Der Tarifvertrag Öffentlicher Dienst (TVöD) Zwölf Fragen

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Der Tarifvertrag Öffentlicher Dienst (TVöD)
Zwölf Fragen - Zwölf Antworten
(Stand: 07.10.2005, ohne rechtliche Gewähr!)
Inhalt:
Was ist der TVöD?
Wer muss den TVöD anwenden?
Wer kann den TVöD nicht anwenden?
Wer darf den TVöD anwenden?
Warum empfehlen die Gewerkschaften die Übernahme des TVöD?
Können die Kommunen (in NRW) verlangen, dass der TVöD angewandt wird?
Sollte man den TVöD für Neueinstellungen schon anwenden?
Was ist zu beachten, wenn der TVöD ab sofort freiwillig angewandt werden soll?
Kann der Arbeitgeber den TVöD mittels Änderungskündigung einführen?
Was unterscheidet den TVöD vom BAT?
Können wir den BAT unbegrenzt weiter anwenden?
Bis wann ist zu entscheiden, ob der TVöD übernommen wird?
Was ist der TVöD?
Der TVöD ersetzt den BAT für den Bereich des Bundes und der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeber (VKA). Für den Bereich der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (BAT-Land) bleibt der
BAT Bund / Länder bis auf weiteres erhalten.
Wer muss den TVöD anwenden?
Die Kommunen sowie alle Arbeitgeber, die Vollmitglied im VKA sind, müssen ihn anwenden. (Von
den Elterninitiativen dürfte keine Mitglied im VKA sein).
Automatisch übernehmen müssen ihn auch Anwender, in deren Einzelarbeitsverträgen es heißt: „...
nach BAT und die ihn ......ersetzenden Tarifverträge“. (Es kommt also auf das Wörtchen „ersetzend“
an!)
Im Übrigen gibt es eine Vielzahl von Auslegungen, welche Formulierung in den Einzelarbeitsverträgen zwingend zu einer Überleitung in den TVöD führen: Hier widersprechen sich noch viele „Experten“, auch die beiden großen Gewerkschaften in NRW, ver.di und GEW.
Die Anwendung des TVöD könnte sich für einzelne Arbeitgeber auch zwingend aus (Re)Finanzierungsgründen ergeben. Dies gilt jedoch im Moment nicht für Kindertagesstätten in NRW!
Wir empfehlen daher, nicht „automatisch“ überzuleiten (die jeweils nicht einverstandene Vertragspartei könnte dagegen womöglich erfolgreich klagen) und selbst für die wenigen MitarbeiterInnen, in
deren Arbeitsverträgen das Wörtchen „ersetzend“ steht, aus Gründen der Gleichbehandlung mit den
KollegInnen, zunächst einzelvertraglich festzuhalten, dass bis auf Weiteres der BAT VKA Anwendung findet. (Dies kann durch eine schriftliche Nebenabrede im Anhang des weiter geltenden Vertrags
erfolgen.)
Wer kann den TVöD nicht anwenden?
Arbeitgeber, die in Anlehnung an den BAT-Land zahlen: Der gilt z.Zt. uneingeschränkt weiter, teilweise aber mit erheblichen anderen Einschränkungen: 40-Stunden-Woche, kein Urlaubsgeld, gekürztes Weihnachtsgeld etc. ... Wir gehen für unseren Bereich (Münster) davon aus, dass er nicht mehr angewandt wird.
Wer darf den TVöD anwenden?
Die freiwillige Anwendung des TVöD durch einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber ist – zumindest
für neu abzuschließende Tarifverträge – grundsätzlich möglich. Das gilt für alle, die „in Anlehnung ...“
bezahlen.
Bei Einrichtungen, die sich über Leistungsentgelte finanzieren, ist zu prüfen, ob eine Tarifumstellung
jetzt oder später sinnvoll ist und ob der TVöD die richtige Zielgröße ist. (Das betrifft nicht die Kindertagesstätten in NRW.)
Warum empfehlen die Gewerkschaften die Übernahme des TVöD?
Die Gewerkschaften, insbesondere die verhandelnde Gewerkschaft ver.di, haben erfolgreich
„Schadensbegrenzung“ für die ArbeitnehmerInnen betrieben, denn für die öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber war dies die Gelegenheit, in Zukunft massiv zu sparen (den Ländern wurde durch den TVöD
nicht genug gespart, weshalb sie zwischenzeitlich aus den Verhandlungen ausgestiegen waren). Dass
die Gewerkschaften mit ihrem Verhandlungserfolg zufrieden sind, ist daher verständlich und nicht
ganz unberechtigt.
Ob die ursprüngliche Absicht, alles einfacher, überschaubarer und gerechter zu machen, tatsächlich
erreicht wurde, wird die Zukunft zeigen: Schon jetzt tauchen – bei der praktischen Umsetzung in den
Kommunen und bei den Anwendern, die umstellen müssen / wollen, immer mehr Einzelfragen auf, die
offensichtlich bisher im neuen TVöD nicht geregelt wurden.
Können die Kommunen (in NRW) verlangen, dass der TVöD angewandt wird?
Die kommunalen Personalämter wollen natürlich am liebsten nur noch mit dem TVöD zu tun haben,
auch die MitarbeiterInnen in den Jugendämtern und kommunalen Kindertagesstätten werden ab sofort
nach TVöD bezahlt und erwarten eine Gleichbehandlung. (Die war allerdings auch bisher nicht immer
gegeben, da viele Anwender bestimmte BAT-Regelungen – wie Unkündbarkeit, Beihilfezahlungen,
Stellenautomatik etc. – ausgeschlossen hatten).
Die örtlichen Jugendämter (in NRW) können jedoch keinesfalls die (sofortige) Anwendung des TVöD
verlangen. Im Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK NRW) heißt es in § 16 Absatz 2: „
Personalkosten im Sinne des Gesetzes sind die Aufwendungen des Trägers der Einrichtung für die
Vergütung der pädagogisch tätigen Kräfte nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) oder vergleichbarer Vergütungsregelungen ...“.
Sollte man den TVöD für Neueinstellungen schon anwenden?
Z. Zt. ist davon aber abzuraten, da noch nicht alle Bestandteile des TV ausgehandelt und damit Folgen
des TVöD nicht gänzlich absehbar sind! So können sich Verschlechterungen durch den sog. „TV
Meistbegünstigung“ ergeben, wonach die Länder, die vor kurzem wieder in Verhandlungen mit ver.di
eingetreten sind, schlechtere Bedingungen aushandeln könnten, die dann automatisch für alle TVöDAnwender gelten. Noch nicht abschließend geklärt sind z.B. die Eingruppierung in die Entgelttabelle,
die Festlegung von Leistungsmerkmalen für die leistungsbezogene Vergütung, die Eingruppierung bei
Wechsel des Arbeitgebers innerhalb des Öffentlichen Dienstes.
Was ist zu beachten, wenn der TVöD ab sofort freiwillig angewandt werden soll?
Wenn es nicht zu einer automatischen Überführung in den TVöD kommt, bedeutet dies im Umkehrschluss: Beide Seiten sind weiterhin an die arbeitsvertraglichen Regelungen und die Bezugnahme auf
den BAT gebunden! Ein Wechsel in den TVöD bei bestehenden Einzelarbeitsverträgen ist daher nur
einvernehmlich möglich. Der Arbeitgeber kann diesen Wechsel anbieten, die Arbeitnehmer sind aber
nicht verpflichtet, dieses Angebot anzunehmen.
Sofern ein Übergang zum TVöD erforderlich oder sinnvoll scheint, sollte der Arbeitgeber in vollständiger Kenntnis der Regelungen sein, die in diesem Tarifvertrag stehen, um entscheiden zu können,
welche Regelungen sinnvoller Weise im Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollen. Dies gilt insbesondere für die Regelungen zu Besitzstandszulagen und Strukturausgleichszahlungen ab 2007. Fast in
allen bisherigen Arbeitsverträgen in Anlehnung an BAT wurden nur einzelne Regelungen
übernommen oder einzelne BAT-Reglungen (z.B. Beihilfe, Unkündbarkeit) ausgeschlossen. Es ist anzunehmen, dass es sehr sinnvoll sein wird, dies auch beim TVöD zu tun.
Da eine neue Entgeltordnung, die die Eingruppierung regelt, erst Ende 2006 zu erwarten ist, wurde im
Tarifvertrag Überleitung (TVÜ) auch geregelt, wie Angestellte, die ab 01.10.2005 eingestellt werden,
in die neue Entgelttabelle einzustufen sind.
Kann der Arbeitgeber den TVöD mittels Änderungskündigung einführen?
Zunächst sind – wie oben ausgeführt – beide Seiten an den Arbeitsvertrag und die darin vereinbarte
(angelehnte) Anwendung des BAT gebunden.
Laut Kündigungsschutzgesetz muss eine Kündigung verhaltensbedingt, personenbedingt oder betriebsbedingt begründet sein. Hier käme allenfalls eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht, etwa weil
die Refinanzierung der Personalkosten entfällt. Eine solche wegfallende Finanzierung wäre ein
anerkannter betrieblicher Grund: Er ist aber – zumindest in NRW – z. Zt. nicht gegeben, da das GTK
NRW weiterhin von der Refinanzierung der BAT-Gehälter ausgeht. Etwas anderes könnte sich dann
ergeben, wenn das GTK in 2006 geändert wird.
Eine dann m. E. ausnahmsweise zulässige Änderungskündigung wäre weiterhin natürlich nur unter
Beachtung der geltenden BAT-Kündigungsfristen möglich!
Was unterscheidet den TVöD vom BAT?
Die bisherige Solidargemeinschaft des Öffentlichen Dienstes (der Arbeitnehmer bleibt ein Leben lang
und sorgt als junger Mensch – durch weniger Gehalt – für ein ausreichendes Einkommen der älteren
Mitarbeiter und deren Familienangehörigen) ist aufgehoben.
Im TVöD gibt es keine alters- und familienbezogenen Bestandteile mehr. Die Vergütung erfolgt nach
einer einheitlichen Entgelttabelle mit 15 Entgeltgruppen und 6 Entwicklungsstufen. Ab 2007 sollen
leistungsbezogene Vergütungsbestandteile hinzukommen. Weihnachtszuwendung und Urlaubsgeld
bleiben 2005 und 2006 noch erhalten und werden ab 2007 zu einer Jahressonderzahlung zusammengefasst (zwischen 60 % und 90 % eines Monatsentgeltes). Dadurch erzielte Einsparungen (!) müssen
zwingend in Leistungsentgelt eingesetzt werden.
Für jüngere ArbeitnehmerInnen ist der TVöD zunächst attraktiv: Sie bekommen als BerufseinsteigerInnen mehr Geld. Als ältere verheiratete MitarbeiterIn mit zwei Kindern werden sie dann z.B. aber
verhältnismäßig weniger haben als die Kollegin, die diesen Stand bereits heute erreicht hat.
Können wir den BAT unbegrenzt weiter anwenden?
Der BAT bleibt weiterhin gültig – in der letztgültigen Fassung (auf dem Stand vom 30.09.2005). Seine
Anwendung wird – nach heutigen Stand - weder außertariflich noch illegal sein. D.h., es gibt
weiterhin die Steigerung bei ungraden Geburtstagen, den Bewährungsaufstieg, die Ortszuschläge für
Ehe und Kinder. Allerdings wird er sich – aller Voraussicht nach – nicht weiter entwickeln: Es wird
keine (prozentualen) Tarifsteigerungen mehr geben. Damit wird der BAT – wenn es im TVöD nach
2007 wieder Tariferhöhungen oder Einmalzahlungen gibt – zunehmend unattraktiv. (Das wird
teilweise anders gesehen.)
Bis wann ist zu entscheiden, ob der TVöD übernommen wird?
Im Moment ist davon auszugehen, dass alle noch ausstehenden Verhandlungen zu den z.Zt. noch nicht
geklärten TVöD-Fragen bis Ende 2006 abgeschlossen sein werden.
Eine Umstellung wäre z. Zt. jederzeit möglich, bei Neuverträgen durch Stichtagsregelung (z.B. ab dem
01.08.2006), bei Altverträgen nur einvernehmlich.
Für alle MitarbeiterInnen, die bereits am 30.09.2005 einen Arbeitsvertrag mit BAT- Regelungen hatten, gibt es mindestes bis zum 30.09.2007 einen Bestandsschutz: Sie erhalten weiterhin Besitzstandszulagen wie Vergütungsgruppenzulage und kinderbezogene Ortszuschläge für Kinder, die bis zum
31.12.2005 geboren werden.
Keinen Bestandsschutz haben evtl. MitarbeiterInnen, die am 01.10.2005 oder später eingestellt werden, selbst, wenn sie einen Einzelarbeitsvertrag „in Anlehnung an BAT“ erhalten. Diese Frage ist m.
W. aber bisher noch nicht abschließend geklärt. Im Zweifel stehen sie sich aber dann auch nicht
schlechter, als wenn sie gleich nach TVöD eingestellt worden wären.
Zusammenfassung:
Wir empfehlen, zunächst beim BAT zu bleiben - und alle MitarbeiterInnen nach demselben
Tarifvertrag zu beschäftigen.
Voraussetzung ist, dass die Finanzierung des Vereins / der Kita nicht gefährdet ist. Für Kitas in
NRW ist das nicht gegeben, da § 16 GTK die Refinanzierung „der Personalkosten nach dem
BAT“ regelt.
Beate Heeg
Eltern helfen Eltern e.V.
(alle Angaben ohne Gewähr)
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