unizeit | campus + kultur | seite 2 07. 04. 2007 Feierabendhelden Furchterregende Gnome, betörende Elfen oder futuristische Helden. Beim Arbeitskreis Fantasy an der Uni Kiel gibt es nichts, was es nicht gibt. Immer wieder mittwochs versammeln sie sich zu Dutzenden: Aus allen erdenklichen Fachrichtungen stammende Studierende, die nichts anderes im Sinn haben, als für ein paar Stunden den akademischen Alltag zu vergessen und einzutauchen in Welten, die nur in ihrer Fantasie existieren. Die einen halten es mit dem Mittelalter oder mit Motiven aus dem Herrn der Ringe, die anderen mit dem Krieg der Sterne, die einen brauchen als Utensilien nichts als Papier und Bleistift, die anderen konstruieren aufwändige Aufbauten mit Hunderten kleiner Spielfiguren. Außerhalb des Campus frönen einzelne Mitglieder auch dem so genannten LARP, dem Live-Rollenspiel, das am besten in historischen Burgen, mindestens aber in romantischen Wäldern vonstatten geht. Weil das viel Aufwand für die Logistik und für die stilechte Kostümierung bedeutet, kommt diese Variante in der Praxis wegen der damit verbundenen Kosten für die Kieler Studierenden aber eher selten vor. Gemeinsam ist allen Fans der Fantasy eine Abneigung gegen allzu passive Arten des Zeitvertreibs. Stattdessen schlüpfen sie lieber in fremde Rollen und gestalten ihr Spiel aktiv mit. Nies, nicht gerade von zartgliedriger Gestalt, ist heute eine Elfe. Johannes, dessen musikalische Talente nach Aussagen seiner Kommilitonen etwa auf dem Niveau von Troubadix angesiedelt sein dürften, spielt einen Barden. Und Jana ist eine kleine Gnomfrau, die Gefühle erzeugen kann, die eigentlich gar nicht da sind – aber irgendwie eben doch. »Mir macht es Spaß, in einer Geschichte mitzuwirken. Es ist halt ein nettes Gefühl, derjenige zu sein, der loszieht, um die Prinzessin aus dem Turm zu retten.« So beschreibt Alexander Bloch, Student der Ur- und Frühgeschichte, was für ihn den Reiz am Rollenspiel ausmacht. Und Simona Seidler, zweite Vorsitzende des Arbeitskreises Fantasy, betont: »Im Rollenspiel kann man Sachen machen, die man normal im Leben nie tun würde.« Aus der in jeder Hinsicht gesetzestreuen Nachwuchs-Geschichtlerin kann auf diese Weise schon mal eine gewiefte Diebin werden, auch wenn nach ihren Worten alles nur »Kino im Kopf« ist. Erstaunlicherweise lassen sich nicht so sehr die Studierenden von Fächern, die ohnehin als eher kreativ gelten, von dieser Art des Zeitvertreibs faszinieren. Unter den Mitgliedern des einst von Mathematikstudenten gegründeten Arbeitskreises befinden sich bemerkenswert viele Juristen und Naturwissenschaftler, die sich damit einen Kontrapunkt zum eher drögen studentischen Alltag schaffen. Allemal ist die Rollenspielerei spürbar im Aufwind. Während vor einigen Jahren noch aufwändig erklärt werden musste, was Rollenspiel eigentlich sein soll, hat sich das inzwischen weitgehend herumgesprochen. Besonders in Kiel, wo traditionell das größte Fantasievoll ausgestattete Teilnehmer eines Live-Rollenspiels auf dem Weg zu neuen Abenteuern. Foto: Ran Yaniv Hartstein/Flickr.com Turnier der Rollenspieler in Norddeutschland ausgetragen wird. Zur 34. Auflage des UniCon Kiel treffen sich am 19. und 20. Mai wieder mehrere hundert Teilnehmer auf dem Campus. Neben »Pen and Paper«, also dem Rollenspiel mit Stift und Bleistift, steht auch »Table Top«, das Spiel mit kleinen fantastischen Figuren auf dem Programm. Während die »Pen-and-Paper«-Leute ihren Handlungsrahmen von einem besonderen Würfel vorgeben lassen, ansonsten aber sehr frei in ihrem Spielverhalten sind, geht es beim »Table Top« ein bisschen zu wie beim Schach. Die Regeln, nach denen die Figuren zu komplexen Konstellationen aufgestellt werden, sind weitaus strikter. »Man braucht strategisches Geschick«, sagt Marc Pospiech, für den es gerade den Reiz ausmacht, wenn sich die Ritter des Chaos wieder einmal in strammer Formation mit den wehrhaften Hochelfen anlegen. Virtuellen Varianten des Rollenspiels können die meisten Studierenden indes nur wenig abgewinnen. »Rollenspiel ist Improvi- sationstheater am Tisch«, sagt Simona Seidler, die auch gern mal »normales« Theater spielt und am Computer einfach den Kontakt von Mensch zu Mensch mit allem atmosphärischen Drumherum vermissen würde. Denn wenn am Abend die Neonlichter in den nüchternen Räumen der Rollenspieler ausgehen und stattdessen Kerzen ihren schummrigen Schein verbreiten, wenn die Vagabunden, Elfen, Räuber und Prinzessinnen mit Cola, Chips und Schokolade gewappnet eintauchen in ihre Welt voller Unwägbarkeiten und Mysterien, wenn es darüber Mitternacht und in Ferienzeiten manchmal noch viel, viel später wird, dann ist ihnen allen klar: Nichts ist so aufregend wie die »echte« Fantasie. mag Der Arbeitskreis Fantasy an der Uni Kiel trifft sich jeden Mittwoch von 19 Uhr an im Gebäude Wilhelm-SeeligPlatz 4. Weitere Informationen: www.akf-kiel.de Intergalaktisch Schwarze Löcher gibt es vermutlich im Zentrum jeder Galaxie. Wo sie herkommen und wie sie wachsen erforscht der Kieler Astrophysiker Wolfgang Duschl in Zusammenarbeit mit amerikanischen Kollegen vom Steward Observatory in Arizona. »Vor 20 Jahren wäre jeder Astronom einen halben Meter in die Höhe gesprungen, wenn er ein neues Schwarzes Loch entdeckt hätte«, so Duschl, der am Institut für Theoretische Physik und Astrophysik (ITAP) den Arbeitsbereich Extragalaktische Astrophysik leitet. »In den vergangenen zehn Jahren hat man jedoch erkannt, dass ein Schwarzes Loch praktisch zur Normalausstattung jeder Galaxie gehört.« Auch unsere Galaxie, die Milchstraße, beherbergt eins. Mit dieser Erkenntnis wuchs auch das Interesse daran, die Herkunft der Schwarzen Löcher aufzuklären. Denn wenn sie tatsächlich ein typisches »Merkmal« von Galaxien sind, dürften sie auch eng mit der Entwicklung von Galaxien verbunden sein. Damit können sie ein wichtiger Baustein für Modelle sein, die die Evolution und die Aktivitäten im Inneren von Galaxienkernen erklären sollen. Beim Nach- Ringvorlesungen SINNSUCHE UND STREBEN NACH GLÜCK Das Zentrum für Ethik veranstaltet im Sommersemester eine öffentliche Ringvorlesung mit dem Titel »Das gute Leben«. In sechs Vorträgen werden sich Kieler Experten und externe Referenten jeweils mittwochabends verschiedenen Aspekten guten Lebens widmen und auch darüber spekulieren, was vielleicht zu viel des Guten ist. Professor Hartmut Rosenau von der Theologischen Wechselwirkungen, wie hier der Beinahezusammenstoß der Spiralgalaxien, tragen wesentlich zum Wachstum der Schwarzen Löcher in den hellen Zentren der Galaxien bei. Foto: NASA Hubble Heritage Project weis von Schwarzen Löchern ist man allerdings auf indirekte Methoden angewiesen, »denn sehen – im Sinne eines Portraitfotos – kann man sie nicht«, so Duschl. Kennzeichnend für Schwarze Löcher ist ihre enorme Anziehungskraft. Die ist so stark, dass sie selbst das Licht verschluckt. Aber durch ihre Anziehungskraft üben Schwarze Löcher auch einen ganz erheblichen Einfluss auf ihre Umgebung aus. Und damit kann man sie indirekt nachweisen. Durch Beobachtung der Sterne in der Nähe des galaktischen Zentrums ist es zum Beispiel gelungen, das Schwarze Loch der Milchstraße auszumessen. Die Sterne folgen Ellipsenbahnen um ein kompaktes, unsichtbares Objekt. Aus den Abständen zum Gravitationszentrum und den Umlaufzeiten der Sterne lässt sich anhand physikalischer Gesetze die Masse des unsichtbaren Zentralkörpers berechnen. Bei entfernten Galaxien lässt sich diese Nachweismethode allerdings nicht anwenden, da Einzelsterne nicht mehr erkennbar sind. Duschl: »Hier kann man das Gas, das um das Zentrum rotiert, beobachten. Es ordnet sich in Form einer Scheibe um einen unsichtbaren Kern an. In der Scheibe kommt es zu Reibung innerhalb des Gases. Das Gas wird warm und beginnt zu strahlen. Die Umgebung der Schwarzen Löcher wird damit sichtbar.« Davon ausgehend lassen sich auch für entfernte Galaxien mit den gleichen physikalischen Gesetzen die Massen der Schwarzen Löcher ermitteln. Das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße hat eine Masse von etwa drei Millionen Sonnenmassen. Es gibt aber auch solche, in denen tausendmal mehr Masse steckt. Duschl und seine Kollegen befassen sich in Modellrechnungen mit der Frage, wie Schwar- ze Löcher wachsen, wie man ihre Masse feststellen kann und warum manche von ihnen tausendfach massereicher sind als andere. Sie haben auch als erste eine Erklärung dafür gefunden, warum sich diese besonders massereichen Schwarzen Löcher sehr viel schneller entwickeln als Schwarze Löcher mit einer geringeren Masse. »Es dauert also nicht etwa länger, weil man länger zusammensparen muss, sondern es geht schneller. Das hängt mit den Materialeigenschaften des Gases zusammen, das ins Innere des Schwarzen Lochs wandert«, erklärt Duschl, der neben seiner Kieler Professur auch noch eine Honorarprofessur am Steward Observatory der Universität von Arizona, im Südwesten der USA, innehat. Die Sternwarte zählt zu den bedeutendsten astrophysikalischen Forschungsstätten auf der ganzen Welt. ne Fakultät eröffnet die Reihe am 25. April mit religionsphilosophischen Streifzügen zur »Suche nach dem gelingenden Leben«. Die Vorträge beginnen jeweils um 18:15 Uhr im Audimax. ne der Christentumsgeschichte verstehen wir eine erfreuliche und den Sinn Christi zur Wirkung bringende Weichenstellung«, erläutert Professor (em.) Reiner Preul. Der Universitätsprediger eröffnet die Vortragsreihe am 9. Mai mit »Überlegungen zur Erschließung und Aneignung der Christentumsgeschichte«. Die weiteren Vorträge im Mai: »Paulus – der maßgebliche Theologe am Anfang des Christentums« (16. Mai, Professor Jürgen Becker) und »Kaiser Konstantin – zum theologischen Hintergrund einer weltgeschichtlichen Wende« (23. Mai, Professor Reinhart Staats). Die Vorträge beginnen jeweils um 18:15 Uhr im Audimax, Hörsaal A. ne Siehe Kalender Seite 6 www.uni-kiel.de/zfe GLÜCKSFÄLLE DER CHRISTENTUMSGESCHICHTE So lautet der Titel einer Ringvorlesung, zu der die emeritierten Professoren der Theologischen Fakultät einladen. »Unter Glücksfall Siehe Kalender Seite 6 RECHTE IM GLOBALEN ZEITALTER Mit vier weiteren Vorträgen setzt das Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht an der Juristischen Fakultät die im Wintersemester begonnene Ringvorlesung »Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte im globalen Zeitalter« fort. Erster Referent ist am 25. April um 18 Uhr 3