Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Inhalt der Vorlesung Physik B2 5. Optik Licht als elektromagnetische Welle Geometrische Optik Optische Abbildungen Wellenoptik 6. Atomphysik & Quantenmechanik Die Grenzen der klassischen Physik Atommodelle Wellen & Teilchen, Unschärfeprinzip Die Schrödinger-Gleichung Das Wasserstoff-Atom Der Aufbau der Elektronenhülle der Elemente Die chemische Bindung Die allgemeine Struktur der Quantenmechanik 1615 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Welle oder Teilchen ? Das ist nun die Frage ! 1616 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 6.3.1 Licht als Teilchen (I): Der Photoeffekt Kathode e- Ee Licht Anode -U I Vakuumröhre In diesem Falle ist die kinetische Energie Ee der Elektronen nach Austritt aus der Kathode: Robert Andrews Millikan (1868 – 1953) Nobelpreis 1923 Wenn Licht auf die Kathode aus Metall fällt, dann werden Photoelektronen herausgeschlagen und bewegen sich zur Anode. Es fließt ein Strom. Dabei sei zunächst zwischen Kathode und Anode keine Spannung (U = 0) angelegt. Nach Anlegen der Spannung reduziert sich der Strom, bis er bei einer bestimmten Spannung U0 verschwindet: U U0 I 0 1 Ee me ve2 e U 0 2 1617 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Wilhelm Hallwachs (1859 – 1922) Philipp Lenard (1862 – 1947) Nobelpreis 1905 Experimenteller Befund: (i) Die maximale kinetische Energie Ee = eU0 der in der Kathode herausgeschlagenen Elektronen hängt NICHT von der Intensität des einfallenden Lichtes ab! (ii) Erst ab einer bestimmten Grenzfrequenz des einfallenden Lichtes werden Elektronen aus Erste Messungen durch Wilhelm Hallwachs dem Kathodenmaterial ausgelöst. 1887 und Philipp Lenard 1899. Später Dies ist unabhängig von der Präzisionsmessungen durch Robert A. Lichtintensität hängt aber vom 1618 Millikan in den Jahren 1912 – 1915. Kathodenmaterial ab. Physik A/B1 PHYSIK B2 U 0 (V ) SSSommeremester 2017 2016 Die Spannung U0 als Funktion der Frequenz des einfallenden Lichtes für eine Natrium-Kathode (Daten von R.A. Millikan aus dem Jahr 1915) Robert A. Millikan (1868 – 1953) Nobelpreis 1923 GrenzFrequenz 0 Frequenz des einfallenden Lichtes (1014 Hz) 1619 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Widersprüche zur Wellentheorie des Lichtes: (i) Die Intensität der elektromagnetischen Welle des einfallenden Lichtes ist proportional zu deren Amplitudenquadrat. Sie beschreibt den Energiefluß pro Zeit. Daher sollte der Photoeffekt von der Intensität der Strahlung abhängen! (ii) Auch das Auftreten der Grenzfrequenz sollte nicht vorkommen, denn unabhängig von der Frequenz müßte eine große Lichtintensität und damit Energie ausreichen, um Elektronen aus der Kathode auszulösen ! 1620 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 1621 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Einstein überträgt im Jahre 1905 Plancks Befund der Energiequantelung der materiellen „Resonatoren“ auf die elektromagnetische Strahlung und schlägt schon in seiner ersten Arbeit einen experimentellen Weg zur Überprüfung der Lichtquantenhypothese vor: „Wenn sich nun monochromatische Strahlung wie ein diskontinuierliches Medium verhält, welches Albert Einstein (1879 – 1955) aus Energiequanten von der Größe h besteht, Nobelpreis 1921 so liegt es nahe, zu untersuchen, ob auch die Gesetze von der Erzeugung und Verwandlung des Lichtes so beschaffen sind, wie wenn das Licht aus derartigen Energiequanten bestünde.“ Einsteins Erklärung des Photoeffektes mit dem Energieerhaltungssatz für Lichtteilchen (Photonen): h Energie der "Photonen" Ee eU 0 Kinetische Energie der ausgelösten Elektronen WA Auslösearbeit 1622 Physik A/B1 PHYSIK B2 U 0 (V ) SSSommeremester 2017 2016 h eU 0 WA Robert A. Millikan (1868 – 1953) Nobelpreis 1923 WA h U 0 ( ) e e U 0 ( 0 ) 0 0 WA h GrenzFrequenz 0 Frequenz des einfallenden Lichtes (1014 HZ) 1623 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 WA = Austrittsarbeit E WA Metall Die Elektronen sind im Kathodenmaterial gebunden. Es muß Energie, Elektronendie Austrittsarbeit WA, aufgewendet energien werden, um sie freizusetzen. Für Natrium ist WA 2.2 eV. Die Austrittsarbeit WA hängt vom Targetmaterial ab: U 0 (V ) Frequenz des einfallenden Lichtes (1014 HZ) 1624 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Der Photoeffekt im Teilchenbild Ee h WA Albert Einstein (1879 – 1955) Nobelpreis 1921 h Ee WA 1625 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Versuch: Nachweis einzelner Photonen Photomultiplier Lichtleiter Lampe Lichtleiter Photomultiplier Signale einzelner Photonen Über einen Lichtleiter wird schwaches Licht zu einem Photomultiplier geleitet. Dieser verstärkt das durch den Photoeffekt erzeugte Stromsignal um mehrere Größenordnungen. Dadurch lassen sich einzelne Photonen nachweisen. 1626 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 6.3.2 Licht als Teilchen (II): Der Compton-Effekt Arthur H. Compton ( 1892 – 1962 ) Nobelpreis 1927 Compton führte 1923 das folgende Experiment durch: Ein Röntgenstrahl mit der Wellenlänge = 71.1 pm trifft auf ein Kohlenstofftarget T. Die gestreuten Röntgenstrahlen werden unter verschiedenen Winkeln zum einfallenden Strahl beobachtet. Der Detektor mißt die Intensität und Wellenlänge der gestreuten Strahlung für jeweils feste Winkel . 1627 SSSommeremester 2017 2016 Intensität Intensität Physik A/B1 PHYSIK B2 Wellenlänge (pm) Intensität Intensität Wellenlänge (pm) Arthur H. Compton (1892 – 1962) Nobelpreis 1927 Wellenlänge (pm) Wellenlänge (pm) Die gestreute Strahlung enthält ein breites Spektrum mit zwei ausgeprägten Maxima, die den Wellenlängenabstand haben. Widerspruch zum Wellenmodell der elektromagnetischen Strahlung!1628 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Erklärung des Compton-Effektes mit dem Teilchenbild: Einstein 1916: "Lichtteilchen haben auch einen Impuls p !" E Im Fall relativistischer Teilchen gilt: p c Für Lichtteilchen war: E h h h c p Wellenlänge der Strahlung c E h p h 1629 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Quantitative Erklärung des Compton-Effektes als relativistischer Stoßprozeß u 0 Energieerhaltung: h h Ekin Impulserhaltung: p p pElektron Ekin mc 1 , 1 u c 2 vorher 2 2 1 2 h h mc 1 pElektron mu h nachher u h cos mu cos h 0 sin mu sin h 1 cos mc Compton-Verschiebung 1630 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 1631 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 1632 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 6.3.3 Welleneingenschaften von Materie Einstein 1905 & 1916: Elektromagnetische Welle (Licht): , Teilchen (Photon): E = h, p = h / (Ruhe)Masse m = 0 de Broglie 1924: Teilchen der Masse m mit Impuls p = mu und der Energie E Welle mit der Wellenlänge: = h / p und der Frequenz: = E / h Prince Louis-Victor de Broglie (1892 – 1987) Nobelpreis 1929 Idee: „Wenn Wellen sich wie Teilchen verhalten, dann verhalten Teilchen sich unter bestimmten Umständen vielleicht wie Wellen ?!“ 1633 PhysikDavisson-Germer-Experiment A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK B2 Das Clinton J. Davisson (1881 – 1958) Nobelpreis 1937 Lester H. Germer (1896 – 1971) Im Jahre 1927 zeigen Davisson und Germer, dass Elektronen, die auf einen Nickel-Kristall geschossen werden, in ganz bestimmte Richtungen besonders stark gestreut (genauer gebeugt) werden. Dies kann als Streuung einer Welle an dem Raumgitter der Nickel-Atome interpretiert werden. 1634 Physik A/B1 PHYSIK B2 William Henry Bragg (1862 – 1942) William Lawrence Bragg (1890 – 1971) Nobelpreis 1915 SSSommeremester 2017 2016 Beugung von Röntgenstrahlen ( Strukturbestimmung, Chemie! ) Wellenlänge Es gilt: x d sin 2 Damit folgt für die Lage der Maxima der Röntgenstrahlung die Bragg-Gleichung: 2d sin m , m x 2 Kristall d Die Röntgenwellenlängen sind sehr kurz: R 109 1010 m Durch Messung des Winkels kann die Gitterkonstante d bestimmt werden. Genauso läßt sich auch das Davisson-Germer Experiment erklären. 1635 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 1636 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Beugung von Röntgenstrahlen und Elektronen an einer Aluminiumprobe: Aufbau 1637 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK B2 Beugung von Röntgenstrahlen und Elektronen an einer Aluminiumprobe: Ergebnisse 1638 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Beispiele: (i) de Broglie-Wellenlänge eines Elektrons der Energie E = 100 eV Die Energie des Elektrons ist: 2 1 p 2 E meu eU 2 2me Beugungsbild von Röntgenstrahlen hinter einem Kristall Beugungsbild von Elektronen hinter einem Kristall Der direkte Vergleich von Beugungsbildern durch Röntgen- und Elektronenstrahlen an einem Kristall zeigt sehr deutlich den Wellencharakter der Teilchen. p 2me eU Die Wellenlänge ist damit: h h 1.23 1010 m p 2me eU Sie liegt also in der Größenordnung eines Atomdurchmessers. Einheit: 10-10 m = 1 Å (Ångstrøm) 1639 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 (ii) Staubkorn mit dem Durchmesser d = 1m, der Masse m 10-15 kg und der Geschwindigkeit u = 1 mm/s : h h 16 6.6 10 m p mu d Jetzt fragen wir umgekehrt, wie klein u werden muß, damit die de BroglieWellenlänge in der Größenordnung des Teilchendurchmessers d liegt: h u m Mit d folgt: h 13 m u 6.6 10 md s u 106 μm s "Ruhe" (iii) Bitte den folgenden Fehler bei der Berechnung der de BroglieWellenlänge eines Teilchens der Masse m0, von dem man die Energie E kennt, nicht machen: E c de Broglie h Richtig ist (relativistisch): E p 2 c 2 m02 c 4 p E 2 c 2 m02c 2 h E c m c 2 2 2 2 0 1640 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 Fulleren-Moleküle PHYSIK B2 (iv) Auch größere Obkjekte wie werden an „engen Gittern“ oder Spalten gebeugt ! 1641 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Beugung von Fulleren-Molekülen an einem 100nm SiNx-Gitter: M. Arndt, O. Nairz, J. Voss-Andreae, C. Keller, G. van der Zouw, A. Zeilinger; Nature 401, 680 - 682, 14. Oktober 1999. 1642 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 mit Gitter uC60 220 m s c mC60 1.2 1024 kg ohne Gitter p mC60 uC60 C60 h h p mC60 uC60 C 2.5 1012 m 60 d Gitter 100nm 107 m 1643 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 6.3.4 Der Welle-Teilchen Dualismus EM-Welle: Teilchen: E p E h p h E h h p 1644 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Hierbei ist die Größe h das sog. Planck‘sche Wirkungsquantum. Diese Größe ist eine fundamentale Naturkonstante und hat den Wert: h 6.62606876 10 34 J s Oft wird auch die Größe ħ verwendet, die folgendermaßen definiert ist: h 34 1.054571596 10 J s 2 Die Klassische Mechanik ergibt sich im Grenzfall h → 0 . Dann ist die „Wellenlänge“ λ eines Teilchens λ = 0 und der „Impuls“ einer Lichtwelle p = 0, wie in der Newton‘schen und Maxwell‘schen Theorie! 1645 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Optik Wellenoptik n2 2 E E 2 2 0 c t Geometrische Optik d L 2 n2 Mechanik Wellenmechanik Wellengleichung für eine Funktion (r , t ) d Hamilton-Jacobi Mechanik 2 W 2m E V 1646 Physik A/B1 2017mit einer2016 Sommeremester PHYSIK B2 6.3.5 Wie kann SS man Welle ein Teilchen beschreiben? ( x, t ) C exp i kx t C 2 2 2 ( x, t ) C 2 sin 2 kx t 2 x ( x, t ) C sin kx t So kann man offensichtlich kein lokalisiertes Teilchen beschreiben! 1647 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Wellenpaket = Überlagerung einzelner Sinuswellen unterschiedlicher Wellenlänge (Wellenzahl) x Das Wellenpaket beschreibt ein Teilchen, welches sich im Raumbereich x befindet und mit der Gruppengeschwindigkeit 1648 der Welle voranschreitet. Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Phasengeschwindigkeit & Gruppengeschwindigkeit vGr vPh Phasengeschwindigkeit: vPh k Gruppengeschwindigkeit: dvPh dvPh d d (vPh k ) vGr vPh k vPh dk dk dk d 1649 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Dieses Bild stimmt aber für den Photoeffekt Photonen sind keine auch nicht ….. „einfachen“ Wellenpakete, und Elektronen sind keine „einfachen“ Teilchen. Beides sind QUANTENOBJEKTE ! 1650 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK B2 Beispiel 1: Das freie Teilchen Wellenbild Teilchenbild Materiewelle: (r , t ) C exp i k r t Energie des "Teilchens": E h , 2 , h 2 Impuls des "Teilchens": p h ek k , i (r , t ) C exp p r E t i p E (r , t ) C exp 2m 2 k 2 Freies „Teilchen“ der Masse m mit dem Impuls p. 2 p t pr 2m 1651 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Wellenbild Teilchenbild Materiewelle: ( r , t ) C exp i k r t i p2 ( r , t ) C exp p r t "Materiewelle" eines 2m Teilchens der Masse m mit dem exakt festgelegten Impuls p. vPhase 2 p 2m k p vGruppe p 2m d d p 2 p dk dp 2m m vPhase vGruppe Materiewellen zeigen Dispersion! 1652 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Das bedeutet, dass Materiewellen mit der Zeit „zerfließen“! Es stellt sich heraus, dass ein „Teilchen“ der Masse m, dass in einem Raumbereich a lokalisiert ist, in der Zeit τ „zerfließt“, mit ma 2 1653 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Beispiel 2: Staubkorn mit dem Durchmesser d = 1m, der Masse m 10-15 kg und der Geschwindigkeit u = 1 mm/s : h h 6.6 1016 m p mu d Jetzt fragen wir umgekehrt, wie klein u werden muß, damit die de BroglieWellenlänge in der Größenordnung des Teilchendurchmessers d liegt: h u m Mit d folgt: h 13 m u 6.6 10 md s 6 u 10 μm s "Ruhe" Makroskopische Geschwindigkeit des Staubkorns: p k u vGr,de Broglie m m Die Gruppengeschwindigkeit des Wellenpaketes entspricht der makroskopischen Geschwindigkeit des Teilchens. 1654 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK B2Unschärfeprinzip 6.3.6 Das 1 A expi k0 k 2 x it 2 A expik0 x it 3 A expi k0 k 2 x it 1 2 3 Breite von x k 1 1655 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Eine Beschreibung eines „Teilchens“, dass in einem Raumbereich der Größe Δx lokaliseirt ist, gelingt nur durch ein Wellenpaket, in dem Wellen mit Wellenvektoren aus einem Intervall Δk überlagert werden. Dabei gilt immer (mathematischer Grund: Fourier-Transformation): x k 1 h p Wegen p k gilt: k p x k x 1 x p Genauer kann man zeigen, dass zwischen der „Ortsunschärfe“ Δx eines Teilchens und seiner „Impulsunschärfe“ Δp gilt: x p 2 1656 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK B2 6.3.7 Die Heisenberg‘sche Unschärferelation Zitat aus der 1927er Arbeit von Heisenberg: ...an der scharfen Formulierung des Kausalgesetzes: „Wenn wir die Gegenwart genau kennen, können wir die Zukunft berechnen“ ist nicht der Nachsatz, sondern die Voraussetzung falsch. Werner Heisenberg (1901–1976) Nobelpreis 1932 1657 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Die Orts-Impuls Unschärfe ist gegeben durch die Ungleichung: x p 2 Allein mit Hilfe dieser Ungleichung können bereits quantitative Abschätzungen durchgeführt werden: Beispiele: (i) Grundzustand des harmonischen Oszillators p 1 1 2 1 2 2 2 2 E mv m x m x 2 2 2m 2 Werner Heisenberg (1901 – 1976) Nobelpreis 1932 2 x 2p p E 2 da p mv 2 1 1 2 m Emin 2m 2 2 2p Der Grundzustand des harmonischen Oszillators in der Quantenmechanik ist 1658 offensichtlich von Null verschieden! Physik A/B1 PHYSIK B2 Werner Heisenberg (1901 – 1976) Nobelpreis 1932 SSSommeremester 2017 2016 (ii) Größenordnung der Energie von Elektronen in der Atomhülle E Ekin pˆ 2 p2 , 2m 2m x p 2 10 p 2x p p E 2 8m x 2 31 x 10 m, m 9.1 10 kg E 1 eV (iii) Größenordnung der Energie von Nukleonen im Atomkern x 1015 m, m 1840 9.1 1031 kg E 5 MeV 1659 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 (iv) Grundzustandsenergie des Elektrons im Wasserstoffatom: 2 2 e p 1 e Energie: E 2m 4 0 r p p p E x p Proton r 2 1 e2 2m 4 0 r , r x E ( r ) dE ( r ) Minimum: 0 r0 dr r r0 2 2 1 e 2 2mr 4 0 r 4 0 me 2 2 r0 0.52 A Bohr'scher Radius! E ( r0 ) me 4 32 2 02 2 me 4 2 2 13.6 eV Exakt !! 8 0 h 1660 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK B2 Die Messung des Ortes und Impulses eines Teilchens, das durch einen Spalt läuft h p p sin b x b x p h 1661 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Die Messung des Ortes und Impulses eines Teilchens mit einem Mikroskop p x h d pphoton sin 2y 2 y sin 2 y x p h d 1662 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Die Energie-Zeit Unschärfe ist gegeben durch die Ungleichung: E t Bemerkungen: • Diese Unschärferelation ist prinzipiell von der Heisenberg‘schen OrtsImpuls-Unschärfe zu unterscheiden. • Die Energie-Zeit-Unschärfe kann trotzdem so verwendet werden wie die Orts-Impuls-Unschärfe. • Die Energie-Zeit-Unschärfe bedeutet, dass in einem quantenmechanischen System der Energiesatz im Prinzip um den Betrag E verletzt werden kann, solange dies nur in einem kurzen Zeitintervall t ~ ħ / E geschieht. • Die folgenden eher qualitativen Überlegungen verbinden die Energie-ZeitUnschärfe mit der Orts-Impuls-Unschärfe: p2 p p x v t t t p t E t m m 2 2 2 2m x E pc E cp x p x c E t E t 2 1663 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Breite und Lebensdauer von Energieniveaus E t 1664 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Was sind Quantenfluktuationen? E t Energiefluktuation Zeitdauer 10-34 Js Die Energieerhaltung darf für kleine Zeitintervalle verletzt werden! 1665 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 „Das Unsicherheitsprinzip wird Ihnen jetzt nicht helfen, Stephen. Alle Quantenfluktuationen im Universum werden die Karten in Ihrer Hand nicht auswechseln. Ich gehe mit.“ E mKarte c 10 J 14 Einstein hat Recht: Aufgrund einer Quantenfluktuation könnte eine Spielkarte maximal eine Strecke von 10-40 m zurücklegen! 2 10 J t 10 14 34 48 Js t 10 s R c t 10 40 m! 1666 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Übertragung einer Kraft durch den Austausch von Teilchen 1667 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Qualitative Abschätzung der Reichweite von Kräften: Energie-Zeit-Unschärfe: E t Ein "virtuelles Teilchen" mit der Ruhemasse m0 entsteht E m0c 2 In der Zeit t , bis das Teichen wieder vernichtet wird, durchläuft es die Distanz: R c t R c t c E m0c Die maximale Reichweite von Kräften, die durch "virtuelle Teilchen" der Ruhemasse m0 vermittelt werden, ist: R m0c Beispiele : Coulomb-Kraft: virtuelle Photonen m0 0 R langreichweitig "Kernkräfte": R 2 1015 m m0 200 me Pionen (Yukawa-Idee) 1668 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Inhalt der Vorlesung Physik B2 5. Optik Licht als elektromagnetische Welle (02.06.16) Geometrische Optik (02.06.16 & 09.06.16) Optische Abbildungen (09.06.16) Wellenoptik (16.06.16) 6. Atomphysik & Quantenmechanik Die Grenzen der klassischen Physik (23.06.16) Atommodelle (23.06.16) Wellen & Teilchen, Unschärfeprinzip (30.06.16) Die Schrödinger-Gleichung Das Wasserstoff-Atom Der Aufbau der Elektronenhülle der Elemente Die chemische Bindung Die allgemeine Struktur der Quantenmechanik 1669 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK 6.4.1 DieB2Bedeutung der Wellenfunktion Young‘scher Doppelspaltversuch Thomas Young (1773 – 1829) Beugung von „Materiewellen“ am Doppelspalt ?? 1670 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Wiederholung: Abschnitt 5.4.6 Spalt: a = 0.1 mm OK ! Doppelspalt: Spaltbreite a = 0.1 mm, Abstand der Spalte g = 0.30 mm 1671 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Doppelspaltexperiment (nach Feynman - Lectures) (a) Wand mit 2 Spalten & Auffangwand mit Detektor (b) Intensitätsverteilungen bei jeweils nur einem geöffneten Spalt (c) Intensitätsverteilung bei zwei geöffneten Spalten Richard P. Feynman (1918 – 1988) Nobelpreis 1965 1672 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Richard P. Feynman (1918 – 1988) Nobelpreis 1965 Experiment mit Gewehrkugeln: Die Intensität („Trefferwahrscheinlichkeit“) beim Doppelspalt ist die Summe der Intensitäten für die Einzelspalte. 1673 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK B2 mit Experiment Wasser- oder Lichtwellen: Die Intensität hinter einem Einzelspalt ist gleich dem Absolutquadrat der Amplitude. Beim Doppelspalt addieren sich die Amplituden. Die Intensität ist gleich dem Absolutquadrat der Amplitudensumme. 1674 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK B2 mit Experiment Elektronen(wellen): Die Intensität hinter einem Einzelspalt ist gleich dem Absolutquadrat der Amplitude der Materiewelle. Beim Doppelspalt addieren sich die Amplituden. Die Intensität ist wieder gleich dem Absolutquadrat der Amplitudensumme. 1675 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK B2 mit Experiment Elektronen(wellen): Jetzt wird hinter dem Doppelspalt festgestellt, welchen Weg 1 oder 2 das Elektron genommen hat. Nun ist die auf dem Schirm gemessene Intensität gleich der Summe der Intensitäten für die Einzelspalte ??!! 1676 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 PHYSIK B2 Nochmal das Experiment mit2016 Gewehrkugeln: Die Intensität („Trefferwahrscheinlichkeit“) beim Doppelspalt ist eigentlich doch die Summe der Ampulituden für die Einzelspalte. Aber das Bild ist so „fein“, dass nur ein „geglättetes“ Bild gemessen werden kann. Richard P. Feynman (1918 – 1988) Nobelpreis 1965 1677 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK B2 Wegbestimmung Versuch der (Spalt 1 oder 2) durch Rückstoß(Impuls)messung der Wand. Dadurch werden die Orte der Spalte unbestimmt. Die Intensitätskurve wird „ausgewaschen“ ( „Unbestimmtheitsrelation“). 1678 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Beugung am Einzel- und Doppelspalt Wellenbild Teilchenbild Bitte selber ausprobieren ! Programm download unter: http://www.physik.uni-muenchen.de/didaktik/Computer/ Doppelspalt/Doppelspalt.htm 1679 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Max Born (1882 – 1970) Nobelpreis 1954 1680 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Max Born (1882 – 1970) Nobelpreis 1954 Interpretation der Wellenfunktion 1681 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Interpretation der Wellenfunktion (r , t ) Wahrscheinlichkeitsdichte das Teilchen zum 2 Zeitpunkt t am Ort r zu finden. Max Born (1882 – 1970) Nobelpreis 1954 (r , t ) dV Wahrscheinlichkeit das Teilchen zum 2 Zeitpunkt t im Volumenlement dV zu finden. Bemerkungen: • Bei mechanischen und elektromagnetischen Wellen wurde die komplexe Schreibweise nur zur Vereinfachung gewählt (Vermeidung von Sinus und Cosinus). Die Amplitude dieser Wellen war immer reell. Die Wellenfunktion ist im Gegensatz dazu in der Regel eine komplexe Zahl. Sie hat daher keine direkte anschauliche Bedeutung. • Die Wellenfunktion beschreibt den Zustand eines Systems. Das Interferenzbild beim Doppelspalt kommt nicht durch die Interferenz 1682 mehrerer Wellenfunktionen zustande! Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 1683 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Interpretation der Wellenfunktion (r , t ) Wahrscheinlichkeitsdichte das Teilchen zum 2 Zeitpunkt t am Ort r zu finden. Max Born (1882 – 1970) Nobelpreis 1954 (r , t ) dV Wahrscheinlichkeit das Teilchen zum 2 Zeitpunkt t im Volumenlement dV zu finden. Weitere Bemerkungen: • Ein „klassisches Teilchen“ wird zum Zeitpunkt t durch 6 Parameter, drei Ortskoordinaten und drei Geschwindigkeiten, vollständig beschrieben. Der Zustand eines „Quantenteilchens“ wird durch die unendlich vielen Werte der Wellenfunktion beschrieben. • Damit gibt es den Begriff der „Bahn eines Teilchens“ nicht mehr. Eine Welle breitet sich als Ganzes aus. Die Frage, welchen Spalt das Teilchen durchquert hat, ist somit sinnlos. Die zugehörige Welle hat beide Spalte 1684 gleichzeitig durchlaufen ! Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 r (t ) (r , t ) 2 1685 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 1686 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 6.4.2 Die Kopenhagener Deutung: Statistische Interpretation der Wellenfunktion Die Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Wellenfunktion stellte sich immer mehr als die einzige mit dem Experiment verträgliche heraus. Sie bildet die Grundlage der sog. Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik, so genannt nach den vielen Diskussionen im Kreis um Niels Bohr in Kopenhagen. Die Kopenhagener Deutung bezieht den Messprozeß direkt in das Experiment mit ein. Nach einer Messung „kollabiert“ die Wellenfunktion, und das System 1687 befindet sich in einem „Eigenzustand“ ( siehe später Abschnitt 6.8). Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Beispiel: Beugung von Fulleren-Molekülen an einem 100nm SiNx-Gitter M. Arndt, O. Nairz, J. Voss-Andreae, C. Keller, G. van der Zouw, A. Zeilinger; Nature 401, 680 – 682, 14. Oktober 1999. 1688 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 mit Gitter ohne Gitter Offenbar gilt die Quantenmechanik nicht für Objekte in der „makroskopischen“ Welt. Oder doch? 1689 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Albert Einstein (1879 – 1955) Nobelpreis 1921 Reaktionen auf die statistische Interpretation der Wellenfunktion Gott würfelt nicht ! Ist der Mond da, wenn man nicht hinschaut ? 1690 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Die Schrödinger‘sche Katze Erwin Schrödinger (1887 – 1961) Nobelpreis 1933 Zustand der Katze: lebend - Zustand lebend tot - Zustand tot Solange man nicht in den Kasten schaut, befindet sich die Katze in einem undefinierten Zustand: = lebend + tot ???? 1691 Physik A/B1 SSSommeremester 2017 2016 PHYSIK B2ist die Frage: Wo Grenze zwischen „klassischer“ und „Quantenphysik“? 1692 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Albert Einstein (1879 – 1955) Nobelpreis 1921 Reaktionen auf die statistische Interpretation der Wellenfunktion Idee: Es gibt eine noch fundamentalere Theorie, die konkrete Aussagen erlaubt. In dieser wird ein System dann wieder durch genau bestimmte Parameter beschrieben. „Theorie verborgener Parameter“ 1693 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Reaktionen auf die statistische Interpretation der Wellenfunktion John S. Bell 1964: Wenn es „verborgene Parameter“ gibt, dann ist eine bestimmte Ungleichung (die Bell‘sche Ungleichung) erfüllt. Experimentell stellt sich heraus, dass diese Ungleichung verletzt wird! Es gibt keine verborgenen Parameter! Die Quantenmechanik ist eine fundamentale (vollständige) Theorie. Die Wellenfunktion eines Systems beinhaltet alle möglichen Informationen. John Stuart Bell (1928 – 1990) 1694 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 1695 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Die „Viele Welten-Interpretation“ der Wellenfunktion 1696 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Die „Viele-Welten-Interpretation“ von Schrödingers-Katze Hugh Everett III (1930 – 1982) 1697 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 6.4.3 Weitere Eigenschaften der Wellenfunktion „Dann mußt Du nur noch die tertiären Wellenfunktionen renormalisieren.“ 1698 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Normierung der Wellenfunktion „Dann mußt Du nur noch die tertiären Wellenfunktionen renormalisieren.“ 1699 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Max Born (1882 – 1970) Nobelpreis 1954 Interpretation der Wellenfunktion für ein Teilchen ( r , t ) Wahrscheinlichkeitsdichte das Teilchen zum 2 Zeitpunkt t am Ort r zu finden. ( r , t ) dV Wahrscheinlichkeit das Teilchen zum 2 Zeitpunkt t im Volumenlement dV zu finden. ( r , t ) dV 1 Die Wellenfunktion muß normierbar sein. 2 Irgendwo muss das Teilchen sein! 1700 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 Isaak Newton 2016 (1642 – 1727) Erwin Schrödinger (1887 – 1961) Nobelpreis 1933 Klassische Physik QuantenPhysik Klassische Mechanik Wellenmechanik Teilchen der Masse m Bewegungsgleichung: 2 d r F (r , r , t ) m 2 dt Lösung r (t ) Teilchen der Masse m Wellengleichung: DGL für r , t Lösung r , t Frage: Wie sieht die „Wellengleichung“ für Materiewellen aus? 1701 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Bedingungen für die gesuchte Bestimmungsgleichung für Die gesuchte Gleichung muß ......... (i) ..... eine Differentialgleichung erster (!) Ordnung in der Zeit sein, damit (r , t ) durch die Anfangsverteilung (r , 0) bestimmt ist. (ii) ..... linear in sein, damit das Superpositionsprinzip gilt. Dadurch gibt es Interferenzeffekte wie in der Optik. Eventuell auftretende Konstanten in der Gleichung müssen universell sein. (iii) ..... homogen sein, denn sonst wäre die Normierung (r , t ) 2 dV 1 nicht für alle Zeiten t erfüllt (Warum?). (iv) ..... ebene Wellen i (r , t ) C exp als Lösung für das freie Teilchen haben. p2 p r t 2m 1702 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 1703 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Erwin Schrödinger (1887 – 1961) Nobelpreis 1933 Radialanteil der Schrödingergleichung für das Wasserstoffatom ( Abschnitt 6.5) Quantisierung der Energie ergibt sich automatisch, ohne willkürliche Postulate. Ergebnis: Die Bohr‘schen Resultate ! 1704 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Nachruf von Max Born auf Erwin Schrödinger: „Als Physiker zählt er zweifellos zu den ganz Großen. Denn wenn auch seine Wellenmechanik auf dem Werk von Vorläufern basiert, vor allem dem von William R. Hamilton und Louis de Broglie, so ist sie doch im höchsten Grade originell und ganz unabhängig von der Göttinger und Cambridger Quantenmechanik. Schrödinger fand dann die richtige Verknüpfung beider Methoden. Aber sein Verfahren war von Anfang an populär und ist es geblieben. Sein Name ist wohl der meist zitierte in physikalischen Veröffentlichungen. Wer von uns hat nicht die Worte Schrödinger-Gleichung oder Schrödinger-Funktion ungezählte Male hingeschrieben? Voraussichtlich werden die nächsten Generationen dasselbe tun und seinen Namen lebendig erhalten.“ Physikalische Blätter 17 (1961) 87 1705 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 6.4.4 Die Schrödinger-Gleichung Erwin Schrödinger (1887 – 1961) Nobelpreis 1933 (r , t ) (r , t ) V (r ) (r , t ) i 2m t 2 Bemerkungen: • Dies ist die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung für ein Teilchen der Masse m, dass sich in einem Potential V bewegt. Es gibt auch die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung stationäre Zustände. • Man beachte, dass die imaginäre Einheit i explizit in der Gleichung vorkommt. Die Wellenfunktion kann daher auch komplexwertig sein! • Die obige Gleichung gilt im nicht-relativistischen Fall. In diesem Fall gilt der folgende Erhaltungssatz: Teilchen mit nicht-verschwindender Ruhemasse (z.B. Elektronen) können weder erzeugt noch vernichtet werden. Die Gesamtzahl dieser Teilchen ist also konstant. Dies gilt nicht für Photonen mit der Ruhemasse Null: Photonen können emittiert und absorbiert werden. • Man beachte: Dies ist keine Wellengleichung, wie wir sie in Abschnitt 2.9 kennengelernt haben !! Es taucht nur die 1. Ableitung nach der Zeit auf. 1706 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Optik Wellenoptik n2 2 E E 2 2 0 c t Geometrische Optik d L 2 n2 Mechanik Wellenmechanik Wellengleichung für eine Funktion (r , t ) d Hamilton-Jacobi Mechanik 2 W 2m E V 1707 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Optik Wellenoptik n2 2 E E 2 2 0 c t Geometrische Optik d L 2 n2 Mechanik Wellenmechanik 2 V i 2m t d Hamilton-Jacobi Mechanik 2 W 2m E V 1708 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 Isaak Newton 2016 (1642 – 1727) Erwin Schrödinger (1887 – 1961) Nobelpreis 1933 Klassische Physik QuantenPhysik Klassische Mechanik Wellenmechanik Teilchen der Masse m Teilchen der Masse m Bewegungsgleichung: Wellengleichung: d r F (r , r , t ) m 2 V (r ) i dt 2m t ,t r (0), r (0) Lösung r (t ) r , 0 Lösung r1709 2 2 PhysikStationäre A/B1 SSZustände 2017 Sommeremester PHYSIK B2 6.4.5 & 2016 zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung Anschauliche Deutung des dritten Bohr‘schen Postulates: h 2 r h L rp rpn de Broglie 2 n p U Bahn 2 r nde Broglie konstruktive Interferenz! n=5 1710 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 (r , t ) (r ) 2 Kern v e r Klassisches Bild: Das Elektron umkreist als Teilchen den Kern Kern 2 Quantenmechanisches Bild: Die Wellenfunktion des Elektrons bildet eine stehende Welle um den Kern stationärer Zustand ! 1711 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Stationäre Zustände sind zeitunabhängig und beschreiben „stabile“ Zustände eines Systems. Wenn ein System sich zeitlich entwickelt, dann liegen nicht stationäre Zustände vor. Dies tritt beispielsweise beim Übergang eines Elektrons von einem Zustand in einen anderen in einem Atom auf, wobei gleichzeitig ein Photon absorbiert oder emittiert wird. Als Ansatz für die Lösung der Schrödinger-Gleichung machen wir: r , t (r ) e it , E r , t (r ) e E i t Einsetzen in die Schrödinger-Gleichung V ( r ) i ergibt: 2m t E E E 2 i t i t i t ( r ) e V ( r ) ( r ) e i (r ) e 2m t 2 1712 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 E E E i t i t i t ( r ) e V ( r ) ( r ) e i (r ) e 2m t 2 2 2m e E i t 2 2m ˆ H ( r ) V ( r ) ( r ) e E i t i (r ) iE e E i t ( r ) V ( r ) ( r ) E ( r ) Man führt die Abkürzung ein: 2 V (r ) Dieses Objekt ist der sog. Hamilton-Operator. 2m Dieser Operator wird auf eine Funktion r angewendet. Die Schreibweise dafür lautet: 2 ˆ H ( r ) V ( r ) ( r ) 2m = 2 2m ( r ) V ( r ) ( r ) 1713 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung ˆ (r ) E (r ) H 2 2m (r ) V (r ) (r ) E (r ) Erwin Schrödinger (1887 – 1961) Nobelpreis 1933 Bemerkungen: • Das ist DIE Schrödinger-Gleichung für die stationären Zustände eines Teilchens der Masse m, dass sich in einem Potential V bewegt. • Die Lösungen sind Zustände mit einer genau definierten Energie E. • Die mögliche Quantisierung der Energie (oder anderer Größen) ergibt sich erst durch die Lösung dieser Gleichung unter Berücksichtigung der Randbedingungen, die diese Lösung erfüllen muß (z.B. Normierung). Die Quantisierung wird damit nicht postuliert, sondern ist eine mathemetische Notwendigkeit. • Die Lösung dieser Gleichung für unterschiedliche Potentiale V(r) ist die 1714 wesentliche Aufgabe der Quantenmechanik! Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 6.4.6 Eindimensionale Beispiele Die 1D Schrödinger-Gleichung ( x, t ) ( x, t ) V ( x) ( x, t ) i 2 2m x t Stationäre Zustände: ( x, t ) ( x) exp i E t 2 2 d ( x) V ( x) ( x) E ( x) 2 2m dx 2 2 d ˆ 1D Hamilton-Operator: H V ( x) 2 2m dx ˆ ( x) E ( x) Eigenwertgleichung: H 2 2 1715 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 2016 Es sind also Lösungen (x) der 1D-Schrödinger-Gleichung für unterschiedliche Potentiale V(x), in denen sich ein „Teilchen“ der Masse m bewegt, gesucht. d ( x) V ( x ) ( x ) E ( x ) 2 2m dx 2 2 Dabei ist E die Energie des jeweiligen Zustandes. Diese Energie kann (muss aber nicht!) quantisiert sein. Eine solche Quantisierung ergibt sich in der Regel durch Nebenbedingungen, die die Funktion (x) erfüllen muss. Eine solche Nebenbedingung ist beispielsweise die Forderung, dass die Funktion (x) STETIG sein muss. Weiterhin gilt für endliche Potentiale V(x), dass die erste Ableitung d(x)/dx ebenfalls stetig sein muss. Ferner muss wegen der Normierung gelten: ( x) 2 dx 1 1716 Physik A/B1 PHYSIK B2 SSSommeremester 2017 Isaak Newton 2016 (1642 – 1727) Klassische Physik: Harmonischer Oszillator 2. Newton-Axiom: 2 d x(t ) D x(t ) 0 2 dt m lineare, homogene DGL 2. Ordnung mit konstanten Erwin Schrödinger (1887 – 1961) Nobelpreis 1933 QuantenPhysik: Harmonischer Oszillator Schrödinger-Gleichung: d 2 ( x) 2m 1 2 2 E Dx ( x) 0 2 dx 2 lineare, homogene DGL 2. Ordnung mit nicht - Koeffizienten. konstanten Koeffizienten. Einfach zu lösen x(t ) Schwerer zu lösen ( x) ? 1717 Physik A/B1 PHYSIK B2 0 ( y) 2 ( y) 4 ( y) SSSommeremester 2017 2016 1 ( y ) En n 1 2 x y x0 3 ( y) 5 ( y) y 1718