SEITE 6 D I E W E LT S A M S TA G , 2 3. F E B R UA R 2 013 POLITIK I T A L I E N WÄ H L T: D E R S O Z I A L D E M O K R AT B E R SA N I WI L L S E I N E M L A N D M E H R E R N S T VE RO R D N E N . DAS L Ä SST VI E L E H O F F E N , VO R A L L E M D I E F R AU E N TOBIAS BAYER/TOBIAS BAYER „Ich will denItalienern keine Märchenerzählen“ Ex-Kommunist Bersanigreift nachderMacht undsoll dasLandvon Berlusconibefreien nahm er auch seine Fr au mit, Daniela Ferrari, mit der er zwei Töchter hat. Die Emilianer sind bodenständig, weniger ch würde gerneItalien regieren, aber redselig und ausgelassen als andere Itatrotzdem zu Fuß durch Rom laufen“, liener, eher verschlossen, bescheiden bekennt Pier Luigi Bersani und sinkt und fleißig. Mit dieser Mentalität haben in den kleinen Sessel. Er lächelt, ist mit sie ein Wirtschaftswunder geschaffen den Gedanken plötzlich woanders – und ihre Region, in der noch bis in die auch Kandidaten ist abends um 23 Uhr 60er-Jahre viel Armut herrschte, in eine das Tr äumen erlaubt. Ganz ohne Pomp der reichsten Europas verwandelt. Barilund Hofstaat und funkelnde Limousi- la, Ferrari, Max Mara, aber auch Rimini nen, mit denen Italiens Regierungschefs und Riccione sind Erfolgsmodelle. Geholfen hat dem Wirtschaftswunder sich so gern umgeben.„Die Formalitäten auf ein Mindestmaß herunterschrau- seiner Region auch ein vorbildliches soben“, will er, mit den Leuten auf der ziales Netzwerk. Die Emilia war früher Straße sprechen. So wie es der Wahl- Heimat der Partisanen, ist die „rote“ Rekämpfer Bersani seit zwei Monaten täg- gion: der feste Sockel der kommunistilich tut in Italien, wo seine „Wähler und schen Partei, die hier – heute in Form die Leute von der Parteibasis die treues- der Demokratischen Partei – seit jeher ten Begleiter und Helfer“ sind. Aber regiert. Solidarität wird großgeschrieben, auch seine politischen Mitstreit er wie vorbildliche Einrichtungen werden soNichi Vendola, Koalitionspartner von wohl von der öffentlichen Hand als auch Link e, Ökologie und Fr eiheit, oder der von der Privatwirtschaft gefördert. Najunge Bürgermeister von Florenz, Mat- türlich können auch Emilianer gesellig teo Renzi, die in den Vorwahlen noch sein. Bersani mag die Küche seiner Heiseine Gegner waren. Bersani ist der Spit- mat und trinkt gern mit Fr eunden ein zenkandidat der Demokratischen Partei Bier. Aber seine Prinzipien hat er im Blut. Wenn er mal Zeit zum Lesen fin– und dürfte bald Italien regieren. Das Kunstlicht in dem kleinen VIP - det, dann am liebsten Klassik er, „das Raum des staatlichen Fernsehens RAI lohnt sich immer, Russen oder Fr anzomacht niemanden schöner. Und im Ge- sen. Da weiß man, was man hat, denn sicht von Bersani sind die Falten sowieso das Leben ist doch viel zu kurz, um die etwas tiefer inzwischen. „Ich hatte mir Zeit mit einem schlechten Buch zu verfür diesen Wahlkampf vorgenommen, schwenden“, sagt er und lacht. Bersani hat sein politisches Handwerk keiner leichten Demagogie zu verfallen und den Italienern keine Märchen zu er- in dieser Region gelernt, die er von 1993 zählen“, sagt er. Durch das Zimmer wa- bis 1996 regiert hat. In seiner politischen bert der Geruch von angebranntem Kaf- Karriere hat der studierte Philosoph jede fee. Bersani ist müde, aber glücklich: Etappe durchlaufen, vom einfachen „Ich bin stolz, denn ich habe das ge- Stadtrat in Bettola bis zum Minister unter Romano Prodi. Und er war einer der schafft. Ich bin standhaft geblieben!“ Wenn es so kommt, wie die Umfragen Erst en, die sich aus der kommunisties prophezeien, werden die Italiener am schen Vergangenheit gelöst haben. Als Sonntagund Montag Silvio Berlusconi in Industrieminist er setzte Bersani am Enden Wahlkabinen endgültigin den Ruhe- de der 90er-Jahre wichtige Reformen zur stand schicken. Sie werden dann einen Liberalisierung von Wirtschaft und Regierungsstil abschaffen, der in einem Staatsmonopolen durch. Er gehörte zu Mix aus Verschwendung, Klientelwirt- den Gründungsmitgliedern der Demoschaft und Gleichgültigkeit Italien an kratischen Partei (PD) und mag Menden Rand des Ruins getrieben und es in schen, die seinen strengen Prinzipien entsprechen. „Den Schäuble, den mag der Welt lächerlich gemachthat. Es ist Bersanis „erstes Ziel, Betrüger ich“, sagt er über den deutschen Wirtwie Berlusconi, aber auch die Lega nach schaftsminister, den er gerade in Berlin Hause zu schicken!“ Die haben ein getroffen hat. „W ir haben uns spontan schwieriges Erbe hinterlassen, einen Po- verstanden. Er ist ein integerer Mensch, pulismus, der die Wähler nun zwar weg und man kann in einem Gespräch gleich von Berlusconi treibt, aber nicht unbe- auf den Punkt kommen.“ dingt nach links, sondern vor allem in Auf den Punkt ist Bersani auch im die Arme des Komikers Beppe Grillo . Ei- Fernsehen gekommen. In der Sendung ne gefährliche Bewegung, „eine Kreu- „Porta a Porta“ musste er dem Polit-Talzung aus der Unzufriedenheit der Rech- ker Bruno Vespa Rede und Antwort steten und allgemeinem Protest“, befindet hen. „Die anderen gehenhin, dann muss Bersani. Die Bewegungsei bereits politi- ich es auch tun.“ Aber es ist eine unliebsche Realität, auf regionaler und lokaler same Pflicht, man sieht es ihm an. Es Ebene säßen Grillo-Leut e in Parlamen- treibt die Quoten auch nicht nach oben, ten und Stadträten. Man könne aber mit als Moderator Vespa ihm in der Sendung ihnen reden. Das Problem sei Grillo einen Stofftier-Jaguar überreicht. BersaCO NS TA NZE REUSCHER ROM GERALD BRUNEAU/GRAZIA NERI I Pier Luigi Bersani (2. v. r. ) beim Spaghetti-Essen im Kreise seiner Fa milie selbst: „Er ist ein Mann, der kommandieren will und jede Auseinandersetzung ablehnt. Er ist anti-europäisch, und es ist nicht vorhersehbar, was passieren wird, wenn er ins Parlament einzieht.“ „Das Gebrüll hat die Ideen ersetzt“, wie es Bersanis Alliiert er Vendola ausdrückt. Italien ist an die pompösenAuftrit te Berlusconis und die lautstarken Massenveranstaltungen von Grillo gewöhnt. Bersani wirkt dagegenleise, fast blass. Er hat kein Charisma. Am Mittwochabendwar er gleichzeitigmit Grillo in der sizilianischen Stadt Palermo, beide hielten ihre Kundgebungauf großen Plätzen. Grillo zog mehr Leute an. Bersani ist vielleicht solider, aber eben auch ein nüchterner Realpolitiker. Bersani stammt aus dem Örtchen Bettola im Apennin-Gebirge oberhalb der Industriestadt Piacenza, am Nordende der Emilia-Romagna, die im Süden bis an die Adria reicht. Er wuchs als Sohn eines Automechanikers auf, der eine Tankstelle im Ort hatte. Aus seiner Heimat DW_Dir/DW/D WBE-HP ni hatte am Morgen einen seiner typisch hölzernen Witze gemacht,wo die Lacher immer mit Verspätung kommen: „Ich will den Jaguar von seinen Flecken reinwaschen“ – eine Metapher für ein Italien, das er von den Makeln der Berlusconi-Ära befreien will. Der Kandidat Bersani verlangt von den Italienern keine Wunder, wie Monti es getan hat, er macht keine Wahlversprechungen wie Berlusconi. Er ist ein Mann, der der europäischen Integration verschrieben ist. Er wird den Italienern noch mehr Opfer abverlangen,aber auch in Europa für Verständnis für das italienische Tempo werben. Bersani ist das Gegenteil von Berlusconi, die andere Seite der italienischen Medaille. Nur eine Leidenschaft teilt Bersani mit Berlusconi: Sardinien. „Ich liebe Sardinien, seit ich dort meine Wehrpflicht absolviert habe.“ Natürlich war es wieder eine Pflicht – die Wehrpflicht –, nicht etwa ein Kreuzfahrtschiff oder Privatjet, der ihn hingebrachthätte. Filmemacher Ivan Cotroneo mit den Fr auen seiner TV -Serie „Una mamma imperfet ta“: Anna Ferzet ti, Vanessa Compagnucci, Lucia Mascino und Alessia Barela (v. l.) Schlussmit Bunga-Bunga In Politik undWi rtschaft ItaliensspieltdieFraukaumeineRolle. Aberdasändertsich + TOBIAS BAYER I n Mangiagalli beginnt und endet das Leben. Das Krankenhaus ist nicht nur die renommierteste Adresse Mailands für Geburten, sondern auch für Abtreibungen. Paola Bonzi bemüht sich seit 30 Jahren darum, die werdendenMütter davon zu überzeugen, ihre Kinder zur Welt zu bringen. Selten sei das so schwierig gewesen wie heute, sagt sie. Viele Fr auen habenin der Krise keinen festen Job, ihr Partner meistens auch nicht. „F rüher wurde das Recht auf Abtreibung als ein Stück Fr eiheit angesehen“, sagt Bonzi. „Heute ist das anders. Sechs von zehn Fr auen treiben ab, weil sie nicht das Geld haben, um ihr Kind großzuziehen.“ Bonzis Organisation, das Centro di Aiuto alla Vita Mangiagalli, berät schwangere Fr auen in Not und hilft ihnen, wenn das Baby da ist. Sie kauft Windeln und Kinderwagen, gibt Kurse und kümmert sich um Behördengänge.Ihren Sitz hat sie direkt bei der Klinik. „W ussten Sie, dass ich nicht sehe?“, fragt Bonzi und tastet nach der Hand des Besuchers. Die 69-Jährige verlor während der Schwangerschaft ihr Augenlicht, wegen einer seltenen Krankheit. Die Ärzte rieten zum Abbruch, sie sagte Nein. Ab da beschloss sie, schwangeren Fr auen in ähnlich schwierigen Situationen beizustehen. Die Bilanz seit der Gründung 1984: 19.000 Fr auen kamen zu ihr, mehr als 15.500 Kinder wurden geboren.Doch ob es weitergeht, ist ungewiss. Der Staat spart, wo es nur geht. Die Lombardei kürzt den Hilfsfonds für bedürftige Mütter. Bonzis Organisation, die von Spendenund öffentlichen Zuschüssen gespeist wird, geht das Geld aus. Es ist gut möglich, dass Bonzi ab dem Sommer keine neuen Fr auen aufnehmen kann. Dabei ist der Bedarf riesig: „Allein vor einem Tag hatten wir morgens zehn Gesprächstermine“, sagt Bonzi. Von der Politik ist Bonzi enttäuscht. „Ich sehe keine gute Zukunft für Mailand, ich habe keine große Hoffnung“, sagt sie. „Wenn keine Kinder geboren werden, dann wird Mailand eine Stadt der Alten.“ Italien gilt als familien- und kinderfreundliches Land. Häufig übersehen wird dabei die schwierigeLage der Fr auen. Viele arbeiten in prekären Verhältnissen. Werden sie schwanger, wird ihnen nicht selten gekündigt. Das Risik o, vor dem wirtschaftlichen Nichts zu stehen, ist hoch. Abtreibungen sind ein Ausweg, der Verzicht ein anderer – junge Fr auen sehen vermehrt davon ab, überhaupt erst ein Kind zu bekommen. Tr otzdem spielt die Situation der Fr auen im Wahlkampf für die Abstimmung statt, inzwischen nehmen teilweise bis zu 130 Fr auen teil, die meisten sind Führungskräfte. Sich durchbeißen musste auch Sara Caminati. Die 28-Jährige entwirft mit ihrer Fi rma Innovation Marketing Webauftritte sowie Int ernetkampagnen für Mittelständler und auch große Konzerne und erhielt dafür bereits mehrere Preise. Der Anfang der Karriere war hart. Nach dem Studium gingdie RömePaola Bonzi hilft seit 1984 Schwangeren, rin nach Mailand zu einer Kommunikadie an Abtreibung denken tionsagentur. Ihren Chef kümmerte vor allem das Aussehen. „Eines Tages riet er mir, zum Fr isör zu gehen und mir die Haare kurz schneiden zu lassen“, sagt Caminati,. „Das war für mich eine traumatische Erfahrung.“ Immerhin tut sich etwas. Im italienischen Fi lm und Fernsehen dringt ein neues Fr auenbild durch. „Una mamma imperfetta“, Mutter mit Fehlern, heißt die Serie, die Ivan Cotroneo gerade abdreht und die ab April dieses Jahres auf Erfolgreich in einer Männerdomäne: der Int ernetseite des „Corriere della SePaola Longo (r .) leit et einen Weinhandel ra“ ausgestrahlt wird. Der 45-jährigeFi lmemacher aus Neapel schildert in kurzen Episoden, wie vier Fr auen den Alltag meistern zwischen Familie, Beziehung und Beruf, mit all den Widersprüchen und Ent täuschungen. „F rauen müssen in Italien doppelt so gut sein wie Männer“, sagt Cotroneo. Das sei wie mit dem amerikanischen Tänzerpaar Ginger Rogers und Fr ed Astaire. „G inger Rogers machte all das, was auch Fr ed Astaire machte, nur rückwärts und mit Sara Caminata hat sich als Unt ernehmerin hohen Schuhen“, sagt Cotroneo. „Das in der Int ernetbranche durchgebissen ist heute noch so. Schade.“ Vielleicht wird der Wandel von der ein. „F rauen stimmen nicht anders ab Spitze der Gesellschaft aus kommen. In als Männer“, sagt Renato Mannheimer, Italien gilt seit Kurzem eine Fr auenquoPräsident des Meinungsforschungsinsti- te für Aufsichtsräte. Die „quota rosa“ tuts Ispo. In vielen Studien habe er das schreibt vor, dass ein Fünftel der Konuntersucht. Berlusconi habe viele weib- trolleure von börsennotierten Unterliche Wähler, insbesondere Hausfrauen nehmenund von Fi rmen im Staatsbesitz aus dem Süden. „F ür sie ist die Abschaf- Fr auen sein müssen. Nach einer Manfung der Immobiliensteuer viel wichti- datsperiode soll die Quote auf ein Drittel erhöht werden. „Die Situation in den ger als Bunga-Bunga.“ Das traditionelle Rollenmodell ist in börsennotierten Unternehmen ist gut“, Italien immer noch stark verhaftet. sagt Romina Guglielmetti, Partnerin der Fr auen, die Karriere machen, müssen Anwaltskanzlei Santa Maria und Beratesich gegen erhebliche Widerstände rin der Organisation Ready for Board durchsetzen. Wie Claudia Parzani, Part- Women. Für die öffentliche Verwaltung nerin bei der Anwaltskanzlei Linklat ers fordert sie jedoch noch strengere Rein Mailand. Die 41-Jährige berät das geln. Vorbild für das Land könnte ausgeWho’s who der italienischen Wirtschaft, rechnet die Weinwirtschaft sein, die als auch die großen Banken. An ihre erste männerdominiert gilt. Ein Drittel der Aufsichtsratssitzung eines Kreditinsti- Fi rmen, die Wein anbauen oder hantuts vor mehreren Jahren kann sie sich deln, wird inzwischen von Fr auen genoch gut erinnern. „Ich musste auf die führt, meist höchst erfolgreich. In LegToilette und erkundigte mich nach dem nano nördlich von Mailand hat Paola Damen-WC “, erzählt Parzani. „Als Ant- Longo ihre Vinothek, die sie zusammen wort bekam ich zu hören, dass es auf mit ihren zwei Brüdern führt. Es ist eine dem Stockwerk des Aufsichtsrats keines der besten des Landes. Nicht zuletzt, gebe,sondern nur auf der Ebene der Se- weil die 42-Jährige, die ausgebildeter kretärinnen.“ Noch heute wird Parzani Sommelier ist, ein Blick für Details hat, manchmal versehentlich für die Assis- die ein Mann gern mal übersieht. Die tentin gehalten und als „Signorina“ um meisten Flaschen werden als Geschenk einen Kaffee gebeten. Um sich mit ande- gekauft, also hat Longo einen extra ren Fr auen über die Hürden im Beruf Raum einrichten lassen, mit viel buntem auszutauschen,rief sie ein gemeinsames Papier, Bändern und Schleifen. „Als ich Fr ühstück ins Leben. Das „Breakfast bei in den 90er-Jahren anfing, hatten wir geLinklat ers“ findet seit 2010 regelmäßig rade mal Karten und Tesafilm.“ TOBIAS BAYER TO BIAS BAYER MAILAND am 24. und 25. Februar nur eine untergeordnete Rolle. Sie findet zwar Erwähnung in den Parteiprogrammen, beispielsweise in dem von Minist erpräsident Mario Monti. Doch es bleibt allzu häufig bei Parolen. Italien ist in einem Teufelskreis gefangen. Die weibliche Beschäftigungsquote liegt mit 46,5 Prozent deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 56,7 Prozent. Die Bruttogeburtenziffer, die die Anzahl der Geburten zur Bevölkerung ins Verhältnis setzt, beträgtneun je 1000 Einwohner, in der EU sind es im Durchschnitt 10,4. Wenige Jobs, wenige Babys. Das ist Gift für das Wirtschaftswachstum. Wenn in Italien 100.000 Fr auen zusätzlich einen Job hätten, würde sich das Bruttoinlandsprodukt um 0,28 Prozentpunkte erhöhen, haben Alessandra Casarico und Paola Profeta von der Universität Bocconi errechnet. Um den Fr auen das Berufsleben zu erleichtern, müsste der Staat aktiver werden. Insgesamt gibt Italien nur rund 1,4 Prozent der Wirtschaftsleistung für Familien aus, in Fr ankreich sind es mehr als drei Prozent. Es fehlt an Krippenplätzen. Nur knapp 13 Prozent der Kinder besuchen einen öffentlichen Hort, die EU hat als Ziel 33 Prozent vorgegeben. Bei der Pflege hinfälliger Elt ern gibt es wenig Unterstützung, sodass meistens die Fr auen gefordert sind. Woran scheitert es? Politik in Italien wird von Männern für Männer gemacht. Die Sitzverteilung im Parlament ist dafür der beste Beleg. Von den 630 Mitgliedern des Abgeordnetenhauses sind geradeeinmal 134 Fr auen, nur 59 der 319 Senatoren sind weiblich. Die Tageszeitung „Corriere della Sera“ hat deshalb den Blog „Die 27. Stunde“ eingerichtet. Acht Kandidatinnen werden begleitet und zu ihren Vorschlägen für die nächste Legislatur befragt. Die Schlagzeilen bestimmt dennoch ein anderer: Ex-Premier Silvio Berlusconi trit t wieder an und legte im Januar eine furiose Aufholjagd in den Umfragen hin. Er halbierte den Abstand auf die Sozialdemokraten auf sechs Prozentpunkte. Er verspricht, eine Immobiliensteuer abzuschaffen und die geleisteten Beträge für 2012 zurückzubezahlen, vier Milliarden Euro bar am Postschalter. Millionen Italienern schrieb er dazu einen Brief. Berlusconi steht für ein fragwürdiges Fr auenbild. Der Medienmilliardär steht vor Gericht, weil er Sex mit der minderjährigen Marokkanerin Ruby gehabthaben soll. Ins Regionalparlament der Lombardei holte er Nicole Minetti, eine Fachkraft für Dentalhygiene, die leicht bekleidet durch Fernsehstudios hüpft und die Bunga-Bunga-Partys mitorganisiert haben soll. Berlusconi, inzwischen 76 Jahre alt, hat auch eine neue Fr eundin. Sie heißt Fr ancesca Pascale und ist 49 Jahre jünger. Fr üher trat sie in Werbespots auf – Eis schleckend im Bikini. Nachteile bringt das Berlusconi an der Wahlurne wohl dennoch nicht TOBIAS BAYER Silvio Berlusconiprägte ein Frauenbildvon Eis schleckenden Bikini-Schönheiten T