einwirk- oder Erholungsphase oder Traumatischer Prozess)
 Bezugspersonen der Kinder unbedingt
berücksichtigen! (unmittelbare oder mittelbare Traumatisierung der Bezugspersonen)
(c) Dipl.-Psych. Monika Dreiner
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Alltagsgestaltung:





Wahrnehmen des Geschehenen (Dynamik).
Ernst nehmen der Kinder (Jugendlichen) und
der eigenen Gefühle.
Die Selbstheilungsversuche respektieren und
nicht als untauglich abtun.
Ängste ernst nehmen.
Auf Sorgen und Nöte aller Beteiligten achten
und diese respektieren.
Alltagsgestaltung:




Die Unterstützung richtet sich nach dem Stand im
Bewältigungsprozess.
Nach Möglichkeit zunächst Trigger erkennen und
vermeiden, um Retraumatisierungen gering zu
halten.
Betroffene darin unterstützen, Dissoziationen zu
beenden, bzw. zu stoppen.
Kompensatorisches Verhalten als „letzten Strohhalm“
und nicht als bösartig, beabsichtigt verstehen.
(c) Dipl.-Psych. Monika Dreiner
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Zur Beachtung:
Eigene mögliche Traumata beachten!
Traumatisierte Menschen können durch ihr
Verhalten Traumata bei anderen Menschen
triggern.
Für die eigene Psychohygiene sorgen!
Trauma im Kontext von Helfersystemen






Wissen ist nicht alles!
Traumata haben viele Gesichter.
„Helfen“ als traumakompensatorisches Schema für
eigene erlittene Traumata.
„Aushalten“ als traumakompensatorisches Schema
für eigene erlittene Traumata.
Nicht wahrnehmen dürfen als TKS.
Gemeinsam sind wir stark? Oder?
(c) Dipl.-Psych. Monika Dreiner
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Hoffnung ist nicht die Überzeugung, das etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit, das etwas Sinn hat,
egal wie es
ausgeht.
Vaclav Havel
(c) Dipl.-Psych. Monika Dreiner
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