Charaktere endlicher abelscher Gruppen Katrin Harries 9. August 2006 Seminar Kombinatorik und Zahlentheorie Inhaltsverzeichnis 1 Charaktere endlicher abelscher Gruppen 1.1 Dualität . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Definition . . . . . . . . . . . 1.1.2 Satz . . . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Bemerkung . . . . . . . . . . 1.1.4 Satz . . . . . . . . . . . . . . 1.1.5 Bemerkung . . . . . . . . . . 1.1.6 Satz . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Orthogonalitätsrelationen . . . . . . 1.2.1 Satz . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Korollar . . . . . . . . . . . . 1.3 Modulare Charaktere . . . . . . . . . 1.3.1 Satz . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Literaturangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 3 4 5 5 5 6 6 6 7 7 8 9 1 Charaktere endlicher abelscher Gruppen Sei G eine endliche abelsche Gruppe (G, ·) 1.1 Dualität 1.1.1 Definition Ein Charakter von G ist definiert als ein Homomorphismus von G in die multiplikative Gruppe C∗ = C\{0} der Komplexen Zahlen. Die Charaktere von G bilden die Gruppe Hom(G,C∗ )=:Ĝ. Dies wird auch als Dual von G bezeichnet. Ein Charakter hat die Eigenschaft χ(a)χ(b) = χ(ab), da χ ein Homomorphismus ist. Beispiel Sei G zyklisch (von einem Element erzeugt) mit Ordnung n und Erzeuger s. Falls χ : G → C∗ ein Charakter von G, so erfüllt das Element w = χ(s) die Gleichung wn = 1, denn da G zyklisch und von endlicher Ordnung ist, existiert ein n ∈ N, so dass sn = e (das neutrale Element der Gruppe bezüglich der Multiplikation). Daraus ergibt sich dann χ(sn ) = χ(s)n = χ(e) = 1 und da χ ein Gruppenhomomorphismus folgt sofort wn = 1. Die Längen sind die n-ten Einheitswurzeln. Ein solches w definiert durch sn 7→ wa a ∈ Z einen Charakter von G. Somit ist die Abbildung χ 7→ χ(s) ein Isomorphismus von Ĝ auf die Gruppe µn der n-ten Einheitswurzeln. Also ist dann Ĝ zyklisch von der Ordnung n. Beispiel für einen Charater Legendre Charakter: Sei G(p) eine multiplikative Gruppe von (Z/pZ)∗ p prim 6= 2 Dann ist G(p) zyklisch der Ordnung p − 1, es existiert ein eindeutiger Charakter der Ordnung 2. Der Legendre Charakter x x 7→ p Exkurs: Legendre Symbol Sei p Primzahl 6= 2 und sei x ∈ G(p) So ist das Legendre Symbol definiert als: x := x(p−1)/2 = ±1 p Es gilt: x 0 falls x = 0 := 0 Außerdem ist die Charktereigenschaft erfüllt: x y x·y · = p p p Dies lässt sich leicht über die Definition ausrechnen x(p−1)/2 · y (p−1)/2 = (x · y)(p−1)/2 Weitere Eigenschaften des Legendre Symbols: 1 • p =1 • xp = (−i)ε(x) • p2 = (−i)ω(x) Beweise siehe Serre Das Quadratische Reziprozitäts Gesetz Es gilt: l p = (−1)ε(l)ε(p) p l für l, p 6= 2 verschiedene Primzahlen Beiweis siehe Serre Definition von ε(n) und ω(n) ε und ω sind jetzt und auch später immer wie folgt definiert: n−1 ( ε(n) := 2 n2 − 1 ( ω(n) := 8 ( mod 2) = 0, falls n = +1( mod 4) 1, falls n = −1( mod 4) ( mod 2) = 0, falls n = ±1( mod 8) 1, falls n = ±5( mod 8) 1.1.2 Satz Sei H eine Untergruppe von G Jeder Charakter von H lässt sich zu einem Charakter von G fortsetzen. Beweis Induktion über den Index (G : H) von H in G Falls (G : H) = 1 so ist man schon fertig, denn dann ist G = H und man braucht nichts mehr fortzusetzen. Sei x ∈ G, x ∈ / H, sei n > 0 die kleinste positive Zahl, so dass xn ∈ H. Diese Bedingung ist spätestens mit xn = e erfüllt, denn e ist auf jeden Fall in H, da H Untergruppe ist. Sei nun χ ein Charakter von H und sei t = χ(xn ) Da C∗ eine teilbare Gruppe ist, kann man w ∈ C∗ wählen, so dass wn = t. Sei H´ eine weitere Untergruppe von G, erzeugt von H und x. Jedes Element h’ von H’ lässt sich dann schreiben als h0 = hxa , a ∈ Z, h ∈ H Setze nun χ0 (h0 ) = χ(h)wa . Damit stimmen χ0 und χ in den Elementen der Untergruppe überein. Diese Zahl ist unabhängig von der Zerlegung h0 = hxa und χ0 : H 0 → C∗ ist ein Charakter von H 0 . Da (G : H 0 ) < (G : H) folgt induktiv, χ0 lässt sich zu einem Charakter von G fortsetzen. Man nimmt quasi zu jeder weiteren Untergruppe H 00 immer wieder ein Element x ∈ G, x∈ / H 0 dazu, bis man H 00 zu ganz G fortgesetzt hat. 1.1.3 Bemerkung Die Einschränkung ρ(χ) := χ | H definiert einen Homomorphismus ρ : Ĝ → Ĥ Nach Satz 1.1.2 ist ρ surjektiv. Weiterhin ist der Kern von ρ die Menge der Charaktere in Ĝ, die trivial auf H sind. [ Damit ist der Kern von ρ gleich G/H. Ĝ Ĥ ist isomorph zu \ nach dem Isomorphiesatz. (G/H) Insgesamt erhält man eine exakte Sequenz (d.h. das Bild eines Homomorphismus ist Kern des nächsten): [ → Ĝ → Ĥ → {1} {1} → G/H 1.1.4 Satz Die Gruppe Ĝ ist eine endliche abelsche Gruppe der gleichen Ordnung wie G. Beweis Induktion über die Ordnung n von G n = 1 ist trivial, denn dann besteht die Gruppe G nur noch aus dem Neutralen Element e und dieses wird von χ ∈ Ĝ auf 1 abgebildet, also dem Neutralen Element in der multiplikativen Gruppe. Daraus folgt sofort, die Ordnungen sind gleich. Für n ≥ 2 wähle eine nicht-triviale zyklische Untergruppe H von G. Nach der obigen [ Bemerkung gilt, dass die Ordnung von Ĝ das Produkt der Ornungen von Ĥ und G/H ist, \ ordĜ = ordĤ · ord(G/H). [ Aber die Ordnung von H (bzw. G/H ) ist gleich der Ordnung ihres Duals Ĥ (bzw. G/H), nach Induktionsannahme. Damit erhält man insgesamt [ = ordH · ordG/H = ordG ordĜ = ordĤ · ordG/H 1.1.5 Bemerkung Es lässt sich zeigen: Ĝ ist isomorph zu G. Dazu zerlegt man G in ein Produkt zyklischer Gruppen. Falls x ∈ G, so ist die Funktion x̂ : χ 7→ χ(x) ein Charakter von Ĝ, denn es gilt x̂(χ · ψ) = χ · ψ(x) = χ(x) · ψ(x) = x̂(χ) · x̂(ψ) ˆ : G → Ĝ sei die durch x 7→ x̂ definierte Abbildung und ist ein Homomorphismus. 1.1.6 Satz ˆ Der Homomorphismus ist ein Isomorphismus von G in sein Bidual Ĝ. Beweis ˆ Da G und Ĝ nach Satz 1.1.4 die gleiche Ordnung haben, genügt es zu zeigen, dass injektiv ist. Denn da die Ordnung endlich ist, sind surektiv, injektiv und bijektiv gleich. Es gilt: ist injektiv ⇔ Kern() = {1} Es genügt also zu zeigen, falls x 6= 1, x ∈ G, existiert ein Charakter χ, so dass χ(x) 6= 1. Sei nun H die zyklische Untergruppe von G, die von x erzeugt wird. Offensichtlich existiert ein Charakter χ von H, so dass χ(x) 6= 1. Das heißt, es gibt mindestens zwei Elemente, e wird auf 1 abgebildet und x wird nicht auf 1 abgebildet. Mit Satz 1.1.2 wird χ zum Charakter von G fortgesetzt, welches genau das Gewünschte leistet. 1.2 Orthogonalitätsrelationen 1.2.1 Satz Sei n = Card(G) und sei χ ∈ Ĝ Dann gilt: ( X χ(x) = x∈G n, falls χ = 1 0, falls χ 6= 1 Beweis Die erste Gleichung ist trivial, denn falls χ = 1 summiert man wegen Card(G) = n n-mal über die 1. Also folgt: X 1=n x∈G Für die zweite Gleichung wähle y ∈ G, so dass χ(y) 6= 1. Daraus folgt: X X X χ(y) · χ(x) = χ(y · x) = χ(x) x∈G denn y bewirkt für Umstellen ergibt: P x∈G x∈G x∈G χ(x) nichts weiter, als eine Permutation der n Elemente. (χ(y) − 1) X x∈G χ(x) = 0 Da aber χ(y) 6= 1 gewählt war, folgt daraus, dass X χ(x) = 0 x∈G sein muss. Also gilt auch die zweite Gleichung. 1.2.2 Korollar Sei n = Card(G) und x ∈ G Dann gilt: ( X χ(x) = χ∈Ĝ n, falls x = 1 0, falls x 6= 1 Dies ergibt ich sofort aus Satz 1.2.1 angewendet auf die Duale der Gruppe Ĝ, denn x̂ = 1 genau dann, wenn x = 1 und χ(x) = x̂(χ). Bemerkung Die obigen Ergebnisse sind Spezialfälle der Orthogonalitätsrelationen der Charaktertheorie endlicher Gruppen (nicht notwedigerweise abelscher). 1.3 Modulare Charaktere Sei m ≥ 1 G(m) := (Z/mZ)∗ definiert die multiplikative Gruppe der invertierbaren Elemente (Einheiten) des Rings Z/mZ(= Zm ). Dies ist eine abelsche Gruppe der Ordung φ(m), wobei φ(m) die Eulersche-φ-Funktion von m, die die Anzahl der zu m teilerfremden Zahlen ≤ m angibt. Ein Element χ des Duals von G(m) wird Charakter modulo m genannt. Dies kann als Funktion angesehen werden, die auf der Menge der Zahlen definiert ist, die prim zu m sind (also{k ∈ Z|(k, m) = 1}), mit Werten in C∗ , so dass χ(a) · χ(b) = χ(a · b) gilt, also die Charakterbedingung erfüllt ist. Man kann diese Funktion leicht auf ganz Z erweitern, imdem man χ(a) = 0 setzt, falls a nicht prim zu m, (also {k ∈ Z|(k, m) 6= 1}). Beispiele 1.) m = 4 die Gruppe G(4) hat zwei Elemente, 1 und 3 Es gibt einen trivialen Charakter, der auf die Identität abbildet (x 7→ 1). Und es gibt einen nicht-trivialen Charakter, welcher definiert ist als: x 7→ (−1)ε(x) ε(x) ist wie im obigen Beispiel definiert. 2.) m = 8 die Gruppe G(8) hat vier Elemente, 1, 3, 5 und 7 Es gibt natürlich wieder einen trivialen Charakter, x 7→ 1, x ∈ G. Und es gibt drei nicht-triviale Charaktere x 7→ (−1)ε(x) x 7→ (−1)ω(x) x 7→ (−1)ε(x)+ω(x) ε und ω sind definiert, wie im obigen Beispiel. 3.) siehe obiges Bespiel: Legendre Charakter 1.3.1 Satz Sei a 6= 0 quadratfrei und sei m = 4|a| Dann existiert ein eindeutiger Charakter χa modulo m, so dass χa (p) = ap für alle Primzahlen p, die m nicht teilen, also für alle (p, m) = 1. Es gilt χ2a = 1 und χa 6= 1, falls a 6= 1. Beweis Die Eindeutigkeit von χa ist klar, denn alle Zahlen a, die prim zu m sind, lassen sich in Primfaktoren l1 · ... · lk zerlegen, die prim zu m sind. Nach Definition des Legendre Symbol ist xp = ±1 für x ∈ G(m), x 6= 0. Daraus ergibt sich dann auch χ2a = (±1)2 = 1 für jede einzelne Primzahl. Und damit ist dann für ganz a: χ2a = 1k = 1. Zu zeigen bleibt die Existenz von χa : Sei a = l1 · ... · lk mit li , i ∈ N verschiedene Primzahlen ungleich 2. Setze x x ε(x)·ω(a) χa (x) = (−1) ··· l1 lk Falls p Primzahl ungleich 2, l1 , ..., lk , liefert das Quadratische-Reziprozitäts-Gesetz: l1 lk a χa (p) = ··· = p p p und χa hat die benötigte Eigentschaft. In der Tat erhält man χa 6= 1, wenn wir x so wählen, dass lx1 = −1 und x = 1 ( mod 4l2 · · · lk ), so istχa (x) = −1 Falls a negativ, also -b (oder 2b oder -2b) mit b = l1 · · · lk , dann nutze χa und erhalte χb durch (−1)ε(x) oder (−1)ω(x) oder (−1)ε(x)+ω(x) und mit dem gleichen Argument wie oben folgt χa ∈ / 1, falls a ∈ / 1. 1.4 Literaturangaben Serre, Jean-Pierre; A Course in Arithmetic; Springer-Verlag, New York 1973. Bosch, Siegfried; Algebra; Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 2004.