VERBÄNDE, GRUPPEN UND ORGANISATIONEN Mehr Demokratie e.V. „Wir sind das Volk!“ – Sind wir es wirklich? äre in Deutschland möglich, was in US-Staaten machbar ist, so könnte das Thema Sterbehilfe auch bei uns im Mittelpunkt einer Volksabstimmung stehen. In den USA geschah dies im Bundesstaat Oregon erstmals 1994. Damals beschlossen die Bürgerinnen und Bürger ein Gesetz, nach dem Ärzte schwer kranken Patienten, die nur noch sechs Monate zu leben haben, auf ihren Wunsch hin todbringende Medikamente verschreiben dürfen. Dieser „Death with Dignity Act“ wurde drei Jahre später vom Supreme Court der USA als legal bestätigt und in einer erneuten Volksabstimmung in Oregon noch einmal bestärkt. Oregon ist bis heute der einzige US-Bundesstaat, in dem die Beihilfe zur Lebensbeendigung todkranker Menschen gesetzlich geregelt ist. W Ausbau direkter Demokratie Auch in Deutschland spricht sich eine Mehrheit der Menschen dafür aus, dass die Sterbehilfe – angefangen bei der Sterbebegleitung bis hin zur Tötung Kranker auf Verlangen – gesetzlich geregelt werden sollte. Doch die Politik scheut vor so einem Schritt zurück. Und die Möglichkeit, dieses Thema in einer bundesweiten Volksabstimmung zu entscheiden, wird bisher KURZ NOTIERT · ebenfalls von der Politik verwehrt. Die Initiative „Mehr Demokratie“ will dies möglich machen. Anders als bei den meisten Initiativen steht bei Mehr Demokratie jedoch nicht ein politischer Inhalt im Vordergrund. Mehr Demokratie will die politischen Entscheidungsstrukturen verändern. Die Initiative setzt sich daher für den Ausbau der direkten Demokratie und für Volksabstimmungen auf allen politischen Ebenen ein. Das Grundgesetz verspricht in Artikel 20: „Alle Macht geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen (…) ausgeübt.“ Und dieses Versprechen sollte verwirklicht werden. Denn bisher haben die Menschen in Deutschland nur wenige Möglichkeiten, über politische Sachfragen direkt abzustimmen. Bundesweite Volksabstimmungen sind in Deutschland nicht möglich. Und wenn es um Entscheidungen in den Ländern oder Kommunen geht, fallen die Regelungen für Volksbegehren und Volksentscheide zum Teil sehr bürgerunfreundlich aus. Die Menschen in Deutschland haben kaum Einfluss auf das politische Geschehen. Sie können nicht mitgestalten, sie KURZ NOTIERT ■■ Für Sterbehilfe „Sollte die aktive, von einem Arzt begleitete Sterbehilfe in Deutschland erlaubt werden?“ Dies fragte das Institut TNS im Auftrag des Spiegel. 69 % der 1 000 Befragten antworteten mit „ja“, 26 % mit „nein“. Bedauerlich an der repräsentativen Umfrage: Die Frage ist unklar gestellt. Denn aktive Sterbehilfe (in Deutschland und in der Schweiz verboten) ist etwas anderes als ärztlich begleitete Freitodhilfe. Das sollte auseinander gehalten werden. ■■ Bald sterben zu Hause möglich? Eine neue zu erarbeitende Richtlinie soll künftig die Versorgung schwerstkranker Menschen an ihrem Lebensende zu Hause ermöglichen. Zuständig ist der Gemeinsame Bundesausschuss. Die Richtlinie soll Anfang 2008 in Kraft treten. Der Bundes-HospizAnzeiger schreibt dazu: „Mit ihr soll ermöglicht werden, dass gesetzlich Krankenversicherte, die an einer weit fortgeschrittenen und 16 Humanes Leben · Humanes Sterben 1/2008 · können Entscheidungen nicht direkt beeinflussen. Alle vier oder fünf Jahre dürfen sie ihre Stimme an einer Wahlurne abgeben – und damit hat es sich. Politik bleibt weiterhin das Monopol von Parteien und Bürokratie. Das will Mehr Demokratie ändern – durch mehr direkte Mitbestimmung und eine öffentliche Diskussionskultur, die sich auf die Lösung von Problemen konzentriert und nicht auf Personen und Skandale. Kontakt: Mehr Demokratie e.V. Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin Tel. 030/42082370, Fax. 030/42082380 [email protected] www.mehr-demokratie.de Frage: Warum heißt eine Wahlurne Wahlurne? Antwort: Weil darin die Wünsche und Hoffnungen der Wähler begraben sind! KURZ NOTIERT · KURZ NOTI unheilbaren Erkrankung leiden, und in ihrer letzten Lebensphase einer besonders aufwendigen oder speziellen Versorgung bedürfen, in der eigenen häuslichen Umgebung und in Würde sterben können.“ ■■ Menschenwürdige Bestattung Ein „Mindestmaß an Bestattungskultur, an Pietät und Menschlichkeit“ muss auch für Bedürftige gelten, die die Bestattungskosten nicht selbst aufbringen können. Die Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas e.V. fordert deshalb bundeseinheitliche Standards für Leistungen bei Sozialbestattungen. Hintergrund sei die Ablehnung vieler Bestatter, Aufträge von armen Bürgern anzunehmen, da sie in der Vergangenheit ihre Kosten oft nicht ersetzt bekämen. Auch eine einfache Bestattung kostet mehrere tausend Euro, so Aeternitas. Sie müssen durch ein Erbe oder von den Hinterbliebenen aufgebracht werden. Notfalls springt das Sozialamt ein. de ZAHLEN UND DATEN Die häufigsten Todesursachen Nahezu jeder zweite Einwohner, der im vergangenen Jahr in Deutschland starb, erlag einer Erkrankung des Herz-KreislaufSystems. Insbesondere ältere Menschen sterben daran. Und da Frauen im Durchschnitt älter als Männer werden, sind entsprechend mehr Frauen (209 375) als Männer (149 578) unter den Herz-Kreislauf-Todesfällen. Eine Ausnahme bildet der Herzinfarkt. An den Folgen dieser Herz-KreislaufErkrankung sterben mehr Männer als Frauen. Zweithäufigste Todesursache ist ein Krebsleiden. Bei den verstorbenen Männern dominierten bösartige Veränderungen der Verdauungs- und Atmungsorgane, bei den Frauen der Verdauungsorgane und der Brust. [Quelle: Globus Infografik Sc-1651, statistische Angaben: Statistisches Bundesamt] Frauen sterben später Dass Frauen älter werden als Männer, ist weithin bekannt. Allerdings unterscheidet sich die Differenz zwischen der Lebenserwartung (bei der Geburt) von Männern und Frauen weltweit sehr stark. 13 Jahre älter als „ihre“ Männer werden Russinnen. Ähnlich groß ist der Abstand in der Ukraine, in Weißrussland und in den baltischen Staaten. Eine besonders ungesunde Lebensweise der Männer soll Grund ihrer erheblich niedrigeren Lebenserwartung sein. Sehr gering ist die Differenz in Ländern mit generell kurzer Lebenserwartung: In vielen afrikanischen Entwicklungsländern liegt sie zwischen 1,5 und null Jahren. Und in einigen, wenigen Ländern werden sogar die Männer älter: In Kenia liegt ihre Lebenserwartung zwei Jahre über der Lebenserwartung der Frauen. [Quelle: Globus Infografik Sb-1533, statistische Angaben: UNDP Human Development Report 2006] ERT · KURZ NOTIERT · KURZ NOTIERT ■■ Sterbehilfe und Palliativmedizin sind vereinbar Auch die beste Schmerztherapie stellt keine Lösung der Probleme rund um die Sterbehilfe in Deutschland dar. Dieser Meinung ist der Schmerzmediziner Wolfgang Sohn. Er sagte in der Westfälischen Rundschau vom 12.11.2007: „Es kann nicht heißen: Palliativmedizin statt Sterbehilfe. Die Palliativmedizin ist extrem wichtig, aber selbst bei idealer Ausstattung könnte sie nicht allen Patienten ein schmerzfreies Sterben ermöglichen.“ ■■ Qualitätsgeprüfte Pflege? Als erstes Bundesland will das Saarland ein freiwilliges Qualitätssiegel für Pflegeeinrichtungen einführen. Wie die VdK-Zeitung mit Berufung auf einen Fraktionssprecher der CDU berichtet, soll das Zertifikat den Angehörigen die Auswahl eines Heimes erleichtern. Um das Siegel zu erhalten, müssen sich die Pflegeeinrichtungen jährlich einer intensiven unangemeldeten Kontrolle durch unabhängige Prüfer unterziehen. · KURZ NOTIERT ■■ Zum letzten Heimspiel Fußballfans müssen künftig auch nach dem Lebensende nicht auf die schönste Nebensache der Welt verzichten. Der Hamburger Sportverein lässt als erster Bundesliga-Club einen eigenen Friedhof für seine Anhänger errichten. Die Anlage befindet sich laut Medienberichten nur wenige Meter von der Westtribüne der HSV Nordbank Arena. ■■ Pflege: Kinderlosenzuschlag rechtens Der Pflegezuschlag von 0,25 Prozentpunkten für Kinderlose ist rechtens. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht (Az.: AZ L 8 P 19/06). Die Richter in Darmstadt kamen zu dem Schluss, dass die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Entlastung von pflegeversicherten Eltern auch durch einen Beitragszuschlag für Kinderlose umgesetzt werden kann. Revision wurde nicht zugelassen. de Humanes Leben · Humanes Sterben 1/2008 17