Vertrauen schaffen durch offene Kommunikation

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Deutsches Ärzteblatt I Heft 7 I 19. Februar 2016
MITARBEITERFÜHRUNG
Vertrauen schaffen
durch offene
Kommunikation
In Führungssituationen gibt es
Verhaltensweisen, die mit Sicherheit
zum Scheitern verurteilt sind, Mitarbeiter
demotivieren und das Betriebsklima
verdüstern. Wie Ärzte führen sollten,
wenn sie wollen, dass ihre Mitarbeiter
bessere Leistungen erbringen.
Offene Kritik vor dem Team
vermeiden
Zu den Don᾽ts zählt, dass der Arzt
einen Mitarbeiter vor dem Team
oder vor Kollegen kritisiert, ihn
vielleicht sogar bloßstellt, ihn mithin vor versammelter Mannschaft
herunterputzt. Noch schlimmer ist,
wenn Patienten zugegen sind. Denn
das schadet nicht nur dem Verhältnis zwischen Führungskraft und
Mitarbeiter, sondern wirft überdies
ein schlechtes Licht auf die Klinik
selbst. Die Frage ist, ob sich ein Pa-
tient in einer Klinik sicher und geborgen fühlen kann, in der ein düsteres Arbeitsklima herrscht und die
Kommunikation zwischen den Hierarchieebenen offensichtlich nicht
funktioniert.
Dr. Udo Sassenroth, in Schwetzingen bei Heidelberg niedergelassener Augenarzt, schlägt vor, bei
kritischen oder konfliktären Gesprächen immer das Vieraugenprinzip zu wahren. „Wenn die Kritik im Rahmen eines Meetings oder
einer Sitzung erfolgt, ist das in Ordnung. Man setzt sich ja nicht zusammen, um sich nur zu loben. Kritikwürdige Aspekte dürfen nicht
verschwiegen werden. Aber selbstverständlich macht der Ton die Musik.“ Darum sollte der Arzt die Kritik sachlich und im angemessenen
Ton vortragen und begründen und
stets die produktive Lösung zum
Ziel haben.
Grundsätzlich zielführend ist,
wenn es ein Vertrauensverhältnis
zwischen den Ärzten mit Personalverantwortung und den Mitarbeitern gibt. Zu vermeiden ist eine
Misstrauenskultur, in der die Chefs
von vornherein davon ausgehen,
dass die Mitarbeiter keine gute Arbeit leisten wollen. „Eine Vertrauenskultur“, so die Erfahrung
Sassenroths, „entsteht durch offene Kommunikationsstrukturen. Der
Arzt sucht regelmäßig das Gespräch, er gibt Feedback und spricht
mit den Mitarbeitern.“
Öfter mit den Mitarbeitern
sprechen
Natürlich scheitert dies oft am hektischen Klinikalltag. Andererseits belegen Untersuchungen wie die jährlichen Gallup-Studien: Mitarbeiterunzufriedenheit und Demotivation
entstehen häufig, weil Mitarbeiter
sich nicht wertgeschätzt fühlen, Vorgesetzte sie zu selten in Entscheidungsprozesse einbinden und sich
zu wenig Zeit für sie nehmen – oder
nehmen können. „All diese Gründe
sind darauf zurückzuführen, dass
Mitarbeiter und Führungskräfte nicht
genug miteinander kommunizieren“,
sagt Sassenroth, „und zwar quantitativ und qualitativ.“
An dieser Stelle müsste sich die
Einstellung der Chefs verändern.
Foto: Fotolia/WavebreakmediaMicro
nhaltspunkte bieten Umfragen unter Mitarbeitern, in denen diese sich dazu äußern, was
sie auf jeden Fall demotiviert. Zu
diesen Umfragen zählt die jährlich stattfindende Untersuchung
des Gallup-Instituts. Es fragt bei
Deutschlands Arbeitnehmern nach,
wie es um deren emotionale Bindung an den Arbeitgeber bestellt ist.
Jahr für Jahr fördert es deprimierende Zahlen zutage. Demnach stehen
viele Arbeitnehmer vor der inneren
Kündigung. Der Hauptgrund: heftige Unzufriedenheit mit dem Chef.
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Deutsches Ärzteblatt I Heft 7 I 19. Februar 2016
Dies wird jedoch nur etwas nutzen,
wenn die organisatorischen Strukturen in der Klinik den regelmäßigen
Austausch zwischen Mitarbeitern
und Führungskräften ermöglichen.
Nicht auf den Schwächen
herumreiten
Mitarbeiter fühlen sich ungern an
ihre Schwächen erinnert. Darum ist
es für sie motivierender, wenn die
Führungskraft ihre Stärken lobt und
anerkennend hervorhebt. Die Gallup-Studien betonen, wie wichtig es
sei, zielorientierte Prioritäten zu
setzen und die Mitarbeiter bei der
Zielerreichung konsequent zu unterstützen. Dabei dürfen Fehler unterlaufen, diese müssen aber als
Lernchancen begriffen werden, aus
Mitarbeitersicht vor allem, um die
Stärken weiter zu festigen und auszubauen.
Ungerechtigkeit und Unentschlossenheit gehören zu den weiteren Don’ts. Wenn der Arzt zwei
Mitarbeiter in ähnlichen Führungssituationen höchst unterschiedlich
bewertet und behandelt, zerstört er
nicht nur das Vertrauensverhältnis
zum benachteiligten Mitarbeiter,
sondern trägt zudem erheblich zur
Eintrübung des kollegialen Miteinanders bei.
Hilfreich ist die Selbstverpflichtung des Arztes, nach festen Führungsprinzipien zu führen, die er
bei allen Mitarbeitern gleichermaßen anwendet. Dies setzt voraus,
sich intensiv mit den Leitlinien der
Führungsarbeit zu beschäftigen und
für sich selbst einen Führungsratgeber oder einen Führungskodex auszuarbeiten und festzulegen.
Führungskräfte müssen Entscheidungen treffen – deutlich, unmissverständlich und nachvollziehbar. Viele Mitarbeiter ziehen die dezidierte Ansage dem planlosen Herumlavieren vor, selbst wenn sie
mit der Entscheidung nicht einverstanden sind. „Sie wissen dann wenigstens, woran sie sind“, sagt Sassenroth. „Wiederum ist es hilfreich,
wenn der Chef mit Hilfe eindeutiger Führungsprinzipien führt, die er
am besten den Mitarbeitern mitteilt.“ Denn unberechenbare Führung führt nur zu Verunsicherung
und begünstigt Gerüchte.
Angemessen kritisieren, eine
Vertrauenskultur aufbauen, sich
mehr Zeit nehmen, gerecht und entschlossen entscheiden und führen:
All diese Aspekte stehen mit der
Etablierung einer transparenten und
vertrauensstiftenden Kommunikationskultur in Zusammenhang. Das
lässt sich auch von einem weiteren
Don’t sagen: der Notwendigkeit zur
Ehrlichkeit.
Ehrlich und transparent
kommunizieren
Die meisten Don’ts guter Führung
haben etwas mit der Mitarbeiterkommunikation zu tun. Dies bestätigt einmal mehr eine aktuelle Arbeitsmarktstudie des Personaldienstleisters Robert Half. Nach
den häufigsten Fehlern in der Personalführung gefragt, nannten die
Studienteilnehmer mit Abstand eine unzureichende Kommunikation
zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten. Als Gegenmittel wurde
die Förderung einer offenen und
transparenten Kommunikation be▄
schrieben.
Patric P. Kutscher
FRAGE DER WOCHE AN . . .
Kai Haake, Geschäftsführer des Bundesverbandes
Deutscher Unternehmensberater (BDU)
Ihrer aktuellen Studie zufolge gerät die sichere Patientenversorgung in deutschen Krankenhäusern in Gefahr. Dafür sei nicht allein der mangelhafte Personalschlüssel verantwortlich, sondern
auch die fehlende Innovationskraft im Personalmanagement der
Kliniken. Wie kommen Sie zu diesem Schluss?
Haake: Der Handlungsdruck in Krankenhäusern wird immer größer.
Doch viele Führungskräfte und Personalverantwortliche verharren leider
noch in tradierten Denk- und Verhaltensmustern. Das trifft im Besonderen auf das Thema Führungskultur zu. Wichtig ist, die Veränderungsnotwendigkeiten ganzheitlich zu analysieren. Dabei gilt es, Antworten auf
folgende Fragen zu finden: Wie können wir schneller und besser Personal gewinnen und vor allem langfristig binden? Wie erhalten wir die Arbeitsfähigkeit unserer Mitarbeiter? Welche strukturellen Entwicklungen
sind für Personalabteilungen notwendig? Welche Motivations- und Anreizsysteme müssen eingeführt oder angepasst werden? Welche Folgen
ergeben sich hieraus für das fachliche und disziplinarische Führen von
Leistungseinheiten?
Insgesamt muss gute Führungspraxis folgende Ziele im Blick behalten: Die Zufriedenheit der Mitarbeiter und der Patienten, die ärztlichen
und pflegerischen Aspekte sowie die Wirtschaftlichkeit der Klinik. Der
Fokus liegt aber häufig noch zu wenig auf der Zufriedenheit der Mitar-
beiter. Wer sich gezielt
und schnell weiterentwickelt, der schafft es besser, sein jetziges Personal
zu halten und neue Mitarbeiter zu finden. Erreicht wird das durch eine
gelebte Wertehaltung und Vorbildfunktion der Führungskräfte. Wichtige
Eigenschaften einer authentischen Führungspersönlichkeit sind in Krankenhäusern ein hohes Interesse am Menschen, Empathie, eine gute
Kommunikation, Offenheit für Kritik sowie die Beherrschung verschiedener Sprachebenen und abteilungsinterner „Fachjargons“. Aber auch der
Mut zur Autorität gehört dazu.
Die Personalabteilungen entwickeln dabei als treibende Kraft gemeinsam mit der Klinikleitung zielführende Methoden und Instrumente
und führen diese mit den Fachbereichen ein, von der Zielvereinbarung
über die Stellenprofile bis hin zur Willkommenskultur. Bei allem darf
nicht vergessen werden, dass alle Führungskräfte Zugang zu den für sie
wichtigen Kennzahlen haben und im Umgang damit geschult sein müssen. Kennzahlen, wie Auslastung der Station, mittlere Verweildauer,
Überstunden pro Mitarbeiter, Gesundheitsquote der Abteilungen oder
kalkulierte Ausfallzeiten lassen sich als Steuerungsgrößen einsetzen und
gehören als Führungsinstrumente in den Klinikalltag.
sg
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