DS Trainer - Carlos Camino

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DS Trainer
Carlos Camino
www.carlos-camino.de/ds
Wintersemester 2015/16
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Hallo!
Mit diesen Folien möchte ich eure Vorbereitung für die DS-Klausur etwas angenehmer
machen. Ihr findet hier nicht nur die Definitionen und Sätze aus der Vorlesung, sondern
vor allem Beispiele. Viele Beispiele!
Außerdem findet ihr mehr als 200 Quizfragen und -antworten, mit denen ihr euer
Verständnis zu jedem Thema überprüfen könnt. Die Idee dieses Trainers ist die des
learning by doing.
Konstruktive Kritik, Ideen und Kommentare sind jederzeit herzlichst willkommen.
Frohes Durchklicken!
Carlos
2 / 1411
Disclaimer
Diese Folien wurden weder von Prof. Bungartz (Dozent) noch von der Übungsleitung
erstellt und erheben keinerlei Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie sollen
nicht die Vorlesungsfolien ersetzen, sondern lediglich als Lernunterstützung dienen.
Ich werde mir Mühe geben, dass sie konsistent mit den Vorlesungsfolien sind. Bei
Inkonsistenzen soll selbstverständlich den Vorlesungsfolien die Präferenz gegeben
werden und nicht diesen.
3 / 1411
Kleine Bitte
Ich mache gerne Fehler (besonders Sprachfehler) und übersehe ständig Sachen. Bitte
traut euch, gefundene Fehler und Inkonsistenzen bei mir zu melden. Für jede
Fehlermeldung (egal wie klein sie ist) werde ich sehr dankbar sein.
Meldungen über inhaltliche Fehler helfen euren Kommilitoninnen und Kommilitonen,
um den Stoff besser zu verstehen. Meldungen über Grammatikfehler helfen mir, um die
Sprache besser zu lernen.
Jedes Komma zählt!
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Infos zur Struktur
I
Die Abschnitte 2.1 bis 5.4 in diesem Trainer entsprechen genau den Foliensätzen 2
bis 21 aus der Vorlesung - in genau derselben Reihenfolge.
I
Kapitel 6 enthält Folien, die in früheren Semestern Teil der DS-Vorlesung waren,
aber dieses Semester völlig irrelevant sind.
I
Die Struktur innerhalb eines Abschnittes, insbesondere die Aufteilung in
Unterabschnitten (die, die mit drei Zahlen x .y .z. nummeriert sind), habe ich
selber gewählt.
I
Bei jeder Themenübersicht sind alle aufgelisteten Themen und die
Folienüberschrift anklickbar.
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Themenübersicht
1. Einleitung
2. Grundlagen
3. Kombinatorik
4. Graphentheorie
5. Algebraische Strukturen
Nicht klausurrelevant
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Themenübersicht
1. Einleitung
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Was sind diskrete Strukturen?
Sie sind toll.
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Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
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Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.1.1. Wichtige Begriffe
2.1.2. Tupel und Wörter
2.1.3. Mathematische Aussagen
2.2.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Relationen und Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
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Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.1.1. Wichtige Begriffe
2.1.2. Tupel und Wörter
2.1.3. Mathematische Aussagen
2.2.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Relationen und Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
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Mengen
Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung von bestimmten
wohl-unterschiedenen Objekten. Wichtig ist:
I
Es werden geschweifte Klammern benutzt: {. . .}.
I
Elemente werden durch Kommas getrennt.
I
Die Reihenfolge der Elemente ist irrelevant.
I
Die Anzahl an Kopien desselben Elements ist irrelevant.
I
Die Elemente einer Menge können beliebige Objekte sein, z.B. auch Mengen.
Beispiel
Die Menge {1, 2, 3} enthält die Elemente 1, 2 und 3. Außerdem gilt beispielsweise:
{1, 2, 3} = {2, 3, 1} = {1, 2, 3, 3, 3, 2}.
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Elementrelation
x ist Element von A (in Zeichen: x ∈ A), falls x in A enthalten ist. Falls x kein
Element von A ist, dann schreibt man x ∈
/ A.
Beispiel
Es gilt 2 ∈ {1, 2, 3}, aber 4 ∈
/ {1, 2, 3}.
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Inklusion
A ist Teilmenge von B (in Zeichen: A ⊆ B), falls jedes Element aus A in B enthalten
ist. B wird oft Obermenge von A gennant. Falls A keine Teilmenge von B ist, dann
schreibt man A * B.
Beispiel
Es gilt {1, 3} ⊆ {1, 2, 3} und {1, 2, 3} ⊆ {1, 2, 3}, aber {3, 4} * {1, 2, 3}.
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Mengengleichheit
Die Mengen A und B sind gleich (in Zeichen: A = B), falls A ⊆ B und B ⊆ A gelten.
Falls A und B nicht gleich sind, dann schreibt man A 6= B.
Beispiel
Es gilt {1, 2, 3} = {1, 2, 3}, aber {2, 3, 4} =
6 {1, 2, 3}.
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Echte Inklusion
A ist eine echte Teilmenge von B (in Zeichen: A ⊂ B), falls A ⊆ B und B * A gelten.
B wird dann echte Obermenge von A gennant.
Beispiel
Es gilt {1, 3} ⊂ {1, 2, 3}, aber {1, 2, 3} 6⊂ {1, 2, 3}.
Info
In vielen Vorlesungen und Büchern wird das Zeichen ⊂ für die normale Inklusion
benutzt. In solchen Fällen wird die echte Inklusion mit ( oder $ notiert.
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Kardinalität
Die Kardinalität oder Mächtigkeit |A| einer Menge A gibt die Anzahl der Elemente in A
an. Falls die Anzahl an Elementen in A unendlich ist, dann schreibt man |A| = ∞.
Beispiele
Es gilt |{3, 4, 5}| = 3, |{{2}, {3, 4, 5}}| = 2, |{}| = 0 und |{{}}| = 1.
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Quizfrage
Sei A eine Menge mit
A = {a, 6, {3, c, {4, 1}}, {{}}, 6, {b, d, 5}}.
Welche Kardinalität |A| besitzt A?
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Antwort
|A| = |{|{z}
a , |{z}
6 , {3, c, {4, 1}}, {{}}, 6, {b, d, 5}}| = 5
1
2
|
{z
3
} | {z }
4
|
{z
5
}
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Extensionale Schreibweise
Man zählt die Elemente der Menge explizit auf:
A = {x1 , x2 , x3 , x4 , . . .}.
Die extensionale Schreibweise ist eigentlich nur für endliche Mengen möglich. Wir
benutzen sie aber auch für unendliche Mengen und schreiben „. . .“ wenn es ersichtlich
ist, was damit gemeint ist.
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Intensionale Schreibweise
Man kann Mengen auch durch diejenigen Elemente beschreiben, die eine Eigenschaft
P haben. Die Menge
A = {x | P(x )}
enthält dann alle Elemente, die die Eigenschaft P erfüllen. Man schreibt oft auch
{x ∈ U | P(x )}, um zu verdeutlichen, dass wir nur diejenigen Elemente aus der Menge
U mit der Eigenschaft P betrachten.
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Infos
I
Für die intensionale Schreibweise kann man auch ein Doppelpunkt oder ein
Semikolon als Trennzeichen benutzen. Folgende Darstellungen sind also
gleichwertig:
{x ∈ U | P(x )} ,
{x ∈ U : P(x )},
{x ∈ U ; P(x )}.
Ihr dürft natürlich alle drei Schreibweisen benutzen!
I
Viele Mengen haben die Form
{x | x = a(x1 , . . . , xk ) für x1 ∈ A1 , . . . , xk ∈ Ak } ,
wobei a(x1 , . . . , xk ) ein mathematischer Ausdruck (eine Funktion) ist, welcher von
den Parametern x1 , . . . , xk abhängig ist. Für diese Mengen erlauben wir auch die
Schreibweise:
{a(x1 , . . . , xk ) | x1 ∈ A1 , . . . , xk ∈ Ak } .
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Wichtige Zahlenmengen
Wichtige endliche Zahlenmengen sind:
∅
= {}
(leere Menge)
[n] = {1, 2, . . . , n}
(diskretes Intervall)
Zn = {0, 1, . . . , n − 1} (Reste bei Division durch n)
Wichtige unendliche Zahlenmengen sind:
N
N0
Z
Q
R
C
=
=
=
=
=
=
{1, 2, 3, . . .}
{0, 1, 2, 3, . . .}
{.
0, 1, 2, 3, . . .}
n . . , −3, −2, −1,o
p q p ∈ Z, q ∈ N
{d, d1 d2 d3 . . . | d ∈ Z, d1 , d2 , d3 , . . . ∈ Z10 }
{a + bi | a, b ∈ R}
(natürliche Zahlen)
(natürliche Zahlen mit Null)
(ganze Zahlen)
(rationale Zahlen)
(reelle Zahlen)
(komplexe Zahlen)
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Info
Bei der Definition der sechs unendlichen Mengen in der vorherigen Folie habe ich mir
das Leben sehr einfach gemacht. Die eigentlichen axiomatischen Definitionen sind viel
komplizierter.
Deutlich komplizierter als für uns in DS nötig ;-)
24 / 1411
Beispiele
Folgende Mengen sind extensional definiert:
I
Menge aller natürlichen Zahlen zwischen 11 und 15:
{11, 12, 13, 14, 15}
I
Menge aller Buchstaben des lateinischen Alphabets:
{a, b, c, . . . , z}
I
Menge aller ungeraden Zahlen:
{. . . , −7, −5, −3, −1, 1, 3, 5, 7, . . .}
I
Menge aller Zweierpotenzen:
{1, 2, 4, 8, 16, 32, . . .}
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Dieselben Mengen können auch intensional wie folgt definiert werden:
I
Menge aller natürlichen Zahlen zwischen 11 und 15:
{x ∈ N | 11 ≤ x ≤ 15} = {10 + k | k ∈ [5]}
I
Menge aller Buchstaben des lateinischen Alphabets:
{x | x ist ein Buchstabe des lateinischen Alphabets}
I
Menge aller ungeraden Zahlen:
{x ∈ Z | x ungerade} = {2k + 1 | k ∈ Z}
I
Menge aller Zweierpotenzen:
n
{x ∈ N | x ist eine Zweierpotenz} = 2k k ∈ N0
o
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Quizfragen
Wie sehen folgende Mengen in extensionaler Schreibweise aus?
1. {|n − 4| | n ∈ [7]}
2. {n ∈ Z | |n − 5| ≤ 2}
3. {cos (nπ) | n ∈ N0 }
4.
sin
nπ
2
n ∈ N0
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Antworten
1. {|n − 4| | n ∈ [7]} = {3, 2, 1, 0, 1, 2, 3} = {0, 1, 2, 3}.
2. {n ∈ Z | |n − 5| ≤ 2} = {n ∈ Z | −2 ≤ n − 5 ≤ 2} = {3, 4, 5, 6, 7}.
3. {cos(nπ) | n ∈ N0 } = {1, −1, 1, −1, 1, −1, 1, . . .} = {1, −1}.
4.
sin
nπ
2
n ∈ N0 = {0, 1, 0, −1, 0, 1, 0, −1, 0, . . .} = {0, 1, −1}.
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Graphische Darstellung von Mengen
Mengen und deren Beziehungen können mithilfe von Mengendiagrammen dargestellt werden.
Das Universum U wird als Rechteck und die Mengen A1 , . . . , An als Kreise (bzw. Ovale)
innerhalb des Rechtecks gezeichnet.
Bei Euler-Diagrammen werden nur die notwendigen Überlappungen der Flächen dargestellt. Bei
Venn-Diagrammen dagegen werden alle möglichen Überlappungen eingezeichnet, selbst wenn
einige davon leer bleiben.
Beispiel
Für A = {2, 5, 8}, B = {1, 2, 4, 6, 8} und C = {5} über U = [8] erhält man:
U
3 7
U
A
A
5
8
2
3 7
1
8
2
4
6
4
6
C
B
Euler-Diagram
B
5
1
C
Venn-Diagram
29 / 1411
Info
Bei Euler-Diagrammen wird das Universum durch n Mengen in höchstens 2n Bereichen
aufgeteilt. Venn-Diagramme sind ein Spezialfall von Euler-Diagrammen, bei denen die Anzahl
solcher Bereiche genau 2n ist.
1 Bereich
2 Bereiche
4 Bereiche
8 Bereiche
16 Bereiche
Beispielsweise ist das Euler-Diagramm
kein Venn-Diagramm, weil die Anzahl der Bereiche 14 ist.
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Potenzmenge
P(A) ist die Menge aller Teilmengen von A, also:
P(A) := {X | X ⊆ A} .
Beispiele
Es gilt:
P(∅)
P({1})
P({1, 2})
P({1, 2, 3})
=
=
=
=
{∅},
{∅, {1}},
{∅, {1}, {2}, {1, 2}},
{∅, {1}, {2}, {3}, {1, 2}, {1, 3}, {2, 3}, {1, 2, 3}}.
31 / 1411
Info
Für jede endliche Menge A gilt: |P(A) | = 2|A| .
der vorigen Folie:
|P(∅) |
=
|P({1}) |
=
|P({1, 2}) |
=
|P({1, 2, 3}) | =
Beispielsweise gilt für die Mengen aus
20
21
22
23
=
=
=
=
1,
2,
4,
8.
Deswegen wird oft auch die Notation 2A statt P(A) benutzt.
32 / 1411
Quizfragen
Wie viele Elemente enthalten folgende Mengen?
1. P([6]),
2. P(P([3])),
3. P(P(P(∅))).
Erinnerung: [n] = {1, 2, . . . , n}.
33 / 1411
Antworten
1. |P([6]) | = 26 = 64.
3
2. |P(P([3])) | = 22 = 28 = 256.
20
1
3. |P(P(P(∅))) | = 22 = 22 = 22 = 4.
34 / 1411
Noch eine Quizfrage
Aus der letzten Quizfrage wissen wir, dass die Menge P(P(P(∅))) genau vier Elemente
besitzt.
Welche sind das?
35 / 1411
Antwort
Es gilt:
P(P(P(∅))) = P(P({∅})) = P({∅, {∅}}) = {∅, {∅}, {{∅}}, {∅, {∅}}}.
Die vier Elemente sind dann: ∅, {∅}, {{∅}} und {∅, {∅}}.
36 / 1411
Operationen
Die wichtigsten Operationen auf Mengen sind:
A
:=
{x ∈ U | x ∈
/ A}
(Komplement)
A∩B
:=
{x ∈ U | x ∈ A und x ∈ B}
(Schnitt)
A∪B
:=
{x ∈ U | x ∈ A oder x ∈ B}
(Vereinigung)
A\B
:=
{x ∈ U | x ∈ A und x ∈
/ B}
(Differenz)
A4B
:=
{x ∈ U | entweder x ∈ A oder x ∈ B}
(symmetrische Differenz)
∩ und ∪ sind assoziativ. Für mehrere Mengen schreiben wir:
n
\
i=1
Ai := A1 ∩ A2 ∩ . . . ∩ An ,
n
[
Ai := A1 ∪ A2 ∪ . . . ∪ An .
i=1
37 / 1411
Infos
I
Man schreibt oft auch AC oder A0 statt A und A − B statt A \ B.
I
Die graphische Bedeutung des Komplements ist folgende:
U
A
A
I
Die graphische Bedeutung der zweistellingen Operationen ∩, ∪, \ und 4 ist:
U A
B
A∩B
U A
B
A∪B
U A
B
A\B
U A
B
A4B
38 / 1411
Beispiel
Seien A = {1, 2} und B = {2, 3} Mengen über dem Universum U = [4].
U
A
B
1
2
3
4
Dann gilt:
A
A∩B
A∪B
A\B
A4B
=
=
=
=
=
{x
{x
{x
{x
{x
∈ U |x ∈
/ A}
∈ U | x ∈ A und x ∈ B}
∈ U | x ∈ A oder x ∈ B}
∈ U | x ∈ A und x ∈
/ B}
∈ U | entweder x ∈ A oder x ∈ B}
=
=
=
=
=
{3, 4},
{2},
{1, 2, 3},
{1},
{1, 3}.
39 / 1411
Quizfragen
Seien A = {1, 2, 3, 4} und B = {3, 4, 5} Mengen über dem Universum U = [5]. Was ist
dann die Kardinalität folgender Mengen?
1. P(A4B)
2. P(P(A ∩ B))
3. P(A) ∪ P(B)
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Antworten
1. Es gilt:
|P(A4B)| = |P({1, 2, 5})| = 23 = 8.
2. Es gilt:
2
|P(P(A ∩ B))| = 2|P({3,4})| = 22 = 16.
3. Die Mengen A und B haben genau 4 gemeinsame Teilmengen: ∅, {3}, {4} und
{3, 4}. Diese sind sowohl in P(A) als auch in P(B) drin und dürfen daher nicht
doppelt gezählt werden. Daraus folgt:
|P(A) ∪ P(B)| = |P(A)| + |P(B)| − 4 = 2|A| + 2|B| − 4 = 24 + 23 − 4 = 20.
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Disjunktheit
I
Zwei Mengen Mengen A und B heißen disjunkt, falls sie keine Elemente
gemeinsam haben, d.h. wenn gilt:
A ∩ B = ∅.
I
Eine beliebige Familie A1 , . . . , An von Mengen heißt disjunkt, falls die Mengen
paarweise disjunkt sind, d.h. wenn für alle i, j ∈ [n] mit i 6= j gilt:
Ai ∩ Aj = ∅.
I
Für disjunkte Mengen A1 , . . . , An gilt:
|A1 ∪ . . . ∪ An | = |A1 | + . . . + |An |.
Info
Man schreibt auch A1 ] . . . ] An , um zu verdeutlichen, dass die Mengen A1 , . . . , An
paarweise disjunkt sind.
42 / 1411
Partitionen
Sei k ∈ N0 . Eine k-Partition P einer Menge A ist eine Menge
P = {A1 , . . . , Ak },
so dass A = A1 ∪ . . . ∪ Ak gilt und die Mengen A1 , . . . , Ak alle nichtleer und paarweise
disjunkt sind.
Infos
I
Die Mengen A1 , . . . , Ak werden Partitionsklassen oder kurz Klassen genannt.
I
Eine 2-Partition wird Bipartition genannt und eine 3-Partition Tripartition.
I
Die einzige Partition P der leeren Menge A = ∅ ist die leere Partition P = {}.
I
Die leere Partition ist die einzige 0-Partition.
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Beispiel
Es gibt 5 verschiedene Partitionen der Menge [3]:
1
2
1
3
P1 = {{1, 3, 2}}
2
1
3
P2 = {{1, 2}, {3}}
2
1
3
P3 = {{1, 3}, {2}}
2
1
3
2
3
P4 = {{1}, {2, 3}} P5 = {{1}, {2}, {3}}
P1 ist eine 1-Partition, P2 , P3 und P4 sind 2-Partitionen und P5 ist eine 3-Partition.
44 / 1411
Quizfrage
Wie viele verschiedene Partitionen besitzt die Menge [4]?
45 / 1411
Antwort
Es gibt 15 mögliche Partitionen der Menge [4]:
I
eine 1-Partition,
1
2
4
3
I
sieben 2-Partitionen,
1
2
1
4
2
3
I
1
4
2
3
2
3
1
4
2
3
1
4
2
3
1
4
2
3
4
3
sechs 3-Partitionen
1
2
1
4
3
I
1
4
2
1
4
3
2
1
4
2
3
1
4
3
2
1
4
3
2
4
3
und eine 4-Partition.
1
2
4
3
46 / 1411
Rezept
Frage: Wie kann eine Mengengleichung über beliebige Mengen A1 , . . . , An bewiesen
oder widerlegt werden?
Methode:
1. Definiere Mengen A1 , . . . , An über einem Universum U, so dass im
Venn-Diagramm jeder der 2n Bereiche genau ein Element enthält.
2. Rechne linke und rechte Seite der Gleichung mit diesen Mengen aus und
vergleiche die Ergebnisse.
3. Falls sie gleich sind, so wurde die Gleichung bewiesen. Sonst wurde ein
Gegenbeispiel für die Gleichung gefunden.
Achtung!
Einige Dozenten/Übungsleiter erlauben diese Methode nur zum Widerlegen, aber nicht
zum Beweisen. Wenn das bei euch der Fall ist, dann müsst ihr Mengengleichungen wie
auf Folie 61 mit den Rechenregeln von Folie 60 beweisen.
47 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Beweise folgende Mengengleichung:
(A ∩ B) ∩ (A ∩ C ) = A ∩ (B ∪ C ).
Lösung:
1. Definiere o.B.d.A. („ohne Beschränkung der Allgemeinheit“) Mengen
A = {1, 2, 3, 4},
B = {1, 2, 5, 6},
C = {1, 3, 5, 7}
über dem Universum U = [8]. Dies entspricht folgendem Venn-Diagramm:
48 / 1411
2. Rechne:
(A ∩ B) ∩ (A ∩ C ) = {1, 2} ∩ {1, 3}
= {3, 4, 5, 6, 7, 8} ∩ {2, 4, 5, 6, 7, 8}
= {4, 5, 6, 7, 8}
= {1, 2, 3}
A ∩ (B ∪ C ) = {1, 2, 3, 4} ∩ ({1, 2, 5, 6} ∪ {1, 3, 5, 7})
= {1, 2, 3, 4} ∩ {1, 2, 3, 5, 6, 7}
= {1, 2, 3}
3. Wegen {1, 2, 3} = {1, 2, 3} wurde die Mengengleichung bewiesen!
49 / 1411
Wichtig!
Bitte nicht so:
„Die Gleichung gilt, weil die entsprechenden Venn-Diagramme gleich sind.“
(A ∩ B) ∩ (A ∩ C )
A ∩ (B ∪ C )
„Beweis durch schönes Bildchen“ ist kein Beweis!
50 / 1411
Noch ein Beispiel
Aufgabe: Gilt die Mengengleichung
(B ∩ C ) ∪ (A \ (B ∪ C )) = A ∩ (B ∪ C )
für beliebige Mengen A, B, C ?
Lösung:
1. Definiere o.B.d.A. Mengen
A = {1, 2, 3, 4},
B = {1, 2, 5, 6},
C = {1, 3, 5, 7}
über dem Universum U = [8]. Dies entspricht folgendem Venn-Diagramm:
51 / 1411
2. Rechne:
(B ∩ C ) ∪ (A \ (B ∪ C )) = {1, 5} ∪ ({1, 2, 3, 4} \ {1, 2, 3, 5, 6, 7})
= {1, 5} ∪ {4}
= {1, 4, 5}
A ∩ (B ∪ C ) = {1, 2, 3, 4} ∩ ({1, 2, 5, 6} ∪ {1, 3, 5, 7})
= {1, 2, 3, 4} ∩ {1, 2, 3, 5, 6, 7}
= {1, 2, 3}
3. Wegen {1, 4, 5} =
6 {1, 2, 3} wurde die Mengengleichung durch Gegenbeispiel
widerlegt.
52 / 1411
Wichtig!
Bitte nicht so:
„Die Gleichung gilt nicht, weil die entsprechende Venn-Diagramme ungleich sind.“
(B ∩ C ) ∪ (A \ (B ∪ C ))
A ∩ (B ∪ C )
„Beweis durch schönes Bildchen“ ist auch hier kein Beweis!
53 / 1411
Rezept
Frage: Was muss für Mengen A1 , . . . , An gelten, damit eine Mengengleichung stimmt?
Methode:
1. Führe die oben stehende Methode durch und bilde die symmetrische Differenz der
Ergebnisse beider Seiten.
2. Entferne alle Elemente in der symmetrischen Differenz und interpretiere das
Venn-Diagramm ohne die entsprechenden Bereiche.
54 / 1411
Beispiel (nochmal)
Aufgabe: Was muss für A, B, C gelten, damit die Mengengleichung
(B ∩ C ) ∪ (A \ (B ∪ C )) = A ∩ (B ∪ C )
stimmt?
Erinnerung: Im vorigen Beispiel erhielten wir für das Venn-Diagramm
die Ergebnisse (B ∩ C ) ∪ (A \ (B ∪ C )) = {1, 4, 5} und A ∩ (B ∪ C ) = {1, 2, 3}.
55 / 1411
Lösung:
1. Rechne:
{1, 4, 5}4{1, 2, 3} = {2, 3, 4, 5}.
2. Nach dem Löschen der Elemente 2, 3, 4, 5 und der entsprechenden Bereiche
erhalten wir:
Damit die Gleichung stimmt, muss also A = B ∩ C gelten!
56 / 1411
Quizfrage
Aufgabe: Gilt die Mengengleichung
(A ∩ B) ∩ C = (A ∩ C ) ∪ (B ∩ C )
für beliebige Mengen A, B, C ? Falls nicht, was müsste für A, B, C gelten, damit die
Gleichung stimmt?
Hinweis: Benutze wieder die Mengen A = {1, 2, 3, 4}, B = {1, 2, 5, 6} und
C = {1, 3, 5, 7} über dem Universum U = [8].
57 / 1411
Antwort
Rechne:
(A ∩ B) ∩ C = ({1, 2, 3, 4} ∩ {1, 2, 5, 6}) ∩ {1, 3, 5, 7}
= {1, 2} ∩ {1, 3, 5, 7}
= {3, 4, 5, 6, 7, 8} ∩ {1, 3, 5, 7}
= {3, 5, 7}
(A ∩ C ) ∪ (B ∩ C ) = ({1, 2, 3, 4} ∩ {1, 3, 5, 7}) ∪ ({1, 2, 5, 6} ∩ {1, 3, 5, 7})
= ({5, 6, 7, 8} ∩ {1, 3, 5, 7}) ∪ ({1, 2, 5, 6} ∩ {1, 3, 5, 7})
= {5, 7} ∪ {1, 5}
= {1, 5, 7}
Da {3, 5, 7} =
6 {1, 5, 7}, gilt die Mengengleichung im Allgemeinen nicht.
58 / 1411
Wegen
{3, 5, 7}4{1, 5, 7} = {1, 3}
entfernt man die Elemente 1 und 3 und die entsprechenden Bereiche aus dem
Venn-Diagramm und interpretiert das Ergebnis.
Damit die Gleichung gilt muss also A ∩ C = ∅ gelten!
59 / 1411
Rechenregeln für Mengen
Seien A, B, C ⊆ U beliebige Mengen über das Universum U. Ein paar nützliche
Rechenregeln sind:
A∩U =A
A∪∅=A
(Identität)
A∪U =U
A∩∅=∅
(Dominanz)
A∪A=A
A∩A=A
(Idempotenz)
A=A
(Doppeltes Komplement)
A∪B =B∪A
A∩B =B∩A
(Kommutativität)
(A ∪ B) ∪ C = A ∪ (B ∪ C )
(A ∩ B) ∩ C = A ∩ (B ∩ C )
(Assoziativität)
A ∪ (B ∩ C ) = (A ∪ B) ∩ (A ∪ C )
A ∩ (B ∪ C ) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ C )
(Distributivität)
(A ∩ B) = A ∪ B
(A ∪ B) = A ∩ B
(De Morgan)
A∪A=U
A∩A=∅
(U und ∅)
A\B =A∩B
(Differenz)
A4B = (A \ B) ∪ (B \ A)
A ∪ (A ∩ B) = A
(symmetrische Differenz)
A ∩ (A ∪ B) = A
(Absorption)
Mit diesen Rechenregeln kann man auch Mengengleichungen beweisen.
60 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Beweise folgende Mengengleichung:
A4B = (A ∩ B) ∪ (A ∩ B).
Lösung:
A4B = (A \ B) ∪ (B \ A)
(symmetrische Differenz)
= (A \ B) ∩ (B \ A)
(De Morgan)
= (A ∩ B) ∩ (B ∩ A)
(Differenz)
= (A ∪ B) ∩ (B ∪ A)
(De Morgan)
= (A ∪ B) ∩ (B ∪ A)
(Doppeltes Komplement)
= ((A ∪ B) ∩ B) ∪ ((A ∪ B) ∩ A)
(Distributivität)
= ((A ∩ B) ∪ (B ∩ B)) ∪ ((A ∩ A) ∪ (B ∩ A))
(Distributivität)
= ((A ∩ B) ∪ ∅) ∪ (∅ ∪ (B ∩ A))
(U und ∅)
= (A ∩ B) ∪ (A ∩ B)
(Identität)
61 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.1.1. Wichtige Begriffe
2.1.2. Tupel und Wörter
2.1.3. Mathematische Aussagen
2.2.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Relationen und Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
62 / 1411
Tupel
Tupel stellen, im Gegensatz zu Mengen, geordnete Objekte dar. Wichtig ist:
I
Es werden runde Klammern benutzt: (. . .).
I
Komponenten werden durch Kommas getrennt.
I
Die Reihenfolge der Komponenten ist relevant, z.B.:
(b, c, a) 6= (a, b, c).
I
Die Anzahl an Kopien derselben Komponente ist auch relevant, z.B.:
(a, b, c, c, c, b) 6= (a, b, c).
I
Die Komponenten eines Tupels können beliebige Objekte sein, z.B. Zahlen,
Mengen oder wiederum Tupel.
I
() ist das leere Tupel. Es besitzt keine Komponenten.
I
Mit | . . . | wird die Länge (die Anzahl an Komponenten) eines Tupels
gekennzeichnet.
63 / 1411
Quizfrage
Sei a ein Tupel mit
a = (5, {3, 4}, 7, {{3, 4}, 8}, 1, 5, ∅).
Welche Länge |a| besitzt a?
64 / 1411
Antwort
Die Länge |a| von a ist
|a| = |(5, {3, 4}, 7, {{3, 4}, 8}, 1, 5, ∅)| = 7.
65 / 1411
Kartesisches Produkt
Für ein beliebiges n ∈ N gilt:
A1 × . . . × An := {(a1 , . . . , an ) | a1 ∈ A1 , . . . , an ∈ An }
Beispiel
Für A = {a, b}, B = {c}, C = {d, e, f } gilt:
A × B × C = {(a, c, d), (a, c, e), (a, c, f ), (b, c, d), (b, c, e), (b, c, f )}
66 / 1411
Infos
I
Falls |A1 |, . . . , |An | < ∞, dann gilt immer: |A1 × . . . × An | = |A1 | · . . . · |An |.
I
An ist eine Abkürzung für |A × A ×
. . . × A}.
{z
I
Das kartesische Produkt ist nicht assoziativ. Klammern machen nämlich schon
einen Unterschied. Beispielsweise gilt für A = {a, b}, B = {c}, C = {d, e}
einerseits
n mal
(A × B) × C = {(a, c), (b, c)} × {d, e}
= {((a, c), d), ((a, c), e), ((b, c), d), ((b, c), e)}
und andererseits
A × (B × C ) = {a, b} × {(c, d), (c, e)}
= {(a, (c, d)), (a, (c, e)), (b, (c, d)), (b, (c, e))}.
67 / 1411
Quizfragen
Seien A = {1, 2, 3, 4} und B = {3, 4, 5}. Was ist dann die Kardinalität folgender
Mengen?
1. (A ∪ B) × (A ∩ B)
2. P(A) × P(B)
3. (A × A) ∪ (B × B)
68 / 1411
Antworten
1. Es gilt:
|(A ∪ B) × (A ∩ B)| = |{1, 2, 3, 4, 5} × {3, 4}| = |{1, 2, 3, 4, 5}| · |{3, 4}| = 5 · 2 = 10.
2. Es gilt:
|P(A) × P(B)| = |P(A)| · |P(B)| = 2|A| · 2|B| = 24 · 23 = 128.
3. Die Tupel (3, 3), (3, 4), (4, 3) und (4, 4) sind sowohl in A × A als auch in B × B
drin und dürfen daher nicht doppelt gezählt werden. Daraus folgt:
|(A×A)∪(B×B)| = |(A×A)|+|(B×B)|−4 = |A|·|A|+|B|·|B|−4 = 4·4+3·3−4 = 21.
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Wörter
Bestehen die Komponenten der Tupel aus einzelnen Zeichen, so kann man die
Klammern und die Kommas weglassen und die Zeichen nebeneinander schreiben.
Beispielsweise kann man das Tupel (b, a, b, c, c) als Wort babcc notieren.
I
Man nennt die Tupel dann Wörter.
I
Die Menge aller Zeichen, die als Komponenten in den Tupeln vorkommen können,
nennt man dann Alphabet Σ.
I
Das leere Wort (das Wort ohne Zeichen bzw. mit Länge Null) ist .
I
Σn = |ΣΣΣ{z. . . Σ} ist die Menge aller Wörter über Σ der Länge n.
I
Σ∗ =
I
Eine Menge L ⊆ Σ∗ von Wörtern nennt man passenderweise eine Sprache.
n mal
n
n=0 Σ
S∞
ist die Menge aller Wörter über Σ mit beliebiger Länge
70 / 1411
Infos
I
Nicht irritieren lassen! Das Σ („Sigma“) hier hat nichts mit dem Summenzeichen
in z.B.
n
X
a i = a 0 + a1 + a2 + a3 + . . . + a n
i=0
zutun. Das eine Σ ist eine Menge, das andere ist ein Operator.
I
ist nur ein Zeichen, was man sich ausgedacht hat, um sich auf das leere Wort,
(das leere Tupel () als Wort geschrieben) beziehen zu können.
I
Um Verwirrungen zu vermeiden, wählt man Σ so, dass kein Zeichen Teil eines
anderen Zeichens ist. Würde man beispielsweise Σ = {a, ab, b} wählen, so wäre
nicht eindeutig, ob das Wort aba für (a, b, a) oder (ab, a) steht.
71 / 1411
Konkatenation
Für beliebige Tupel a = (a1 , . . . , ak ) und b = (b1 , . . . , bm ) gilt:
ab = (a1 , . . . , ak , b1 , . . . , bm ).
Für beliebige Tupelmengen A, B gilt:
AB := {ab | a ∈ A, b ∈ B} .
Info
Bei der Konkatenation AB von Tupelmengen A, B konkateniert man jedes Tupel aus A
mit jedem aus B. Die Ergebnisse sind alle in AB enthalten.
72 / 1411
Beispiele (mit Tupeln)
I
Seien A = {(x ), (x , y ), (y , x )} und B = {(), (z, y )}. Dann gilt:
AB = {(x ), (x , z, y ), (x , y ), (x , y , z, y ), (y , x ), (y , x , z, y )}.
I
Seien A = {(a), (a, b)}, B = {(c, b)} und C = {(b), (b, c)}. Dann gilt:
ABC = {(a, c, b, b), (a, c, b, b, c), (a, b, c, b, b), (a, b, c, b, b, c)}.
73 / 1411
Infos
I
Konkatenieren macht mit Wörtern viel mehr Spaß als mit Tupeln. Fasst man
a = (a1 , . . . , ak ) und b = (b1 , . . . , bm ) als Wörter a = a1 . . . ak und b = b1 . . . bm
auf, so gilt für die Konkatenation von a und b:
ab = a1 . . . ak b1 . . . bm .
Man „klebt“ also einfach die Wörter aneinander.
I
Wir werden die Konkatenation so gut wie immer nur auf Wörtern anwenden!
I
Für ein beliebiges Zeichen a ∈ Σ gilt:
a = a = a.
74 / 1411
Beispiele (mit Wörtern)
I
Seien A = {x , xy , yx } und B = {, zy } zwei Sprachen über dem Alphabet
Σ = {x , y , z}. Dann gilt:
AB = {x , xzy , xy , xyzy , yx , yxzy }.
I
Seien A = {a, ab}, B = {cb} und C = {b, bc} drei Sprachen über dem Alphabet
Σ = {a, b, c}. Dann gilt:
ABC = {acbb, acbbc, abcbb, abcbbc}.
75 / 1411
Infos
I
Die Konkatenation ist assoziativ, d.h. man kann auch hier die Klammern
weglassen!
I
Für eine Tupelmenge bzw. Sprache A definieren wir
An = |AAA{z. . . A},
n mal
A+ =
∞
[
n=1
An
und
A∗ =
∞
[
An .
n=0
76 / 1411
Achtung!
Bei der Konkatenation können Duplikate entstehen! Man kann also, im Gegensatz zum
kartesischen Produkt, keine Formel für |A1 A2 . . . An | in Abhängigkeit von
|A1 |, |A2 |, . . . , |An | angeben.
Zum Beispiel gilt für A = {a, ab} und B = {a, ba}:
AB = {aa, aba, aba, abba} = {aa, aba, abba}.
77 / 1411
Quizfrage
Seien Σ = {x , y } ein Alphabet und A, B ⊆ Σ∗ zwei Sprachen über Σ mit
A = {, x , xy , xyy } und B = {, y , yy }.
Wie sieht AB extensional aus?
78 / 1411
Antwort
AB = {, y , yy , x , xy , xyy , xy , xyy , xyyy , xyy , xyyy , xyyyy }
= {, y , yy , x , xy , xyy , xy , xyy , xyyy , xyy , xyyy , xyyyy }
= {, y , yy , x , xy , xyy , xyyy , xyyyy }.
79 / 1411
Philosophische Frage
Sei A die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten. D.h.
A = {X | X ∈
/ X} .
Enthält A sich selbst?
80 / 1411
Antwort
Diese Frage kann leider nicht beantwortet werden, weil beide Antwortmöglichkeiten zu
einem Widerspruch führen würden. Die Problematik dieser Frage wurde 1903 von dem
britischen Mathematiker Bertrand Russell publiziert und ist eins von mehreren
Paradoxien der „naiven Mengenlehre“.
Probleme wie dieses können mithilfe sogenannter „axiomatischen Mengenlehren“
umgangen werden. Diese Arten von Mengenlehren sind leider etwas komplizierter und
gehören deshalb nicht zur DS-Vorlesung.
Für Interessierte:
I
http://de.wikipedia.org/wiki/Naive_Mengenlehre
I
http://de.wikipedia.org/wiki/Russellsche_Antinomie
81 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.1.1. Wichtige Begriffe
2.1.2. Tupel und Wörter
2.1.3. Mathematische Aussagen
2.2.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Relationen und Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
82 / 1411
Mathematische Aussagen
Eine Aussage ist ein sprachliches Konstrukt, dem man genau einen der Wahrheitswerte
wahr oder falsch zuordnen kann. Eine Aussage gilt, wenn sie den Wahrheitswert wahr
besitzt.
Die Negation einer Aussage ist wiederum eine Aussage. Durch die Negation einer
Aussage wird ihr Wahrheitswert in sein Gegenteil gekehrt. Für die Negation einer
Aussage A schreiben wir einfach:
nicht A.
Zwei Aussagen A und B sind äquivalent, wenn sie denselben Wahrheitswert besitzen.
83 / 1411
UND-Aussagen
Sind F und G Aussagen, dann ist auch
F und G
eine Aussage. Diese gilt genau dann, wenn sowohl F als auch G gelten.
Die Negation davon ist:
nicht F oder nicht G.
84 / 1411
ODER-Aussagen
Sind F und G Aussagen, dann ist auch
F oder G
eine Aussage. Diese gilt genau dann, wenn mindestens eine der Aussagen F und G gilt.
Die Negation davon ist:
nicht F und nicht G.
85 / 1411
WENN-DANN-Aussagen
Sind F und G Aussagen, dann ist auch
Wenn F dann G
eine Aussage. Diese gilt genau dann, wenn F und G beide gelten oder wenn F nicht
gilt. In dem Fall, dass F nicht gilt, ist der Wahrheitswert von G egal, weil über ihn
nichts gesagt wurde, die gesamte Aussage ist dann wahr.
Man nennt diese Aussagen Implikationen und schreibt kurz:
F =⇒ G.
Diese sind äquivalent zu:
nicht F oder G.
Gilt eine Implikation F =⇒ G nicht, so schreibt man kurz F =⇒
6 G.
86 / 1411
GENAU-DANN-WENN-Aussagen
Sind F und G Aussagen, dann ist auch
F genau dann, wenn G
eine Aussage. Diese ist genau dann wahr, wenn F und G beide wahr oder beide falsch
sind. Diese Aussage kann auch wie folgt formuliert werden:
F dann und nur dann, wenn G
Man nennt diese Aussagen Äquivalenzen und schreibt kurz:
F ⇐⇒ G.
Diese sind äquivalent zu:
F =⇒ G und G =⇒ F .
Gilt eine Äquivalenz F ⇐⇒ G nicht, so schreibt man kurz: F ⇐⇒
6
G.
87 / 1411
Allaussagen
Ist A eine Menge und F eine Aussage, die von ein Element x abhängig sein kann, dann
ist
Für alle x ∈ A gilt F
auch eine Aussage. Diese ist wahr, wenn F für alle x ∈ A wahr ist. Die Negation dieser
Aussage ist
Es gibt ein x ∈ A für das nicht F gilt.
Man nennt solche Aussagen Allaussagen und schreibt kurz:
∀x ∈ A : F .
Gilt die Aussage A(x ) nicht für alle (aber vielleicht für einige) x ∈ A, dann schreiben
wir:
6∀ x ∈ A : F.
88 / 1411
Existenzaussagen
Ist A eine Menge und F eine Aussage, die von einem Element x abhängig sein kann,
dann ist
Es gibt ein x ∈ A für das F gilt
auch eine Aussage. Diese ist wahr, wenn F für mindestens ein x ∈ A wahr ist. Die
Negation dieser Aussage ist
Für alle x ∈ A gilt nicht F .
Man nennt solche Aussagen Existenzaussagen und schreibt kurz:
∃x ∈ A : F .
Gibt es gar kein x ∈ A für das die Aussage F gilt, dann schreiben wir:
6∃ x ∈ A : F.
89 / 1411
Wichtig
Die Symbole =⇒, ⇐⇒, ∀ und ∃ sind keine formale Operatoren, sondern nur
Abkürzungen, um Aussagen kompakter darstellen zu können.
Für ihre Verwendung gibt es keine definierte Regeln. Wichtig ist nur, dass man sie so
verwendet, dass der Leser versteht, was gemeint ist.
=⇒ und ⇐⇒ machen nur bei Aussagen Sinn! Ausdrücke wie
{1, 2} ∪ {2, 3} ⇐⇒ {1, 2, 3} oder (a + b)2 ⇐⇒ a2 + 2ab + b 2
sind nicht nur falsch, sondern es tut sogar weh sie zu lesen!
90 / 1411
Beispiele
I
Für beliebige Mengen A, B ⊆ U über einem Universum U können ⊆, = und ⊂ wie
folgt kompakt definiert werden:
A ⊆ B :⇐⇒ (∀x ∈ U : x ∈ A =⇒ x ∈ B)
A = B :⇐⇒ (∀x ∈ U : x ∈ A ⇐⇒ x ∈ B)
A ⊂ B :⇐⇒ (∀x ∈ U : x ∈ A =⇒ x ∈ B) und (∃x ∈ U : x ∈
/ A und x ∈ B)
I
Die Aussage
Es gibt beliebig große Primzahlen
könnte wie folgt kompakt formuliert werden:
∀x ∈ N : ∃y ∈ N : (y prim und y > x ).
91 / 1411
Quizfragen
Wie kann man folgende Aussagen kompakt darstellen?
1. Es gibt eine ganze Zahl, die größer ist als alle anderen.
2. Es gibt keine ganze Zahl, die größer ist als alle anderen.
3. Die Summe von zwei geraden Zahlen ist wieder gerade.
Benutze ausschließlich folgende Bausteine: ∀, ∃, x , y , ∈, Z, :, (, ), ≤, <, und, gerade,
=⇒ und +.
92 / 1411
Antworten
1. ∃x ∈ Z : ∀y ∈ Z : y < x .
2. 6 ∃ x ∈ Z : ∀y ∈ Z : y < x , was äquivalent ist zu: ∀x ∈ Z : ∃y ∈ Z : x ≤ y .
3. ∀x ∈ Z : ∀y ∈ Z : (x gerade und y gerade) =⇒ x + y gerade, was auch wie folgt
geschrieben werden kann: ∀x , y ∈ Z : x und y gerade =⇒ x + y gerade.
93 / 1411
Mehr Quizfragen (Männer sind Schweine )
Sei M die Menge aller Menschen. Wie kann man folgende Aussagen kompakt
darstellen?
1. Jeder Mann ist ein Schwein.
2. Nur Männer können Schweine sein.
3. Es gibt Männer, die keine Schweine sind.
4. Manche Schweine sind Männer.
5. Jeder Mann ist ein Schwein und jedes Schwein ist ein Mann.
6. Wenn alle Menschen Männer sind, dann sind sie auch alle Schweine.
7. Jeder Mensch ist ein Mann oder ein Schwein.
8. Es gibt keine Schweine.
Benutze ausschließlich folgende Bausteine: ∀, ∃, x , ∈, M, :, (, ), =⇒, ⇐⇒, und, oder,
ist Mann, ist Schwein, ist kein Mann, ist kein Schwein.
94 / 1411
Antworten
1. ∀x ∈ M : x ist Mann =⇒ x ist Schwein.
2. ∀x ∈ M : x ist Schwein =⇒ x ist Mann bzw.
∀x ∈ M : x ist kein Mann =⇒ x ist kein Schwein.
3. ∃x ∈ M : x ist Mann und x ist kein Schwein.
4. ∃x ∈ M : x ist Schwein und x ist Mann.
5. (∀x ∈ M : x ist Mann =⇒ x ist Schwein) und (∀x ∈ M : x ist Schwein =⇒
x ist Mann), bzw. ∀x ∈ M : x ist Mann ⇐⇒ x ist Schwein.
6. (∀x ∈ M : x ist Mann) =⇒ (∀x ∈ M : x ist Schwein)
7. ∀x ∈ M : x ist Mann oder x ist Schwein.
8. 6 ∃ x ∈ M : x ist Schwein, bzw. ∀x ∈ M : x ist kein Schwein.
95 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
2.2.4.
2.2.5.
2.2.6.
2.2.7.
2.2.8.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Wichtige Begriffe
Erkennen von Eigenschaften
Beweisen von Eigenschaften
Relationenprodukt
Äquivalenzrelationen
Partielle Ordnungen
Zählen von Relationen
Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
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Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
2.2.4.
2.2.5.
2.2.6.
2.2.7.
2.2.8.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Wichtige Begriffe
Erkennen von Eigenschaften
Beweisen von Eigenschaften
Relationenprodukt
Äquivalenzrelationen
Partielle Ordnungen
Zählen von Relationen
Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
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Relationen
I
R ist eine binäre Relation über den Mengen A und B, falls gilt:
R ⊆ A × B.
Man nennt dann A die Quellmenge und B die Zielmenge von R.
I
R ist eine homogene binäre Relation über der Menge A, falls gilt:
R ⊆ A × A.
Man nennt dann A die Grundmenge von R.
98 / 1411
Infos
I
Weil wir in der Vorlesung nur binäre Relationen betrachten, lassen wir das Wort
binär immer weg!
I
Homogene Relationen sind Relationen, bei denen die Quell- und die Zielmenge
gleich sind.
99 / 1411
Beispiele
I
Eine abstrakte Relation über [2] und [4] ist:
R = {(1, 1), (1, 3), (2, 3), (2, 4)}.
I
Eine abstrakte homogene Relation über [3] ist:
R = {(1, 1), (1, 3), (2, 3), (3, 1), (3, 3)}.
I
Bekannte homogene Relationen über Z sind =, 6=, ≤, und <.
I
Sei A eine beliebige Menge. Bekannte homogene Relationen über P(A) sind =, 6=,
⊆, *, ⊂ und 6⊂.
I
Sei A wieder eine beliebige Menge. Eine bekannte Relation über A und P(A) ist
die Elementrelation ∈.
100 / 1411
Infos
Wir benutzen oft die Infixnotation a R b anstatt der normalen Notation (a, b) ∈ R. Wir
benutzen die Infixnotation vor allem dann, wenn wir ein tolles Relationensymbol für R
haben. Beispielsweise ist 3 ≤ 5 nichts anderes als die Infixnotation für (3, 5) ∈≤, was
zwar eigentlich korrekt wäre, aber schrecklich aussieht!
Für (a, b) ∈
/ R benutzen wir einfach a 6R b. So kann beispielsweise 5 6= 7 sowohl für
(5, 7) ∈=
/ als auch für (5, 7) ∈6= stehen, falls man 6= als eigene Relation auffassen
möchte.
101 / 1411
Quizfrage
Wie viele verschiedene Relationen über [3] und [4] gibt es?
102 / 1411
Antwort
So viele, wie es Teilmengen von [3] × [4] gibt. Insgesamt gibt es also
|P([3] × [4])| = 2|[3]×[4]| = 212 = 4096
solche Relationen.
103 / 1411
Einschränkung
Oft möchte man nur einen Teil der Relation betrachten. Hierfür sind Einschränkungen
hilfreich.
I
Seien A, A0 , B, B 0 Mengen mit A0 ⊆ A und B 0 ⊆ B und R eine Relation über A
und B. Dann ist die Einschränkung von R auf A0 und B 0 gegeben durch:
R ∩ (A0 × B 0 ).
I
Seien A und A0 zwei Mengen mit A0 ⊆ A und R eine homogene Relation über A.
Dann ist die Einschränkung von R auf A0 gegeben durch:
R ∩ (A0 × A0 ).
104 / 1411
Beispiele
I
Die Einschränkung von = auf [5] ist
{(1, 1), (2, 2), (3, 3), (4, 4), (5, 5)}.
I
Die Einschränkung von 6= auf [3] ist
{(1, 2), (1, 3), (2, 1), (2, 3), (3, 1), (3, 2)}.
I
Die Einschränkung von ≤ auf [3] ist
{(1, 1), (1, 2), (1, 3), (2, 2), (2, 3), (3, 3)}.
105 / 1411
Quizfragen
1. Was ist die Einschränkung der Kleiner-Relation < auf [4]?
2. Was ist die Einschränkung der Echte-Teilmenge-Relation ⊂ auf P([2])?
3. Was ist die Einschränkung der Element-Relation ∈ auf [2] und P([2])?
106 / 1411
Antworten
1. Die Einschränkung von < auf [4] ist
{(1, 2), (1, 3), (1, 4), (2, 3), (2, 4), (3, 4)}.
2. Die Einschränkung von ⊂ auf P([2]) ist
{(∅, {1}), (∅, {2}), (∅, {1, 2}), ({1}, {1, 2}), ({2}, {1, 2})}.
3. Die Einschränkung von ∈ auf [2] und P([2]) ist:
{(1, {1}), (1, {1, 2}), (2, {2}), (2, {1, 2})}.
107 / 1411
Graphische Darstellung von Relationen
Jede Relation R über A und B kann als Graph dargestellt werden. Die Elemente aus A
werden links und die aus B rechts als Punkte (Knoten) gezeichnet. Die Tupel aus R
werden als Pfeile (Kanten) dargestellt: „a −→ b“ bedeutet „(a, b) ∈ R“.
Ist R homogen, dann kann man auch jedes Element nur einmal als Knoten zeichnen.
108 / 1411
Beispiel
Die Relation R über [3] und [4] mit
R = {(1, 1), (1, 4), (3, 2), (3, 4)}
kann graphisch wie folgt dargestellt werden:
1
1
2
2
3
3
4
A
B
109 / 1411
Beispiel
Die homogene Relation R über [3] mit
R = {(1, 1), (1, 2), (2, 3), (3, 2), (3, 3)}
kann graphisch wie folgt dargestellt werden:
1
2
3
110 / 1411
Bild und Urbild einer Relation
Seien A und B Mengen und R eine Relation über A und B. Das Bild und das Urbild
von R sind definiert als:
Bild(R)
:= {b ∈ B | ∃a ∈ A : (a, b) ∈ R}
Urbild(R) := {a ∈ A | ∃b ∈ B : (a, b) ∈ R}
Info
Intuitiv enthält
I
das Urbild von R alle Elemente a ∈ A, die in mindestens einem Tupel (a, b) als
erste Komponente vorkommen (bzw. von mindestens einer Kante verlassen
werden) und
I
das Bild von R alle Elemente b ∈ B, die in mindestens einem Tupel (a, b) als
zweite Komponente vorkommen (bzw. von mindestens einer Kante getroffen
werden).
111 / 1411
Wichtig!
Man benutzt das Zeichen := um zu verdeutlichen, dass der Ausdruck auf der rechten
Seite der Gleichung per Definition gleich dem auf der linken Seite ist.
Gleichungen, die ein Doppelpunkt vor dem Gleichheitszeichen haben, sind insbesondere
nicht beweisbar. Sie können nur angenommen werden.
112 / 1411
Beispiel
Sei R wieder folgende Relation:
1
1
2
2
3
3
4
A
B
Das Bild und Urbild von R sind:
Bild(R) = {1, 2, 4} und Urbild(R) = {1, 3}.
113 / 1411
Umkehr- und Komplementärrelation
Seien A und B zwei Mengen und R eine Relation über A und B. Wir definieren:
R −1 := {(a, b) | (b, a) ∈ R} (Umkehrrelation),
R
:= {(a, b) | (a, b) ∈
/ R} (Komplementärrelation).
Infos
I
Es gilt R ⊆ A × B, aber R −1 ⊆ B × A.
I
Insbesondere gelten die Gleichungen |R −1 | = |R| und |R| = |A| · |B| − |R|.
I
Haben wir für R ein tolles Relationensymbol (z.B. „≤“), dann kann man R −1
bzw. R darstellen, indem man das Symbol für R umdreht (z.B. „≥“) bzw.
durchstreicht (z.B. „6≤“).
114 / 1411
Beispiel
Sei R eine Relation über [3] und [2] mit
R = {(1, 1), (2, 2), (3, 1)}.
Dann gilt für R −1 und R:
R −1 = {(1, 1), (1, 3), (2, 2)} und R = {(1, 2), (2, 1), (3, 2)}.
Graphisch:
R −1 :
R:
1
1
2
1
1
2
2
3
A
R:
1
2
3
B
1
2
A
2
3
B
A
B
115 / 1411
Eigenschaften von Relationen
Seien A und B Mengen und R eine Relation über A und B. Dann heißt R:
I
linkstotal, falls für alle a ∈ A gilt:
| {b ∈ B | (a, b) ∈ R} | ≥ 1,
I
rechtseindeutig, falls für alle a ∈ A gilt:
| {b ∈ B | (a, b) ∈ R} | ≤ 1.
In kompakter Schreibweise heißt das:
R linkstotal
:⇐⇒ ∀a ∈ A : | {b ∈ B | (a, b) ∈ R} | ≥ 1
R rechtseindeutig :⇐⇒ ∀a ∈ A : | {b ∈ B | (a, b) ∈ R} | ≤ 1
116 / 1411
Info
Intuitiv ist eine Relation R über A und B
I
linkstotal, falls jedes Element aus A in mindestens einem Tupel vorkommt (bzw.
von mindestens einer Kante verlassen wird) und
I
rechtseindeutig, falls jedes Element aus A in höchstens einem Tupel vorkommt
(bzw. von höchstens einer Kante verlassen wird).
117 / 1411
Wichtig!
Man benutzt das Zeichen :⇐⇒ um zu verdeutlichen, dass die Aussage auf der rechten
Seite des Äquivalenzzeichens per Definition äquivalent zu der auf der linken Seite ist.
Äquivalenzen, die ein Doppelpunkt vor dem Äquivalenzzeichen haben, sind
insbesondere nicht beweisbar. Sie können, analog zu den Gleichungen mit dem Zeichen
:=, nur angenommen werden.
118 / 1411
Beispiele
Seien R1 , . . . , R8 folgende Relationen über A = {1, 2} und B = {3, 4}:
R1
R2
R3
R4
1
3
1
3
1
3
1
3
2
4
2
4
2
4
2
4
A
B
A
B
A
B
A
B
R5
R6
R7
R8
1
3
1
3
1
3
1
3
2
4
2
4
2
4
2
4
A
B
A
B
A
B
A
B
R1 , R2 , R6 und R7 sind linkstotal. R2 , R4 , R7 und R8 sind rechtseindeutig.
119 / 1411
Eigenschaften homogener Relationen
Seien A eine Menge und R eine homogene Relation über A. Dann heißt R:
I
reflexiv, falls für alle a ∈ A gilt:
(a, a) ∈ R,
I
symmetrisch, falls für alle a, b ∈ A gilt:
wenn (a, b) ∈ R, dann (b, a) ∈ R,
I
asymmetrisch, falls für alle a, b ∈ A gilt:
wenn (a, b) ∈ R, dann (b, a) ∈
/ R,
120 / 1411
I
antisymmetrisch, falls für alle a, b ∈ A gilt:
wenn (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R, dann a = b,
I
total, falls für alle a, b ∈ A gilt:
wenn (a, b) ∈
/ R, dann (b, a) ∈ R,
I
transitiv, falls für alle a, b, c ∈ A gilt:
wenn (a, b) ∈ R und (b, c) ∈ R, dann (a, c) ∈ R.
121 / 1411
In kompakter Schreibweise heißt das:
R
R
R
R
R
R
reflexiv
symmetrisch
asymmetrisch
antisymmetrisch
total
transitiv
:⇐⇒
:⇐⇒
:⇐⇒
:⇐⇒
:⇐⇒
:⇐⇒
∀a ∈ M : (a, a) ∈ R
∀a, b ∈ M : (a, b) ∈ R =⇒ (b, a) ∈ R
∀a, b ∈ M : (a, b) ∈ R =⇒ (b, a) ∈
/R
∀a, b ∈ M : ((a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R) =⇒ a = b
∀a, b ∈ M : (a, b) ∈
/ R =⇒ (b, a) ∈ R
∀a, b, c ∈ M : ((a, b) ∈ R und (b, c) ∈ R) =⇒ (a, c) ∈ R
122 / 1411
Infos
I
Um zu zeigen, dass eine Eigenschaft nicht gilt, reicht es, eine Kombination von
konkreten Elementen zu finden, die die Bedingung nicht erfüllt. Es gilt nämlich:
R
R
R
R
R
R
I
nicht
nicht
nicht
nicht
nicht
nicht
reflexiv
symmetrisch
asymmetrisch
antisymmetrisch
total
transitiv
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
∃a ∈ M : (a, a) ∈
/R
∃a, b ∈ M : (a, b) ∈ R und (b, a) ∈
/R
∃a, b ∈ M : (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R
∃a, b ∈ M : (a, b) ∈ R, (b, a) ∈ R und a 6= b
∃a, b ∈ M : (a, b) ∈
/ R und (b, a) ∈
/R
∃a, b, c ∈ M : (a, b) ∈ R, (b, c) ∈ R und (a, c) ∈
/R
Um zu zeigen, dass eine Eigenschaft gilt, muss man leider für alle Kombinationen
ausprobieren, dass die Bedingung erfüllt ist.
123 / 1411
Reflexivität
Intuitiv besagt die Reflexivität, dass jedes Element a ∈ A mit sich selbst in Relation
stehen muss. Die Aussage
(a, a) ∈ R
ist nur dann nicht erfüllt, wenn (a, a) ∈
/ R gilt, d.h. wenn mindestens ein Element nicht
mit sich selbst in Relation steht.
124 / 1411
Symmetrie
Intuitiv besagt die Symmetrie, dass zwei verschiedene Elemente entweder in beiden
Richtungen oder gar nicht in Relation stehen dürfen.
I
Falls a = b, ist die Implikation
(a, a) ∈ R =⇒ (a, a) ∈ R
immer erfüllt, egal ob (a, a) ∈ R oder (a, a) ∈
/ R gilt.
I
Falls a 6= b, ist die Implikation
(a, b) ∈ R =⇒ (b, a) ∈ R
nur dann nicht erfüllt, falls (a, b) ∈ R und (b, a) ∈
/ R oder (a, b) ∈
/ R und
(b, a) ∈ R gilt, d.h. falls von den Tupeln (a, b) und (b, a) genau eins in R
enthalten ist.
125 / 1411
Asymmetrie
Intuitiv besagt die Asymmetrie, dass zwei verschiedene Elemente entweder in nur eine
Richtung oder gar nicht in Relation stehen dürfen. Außerdem darf kein Element mit
sich selbst in Relation stehen.
I
Falls a = b, ist die Implikation
(a, a) ∈ R =⇒ (a, a) ∈
/R
nur dann nicht erfüllt, falls (a, a) ∈ R gilt. Deshalb darf kein Element mit sich
selbst in Relation stehen.
I
Falls a 6= b, ist die Implikation
(a, b) ∈ R =⇒ (b, a) ∈
/R
nur dann nicht erfüllt, falls (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R gilt, d.h. falls beide Tupeln
(a, b) und (b, a) in R enthalten sind.
126 / 1411
Antisymmetrie
Intuitiv besagt die Antisymmetrie, dass zwei verschiedene Elemente entweder in nur
eine Richtung oder gar nicht in Relation stehen dürfen. Im Gegensatz zur Asymmetrie
dürfen Elemente schon mit sich selbst in Relation stehen. (Müssen sie aber nicht!)
I
Falls a = b, ist die Implikation
((a, a) ∈ R und (a, a) ∈ R) =⇒ a = a
immer erfüllt, da a = a eine wahre Aussage ist. Deshalb dürfen Elemente mit sich
selbst in Relation stehen oder auch nicht.
I
Falls a 6= b, ist die Implikation
(a, b) ∈ R =⇒ (b, a) ∈
/R
nur dann nicht erfüllt, falls (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R gilt, d.h. falls beide Tupeln
(a, b) und (b, a) in R enthalten sind.
127 / 1411
Totalität
Intuitiv besagt die Totalität, dass zwei verschiedene Elemente in mindestens eine
Richtung in Relation stehen sollen. Außerdem muss jedes Element mit sich selbst in
Relation stehen.
I
Falls a = b, ist die Implikation
(a, a) ∈
/ R =⇒ (a, a) ∈ R
nur dann erfüllt, falls (a, a) ∈ R gilt. Deshalb muss jedes Element mit sich selbst
in Relation stehen.
I
Falls a 6= b, ist die Implikation
(a, b) ∈
/ R =⇒ (b, a) ∈ R
nur dann nicht erfüllt, falls (a, b) ∈
/ R und (b, a) ∈
/ R gilt, d.h. falls beide Tupeln
(a, b) und (b, a) nicht in R enthalten sind.
128 / 1411
Transitivität
Intuitiv besagt die Transitivität, dass es für jeden indirekten Weg zwischen zwei
Knoten im Graph der Relation immer auch einen direkten Weg gibt.
I
Falls a, b und c alle gleich sind, ist die Implikation
((a, a) ∈ R und (a, a) ∈ R) =⇒ (a, a) ∈ R
immer erfüllt, egal ob (a, a) ∈ R oder (a, a) ∈
/ R gilt.
I
Falls nur a und b gleich sind, ist die Implikation
((a, a) ∈ R und (a, c) ∈ R) =⇒ (a, c) ∈ R
auch immer erfüllt, egal ob (a, c) ∈ R oder (a, c) ∈
/ R gilt.
I
Falls nur b und c gleich sind, ist die Implikation
((a, b) ∈ R und (b, b) ∈ R) =⇒ (a, b) ∈ R
auch immer erfüllt, egal ob (a, b) ∈ R oder (a, b) ∈
/ R gilt.
129 / 1411
I
Falls nur a und c gleich sind, ist die Implikation
((a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R) =⇒ (a, a) ∈ R
nur dann nicht erfüllt, wenn (a, b) ∈ R, (b, a) ∈ R und (a, a) ∈
/ R gilt, d.h. wenn
zwei Element in beiden Richtungen verbunden sind, aber eins davon nicht mit sich
selbst.
I
Falls a, b und c alle unterschiedlich sind, ist die Implikation
((a, b) ∈ R und (b, c) ∈ R) =⇒ (a, c) ∈ R
nur dann nicht erfüllt, falls (a, b) ∈ R, (b, c) ∈ R und (a, c) ∈
/ R, d.h. falls a mit
b verbunden ist, b mit c, aber nicht a mit c.
130 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
2.2.4.
2.2.5.
2.2.6.
2.2.7.
2.2.8.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Wichtige Begriffe
Erkennen von Eigenschaften
Beweisen von Eigenschaften
Relationenprodukt
Äquivalenzrelationen
Partielle Ordnungen
Zählen von Relationen
Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
131 / 1411
Graphische Bedeutung der Eigenschaften
Es ist wichtig, dass man die Eigenschaften einer homogenen Relation R über A
erkennen kann. Sehr hilfreich ist dabei zu wissen, was jede Eigenschaft für Elemente
a, b ∈ M erlaubt (3) bzw. verbietet (7). Aus den Überlegungen der letzten Folien
entsteht folgende Tabelle:
An der linken Hälfte erkennt man, ob Elemente eine Kante zu sich selbst (eine
Schleife) haben dürfen und an der rechten Seite, ob es erlaubt ist, dass zwischen je
zwei verschiedenen Elementen keine, eine oder zwei Kanten verlaufen. Übrigens:
„erlaubt sein“ heißt nicht, dass das notwendigerweise vorkommen muss!
132 / 1411
Die Transitivität ist leider ein bisschen komplizierter.
Eine Relation ist genau dann transitiv, wenn man keine der folgenden zwei Situationen
vorfindet:
1. Es gibt bei zwei verschiedenen Elementen eine Doppelkante, aber es fehlt
mindestens eine der beiden Schleifen (1. Punkt auf Folie 130):
2. Es gibt bei drei verschiedenen Elementen einen indirekten Weg von einem Element
zu einem anderen, aber keinen direkten (2. Punkt auf Folie 130):
Findet man keine der beiden Situationen, so kann man mit Sicherheit sagen, dass die
Relation transitiv ist!
133 / 1411
Beispiel
Sei R wieder folgende homogene Relation über [3]:
1
I
R ist nicht reflexiv.
I
R ist nicht symmetrisch.
I
R ist nicht asymmetrisch.
I
R ist nicht antisymmetrisch.
I
R ist nicht total.
I
R ist nicht transitiv.
2
3
134 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei R folgende homogene Relation über [3]:
1
I
R ist reflexiv.
I
R ist nicht symmetrisch.
I
R ist nicht asymmetrisch.
I
R ist antisymmetrisch.
I
R ist total.
I
R ist transitiv.
2
3
135 / 1411
Ein letztes Beispiel
asy
tra
ref
sym
asy
ant
tot
tra
3
3
3
7
3
7
3
7
7
7
7
7
3
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3
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3
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3
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3
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3
3
7
3
7
3
3
3
7
7
3
3
tot
sym
7
ant
ref
Es gibt 22·2 = 16 verschiedene homogene Relationen über [2]:
136 / 1411
Quizfrage
tra
tot
ant
asy
sym
ref
tra
tot
ant
asy
sym
ref
tra
tot
ant
sym
asy
ref
Welche Eigenschaften besitzen folgende homogene Relationen über [3]?
137 / 1411
ref
sym
asy
ant
tot
tra
ref
sym
asy
ant
tot
tra
ref
sym
asy
ant
tot
tra
Antwort
3
7
7
7
3
7
3
7
7
3
7
3
7
7
7
7
7
7
3
7
7
7
3
3
3
3
7
7
7
7
7
7
7
7
7
3
3
7
7
3
3
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3
3
7
7
7
3
7
7
7
3
7
7
3
7
7
3
3
3
3
3
7
3
7
3
7
7
7
3
7
3
3
3
7
7
3
3
7
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3
3
7
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3
7
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7
3
7
7
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7
7
3
3
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3
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3
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7
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3
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7
3
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7
3
3
3
7
3
7
3
7
3
7
3
138 / 1411
Mehr Quizfragen
tra
tot
ant
sym
asy
ref
1. Welche Eigenschaften besitzen folgende homogene Relationen über den ganzen
Zahlen?
=
6
=
≤
<
tra
tot
ant
asy
sym
ref
2. Welche Eigenschaften besitzen folgende homogene Relationen über der
Potenzmenge einer beliebigen Menge?
=
6
=
⊆
*
⊂
⊂
6
139 / 1411
Antworten
sym
ant
tot
tra
3
7
3
7
asy
=
6
=
≤
<
ref
1. Für =, 6=, ≤ und < über den ganzen Zahlen gilt:
3
3
7
7
7
7
7
3
3
7
3
3
7
7
3
7
3
7
3
3
sym
asy
ant
tot
tra
=
6
=
⊆
*
⊂
⊂
6
ref
2. Für =, 6=, ⊆, *, ⊂ und 6⊂ über der Potenzmenge einer beliebigen Menge gilt:
3
7
3
7
7
3
3
3
7
7
7
7
7
7
7
7
3
7
3
7
3
7
3
7
7
7
7
7
7
3
3
7
3
7
3
7
140 / 1411
Wichtige homogene Relationen
Für eine beliebige Menge A sind folgende homogene Relationen über A wichtig:
∅
:= {}
(leere Relation)
idA
:= {(a, a) | a ∈ A}
(Identitätsrelation)
A × A := {(a, b) | a, b ∈ A} (kartesisches Produkt)
Infos
I
In ∅ steht jedes Element mit keinem Element in Relation.
I
In idA steht jedes Element nur mit sich selbst in Relation. Beispielsweise ist die
Gleichheitsrelation = über ganze Zahlen nichts anderes als idZ .
I
In A × A steht jedes Element mit jedem anderen in Relation.
141 / 1411
Quizfrage
tra
ant
tot
sym
asy
ref
Welche Eigenschaften besitzen folgende homogene Relationen über einer beliebigen,
nichtleeren Menge A?
∅
idA
A×A
142 / 1411
Antworten
ref
asy
ant
tot
tra
∅
idA
A×A
sym
Es gilt:
7
3
3
3
3
3
3
7
7
3
3
7
7
7
3
3
3
3
143 / 1411
Quizfragen
1. Kann eine reflexive Relation auch asymmetrisch sein?
2. Ist jede antisymmetrische Relation, die nicht reflexiv ist, automatisch
asymmetrisch?
3. Ist jede asymmetrische Relation automatisch antisymmetrisch?
4. Kann eine symmetrische Relation auch asymmetrisch sein?
5. Ist jede totale Relation automatisch reflexiv?
144 / 1411
Antworten
1. Ja! Die leere Relation ∅ über der leeren Menge ∅. Diese besitzt alle 6
Eigenschaften ;-)
2. Nein! Damit eine antisymmetrische Relation auch asymmetrisch ist, darf kein
Element zu sich selbst in Relation stehen. Stehen jedoch einige mit sich selbst in
Relation und einige nicht, dann ist die Relation weder reflexiv noch asymmetrisch.
Gegenbeispiel: R = {(1, 1), (1, 2)} über [2].
3. Ja! Man erkennt an der Tabelle auf Folie 132, dass die Antisymmetrie eine
Abschwächung der Asymmetrie ist.
4. Ja! Die leere Relation ∅.
5. Ja! Man erkennt an der Tabelle auf Folie 132, dass die Reflexivität eine
Abschwächung der Totalität ist.
145 / 1411
Infos
I
Die leere Relation ∅ über einer beliebigen Menge A ist symmetrisch,
asymmetrisch, antisymmetrisch und transitiv. Gilt außerdem A = ∅, so ist sie auch
reflexiv und total!
I
Für jede Relation R über einer beliebigen Menge A gilt:
R total
=⇒ R reflexiv
R asymmetrisch =⇒ R antisymmetrisch
Das sind auch die einzigen Implikationen, die immer gelten.
I
Eine Relation über einer nichtleeren Menge kann nicht gleichzeitig reflexiv und
asymmetrisch sein.
I
Eine nichtleere Relation über einer nichtleeren Menge kann nicht gleichzeitig
symmetrisch und asymmetrisch sein.
146 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
2.2.4.
2.2.5.
2.2.6.
2.2.7.
2.2.8.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Wichtige Begriffe
Erkennen von Eigenschaften
Beweisen von Eigenschaften
Relationenprodukt
Äquivalenzrelationen
Partielle Ordnungen
Zählen von Relationen
Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
147 / 1411
Eigenschaften homogener Relationen beweisen
Die Definitionen aller Eigenschaften homogener Relationen sind Aussagen der Art
∀ . . . : B =⇒ F
für eine Bedingung B und eine Folgerung F . Die Negation einer solchen Aussage hat
folgende Form:
∃ . . . : B und nicht F .
Daher werden diese Aussagen
I
mit einem Beweis für beliebige Elemente gezeigt, aber
I
mit einem konkreten Gegenbeispiel widerlegt.
Wie man diese 6 Eigenschaften beweist oder widerlegt wird anhand der nächsten 6
Relationen gezeigt.
148 / 1411
Info
Bei der Reflexivität gibt es keine Bedingung. Die Aussage ist lediglich
∀a ∈ A : (a, a) ∈ R
und ihre Negation
∃a ∈ A : (a, a) ∈
/ R.
149 / 1411
Teilbarkeitsrelation |
Für beliebige ganze Zahlen x , y ∈ Z gilt x | y genau dann, wenn es eine natürliche
Zahl k ∈ Z gibt mit y = kx . In kompakter Schreibweise heißt das:
x |y
:⇐⇒ ∃k ∈ Z : y = k · x .
Somit ist | eine homogene Relation über Z.
Beispiele
Es gilt beispielsweise 3 | −12, 4 | 12 und −6 | 12, aber 5 - 12, −7 - 12 und 8 - 12.
Infos
I
Für x | y sagen wir „x teilt y “, „y wird von x geteilt“ oder „y ist ein Vielfaches
von x “.
I
Für alle n ∈ Z gilt: 1 | n und n | 0.
150 / 1411
Eigenschaften der Teilbarkeitsrelation
Für die Teilbarkeitsrelation | gilt:
1. | ist reflexiv.
2. | ist nicht symmetrisch.
3. | ist nicht asymmetrisch.
4. | ist antisymmetrisch.
5. | ist nicht total.
6. | ist transitiv.
Diese Aussagen werden in den nächsten 6 Folien gezeigt.
151 / 1411
1. | ist reflexiv.
Zu zeigen ist:
∀a ∈ Z : a | a.
Beweis:
Sei a ∈ Z eine beliebige ganze Zahl.
=⇒ a = 1 · a.
=⇒ Es gibt also eine ganze Zahl k ∈ Z mit a = k · a, nämlich k = 1.
=⇒ a | a.
2.
152 / 1411
2. | ist nicht symmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Z : a | b und b - a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a | b und b - a
gelten, z.B. a = 2 und b = 4.
2
153 / 1411
3. | ist nicht asymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Z : a | b und b | a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a | b und b | a
gelten, z.B. a = 4 und b = 4.
2
154 / 1411
4. | ist nicht antisymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Z : a | b, b | a und a 6= b.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a | b, b | a und
a 6= b gelten, z.B. a = 3 und b = −3.
2
Info: Die Einschränkung der Teilbarkeitsrelation auf N0 ist schon antisymmetrisch!
155 / 1411
5. | ist nicht total.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Z : a - b und b - a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a - b und b - a
gelten, z.B. a = 3 und b = 4.
2
156 / 1411
6. | ist transitiv.
Zu zeigen ist:
∀a, b, c ∈ Z : (a | b und b | c) =⇒ a | c.
Beweis:
Seien a, b, c ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit a | b und b | c.
=⇒ Es gibt ganze Zahlen k1 , k2 ∈ Z mit b = k1 · a und c = k2 · b.
=⇒ Durch Einsetzen von b = k1 a in c = k2 b erhalten wir:
c = k2 · k1 · a.
=⇒ Es gibt also eine ganze Zahl k3 ∈ Z mit c = k3 a, nämlich k3 = k2 · k1 .
=⇒ a | c
2
157 / 1411
Kongruenzrelation ≡n modulo n
Sei n ∈ N. Für beliebige ganze Zahlen x , y ∈ Z gilt x ≡n y genau dann, wenn es eine
ganze Zahl k ∈ Z gibt mit x = y + kn. In kompakter Schreibweise heißt das:
x ≡n y
:⇐⇒ ∃k ∈ Z : x = y + k · n .
Somit ist ≡n ebenfalls eine homogene Relation über Z.
Beispiele
Für n = 5 gilt beispielsweise 3 ≡5 8, 6 ≡5 −9 und −2 ≡5 −17, aber −3 6≡5 6, 13 6≡5 6
und 8 6≡5 −10.
Infos
I
Für x ≡n y sagen wir „x und y sind kongruent modulo n“.
I
Es gilt x ≡n y genau dann, wenn die Differenz x − y durch n teilbar ist:
x ≡n y ⇐⇒ ∃k ∈ Z : x = y + k · n ⇐⇒ ∃k ∈ Z : x − y = k · n ⇐⇒ n | (x − y )
158 / 1411
Eigenschaften der Kongruenzrelation modulo n
Für die Kongruenzrelation ≡n modulo n gilt:
1. ≡n ist reflexiv.
2. ≡n ist symmetrisch.
3. ≡n ist nicht asymmetrisch.
4. ≡n ist nicht antisymmetrisch.
5. ≡n ist nicht total.
6. ≡n ist transitiv.
Diese Aussagen werden in den nächsten 6 Folien gezeigt.
159 / 1411
1. ≡n ist reflexiv.
Zu zeigen ist:
∀a ∈ Z : a ≡n a.
Beweis:
Sei a ∈ Z eine beliebige ganze Zahl.
=⇒ a = a + 0 · n.
=⇒ Es gibt also eine ganze Zahl k ∈ Z mit a = a + k · n, nämlich k = 0.
=⇒ a ≡n a.
2.
160 / 1411
2. ≡n ist symmetrisch.
Zu zeigen ist:
∀a, b ∈ Z : a ≡n b =⇒ b ≡n a.
Beweis:
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
Seien a, b ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit a ≡n b.
Es gibt ein k1 ∈ Z mit a = b + k1 · n.
a − k1 · n = b.
Es gibt also ein k2 ∈ Z mit b = a + k2 · n, nämlich k2 = −k1 .
b ≡n a.
2.
161 / 1411
3. ≡n ist nicht asymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Z : a ≡n b und b ≡n a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a ≡n b und
b ≡n a gelten, z.B. n = 5, a = 1 und b = 6.
2
162 / 1411
4. ≡n ist nicht antisymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Z : a ≡n b, b ≡n a und a 6= b.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a ≡n b, b ≡n a
und a 6= b gelten, z.B. wieder n = 5, a = 1 und b = 6.
2
163 / 1411
5. ≡n ist nicht total.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Z : a 6≡n b und b 6≡n a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a 6≡n b und
b 6≡n a gelten, z.B. n = 5, a = 2 und b = 3.
2
164 / 1411
6. ≡n ist transitiv.
Zu zeigen ist:
∀a, b, c ∈ Z : (a ≡n b und b ≡n c) =⇒ a ≡n c.
Beweis:
Seien a, b, c ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit a ≡n b und b ≡n c.
=⇒ Es gibt ganze Zahlen k1 , k2 ∈ Z mit a = b + k1 · n und b = c + k2 · n.
=⇒ Durch Einsetzen von b = c + k2 · n in a = b + k1 · n erhalten wir:
a = c + k2 · n + k1 · n = c + (k2 + k1 ) · n.
=⇒ Es gibt also eine ganze Zahl k3 ∈ Z mit a = c + k3 · n, nämlich k3 = k2 + k1 .
=⇒ a ≡n c
2
165 / 1411
Präfixrelation vp
Sei Σ ein Alphabet und Σ∗ die Menge aller Wörter über Σ. Für beliebige Wörter
u, v ∈ Σ∗ gilt u vp v genau dann, wenn es ein Wort w ∈ Σ∗ gibt mit v = uw . In
kompakter Schreibweise heißt das:
u vp v
:⇐⇒ ∃w ∈ Σ∗ : v = uw .
Somit ist vp ebenfalls eine homogene Relation über Σ∗ .
Beispiele
Für Σ = {a, b, c} gilt beispielsweise ab vp abaca, vp abc und bc vp bc, aber
ca 6v p abcaa, abba 6v p ab und abc 6v p bca.
Infos
I
Für u vp v sagen wir „u ist Präfix von v “.
I
Intuitiv heißt u vp v , dass das Wort u am Anfang von v vorkommt.
166 / 1411
Eigenschaften der Präfixrelation
Für die Präfixrelation vp gilt:
1. vp ist reflexiv.
2. vp ist nicht symmetrisch.
3. vp ist nicht asymmetrisch.
4. vp ist antisymmetrisch.
5. vp ist nicht total.
6. vp ist transitiv.
Diese Aussagen werden in den nächsten 6 Folien gezeigt.
167 / 1411
1. vp ist reflexiv.
Zu zeigen ist:
∀a ∈ Σ∗ : a vp a.
Beweis:
Sei a ∈ Σ∗ ein beliebiges Wort.
=⇒ a = a.
=⇒ Es gibt also ein Wort w ∈ Σ∗ mit a = aw , nämlich w = .
=⇒ a vp a.
2.
168 / 1411
2. vp ist nicht symmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a vp b und b 6v p a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a vp b und b 6v p a
gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = x und b = xy .
2
169 / 1411
3. vp ist nicht asymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a vp b und b vp a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a vp b und b vp a
gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = xy .
2
170 / 1411
4. vp ist antisymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∀a, b ∈ Σ∗ : (a vp b und b vp a) =⇒ a = b.
Beweis:
Seien a, b ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a vp b und b vp a.
=⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ mit b = aw1 und a = bw2 .
=⇒ Durch Einsetzen von b = aw1 in a = bw2 erhalten wir:
a = aw1 w2 .
=⇒ w1 und w2 müssen beide leer sein.
=⇒ b = a und a = b.
=⇒ a = b.
2
171 / 1411
5. vp ist nicht total.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a 6v p b und b 6v p a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a 6v p b und b 6v p a
gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = yx .
2
172 / 1411
6. vp ist transitiv.
Zu zeigen ist:
∀a, b, c ∈ Σ∗ : (a vp b und b vp c) =⇒ a vp c.
Beweis:
Seien a, b, c ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a vp b und b vp c.
=⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ mit b = aw1 und c = bw2 .
=⇒ Durch Einsetzen von b = aw1 in c = bw2 erhalten wir:
c = aw1 w2 .
=⇒ Also gibt es ein Wort w3 ∈ Σ∗ mit c = aw3 (nämlich w3 = w1 w2 ).
=⇒ a vp c
2
173 / 1411
Suffixrelation vs
Sei Σ ein Alphabet und Σ∗ die Menge aller Wörter über Σ. Für beliebige Wörter
u, v ∈ Σ∗ gilt u vs v genau dann, wenn es ein Wort w ∈ Σ∗ gibt mit v = wu. In
kompakter Schreibweise heißt das:
u vs v
:⇐⇒ ∃w ∈ Σ∗ : v = wu .
Somit ist auch vs eine homogene Relation über Σ∗ .
Beispiele
Für Σ = {a, b, c} gilt beispielsweise ab vs acab, vs acb und bab vs bab, aber
ca 6v s cabaa, abcc 6v s cc und bca 6v s bac.
Infos
I
Für u vs v sagen wir „u ist Suffix von v “.
I
Intuitiv heißt u vs v , dass das Wort u am Ende von v vorkommt.
174 / 1411
Eigenschaften der Suffixrelation
Für die Suffixrelation vs gilt:
1. vs ist reflexiv.
2. vs ist nicht symmetrisch.
3. vs ist nicht asymmetrisch.
4. vs ist antisymmetrisch.
5. vs ist nicht total.
6. vs ist transitiv.
Diese Aussagen werden in den nächsten 6 Folien gezeigt.
175 / 1411
1. vs ist reflexiv.
Zu zeigen ist:
∀a ∈ Σ∗ : a vs a.
Beweis:
Sei a ∈ Σ∗ ein beliebiges Wort.
=⇒ a = a.
=⇒ Es gibt also ein Wort w ∈ Σ∗ mit a = wa, nämlich w = .
=⇒ a vs a.
2.
176 / 1411
2. vs ist nicht symmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a vs b und b 6v s a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a vs b und b 6v s a
gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = y und b = xy .
2
177 / 1411
3. vs ist nicht asymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a vs b und b vs a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a vs b und b vs a
gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = xy .
2
178 / 1411
4. vs ist antisymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∀a, b ∈ Σ∗ : (a vs b und b vs a) =⇒ a = b.
Beweis:
Seien a, b ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a vs b und b vs a.
=⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ mit b = w1 a und a = w2 b.
=⇒ Durch Einsetzen von b = w1 a in a = w2 b erhalten wir:
a = w2 w1 a.
=⇒ w1 und w2 müssen beide leer sein.
=⇒ b = a und a = b.
=⇒ a = b.
2
179 / 1411
5. vs ist nicht total.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a 6v s b und b 6v s a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a 6v s b und b 6v s a
gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = yx .
2
180 / 1411
6. vs ist transitiv.
Zu zeigen ist:
∀a, b, c ∈ Σ∗ : (a vs b und b vs c) =⇒ a vs c.
Beweis:
Seien a, b, c ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a vs b und b vs c.
=⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ mit b = w1 a und c = w2 b.
=⇒ Durch Einsetzen von b = w1 a in c = w2 b erhalten wir:
c = w2 w1 a.
=⇒ Also gibt es ein Wort w3 ∈ Σ∗ mit c = w3 a (nämlich w3 = w2 w1 ).
=⇒ a vs c
2
181 / 1411
Teilwortrelation v
Sei Σ ein Alphabet und Σ∗ die Menge aller Wörter über Σ. Für beliebige Wörter
u, v ∈ Σ∗ gilt u v v genau dann, wenn es Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ gibt mit v = w1 uw2 . In
kompakter Schreibweise heißt das:
uvv
:⇐⇒ ∃w1 , w2 ∈ Σ∗ : v = w1 uw2 .
Somit ist v eine homogene Relation über Σ∗ .
Beispiele
Für Σ = {a, b, c} gilt beispielsweise ab v acabca, v acc und baa v baa, aber
ca 6v acba, cbac 6v ab und acbc 6v bcac.
Infos
I
Für u v v sagen wir „u ist Teilwort von v “.
I
Intuitiv heißt u v v , dass das Wort u irgendwo in v vorkommt.
182 / 1411
Eigenschaften der Teilwortrelation
Für die Teilwortrelation v gilt:
1. v ist reflexiv.
2. v ist nicht symmetrisch.
3. v ist nicht asymmetrisch.
4. v ist antisymmetrisch.
5. v ist nicht total.
6. v ist transitiv.
183 / 1411
1. v ist reflexiv.
Zu zeigen ist:
∀a ∈ Σ∗ : a v a.
Beweis:
Sei a ∈ Σ∗ ein beliebiges Wort.
=⇒ a = a.
=⇒ Es gibt also Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ mit a = w1 aw2 , nämlich w1 = und w2 = .
=⇒ a v a.
2.
184 / 1411
2. v ist nicht symmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a v b und b 6v a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a v b und b 6v a
gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = xxyy .
2
185 / 1411
3. v ist nicht asymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a v b und b v a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a v b und b v a
gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = xy .
2
186 / 1411
4. v ist antisymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∀a, b ∈ Σ∗ : (a v b und b v a) =⇒ a = b.
Beweis:
Seien a, b ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a v b und b v a.
=⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 , w3 , w4 ∈ Σ∗ mit b = w1 aw2 und a = w3 bw4 .
=⇒ Durch Einsetzen von b = w1 aw2 in a = w3 bw4 erhalten wir:
a = w3 w1 aw2 w4 .
=⇒ w1 , w2 , w3 und w4 müssen alle leer sein.
=⇒ b = a und a = b.
=⇒ a = b.
2
187 / 1411
5. v ist nicht total.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a 6v b und b 6v a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a 6v b und b 6v a
gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = yx .
2
188 / 1411
6. v ist transitiv.
Zu zeigen ist:
∀a, b, c ∈ Σ∗ : (a v b und b v c) =⇒ a v c.
Beweis:
Seien a, b, c ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a v b und b v c.
=⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 , w3 , w4 ∈ Σ∗ mit b = w1 aw2 und c = w3 bw4 .
=⇒ Durch Einsetzen von b = w1 aw2 in c = w3 bw4 erhalten wir:
c = w3 w1 aw2 w4 .
=⇒ Also gibt es Wörter w5 , w6 ∈ Σ∗ mit c = w5 aw6 (nämlich w5 = w3 w1 und
w6 = w2 w4 ).
=⇒ a v c
2
189 / 1411
Wortlängenrelation k
Sei Σ ein Alphabet und Σ∗ die Menge aller Wörter über Σ. Für beliebige Wörter
u, v ∈ Σ∗ gilt u k v genau dann, wenn u und v dieselbe Länge haben. In kompakter
Schreibweise heißt das:
u k v :⇐⇒ |u| = |v | .
Auch k ist also eine homogene Relation über Σ∗ .
Beispiele
Für Σ = {a, b, c} gilt beispielsweise ab k bc, b k c und abc k bcc, aber ab ∦ bac,
cb ∦ c und ac ∦ bcac.
Infos
Für u k v sagen wir „u und v sind gleich lang“.
190 / 1411
Eigenschaften der Wortlängenrelation
Für die Wortlängenrelation k gilt:
1. k ist reflexiv.
2. k ist symmetrisch.
3. k ist nicht asymmetrisch.
4. k ist nicht antisymmetrisch.
5. k ist nicht total.
6. k ist transitiv.
Diese Aussagen werden in den nächsten 6 Folien gezeigt.
191 / 1411
1. k ist reflexiv.
Zu zeigen ist:
∀a ∈ Σ∗ : a k a.
Beweis:
Sei a ∈ Σ∗ ein beliebiges Wort.
=⇒ |a| = |a|.
=⇒ a k a.
2
192 / 1411
2. k ist symmetrisch.
Zu zeigen ist:
∀a, b ∈ Σ∗ : a k b =⇒ b k a.
Beweis:
Seien a, b ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a k b.
=⇒ |a| = |b|.
=⇒ |b| = |a|.
=⇒ b k a.
2
193 / 1411
3. k ist nicht asymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a k b und b k a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a k b und b k a
gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = xy .
2
194 / 1411
4. k ist nicht antisymmetrisch.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a k b, b k a und a 6= b.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a k b, b k a und
a 6= b gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xx und b = yy .
2
195 / 1411
5. k ist nicht total.
Zu zeigen ist:
∃a, b ∈ Σ∗ : a ∦ b und b ∦ a.
Beweis:
Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a ∦ b und b ∦ a
gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = x und b = yyy .
2
196 / 1411
6. k ist transitiv.
Zu zeigen ist:
∀a, b, c ∈ Σ∗ : (a k b und b k c) =⇒ a k c.
Beweis:
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
Seien a, b, c ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a k b und b k c.
|a| = |b| und |b| = |c|.
|a| = |b| = |c|.
|a| = |c|.
a k c.
2
197 / 1411
Tipp
Wenn man selber entscheiden muss, ob eine Eigenschaft gilt oder nicht, dann sollte
man sich die Relation (bzw. einen Teil davon) graphisch vorstellen und die Tricks auf
Folien 132 und 133 benutzen.
198 / 1411
Quizfragen
Sei ./ eine homogene Relation über Zahlenpaare aus Z × Z mit
(a, b) ./ (c, d) :⇐⇒ a · d = b · c
für alle a, b, c, d ∈ Z.
1. Ist ./ reflexiv?
2. Ist ./ symmetrisch?
3. Ist ./ asymmetrisch?
4. Ist ./ antisymmetrisch?
5. Ist ./ total?
6. Ist ./ transitiv?
Beweise deine Antworten!
199 / 1411
Antworten
1. ./ ist reflexiv.
Seien a, b ∈ Z beliebige ganze Zahlen.
=⇒ a · b = b · a.
=⇒ (a, b) ./ (a, b).
2. ./ ist symmetrisch.
2
Seien a, b, c, d ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ./ (c, d).
=⇒ a · d = b · c.
=⇒ c · b = a · d.
=⇒ (c, d) ./ (a, b)
2
200 / 1411
3. ./ ist nicht asymmetrisch.
Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b, c, d ∈ Z gesucht, für die (a, b) ./ (c, d)
und (c, d) ./ (a, b) gelten, z.B. a = 1, b = 2, c = 2 und d = 4.
2
4. ./ ist nicht antisymmetrisch.
Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b, c, d ∈ Z gesucht, für die (a, b) ./ (c, d),
(c, d) ./ (a, b) und (a, b) 6= (c, d) gelten, z.B. a = 1, b = 2, c = 2 und d = 4. 2
201 / 1411
5. ./ ist nicht total.
Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b, c, d ∈ Z gesucht, für die (a, b) 6./ (c, d)
und (c, d) 6./ (a, b) gelten, z.B. a = 1, b = 2, c = 3 und d = 4.
2
6. ./ ist transitiv.
Seien a, b, c, d, e, f ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ./ (c, d) und
(c, d) ./ (e, f ).
=⇒ Es gilt a · d = b · c und c · f = d · e.
=⇒ Durch Gleichsetzen erhalten wir:
a · d · c · f = b · c · d · e.
=⇒ Kürzen von c · d auf beiden Seiten liefert: a · f = b · e.
=⇒ (a, b) ./ (e, f ).
2
202 / 1411
Knifflige Quizfragen
Sei o eine homogene Relation über den ganzen Zahlen Z mit
x oy
:⇐⇒ ∃k ∈ Z : y 2 = k · x
für alle x , y ∈ Z.
1. Ist o reflexiv?
2. Ist o symmetrisch?
3. Ist o asymmetrisch?
4. Ist o antisymmetrisch?
5. Ist o total?
6. Ist o transitiv?
Beweise deine Antworten!
203 / 1411
Antworten
1. o ist reflexiv.
Sei a ∈ Z eine beliebige ganze Zahl.
=⇒ Es gibt ein k ∈ Z mit a2 = k · a, nämlich k = a.
2. o ist nicht symmetrisch.
Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a o b und b 6 oa
gelten, z.B. a = 4 und b = 6.
3. o ist nicht asymmetrisch.
Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a o b und b o a
gelten, z.B. a = 2 und b = 4.
2
2
2
204 / 1411
4. o ist nicht antisymmetrisch.
Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a o b, b o a und a 6= b
gelten, z.B. a = 2 und b = 4.
2
5. o ist nicht total.
Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a 6 ob und b 6 oa
gelten, z.B. a = 2 und b = 3.
2
6. o ist nicht transitiv. Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b, c ∈ Z gesucht, für
die a o b, b o c und a 6 oc gelten, z.B. a = 8, b = 4 und c = 2.
2
205 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
2.2.4.
2.2.5.
2.2.6.
2.2.7.
2.2.8.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Wichtige Begriffe
Erkennen von Eigenschaften
Beweisen von Eigenschaften
Relationenprodukt
Äquivalenzrelationen
Partielle Ordnungen
Zählen von Relationen
Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
206 / 1411
Relationenprodukt
Seien A, B und C drei Mengen, R eine Relation über A und B und S eine Relation
über B und C . Dann gilt:
R ◦ S := {(a, c) ∈ A × C | ∃b ∈ B : (a, b) ∈ R und (b, c) ∈ S}
R ◦ S ist dann eine Relation über A und C .
Damit R ◦ S definiert ist muss R ⊆ A × B und S ⊆ B × C gelten!
207 / 1411
Beispiel
Gegeben seien Mengen A = {1, 2}, B = {3, 4} und C = {5, 6} und Relationen
R = {(1, 3), (1, 4), (2, 3)} über A und B und
S = {(3, 5), (4, 5), (4, 6)} über B und C .
Dann folgt für R ◦ S:
(3, 5) (4, 5) (4, 6)
(1, 3) (1, 5)
(1, 4)
(1, 5) (1, 6)
(2, 3) (2, 5)
Nach der Entfernung von Duplikaten erhalten wir:
R ◦ S = {(1, 5), (1, 6), (2, 5)}.
208 / 1411
Graphisch:
R
S
1
3
5
2
4
6
A
B
C
R ◦S
1
5
2
6
A
C
209 / 1411
Infos
I
Folgende Intuition kann hilfreich sein: Kommt man im Graph von R in einem
Schritt von a nach b und im Graph von S in einem Schritt von b nach c, dann
kommt man im Graph von R ◦ S in einem Schritt von a nach c.
I
Statt R ◦ S schreibt man oft nur RS, was aber gefährlich ist, weil man es mit der
Konkatenation aus Folie 72 verwechseln kann.
I
Das Relationenprodukt ist assoziativ. Für beliebige Relationen R, S, T gilt
nämlich:
(R ◦ S) ◦ T = R ◦ (S ◦ T ).
Aus diesem Grund lassen wir oft einfach die Klammern weg.
210 / 1411
Quizfrage
Gegeben seien Mengen A = {1, 2, 3} und B = {4, 5, 6} und Relationen
R = {(1, 4), (1, 5), (2, 4), (3, 6)} über A und B und
S = {(4, 2), (5, 2), (5, 3), (6, 1)} über B und A.
1. Wie sieht R ◦ S aus?
2. Wie sieht S ◦ R aus?
211 / 1411
Antworten
1. R ◦ S = {(1, 2), (1, 3), (2, 2), (3, 1)}.
(4, 2) (5, 2) (5, 3) (6, 1)
(1, 4) (1, 2)
(1, 5)
(1, 2) (1, 3)
(2, 4) (2, 2)
(3, 1)
(3, 6)
2. S ◦ R = {(4, 4), (5, 4), (5, 6), (6, 4), (6, 5)}.
(1, 4) (1, 5) (2, 4) (3, 6)
(4, 2)
(4, 4)
(5, 2)
(5, 4)
(5, 3)
(5, 6)
(6, 1) (6, 4) (6, 5)
212 / 1411
Komposition von Relationen
Sei R eine homogene Relation über einer Menge A. Dann gilt für ein beliebiges n ∈ N0 :
R0
= {(x , x ) | x ∈ A} = idA
R n+1 = R n ◦ R
Info
Aus dieser Definition und idA ◦R = R = R ◦ idA folgt sofort:
R 1 = R 0 ◦ R = idA ◦R = R.
213 / 1411
Beispiel
Für eine beliebige homogene Relation R gilt:
R4 = R3 ◦ R
= (R 2 ◦ R) ◦ R
= ((R 1 ◦ R) ◦ R) ◦ R
= ((R ◦ R) ◦ R) ◦ R.
Aufgrung der Assoziativität des Relationenprodukts schreiben wir oft auch einfach:
R 4 = R ◦ R ◦ R ◦ R.
214 / 1411
Info
Aus dieser formalen Definition von R n folgt, zusammen mit der Assoziativität des
Relationenprodukts, die etwas intuitivere Variante:
Rn = R
| ◦ R ◦{z. . . ◦ R} .
n mal
215 / 1411
Graphische Bedeutung
Intuitiv enthält R n alle Abkürzungen für Wege der Länge genau n in der graphischen
Darstellung von R. Es gilt nämlich:
R 0 = {(a, b) ∈ A × A | a = b}
R n = {(a, b) ∈ A × A | ∃x1 , . . . , xn−1 ∈ M : (a, x1 ), (x1 , x2 ), . . . , (xn−1 , b) ∈ R}
D.h., falls der Graph von R folgende Kanten enthält:
a −→ x1 −→ x2 −→ . . . −→ xn−1 −→ b ,
|
{z
Weg der Länge n von a nach b in R
}
dann enthält der Graph von R n die Kante
a| −→
{z b}
.
Kante von a nach b in R n
x1 , . . . , xn−1 , a und b müssen nicht unbedingt alle verschieden sein!
216 / 1411
Beispiel
Sei R eine homogene Relation über [4] mit
R = {(1, 1), (2, 4), (4, 1), (4, 3)}.
Die Graphische Darstellungen von R −1 , R 0 , R, R 2 und R 3 sind:
2
R −1
R0
R
R2
R3
1
1
1
1
1
4
4
4
4
4
3
2
3
2
3
2
3
2
3
R 4 , R 5 , R 6 , . . . gleichen alle R 3 .
217 / 1411
Hüllen von Relationen
Sei R eine homogene Relation über einer Menge A. Die reflexive Hülle R ref von R ist
die kleinste Relation, die R enthält und reflexiv ist. Es muss gelten:
(1) R ⊆ R ref ,
(2) R ref reflexiv und
(3) ∀R 0 ⊆ A × A : (R ⊆ R 0 und R 0 reflexiv =⇒ R ref ⊆ R 0 )
Analog sind die symmetrische Hülle R sym , die transitive Hülle R + und die reflexive
transitive Hülle R ∗ definiert.
Die Definitionen sind aber für uns kaum wichtig. Wichtig ist, wie man die Hüllen
berechnet. Hierfür gibt es folgende Formeln:
R ref
R sym
R+
R∗
=
=
=
=
R 0 ∪ R,
R ∪ R −1 ,
S∞
R ∪ R2 ∪ R3 ∪ R4 ∪ . . .
=
Ri ,
Si=1
∞
0
2
3
4
i
R ∪ R ∪ R ∪ R ∪ R ∪ ... =
i=0 R .
218 / 1411
Beispiel
Sei R wieder die homogene Relation über [5] aus Folie 217 mit
R = {(1, 1), (2, 4), (3, 5), (4, 1), (4, 3)}.
Die Graphische Darstellung von R, R ref , R sym , R + und R ∗ sind:
2
R
R ref
R sym
R+
R∗
1
1
1
1
1
4
4
4
4
4
3
2
3
2
3
2
3
2
3
219 / 1411
Buntes Beispiel
Sei R = {(1, 3), (2, 4), (4, 1)} eine homogene Relation über [4]. Dann gilt:
R −1
R0
2
1
4
R
2
1
3
4
R2
2
1
3
4
R3
2
1
3
4
2
1
3
4
3
Wegen R 4 = R 5 = R 6 = . . . = ∅ gilt für die Hüllen:
R ref
R sym
2
1
1
4
R+
2
3
4
R∗
2
1
3
4
2
1
3
4
3
220 / 1411
Quizfrage
Sei R eine homogene Relation über [4] mit
R = {(1, 2), (1, 3), (2, 4), (3, 4), (4, 1)}.
Wie sehen R ref , R sym , R + und R ∗ graphisch aus?
221 / 1411
Antwort
Aus
R −1
R0
R
1
2
1
1
3
2
3
4
2
3
4
4
R −1 = R 2 = R 5 = R 8 = . . .
R0
= R3 = R6 = R9 = . . .
R
= R 4 = R 7 = R 10 = . . .
und
folgt:
R +, R ∗
R sym
R ref
1
2
1
3
4
2
1
3
4
2
3
4
222 / 1411
Quizfrage
Wieso gibt es keine asymmetrische, antisymmetrische oder totale Hüllen?
223 / 1411
Antwort
Weil sie keinen Sinn machen würden!
I
Eine Relation, die nicht asymmetrisch (bzw. nicht antisymmetrisch) ist, kann
durch das Hinzufügen von Tupeln nicht asymmetrisch (bzw. antisymmetrisch)
gemacht werden.
I
Für eine nicht totale Relation R gibt es mehrere totale Relationen, die R
enthalten und minimal wären.
224 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
2.2.4.
2.2.5.
2.2.6.
2.2.7.
2.2.8.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Wichtige Begriffe
Erkennen von Eigenschaften
Beweisen von Eigenschaften
Relationenprodukt
Äquivalenzrelationen
Partielle Ordnungen
Zählen von Relationen
Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
225 / 1411
Äquivalenzrelationen
Seien A eine Menge und R eine homogene Relation über A. Dann gilt:
R Äquivalenzrelation :⇐⇒ R reflexiv, symmetrisch und transitiv
Info
Diese Definition schließt nicht aus, dass R mehr als diese drei Eigenschaften besitzen
kann.
226 / 1411
Beispiele
I
Die Gleichheitsrelation = (bzw. idA ) über einer beliebigen Menge A ist eine
Äquivalenzrelation über A.
I
Das kartesische Produkt A × A ist für jede Menge A eine Äquivalenzrelation.
I
Die Kongruenzrelation ≡n modulo n ist eine Äquivalenzrelation über Z (s. Folie
159).
I
Die Wortlängenrelation k ist für jedes Alphabet Σ eine Äquivalenzrelation über Σ∗
(s. Folie 191).
227 / 1411
Äquivalenzrelation und Partitionen
Jede Äquivalenzrelation R über einer Grundmenge A entspricht genau einer Partition P
von A. Die Klassen in P heißen dann Äquivalenzklassen. Und es gilt für alle a, b ∈ A:
(a, b) ∈ R ⇐⇒ in P sind a und b in der selben Äquivalenzklasse
Innerhalb einer Äquivalenzklasse steht also jedes Element mit jedem anderen in
Relation. Dagegen stehen zwei Elemente aus verschiedenen Äquivalenzklassen nie in
Relation.
Die Zuordnung ist eindeutig, so dass jede Äquivalenzrelation genau eine Partition
induziert und jede Partition genau eine Äquivalenzrelation. Somit gibt es beispielsweise
so viele Äquivalenzrelationen, wie es Partitionen der Grundmenge A gibt.
228 / 1411
Beispiel
Sei R folgende Äquivalenzrelation über der Grundmenge [7]:
1
3
2
4
6
5
7
R induziert die 4-Partition
P = {{1, 3}, {2}, {4, 5, 7}, {6}}
der Menge [7].
229 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende Äquivalenzrelationen R1 , . . . , R5 über [4]:
1. R1 = {(1, 1), (1, 2), (2, 1), (2, 2), (3, 3), (4, 4)},
2. R2 = {(1, 1), (1, 4), (2, 2), (2, 3), (3, 2), (3, 3), (4, 1), (4, 4)},
3. R3 = {(1, 1), (1, 3), (1, 4), (2, 2), (3, 1), (3, 3), (3, 4), (4, 1), (4, 3), (4, 4)},
4. R4 = [4] × [4],
5. R5 = id[4] .
Welche Partition Pi von [4] wird durch Ri induziert?
230 / 1411
Antworten
1. P1 = {{1, 2}, {3}, {4}}.
2. P2 = {{1, 4}, {2, 3}}.
3. P3 = {{1, 3, 4}, {2}}
4. P4 = {{1, 2, 3, 4}}.
5. P5 = {{1}, {2}, {3}, {4}}.
231 / 1411
Beispiel
Sei Σ = {a, b, c} ein Alphabet und L ⊆ Σ∗ eine Sprache mit
L = {, a, b, c, ab, ac, bc, abc}.
Die Einschränkung der Wortlängenrelation k auf L induziert folgende Partition P von L:
P = {{}, {a, b, c}, {ab, ac, bc}, {abc}}.
232 / 1411
Quizfrage
Sei Σ = {a, b} ein Alphabet und L ⊆ Σ∗ eine Sprache mit
L = {, a, b, aa, ab, bb, aaa, aab, abb, bbb}.
Wie wird L durch die Einschränkung der Wortlängenrelation k auf L partitioniert?
233 / 1411
Antwort
Die Einschränkung der Wortlängenrelation k auf L induziert folgende Partition P von L:
P = {{}, {a, b}, {aa, ab, bb}, {aaa, aab, abb, bbb}}.
234 / 1411
Beispiel
Die Einschränkung der Kongruenzrelation modulo 4 ≡4 auf [12] induziert folgende
Partition P von [12]:
P = {{1, 5, 9}, {2, 6, 10}, {3, 7, 11}, {4, 8, 12}}.
235 / 1411
Quizfrage
Wie wird [9] durch die Einschränkung der Kongruenzrelation modulo 3 ≡3 auf [9]
partitioniert?
236 / 1411
Antwort
Die Einschränkung von ≡3 auf [9] induziert folgende Partition P von [9]:
P = {{1, 4, 7}, {2, 5, 8}, {3, 6, 9}}.
237 / 1411
Beispiel
Es gibt genau zwei verschiedene Äquivalenzrelationen über [2], weil die Menge [2] auf
genau zwei verschiedene Weisen partitioniert werden kann:
Partitionen
P1 = {{1}, {2}}
P2 = {{1, 2}}
Äquivalenzrelationen
R1 = {(1, 1), (2, 2)}
R2 = {(1, 1), (1, 2), (2, 1), (2, 2)}
238 / 1411
Quizfrage
Wie viele verschiedene Äquivalenzrelationen gibt es über [3]?
239 / 1411
Antwort
Es gibt 5 verschiedene Partitionen der Menge [3]. Somit sind das auch genau 5
Äquivalenzrelationen:
Partitionen
P1 = {{1}, {2}, {3}}
P2 = {{1, 2}, {3}}
P3 = {{1, 3}, {2}}
P4 = {{1}, {2, 3}}
P5 = {{1, 2, 3}}
Äquivalenzrelationen
R1 = {(1, 1), (2, 2), (3, 3)}
R2 = {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (1, 2), (2, 1)}
R3 = {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (1, 3), (3, 1)}
R4 = {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (2, 3), (3, 2)}
R5 = {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (1, 2), (2, 1), (1, 3), (3, 1), (2, 3), (3, 2)}
240 / 1411
Quizfragen
Sei ‡ eine Äquivalenzrelation über Zahlenpaare aus Z × Z mit
(a, b) ‡ (c, d) :⇐⇒ a + b = c + d
für alle a, b, c, d ∈ Z.
1. Wieso ist ‡ reflexiv?
2. Wieso ist ‡ symmetrisch?
3. Wieso ist ‡ transitiv?
4. Welche Partition P der Menge [3] × [3] wird durch die Einschränkung von ‡ auf
[3] × [3] induziert?
Hinweis: Bei den ersten drei Fragen sind Beweise verlangt.
241 / 1411
Antworten
1.
2.
3.
Seien a, b ∈ Z beliebige ganze Zahlen.
=⇒ Wegen a + b = a + b gilt auch (a, b) ‡ (a, b).
Seien a, b, c, d ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ‡ (c, d).
=⇒ a + b = c + d.
=⇒ c + d = a + b.
=⇒ (c, d) ‡ (a, b).
2
2
Seien a, b, c, d, e, f ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ‡ (c, d) und (c, d) ‡ (e, f ).
=⇒ a + b = c + d und c + d = e + f .
=⇒ a + b = e + f .
=⇒ (a, b) ‡ (e, f ).
4. P = {{(1, 1)}, {(1, 2), (2, 1)}, {(1, 3), (2, 2), (3, 1)}, {(2, 3), (3, 2)}, {(3, 3)}}.
2
242 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
2.2.4.
2.2.5.
2.2.6.
2.2.7.
2.2.8.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Wichtige Begriffe
Erkennen von Eigenschaften
Beweisen von Eigenschaften
Relationenprodukt
Äquivalenzrelationen
Partielle Ordnungen
Zählen von Relationen
Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
243 / 1411
Partielle Ordnungen
Seien A eine Menge und R eine homogene Relation über A. Dann gilt:
R partielle Ordnung :⇐⇒ R reflexiv, antisymmetrisch und transitiv
Eine totale Ordnung ist eine partielle Ordnung, die zusätzlich total ist.
Info
Wie bei der Äquivalenzrelation, schließt diese Definition nicht aus, dass R mehr als
diese drei Eigenschaften besitzen kann.
244 / 1411
Beispiele
I
Die Gleichheitsrelation = (bzw. idA ) über einer beliebigen Menge A ist eine
partielle Ordnung über A.
I
≤ ist eine totale Ordnung über Z.
I
Für jede Menge A ist ⊆ eine partielle Ordnung über P(A).
I
Die Einschränkung von | auf N0 ist eine partielle Ordnung (s. Folie 151).
I
Für jedes Alphabet Σ sind die Relationen vp , vs und v partielle Ordnungen (s.
Folien 167, 175 und 183).
245 / 1411
Partielle Ordnungen und Hasse-Diagramme
Jeder partiellen Ordnung R über einer Menge A kann man ein eindeutiges
Hasse-Diagramm zuordnen und umgekehrt. Man entfernt hierzu alle reflexiven und
transitiven Tupel von R und definiert das Ergebnis als Relation H:
H = {(a, b) ∈ R | a 6= b und 6 ∃ x ∈ A : (a, x ) ∈ R und (x , b) ∈ R.}
Das Hasse-Diagramm ist dann die graphische Darstellung von H, in der die Elemente
so angeordnet sind, dass alle Pfeile von unten nach oben zeigen.
Fügt man einem Hasse-Diagramm H alle reflexive und transitive Tupel hinzu, so
bekommt man die entsprechende partielle Ordnung R. Formal ist R also die reflexive
transitive Hülle von H, d.h.: R = H ∗ .
246 / 1411
Infos
I
Mit Hasse-Diagrammen lassen sich Hierarchien graphisch darstellen. Jedes
Element zeigt auf seinen direkten Vorgesetzten.
I
Ein Hasse-Diagramm muss nicht notwendigerweise zusammenhängend sein! Es
kann aus mehreren Teilen bestehen, die nicht miteinander verbunden sind.
I
Weil die Richtung der Pfeile durch die Anordnung der Knoten bestimmt wird,
können die Pfeilspitzen auch weggelassen werden.
247 / 1411
Beispiel
{(1, 1), . . . , (7, 7)}
Sei R mit
R = id[7] ∪ {(2, 1), (4, 3), (4, 5), (4, 6), (4, 7), (6, 3), (6, 7)}
eine partielle Ordnung über [5].
R kann wie folgt durch das Hasse-Diagramm H graphisch dargestellt werden.
1
3
2
4
6
5
7
R
7
3
6
5
1
2
4
H
H entspricht genau R ohne transitive und reflexive Tupel (gestrichelte Pfeile).
248 / 1411
Minimale und Maximale Elemente
Seien A eine Menge und R eine partielle Ordnung über A. Dann gilt für alle a, b ∈ A:
a minimal :⇐⇒ (∀x ∈ A : (x , a) ∈ R =⇒ x = a)
b maximal :⇐⇒ (∀y ∈ A : (b, y ) ∈ R =⇒ y = b)
Falls (a, b) ∈ R für a 6= b gilt, dann sagen wir „a ist kleiner als b“ bzw. „b ist größer
als a“, analog zur partiellen Ordnung ≤.
Info
Intuitiv ist ein Element
I
minimal, falls es in keinem Tupel rechts von einem anderen Element steht und
I
maximal, falls es in keinem Tupel links von einem anderen Element steht.
Wenn a kleiner als b ist, dann muss b im Hasse-Diagramm über a gezeichnet werden!
249 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende partielle Ordnungen über [4]:
1. R1 = {(1, 1), (1, 4), (2, 1), (2, 2), (2, 4), (3, 1), (3, 3), (3, 4), (4, 4)},
2. R2 = {(1, 1), (2, 1), (2, 2), (3, 3), (3, 4), (4, 4)},
3. R3 = {(1, 1), (1, 3), (2, 1), (2, 2), (2, 3), (2, 4), (3, 3), (4, 3), (4, 4)}.
Wie sieht das Hasse-Diagramm Hi zu jeder partiellen Ordnung Ri aus? Welche
Elemente sind minimal? Welche maximal?
250 / 1411
Antworten
H1 :
H2 :
4
1
4
1
2
H3 :
3
1
3
2
3
4
2
minimal: 2 und 3
minimal: 2 und 3
minimal: 2
maximal: 4
maximal: 1 und 4
maximal: 3
251 / 1411
Beispiel
Die Einschränkung der Teilmengenrelation ⊆ auf P([2]) kann durch folgendes
Hasse-Diagramm H graphisch dargestellt werden:
{1, 2}
H:
{1}
{2}
∅
∅ ist das einzige minimale Element und {1, 2} das einzige maximale.
252 / 1411
Quizfrage
Wie sieht das Hasse-Diagramm H zur Einschränkung der Teilmengenrelation ⊆ auf
P([3]) aus?
253 / 1411
Antwort
Hasse-Diagramm H zu ⊆:
{1, 2, 3}
H:
{1, 2}
{1, 3}
{2, 3}
{1}
{2}
{3}
∅
∅ ist das einzige minimale Element und {1, 2, 3} das einzige maximale.
254 / 1411
Beispiel
Sei A = {1, 2, 3, 5, 6, 10, 15, 30}. Die Einschränkung der Teilbarkeitsrelation | auf A
kann durch folgendes Hasse-Diagramm H graphisch dargestellt werden:
30
H:
15
10
6
5
3
2
1
1 ist das einzige minimale Element und 30 das einzige maximale.
255 / 1411
Quizfragen
1. Wie sieht das Hasse-Diagramm H zur Einschränkung der Teilbarkeitsrelation | auf
[12] aus?
2. Wie würde das Hasse-Diagramm aus 1. aussehen, wenn man die 0
mitberücksichtigen würde?
256 / 1411
Antworten
1.
2.
8
12
10
4
6
9
5
2
3
7
1
11
0
8
12
10
4
6
9
5
2
3
7
11
1
257 / 1411
Beispiel
Sei Σ = {a, b, c} ein Alphabet und L ⊆ Σ∗ mit
L = {, a, b, ab, ba, aba}.
Die Einschränkung der Teilwortrelation v auf L kann durch folgendes Hasse-Diagramm
H graphisch dargestellt werden:
H:
aba
ab
ba
a
b
ist das einzige minimale Element und aba das einzige maximale.
258 / 1411
Quizfrage
Sei Σ = {a, b, c} ein Alphabet und L ⊆ Σ∗ mit
L = {, a, b, c, ab, bc, ca, abc, bca, abca}.
Wie sieht das Hasse-Diagramm H zur Einschränkung der Teilwortrelation v auf L aus?
259 / 1411
Antwort
Hasse-Diagramm H:
H:
abca
abc
bca
ab
bc
ca
b
a
c
ist das einzige minimale Element und abca das einzige maximale.
260 / 1411
Beispiel
Es gibt genau 3 verschiedene Hasse-Diagramme H1 , H2 , H3 über [2]:
H1 :
H2 :
1
2
1
2
H3 :
2
1
Jedes Hasse-Diagramm Hi stellt genau eine partielle Ordnung Ri dar. Es gibt also
genau 3 partielle Ordnungen über [2]:
R1 = {(1, 1), (2, 2)},
R2 = {(1, 1), (2, 1), (2, 2)},
R3 = {(1, 1), (1, 2), (2, 2)}.
261 / 1411
Quizfrage
Wie viele verschiedene partielle Ordnungen gibt es über der Grundmenge [3]?
Hinweis: Es reicht alle möglichen Hasse-Diagramme zu finden. Zu jedem
Hasse-Diagramm H ist nämlich R = H ∗ die entsprechende partielle Ordnung.
262 / 1411
Antwort
Es gibt 19 verschiedene Hasse-Diagramme (und somit auch genau 19 partielle
Ordnungen) über [3]:
I
eins, in dem alle 3 Elemente minimal und maximal sind:
H1 : 1
I
2
3
sechs, in denen ein Element minimal, eins maximal und eins beides ist:
H2 : 1
H3 : 1
3
2
3
H5 : 2
3
1
H6 : 3
1
3
H4 : 2
2
H7 : 3
2
1
1
2
263 / 1411
I
I
sechs, in denen ein Element minimal ist, eins maximal und eins beides:
H8 : 1
H9 : 1
H10 : 2
H11 : 2
H12 : 3
H13 : 3
2
3
1
3
1
2
3
2
3
1
2
1
drei, in denen ein Element maximal ist und zwei minimal:
H14 :
2
I
H15 :
1
3
H16 :
2
1
3
3
1
2
H19 : 1
2
drei, in denen ein Element minimal ist und zwei maximal:
H17 : 2
3
1
H18 : 1
3
2
3
264 / 1411
Quizfragen
Sei ≤2 eine partielle Ordnung über Zahlenpaare aus Z × Z mit
(a, b) ≤2 (c, d) :⇐⇒ a ≤ c und b ≤ d
für alle a, b, c, d ∈ Z.
1. Wieso ist ≤2 reflexiv?
2. Wieso ist ≤2 antisymmetrisch?
3. Wieso ist ≤2 transitiv?
4. Wie sieht das Hasse-Diagramm der Einschränkung von ≤2 auf [3] × [3]?
Hinweis: Bei den ersten drei Fragen sind Beweise verlangt.
265 / 1411
Antworten
1.
2.
Seien a, b ∈ Z beliebige ganze Zahlen.
=⇒ Wegen a ≤ a und b ≤ b gilt auch (a, b) ≤2 (a, b).
2
Seien a, b, c, d ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ≤2 (c, d) und (c, d) ≤2 (a, b).
=⇒ a ≤ c, b ≤ d, c ≤ a und d ≤ b.
=⇒ a = c und b = d.
=⇒ (a, b) = (c, d).
3.
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
Seien a, b, c, d, e, f ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ≤2 (c, d) und
(c, d) ≤2 (e, f ).
a ≤ c, b ≤ d, c ≤ e und d ≤ f .
a ≤ c ≤ e und b ≤ d ≤ f .
a ≤ e und b ≤ f .
(a, b) ≤2 (e, f ).
2
2
266 / 1411
4. Hasse-Diagramm H zur Einschränkung von ≤2 auf [3] × [3]:
(3, 3)
H:
(2, 3)
(1, 3)
(3, 2)
(2, 2)
(1, 2)
(3, 1)
(2, 1)
(1, 1)
(1, 1) ist das einzige minimale Element und (3, 3) das einzige maximale.
267 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende totale Ordnungen über [3]:
1. R1 = {(1, 1), (2, 1), (2, 2), (3, 1), (3, 2), (3, 3)},
2. R2 = {(1, 1), (1, 3), (2, 1), (2, 2), (2, 3), (3, 3)},
3. R3 = {(1, 1), (1, 2), (1, 3), (2, 2), (3, 2), (3, 3)}.
Wie sieht das Hasse-Diagramm Hi zu jeder totalen Ordnung Ri aus?
268 / 1411
Antworten
H1 :
1
H2 :
3
H3 :
2
2
1
3
3
2
1
269 / 1411
Quizfrage
Wie sieht das Hasse-Diagramm H zur Einschränkung der Kleiner-gleich-Relation ≤ auf
[5] aus?
270 / 1411
Antwort
H:
5
4
3
2
1
271 / 1411
Quizfrage
Wie viele totale Ordnungen gibt es über [6]?
272 / 1411
Antwort
So viele wie die Anzahl der Möglichkeiten 6 verschiedene Objekte in eine Reihe zu
ordnen:
6 · 5 · 4 · 3 · 2 · 1 = 720
273 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
2.2.4.
2.2.5.
2.2.6.
2.2.7.
2.2.8.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Wichtige Begriffe
Erkennen von Eigenschaften
Beweisen von Eigenschaften
Relationenprodukt
Äquivalenzrelationen
Partielle Ordnungen
Zählen von Relationen
Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
274 / 1411
Zählen von Relationen
Sei n ≥ 1. Wir betrachten homogene Relationen über einer n-elementigen Menge A.
Um die Anzahl an Relationen mit gegebenen Eigenschaften zu bestimmen, betrachtet
man die Tabelle aus Folie 132:
Seien dann k1 ∈ {0, 1, 2} die Anzahl der Häkchen (3) in der linken Hälfte der Tabelle
und k2 ∈ {0, 1, 2, 3, 4} die Anzahl der Häkchen in der rechten Hälfte. Dann ist die
gesuchte Anzahl an Relationen genau
k1 n · k2 n(n−1)/2 .
275 / 1411
Erstes Beispiel
2
Wir wissen, dass es insgesamt 2n Relationen gibt. Wir bestätigen das mit diesem
super coolen Trick.
Erlaubt man alle Möglichkeiten, so erhält man mit k1 = 2 und k2 = 4:
2n · 4n(n−1)/2 = 2n · 22n(n−1)/2 = 2n · 2n(n−1) = 2n · 2n
2 −n
= 2n+n
2 −n
2
= 2n .
276 / 1411
Zweites Beispiel
Die Anzahl an reflexiven Relationen ist genau
1n · 4n(n−1)/2 = 4n(n−1)/2 = 22n(n−1)/2 = 22n(n−1)/2 = 2n(n−1) .
Erinnerung
277 / 1411
Drittes Beispiel
Die Anzahl an symmetrischen Relationen ist genau
2n · 2n(n−1)/2 = 2n+n(n−1)/2 = 2n(n+1)/2 .
Erinnerung
278 / 1411
Viertes Beispiel
Die Anzahl an asymmetrischen Relationen ist genau
1n · 3n(n−1)/2 = 3n(n−1)/2 .
Erinnerung
279 / 1411
Fünftes Beispiel
Die Anzahl an antisymmetrischen Relationen ist genau
2n · 3n(n−1)/2 .
Erinnerung
280 / 1411
Sechstes Beispiel
Die Anzahl an totalen Relationen ist genau
1n · 3n(n−1)/2 = 3n(n−1)/2 .
Erinnerung
281 / 1411
Transitive Relationen
Die schlechte Nachricht: Dieser Trick funktioniert leider nicht für transitive Relationen.
Die gute Nachricht: Das kann in der Klausur nicht abgefragt werden, weil für die
Anzahl an transitiven Relationen noch keine abgeschlossene Formel bekannt ist ;-)
Sollte die Frage für ein kleines n doch vorkommen, dann kann das hier vielleicht helfen:
n: 0 1 2
3
4
···
Anzahl: 1 2 13 171 3994 · · ·
Für Neugierige:
I
https://cs.uwaterloo.ca/journals/JIS/VOL7/Pfeiffer/pfeiffer6.pdf
I
http://oeis.org/A006905
282 / 1411
Äquivalenzrelationen
Äquivalenzrelationen sind, wie transitive Relationen, auch schwer zu zählen. Wir
wissen, dass es genau so viele Äquivalenzrelationen wie Partitionen der Grundmenge
gibt, aber leider gibt es hierfür keine schöne Formel.
Sollte die Frage für ein kleines n doch vorkommen, dann kann das hier vielleicht helfen:
n: 0 1 2 3 4 5
6
7
8
···
Anzahl: 1 1 2 5 15 52 203 877 4140 · · ·
Für Neugierige:
I
http://de.wikipedia.org/wiki/Bellsche_Zahl
I
http://oeis.org/A000110
283 / 1411
Partielle Ordnungen
Hier ist es ähnlich wie bei Äquivalenzrelationen. Wir wissen, dass es genau so viele
partielle Ordnungen wie Hasse-Diagramme gibt, aber wir haben keine Formel dafür.
Sollte die Frage für ein kleines n doch vorkommen, dann kann das hier vielleicht helfen:
n: 0 1 2 3
4
5
···
Anzahl: 1 1 3 19 219 4231 · · ·
Für Neugierige:
I
http://oeis.org/A001035
284 / 1411
Totale Ordnungen
Bei totalen Ordnungen ist es wieder einfach. Wir wissen, dass es genau so viele totale
Ordnungen wie Hasse-Diagramme gibt, die nur aus einem „Strang“ bestehen. Die
Anzahl an totalen Ordnungen von n Elementen ist genau die Anzahl an Reihenfolgen
für n Elementen, d.h.:
n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · 1.
285 / 1411
Quizfrage
Sei M eine n-elementige Menge. Wie viele Relationen R ⊆ M × M gibt es, die
antisymmetrisch und total sind?
286 / 1411
Antwort
Was ist für ein beliebiges a ∈ M erlaubt?
I
(a, a) ∈ R 3
I
(a, a) ∈
/R 7
Es gilt also k1 = 1.
Was ist für beliebige aber verschiedene a, b ∈ M erlaubt?
I
(a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R 7
I
(a, b) ∈ R und (b, a) ∈
/R 3
I
(a, b) ∈
/ R und (b, a) ∈ R 3
I
(a, b) ∈
/ R und (b, a) ∈
/R 7
Es gilt also k2 = 2.
Die Anzahl solcher Relationen ist also genau
1n · 2n(n−1)/2 = 2n(n−1)/2 .
287 / 1411
Noch eine Quizfrage
Sei M eine n-elementige Menge. Wie viele Relationen R ⊆ M × M gibt es, die
symmetrisch und asymmetrisch sind?
288 / 1411
Antwort
Was ist für ein beliebiges a ∈ M erlaubt?
I
(a, a) ∈ R 7
I
(a, a) ∈
/R 3
Es gilt also k1 = 1.
Was ist für beliebige aber verschiedene a, b ∈ M erlaubt?
I
(a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R 7
I
(a, b) ∈ R und (b, a) ∈
/R 7
I
(a, b) ∈
/ R und (b, a) ∈ R 7
I
(a, b) ∈
/ R und (b, a) ∈
/R 3
Es gilt also k2 = 1.
Die Anzahl solcher Relationen ist also genau
1n · 1n(n−1)/2 = 1.
289 / 1411
Und noch eine Quizfrage
Sei M eine n-elementige Menge. Wie viele Relationen R ⊆ M × M gibt es, die
asymmetrisch und total sind?
290 / 1411
Antwort
Was ist für ein beliebiges a ∈ M erlaubt?
I
(a, a) ∈ R 7
I
(a, a) ∈
/R 7
Es gilt also k1 = 0.
Was ist für beliebige aber verschiedene a, b ∈ M erlaubt?
I
(a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R 7
I
(a, b) ∈ R und (b, a) ∈
/R 3
I
(a, b) ∈
/ R und (b, a) ∈ R 3
I
(a, b) ∈
/ R und (b, a) ∈
/R 7
Es gilt also k2 = 2.
Die Anzahl solcher Relationen ist also genau
0n · 2n(n−1)/2 = 0.
291 / 1411
Letzte Quizfrage
Sei n ∈ N. Wie viele Relationen R ⊆ [n] × [n] gibt es, die die Eigenschaft
∀x , y ∈ [n] : (x , y ) ∈ R =⇒ x < y
(1)
besitzen?
Hinweis: Intuitiv besagt (1), dass jedes Element nur zu einem größeren Element in
Relation stehen darf (aber nicht muss).
292 / 1411
Antwort
Was ist für ein beliebiges a ∈ [n] erlaubt?
I
(a, a) ∈ R 7
I
(a, a) ∈
/R 3
Es gilt also k1 = 1.
Was ist für beliebige aber verschiedene a, b ∈ [n] erlaubt?
I
(a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R 7
I
(a, b) ∈ R und (b, a) ∈
/ R 3 (falls a < b) bzw. 7 (falls a > b)
I
(a, b) ∈
/ R und (b, a) ∈ R 7 (falls a < b) bzw. 3 (falls a > b)
I
(a, b) ∈
/ R und (b, a) ∈
/R 3
Es gilt also k2 = 2 (egal, ob a < b oder a > b).
Die Anzahl solcher Relationen ist also genau
1n · 2n(n−1)/2 = 2n(n−1)/2 .
293 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
2.2.4.
2.2.5.
2.2.6.
2.2.7.
2.2.8.
2.3.
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Wichtige Begriffe
Erkennen von Eigenschaften
Beweisen von Eigenschaften
Relationenprodukt
Äquivalenzrelationen
Partielle Ordnungen
Zählen von Relationen
Abbildungen
Aussagenlogik I
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
294 / 1411
Abbildungen
Eine Abbildung (oder Funktion) f ist eine Zuordnung zwischen zwei Mengen A und B,
so dass jedem Element a ∈ A genau ein Element b ∈ B zugeordnet wird. Wir schreiben
dann f (a) = b.
Info
Eigentlich ist eine Funktion nichts anderes als eine linkstotale und rechtseindeutige
Relation f ⊆ A × B.
295 / 1411
Schreibweisen
1. Als Relation:
f ⊆ A × B mit f = {(a1 , f (a1 )), (a2 , f (a2 )), (a3 , f (a3 )), . . .}
2. Als Zuordnungsvorschrift:
f : A → B, a1 7→ f (a1 ), a2 7→ f (a2 ), a3 7→ f (a3 ), . . .
3. Als Tabelle:
x
f (x )
a1
f (a1 )
a2
f (a2 )
a3
f (a3 )
...
...
Info
B A ist die Menge aller Funktionen von A nach B und f : A → B steht für f ∈ B A .
296 / 1411
Wichtig!
Es ist wichtig die Vorstellung zu verwerfen, vor allem wenn man erst kürzlich mit der
Schule fertig geworden ist, dass Funktionen nur für reelle Zahlen definiert sind und
mathematische Ausdrücke wie z.B. f (x ) = x 2 , f (x ) = sin(x ) oder f (x ) = e x
beinhalten müssen. Einfache und vor allem endliche Funktion spielen bei uns eine sehr
wichtige Rolle! Beispiel einer endlichen Funktion wäre f : {a, b, c} → {d, e} mit
f (a) = d, f (b) = e und f (c) = d.
297 / 1411
Graphische Darstellung von Funktionen
Die graphische Darstellung von Funktionen funktioniert analog zu der von Relationen.
Wichtig ist, dass bei einer Funktion f : A → B jedes Element aus A von genau einem
Pfeil verlassen wird!
298 / 1411
Beispiel
Die Funktion f : [4] → [4] mit
1 7→ 1, 2 7→ 3, 3 7→ 1, 4 7→ 4
kann graphisch wie folgt dargestellt werden:
f
1
1
2
2
3
3
4
4
A
B
299 / 1411
Quizfrage
Wie viele verschiedene Funktionen f : [4] → [3] gibt es?
300 / 1411
Antwort
Für jedes der 4 Elemente in [4] gibt es 3 Abbildungsmöglichkeiten in [3]. D.h. für jedes
(x1 , x2 , x3 , x4 ) ∈ [3]4
ist
1 7→ x1 , 2 7→ x2 , 3 7→ x3 , 4 7→ x4
eine mögliche Funktion. Es gibt also |[3]4 | = 34 = 81 verschiedene Funktionen.
301 / 1411
Info
Für die Menge B A aller Funktionen f : A → B gilt im Allgemeinen:
A
B = |B||A| .
Daher kommt auch die seltsame Notation B A .
302 / 1411
Bild und Urbild einer Funktion
Sei f : A → B eine Funktion.
I
f (a) ist das Bild des Elements a ∈ A
I
Das Urbild f −1 (b) eines Elements b ∈ B ist definiert als:
f −1 (b) = {a ∈ A | f (a) = b} .
I
Das Bild f (A0 ) einer Menge A0 ⊆ A ist:
f (A0 ) =
[
{f (a)}.
a∈A0
I
Das Urbild f −1 (B 0 ) einer Menge B 0 ⊆ B ist:
f −1 (B 0 ) =
[
f −1 (b).
b∈B 0
303 / 1411
Infos
I
Intuitiv wendet man bei f (A0 ) f auf jedes Element von A0 an.
I
Intuitiv wendet man bei f −1 (B 0 ), analog zu f (A0 ), f −1 auf jedes Element von B 0
an.
I
f −1 ist bei uns nicht die Umkehrfunktion, sondern die Urbildmenge!
I
Es gilt immer:
x ∈ f −1 (B 0 ) ⇐⇒ f (x ) ∈ B 0 .
304 / 1411
Beispiel
Sei f : A → B wieder folgende Funktion:
f
1
1
2
2
3
3
4
4
A
B
Die Bilder aller Elemente a ∈ A sind:
f (1) = 1, f (2) = 3, f (3) = 1, f (4) = 4.
305 / 1411
Sei f : A → B wieder folgende Funktion:
f
1
1
2
2
3
3
4
4
A
B
Die Urbilder aller Elemente b ∈ B sind:
f −1 (1) = {1, 3}, f −1 (2) = ∅, f −1 (3) = {2}, f −1 (4) = {4}.
306 / 1411
Sei f : A → B wieder folgende Funktion:
f
1
1
2
2
3
3
4
4
A
B
Die Bilder einiger Mengen A0 ⊆ A sind:
f (∅) = ∅, f ({1}) = {1}, f ({3, 4}) = {1, 4}, f ({1, 2, 3}) = {1, 3}.
307 / 1411
Sei f : A → B wieder folgende Funktion:
f
1
1
2
2
3
3
4
4
A
B
Die Urbilder einiger Mengen B 0 ⊆ B sind:
f −1 (∅) = ∅, f −1 ({1}) = {1, 3}, f −1 ({2}) = ∅, f −1 ({1, 4}) = {1, 3, 4}.
308 / 1411
Quizfrage
Welche der folgenden Aussagen gelten für beliebige Funktionen f : A → B und alle
Mengen X ⊆ A, Y ⊆ B?
|f (X )| ≤ |X |,
|f −1 (Y )| ≤ |Y |,
|f (X )| = |X |,
|f −1 (Y )| = |Y |,
|f (X )| ≥ |X |,
|f −1 (Y )| ≥ |Y |.
309 / 1411
Antwort
Im Allgemeinen gilt nur:
|f (X )| ≤ |X |.
310 / 1411
Eigenschaften von Funktionen
Sei f : A → B. Dann gilt:
f injektiv :⇐⇒ ∀b ∈ B : |f −1 (b)| ≤ 1
f surjektiv :⇐⇒ ∀b ∈ B : |f −1 (b)| ≥ 1
f bijektiv :⇐⇒ ∀b ∈ B : |f −1 (b)| = 1
Info
Für Beweise sind folgende äquivalente Aussagen sehr nützlich:
f injektiv ⇐⇒ (∀a1 , a2 ∈ A : f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ a1 = a2 )
f surjektiv ⇐⇒ ∀b ∈ B : ∃a ∈ A : f (a) = b
f bijektiv ⇐⇒ f injektiv und surjektiv
311 / 1411
Graphische Bedeutung
Coole Eselsbrücken:
injektiv ; inferior ; weniger ; 1 oder weniger
surjektiv ; superior ; mehr
; 1 oder mehr
312 / 1411
Beispiel
Sei f : A → B wieder folgende Funktion:
f
1
1
2
2
3
3
4
4
A
B
I
f ist nicht injektiv, da |f −1 (1)| = |{1, 3}| = 2.
I
f ist nicht surjektiv, da |f −1 (2)| = |∅| = 0.
313 / 1411
Quizfrage
Welche Eigenschaften besitzen folgende Funktionen?
1
f1 :
1
1
f2 :
1
1
2
2
2
2
2
3
3
3
3
3
4
4
4
4
4
A
B
A
B
A
f3 :
f4 :
1
1
2
2
3
3
B
A
1
2
3
4
B
314 / 1411
Antwort
1
f1 :
1
1
f2 :
1
1
2
2
2
2
2
3
3
3
3
3
4
4
4
4
4
A
B
A
B
A
I
f1 ist nicht injektiv und nicht surjektiv.
I
f2 ist injektiv und surjektiv (also bijektiv).
I
f3 ist surjektiv und nicht injektiv.
I
f4 ist injektiv und nicht surjektiv.
f3 :
f4 :
1
1
2
2
3
3
1
2
3
4
B
A
B
315 / 1411
Quizfragen
Welche Eigenschaften besitzen folgende Funktionen?
1. f : N → N0 mit f (x ) = x ,
2. f : Z → N0 mit f (x ) = x 2 ,
3. f : N0 → N0 mit f (x ) = 5,
4. f : Z → Z mit f (x ) = x − 3,
5. f : N0 → N0 mit f (x ) = 2x ,
6. f : Z → N0 mit f (x ) = |x |,
7. f : N0 → N0 mit f (x ) = x + 1,
8. f : N0 × N0 → N0 mit f ((x , y )) = x + y ,
9. f : N0 × N0 → N0 mit f ((x , y )) = x · y ,
10. f : {0} → {1} mit f (x ) = e 2πx .
316 / 1411
Antworten
1. f ist injektiv, da aus f (a1 ) = f (a2 ) für alle a1 , a2 ∈ N folgt:
a1 = f (a1 ) = f (a2 ) = a2 . f ist nicht surjektiv, da z.B. |f −1 (0)| = 0.
2. f ist nicht injektiv, da z.B. |f −1 (1)| = 2. f ist nicht surjektiv, da |f −1 (2)| = 0.
3. f ist nicht injektiv, da z.B. |f −1 (5)| = ∞. f ist nicht surjektiv, da z.B.
|f −1 (4)| = 0.
4. f ist injektiv, da für alle a1 , a2 ∈ Z gilt:
f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ a1 − 3 = a2 − 3 =⇒ a1 = a2 . f ist surjektiv, da für jedes b ∈ Z
ein a ∈ Z gibt mit f (a) = b, nämlich a = b + 3.
5. f ist injektiv, da für alle a1 , a2 ∈ Z gilt: f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ 2a1 = 2a2 =⇒
ln(2a1 ) = ln(2a2 ) =⇒ a1 ln 2 = a2 ln 2 =⇒ a1 = a2 . f ist nicht surjektiv, da z.B.
|f −1 (0)| = 0.
317 / 1411
6. f ist nicht injektiv, da z.B. |f −1 (1)| = 2. f ist surjektiv, da für jedes b ∈ N0 ein a
existiert mit f (a) = |a| = b, nämlich a = b (oder a = −b).
7. f ist injektiv, da für alle a1 , a2 ∈ Z gilt:
f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ a1 + 1 = a2 + 1 =⇒ a1 = a2 . f ist nicht surjektiv, da z.B.
|f −1 (0)| = 0.
8. f ist nicht injektiv, da z.B. |f −1 (1)| = |{(0, 1), (1, 0)}| = 2. f ist surjektiv, da es
für jedes b ∈ N0 ein (a1 , a2 ) ∈ N0 × N0 gibt mit f ((a1 , a2 )) = a1 + a2 = b gibt,
z.B. (a1 , a2 ) = (b, 0).
9. f ist nicht injektiv, da z.B. |f −1 (2)| = |{(1, 2), (2, 1)}| = 2. f ist surjektiv, da es
für jedes b ∈ N0 ein (a1 , a2 ) ∈ N0 × N0 gibt mit f ((a1 , a2 )) = a1 · a2 = b gibt,
z.B. (a1 , a2 ) = (b, 1).
10. Da die Definitionsmenge von f nur die 0 enthält, die Zielmenge nur die 1 und
f (0) = e 2 π · 0 = e 0 = 1 gilt, ist f bijektiv.
318 / 1411
Quizfrage
Seien A und B zwei endliche Mengen und f : A → B eine Funktion. Welche der
folgenden Aussagen gelten immer?
|A| ≤ |B|
|A| ≥ |B|
|A| = |B|
f injektiv
f surjektiv
f bijektiv
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
f injektiv,
f surjektiv,
f bijektiv,
|A| ≤ |B|,
|A| ≥ |B|,
|A| = |B|.
319 / 1411
Antwort
Im Allgemeinen gelten nur:
f injektiv =⇒ |A| ≤ |B|,
f surjektiv =⇒ |A| ≥ |B|,
f bijektiv =⇒ |A| = |B|.
320 / 1411
Quizfragen
1. Wie viele injektive Funktionen f : [3] → [7] gibt es?
2. Wie viele bijektive Funktionen f : [5] → [5] gibt es?
321 / 1411
Antworten
1. Für die 1 hat man 7 Abbildungsmöglichkeiten, für die 2 nur noch 6 und für die 3
nur noch 5. Die gesuchte Anzahl ist also
7 · 6 · 5 = 210.
2. Für die 1 hat man 5 Abbildungsmöglichkeiten, für die 2 nur noch 4, für die 3 nur
noch 3, usw. Die gesuchte Anzahl ist also
5 · 4 · 3 · 2 · 1 = 120.
322 / 1411
Umkehrfunktionen
Seien A und B beliebige Mengen und f : A → B eine Funktion.
I
Ist f bijektiv, dann besitzt sie eine eindeutige Umkehrfunktion f −1 : B → A mit:
f (a) = b ⇐⇒ f −1 (b) = a
für alle a ∈ A und alle b ∈ B.
I
Gibt es eine Funktion g : B → A mit
∀a ∈ A : g(f (a)) = a
und
∀b ∈ B : f (g(b)) = b ,
dann ist f bijektiv und g die Umkehrfunktion von f (d.h. f −1 = g).
Info
Ob mit f −1 eine Urbildmenge oder eine Umkehrfunktion gemeint ist, muss explizit
hingeschrieben werden.
323 / 1411
Komposition von Funktionen
Seien f : A → B und g : B → C beliebige Funktionen, dann nennt man die Funktion
g ◦ f : A → C mit
(g ◦ f )(x ) = g(f (x ))
für alle x ∈ A die Komposition oder Hintereinanderausführung von f und g.
Infos
I
Wir nennen die Funktion g ◦ f auch „g nach f “, weil zuerst f und dann g
angewendet wird.
I
Eigentlich ist die Komposition von Funktionen nichts anderes als ein umgekehrtes
Relationenprodukt f ◦ g wenn man f und g als Relationen betrachtet.
324 / 1411
Beispiel
g:
f :
1
1
1
2
2
2
3
3
3
A
B
C
g ◦f :
1
1
2
2
3
3
A
C
325 / 1411
Quizfrage
Welche der folgenden zwei Aussagen gilt für die Urbildmenge einer Komposition von
Funktionen?
(g ◦ f )−1 (y ) = g −1 (f −1 (y ))
(g ◦ f )
−1
(y ) = f
−1
(g
−1
(y ))
(1)
(2)
326 / 1411
Antwort
Die Aussage (2):
(g ◦ f )−1 (y ) = f −1 (g −1 (y ))
327 / 1411
Potenzen von Funktionen
Analog zu den Relationen definiert man:
f n := f| ◦ f ◦{z. . . ◦ f}
n mal
Beispiel
Sei f : N → N, x 7→ 2x 2 . Dann gilt:
f 3 (x ) = (f ◦ f ◦ f )(x ) = f (f (f (x ))) = 2(2(2x 2 )2 )2 = 128x 8
Also: f 3 : N → N, x 7→ 128x 8
328 / 1411
Partition der Definitionsmenge
Sei f : A → B eine Funktion. Die Relation R ⊆ A × A mit
R = {(a1 , a2 ) ∈ A × A | f (a1 ) = f (a2 )}
ist eine Äquivalenzrelation und induziert folgende Partition P der Definitionsmenge A:
n
P = f −1 (b) b ∈ B
o
Insbesondere gilt:
|A| =
X
|f −1 (b)|
b∈B
329 / 1411
Beispiel
Sei f : A → B wie folgt:
Dann ist
P = {f −1 (x ), f −1 (y ), f −1 (z)} = {{2, 3}, {4, 5, 6}, {1}}
eine Partition von A und es gilt:
|A| = |f −1 (x )| + |f −1 (y )| + |f −1 (z)| = 2 + 3 + 1 = 6
330 / 1411
Kardinalität von Mengen
Mithilfe von Funktionen können wir den Begriff der Kardinalität formalisieren. Für
beliebige Mengen A und B gelten folgende Definitionen:
I
A und B sind gleich mächtig (|A| = |B|), wenn eine bijektive Funktion f : A → B
existiert.
I
B ist mindestens so mächtig wie A, wenn eine injektive Funktion f : A → B
existiert.
I
B ist mächtiger als A, wenn eine injektive Funktion f : A → B existiert, aber keine
injektive Funktion g : B → A.
Aus ihnen folgt der Satz von Schröder-Bernstein:
Wenn A mindestens so mächtig wie B ist und B mindestens so mächtig wie
A, dann sind A und B gleich mächtig.
331 / 1411
Abzählbarkeit von Mengen
Eine beliebige Menge A heißt abzählbar, wenn A endlich ist oder |A| = |N| gilt.
Andernfalls ist A überabzählbar.
Info
Intuitiv ist eine Menge abzählbar, wenn ihr Elemente so durchnummeriert werden
können, dass kein Element übersprungen wird.
332 / 1411
Permutationen
Sei A eine beliebige endliche Menge. Eine bijektive Funktion p : A → A wird
Permutation über A genannt.
Permutationen kann man am einfachsten als Matrix (Tabelle) darstellen. Es gilt:
!
p=
a1
a2
a3
...
an
.
p(a1 ) p(a2 ) p(a3 ) . . . p(an )
333 / 1411
Beispiel
Sei p eine Permutation über [4] mit:
p(1) = 3, p(2) = 1, p(3) = 2, p(4) = 4.
In Matrixschreibweise:
!
p=
1 2 3 4
3 1 2 4
334 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei p eine Permutation über [6] mit:
p(1) = 5, p(2) = 2, p(3) = 1, p(4) = 6, p(5) = 3, p(6) = 4.
In Matrixschreibweise:
p=
1 2 3 4 5 6
5 2 1 6 3 4
!
335 / 1411
Infos
I
die Identitätsabbildung idA über A ist die einfachste Permutation. Es gilt:
idA =
a1 a 2 a3 . . . an
a1 a 2 a3 . . . an
!
Man schreibt oft einfach id statt idA .
I
Weil Permutationen bijektive Abbildungen sind, besitzt jede Permutation p eine
Umkehrfunktion p −1 mit:
∀x , y ∈ A : p(x ) = y ⇐⇒ p −1 (y ) = x
336 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende Permutationen p1 , p2 und p3 über [6] in Matrixdarstellung:
!
1. p1 =
1 2 3 4 5 6
,
5 1 4 6 2 3
2. p2 =
1 2 3 4 5 6
,
3 5 4 1 6 2
3. p3 =
1 2 3 4 5 6
.
4 6 1 3 5 2
!
!
Wie sehen die Umkehrfunktionen p1−1 , p2−1 und p3−1 in Matrixdarstellung aus?
337 / 1411
Antworten
Einfach die Zeilen der Matrix vertauschen
und nach der oberen Zeile sortieren!
!
1 2 3 4 5 6
1. p1−1 =
.
2 5 6 3 1 4
!
2.
p2−1
3.
p3−1
=
1 2 3 4 5 6
.
4 6 1 3 2 5
=
1 2 3 4 5 6
.
3 6 4 1 5 2
!
338 / 1411
Quizfragen
Was sind die Ergebnisse folgender Kompositionen in Matrixdarstellung?
!
!
!
!
!
!
1.
1 2 3 4 5 6
1 2 3 4 5 6
◦
,
3 5 6 4 1 2
1 3 2 4 5 6
2.
1 2 3 4 5 6
1 2 3 4 5 6
◦
,
1 3 5 4 2 6
2 1 4 6 5 3
3.
1 2 3 4 5 6
1 2 3 4 5 6
◦
.
5 2 3 1 6 4
4 3 2 5 6 1
339 / 1411
Antworten
!
1.
1 2 3 4 5 6
.
3 6 5 4 1 2
2.
1 2 3 4 5 6
.
3 1 4 6 2 5
3.
1 2 3 4 5 6
.
1 3 2 6 4 5
!
!
340 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.3.1. Wichtige Begriffe
2.3.2. Logische Äquivalenz
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
341 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.3.1. Wichtige Begriffe
2.3.2. Logische Äquivalenz
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
342 / 1411
Syntax aussagenlogischer Formeln
Sei V eine Menge, die sog. Variablenmenge.
I
true und false sind Formeln über V .
I
Jede Variable x ∈ V ist eine Formel über V .
I
Ist F eine Formel über V , dann auch:
¬F
I
(Negation)
Sind F und G Formeln über V , dann auch:
(F ∧ G)
(F ∨ G)
(F → G)
(F ↔ G)
(F ⊗ G)
¯ G)
(F ∧
¯ G)
(F ∨
(Konjunktion)
(Disjunktion)
(Implikation)
(Bikonditional)
(Exklusives-Oder)
(NAND)
(NOR)
343 / 1411
Infos
I
¯ und ∨
¯ Junktoren oder
Man nennt true, false, ¬, ∧, ∨, →, ↔, ⊗, ∧
Konnektoren. Ihre Aritäten, die Anzahl der Teilfunktionen, die durch den
jeweiligen Junktor verknüpft werden, sind:
Junktoren
true, false
¬
¯, ∨
¯
∧, ∨, →, ↔, ⊗, ∧
I
Arität
0
1
2
(unär)
(binär)
Wir benutzen Klammern nur wenn es sein muss. Die Reihenfolge für die
Bindungsstärke ist ¬, ∧, ∨, →. D.h. ¬ bindet am stärksten und → am
schwächsten. Beispielsweise steht F = p → q ∨ r ∧ s für F = (p → (q ∨ (r ∧ s))).
¯ und ∨
¯ binden wurde nicht festgelegt.
Wie stark ⊗, ∧
344 / 1411
Beispiele
Aussagenlogische Formeln sind:
(¬r → (p ∧ q)), ((¬p ↔ q) ↔ ¬r ), ((p → ¬q) ∨ (¬r ∧ s)).
Diese dürfen wie folgt umgeschrieben werden:
¬r → p ∧ q, ¬p ↔ q ↔ ¬r , (p → ¬q) ∨ ¬r ∧ s.
Keine aussagenlogische Formeln sind:
p¬q, p(¬ →)q, p →→ r , ↔ q ∧ r , pq ∨ ¬p¬q.
345 / 1411
Quizfrage
Wie viele unterschiedliche aussagenlogische Formeln über V = {p} gibt es?
346 / 1411
Antwort
Unendlich viele! Zum Beispiel:
p, ¬p, ¬¬p, ¬¬¬p, ¬¬¬¬p, . . .
An sich ist eine aussagenlogische Formel nichts anderes als ein Wort über dem Alphabet
¯, ∨
¯ , (, )}
Σ = V ∪ {true, false, ¬, ∧, ∨, →, ↔, ⊗, ∧
und Wörter sind nur dann gleich, wenn sie auch gleich aussehen ;-)
347 / 1411
Belegungen
I
Eine Belegung β : V → B ist eine Funktion die jeder Variable einer
Variablenmenge V einen Wert aus B = {0, 1} zuordnet.
I
Eine Belegung passt zu einer Formel F , wenn jede Variable aus F in V vorkommt,
d.h. wenn V (F ) ⊆ V gilt.
I
Eine Belegung ist minimal für F , wenn V (F ) = V gilt.
Infos
I
Weil Belegungen Funktionen sind, bezeichnet man mit BV die Menge aller
Belegungen.
I
Mit V (F ) wird hier die Menge aller Variablen in F bezeichnet.
348 / 1411
Beispiel
Sei V = {p, q}. Dann gibt es folgende 4 Belegungen β0 , β1 , β2 , β3 : V → B:
β0 : p 7→ 0, q 7→ 0
β1 : p 7→ 0, q 7→ 1
β2 : p 7→ 1, q 7→ 0
β3 : p 7→ 1, q 7→ 1
349 / 1411
Quizfragen
Sei V = {p, q, r , s} und β : V → B mit p 7→ 0, q 7→ 1, r 7→ 0, s 7→ 1. Zu welchen der
folgenden Formeln F1 , . . . , F5 passt β? Für welche ist β minimal?
1. F1 = ((p ∧ q) → (r ↔ s))
2. F2 = (p ↔ q)
3. F3 = ((r ↔ s) ∨ t)
4. F4 = true
5. F5 = (((¬p ∧ ¬q) ∧ ¬r ) ∧ ¬s)
350 / 1411
Antworten
1. β passt zu F1 und ist minimal.
2. β passt zu F2 , ist aber nicht minimal.
3. β passt nicht zu F3 und ist also nicht minimal.
4. β passt zu F4 , ist aber nicht minimal.
5. β passt zu F5 und ist minimal.
351 / 1411
Quizfrage
Wie viele unterschiedliche Belegungen gibt es für Formeln über V mit |V | = n?
352 / 1411
Antwort
Jede Belegung ist eine Funktion von der Menge der Variablen V nach B = {0, 1}. Aus
dem Abschnitt für Funktionen wissen wir, dass die Menge B A der Funktionen
f : A → B genau
A
B = |B||A|
verschiedene Funktionen hat. Wegen |V | = n und |B| = 2 gibt es also
V
B = |B||V | = 2n
verschiedene Belegungen.
353 / 1411
Semantik Aussagenlogischer Formeln
Die Semantik [F ] einer aussagenlogischer Formel F mit Variablen aus V ist eine
Funktion
[F ] : BV → B,
wobei BV wieder die Menge aller Belegungen ist.
Für alle Belegungen β gilt folgende induktive Definition:
I
[true](β) = 1 und [false](β) = 0.
I
Für jede Variable x ∈ V gilt [x ](β) = β(x ).
I
Ist [F ] die Semantik einer Formel F , dann gilt:
(
[¬F ](β) =
1, falls [F ](β) = 0
0, sonst
354 / 1411
I
Sind [F ] und [G] die Semantiken zweier Formeln F und G, dann gilt:
(
[F ∧ G](β)
=
(
[F ∨ G](β)
=
(
[F → G](β) =
(
[F ↔ G](β) =
(
[F ⊗ G](β)
=
(
¯ G](β)
[F ∧
=
(
¯ G](β)
[F ∨
=
1,
0,
1,
0,
1,
0,
1,
0,
1,
0,
1,
0,
1,
0,
falls [F ](β) = 1 und [G](β) = 1
sonst
falls [F ](β) = 1 oder [G](β) = 1
sonst
falls [F ](β) = 0 oder [G](β) = 1
sonst
falls [F ](β) = [G](β)
sonst
falls [F ](β) 6= [G](β)
sonst
falls [F ](β) = 0 oder [G](β) = 0
sonst
falls [F ](β) = 0 und [G](β) = 0
sonst
355 / 1411
Semantik aussagenlogischer Formeln als Tabellen
Für den unären Junktor ¬ gilt:
F
0
1
¬F
1
0
¯ und ∨
¯ gilt:
Für die binären Junktoren ∧, ∨, →, ↔, ⊗, ∧
F
0
0
1
1
G
0
1
0
1
F ∧G
0
0
0
1
F ∨G
0
1
1
1
F →G
1
1
0
1
F ↔G
1
0
0
1
F ⊗G
0
1
1
0
¯G
F∧
1
1
1
0
¯G
F∨
1
0
0
0
356 / 1411
Rezept
Frage: Wie findet man die Semantik einer Formel F ?
Methode:
1. Fülle die Wahrheitstafel für F mit Hilfe der Tabellen aus.
2. Lese die Semantik an der entsprechenden Spalte der Wahrheitstafel ab.
357 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Bestimmen Sie die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }:
F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r .
Lösung: ,
Erstelle eine leere Wahrheitstafel für [F ].
p
q
r
0
0
0
0
1
1
1
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
(q
∨
r)
→
¬
(p
↔
¬r )
358 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Bestimme die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }:
F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r .
Lösung: ,
Fülle die Spalten für [p], [q], [r ] und [¬r ] aus.
p
q
r
(q
0
0
0
0
1
1
1
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
0
1
1
0
0
1
1
∨
r)
0
1
0
1
0
1
0
1
→
¬
(p
0
0
0
0
1
1
1
1
↔
¬r )
1
0
1
0
1
0
1
0
359 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Bestimme die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }:
F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r .
Lösung: ,
Fülle die Spalten für [(q ∨ r )] und [(p ↔ ¬r )] aus.
p
q
r
(q
∨
r)
0
0
0
0
1
1
1
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
1
1
0
1
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
→
¬
(p
↔
¬r )
0
0
0
0
1
1
1
1
0
1
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
360 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Bestimme die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }:
F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r .
Lösung: ,
Fülle die Spalte für [¬(p ↔ ¬r )] aus.
p
q
r
(q
∨
r)
0
0
0
0
1
1
1
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
1
1
0
1
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
→
¬
(p
↔
¬r )
1
0
1
0
0
1
0
1
0
0
0
0
1
1
1
1
0
1
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
361 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Bestimme die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }:
F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r .
Lösung: ,
Fülle die Spalte für [(q ∨ r ) → ¬(p ↔ ¬r )] also für [F ] aus.
p
q
r
(q
∨
r)
→
¬
(p
↔
¬r )
0
0
0
0
1
1
1
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
1
1
0
1
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
1
0
1
0
1
1
0
1
1
0
1
0
0
1
0
1
0
0
0
0
1
1
1
1
0
1
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
362 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Bestimme die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }:
F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r .
Lösung: ,
Die Semantik [F ] von F wäre dann formal:
[F ](p 7→ 0, q 7→ 0, r 7→ 0) = 1
[F ](p 7→ 1, q 7→ 0, r 7→ 0) = 1
[F ](p 7→ 0, q 7→ 0, r 7→ 1) = 0
[F ](p 7→ 1, q 7→ 0, r 7→ 1) = 1
[F ](p 7→ 0, q 7→ 1, r 7→ 0) = 1
[F ](p 7→ 1, q 7→ 1, r 7→ 0) = 0
[F ](p 7→ 0, q 7→ 1, r 7→ 1) = 0
[F ](p 7→ 1, q 7→ 1, r 7→ 1) = 1
So formal muss sie aber selten angegeben werden. Normalerweise reicht die
Wahrheitstafel aus. :-)
363 / 1411
Quizfragen
Sei V = {p, q, r }. Wie sehen die Wahrheitstafeln folgender aussagenlogischer Formeln
über V aus?
1. ¬q ∨ ¬(p → q)
2. ((p → q) ∧ (¬q ← ¬p)) ∨ (p ∧ q),
3. ((p → q) → r ) ↔ (p → (q → r )),
4. ((p ∨ q) ↔ (p ∨ r )) ↔ (¬p ∧ (¬q ↔ r )),
5. ((p ∨ (q ↔ r )) ↔ ((p ↔ q) ∨ (p ↔ r )).
364 / 1411
Antworten
1.
p
0
0
1
1
q
0
1
0
1
¬q
1
0
1
0
∨
1
0
1
0
¬
0
0
1
0
(p
0
0
1
1
→
1
1
0
1
q)
0
1
0
1
365 / 1411
2.
p
0
0
1
1
q
0
1
0
1
((p
0
0
1
1
→
1
1
0
1
q)
0
1
0
1
∧
1
0
0
1
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1
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←
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1
1
¬p))
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0
∨
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1
(p
0
0
1
1
∧
0
0
0
1
q)
0
1
0
1
366 / 1411
3.
p
0
0
0
0
1
1
1
1
q
0
0
1
1
0
0
1
1
r
0
1
0
1
0
1
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1
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0
0
0
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→
1
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1
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1
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q)
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→
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r)
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0
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↔
0
1
0
1
1
1
1
1
(p
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0
0
0
1
1
1
1
→
1
1
1
1
1
1
0
1
(q
0
0
1
1
0
0
1
1
→
1
1
0
1
1
1
0
1
r ))
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1
0
1
0
1
0
1
367 / 1411
4.
p
0
0
0
0
1
1
1
1
q
0
0
1
1
0
0
1
1
r
0
1
0
1
0
1
0
1
((p
0
0
0
0
1
1
1
1
∨
0
0
1
1
1
1
1
1
q)
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0
1
1
0
0
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↔
1
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0
1
1
1
1
1
(p
0
0
0
0
1
1
1
1
∨
0
1
0
1
1
1
1
1
r ))
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1
0
1
0
1
0
1
↔
0
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0
0
0
0
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1
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1
1
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0
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p
0
0
0
0
1
1
1
1
∧
0
1
1
0
0
0
0
0
(¬
1
1
0
0
1
1
0
0
q
0
0
1
1
0
0
1
1
↔
0
1
1
0
0
1
1
0
r ))
0
1
0
1
0
1
0
1
368 / 1411
5.
p
0
0
0
0
1
1
1
1
q
0
0
1
1
0
0
1
1
r
0
1
0
1
0
1
0
1
((p
0
0
0
0
1
1
1
1
∨
1
0
0
1
1
1
1
1
(q
0
0
1
1
0
0
1
1
↔
1
0
0
1
1
0
0
1
r ))
0
1
0
1
0
1
0
1
↔
1
0
0
0
0
1
1
1
((p
0
0
0
0
1
1
1
1
↔
1
1
0
0
0
0
1
1
q)
0
0
1
1
0
0
1
1
∨
1
1
1
0
0
1
1
1
(p
0
0
0
0
1
1
1
1
↔
1
0
1
0
0
1
0
1
r ))
0
1
0
1
0
1
0
1
369 / 1411
Quizfrage
Wie viele unterschiedliche Semantiken gibt es für Formeln über V mit |V | = n?
370 / 1411
Antwort
Jede Semantik [F ] ist eine Funktion
[F ] : BV → B
V
von der Menge BV aller Belegungen nach B = {0, 1}. Somit bezeichnet BB die
Menge aller möglichen Semantiken für Formeln über V . (Das sieht sehr seltsam aus,
ich weiß!) Also gibt es
V
|V |
n
B B = |B||B| = 22
verschiedene Semantiken.
371 / 1411
Beispiel
0
Für Formeln ohne Variablen gibt es folgende 22 = 2 mögliche Semantiken:
f1
f2
0
1
372 / 1411
Noch ein Beispiel
1
Für Formeln mit einer Variable gibt es folgende 22 = 4 mögliche Semantiken:
p
f1
f2
f3
f4
0
1
0
0
0
1
1
0
1
1
373 / 1411
Und noch ein Beispiel
2
Für Formeln mit zwei Variablen gibt es folgende 22 = 16 mögliche Semantiken:
p
q
f1
f2
f3
f4
f5
f6
f7
f8
f9
f10
f11
f12
f13
f14
f15
f16
0
0
1
1
0
1
0
1
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
1
0
0
0
1
1
0
1
0
0
0
1
0
1
0
1
1
0
0
1
1
1
1
0
0
0
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
1
1
1
0
0
1
1
0
1
1
1
1
0
1
1
1
1
374 / 1411
Ein letztes Beispiel
3
Für Formeln mit drei Variablen gibt es 22 = 256 mögliche Semantiken.
Hier hört der Spaß auf . . .
375 / 1411
Quizfrage
Wir betrachten wieder die Menge aller 16 möglichen Semantiken für Formeln mit zwei
Variablen:
p
q
f1
f2
f3
f4
f5
f6
f7
f8
f9
f10
f11
f12
f13
f14
f15
f16
0
0
1
1
0
1
0
1
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
1
0
0
0
1
1
0
1
0
0
0
1
0
1
0
1
1
0
0
1
1
1
1
0
0
0
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
1
1
1
0
0
1
1
0
1
1
1
1
0
1
1
1
1
Welche Semantiken haben folgende aussagenlogische Formeln?
false
true
p
q
p∧q
p∨q
¬q
¯q
p∨
¬p
¯q
p∧
p↔q
p⊗q
p→q
¬(p → q)
q→p
¬(q → p)
376 / 1411
Antwort
p
q
f1
f2
f3
f4
f5
f6
f7
f8
f9
f10
f11
f12
f13
f14
f15
f16
0
0
1
1
0
1
0
1
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
1
0
0
0
1
1
0
1
0
0
0
1
0
1
0
1
1
0
0
1
1
1
1
0
0
0
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
1
1
1
0
0
1
1
0
1
1
1
1
0
1
1
1
1
[false] = f1
[true] = f16
[p] = f4
[q] = f6
[p ∧ q] = f2
[p ∨ q] = f8
[¬q] = f11
¯ q] = f9
[p ∨
[¬p] = f13
¯ q] = f15
[p ∧
[p ↔ q] = f10
[p ⊗ q] = f7
[p → q] = f14
[¬(p → q)] = f3
[q → p] = f12
[¬(q → p)] = f5
377 / 1411
Eigenschaften aussagenlogischer Formeln
Sei F eine aussagenlogische Formel. Dann gilt:
F erfüllbar
F gültig
:⇐⇒
:⇐⇒
es gibt eine zu F passende Belegung β mit [F ](β) = 1,
für alle zu F passende Belegungen β gilt [F ](β) = 1.
Infos
I
Entsprechend sehen die Negationen aus:
F nicht erfüllbar ⇐⇒
für alle zu F passende Belegungen β gilt [F ](β) = 0,
F nicht gültig
⇐⇒ es gibt eine zu F passende Belegung β mit [F ](β) = 0.
I
Eine nicht erfüllbare Formel wird auch unerfüllbar oder Widerspruch genannt.
I
Eine gültige Formel wird auch allgemeingültig oder Tautologie genannt.
I
Eine nicht gültige Formel wird auch falsifizierbar genannt.
378 / 1411
Beispiel
Sei V = {p, q, r } und F wieder folgende aussagenlogische Formel über V :
F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r .
p
q
r
(q
∨
r)
→
¬
(p
↔
¬r )
0
0
0
0
1
1
1
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
1
1
0
1
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
1
0
1
0
1
1
0
1
1
0
1
0
0
1
0
1
0
0
0
0
1
1
1
1
0
1
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
I
F ist erfüllbar, da z.B. [F ](p 7→ 0, q 7→ 0, r 7→ 0) = 1.
I
F ist nicht gültig, da z.B. [F ](p 7→ 0, q 7→ 0, r 7→ 1) = 0.
379 / 1411
Quizfrage
Welche der folgenden Implikationen gelten für jede aussagenlogische Formel F ?
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
F
F
F
F
F
F
F
F
F
F
F
F
gültig
gültig
gültig
erfüllbar
erfüllbar
erfüllbar
nicht gültig
nicht gültig
nicht gültig
nicht erfüllbar
nicht erfüllbar
nicht erfüllbar
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
F
¬F
¬F
F
¬F
¬F
F
¬F
¬F
F
¬F
¬F
erfüllbar
nicht erfüllbar
nicht gültig
gültig
nicht erfüllbar
nicht gültig
nicht erfüllbar
gültig
erfüllbar
nicht gültig
gültig
erfüllbar
380 / 1411
Antwort
Es gelten alle Implikationen außer die 4, die 5, die 7 und die 8. Folgendes Bild fasst das
Ergebnis dieser Quizfrage zusammen.
¬F nicht erfüllbar
¬F nicht gültig
¬F erfüllbar
F gültig
F nicht gültig
F erfüllbar
F nicht erfüllbar
¬F gültig
Gestrichelte Pfeile stellen Negationen und normale Pfeile Implikationen dar.
381 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.3.1. Wichtige Begriffe
2.3.2. Logische Äquivalenz
2.4.
2.5.
2.6.
2.7.
Aussagenlogik II
Prädikatenlogik
Beweismethoden
Wachstum von Funktionen
382 / 1411
Logische Äquivalenz ≡
Sei V eine beliebige Menge. Für beliebige aussagenlogische Formeln F und G über V
gilt F ≡ G genau dann, wenn für jede Belegung β : V → B gilt:
[F ](β) = 1 genau dann, wenn [G](β) = 1.
In kompakter Schreibweise heißt das:
F ≡G
:⇐⇒ (∀β ∈ BV : [F ](β) = 1 ⇐⇒ [G](β) = 1) .
383 / 1411
Infos
I
≡ ist nichts anderes als eine Relation über aussagenlogische Formeln.
I
Für F ≡ G sagen wir „F und G sind äquivalent“.
I
Damit F ≡ G gilt müssen F und G nicht unbedingt genau dieselben Variablen
besitzen.
I
Auf Folie 482 sind wichtige Aussagen zur logischen Äquivalenz aufgelistet.
384 / 1411
Beispiel
Für F = ((¬p ∨ q) → (p ∧ q)) und G = ((r → p) ∧ (¬r → p)) gilt F ≡ G:
p
0
0
0
0
1
1
1
1
q
0
0
1
1
0
0
1
1
r
0
1
0
1
0
1
0
1
((¬p
1
1
1
1
0
0
0
0
∨
1
1
1
1
0
0
1
1
q)
0
0
1
1
0
0
1
1
→
0
0
0
0
1
1
1
1
(p
0
0
0
0
1
1
1
1
∧
0
0
0
0
0
0
1
1
q))
0
0
1
1
0
0
1
1
((r
0
1
0
1
0
1
0
1
→
1
0
1
0
1
1
1
1
p)
0
0
0
0
1
1
1
1
∧
0
0
0
0
1
1
1
1
(¬r
1
0
1
0
1
0
1
0
→
0
1
0
1
1
1
1
1
p))
0
0
0
0
1
1
1
1
Die Formel (F ↔ G) ist also gültig.
385 / 1411
Nicht verwechseln!
I
„↔“ ist ein logischer Junktor, d.h. er ist ein Teil von aussagenlogischen Formeln.
Sind F und G Formeln, dann auch F ↔ G. Insbesondere besitzt diese auch eine
Semantik.
I
„≡“ beschreibt das Verhältnis zwischen zwei Formeln, d.h. es handelt sich um eine
Relation über aussagenlogische Formeln mit Eigenschaften wie z.B. reflexiv.
Damit man F ≡ G schreiben darf, müssen F und G Formeln sein. F ≡ G ist aber
an sich, im Gegensatz zu F ↔ G, keine Formel!
I
„⇐⇒“ ist weder ein logischer Junktor noch eine Relation. Es ist nur eine
Abkürzung für „genau dann, wenn“. Dieses Symbol gehört zur logischen
Metaebene. Damit man A ⇐⇒ B schreiben darf, müssen A und B irgendwelche
Aussagen sein und keine aussagenlogische Formeln.
386 / 1411
Quizfrage
Welche Eigenschaften besitzt die homogene Relation ≡ über aussagenlogische
Formeln?
387 / 1411
Antwort
≡ ist reflexiv, symmetrisch und transitiv, also eine Äquivalenzrelation.
n
Info: Bei n Variablen hat die durch ≡ induzierte Partition genau 22 Äquivalenzklassen,
eine für jede Semantik ;-)
388 / 1411
Äquivalenzregeln
Seien F , G und H aussagenlogische Formeln. Ein paar nützliche Äquivalenzregeln sind:
F ∧ true ≡ F
F ∨ false ≡ F
(Identität)
F ∨ true ≡ true
F ∧ false ≡ false
(Dominanz)
F ∨F ≡F
F ∧F ≡F
(Idempotenz)
¬¬F ≡ F
(Doppelte Negation)
F ∨ ¬F ≡ true
F ∧ ¬F ≡ false
(Triv. Taut./Kontr.)
F ∨G ≡G ∨F
F ∧G ≡G ∧F
(Kommutativität)
(F ∨ G) ∨ H ≡ F ∨ (G ∨ H)
(F ∧ G) ∧ H ≡ F ∧ (G ∧ H)
(Assoziativität)
F ∨ (G ∧ H) ≡ (F ∨ G) ∧ (F ∨ H)
F ∧ (G ∨ H) ≡ (F ∧ G) ∨ (F ∧ H)
(Distributivität)
¬(F ∧ G) ≡ ¬F ∨ ¬G
¬(F ∨ G) ≡ ¬F ∧ ¬G
(De Morgan)
F ⊗ G ≡ (F ∨ G) ∧ ¬(F ∧ G)
F ⊗ G ≡ (F ∧ ¬G) ∨ (G ∧ ¬F )
(Exklusives-Oder)
F → G ≡ ¬F ∨ G
F ∨ G ≡ ¬F → G
(Implikation)
F ↔ G ≡ (F → G) ∧ (G → F )
¯ G ≡ ¬(F ∧ G)
F∧
F ↔ G ≡ ¬(F ⊗ G)
¯ G ≡ ¬(F ∨ G)
F∨
(Bikonditional)
(NAND und NOR)
F ∨ (F ∧ G) ≡ F
F ∧ (F ∨ G) ≡ F
(Absorption)
389 / 1411
Info
Man kann diese Regeln beweisen, in dem man die Teilformeln F , G und H als
Variablen betrachtet, das ≡-Symbol durch ein ↔ ersetzt und die Gültigkeit der
entstehenden Formel mit einer Wahrheitstafel beweist.
Beispielsweise gilt für die erste Regel von De Morgan:
F
0
0
1
1
G
0
1
0
1
¬ (F
1 0
1 0
1 1
0 1
∧ G) ↔ (¬F
0 0
1
1
0 1
1
1
0 0
1
0
1 1
1
0
∨ ¬G)
1
1
1
0
1
1
0
0
Diese Methode kann für beliebige Formeln angewendet werden (wurde in der Vorlesung
gesagt, aber nicht bewiesen).
390 / 1411
Quizfragen
Welche der folgenden Äquivalenzen sind richtig?
1. (p → q) ≡ (¬p → ¬q),
2. (p → q) ≡ (¬q → ¬p),
3. ¬(p → q) ≡ (¬p → ¬q),
4. ¬(p → q) ≡ (¬q → ¬p),
5. (p → q) ≡ (¬p ∨ q),
6. (p → q) ≡ (p ∨ ¬q),
7. ¬(p → q) ≡ (¬p ∧ q),
8. ¬(p → q) ≡ (p ∧ ¬q).
391 / 1411
Antworten
1. Falsch.
2. Richtig.
3. Falsch.
4. Falsch.
5. Richtig.
6. Falsch.
7. Falsch.
8. Richtig.
392 / 1411
Info
Um die Äquivalenz F ≡ G zweier Formeln F und G zu zeigen, haben wir zwei
Methoden kennengelernt:
1. Die Wahrheitstafel für F ↔ G aufstellen und überprüfen, ob die Formel eine
Tautologie ist.
2. Mithilfe der Äquivalenzregeln Formeln F1 , F2 , . . . , Fn finden mit:
F ≡ F1 ≡ F2 ≡ . . . ≡ Fn ≡ G.
Wahrheitstafeln sind einfach und führen automatisch zum Ziel. Leider hat eine Formel
mit n Variablen eine Wahrheitstafel mit 2n Zeilen. Für n ≤ 3 Variablen sind
Wahrheitstafeln sehr angenehm. Für n ≥ 4 Variablen sind Äquivalenzumformungen
besser.
393 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.4.1.
2.4.2.
2.4.3.
2.4.4.
DNF und KNF
DPLL-Algorithmus
Resolution
Logische Inferenz
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
394 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.4.1.
2.4.2.
2.4.3.
2.4.4.
DNF und KNF
DPLL-Algorithmus
Resolution
Logische Inferenz
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
395 / 1411
Literale
Ein Literal ist eine Variable oder die Negation einer Variable.
Beispiel
Die Menge aller Literale über V = {p, q, r } ist {p, q, r , ¬p, ¬q, ¬r }.
396 / 1411
Disjunktionen
Eine Disjunktion F von Formeln F1 , . . . , Fn ist eine Formel der Form F = F1 ∨ . . . ∨ Fn .
Beispiel
F = (q ↔ (p ∨ r )) ∨ (r → q) ∨ p ∨ (p ∧ q) ist eine Disjunktion.
Info
Weil ∨ assoziativ ist, ist es egal wie die einzelnen Formeln F1 , . . . , Fn geklammert
werden. Deswegen dürfen wir auch die Klammern einfach weglassen.
397 / 1411
Konjunktionen
Eine Konjunktion F von Formeln F1 , . . . , Fn ist eine Formel der Form F = F1 ∧ . . . ∧ Fn .
Beispiel
F = (p → q) ∧ q ∧ (q ↔ r ) ∧ (p ∨ q ∨ s) ist eine Konjunktion.
Info
Weil ∧ assoziativ ist, ist es egal wie die einzelnen Formeln F1 , . . . , Fn geklammert
werden. Deswegen dürfen wir auch die Klammern einfach weglassen.
398 / 1411
Infos
I
Die Disjunktion von Null Formeln (die „leere Disjunktion“) ist F := false.
I
Die Konjunktion von Null Formeln (die „leere Konjunktion“) ist F := true.
399 / 1411
Disjunktive Normalform
Sei V eine beliebige Menge.
I
eine Formel über V heißt DNF-Klausel, falls sie eine Konjunktion von Literalen ist.
I
Eine Formel über V in disjunktiver Normalform (DNF) ist eine Disjunktion von
DNF-Klauseln.
Beispiel
Folgende Formel F über V = {p, q, r , s} ist in DNF:
F = (¬p ∧ r ∧ s) ∨ (¬q ∧ ¬s) ∨ (p ∧ q ∧ ¬r ∧ s) ∨ (¬r ∧ s)
|
|
{z
Konjunktion
}
|
{z
}
Konjunktion
|
{z
{z
Konjunktion
Disjunktion
}
|
{z
}
Konjunktion
}
400 / 1411
Konjunktive Normalform
Sei V eine beliebige Menge.
I
eine Formel über V heißt KNF-Klausel, falls sie eine Disjunktion von Literalen ist.
I
Eine Formel über V in konjunktiver Normalform (KNF) ist eine Konjunktion von
KNF-Klauseln.
Beispiel
Folgende Formel F über V = {p, q, r , s} ist in KNF:
F = (¬p ∨ r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬s) ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬r ∨ s)
|
|
{z
Disjunktion
}
|
{z
}
Disjunktion
|
{z
{z
Disjunktion
Konjunktion
}
|
{z
}
Disjunktion
}
401 / 1411
Vollständige Normalformen
Eine Formel ist in vollständiger DNF oder KNF, falls alle Klauseln in ihr genau
dieselben Variablen besitzen.
402 / 1411
Beispiel
Sei V = {p, q, r }.
I
Die Formel F1 = ¬p ∨ (p ∧ q ∧ r ) über V ist in nicht vollständiger DNF.
I
Die Formel F2 = (¬p ∧ q ∧ r ) ∨ (p ∧ ¬q ∧ r ) über V ist in vollständiger DNF.
I
Die Formel F1 = (¬p ∨ q) ∧ (¬q ∨ r ) über V ist in nicht vollständiger KNF.
I
Die Formel F2 = (p ∨ ¬q ∨ ¬r ) ∧ (p ∨ q ∨ r ) über V ist in vollständiger KNF.
403 / 1411
Rezept
Frage: Wie findet man eine zu einer gegebenen Formel F äquivalente Formel in
vollständiger DNF bzw. KNF?
Methode: Zuerst stelle die Wahrheitstafel der Formel F auf. Dann:
DNF:
1. Wähle Zeilen mit Ergebnis 1.
2. Bilde für jede Zeile eine Konjunktion aller Variablen (mit „∧“),
in der alle mit 0 belegten Variablen negiert sind und die anderen nicht.
3. Bilde eine Disjunktion aller Konjunktionen (mit „∨“).
KNF:
1. Wähle Zeilen mit Ergebnis 0.
2. Bilde für jede Zeile eine Disjunktion aller Variablen (mit „∨“),
in der alle mit 1 belegten Variablen negiert sind und die anderen nicht.
3. Bilde eine Konjunktion aller Disjunktionen (mit „∧“).
404 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Sei F eine Formel über {p, q, r } mit folgender Wahrheitstafel:
p
q
r
F
0
0
0
0
1
1
1
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
1
1
1
0
0
1
1
Finde eine zu F äquivalente Formel in vollständiger DNF und eine in vollständiger KNF.
Lösung:
F
≡ (¬p ∧ ¬q ∧ r ) ∨ (¬p ∧ q ∧ ¬r ) ∨ (¬p ∧ q ∧ r ) ∨ (p ∧ q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ q ∧ r ) (DNF)
≡ (p ∨ q ∨ r ) ∧ (¬p ∨ q ∨ r ) ∧ (¬p ∨ q ∨ ¬r )
(KNF)
405 / 1411
Noch ein Beispiel
Dieses Beispiel habe ich von Wikipedia geklaut:
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Disjunktive_Normalform
406 / 1411
Quizfragen
Seien F , G und H aussagenlogische Formeln über {p, q, r } mit folgenden
Wahrheitstafeln:
p
q
r
F
G
H
0
0
0
0
1
1
1
1
0
0
1
1
0
0
1
1
0
1
0
1
0
1
0
1
0
0
0
1
1
1
0
1
0
1
0
1
1
0
1
1
1
0
0
0
0
1
1
1
1. Welche Formeln in vollständiger DNF bzw. KNF sind äquivalent zu F ?
2. Welche Formeln in vollständiger DNF bzw. KNF sind äquivalent zu G?
3. Welche Formeln in vollständiger DNF bzw. KNF sind äquivalent zu H?
407 / 1411
Antworten
1.
F
≡ (¬p ∧ q ∧ r ) ∨ (p ∧ ¬q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ ¬q ∧ r ) ∨ (p ∧ q ∧ r ) (DNF)
≡ (p ∨ q ∨ r ) ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (¬p ∨ ¬q ∨ r ) (KNF)
2.
G
≡ (¬p ∧ ¬q ∧ r ) ∨ (¬p ∧ q ∧ r ) ∨ (p ∧ ¬q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ q ∧ r ) (DNF)
≡ (p ∨ q ∨ r ) ∧ (p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (¬p ∨ q ∨ ¬r )
(KNF)
3.
H
≡ (¬p ∧ ¬q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ ¬q ∧ r ) ∨ (p ∧ q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ q ∧ r ) (DNF)
≡ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (p ∨ ¬q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ q ∨ r ) (KNF)
408 / 1411
Quizfragen
Wie ist die Semantik (als Wahrheitstafel) folgender Formeln?
1. F1 = (¬p ∧ ¬q) ∨ (p ∧ ¬q) ∨ (p ∧ q)
2. F2 = (p ∨ q) ∧ (p ∨ ¬q) ∧ (¬p ∨ ¬q)
Hinweis: Man braucht nicht die Wahrheitstafeln komplett auszufüllen, denn F1 und F2
sind in vollständiger DNF bzw. KNF.
409 / 1411
Antworten
1.
p
q
F1
0
0
1
1
0
1
0
1
1
0
1
1
p
q
F2
0
0
1
1
0
1
0
1
0
0
1
0
2.
410 / 1411
Ersetzen von Variablen
Sei V eine Variablenmenge und F eine KNF-Formel mit p ∈ VF .
I
F [p\ true] bezeichnet die Formel, die entsteht, in dem jedem Vorkommnis von p
in F durch true ersetzt wird.
I
F [p\ false] bezeichnet die Formel, die entsteht, in dem jedem Vorkommnis von p
in F durch false ersetzt wird.
Nachdem eine Variable mit true oder false belegt wurde, kann die entstehende Formel
mit folgenden Regeln vereinfacht werden:
F ∧ true ≡ F ,
F ∨ true ≡ true, ¬ true ≡ false,
F ∧ false ≡ false, F ∨ false ≡ F ,
¬ false ≡ true .
411 / 1411
Beispiel
Sei F folgende KNF-Formel über V = {p, q, r , s}:
F = (¬p ∨ q ∨ s) ∧ (p ∨ ¬q ∨ ¬s) ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ ¬r ∨ s).
Dann gilt
((
(¬s) ∧ (p(
(∨
∨ q ∨ s) ∧ (
∨ ¬r ∨ s)
F [p\ true] ≡ (
¬p
(p(
∨(
¬q
q(
∨(
¬r ) ∧ (
¬p
( ∨(
(
≡ (q ∨ s) ∧ (¬r ∨ s)
und
(s) ∧ (p ∨ ¬q ∨ ¬s) ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (¬p (
F [p\ false] ≡ (
(¬p
∨(
q∨
¬r(∨ s)
((
(( ∨ (
(
((
≡ (¬q ∨ ¬s) ∧ (q ∨ ¬r ).
412 / 1411
Infos
I
F [p\ true] entspricht also F ohne Vorkommnisse von ¬p und ohne Klauseln, die p
enthalten.
I
F [p\ false] entspricht also F ohne Vorkommnisse von p und ohne Klauseln, die ¬p
enthalten.
413 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.4.1.
2.4.2.
2.4.3.
2.4.4.
DNF und KNF
DPLL-Algorithmus
Resolution
Logische Inferenz
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
414 / 1411
Rezept
Frage: Wie überprüft man mit dem DPLL-Algorithmus, ob eine gegebene
KNF-Formel F erfüllbar ist?
Methode: Führe den Algorithmus aus ;-)
1. Wenn F = {} (d.h. F = true), dann antworte „erfüllbar“;
2. Wenn F = {{}} (d.h. F = false), dann antworte „unerfüllbar“;
3. Sonst:
4.
5.
6.
7.
8.
Wenn F eine Klausel {p} enthält:
Führe den Algorithmus für F [p\ true] aus;
Wenn F eine Klausel {¬p} enthält:
Führe den Algorithmus für F [p\ false] aus;
Sonst wähle eine Variable p ∈ VF und:
9.
Falls F [p\ true] erfüllbar ist, antworte „erfüllbar“;
10.
Falls F [p\ false] erfüllbar ist, antworte „erfüllbar“;
415 / 1411
Infos
I
DPLL überprüft die Erfüllbarkeit einer KNF-Formel.
I
KNF-Formeln werden als Mengen dargestellt. Zum Beispiel:
I
(¬p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ q ∧ (r ∨ ¬s) ; {{¬p, q, ¬r }, {q}, {r , ¬s}}
Achtung mit der leeren Menge {}:
leere Klausel =
ˆ leere Disjunktion =
ˆ false
leere Formel =
ˆ leere Konjunktion =
ˆ true
I
Dieser Algorithmus wird in der Vorlesung „Algorithmus 2“ genannt. Entfernt man
die one-literal rule (Zeilen 4-7), so bekommt man den „Algorithmus 1“ aus der
Vorlesung.
416 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Überprüfe die Erfüllbarkeit folgender Formel mit dem DPLL-Algorithmus:
F = (¬p ∨ q ∨ ¬s) ∧ (r ∨ s) ∧ (¬p ∨ q ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (r ∨ t) ∧ (p ∨ r ).
Mögliche Lösung als Formeln:
(¬p ∨ q ∨ ¬s) ∧ (r ∨ s) ∧ (¬p ∨ q ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (r ∨ t) ∧ (p ∨ r )
p\ true
p\ false
(q ∨ ¬s) ∧ (r ∨ s) ∧ (q ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬r ) ∧ (¬q ∨ r ) ∧ (r ∨ t)
q\ true
(r ∨ s) ∧ ¬r ∧ r ∧ (r ∨ t)
r \ true
false
q\ false
¬s ∧ (r ∨ s) ∧ (¬r ∨ s) ∧ (r ∨ t)
s\ false
r ∧ ¬r ∧ (r ∨ t)
(r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬r ) ∧ (r ∨ t) ∧ r
r \ true
¬q
q\ false
true
r \ true
false
Jede Belegung β mit p 7→ 0, r 7→ 1 und q 7→ 0 ist erfüllend.
417 / 1411
Aufgabe: Überprüfe die Erfüllbarkeit folgender Formel mit dem DPLL-Algorithmus:
F = (¬p ∨ q ∨ ¬s) ∧ (r ∨ s) ∧ (¬p ∨ q ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (r ∨ t) ∧ (p ∨ r ).
Mögliche Lösung als Mengen:
{{¬p, q, ¬s}, {r , s}, {¬p, q, ¬r , s}, {¬q, ¬r }, {¬p, ¬q, r }, {r , t}, {p, r }}
p\ true
p\ false
{{q, ¬s}, {r , s}, {q, ¬r , s}, {¬q, ¬r }, {¬q, r }, {r , t}}
q\ true
{{r , s}, {¬r }, {r }, {r , t}}
r \ true
{{}}
q\ false
{{¬s}, {r , s}, {¬r , s}, {r , t}}}
s\ false
{{r }, {¬r }, {r , t}}
{{r , s}, {¬q, ¬r }, {r , t}, {r }}
r \ true
{{¬q}}
q\ false
{}
r \ true
{{}}
Jede Belegung β mit p 7→ 0, r 7→ 1 und q 7→ 0 ist erfüllend.
418 / 1411
Infos
I
Die leere Menge {} stellt die leere Formel dar und {{}} die Formel mit einer
leeren Klausel, d.h.:
{} = true, aber {{}} = false .
I
Kommt man auf eine Formel, die die leere Klausel enthält, so ist diese äquivalent
zu false. Dann müssen wir zur letzten Verzweigung zurück gehen und von da aus
weitermachen. Liefern alle Pfade false, so ist die Formel unerfüllbar.
I
Bei DPLL ist die Lösung nicht immer eindeutig! Wir können die Reihenfolge, in
der Variablen ersetzt werden, und den Wert, durch den sie ersetzt werden, selber
wählen.
I
Der Algorithmus hält, sobald die leere Menge zum ersten Mal gefunden wird.
419 / 1411
Quizfragen
Gegeben sei folgende Formel:
F = ((q ∧ s) → ¬r ) ∧ (q → s) ∧ (p → q) ∧ ((p ∧ q) → (r ∨ ¬s)) ∧ (p ∨ q).
1. Welche KNF-Formel ist äquivalent zu F ?
2. Ist F erfüllbar?
Hinweis: Benutze Äquivalenzregeln und DPLL.
420 / 1411
Antworten
1. Äquivalenzumformungen:
F = ((q ∧ s) → ¬r ) ∧ (q → s) ∧ (p → q) ∧ ((p ∧ q) → (r ∨ ¬s)) ∧ (p ∨ q)
≡ (¬(q ∧ s) ∨ ¬r ) ∧ (¬q ∨ s) ∧ (¬p ∨ q) ∧ (¬(p ∧ q) ∨ (r ∨ ¬s)) ∧ (p ∨ q)
≡ (¬q ∨ ¬s ∨ ¬r ) ∧ (¬q ∨ s) ∧ (¬p ∨ q) ∧ (¬p ∨ ¬q ∨ r ∨ ¬s) ∧ (p ∨ q).
421 / 1411
2. DPLL:
{{¬q, ¬s, ¬r }, {¬q, s}, {¬p, q}, {¬p, ¬q, r , ¬s}, {p, q}}
p\ true
{{¬q, ¬s, ¬r }, {¬q, s}, {q}, {¬q, r , ¬s}}
q\ true
{{¬s, ¬r }, {s}, {r , ¬s}}
s\ true
{{¬r }, {r }}
r \ true
{{}}
p\ false
{{¬q, ¬s, ¬r }, {¬q, s}, {q}}
q\ true
{{¬s, ¬r }, {s}}
s\ true
{{¬r }}
r \ false
{}
422 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.4.1.
2.4.2.
2.4.3.
2.4.4.
DNF und KNF
DPLL-Algorithmus
Resolution
Logische Inferenz
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
423 / 1411
Resolution
Sei F eine KNF-Formel und
0 )
(l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ p) und (¬p ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm
0 und eine Variable p.
zwei Klauseln in F für irgendwelche Literale l1 , . . . , lk , l10 , . . . , lm
Aus den Äquivalenzregeln wissen wir:
(l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ p)
≡ ¬(l1 ∨ . . . ∨ lk ) → p
0 ) ≡ p → (l 0 ∨ . . . ∨ l 0 )
(¬p ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm
m
1
Aus diesen zwei Implikationen folgt sofort
0
¬(l1 ∨ . . . ∨ lk ) → (l10 ∨ . . . ∨ lm
),
was äquivalent ist zur KNF-Klausel
0
(l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm
).
424 / 1411
0 ) wird Resolvent genannt und kann in F
Die Klausel (l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm
hinzugefügt werden ohne die Semantik von F zu ändern.
Graphisch kann das wie folgt dargestellt werden:
(l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ p)
0 )
(¬p ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm
0 )
(l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm
In Mengendarstellung:
{l1 , . . . , lk , p}
0 }
{¬p, l10 , . . . , lm
0 }
{l1 , . . . , lk , l10 , . . . , lm
425 / 1411
Rezept
Frage: Wie überprüft man mit Resolution, ob eine gegebene KNF-Formel F
unerfüllbar ist?
Methode: Füge durch Resolution so viele Klauseln in F hinzu, bis {} (bzw. false) als
Resolvent vorkommt oder bis keine neue Klauseln entstehen können. Im ersten Fall ist
die Formel unerfüllbar, im zweiten erfüllbar.
426 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Überprüfe die Unerfüllbarkeit folgender Formel mit dem
Resolutionsverfahren:
F = (¬r ∨ ¬t) ∧ (r ∨ s ∨ ¬t) ∧ (q ∨ s ∨ t) ∧ (r ∨ ¬s) ∧ ¬q ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ q).
427 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Überprüfe die Unerfüllbarkeit folgender Formel mit dem
Resolutionsverfahren:
F = (¬r ∨ ¬t) ∧ (r ∨ s ∨ ¬t) ∧ (q ∨ s ∨ t) ∧ (r ∨ ¬s) ∧ ¬q ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ q).
Mögliche Lösung:
{¬r , ¬t}
{r , s, ¬t}
{q, s, t}
{r , ¬s}
{¬q}
{p, q, ¬r }
{q, r , s}
{¬p, q}
{q, ¬r }
{q, r }
{¬r }
{r }
{}
428 / 1411
Infos
I
Bei Resolution ist {} (oft auch 2) nicht die leere Formel, sondern die leere
Klausel. Bei Resolution werden die Mengenklammern ja weggelassen. D.h. hier ist,
im Gegensatz zu DPLL, {} = false.
I
Bei Resolution darf immer nur ein Literal als Resolvent benutzt werden. Aus
{p, ¬q, r } und {q, ¬r , s} folgt beispielsweise nicht {p, s}!
I
Klauseln dürfen mehrmals oder auch gar nicht benutzt werden. Die generierten
Klauseln werden in die Formel hinzugefügt, d.h. sie ersetzen nicht die benutzten
Klauseln.
I
Möchte man die Gültigkeit einer DNF-Formel F überprüfen, so kann ¬F mithilfe
der De Morgansche Regeln ganz einfach in KNF gebracht werden. F ist dann
gültig genau dann, wenn ¬F unerfüllbar ist, z.B.:
F = (p ∧ ¬q) ∨ (q ∧ ¬r ) ∨ ¬r
;
¬F ≡ (¬p ∨ q) ∧ (¬q ∨ r ) ∧ r
429 / 1411
Quizfragen
Gegeben sei folgende Formel:
F = (p → r ) ∧ q ∧ (q → p) ∧ (q → t) ∧ ((p ∧ r ) → s) ∧ (s → t) ∧ ((s ∧ t) → false).
1. Welche KNF-Formel ist äquivalent zu F ?
2. Ist F unerfüllbar?
Hinweis: Benutze Äquivalenzregeln und Resolution.
430 / 1411
Antworten
1. Äquivalenzumformungen:
F = (p → r ) ∧ q ∧ (q → p) ∧ (q → t) ∧ ((p ∧ r ) → s) ∧ (s → t) ∧ ((s ∧ t) → false)
≡ (¬p ∨ r ) ∧ q ∧ (¬q ∨ p) ∧ (¬q ∨ t) ∧ (¬(p ∧ r ) ∨ s) ∧ (¬s ∨ t) ∧ (¬(s ∧ t) ∨ false)
≡ (¬p ∨ r ) ∧ q ∧ (p ∨ ¬q) ∧ (¬q ∨ t) ∧ (¬p ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬s ∨ t) ∧ (¬s ∨ ¬t)
431 / 1411
2. Mögliche Resolution:
{¬p, r }
{q}
{p, ¬q}
{¬q, t}
{¬p, ¬r , s}
{¬s, t}
{p}
{¬s, ¬t}
{¬s}
{r }
{¬p, ¬r }
{¬r }
{}
432 / 1411
Info
Sowohl mit DPLL als auch mit Resolution kann man entscheiden, ob eine KNF-Formel
F erfüllbar oder unerfüllbar ist.
I
DPLL ist besser geeignet, um F auf Erfüllbarkeit zu testen (effizient und liefert
erfüllende Belegung).
I
Resolution ist besser geeignet, um F auf Unerfüllbarkeit zu testen (effizient und
liefert einen Beweis).
433 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.4.1.
2.4.2.
2.4.3.
2.4.4.
DNF und KNF
DPLL-Algorithmus
Resolution
Logische Inferenz
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
434 / 1411
Logische Inferenz |=
Sei V eine beliebige Menge. Für beliebige aussagenlogische Formeln F und G über V
gilt F |= G genau dann, wenn für jede Belegung β : V → B gilt:
Wenn [F ](β) = 1, dann [G](β) = 1.
In kompakter Schreibweise heißt das:
F |= G
:⇐⇒ (∀β ∈ BV : [F ](β) = 1 =⇒ [G](β) = 1) .
435 / 1411
Infos
I
|= ist, wie ≡, nichts anderes als eine Relation über aussagenlogische Formeln. Sie
heißt Folgerungsrelation.
I
Für F |= G sagen wir „aus F folgt G“.
I
Damit F |= G gilt müssen F und G nicht unbedingt genau dieselben Variablen
besitzen.
I
Auf Folie 485 sind wichtige Aussagen zur logischen Äquivalenz aufgelistet.
I
Für Inferenzen der Form A1 ∧ . . . ∧ An |= G schreiben wir oft A1 , . . . , An |= G
oder {A1 , . . . , An } |= G. Insbesondere definieren wir:
|= G
:⇐⇒ G ist gültig .
Diese Definition macht Sinn, weil die leere Konjunktion als true definiert wurde
und es gilt:
true |= G
⇐⇒ (true → G) ist gültig ⇐⇒ G ist gültig.
436 / 1411
Beispiel
Für F = ((¬p ∨ q) → (p ∧ q)) und G = ((r → p) → (¬r → p)) gilt F |= G.
p
0
0
0
0
1
1
1
1
q
0
0
1
1
0
0
1
1
r
0
1
0
1
0
1
0
1
((¬p
1
1
1
1
0
0
0
0
∨
1
1
1
1
0
0
1
1
q)
0
0
1
1
0
0
1
1
→
0
0
0
0
1
1
1
1
(p
0
0
0
0
1
1
1
1
∧
0
0
0
0
0
0
1
1
q))
0
0
1
1
0
0
1
1
((r
0
1
0
1
0
1
0
1
→
1
0
1
0
1
1
1
1
p)
0
1
0
0
1
1
1
1
→
0
1
0
1
1
1
1
1
(¬r
1
0
1
0
1
0
1
0
→
0
1
0
1
1
1
1
1
p))
0
1
0
0
1
1
1
1
Die Formel (F → G) ist also gültig.
437 / 1411
Nicht verwechseln!
Analog zum Unterschied zwischen den Symbolen „↔“, „≡“ und „⇐⇒“ (s. Folie 386),
unterscheiden sich „→“, „|=“ und „=⇒“ darin, dass „→“ ein logischer Junktor, „|=“
eine homogene Relation über aussagenlogische Formeln und „=⇒“ eine Abkürzung auf
der logischen Metaebene für „dann gilt“ ist.
Als Tabelle:
Logische Ebene
Abkürzungen in der Metaebene
Relationen über Formeln
Junktoren in der Aussagenlogik
Äquivalenz
Implikation
⇐⇒
≡
↔
=⇒
|=
→
438 / 1411
Quizfrage
Welche Eigenschaften besitzt die homogene Relation |= über aussagenlogische
Formeln?
439 / 1411
Antwort
|= ist nur reflexiv und transitiv.
440 / 1411
Ein Kalkül für Inferenzen
Im Kalkül des natürlichen Schließens benutzen wir Inferenzregeln, um Aussagen der
Form
A1 ∧ . . . ∧ An ` F
zu beweisen. Die Formeln A1 , . . . , An werden Annahmen genannt.
A1 , . . . , An |= F bedeutet:
„Wenn A1 , . . . , An alle wahr sind, dann auch F “.
A1 , . . . , An ` F bedeutet dagegen:
„Aus den Annahmen A1 , . . . , An lässt sich F mit den Inferenzregeln ableiten“.
Es wird gelten:
A1 , . . . , An |= F
⇐⇒ A1 , . . . , An ` F
441 / 1411
Infos
I
` ist, wie |= und ≡, nichts anderes als eine Relation über aussagenlogische
Formeln. Sie heißt Ableitungsrelation.
I
Auch hier ist es üblich, dass man A1 ∧ . . . ∧ An ` F zu
A1 , . . . , An ` F
oder {A1 , . . . , An } ` F
umschreibt.
442 / 1411
Graphische Darstellung der Inferenzregeln
Die Inferenzregeln haben die Form:
... ` ...
... ` ...
...
... ` ...
... ` ...
Dabei stehen die Prämissen oberhalb des Folgerungsstrichs und die Folgerung
unterhalb. Intuitiv heißt das:
„Um die Aussage unter dem Strich zu zeigen, reicht es alle Aussagen über
dem Strich (getrennt voneinander) zu zeigen.“
Wichtig!
Die Regeln sind syntaktische Regeln! Man darf hier keine Äquivalenzumformungen
machen. Siehe hierzu die „Achtung!“-Blöcke bei den nächsten Beispielen.
443 / 1411
Erstes Beispiel (Konjunktionseinführung)
Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F und G gilt die Regel:
A1 , . . . , An ` F
A1 , . . . , An ` G
A1 , . . . , An ` (F ∧ G)
Intuitiv heißt das:
„Um zu zeigen, dass sich aus den Annahmen A1 , . . . , An die Formel F ∧ G
ableiten lässt, zeige dass sich aus denselben Annahmen A1 , . . . , An die
Formeln F und G getrennt voneinander ableiten lassen.“
Achtung!
Wenn die untere Formel keine Konjunktion ist (also kein „∧“ dazwischen hat), dann ist
diese Regel nicht anwendbar!
444 / 1411
Zweites Beispiel (Implikationsbeseitigung)
Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F , G gilt die Regel:
A1 , . . . , An ` F → G
A1 , . . . , An ` F
A1 , . . . , An ` G
Intuitiv heißt das:
„Um zu zeigen, dass sich aus den Annahmen A1 , . . . , An eine Formel G
ableiten lässt, zeige dass sich aus denselben Annahmen A1 , . . . , An sowohl die
Implikation F → G als auch die Formel F ableiten lässt.“
Infos
I
Hier darf G beliebig sein! Diese Regel ist also immer anwendbar! :-)
I
Der lateinische Name der Implikationsbeseitigung ist Modus Ponens.
445 / 1411
Drittes Beispiel (Negationseinführung)
Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F gilt die Regel:
A1 , . . . , An , F ` false
A1 , . . . , An ` ¬F
Intuitiv heißt das:
„Um zu zeigen, dass sich aus den Annahmen A1 , . . . , An die Negation ¬F
ableiten lässt, zeige dass sich aus den neuen Annahmen A1 , . . . , An , F ein
Widerspruch (false) ableiten lässt.“
Achtung!
Wenn die untere Formel keine Negation ist (also kein „¬“ davor hat), dann ist diese
Regel nicht anwendbar!
446 / 1411
Viertes Beispiel (Annahmeregeln)
Für beliebige Formeln A1 , . . . , An gelten die Regeln:
A1 , . . . , An ` A1
,
A1 , . . . , An ` A2
, ... ,
A1 , . . . , An ` An
Intuitiv heißt das:
„Um zu zeigen, dass sich aus den Annahmen A1 , . . . , An eine beliebige
Annahme ableiten lässt, muss nichts gezeigt werden.“
Achtung!
Die Annahme auf der rechten Seite von „`“ muss syntaktisch gleich auf der linken
Seite vorkommen. Semantisch äquivalent reicht nicht!
447 / 1411
Fünftes Beispiel (Regel für false)
Für beliebige Formeln A1 , . . . , An und F gilt die Regel:
A1 , . . . , An ` F
A1 , . . . , An ` ¬F
A1 , . . . , An ` false
Intuitiv heißt das:
„Um zu zeigen, dass sich aus den Annahmen A1 , . . . , An ein Widerspruch
false ableiten lässt, zeige dass sich aus denselben Annahmen A1 , . . . , An
sowohl eine Formel F als auch ihre Negation ¬F ableiten lässt.“
Achtung!
Wenn die untere Formel nicht genau „false“ ist, sondern z.B. F ∧ ¬F , dann ist diese
Regel nicht anwendbar!
448 / 1411
Überblick Inferenzregeln
Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F , G und H gelten folgende Regeln.
1. Annahmeregeln („AR“):
A1 , . . . , An ` Ai
für alle i = 1, . . . , n
2. Ausgeschlossener Dritte („AD“):
A1 , . . . , An ` (F ∨ ¬F )
3. Regel für true („true“):
A1 , . . . , An ` true
4. Regel für false („false“):
A1 , . . . , An ` F
A1 , . . . , An ` ¬F
A1 , . . . , An ` false
449 / 1411
5. Konjunktionseinführung („+∧“):
A1 , . . . , An ` F
A 1 , . . . , An ` G
A1 , . . . , An ` (F ∧ G)
6. Konjunktionsbeseitigung („−∧“):
A1 , . . . , An ` (F ∧ G)
A1 , . . . , An ` F
und
A1 , . . . , An ` (F ∧ G)
A1 , . . . , An ` G
und
A1 , . . . , An ` F
A1 , . . . , An ` (G ∨ F )
7. Disjunktionseinführung („+∨“):
A1 , . . . , An ` F
A1 , . . . , An ` (F ∨ G)
8. Disjunktionsbeseitigung („−∨“):
A1 , . . . , An ` (F ∨ G)
A1 , . . . , An , F ` H
A1 , . . . , An ` H
A1 , . . . , An , G ` H
450 / 1411
9. Negationseinführung („+¬“):
A1 , . . . , An , F ` false
A1 , . . . , An ` ¬F
10. Negationsbeseitigung („−¬“):
A1 , . . . , An , ¬F ` false
A1 , . . . , An ` F
11. Implikationseinführung („+ →“):
A1 , . . . , An , F ` G
A1 , . . . , An ` (F → G)
12. Implikationsbeseitigung („− →“) bzw. Modus Ponens („MP“):
A1 , . . . , An ` (F → G)
A1 , . . . , An ` F
A1 , . . . , An ` G
451 / 1411
Beispiel
Beweis, dass die Formel (p ∧ q) → (p ∨ q) gültig ist:
1. p ∧ q `
2. p ∧ q `
3. p ∧ q `
4.
`
p∧q
p
p∨q
(p ∧ q) → (p ∨ q)
(AR)
(− ∧ auf 1.)
(+ ∨ auf 2.)
(+ → auf 3.)
452 / 1411
Info
Man kann solche Beweise als Liste oder als Baum darstellen. Wenn man sie als Liste
darstellt muss man explizit angeben auf welche Formel man die Regeln anwendet.
453 / 1411
Quizfrage
Wie kann man mit dem Kalkül des natürlichen Schließens beweisen, dass die Formel
p → (q → p)
gültig ist?
454 / 1411
Antwort
Beweis:
1. p, q ` p
(AR)
2.
p ` q→p
(+ → auf 1.)
3.
` p → (q → p) (+ → auf 2.)
455 / 1411
Quizfrage
Gegeben sei folgender Beweis, dass ((p → q) ∧ p) → q gültig ist:
1.
2.
3.
4.
5.
(p
(p
(p
(p
→ q) ∧ p
→ q) ∧ p
→ q) ∧ p
→ q) ∧ p
`
`
`
`
`
(p → q) ∧ p
p→q
p
q
((p → q) ∧ p) → q
Welche Regel wurde bei jedem Schritt benutzt?
Schreibe zu jedem Schritt dazu auf welche vorangegangenen Formeln die angewandte
Regel sich bezieht.
456 / 1411
Antwort
1.
2.
3.
4.
5.
(p
(p
(p
(p
→ q) ∧ p
→ q) ∧ p
→ q) ∧ p
→ q) ∧ p
`
`
`
`
`
(p → q) ∧ p
p→q
p
q
((p → q) ∧ p) → q
(AR)
(− ∧ auf 1.)
(− ∧ auf 1.)
(− → auf 2. und 3.)
(+ → auf 4.)
457 / 1411
Quizfrage
Gegeben sei folgender Beweis, dass (p → (q → r )) → (p → q) → (p → r ) gültig ist:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
p
p
p
p
p
p
→ (q → r ), p → q, p
→ (q → r ), p → q, p
→ (q → r ), p → q, p
→ (q → r ), p → q, p
→ (q → r ), p → q, p
→ (q → r ), p → q, p
p → (q → r ), p → q
p → (q → r )
`
`
`
`
`
`
`
`
`
p
p → (q → r )
p→q
q
q→r
r
p→r
(p → q) → (p → r )
(p → (q → r )) → (p → q) → (p → r )
Welche Regel wurde bei jedem Schritt benutzt?
Schreibe zu jedem Schritt dazu auf welche vorangegangenen Formeln die angewandte
Regel sich bezieht.
458 / 1411
Antwort
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
p
p
p
p
p
p
→ (q → r ), p → q, p
→ (q → r ), p → q, p
→ (q → r ), p → q, p
→ (q → r ), p → q, p
→ (q → r ), p → q, p
→ (q → r ), p → q, p
p → (q → r ), p → q
p → (q → r )
`
`
`
`
`
`
`
`
`
p
p → (q → r )
p→q
q
q→r
r
p→r
(p → q) → (p → r )
(p → (q → r )) → (p → q) → (p → r )
(AR)
(AR)
(AR)
(− →
(− →
(− →
(+ →
(+ →
(+ →
auf
auf
auf
auf
auf
auf
1. und 3.)
1. und 2.)
4. 5.)
6.)
7.)
8.)
459 / 1411
Infos
I
Ein Kalkül heißt korrekt, falls gilt:
A1 , . . . , An ` F
I
A1 , . . . , An |= F .
Ein Kalkül heißt vollständig, falls gilt:
A1 , . . . , An |= F
I
=⇒
=⇒ A1 , . . . , An ` F .
Der Kalkül des natürlichen Schließens ist in der Aussagenlogik sowohl korrekt als auch
vollständig. Es gilt:
F `G
⇐⇒
F |= G
⇐⇒
(F → G) ist gültig.
I
Wenn die Gefahr besteht, dass man den Kalkül des natürlichen Schließens mit einem
anderen verwechselt, benutzt man z.B. auch „`Nat “, statt nur „`“.
I
Auf Folie 485 sind wichtige Aussagen zu |= und ` aufgelistet.
460 / 1411
Frege-Lukasiewicz-Kalkül
Im Frege-Lukasiewicz-Kalkül (kurz FL-Kalkül) sind nur die logischen Junktoren → und
¬ erlaubt. Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F , G und H gelten folgende fünf
Inferenzregeln.
1. Annahmeregeln („AR“):
A1 , . . . , An `FL Ai
für alle i = 1, . . . , n
2. Axiom 1 („Ax1“):
A1 , . . . , An `FL (F → (G → F ))
3. Axiom 2 („Ax2“):
A1 , . . . , An `FL ((F → (G → H)) → ((F → G) → (F → H)))
461 / 1411
4. Axiom 3 („Ax3“):
A1 , . . . , An `FL ((¬F → ¬G) → (G → F ))
5. Implikationsbeseitigung („− →“) bzw. Modus Ponens („MP“):
A1 , . . . , An `FL F → G
A1 , . . . , An `FL F
A1 , . . . , An `FL G
Wichtig!
Der FL-Kalkül gehört nicht zum normalen DS-Stoff. Er ist auf diesen Folien, weil er im
Wintersemester 13/14 in einer Aufgabe vorkam. Falls es dieses Semester nicht der Fall
ist, kann er ignoriert werden :-)
462 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.5. Prädikatenlogik
2.5.1. Wichtige Begriffe
2.5.2. Logische Äquivalenz und Inferenz
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
463 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.5. Prädikatenlogik
2.5.1. Wichtige Begriffe
2.5.2. Logische Äquivalenz und Inferenz
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
464 / 1411
Syntax prädikatenlogischer Formeln
1. Jede Variable und jede Konstante ist ein Term.
2. Sind t1 , . . . , tn Terme und f ein n-äres Funktionensymbol, dann ist f (t1 , . . . , tn )
ebenfalls ein Term.
3. Sind t1 , . . . , tn Terme und P ein n-äres Prädikatensymbol, dann ist P(t1 , . . . , tn )
eine Formel.
4. Sind t und u Terme, dann ist t = u eine Formel.
5. Ist F eine Formel, dann ist auch ¬F eine Formel.
6. Sind F und G Formeln, dann sind auch (F ∧ G), (F ∨ G), (F → G), (F ↔ G),
¯ G) und (F ∨
¯ G) Formeln
(F ⊗ G), (F ∧
7. Ist x eine Variable und F eine Formel, dann sind ∀xF und ∃xF ebenfalls Formeln.
465 / 1411
Infos
I
Wir gehen davon aus, dass jedes Symbol entweder als Variable, Konstante, Funktionenoder Prädikatensymbol benutzt wird und niemals als zwei Sachen gleichzeitig.
I
Für Variablen benutzen wir meistens x , y , z, für Konstanten a, b, c, als
Funktionensymbole f , g, h und als Prädikatensymbole P, Q, R.
I
Der Gültigkeitsbereich eines Vorkommens einer Variablen x in einer Formel F ist die
kleinste Unterformel von F der Gestalt ∀xG oder ∃xG, welche das Vorkommen enthält. In
diesem Fall nennt man x gebunden.
I
Wenn es diese Unterformel nicht gibt, dann ist der Gültigkeitsbereich die Formel F selbst
und wir nennen x frei.
I
Eine Formel ohne freie Variablen heißt geschlossen.
I
Eine Formel, in der keine Variable sowohl gebunden als auch frei vorkommt, und hinter
allen vorkommenden Quantoren verschiedene Variablen stehen, heißt bereinigt.
I
Durch Umbenennung der Variablen kann man jede Formel bereinigen :-)
466 / 1411
Strukturen
Eine Struktur S = (U, I) besteht aus einer Menge U (das Universum) und einer
partiellen Funktion I (die Interpretation), die:
I
einer Variablen x ein Element aus U,
I
einer Konstanten a ein Element U,
I
einem k-stelligen Prädikatensymbol P eine Menge aus U k und
I
einem k-stelligen Funktionensymbol f eine Funktion U k → U
zuordnet. Wir sagen, dass I(x ), I(a), I(P) und I(f ) die Interpretationen von x , a, P
und f unter S sind.
Eine Struktur S = (U, I) passt zu einer Formel F , falls die Interpretation I für alle in F
vorkommenden freien Variablen, Konstanten, Funktionen- und Prädikatensymbole
definiert ist.
467 / 1411
Infos
I
Das Universum U einer Struktur S kann endlich oder unendlich sein, aber nicht
leer!
I
Unäre und binäre Prädikatensymbole lassen sich sehr schön modellieren:
I
Arität des Prädikatensymbols
graphische Darstellung
Intuition
unär (z.B. P(x ))
als Venn-Diagramm
binär (z.B. P(x , y ))
als Graph einer Relation
„x
„x
„x
„x
hat die Eigenschaft“
ist in der Menge enthalten“
zeigt auf y “
steht mit y in Relation“
Die Interpretation von Funktionen- und Prädikatensymbolen kann man sowohl
intensional als auch extensional angeben.
468 / 1411
Semantik prädikatenlogischer Formeln
Die Semantik einer Formel F ist eine Funktion [F ], die jeder Struktur S, die zu F
passt, einen Wert [F ](S) aus B = {0, 1} zuordnet.
Für alle Strukturen S = (U, I) gilt folgende induktive Definition:
1. Sind t1 , . . . , tn Terme und P ein Prädikatensymbol, dann gilt:
(
[P(t1 , . . . , tn )](S) =
1, falls (I(t1 ), . . . , I(tn )) ∈ I(P)
0, sonst
2. Sind t und u Terme, dann gilt:
(
[t = u](S) =
1, falls I(t) = I(u)
0, sonst
469 / 1411
3. Sind [F ] und [G] die Semantiken zweier Formeln F und G, dann sind die
¯ G) und
Semantiken von (F ∧ G), (F ∨ G), (F → G), (F ↔ G), (F ⊗ G), (F ∧
¯ G) analog zur Aussagenlogik definiert, z.B.:
(F ∨
(
[F ∧ G](S) =
1, falls [F ](S) = 1 und [G](S) = 1
0, sonst
4. Ist x eine Variable, G eine Formel und Sx :=d die Struktur S mit dem einzigen
Unterschied xSx :=d = d, dann gilt:
(
1,
0,
(
1,
[∀xG](S) =
0,
[∃xG](S) =
falls es ein d ∈ U gibt mit: [G](Sx :=d ) = 1
sonst
falls für jedes d ∈ U gilt: [G](Sx :=d ) = 1
sonst
470 / 1411
Eigenschaften prädikatenlogischer Formeln
Die Begriffe erfüllbar, gültig, unerfüllbar, falsifizierbar, Tautologie und Widerspruch
werden für prädikatenlogische Formeln analog definiert wie in der Aussagenlogik. Man
muss nur auf Folie 378 das Wort „Belegung“ durch „Struktur“ ersetzen.
Infos
I
Auch hier gelten die Beziehungen aus Folie 381.
I
Eine Struktur S mit [F ](S) = 1 wird Modell von F genannt.
471 / 1411
Beispiel
In der Formel
2.
1.
z
}|
{
z
}|
3.
{
z
}|
{
F = ∀x ∃yP(x , y ) ∧ ∃y ∀x ¬P(x , y ) ∧ ∀x ¬P(x , x )
kann P als Relation interpretiert werden, für die folgendes gelten muss:
1. Für jedes Element x gibt es ein Element y , so dass x auf y zeigt.
2. Es gibt ein Element y , so dass für alle Elemente x gilt: x zeigt nicht auf y .
3. Für alle Elemente x gilt: x zeigt nicht auf sich selbst.
Kürzer:
1. Jedes Element x zeigt auf mindestens ein Element y .
2. Es gibt ein Element y , auf das kein Element x zeigt.
3. Kein Element x zeigt auf sich selbst.
472 / 1411
Gesucht ist eine Struktur S = (U, I), die F erfüllt.
Graphisch:
Formal: U = {1, 2, 3} mit
I(P) = {(1, 3), (2, 3), (3, 2)}.
473 / 1411
Mehr Beispiele
Sei S = (U, I) eine Struktur mit U der Menge aller Gäste in einer Assi-Bar in der P(x , y ) als
„x schlägt y “ interpretiert wird. Dann erhalten wir folgende Interpretationen:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
∃x ∃y P(x , y )
∃x ∀y P(x , y )
∀x ∃y P(x , y )
∀x ∀y P(x , y )
∃y ∃x P(x , y )
∃y ∀x P(x , y )
∀y ∃x P(x , y )
∀y ∀x P(x , y )
∃x ∃y ¬P(x , y )
∃x ∀y ¬P(x , y )
∀x ∃y ¬P(x , y )
∀x ∀y ¬P(x , y )
∃y ∃x ¬P(x , y )
∃y ∀x ¬P(x , y )
∀y ∃x ¬P(x , y )
∀y ∀x ¬P(x , y )
„Jemand schlägt jemanden.“
„Jemand schlägt jeden.“
„Jeder schlägt jemanden.“
„Jeder schlägt jeden.“ (Pogo!)
„Jemand wird von jemandem geschlagen.“
„Jemand wird von jedem geschlagen.“
„Jeder wird von jemandem geschlagen.“
„Jeder wird von jedem geschlagen.“
„Jemand schlägt jemanden nicht.“
„Jemand schlägt niemanden.“
„Jeder schlägt jemanden nicht.“
„Jeder schlägt niemanden.“
„Jemand wird von jemandem nicht geschlagen.“
„Jemand wird von niemandem geschlagen.“
„Jeder wird von jemandem nicht geschlagen.“
„Jeder wird von niemandem geschlagen.“
474 / 1411
Mögliche Modelle für die einzelnen Formeln sind:
475 / 1411
Infos
I
Dass x und y unterschiedliche Variablennamen haben heißt nicht, dass sie immer
auf unterschiedliche Elemente zeigen. Wenn im Beispiel jeder jeden schlägt, dann
muss sich auch jeder selber schlagen.
I
Die Übersetzung von Prädikatenlogik ins Deutsche ist sehr schwierig! Bestimmt
habe ich im Beispiel einiges falsch formuliert.
I
Unter
http://de.wikipedia.org/wiki/Quantor
findet ihr viele hilfreiche Beispiele, um Quantoren besser zu verstehen.
476 / 1411
Quizfrage
Wir betrachten die Formel
F = ∀x ∃y ¬P(x , y ) ∧ ∀y ∃xP(x , y ).
Welche der folgenden Interpretationen I für das binäre Prädikat P bilden zusammen
mit U = {1, 2} ein Modell S = (U, I) für F ?
477 / 1411
Antwort
Intuitiv besagt ∀x ∃y ¬P(x , y ), dass jedes Element auf mindestens ein Element nicht
zeigt und ∀y ∃xP(x , y ), dass jedes Element von mindestens einem Element „gezeigt
wird“.
Die einzigen Interpretationen I(P) für P über U = {1, 2}, die F erfüllen sind:
{(1, 1), (2, 2)}
und
{(1, 2), (2, 1)}
478 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.5. Prädikatenlogik
2.5.1. Wichtige Begriffe
2.5.2. Logische Äquivalenz und Inferenz
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
479 / 1411
Logische Äquivalenz und Inferenz
Für beliebige Formeln F und G gilt:
F ≡G
F |= G
:⇐⇒ (für alle passende Strukturen S gilt: [F ](S) = 1 ⇐⇒ [G](S) = 1)
:⇐⇒ (für alle passende Strukturen S gilt: [F ](S) = 1 =⇒ [G](S) = 1)
Infos
I
Auch hier sind ≡ und |= ist nichts anderes als Relationen über Formeln.
I
Für F ≡ G sagen wir „F und G sind äquivalent“.
I
Für F |= G sagen wir „G folgt aus F “.
480 / 1411
Äquivalenz- und Folgerungsregeln für Quantoren
Seien F und G beliebige Formeln. Ein paar nützliche Äquivalenzregeln sind:
¬∀xF ≡ ∃x ¬F
¬∃xF ≡ ∀x ¬F
∀x ∀yF ≡ ∀y ∀xF
∃x ∃yF ≡ ∃y ∃xF
∃x ∀yF |= ∀y ∃xF
(De Morgan)
(Kommutativität)
∀x (F ∧ G) ≡ ∀xF ∧ ∀xG
∃x (F ∨ G) ≡ ∃xF ∨ ∃xG
∀xF ∨ ∀xG |= ∀x (F ∨ G)
∃x (F ∧ G) |= ∃xF ∧ ∃xG
∃x (F ∧ G) ≡ ∃xF ∧ G
∃x (F ∨ G) ≡ ∃xF ∨ G
∀x (F ∧ G) ≡ ∀xF ∧ G
∀x (F ∨ G) ≡ ∀xF ∨ G
(Distributivität)
(falls x in G nicht frei vorkommt)
Diese Regeln sind eine Erweiterung der Äquivalenzregeln für aussagenlogische Formeln (s. Folie 389).
481 / 1411
Wichtige Aussagen zu Äquivalenzen
1. Für eine beliebige Formel F gilt:
die Formel F ist gültig
⇐⇒ F ≡ true
die Formel F ist unerfüllbar ⇐⇒ F ≡ false
2. Für zwei beliebige Formeln F und G gilt:
F ≡G
⇐⇒ die Formel (F ↔ G) ist gültig
482 / 1411
Inferenzregeln für Quantoren
Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F , G und jede Konstante a gelten folgende Regeln:
13. Allquantoreinführung („+∀“): Falls a nicht in A1 , . . . , An oder F vorkommt:
A1 , . . . , An ` F [x \a]
A1 , . . . , An ` ∀xF
14. Allquantorbeseitigung („−∀“):
A1 , . . . , An ` ∀xF
A1 , . . . , An ` F [x \a]
15. Existenzquantoreinführung („+∃“):
A1 , . . . , An ` F [x \a]
A1 , . . . , An ` ∃xF
16. Existenzquantorbeseitigung („−∃“): Falls a nicht in A1 , . . . , An , F oder G vorkommt:
A1 , . . . , An ` ∃xF
A1 , . . . , An , F [x \a] ` G
A1 , . . . , An ` G
483 / 1411
Infos
I
Die Inferenzregeln für Quantoren sind eine Erweiterung der Inferenzregeln von
dem Kalkül des natürlichen Schließens aus Folie 449.
I
Mit F [x \a] wird die Formel bezeichnet, die man erhält, wenn man in F alle freien
Vorkommnisse von x durch a ersetzt.
484 / 1411
Wichtige Aussagen zu Inferenzen
1. Für eine beliebige Formel F gilt:
die Formel F ist gültig
⇐⇒ true |= F ⇐⇒: |= F
die Formel F ist unerfüllbar ⇐⇒ F |= false
2. Für zwei beliebige Formeln F und G gilt:
F |= G
F ≡G
⇐⇒ die Formel (F → G) ist gültig
⇐⇒ F |= G und G |= F
3. Für zwei aussagenlogische Formeln F und G gilt:
F `G
⇐⇒ F |= G
4. Für zwei prädikatenlogische Formeln F und G gilt:
F `G
=⇒ F |= G
485 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.6.1. Beweisen von Implikationen
2.6.2. Vollständige Induktion
2.7. Wachstum von Funktionen
486 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.6.1. Beweisen von Implikationen
2.6.2. Vollständige Induktion
2.7. Wachstum von Funktionen
487 / 1411
Wichtige Terminologie aus der Mathematik
I
Eine Annahme ist eine Aussage, bei der man davon ausgeht, dass sie wahr ist.
Annahmen werde auch Postulate, Hypothesen, Prämissen oder Axiome genannt.
I
Ein Satz ist eine Aussage, die aus den Annahmen folgt. Sätze werden auch
Theoreme genannt.
I
Ein Beweis ist die korrekte und vollständige (lückenlose) Argumentation dafür,
dass ein Satz tatsächlich aus den Annahmen folgt.
I
Ein Lemma ist ein Hilfssatz, der im Beweis eines anderen (wichtigeren) Satzes
benutzt wird.
I
Ein Korollar ist ein Theorem, das leicht als Folgerung eines wichtigen Theorems
bewiesen werden kann.
488 / 1411
Struktur mathematischer Aussagen
Mathematische Aussagen können als prädikatenlogische Formeln über einer geeigneten
Basisstruktur S formuliert werden. Dabei werden einzelne Teilaussagen wie folgt
übersetzt:
Aussage
nicht F
F und G
F oder G
Wenn F , dann G
F genau dann, wenn G
Für alle x ∈ A gilt F
Es gibt ein x ∈ A für das F gilt
Kompaktschreibweise
Prädikatenlogik
F =⇒ G
F ⇐⇒ G
∀x ∈ A : F
∃x ∈ A : F
¬F
F ∧G
F ∨G
F →G
F ↔G
∀x (A(x ) → F )
∃x (A(x ) ∧ F )
Hierbei entspricht die Menge A genau der Interpretation des Prädikats A unter S, d.h.
AS = A.
489 / 1411
Formale Beweise
Die zu beweisende Aussage F und die Annahmen A1 , . . . , An werden als
prädikatenlogische Formeln formalisiert. Dann wird, mithilfe einer festgelegten Menge
von gültigen Inferenzregeln, eine Herleitung für
A1 , . . . , An ` F
gesucht. Hier wird F Folgerung oder auch Conclusio genannt.
Leider sind formale Beweise viel zu kompliziert und aufwendig. Deswegen werden sie in
einer Mischung aus natürlicher Sprache und Prädikatenlogik bewiesen. Ein informeller
Beweis wird dann akzeptiert, wenn man der Meinung ist, dass er sich formalisieren
ließe.
490 / 1411
Grobe Vorgehensweise
Die Gestalt einer Aussage suggeriert, wie man vorgehen könnte. Die wichtigsten sind
auf folgender Tabelle aufgelistet:
Gestalt
Vorgehensweise
nicht F
F und G
F =⇒ G
F oder G
F ⇐⇒ G
∀x ∈ A : F
∃x ∈ A : F
Zeige, dass F nicht gilt.
Zeige F und G in zwei getrennten Beweisen.
Füge F in die Menge der Annahmen hinzu und zeige G.
Zeige: nicht F =⇒ G. (Alternativ zeige: nicht G =⇒ F .)
Zeige: F =⇒ G und G =⇒ F .
Sei x ein beliebiges Element aus A. Zeige dann F .
Sei x ein konkretes Element aus A. Zeige dann F .
Auf diese Weise wächst im Laufe des Beweises die Menge der Annahmen.
491 / 1411
Schreibweisen für Beweise
Beweise werden oft als Fließtext geschrieben. Ich persönlich bevorzuge es, Beweise wie
folgt zu strukturieren:
Annahmen: A1 , A2 , . . . , An .
Zu zeigen: Aussage F
Beweis: Es gelten A1 , A2 , . . . , An .
=⇒
=⇒
=⇒
Es folgt F1 .
Es folgt F2 .
Es folgt F3 .
..
.
(Begründung für F1 )
(Begründung für F2 )
(Begründung für F3 )
2
Zum Zeitpunkt, an dem die Folgerung Fi begründet werden muss, wurden alle
Folgerungen F1 , . . . , Fi−1 in die Menge der Annahmen hinzugefügt. D.h. man kann, um
Fi zu begründen, alle Annahmen A1 , . . . , An und Folgerungen F1 , . . . , Fi−1 benutzen.
492 / 1411
Infos
I
Man kann eine Folgerung kommentieren oder nicht (je nachdem wie trivial sie ist!)
I
Man kann die benutzten Annahmen bzw. Aussagen über dem entsprechenden
Implikationspfeil schreiben, z.B.:
Annahme 2
=⇒
Lemma 25
=⇒
...
...
Satz von Euler
I
=⇒
...
Diese strukturierte Schreibweise wurde in Folien 148 - 205 oft benutzt. In den
nächsten Beispielen wird sie für andere Beweise benutzt.
493 / 1411
Erstes Beispiel
Satz:
Seien A und B endliche Mengen und f : A → B eine Funktion. Wenn f
injektiv und nicht surjektiv ist, dann ist die Kardinalität von A kleiner als die
von B.
Annahmen:
I
|A|, |B| < ∞,
I
f : A → B,
I
f injektiv,
I
f nicht surjektiv.
Zu zeigen: |A| < |B|.
494 / 1411
Beweis: Aus den Annahmen folgt:
=⇒
=⇒
=⇒
Für alle b ∈ B gilt |f −1 (b)| ≤ 1.
Es gibt ein b ∈ B mit |f −1 (b)| = 0.
P
|A| = b∈B |f −1 (b)|
P
= b∈B\{b 0 } |f −1 (b)|
P
≤ b∈B\{b 0 } 1
= |B| − 1
< |B|.
(da f injektiv)
(da f nicht surjektiv)
(s. Folie 329)
(sei b 0 ∈ B mit |f −1 (b 0 )| = 0)
(da |f −1 (b)| ≤ 1 für alle b ∈ B)
(|B| − 1 Summanden in der Summe)
(da |A|, |B| < ∞)
2
495 / 1411
Zweites Beispiel
Satz:
Sei n ∈ Z ungerade. Dann ist auch n2 ungerade.
Annahme: n ∈ Z ungerade.
Zu zeigen: ∃k ∈ Z : n2 = 2k + 1.
Beweis: Aus den Annahmen folgt:
=⇒
=⇒
=⇒
Es gibt ein l ∈ Z mit n = 2l + 1.
n2 = (2l + 1)2
= 4l 2 + 4l + 1
= 2(2l 2 + 2l) + 1.
Es gibt ein k ∈ Z mit n2 = 2k + 1.
(da n ungerade)
(nämlich k = (2l 2 + 2l).)
2
496 / 1411
Drittes Beispiel
Satz:
Sei f : X → Y eine Funktion und M, N ⊆ Y beliebige Mengen. Dann gilt:
f −1 (M ∪ N) ⊆ f −1 (M) ∪ f −1 (N).
Annahmen:
I
f : X → Y,
I
M, N ⊆ Y ,
I
x ∈ f −1 (M ∪ N) beliebig.
Zu zeigen: f −1 (M ∪ N) ⊆ f −1 (M) ∪ f −1 (N).
497 / 1411
Beweis: Sei x ∈ f −1 (M ∪ N) beliebig.
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
x ∈ f −1 (M ∪ N)
f (x ) ∈ M ∪ N
f (x ) ∈ M oder f (x ) ∈ N
x ∈ f −1 (M) oder x ∈ f −1 (N)
x ∈ f −1 (M) ∪ f −1 (N)
(s. Folie 304)
(s. Folie 304)
Erinnerung: A ⊆ B heißt nichts anderes als ∀x ∈ A : x ∈ B.
2
498 / 1411
Viertes Beispiel
Satz:
Sei f : X → Y eine Funktion und M, N ⊆ Y beliebige Mengen. Dann gilt:
M ⊆ N =⇒ f −1 (M) ⊆ f −1 (N).
Annahmen:
I
f : X → Y,
I
M, N ⊆ Y ,
I
M ⊆ N,
Zu zeigen: M ⊆ N =⇒ f −1 (M) ⊆ f −1 (N).
499 / 1411
Beweis: Sei x ∈ f −1 (M) beliebig.
=⇒
=⇒
=⇒
f (x ) ∈ M
f (x ) ∈ N
x ∈ f −1 (N)
(s. Folie 304)
(wegen M ⊆ N)
(s. Folie 304)
Erinnerung: A ⊆ B heißt nichts anderes als ∀x ∈ A : x ∈ B.
2
500 / 1411
Quizfrage
Wie kann man folgende Aussage beweisen?
Sei f : X → Y eine Funktion und M ⊆ Y eine beliebige Menge. Dann gilt:
f −1 (M) ⊆ f −1 (M).
Hinweise:
I
Benutze Folie 304.
I
Vergiss nicht, dass A ⊆ B nichts anderes als ∀x ∈ A : x ∈ B heißt.
501 / 1411
Antwort
Annahmen: f : X → Y , M ⊆ Y und x ∈ f −1 (M) beliebig.
Zu Zeigen: f −1 (M) ⊆ f −1 (M).
Beweis: Sei x ∈ f −1 (M) beliebig.
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
f (x ) ∈ M.
f (x ) ∈
/ M.
x∈
/ f −1 (M).
x ∈ f −1 (M).
(Folie 304)
(Folie 304)
2
502 / 1411
Quizfragen
Seien f : A → B und g : B → C beliebige Funktionen über Mengen A, B und C . Wie
kann man folgende Implikationen beweisen?
1. f und g injektiv =⇒ g ◦ f injektiv,
2. f und g surjektiv =⇒ g ◦ f surjektiv,
3. g ◦ f injektiv =⇒ f injektiv,
4. g ◦ f surjektiv =⇒ g surjektiv.
Erinnerungen:
I
Für ein beliebiges x ∈ A gilt: (g ◦ f )(x ) = g(f (x )).
I
Es gilt:
f injektiv ⇐⇒ (∀a1 , a2 ∈ A : f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ a1 = a2 )
f surjektiv ⇐⇒ ∀b ∈ B : ∃a ∈ A : f (a) = b
503 / 1411
Antworten
1. Annahmen: f : A → B und g : B → C injektiv.
Zu zeigen: g ◦ f injektiv, also:
∀a1 , a2 ∈ A : (g ◦ f )(a1 ) = (g ◦ f )(a2 ) =⇒ a1 = a2 .
Beweis: Seien a1 , a2 ∈ A
=⇒
=⇒
=⇒
beliebige Elemente mit (g ◦ f )(a1 ) = (g ◦ f )(a2 ).
g(f (a1 )) = g(f (a2 )).
f (a1 ) = f (a2 ).
(da g injektiv)
a1 = a2 .
(da f injektiv)
2
504 / 1411
2. Annahmen: f : A → B und g : B → C surjektiv.
Zu zeigen: g ◦ f surjektiv, also:
∀c ∈ C : ∃a ∈ A : (g ◦ f )(a) = c.
Beweis:
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
Sei c ∈ C ein beliebiges Element.
Es gibt ein b ∈ B mit g(b) = c.
Es gibt ein a ∈ A mit f (a) = b.
g(f (a)) = c.
Es gibt also ein a ∈ A mit (g ◦ f )(a) = g(f (a)) = c.
(da g surjektiv)
(da f surjektiv)
2
505 / 1411
3. Annahme: f : A → B und g : B → C mit g ◦ f injektiv.
Zu zeigen: f injektiv, also:
∀a1 , a2 ∈ A : f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ a1 = a2 .
Beweis: Seien a1 , a2
=⇒
=⇒
=⇒
∈ A beliebige Elemente mit f (a1 ) = f (a2 ).
g(f (a1 )) = g(f (a2 )).
(g ◦ f )(a1 ) = (g ◦ f )(a2 ).
a1 = a2 .
(da g ◦ f injektiv)
2
506 / 1411
4. Annahme: f : A → B und g : B → C mit g ◦ f surjektiv.
Zu zeigen: g surjektiv, also:
∀c ∈ C : ∃b ∈ B : g(b) = c.
Beweis: Sei c
=⇒
=⇒
=⇒
∈ C ein beliebiges Element.
Es gibt ein a ∈ A mit (g ◦ f )(a) = c.
g(f (a)) = c.
Es gibt also ein b ∈ B mit g(b) = c.
(da g ◦ f surjektiv)
(nämlich b = f (a))
2
507 / 1411
Beweistypen für Implikationen
Die meisten Aussagen in der Mathematik sind Implikationen, d.h. sie haben die Gestalt
F =⇒ G.
Solche Aussagen kann man auf verschiedenen Weisen beweisen:
I
Direkter Beweis:
„Füge F in die Menge der Annahmen hinzu und zeige G.“
I
Indirekter Beweis:
„Füge nicht G in die Menge der Annahmen hinzu und zeige nicht F .“
I
Beweis durch Widerspruch:
„Füge F und nicht G in die Menge der
Annahmen hinzu und zeige ein Widerspruch.“
508 / 1411
Info
Als logische Formeln formuliert, entspricht der direkte Beweis der Formel F → G, der
indirekte Beweis der Formel ¬G → ¬F und der Beweis durch Widerspruch der Formel
(F ∧ ¬G) → false.
Diese Beweismethoden sind korrekt, weil die drei Formeln äquivalent zueinander sind:
F
0
0
1
1
G
0
1
0
1
F
0
0
1
1
→
1
1
0
1
G
0
1
0
1
¬G
1
0
1
0
→
1
1
0
1
¬F
1
1
0
0
(F
0
0
1
1
∧
0
0
1
0
¬G)
1
0
1
0
→
1
1
0
1
false
0
0
0
0
509 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.6.1. Beweisen von Implikationen
2.6.2. Vollständige Induktion
2.7. Wachstum von Funktionen
510 / 1411
Vollständige Induktion
Für Aussagen der Form
„Für alle n ∈ N0 mit n ≥ n0 gilt die Aussage A(n)“
reicht es, die Aussagen
A(n0 ) und ∀n ≥ n0 : (A(n) =⇒ A(n + 1))
zu beweisen. A(n0 ) wird Induktionsanfang (I.A.) und ∀n ≥ n0 : A(n) =⇒ A(n + 1)
Induktionsschritt.
Um den Induktionsschritt zu zeigen, zeigen wir den Induktionsschluss (I.S.) A(n + 1),
unter der Annahme, dass die Induktionsvoraussetzung (I.V.) A(n) für ein beliebiges
aber festes n ≥ n0 gilt.
511 / 1411
Infos
I
Bei Induktionsbeweisen beweisen eine Aussage A(n) für alle n ∈ N mit n ≥ n0
nach folgendem Domino-Prinzip:
A(n0 ) =⇒ A(n0 + 1) =⇒ A(n0 + 2) =⇒ A(n0 + 3) =⇒ A(n0 + 4) =⇒ . . .
I
Man nennt den Induktionsanfang auch Induktionsbasis und die
Induktionsvoraussetzung auch Induktionsannahme.
512 / 1411
Beispiel
Satz:
Sei x ∈ R beliebig mit x > −1. Dann gilt für alle n ∈ N0 : (1 + x )n ≥ 1 + nx .
Beweis:
I.A. Für n = 0: (1 + x )0 = 1 = 1 + 0x . X
I.V. Angenommen, es gilt (1 + x )n ≥ 1 + nx für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 .
I.S.
(1 + x )n+1 = (1 + x ) · (1 + x )n
I.V.
≥ (1 + x ) · (1 + nx )
= 1 + x + nx + nx 2
≥ 1 + x + nx
(nx 2 ≥ 0 da n, x 2 ≥ 0)
= 1 + (n + 1)x
2
513 / 1411
Noch ein Beispiel
Satz:
Für alle n ∈ N0 mit n ≥ 4 gilt: 2n ≥ n2 .
Beweis:
I.A. Für n = 4: 24 = 16 = 42 . X
I.V. Angenommen, es gilt 2n ≥ n2 für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 mit n ≥ 4.
I.S.
I.V.
(∗)
2n+1 = 2 · 2n ≥ 2 · n2 = n2 + n · n ≥ n2 + 4n = n2 + 2n + 2n
(∗)
≥ n2 + 2n + 2 · 4 ≥ n2 + 2n + 1 = (n + 1)2
Bei (∗) wurde die Annahme n ≥ 4 benutzt.
2
514 / 1411
Ein letztes Beispiel
Satz:
Für alle n ∈ N0 gilt: Eine Pizza lässt sich mit n geraden Schnitten in
höchstens n(n+1)
+ 1 Stücken teilen.
2
Beweis:
I.A. Für n = 0: Mit keinem Schnitt ist die Pizza noch ganz, d.h. sie besteht aus einem
Stück. Tatsächlich gilt: 0(0+1)
+ 1 = 1. X
2
I.V. Angenommen, für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 lässt sich die Pizza mit n
+ 1 Stücken teilen.
geraden Schnitten in höchstens n(n+1)
2
515 / 1411
I.S. Der (n + 1)-te Schnitt schneidet jeden der ersten n Schnitte höchstens einmal. In
diesem Fall würde man genau n + 1 Stücke zweiteilen. Durch den (n + 1)-ten
Schnitt, kommen also zu den höchstens n(n+1)
+ 1 Stücken höchstens n + 1 dazu.
2
Das ergibt:
n(n + 1) + 2(n + 1)
n(n + 1)
+1+n+1=
+1
2
2
n2 + 3n + 2
+1
=
2
(n + 1)(n + 2)
=
+1
2
Pizzastücke.
516 / 1411
Wieso entstehen n + 1 neue Stücke, wenn man mit dem (n + 1)-ten Schnitt alle
anderen n Schnitte trifft?
Zwischen je zwei getroffenen Schnitten befindet sich ein Stück Pizza und vor dem
ersten und nach dem letzten Schnitt jeweils auch eins. Im Bild haben wir mit dem 5.
Schnitt alle anderen 4 getroffen. Dadurch sind 5 neue Stücke entstanden.
517 / 1411
Info
Natürlich ist das letzte Beispiel eher unüblich und mehr als Motivation für euch
gedacht :-)
Auf den nächsten Folien gibt es Rezepte, Beispiele und Quizfragen zu folgenden
Klassen von Aussagen:
I
Summen und Produkte (ab Folie 519),
I
Rekursionsgleichungen (ab Folie 537),
I
Teilbarkeitsaussagen (ab Folie 551).
518 / 1411
Rezept
Frage: Wie beweist man eine Aussage A(n) über eine Summe
Q
Produkt nk=n0 ak ?
Pn
k=n0
ak bzw. über ein
Methode:
I.A. n0 für n einsetzen und die Aussage A(n0 ) überprüfen.
I.V. „Angenommen, es gilt A(n) für ein beliebiges, aber festes n ≥ n0 .“
I.S. Die Aussage A(n + 1) auf A(n) mit folgendem Trick zurückführen und die I.V. auf
Pn
Qn
k=n0 ak bzw.
k=n0 ak anwenden:
n+1
X
k=n0
ak = a1 + . . . + an +an+1 =
| P {z
n
k=n0
n+1
Y
k=n0
}
| Q {z
n
k=n0
}
ak
ak + an+1
k=n0
ak
ak = a1 · . . . · an ·an+1 =
n
X
n
Y
ak · an+1
k=n0
519 / 1411
Beispiel
Satz:
Für alle n ∈ N0 gilt:
Pn
k=0 2
k
= 2n+1 − 1.
Beweis:
I.A. Für n = 0:
P0
k
k=0 2
= 20 = 1 = 2 − 1 = 20+1 − 1. X
I.V. Angenommen, es gilt
Pn
k
k=0 2
= 2n+1 − 1 für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 .
I.S.
n+1
X
k=0
2k =
n
X
I.V.
2k + 2n+1 = (2n+1 − 1) + 2n+1 = 2 · 2n+1 − 1 = 2n+2 − 1.
k=0
2
520 / 1411
Noch ein Beispiel
Satz:
Für alle n ∈ N gilt:
Pn
k=1 k
=
n(n+1)
.
2
Beweis:
I.A. Für n = 1:
P1
k=1 k
1·(1+1)
. X
2
Pn
n(n+1)
k=1 k =
2
=1=
I.V. Angenommen, es gilt
für ein beliebiges, aber festes n ∈ N.
I.S.
n+1
X
k=1
k=
n
X
k=1
I.V.
k +n+1 =
n(n + 1) + 2(n + 1)
(n + 1)(n + 2)
n(n + 1)
+n+1 =
=
.
2
2
2
2
521 / 1411
Ein letztes Beispiel
Satz:
Qn
Für alle n ∈ N0 gilt:
k=0 9
k
= 3n(n+1) .
Beweis:
I.A. Für n = 0:
Q0
k
k=0 9
= 90 = 1 = 30 = 30(0+1) . X
I.V. Angenommen, es gilt
Qn
k
k=0 9
= 3n(n+1) für ein beliebiges, aber festes n ∈ N.
I.S.
n+1
Y
k=0
k
9 =
n
Y
I.V.
9k · 9n+1 = 3n(n+1) · 9n+1 = 3n(n+1) · 32(n+1)
k=0
n(n+1)+2(n+1)
=3
= 3n
2 +3n+2
= 3(n+1)(n+2) .
2
522 / 1411
Quizfrage
Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden?
Für alle n ∈ N0 gilt:
Pn
1
k=0 2k+1
=1−
1
.
2n+1
523 / 1411
Antwort
Beweis:
I.A. Für n = 0:
P0
1
k=0 2k+1
I.V. Angenommen, es gilt
=
1
20+1
=
Pn
1
k=0 2k+1
1
2
=1−
=1−
1
20+1
1
X
2n+1
für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 .
1
I.V.
I.S.
n+1
X
1
2k+1
k=0
=
n
X
1
2k+1
k=0
=1−
+
2n+2
=
1−
1
2n+1
+
1
2n+2
2
1
1
+
= 1 − n+2
2n+2 2n+2
2
2
524 / 1411
Quizfrage
Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden?
Für alle n ∈ N gilt:
Pn
k=1 (2k
− 1) = n2 .
525 / 1411
Antwort
Beweis:
I.A. Für n =:
P1
k=1 (2k
− 1) = 2 · 1 − 1 = 1 = 12
Pn
I.V. Angenommen, es gilt
k=1 (2k
− 1) =
n2
X
für ein beliebiges, aber festes n ∈ N.
I.S.
n+1
X
(2k − 1) =
k=1
n
X
I.V.
(2k − 1) + 2(n + 1) − 1 = n2 + 2(n + 1) − 1 = (n + 1)2 .
k=1
2
526 / 1411
Quizfrage
Sei q ∈ R \ {0, 1} beliebig. Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion
bewiesen werden?
Für alle n ∈ N0 gilt:
Pn
k=0 q
k
=
q n+1 −1
q−1 .
527 / 1411
Antwort
Beweis: Sei q ∈ R \ {0, 1} beliebig.
I.A. Für n = 0:
P0
k=0 q
k
= q0 = 1 =
I.V. Angenommen, es gilt
Pn
k=0 q
k
=
q 0+1 −1
q−1 .
q n+1 −1
q−1
X
für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 .
I.S.
n+1
X
k=0
k
q =
n
X
k=0
I.V.
q k +q n+1 =
q n+1 − 1 n+1 q n+1 − 1 + q n+1 (q − 1)
q n+2 − 1
+q
=
=
.
q−1
q−1
q−1
2
528 / 1411
Quizfrage
Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden?
Für alle n ∈ N gilt:
Pn
k=1 (2k
− 1)2 =
4n3 −n
3 .
529 / 1411
Antwort
Beweis:
I.A. Für n = 1:
P1
k=1 (2k
− 1)2 = (2 · 1 − 1)2 = 1 =
I.V. Angenommen, es gilt
Pn
k=1 (2k
− 1)2 =
4n3 −n
3
4·13 −1
3 .
X
für ein beliebiges, aber festes n ∈ N.
I.S.
n+1
X
(2k − 1)2 =
k=1
n
X
I.V.
(2k − 1)2 + (2(n + 1) − 1)2 =
k=1
4n3
4n3 − n
+ (2(n + 1) − 1)2
3
− n + 3(2n + 1)2
4n3 + 12n2 + 12n − n + 3
=
3
3
4(n + 1)3 − (n + 1)
4(n3 + 3n2 + 3n + 1) − (n + 1)
=
.
=
3
3
=
2
530 / 1411
Quizfrage
Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden?
Für alle n ∈ N0 und x ∈ R \ {1} gilt:
Qn
k=0
k
1 + x (2 ) =
2n+1
1−x (
1−x
)
.
531 / 1411
Antwort
Beweis: Sei x ∈ R \ {1} beliebig.
I.A. Für n = 0:
Q0
k=0
k
0
1 + x (2 ) = 1 + x (2 ) = 1 + x =
I.V. Angenommen, es gilt
n ∈ N0 .
Qn
k=0
2n+1
1−x (
1−x
k
1 + x (2 ) =
)
(1+x )(1−x )
1−x
20+1
=
1−x (
1−x
)
. X
für ein beliebiges, aber festes
I.S.
n+1
Y
k
1 + x (2 ) =
k=0
n Y
k
n+1
1 + x (2 ) · 1 + x (2 )
k=0
=
n+1
1 − x (2
)
n+1
1 + x (2
1−x
)
n+1
n+1
1 − x (2 ) · 1 + x (2 )
=
1−x
I.V.
(∗)
=
n+1
1 − x (2
1−x
)
2
n+2
1 − x (2 )
=
.
1−x
Bei (∗) wurde die dritte binomische Formel benutzt: (a + b)(a − b) = a2 − b 2 .
2
532 / 1411
Quizfrage
Seien a1 , . . . , an ∈ R beliebige reelle Zahlen mit a1 , . . . , an > 0. Wie kann folgender
Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden?
Für alle n ∈ N mit n ≥ 2 gilt:
Qn
k=1 (1
+ ak ) > 1 +
Qn
k=1 ak .
533 / 1411
Antwort
Beweis: Seien a1 , . . . , an ∈ R beliebige reelle Zahlen mit a1 , . . . , an > 0.
I.A. Für n = 2: (1 + a1 ) · (1 + a2 ) = 1 + a1 + a2 +a1 · a2 > 1 + a1 · a2 .
X
| {z }
>0
I.V. Angenommen, es gilt
n ≥ 2.
Qn
k=1 (1
+ ak ) > 1 +
Qn
k=1 ak
für ein beliebiges aber festes
I.S.
n+1
Y
n
Y
(1 + ak ) =
k=1
(1 + ak ) · (1 + an+1 )
k=1
I.V.
>
1+
n
Y
!
ak
· (1 + an+1 )
k=1
=1+
n
Y
ak + an+1 +
k=1
|
n+1
Y
k=1
{z
>0
ak > 1 +
n+1
Y
ak
k=1
}
534 / 1411
Quizfrage
Seien A1 , . . . , An beliebige Mengen. Wie kann folgender Satz mit vollständiger
Induktion bewiesen werden?
Für alle n ∈ N gilt:
n
[
k=1
Ak =
n
\
Ak .
k=1
Hinweise:
I
Der Fall n = 2 entspricht genau der Regel von De Morgan: A ∪ B = A ∩ B. Diese
darf als bewiesen angenommen und im Beweis benutzt werden.
I
Der Ausdruck nk=1 Ak ist zwar weder eine Summe noch ein Produkt, aber das
Prinzip lässt sich hier auch anwenden ;-)
S
535 / 1411
Antwort
Beweis: Sei A1 , A2 , . . . eine Folge beliebiger Mengen.
I.A. Für n = 1: n ∈ N:
I.V. Angenommen, es
S1
k=1 Ak = A1
S
gilt nk=1 Ak =
=
T1
Tn
k=1 Ak .
k=1 Ak
X
für ein beliebiges, aber festes n ∈ N.
I.S.
n+1
[
k=0
Ak =
n
[
k=0
(∗)
Ak ∪ An+1 =
n
[
I.V.
Ak ∩ An+1 =
k=0
Bei (∗) wurde die Regel von De Morgan benutzt.
n
\
k=0
Ak ∩ An+1 =
n+1
\
Ak .
k=0
2
536 / 1411
Rekursionsgleichungen
Sei f : N0 → R eine beliebige Funktion und n ∈ N0 . Eine Rekursionsgleichung vom
Grad d ist eine Gleichung, die den Funktionswert f (n + 1) in Abhängigkeit von
f (n), f (n − 1), . . . , f (n − d + 1) darstellt. Gibt man zu einer solchen
Rekursionsgleichung auch die sogenannten Anfangsbedingungen
f (0), f (1), . . . , f (d − 1) mit an, so wird f eindeutig definiert.
537 / 1411
Beispiel
Die Funktion f (n) = n2 kann durch die Rekursionsgleichung
f (n + 1) = 3f (n) − 3f (n − 1) + f (n − 2)
vom Grad 3 mit Anfangsbedingungen f (0) = 0, f (1) = 1 und f (2) = 4 definiert
werden.
Es gilt f (0) = 0, f (1) = 1, f (2) = 4 und:
f (3)
f (4)
f (5)
f (6)
f (7)
f (8)
=
=
=
=
=
=
..
.
3f (2) − 3f (1) + f (0)
3f (3) − 3f (2) + f (1)
3f (4) − 3f (3) + f (2)
3f (5) − 3f (4) + f (3)
3f (6) − 3f (5) + f (4)
3f (7) − 3f (6) + f (5)
=
=
=
=
=
=
9
16
25
36
49
64
538 / 1411
Rezept
Frage: Sei f : N0 → R eine Funktion. Wie beweist man, zu einer gegeben
Rekursionsgleichung von Grad d für f mit Anfangsbedingungen
f (0), f (1), . . . , f (d − 1), eine Aussage A(n) über f (n)?
Methode:
I.A. A(n) für n = 0, . . . , d − 1 mithilfe der Anfangsbedingungen überprüfen.
I.V. „Angenommen, es gelten A(n), A(n − 1), . . . , A(n − d + 1) für ein beliebiges, aber
festes n ≥ d − 1.“
I.S. Mithilfe der Rekursionsgleichung f (n + 1) auf f (n), f (n − 1), . . . , f (n − d + 1)
zurückführen und die I.V. auf sie alle anwenden.
539 / 1411
Info
Der entstehende Domino-Effekt bei solchen Beweisen ist:
A(0), . . . , A(d − 1)
A(0),...,A(d−1)
=⇒
A(1),...,A(d)
=⇒
A(2),...,A(d+1)
=⇒
A(3),...,A(d+2)
=⇒
A(4),...,A(d+3)
=⇒
..
.
A(d)
A(d + 1)
A(d + 2)
A(d + 3)
A(d + 4)
540 / 1411
Beispiel
Satz:
Sei f : N0 → N0 eine Funktion mit f (0) = 0 und
f (n + 1) = f (n) + 2n + 1
für alle n ≥ 0. Dann gilt für alle n ∈ N0 : f (n) = n2 .
Der Grad dieser Rekursionsgleichung ist 1.
Beweis:
I.A. Für n = 0: f (0) = 0 = 02 . X
I.V. Angenommen, es gilt f (n) = n2 für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 .
I.S.
I.V.
f (n + 1) = f (n) + 2n + 1 = n2 + 2n + 1 = (n + 1)2 .
2
541 / 1411
Noch ein Beispiel
Satz:
Sei f : N0 → N0 eine Funktion mit f (0) = 1, f (1) = 3, f (2) = 5 und
f (n + 1) = 3f (n) − 3f (n − 1) + f (n − 2)
für alle n ≥ 3. Dann gilt für alle n ∈ N0 : f (n) = 2n + 1.
Der Grad dieser Rekursionsgleichung ist 3.
542 / 1411
Beweis:
I.A.
n = 0 : f (0) = 2 · 0 + 1 = 1 X
n = 1 : f (1) = 2 · 1 + 1 = 3 X
n = 2 : f (2) = 2 · 2 + 1 = 5 X
I.V. Angenommen, es gelten die Gleichungen
f (n) = 2n + 1, f (n − 1) = 2(n − 1) + 1, f (n − 2) = 2(n − 2) + 1
für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 mit n ≥ 3.
I.S.
f (n + 1) = 3f (n) − 3f (n − 1) + f (n − 2)
I.V.
= 3(2n + 1) − 3(2(n − 1) + 1) + (2(n − 2) + 1) = 2n + 3 = 2(n + 1) + 1.
2/ 1411
543
Ein letztes Beispiel
Satz:
Sei f : N0 → N0 eine Funktion mit f (0) = 0, f (1) = 4 und
f (n + 1) = 2f (n) + 3f (n − 1)
für alle n ≥ 2. Dann ist f (n) für alle n ∈ N0 gerade.
Der Grad dieser Rekursionsgleichung ist 2.
544 / 1411
Beweis:
I.A.
n = 0 : f (0) = 0 ist gerade X
n = 1 : f (1) = 4 ist gerade X
I.V. Angenommen, f (n) und f (n − 1) sind für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 mit
n ≥ 2 beide gerade.
I.S. Weil f (n) und f (n − 1) laut I.V. gerade sind, sind auch 2f (n) und 3f (n − 1)
gerade. Daraus folgt, dass f (n + 1) = 2f (n) + 3f (n − 1) ebenfalls gerade ist, da
die Summe von geraden Zahlen wieder gerade ist.
2
545 / 1411
Quizfrage
Sei f : N0 → N0 eine Funktion mit f (0) = 0, f (1) = 2 und
f (n + 1) = 3f (n) − 2f (n − 1)
für alle n ≥ 1.
Wie kann man mit vollständiger Induktion beweisen, dass f (n) = 2n+1 − 2 für alle
n ∈ N0 gilt?
Hinweis: Die Rekursionsgleichung hat Grad 2.
546 / 1411
Antwort
Beweis:
I.A.
n = 0 : f (0) = 21 − 2 = 2 − 2 = 0 X
n = 1 : f (1) = 22 − 2 = 4 − 2 = 2 X
I.V. Angenommen, es gelten die Gleichungen
f (n) = 2n+1 − 2 und f (n − 1) = 2n − 2
für ein beliebiges, aber festes n ≥ 1.
I.S.
I.V.
f (n + 1) = 3f (n) − 2f (n − 1) = 3(2n+1 − 2) − 2(2n − 2)
= 3 · 2n+1 − 6 − 2 · 2n + 4 = 3 · 2n+1 − 2n+1 − 2
= (3 − 1)2n+1 − 2 = 2 · 2n+1 − 2 = 2n+2 − 2
2
547 / 1411
Quizfrage
Ein Gartenzaun besteht aus n nebeneinander stehenden Pfählen. Jeder Pfahl soll mit
einer der Farben gelb, rot und blau so gestrichen werden, dass die Anzahl an blauen
Pfählen gerade ist. Sei f (n) die Anzahl an Farbkombinationen bei n Pfählen.
1. Wieso gilt f (n + 1) = f (n) + 3n mit f (1) = 2?
2. Wie kann man mit vollständiger Induktion die Gleichung f (n) =
n ∈ N zeigen?
3n +1
2
für alle
Hinweise zu 1.:
I
Stell f (n + 1) zunächst in Abhängigkeit von f (n) dar.
I
Für n Pfähle gibt es insgesamt 3n Farbkombinationen. Bei f (n) davon ist die
Anzahl an blauen Pfählen gerade, bei 3n − f (n) ungerade.
548 / 1411
Antwort
1. Möchte man n + 1 Pfähle farbig streichen, so muss man für den (n + 1)-ten Pfahl
folgende drei Fälle betrachten:
(?, ?, . . . , ?, g)
|
{z
}
blau gerade
(?, ?, . . . , ?, r )
|
{z
}
blau gerade
( ?, ?, . . . , ? , b).
|
{z
}
blau ungerade
Für die ersten zwei Fälle gibt es jeweils f (n) Möglichkeiten, für den dritten sind es
3n − f (n). Wir erhalten also die Formel
f (n + 1) = f (n) + f (n) + 3n − f (n).
Es folgt f (n + 1) = f (n) + 3n mit f (1) = 2.
549 / 1411
2. Beweis:
I.A. Für n = 1: f (1) = 2 =
31 +1
2 .
I.V. Angenommen, es gilt f (n) =
X
3n +1
2
für ein beliebiges aber festes n ∈ N.
I.S.
I.V.
f (n + 1) = f (n) + 3n =
3n + 1
3n + 1 + 2 · 3n
3 · 3n + 1
3n+1 + 1
+ 3n =
=
=
.
2
2
2
2
2
550 / 1411
Rezept
Frage: Gegeben sei eine Zahl x ∈ Z und eine Funktion f : N0 → Z. Wie beweist man
eine Aussage A(n) der Form „f (n) ist für alle n ∈ N0 durch x teilbar“?
Methode: Für beliebige x , y ∈ Z gilt:
x |y
:⇐⇒ ∃k ∈ Z : y = k · x
(s. Folie 150).
I.A. 0 für n einsetzen und die Aussage x | f (0) überprüfen.
I.V. „Angenommen, es gilt x | f (n) für ein beliebiges, aber festes n ≥ 0, d.h. es gibt
ein k ∈ Z mit f (n) = k · x .“
I.S. Den Ausdruck f (n + 1) auf f (n) zurückführen und die I.V. auf f (n) anwenden.
551 / 1411
Beispiel
Satz:
Für alle n ∈ N0 gilt: 3 | n3 + 2n.
552 / 1411
Beweis:
I.A. Für n = 0: Es gilt 03 + 2 · 0 = 0 und 3 | 0. X
I.V. Angenommen, es gibt für ein beliebiges aber festes n ∈ N0
ein k ∈ Z mit n3 + 2n = k · 3.
I.S.
(n + 1)3 + 2(n + 1) = n3 + 3n2 + 3n + 1 + 2n + 2
= n3 + 2n + (n2 + n + 1) · 3
I.V.
= k · 3 + (n2 + n + 1) · 3
= (k + n2 + n + 1) · 3
Es gibt also ein k 0 ∈ Z mit (n + 1)3 + 2(n + 1) = k 0 · 3, nämlich
k 0 = k + n2 + n + 1.
2
553 / 1411
Noch ein Beispiel
Satz:
Für alle n ∈ N0 gilt: 5 | (−2)n + 4 · 3n .
554 / 1411
Beweis:
I.A. Für n = 0: Es gilt (−2)0 + 4 · 30 = 1 + 4 · 1 = 5 und 5 | 5. X
I.V. Angenommen, es gibt für ein beliebiges aber festes n ∈ N0
ein k ∈ Z mit (−2)n + 4 · 3n = k · 5.
I.S.
(−2)n+1 + 4 · 3n+1 = −2 · (−2)n + 3 · 4 · 3n
= (−5 + 3) · (−2)n + 3 · 4 · 3n
= −5 · (−2)n + 3 · (−2)n + 3 · 4 · 3n
= −5 · (−2)n + 3 · ((−2)n + 4 · 3n )
I.V.
= −5 · (−2)n + 3 · k · 5
= (−1 · (−2)n + 3 · k) · 5
Es gibt also ein k 0 ∈ Z mit (−2)n+1 + 4 · 3n+1 = k 0 · 5, nämlich
k 0 = −1 · (−2)n + 3 · k.
2
555 / 1411
Letztes Beispiel
Satz:
Für alle n ∈ N0 gilt: 19 | 5 · 23n+1 + 33n+2 .
556 / 1411
Beweis:
I.A. Für n = 0: Es gilt 5 · 23·0+1 + 33·0+2 = 5 · 2 + 32 = 19 und 19 | 19. X
I.V. Angenommen, es gibt für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 ein k ∈ Z mit
3n+1 + 33n+2 = k · 19.
I.S. 5 · 2
5 · 23(n+1)+1 + 33(n+1)+2 = 8 · 5 · 23n+1 + 27 · 33n+2
= (−19 + 27) · 5 · 23n+1 + 27 · 33n+2
= −19 · 5 · 23n+1 + 27 · 5 · 23n+1 + 27 · 33n+2
= −19 · 5 · 23n+1 + 27 · (5 · 23n+1 + 33n+2 )
I.V
= −19 · 5 · 23n+1 + 27 · k · 19
= (−5 · 23n+1 + 27 · k) · 19
Es gibt also ein k 0 ∈ Z mit 5 · 23(n+1)+1 + 33(n+1)+2 = k 0 · 19, nämlich
k 0 = −5 · 23n+1 + 27 · k.
2
557 / 1411
Quizfrage
Wie kann man mit vollständiger Induktion zeigen, dass 5n − 2n für alle n ∈ N0 durch 3
teilbar ist?
558 / 1411
Antwort
Beweis:
I.A. Für n = 0: Es gilt 50 − 20 = 1 − 1 = 0 und 3 | 0. X
I.V. Angenommen, es gibt für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 ein k ∈ Z mit
5n − 2n = k · 3.
I.S.
5n+1 − 2n+1 = 5 · 5n − 2 · 2n
= (3 + 2) · 5n − 2 · 2n
= 3 · 5n + 2 · 5n − 2 · 2n
= 3 · 5n + 2 · (5n − 2n )
I.V.
= 3 · 5n + 2 · k · 3
= (5n + 2 · k) · 3
Es gibt also ein k 0 ∈ Z mit 5n+1 − 2n+1 = k 0 · 3, nämlich 5n + 2 · k.
2
559 / 1411
Info
Noch nicht genug gehabt? Noch durstig nach Induktionsaufgaben? Versuchts doch
hiermit:
http://www.emath.de/Referate/induktion-aufgaben-loesungen.pdf
Themengebiete A-E sind für uns interessant.
560 / 1411
Starke Induktion
Die starke Induktion funktioniert analog zur vollständigen Induktion mit dem
Unterschied, dass der Induktionsschritt die Gestalt
∀n ≥ n0 : (A(n0 ), . . . , A(n)) =⇒ A(n + 1)
hat. D.h. man hat eine Menge {A(n0 ), . . . , A(n)} von Annahmen zur Verfügung, von
denen man beliebig viele benutzen darf.
Die vollständige Induktion ist ein Spezialfall der starken Induktion.
Info
Starke Induktion ist ein super spannendes Thema, aber leider für DS nicht relevant ;-)
561 / 1411
Beispiel
Satz:
Sei f : N0 → N0 eine Funktion mit f (0) = 1 und f (n + 1) = 1 +
Dann gilt für alle n ∈ N0 : f (n) = 2n .
Pn
k=0 f (k).
Beweis:
I.A. Für n = 0: f (0) = 1 = 20 . X
I.V. Angenommen, es gilt für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 die Gleichung
f (k) = 2k für alle k = 0, . . . , n, d.h.:
f (0) = 1, f (1) = 2, f (2) = 4, . . . , f (n) = 2n .
I.S.
f (n + 1) = 1 +
n
X
k=0
(∗) siehe Folie 520.
I.V.
f (k) = 1 +
n
X
(∗)
2k = 1 + (2n+1 − 1) = 2n+1
k=0
2
562 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
2.7.1. Wichtige Begriffe
2.7.2. Beweisrezepte
2.7.3. Rechenregeln
563 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
2.7.1. Wichtige Begriffe
2.7.2. Beweisrezepte
2.7.3. Rechenregeln
564 / 1411
Funktionen auf der Überholspur
Der Ausdruck
∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : f (n) > g(n)
bedeutet für Funktionen f , g : N → R, dass f (n) an einer bestimmten Stelle die
Funktion g(n) überholt und ab dann immer größer ist. Analog für ≤, < und ≥.
Beispiel
f (n) überholt g(n):
R
n0
rot: f (n), blau: g(n).
N
565 / 1411
Info
Es gibt auch Funktionen f und g bei denen keine die andere überholt. Dies passiert
z.B. bei Funktionen die „hin- und herschwingen“. Solche Funktionen sind typischerweise
f (n) = (−1)n ,
f (n) = sin(n),
f (n) = cos(n)
oder Funktionen, die etwa so definiert sein könnten:
(
f (n) =
. . . , falls n gerade
.
. . . , falls n ungerade
566 / 1411
Beispiel
f (n) und g(n) überholen sich gegenseitig nicht:
R
N
rot: f (n), blau: g(n).
567 / 1411
Konstante Faktoren
Sei c ∈ R+ . Die Kurve von c · g(n) ist nichts anderes als die von g(n), aber senkrecht
gestreckt (falls c > 1) bzw. gestaucht (falls c < 1).
Beispiel
R
c = 1, 5
c = 1, 25
c=1
c = 0, 75
c = 0, 5
N
blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+ .
Info
R+ = {x ∈ R | x > 0} ist die Menge aller positiven reellen Zahlen.
568 / 1411
Klein-O
Seien f , g : N → R beliebige Funktionen. Dann gilt:
f ∈ o(g) :⇐⇒ ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| < c · g(n) .
Wir sagen „f wächst langsamer als g“ und schreiben oft auch f ≺ g.
Intuition
o(g) enthält alle Funktionen f , die für alle c ∈ R+ von c · g(n) überholt werden.
c · g(n) überholt f (n)
∞
c:
0
569 / 1411
Beispiel
Für folgende Funktionen gilt: f ∈ o(g).
R
N
rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+
570 / 1411
Klein-Omega
Seien f , g : N → R beliebige Funktionen. Dann gilt:
f ∈ ω(g) :⇐⇒ ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| > c · g(n) .
Wir sagen „f wächst schneller als g“ und schreiben oft auch f g.
Intuition
ω(g) enthält alle Funktionen f , die für alle c ∈ R+ die Funktion c · g(n) überholen.
f (n) überholt c · g(n)
∞
c:
0
571 / 1411
Beispiel
Für folgende Funktionen gilt: f ∈ ω(g).
R
N
rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+
572 / 1411
Groß-O
Seien f , g : N → R beliebige Funktionen. Dann gilt:
f ∈ O(g) :⇐⇒ ∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| ≤ c · g(n) .
Wir sagen „f wächst nicht schneller als g“ und schreiben oft auch f g.
Intuition
O(g) enthält alle Funktionen f , die für einige c ∈ R+ von c · g(n) überholt werden.
egal
c · g(n) überholt f (n)
∞
c:
0
573 / 1411
Beispiel
Für folgende Funktionen gilt: f ∈ O(g).
R
N
rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+
574 / 1411
Groß-Omega
Seien f , g : N → R beliebige Funktionen. Dann gilt:
f ∈ Ω(g) :⇐⇒ ∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| ≥ c · g(n) .
Wir sagen „f wächst nicht langsamer als g“ und schreiben oft auch f g.
Intuition
Ω(g) enthält alle Funktionen f , die für einige c ∈ R+ die Funktion c · g(n) überholen.
f (n) überholt c · g(n)
egal
∞
c:
0
575 / 1411
Beispiel
Für folgende Funktionen gilt: f ∈ Ω(g).
R
N
rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+
576 / 1411
Theta
Seien f , g : N → R beliebige Funktionen. Dann gilt:
f ∈ Θ(g) :⇐⇒ f ∈ O(g) und f ∈ Ω(g) .
Wir sagen „f wächst so schnell wie g“ und schreiben oft auch f ∼ g.
Intuition
Θ(g) enthält alle Funktionen, die c · g(n) für einige c ∈ R+ überholen und für andere
c ∈ R+ von c · g(n) überholt werden.
f (n) überholt c · g(n)
egal
c · g(n) überholt f (n)
∞
c:
0
577 / 1411
Beispiel
Für folgende Funktionen gilt: f ∈ Θ(g).
R
N
rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+
578 / 1411
Infos
I
Statt f und g schreiben wir öfter die Ausdrücke f (n) und g(n), z.B. in
√
n2 ∈ ω( n).
I
Es kann auch passieren, dass zwei Funktionen f (n) und g(n) nicht vergleichbar
sind!
I
Statt
f ∈ o(g), f ∈ ω(g), f ∈ O(g), f ∈ Ω(g), f ∈ Θ(g)
schreibt man leider auch
f = o(g), f = ω(g), f = O(g), f = Ω(g), f = Θ(g),
obwohl die zweite Variante formal keinen Sinn macht.
579 / 1411
Beispiel
Folgende Funktionen sind nicht vergleichbar.
R
N
rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+
D.h. keine Funktion überholt für kein c ∈ R+ die andere.
580 / 1411
Quizfrage
≺, , , und ∼ sind homogene Relationen über Funktionen. Welche Eigenschaften
besitzen sie?
Hinweis: Die Eigenschaften für diese Relationen zu beweisen kann sehr nervig sein.
Versuch die Frage mit Bauchgefühl zu beantworten ;-)
581 / 1411
Antwort
I
≺ und sind antisymmetrisch, asymmetrisch und transitiv.
I
und sind reflexiv und transitiv.
I
∼ ist reflexiv, symmetrisch und transitiv, also eine Äquivalenzrelation
582 / 1411
Quizfragen
Seien f , g : N → R beliebige Funktionen.
1. Welche der folgenden Äquivalenzen sind richtig?
f
f
f
f
f
f
f
∈ o(g)
∈ ω(g)
∈ O(g)
∈ Ω(g)
∈ o(|g|)
∈ O(|g|)
∈ Θ(|g|)
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
f
f
f
f
g
g
g
∈ O(g),
∈ Ω(g),
∈ Θ(g),
∈ Θ(g),
∈ ω(|f |),
∈ Ω(|f |),
∈ Θ(|f |).
Ersetze bei falschen Aussagen das Symbol „⇐⇒“ durch „=⇒“ oder „⇐=“.
2. Kann gleichzeitig f ∈ o(g) und f ∈ Ω(g) gelten?
3. Kann gleichzeitig f ∈ ω(g) und f ∈ O(g) gelten?
583 / 1411
Antworten
1.
f
f
f
f
f
f
f
∈ o(g)
∈ ω(g)
∈ O(g)
∈ Ω(g)
∈ o(|g|)
∈ O(|g|)
∈ Θ(|g|)
=⇒
=⇒
⇐=
⇐=
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
f
f
f
f
g
g
g
∈ O(g),
∈ Ω(g),
∈ Θ(g),
∈ Θ(g),
∈ ω(|f |),
∈ Ω(|f |),
∈ Θ(|f |).
584 / 1411
2. Nö! Wir wissen:
f ∈ o(g) ⇐⇒ ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| < c · g(n)
f ∈ Ω(g) ⇐⇒ ∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| ≥ c · g(n)
f (n) kann nicht für alle c ∈ R+ von c · g(n) überholt werden und gleichzeitig
c · g(n) für einige c ∈ R+ überholen.
3. Genauso nö wie 2. Wir wissen:
f ∈ ω(g) ⇐⇒ ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| > c · g(n)
f ∈ O(g) ⇐⇒ ∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| ≤ c · g(n)
f (n) kann nicht c · g(n) für alle c ∈ R+ überholen und gleichzeitig für einige
c ∈ R+ von c · g(n) überholt werden.
585 / 1411
Info
Viele Ergebnisse der letzten Quizfragen kann man an folgendem Euler-Diagramm
erkennen:
o(g)
Θ(g)
ω(g)
„langsamer“
„gleich schnell“
„schneller“
O(g)
Ω(g)
„nicht schneller“
„nicht langsamer“
586 / 1411
Quizfrage
Seien f1 , . . . , f6 : N → R Funktionen mit:
f1 (n) = n
(
n, falls n gerade
n2 , sonst
(
n2 , falls n gerade
n3 , sonst
(
n, falls n gerade
n3 , sonst
f4 (n) =
f2 (n) = n
2
f3 (n) = n
3
f5 (n) =
f6 (n) =
Wie sieht das Euler-Diagramm über dem Universum {f1 , . . . , f6 } mit den Mengen
o(n2 )
ω(n2 )
O(n2 )
Ω(n2 )
Θ(n2 )
aus?
587 / 1411
Antwort
f6
o(n2 )
Θ(n2 )
ω(n2 )
f1
f2
f3
f4
O(n2 )
f5
Ω(n2 )
588 / 1411
Überblick
Hier sind nochmal alle fünf Definitionen:
f
f
f
f
f
∈ o(g)
∈ ω(g)
∈ O(g)
∈ Ω(g)
∈ Θ(g)
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0
∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0
∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0
∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0
f ∈ O(g) und f ∈ Ω(g)
: |f (n)| < c
: |f (n)| > c
: |f (n)| ≤ c
: |f (n)| ≥ c
· g(n)
· g(n)
· g(n)
· g(n)
: |f (n)| ≥ c
: |f (n)| ≤ c
: |f (n)| > c
: |f (n)| < c
· g(n)
· g(n)
· g(n)
· g(n)
Und ihre entsprechenden Negationen:
f
f
f
f
f
∈
/ o(g)
∈
/ ω(g)
∈
/ O(g)
∈
/ Ω(g)
∈
/ Θ(g)
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
∃c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0
∃c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0
∀c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0
∀c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0
f ∈
/ O(g) oder f ∈
/ Ω(g)
589 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
2.7.1. Wichtige Begriffe
2.7.2. Beweisrezepte
2.7.3. Rechenregeln
590 / 1411
Rezept
Frage: Wie zeigt man, dass zwei gegebene Funktionen f und g in einer gegebenen
Beziehung zueinander stehen? (z.B. f ∈ o(g) oder f ∈
/ Ω(g))
Methode:
1. Betrachte die Aussage, die bewiesen werden muss. Diese hat folgende Form:
Q1 c ∈ R+ : Q2 n0 ∈ N : Q3 n ≥ n0 : |f (n)| R c · g(n),
wobei R ∈ {<, >, ≤, ≥} ein Vergleichsoperator und Q1 , Q2 , Q3 ∈ {∃, ∀}
Quantoren sind.
2. Finde einen konkreten Wert für jede Variable neben einem Existenzquantor ∃, in
Abhängigkeit von allen Variablen links von ihr, die neben einem Allquantor ∀
stehen.
3. Die gewählten Werte sollen die Ungleichung |f (n)| R c · g(n) erfüllen.
591 / 1411
Erstes Beispiel
Es soll 6n2 ∈ o(2n3 ) gezeigt werden, also:
∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |6n2 | < c · 2n3 ).
Gesucht ist ein n0 ∈ N in Abhängigkeit von einem beliebigen c ∈ R+ , so dass die
Aussage in den Klammern erfüllt ist.
Lösen der Ungleichung nach n ergibt:
|6n2 | < c · 2n3 ⇐⇒ 6n2 < c · 2n3 ⇐⇒
Für n0 :=
l
3
c
3
3
< n ⇐= + 1 ≤ n.
c
c
m
+ 1 gilt dann:
n ≥ n0 =⇒ |6n2 | < c · 2n3 .
2
592 / 1411
Info
In dem Beispiel haben wir c3 + 1 mit Gauß-Klammern d. . .e aufgerundet, weil
nicht für jedes c ∈ R+ eine natürliche Zahl ist.
3
c
+1
593 / 1411
Zweites Beispiel
Es soll 4n3 ∈ ω(8n2 ) gezeigt werden, also:
∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |4n3 | > c · 8n2 ).
Gesucht ist ein n0 ∈ N in Abhängigkeit von einem beliebigen c ∈ R+ , so dass die
Aussage in den Klammern erfüllt ist.
Lösen der Ungleichung nach n ergibt:
|4n3 | > c · 8n2 ⇐⇒ 4n3 > c · 8n2 ⇐⇒ n > 2c ⇐= n ≥ 2c + 1.
Für n0 := d2c + 1e gilt dann:
n ≥ n0 =⇒ |4n3 | > c · 8n2 .
2
594 / 1411
Drittes Beispiel
Es soll n2 +
1
10
∈ O(n3 + 1) gezeigt werden, also:
1
∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : n2 + ≤ c · (n3 + 1).
10
Wähle z.B. c :=
1
10 .
Lösen der Ungleichung nach n ergibt:
2
n + 1 ≤ 1 · (n3 + 1) ⇐⇒ n2 + 1 ≤ 1 n3 + 1 ⇐⇒ n2 ≤ 1 n3 ⇐⇒ 10 ≤ n.
10 10
10
10
10
10
Für n0 := 10 gilt dann:
2
1 n ≥ n0 =⇒ n + ≤ c · (n3 + 1).
10
2
595 / 1411
Viertes Beispiel Es soll n2 + 1 ∈ Ω n +
1
5
gezeigt werden, also:
1
.
∃c ∈ R : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |n + 1| ≥ c · n +
5
+
2
Wähle z.B. c := 5.
Lösen der Ungleichung nach n ergibt:
1
|n + 1| ≥ 5 · n +
5
2
⇐⇒ n2 + 1 ≥ 5n + 1 ⇐⇒ n2 ≥ 5n ⇐⇒ n ≥ 5.
Für n0 := 5 gilt dann:
1
n ≥ n0 =⇒ |n + 1| ≥ c · n −
.
5
2
2
596 / 1411
Fünftes Beispiel
Es soll 3n3 ∈
/ o(n2 ) gezeigt werden, also:
∃c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 : |3n3 | ≥ c · n2 .
Wähle z.B. c := 3.
Lösen der Ungleichung nach n ergibt:
|3n3 | ≥ 3 · n2 ⇐⇒ 3n3 ≥ 3n2 ⇐⇒ n ≥ 1.
Nun soll ein n ∈ N in Abhängigkeit von n0 ∈ N gewählt werden, so dass n ≥ n0 und
n ≥ 1 gelten, z.B.
n := max{n0 , 1}.
2
597 / 1411
Sechstes Beispiel
Es soll 2n ∈
/ ω(nn ) gezeigt werden, also:
∃c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 : |2n | ≤ c · nn .
Wähle z.B. c := 1.
Lösen der Ungleichung nach n ergibt:
|2n | ≤ 1 · nn ⇐⇒ 2n ≤ nn ⇐⇒ ln(2n ) ≤ ln(nn ) ⇐⇒ n ln 2 ≤ n ln n ⇐⇒ 2 ≤ n.
Nun soll ein n ∈ N in Abhängigkeit von n0 ∈ N gewählt werden, so dass n ≥ n0 und
n ≥ 2 gelten, z.B.
n := dmax{n0 , 2}e .
2
598 / 1411
Siebtes Beispiel
Es soll 5n2 ∈
/ O(n) gezeigt werden, also:
∀c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 : |5n2 | > c · n.
Lösen der Ungleichung nach n ergibt:
|5n2 | > c · n ⇐⇒ 5n2 > c · n ⇐⇒ n >
c
c
⇐= n ≥ + 1.
5
5
Nun soll ein n ∈ N in Abhängigkeit von c ∈ R+ und n0 ∈ N gewählt werden, so dass
n ≥ n0 und n ≥ c5 + 1 gelten, z.B.
c
n := max n0 , + 1
5
.
2
599 / 1411
Achtes Beispiel
Es soll n ∈
/ Ω(3n2 ) gezeigt werden, also:
∀c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 : |n| < c · 3n2 .
Lösen der Ungleichung nach n ergibt:
|n| < c · 3n2 ⇐⇒ n < 3cn2 ⇐⇒
1
1
< n ⇐=
+1≤n
3c
3c
Nun soll ein n ∈ N in Abhängigkeit von c ∈ R+ und n0 ∈ N gewählt werden, so dass
1
n ≥ n0 und n ≥ 3c
+ 1 gelten, z.B.
n := max n0 ,
1
+1
3c
.
2
600 / 1411
Themenübersicht
2. Grundlagen
2.1. Mengen
2.2. Relationen und Abbildungen
2.3. Aussagenlogik I
2.4. Aussagenlogik II
2.5. Prädikatenlogik
2.6. Beweismethoden
2.7. Wachstum von Funktionen
2.7.1. Wichtige Begriffe
2.7.2. Beweisrezepte
2.7.3. Rechenregeln
601 / 1411
Rechenregeln
Falls limn→∞
|f (n)|
g(n)
existiert und g(n) ab einem bestimmten n positiv ist, dann gilt:
f ∈ o(g)
⇐⇒ limn→∞
f ∈ ω(g)
⇐⇒ limn→∞
f ∈ O(g) ⇐⇒ limn→∞
f ∈ Ω(g)
⇐⇒ limn→∞
f ∈ Θ(g) ⇐⇒ limn→∞
|f (n)|
g(n)
|f (n)|
g(n)
|f (n)|
g(n)
|f (n)|
g(n)
|f (n)|
g(n)
= 0,
= ∞,
< ∞,
> 0,
=c
mit 0 < c < ∞.
Außerdem gilt für alle k > 1:
n! ∈ O(nn ), 2n ∈ O 22n , n! ∈ Ω
n n
,
e
n! ∈ O
n·
n n
,
e
Pk
i=0 ai n
i
∈ O(nk ),
1 ≺ log2 log2 n ≺ log2 n ≺ (log2 n)k ≺ n1/k ≺ n ≺ n log2 n ≺ nk ≺ k n ≺ n! ≺ nn .
602 / 1411
Hierarchie
Hier ist eine schönere Darstellung der Hierarchie auf der letzten Folie:
1 ≺ log log n ≺ (log log n)2 ≺ (log log n)3 ≺ . . . ≺ log n ≺ (log n)2 ≺ (log n)3 ≺ . . . ≺ n ≺ n2 ≺ n3 ≺ . . . ≺ 2n ≺ 3n ≺ 4n ≺ . . . ≺ n! ≺ nn
Bitte schaut euch die Infos auf der nächsten Folie an.
603 / 1411
Infos zur Hierarchie
I
Erinnerungen: f ≺ g heißt f ∈ o(g) und f ∼ g heißt f ∈ Θ(g).
I
Ich habe immer „log“ statt „logb “ für eine bestimmte Basis b geschrieben, weil alle
Logarithmen, unabhängig von der Basis, gleich schnell wachsen, z.B.:
log2 n ∼ log3 n
I
Möchte man zwei Funktionen der Form
Regeln:
f (n) ≺ g(n) ⇐⇒
I
und
1
g(n)
≺
1
...
1
f (n)
log2 log3 n ∼ log4 log5 n
miteinander vergleichen, so benutzt man die
und f (n) ∼ g(n) ⇐⇒
1
f (n)
∼
1
g(n)
Multipliziert man eine Funktion mit einer positiven Konstante, so wird sie dadurch weder
schneller noch langsamer, z.B.:
1 2
42 n
∼ n2 ∼ 42n2
604 / 1411
Quizfrage
In welcher Beziehung stehen folgende Funktionen zueinander?
√
√
ln n n 2n ln n
n log2 n
ln n
n
2n
√
ln n
√
n
log2 n
Trage in die Zeile von f (n) und Spalte von g(n) ein o, ω bzw. Θ ein, falls f ∈ o(g),
f ∈ ω(g) bzw. f ∈ Θ(g) gilt.
605 / 1411
Antwort
ln n
n
2n
√
ln n
√
n
log2 n
ln n
Θ
ω
ω
Θ
ω
Θ
n
o
Θ
Θ
o
o
o
2n
o
Θ
Θ
o
o
o
√
ln n
Θ
ω
ω
Θ
ω
Θ
√
n
o
ω
ω
o
Θ
o
log2 n
Θ
ω
ω
Θ
ω
Θ
606 / 1411
Quizfrage
In welcher Beziehung stehen folgende Funktionen zueinander?
√
n ln n n2 2n n n 3n 5n2
n ln n
n2
2n
√
n n
3n
5n2
Trage in die Zeile von f (n) und Spalte von g(n) ein o, ω bzw. Θ ein, falls f ∈ o(g),
f ∈ ω(g) bzw. f ∈ Θ(g) gilt.
607 / 1411
Antwort
n ln n
n2
2n
√
n n
3n
5n2
n ln n
Θ
ω
ω
ω
ω
ω
n2
o
Θ
ω
o
ω
Θ
2n
o
o
Θ
o
ω
o
√
n n
o
ω
ω
Θ
ω
ω
3n
o
o
o
o
Θ
o
5n2
o
Θ
ω
o
ω
Θ
608 / 1411
Die Stirling’sche Formel
Es gilt:
n! =
√
2πn ·
n n
e
Das heißt insbesondere:
lim √
n→∞
1
1
· 1+
+O
12n
n2
n!
2πn ·
n n
e
=1
Info
Der Teil „+O
Funktion aus O
1
n2
“ bedeutet nichts anderes als „+f (n)“ mit f eine bestimmte
1
n2
.
609 / 1411
Weil in diesem Thema viele Rechnungen mit Logarithmen, Potenzen und Wurzeln
vorkommen, gibt es hier eine Auffrischung aller Rechenregeln aus der Schule :-)
610 / 1411
Logarithmen, Potenzen, Wurzeln
Seien a, b, c beliebige reelle Zahlen mit a 6= 0, b, c > 0, b, c 6= 1. Dann sind folgende
drei Aussagen zueinander äquivalent:
√
logc b = a ⇐⇒ c a = b ⇐⇒ a b = c
Beispiele
log2 8 = 3
log3 19
= −2
⇐⇒
log 1 81 = −4 ⇐⇒
3
log 1
4
1
16
=2
23 = 8
⇐⇒
⇐⇒
3−2
=
−4
1
3
2
1
4
1
9
⇐⇒
⇐⇒
= 81 ⇐⇒
=
1
16
⇐⇒
√
3
q8 = 2
−2
√
−4
q
2
1
9
=3
81 =
1
16
=
1
3
1
4
611 / 1411
Info
Für Logarithmen gibt es folgende spezielle Basen:
lg n = log10 n,
ln n = loge n,
ld n = log2 n.
In der Schule wird log n als log10 n definiert. In der Uni kann log n entweder ln n
bedeuten oder logb n für irgendein b, was nicht relevant ist.
612 / 1411
Logarithmusregeln
Für Logarithmen gibt es folgende Rechenregeln:
logc b
logc a
loga (n · m) = loga n + loga m
n
loga
= loga n − loga m
m
loga nm = m · loga n
1
logab n = · loga n
b
loga b =
Mit folgenden Spezialfällen:
loga 1 = 0, loga a = 1, loga an = n, loga
√
n
a = n1 .
613 / 1411
Potenzregeln
Für Potenzen gibt es folgende Rechenregeln:
an · am = an+m
an
= an−m
am
(an )m = an·m
1
a−n = n
a
an · b n = (a · b)n
n
an
a
=
bn
b
√
n
m
a m = an
Mit folgenden Spezialfällen:
a0 = 1, a1 = a, 0n = 0, 1n = 1, aloga n = n.
614 / 1411
Wurzelregeln
Für Wurzeln gibt es folgende Rechenregeln:
q√
n
m
a=
√
n·m
a
√
−n
1
a= √
n
a
√
√
√
n
n
n
a· b = a·b
√
r
n
a
a
√
= n
n
b
b
Mit den Spezialfällen:
√
1
a=a
√
n
1=1
√
n
0=0
√
n
an = a.
615 / 1411
Info
Wurzelregeln sind eigentlich völlig nutzlos. Am besten ist es, wenn man Wurzeln
1
als Potenzen a n schreibt und mit den Potenzregeln rechnet ;-)
√
n
a
z.B.:
(ld n)2 < n ⇐⇒ ld n < n1/2 .
616 / 1411
Quizfragen
Wieso gelten für beliebige positive reelle Zahlen b, n, m mit b 6= 1 folgende
Gleichungen?
1. nlogb m = mlogb n
2. logb (n + m) = logb n + logb 1 +
m
n
617 / 1411
Antworten
1.
nlogb m = mlogb n
⇐⇒ logb nlogb m = logb mlogb n
⇐⇒ (logb m) · (logb n) = (logb n) · (logb m)
2.
logb (n + m) = logb
m
n· 1+
n
= logb n + logb
m
1+
n
2
2
618 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
619 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
620 / 1411
Fakultät
Für die Fakultät n! einer natürlichen Zahl n ∈ N0 gilt
n! = n · (n − 1) · (n − 2) · (n − 3) · . . . · 1
mit 0! := 1.
Beispiele
Die ersten Werte für n! sind:
0! = 1
4! = 4 · 3 · 2 · 1 = 24
1! = 1
5! = 5 · 4 · 3 · 2 · 1 = 120
2! = 2 · 1 = 2
6! = 6 · 5 · 4 · 3 · 2 · 1 = 720
3! = 3 · 2 · 1 = 6
7! = 7 · 6 · 5 · 4 · 3 · 2 · 1 = 5040
621 / 1411
Steigende und fallende Faktorielle
Für beliebige n, k ∈ Z gilt:
nk =
k−1
Y
i=0
nk =
(n − i) = n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · (n − k + 1)
|
{z
}
k Faktoren
k−1
Y
i=0
(fallende Faktorielle)
(n + i) = n · (n + 1) · (n + 2) · . . . · (n + k − 1)
|
{z
}
(steigende Faktorielle)
k Faktoren
mit n0 := 1 und n0 := 1.
Beispiele
Es gilt:
64 = 6 · 5 · 4 · 3 = 360,
64 = 6 · 7 · 8 · 9 = 3024,
26 = 2 · 1 · 0 · (−1) · (−2) · (−3) = 0,
26 = 2 · 3 · 4 · 5 · 6 · 7 = 5040,
(−3)5 = (−3) · (−4) · (−5) · (−6) · (−7) = −2520, (−3)5 = (−3) · (−2) · (−1) · 0 · 1 = 0 .
622 / 1411
Binomialkoeffizient
n
k
gibt für n, k ∈ N0 die Anzahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen
Menge an.
Intuition
n
k
gibt die Anzahl der Möglichkeiten an, k Objekte aus einer Menge von n
verschiedenen Objekten auszuwählen ohne Zurücklegen und ohne Beachtung der
Reihenfolge. Wie beim Lotto!
623 / 1411
Beispiel
Es gibt genau 6 2-elementige Teilmengen von [4]:
{1, 2} , {1, 3} , {1, 4} , {2, 3} , {2, 4} , {3, 4} .
Es gilt:
4
2
= 6.
624 / 1411
Noch ein Beispiel
Es gibt genau 10 3-elementige Teilmengen von [5]:
{1, 2, 3}, {1, 2, 4}, {1, 2, 5}, {1, 3, 4}, {1, 3, 5},
{1, 4, 5}, {2, 3, 4}, {2, 3, 5}, {2, 4, 5}, {3, 4, 5}.
Also ist
5
3
= 10.
625 / 1411
Ein letztes Beispiel (für Lotto-Spieler)
Es gibt genau 13 983 816 6-elementige Teilmengen von [49].
Also ist
49
6
= 13 983 816.
626 / 1411
Direkte Berechnung
Für n, k ∈ N0 gilt:
n
k
!
=
Gilt außerdem k ≤ n, dann kann man nk =
n
k
!
=
nk
.
k!
n!
(n−k)!
setzen und man erhält:
n!
.
k! · (n − k)!
Intuition
Für die erste Ziehung gibt es n Möglichkeiten, für die zweite nur noch n − 1, für die
dritte n − 2, etc. Weil die Reihenfolge der k gezogenen Elemente nicht relevant ist muss
man durch die Anzahl der Permutationen aller k Elemente dividieren, also durch k!.
627 / 1411
Beispiele (nochmal)
!
4
2
5
3
=
42
4·3
=
= 6,
2!
2·1
=
53
5·4·3
=
= 10,
3!
3·2·1
!
!
49
6
=
49 · 48 · 47 · 46 · 45 · 44
496
=
= 13 983 816.
6!
6·5·4·3·2·1
628 / 1411
Quizfragen
1. Was ist
2. Was ist
3. Was ist
4. Was ist
6
2 ?
7
3 ?
6
3 ?
8
4 ?
629 / 1411
Antworten
1.
2.
3.
4.
6
2
7
3
6
3
8
4
=
=
=
=
6·5
2·1 = 15.
7·6·5
3·2·1 = 35.
6·5·4
3·2·1 = 20.
8·7·6·5
4·3·2·1 = 70.
630 / 1411
Multimengen
Multimengen sind eine Verallgemeinerung von Mengen, in denen Elemente öfter
vorkommen dürfen. Die Reihenfolge der Elemente spielt dabei weiterhin keine Rolle.
Beispiel
Es gibt 15 verschiedene 4-elementige Multimengen über M = [3]:
{|1, 1, 1, 1|} , {|1, 1, 1, 2|} , {|1, 1, 1, 3|} , {|1, 1, 2, 2|} , {|1, 1, 2, 3|} ,
{|1, 1, 3, 3|} , {|1, 2, 2, 2|} , {|1, 2, 2, 3|} , {|1, 2, 3, 3|} , {|1, 3, 3, 3|} ,
{|2, 2, 2, 2|} , {|2, 2, 2, 3|} , {|2, 2, 3, 3|} , {|2, 3, 3, 3|} , {|3, 3, 3, 3|} .
Info
Für Multimengen benutzt man meistens dieselbe Notation wie für Mengen. Manchmal
wird auch „{| . . . |}“ statt „{. . .}“ benutzt, um sie von normalen Mengen zu
unterscheiden.
631 / 1411
Info
Man kann jede k-elementige Multimenge über einer n-elementigen Menge M (z.B.
M = [n]) als Wort über dem Alphabet Σ = {•, ◦} mit genau k schwarzen und n − 1
weißen Kugeln darstellen. Die weißen Kugeln teilen das Wort in n Bereichen auf. Die
Anzahl an schwarzen Kugeln in jedem Bereich gibt die Anzahl an Vorkommnisse des
entsprechenden Elements in der Multimenge an.
Jedem dieser Wörter kann genau eine der k-elementigen Teilmengen der Menge
[k + n − 1] zugeordnet werden. Intuitiv gibt die jeweilige Teilmenge an, welche der
k + n − 1 Kugeln schwarz sind.
632 / 1411
Beispiel
Wir betrachten folgende Multimenge mit k = 7 Elementen über M = [n] mit n = 4:
{|1, 1, 2, 3, 3, 3, 4|} .
Diese Multimenge wird durch folgendes Wort der Länge k + n − 1 = 10 kodiert:
••◦•◦•••◦•.
Diesem Wort wird folgende 7-elementige Teilmenge von [10] zugeordnet:
{1, 2, 4, 6, 7, 8, 10}.
633 / 1411
Info
Man kann also jeder k-elementigen Multimenge über M = [n] genau einer der
k-elementigen
Teilmengen der Menge [k + n − 1] zuordnen. Es folgt, dass es genau
k+n−1
k-Multimengen
einer n-elementigen Menge gibt.
k
634 / 1411
Beispiel
Es gibt
2+3−1
2
=
4
2
= 6 verschiedene 2-Multimengen über M = [3]:
Multimenge über M = [3]
Kodierung als Wort
Teilmenge von [2 + 3 − 1] = [4]
{|1, 1|}
{|1, 2|}
{|1, 3|}
{|2, 2|}
{|2, 3|}
{|3, 3|}
• • ◦◦
• ◦ •◦
• ◦ ◦•
◦ • •◦
◦ • ◦•
◦ ◦ ••
{1, 2}
{1, 3}
{1, 4}
{2, 3}
{2, 4}
{3, 4}
635 / 1411
Noch ein Beispiel
Es gibt
3+3−1
3
=
5
3
= 10 verschiedene 3-Multiteilmengen von M = [3]:
Multimenge über M = [3]
Kodierung als Wort
Teilmenge von [3 + 3 − 1] = [5]
{|1, 1, 1|}
{|1, 1, 2|}
{|1, 1, 3|}
{|1, 2, 2|}
{|1, 2, 3|}
{|1, 3, 3|}
{|2, 2, 2|}
{|2, 2, 3|}
{|2, 3, 3|}
{|3, 3, 3|}
•••◦◦
••◦•◦
••◦◦•
•◦••◦
•◦•◦•
•◦◦••
◦•••◦
◦••◦•
◦•◦••
◦◦•••
{1, 2, 3}
{1, 2, 4}
{1, 2, 5}
{1, 3, 4}
{1, 3, 5}
{1, 4, 5}
{2, 3, 4}
{2, 3, 5}
{2, 4, 5}
{3, 4, 5}
636 / 1411
Quizfrage
Sei Σ = {a, b, c, . . . , z} ein Alphabet mit |Σ| = 26. Wie viele Wörter w ∈ Σ∗ mit
Länge |w | = 3 gibt es, so dass die Zeichen in w von links nach rechts gelesen in
alphabetischer Reihenfolge vorkommen, d.h. zuerst alle as, dann alle bs, etc. ?
637 / 1411
Antwort
Jedes dieser Wörter kann eindeutig durch eine 3-elementige Multimenge über Σ
dargestellt werden. Da die Reihenfolge sich automatisch aus den Elementen selber
ergibt muss man sie nicht berücksichtigen. Es gibt also
!
3 + 26 − 1
3
!
=
28
3
=
28 · 27 · 26
= 3276
3·2·1
solche Wörter.
638 / 1411
Ziehen von Elementen
Wir ziehen k Elemente aus einer n-elementigen Menge. Dabei kann die Reihenfolge der
Ziehungen eine Rolle spielen („geordnet“) oder nicht („ungeordnet“) und die
gezogenen Elemente können wieder zurückgelegt werden oder nicht.
geordnet
ungeordnet
mit Zurücklegen
nk
ohne Zurücklegen
nk
k+n−1
k
n
k
639 / 1411
Beispiel
Wir ziehen 2 Elemente aus der Menge M = [3], d.h. es gilt k = 2 und n = 3. Für die
Anzahl an Möglichkeiten gilt:
geordnet
ungeordnet
mit Zurücklegen
32 = 9
2+3−1
4·3
=6
= 2·1
2
ohne Zurücklegen
32 = 3 · 2 = 6
3
3·2
2 = 2·1 = 3
Dies entspricht folgenden Ergebnissen:
geordnet
ungeordnet
mit Zurücklegen
(1, 2), (1, 3), (2, 1),
(2, 3), (3, 1), (3, 2),
(1, 1), (2, 2), (3, 3).
{|1, 2|}, {|1, 3|}, {|2, 3|},
{|1, 1|}, {|2, 2|}, {|3, 3|}.
ohne Zurücklegen
(1, 2), (1, 3), (2, 1),
(2, 3), (3, 1), (3, 2).
{1, 2}, {1, 3}, {2, 3}.
640 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
641 / 1411
Produktregel
Die Kardinalität des kartesischen Produkts endlicher Mengen entspricht genau dem
Produkt der einzelnen Kardinalitäten:
|A1 × . . . × An | = |A1 | · . . . · |An |
642 / 1411
Intuition
Sind wir an der Anzahl an Ausgängen eines mehrstufigen Experiments interessiert,
dann multipliziert man die Anzahl an möglichen Ausgängen aller einzelnen Stufen.
I
Zuerst: . . . (|A1 | Möglichkeiten)
I
Dann: . . . (|A2 | Möglichkeiten)
I
...
I
Dann: . . . (|An | Möglichkeiten)
Insgesamt hat man |A1 | · |A2 | · . . . · |An | Möglichkeiten.
643 / 1411
Quizfragen
Wie viele verschiedene Anagramme besitzen folgende Wörter?
1. TITISEE,
2. PFEFFER,
3. KOKOMO,
4. CARACAS,
5. OUAGADOUGOU.
Info: Ein Anagramm ist ein Wort, das aus einem anderen Wort durch Umstellung der
einzelnen Buchstaben gebildet wurde. Beispielsweise ist SPORT ein Anagramm von
PROST.
644 / 1411
Antworten
Für jeden Buchstaben wählen wir sukzessiv die Teilmenge der freien Positionen im
Wort, an dem der Buchstabe stehen soll. Mit der Produktregel erhalten wir:
1.
2.
3.
4.
5.
7
2 ·
7
3 ·
6
3 ·
7
3 ·
11
3 ·
5
2 ·
4
2 ·
3
2 ·
4
2 ·
8
3 ·
3
1
7!
5!
· ·
2 · 1 = 2!·
5! 2!·
3!
2
1
7!
4!
· ·
1 · 1 = 3!·
4! 2!·
2!
1
3!
1!
6!
· · 1 = 3!·
3! 2!·
1! 1!·0!
1
2
7!
4!
· ·
1 · 1 = 3!·
4! 2!·
2!
5
3
1
11!
·
2 · 2 · 1 = 3!·
8!
7!
3!
1!
= 2!·2!·2!·1!
· 2!·
1! 1!·0!
2!
1!
7!
· = 3!·2!·1!·1!
2!·
1! 1!·0!
6!
= 3!·2!·1!
= 60.
7!
2!
1!
· = 3!·2!·1!·1!
2!·
1! 1!·0!
8!
5!
3!
1!
· · · 3!·
5! 2!·
3! 2!·
1! 1!·0!
= 630.
= 420.
= 420.
=
11!
3!·3!·2!·2!·1!
= 277200.
645 / 1411
Summenregel
Die Kardinalität einer disjunkten Vereinigung („]“) endlicher Mengen entspricht genau
der Summe der einzelnen Kardinalitäten:
|A1 ] . . . ] An | = |A1 | + . . . + |An |
646 / 1411
Intuition
Hat man mehrere mögliche Teilexperimente (die sich nicht überschneiden) zur Wahl,
dann addiert man die Anzahl an möglichen Ausgängen aller einzelnen Teilexperimente.
I
Entweder: . . . (|A1 | Möglichkeiten)
I
oder: . . . (|A2 | Möglichkeiten)
I
...
I
oder: . . . (|An | Möglichkeiten)
Insgesamt hat man |A1 | + |A2 | + . . . + |An | Möglichkeiten.
647 / 1411
Gleichheitsregel
Existiert eine bijektive Funktion f : A → B, dann haben die Mengen A und B gleich
viele Elemente.
648 / 1411
Doppeltes Abzählen
In jeder Matrix (Tabelle) ist die Summe der Zeilensummen gleich der Summe der
Spaltensummen.
649 / 1411
Beispiel
In einem Tanzkurs gibt es 24 Damen und n Herren. Nach der Tanzstunde hat jede
Dame mit genau 8 Herren getanzt, jeder Herr mit genau 6 Damen.
Wie viele Herren waren anwesend?
Modellierung als Tabelle:
h1
h2
..
.
hn
d1 d2
? ?
? ?
..
..
.
.
? ?
· · · d24
··· ?
··· ?
.
..
. ..
··· ?
650 / 1411
Die Einträge „?“ in der Tabelle sind 1, fall das Paar miteinander getanzt hat und 0
sonst. Wir wissen:
I
In jeder der n Zeilen gibt es genau 6 1en
I
In jeder der 24 Spalten gibt es genau 8 1en
D.h.:
6 · n = 24 · 8 .
Daraus folgt:
n=
24 · 8
= 32 .
6
651 / 1411
Inklusion und Exklusion bzw. Siebformel (für n = 2)
Für beliebige (nicht notwendigerweise disjunkte) Mengen A und B gilt:
|A ∪ B| = |A| + |B| − |A ∩ B| .
Graphisch:
652 / 1411
Inklusion und Exklusion bzw. Siebformel (für n = 3)
Für beliebige (nicht notwendigerweise disjunkte) Mengen A, B, C gilt:
|A ∪ B ∪ C | = |A| + |B| + |C | − |A ∩ B| − |A ∩ C | − |B ∩ C | + |A ∩ B ∩ C | .
Graphisch:
653 / 1411
Inklusion und Exklusion bzw. Siebformel (für ein allgemeines n)
Für beliebige (nicht notwendigerweise disjunkte) endliche Mengen A1 , . . . , An gilt:
n
[
X
X \ Ai =
(−1)j−1 ·
Ai i∈[n]
j=1
I⊆[n], i∈I
|I|=j
Der Ausdruck „(−1)j−1 “ ist für den Vorzeichenwechsel („+“, „−“, „+“, „−“, . . . )
P
T
zuständig und die innere Summe „ I⊆[n],|I|=j | i∈I Ai |“ summiert über alle möglichen
j-elementigen Teilmengen von {A1 , . . . , An }.
654 / 1411
Beispiel
Beispielsweise ergibt sich für n = 2:
|A1 ∪ A2 | =
2
X
X \ (−1)j−1 ·
Ai j=1
I⊆[2],
|I|=j
i∈I
= (−1)0 · (|A1 | + |A2 |)
{z
}
|
j=1
1
+ (−1) · |A1 ∩ A2 |
|
{z
}
j=2
= |A1 | + |A2 | − |A1 ∩ A2 |
655 / 1411
Noch ein Beispiel
Für n = 3 ergibt sich:
|A1 ∪ A2 ∪ A3 | =
3
X
(−1)j−1 ·
j=1
X \ Ai I⊆[3],
|I|=j
i∈I
= (−1)0 · (|A1 | + |A2 | + |A3 |)
{z
}
|
j=1
1
+ (−1) · (|A1 ∩ A2 | + |A1 ∩ A3 | + |A2 ∩ A3 |)
|
{z
}
j=2
+ (−1)2 · |A1 ∩ A2 ∩ A3 |
|
{z
}
j=3
= |A1 | + |A2 | + |A3 | − |A1 ∩ A2 | − |A1 ∩ A3 | − |A2 ∩ A3 | + |A1 ∩ A2 ∩ A3 |
656 / 1411
Spezialfall
Falls die Kardinalität einer Schnittmenge von j Mengen nur von der Anzahl j an
beteiligten Mengen und nicht von den Mengen selbst abhängig ist, dann gilt:
n
[
X
X \ Ai =
(−1)j−1 ·
Ai j=1
i∈[n]
=
I⊆[n], i∈I
|I|=j
n
X
!
j−1
(−1)
j=1
n \ ·
·
Ai j
i∈[j]
Die Anzahl an Summanden in der inneren Summe
entspricht genau der Anzahl an
j-elementigen Teilmengen von [n], d.h. genau nj .
Sind alle Summanden
gleich (also die Schnittmengen von j Mengen alle gleich groß),
dann kann man nj mal einen beliebigen Summanden nehmen, z.B.
T
| i∈[j] Ai | = |A1 ∩ . . . ∩ Aj |.
657 / 1411
Beispiel
Ein Kellner muss 5 verschiedene Bestellungen an 5 verschiedenen Tischen bringen. Leider weiß
er nicht mehr wer was bestellt hat und muss raten. Bei wie vielen der insgesamt 5! = 120
Verteilungsmöglichkeiten (Permutationen) bekommt keiner der 5 Gäste sein bestelltes Essen?
Wir definieren Ai für i = 1, . . . , 5 als diejenige Menge, die alle Verteilungsmöglichkeiten, bei
denen Gast i sein bestelltes Essen bekommt, enthält. A1 ∪ A2 ∪ A3 ∪ A4 ∪ A5 enthält somit alle
Verteilungen bei denen mindestens ein Gast sein bestelltes Essen bekommt. Es folgt mit
|A1 |
= 4! ,
|A1 ∩ A2 |
= 3! ,
|A1 ∩ A2 ∩ A3 |
= 2! ,
|A1 ∩ A2 ∩ A3 ∩ A4 |
= 1! ,
|A1 ∩ A2 ∩ A3 ∩ A4 ∩ A5 | = 0! :
5
5
5
5
5
|A1 ∪ A2 ∪ A3 ∪ A4 ∪ A5 | =
· 4! −
· 3! +
· 2! −
· 1! +
· 0!
1
2
3
4
5
= 5 · 24 − 10 · 6 + 10 · 2 − 5 · 1 + 1 · 1 = 76.
D.h. er kriegt bei 120 − 76 = 44 Verteilungsmöglichkeiten von allen 5 Gästen Ärger.
658 / 1411
Achtung!
In dem Beispiel durfte man den Spezialfall der Siebformel verwenden, weil die
Kardinalität jeder Schnittmenge nur von der Anzahl der beteiligten Mengen und nicht
von den Mengen selbst abhängig ist, d.h.:
|A1 | = . . . = |A5 | = 4! ,
|A1 ∩ A2 | = . . . = |A4 ∩ A5 | = 3! ,
|A1 ∩ A2 ∩ A3 | = . . . = |A3 ∩ A4 ∩ A5 | = 2! ,
|A1 ∩ A2 ∩ A3 ∩ A4 | = . . . = |A2 ∩ A3 ∩ A4 ∩ A5 | = 1! .
659 / 1411
Quizfrage
Gegeben seien ein Alphabet Σ = {a, b, c, d}, eine Wörtermenge
Ω = {w ∈ Σ∗ | |w | = 6} und folgende Mengen A, B, C , D ⊆ Ω:
A = {w ∈ Ω | in w kommt kein a vor} ,
B = {w ∈ Ω | in w kommt kein b vor} ,
C = {w ∈ Ω | in w kommt kein c vor} ,
D = {w ∈ Ω | in w kommt kein d vor} .
Wie viele Wörter w ∈ Ω gibt es, die jedes der Zeichen aus Σ mindestens einmal
enthalten?
Hinweise:
I
Betrachte die Menge A ∪ B ∪ C ∪ D.
I
Beachte, dass für k = 1, 2, 3, 4 die Kardinalität der Schnittmenge von k der
Mengen A, B, C , D nur von k und nicht von den Mengen selbst abhängig ist.
660 / 1411
Antwort
Für die Kardinalität von A ∪ B ∪ C ∪ D gilt nach dem Spezialfall der Siebformel für
n = 4:
!
|A ∪ B ∪ C ∪ D| =
!
!
!
4
4
4
4
|A| −
|A ∩ B| +
|A ∩ B ∩ C | −
|A ∩ B ∩ C ∩ D|
1
2
3
4
= 4|A| − 6|A ∩ B| + 4|A ∩ B ∩ C | − |A ∩ B ∩ C ∩ D|
= 4 · 36 − 6 · 26 + 4 · 16 − 06
= 4 · 729 − 6 · 64 + 4
= 2916 − 384 + 4
= 2536
Die gesuchte Anzahl an Wörtern beträgt dann:
|Ω| − |A ∪ B ∪ C ∪ D| = 46 − 2536 = 4096 − 2536 = 1560 .
661 / 1411
Schubfachprinzip
Sei f : X → Y mit 0 < |Y | < |X | < ∞. Dann gilt:
∃y ∈ Y : |f −1 (y )| ≥ 2
662 / 1411
Intuition
X sind Objekte und Y Schubfächer für die Objekte. Hat man mehr Objekte als
Schubfächer, dann existiert bei jeder Verteilung von Objekten auf Schubfächer immer
mindestens ein Schubfach mit mindestens 2 Objekten.
663 / 1411
Verallgemeinertes Schubfachprinzip
Sei f : X → Y mit 0 < |Y |, |X | < ∞. Dann gilt:
∃y ∈ Y : |f
−1
|X |
(y )| ≥
|Y |
664 / 1411
Intuition
Wieder sind X Objekte und Y Schubfächer für die Objekte. Verteilt man alle Objekte
l m
|X |
auf die Schubfächer, dann hat man mindestens ein Schubfach mit mindestens |Y
|
Objekten.
665 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.3.1.
3.3.2.
3.3.3.
3.3.4.
3.3.5.
Binomialkoeffizienten
Stirling-Zahlen erster Art
Stirling-Zahlen zweiter Art
Zahlpartitionen
Sonstige Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
666 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.3.1.
3.3.2.
3.3.3.
3.3.4.
3.3.5.
Binomialkoeffizienten
Stirling-Zahlen erster Art
Stirling-Zahlen zweiter Art
Zahlpartitionen
Sonstige Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
667 / 1411
Zählkoeffizienten
Wir betrachten in DS insgesamt 7 verschiedene Zählkoeffizienten:
1. Binomialkoeffizient
n
k
2. Stirling-Zahlen erster Art sn,k bzw.
(extrem wichtig)
n 3. Stirling-Zahlen zweiter Art Sn,k bzw.
4. Zahlpartitionen Pn,k
(weniger wichtig)
k
n k
(sehr wichtig)
(weniger wichtig)
5. Ramsey-Zahlen R(n, k)
(kaum wichtig)
6. Rencontres-Zahlen d(n, k)
(kaum wichtig)
7. Kronecker-Delta δn,k
(kaum wichtig)
668 / 1411
Binomialkoeffizient (nochmal)
n
k
gibt für n, k ∈ N0 die Anzahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen
Menge an. Für n, k ∈ N0 gilt:
!
n
nk
=
.
k
k!
Gilt außerdem k ≤ n, dann kann man nk =
n
k
!
=
n!
(n−k)!
setzen und man erhält:
n!
.
k! · (n − k)!
669 / 1411
Info
Die Werte von
n
k
können im Pascalschen Dreieck abgelesen werden.
k
0
n
1
2
3
4
5
6
0
1
1
1
1
2
1
2
1
3
1
3
3
1
4
1
4
6
4
1
5
1
5
10
10
5
1
6
1
6
15
20
15
6
1
7
1
7
21
35
35
21
7
7
8
z.B.
5
3
= 10
1
670 / 1411
Rekursive Berechnung
Der Binomialkoeffizient
n
k
genügt für alle n, k ∈ N mit k ≤ n die Rekursion
n
k
mit
0
0
= 1,
n
0
= 1 und
n
n
!
!
=
n−1
n−1
+
k −1
k
!
= 1 für alle n ∈ N.
Diese Formel heißt auch Pascalsche Identität.
671 / 1411
Intuition
Wenn man k Zahlen aus [n] zieht wird die Zahl n entweder gezogen oder nicht
gezogen (deswegen „+“).
I
Falls n gezogen wird, so muss
man aus den restlichen n − 1 Zahlen nur noch k − 1
n−1
ziehen. Dafür gibt es k−1 Möglichkeiten.
I
Falls n nicht gezogen wird, so muss man aus den restlichen n − 1 Zahlen alle k
ziehen. Dafür gibt es n−1
Möglichkeiten.
k
672 / 1411
Binomische Formel
Für n ∈ N0 beliebige a und b gilt:
n
X
n
i=0
i
!
· ai · b n−i = (a + b)n
673 / 1411
Beispiele
Für die ersten Werte von n gilt:
1
=
(a + b)0
b+a
=
(a + b)1
b 2 + 2ab + a2
=
(a + b)2
b 3 + 3ab 2 + 3a2 b + a3
=
(a + b)3
b 4 + 4ab 3 + 6a2 b 2 + 4a3 b + a4
=
(a + b)4
b 5 + 5ab 4 + 10a2 b 3 + 10a3 b 2 + 5a4 b + a5
=
(a + b)5
b 6 + 6ab 5 + 15a2 b 4 + 20a3 b 3 + 15a4 b 2 + 6a5 b + a6
=
(a + b)6
674 / 1411
Beispiel
Multipliziert man (x + y + z)6 aus, so erhält man:
x 6 + 6x 5 y + 6x 5 z + 15x 4 y 2 + 30x 4 yz + 15x 4 z 2 + 20x 3 y 3 + 60x 3 y 2 z + 60x 3 yz 2 +
20x 3 z 3 + 15x 2 y 4 + 60x 2 y 3 z + 90x 2 y 2 z 2 + 60x 2 yz 3 + 15x 2 z 4 + 6xy 5 + 30xy 4 z +
60xy 3 z 2 +60xy 2 z 3 +30xyz 4 +6xz 5 +y 6 +6y 5 z +15y 4 z 2 +20y 3 z 3 +15y 2 z 4 +6yz 5 +z 6 .
Wir erkennen beispielsweise, dass 60 der Koeffizient von x 2 yz 3 in (x + y + z)6 ist.
675 / 1411
Den Koeffizient von x 2 yz 3 in (x + y + z)6 kann man mit der Binomischen Formel sehr
leicht berechnen:
I
Für a = x , b = y + z und n = 6 erhalten wir:
(x + y + z)6 = (x + (y + z))6 =
6
X
k=0
I
!
!
6 k
6 2
x (y + z)6−k = . . . +
x (y + z)4 + . . .
k
2
Für a = y , b = z und n = 4 erhalten wir:
4
(y + z) =
4
X
k=0
!
!
4 k 4−k
4
y z
= ... +
yz 3 + . . .
k
1
Somit erhält (x + y + z)6 den Summanden
gesuchte Koeffizient ist 62 41 = 60.
6 2 4 3
2 x 1 yz
=
6 4 2 3
2 1 x yz
und der
676 / 1411
Quizfragen
1. Was ist der Koeffizient von x 2 y 2 z 2 in (x + y + z)6 ?
2. Was ist der Koeffizient von xyz 4 in (x + y + z)6 ?
3. Was ist der Koeffizient von xy 3 z 2 in (x + 2y + z)6 ?
4. Was ist der Koeffizient von x 3 yz 2 in (3x + y + 2z)6 ?
5. Was ist der Koeffizient von x 2 y 4 z 2 in (xy + y + z)6 ?
6. Was ist der Koeffizient von x 3 y 5 z 4 in (xyz + y + z)6 ?
7. Was ist der Koeffizient von w 2 x 3 yz 2 in (w + x + y + z)8 ?
677 / 1411
Antworten
1. (x + y + z)6 = (x + (y + z))6 = 6k=0 k6 x k (y + z)6−k = . . . +
P
; (y + z)4 = 4k=0 k4 y k z 4−k = . . . + 42 y 2 z 2 + . . .
; Der Koeffizient ist 62 42 = 90.
P
2. (x + y + z)6 = (x + (y + z))6 = 6k=0 k6 x k (y + z)6−k = . . . +
P
; (y + z)5 = 5k=0 k5 y k z 5−k = . . . + 51 yz 4 + . . .
; Der Koeffizient ist 61 51 = 30.
P
6 2
2 x (y
+ z)4 + . . .
6
1 x (y
+ z)5 + . . .
3. (x +2y +z)6 = (x +(2y +z))6 = 6k=0 k6 x k (2y +z)6−k = . . .+ 61 x (2y +z)5 +. . .
P
; (2y +z)5 = 5k=0 k5 (2y )k z 4−k = . . .+ 53 (2y )3 z 2 +. . . = . . .+ 53 23 y 3 z 2 +. . .
; Der Koeffizient ist 61 53 23 = 480.
P
4. (3x + y + 2z)6 = (3x + (y + 2z))6 = 6k=0 k6 3x k (y + 2z)6−k =
. . . + 63 (3x )3 (y + 2z)3 + . . . = . . . + 63 33 x 3 (y + 2z)3 + . . .
P
; (y + 2z)3 = 3k=0 k3 y k (2z)3−k = . . . + 31 y (2z)2 + . . . = . . . +
; Der Koeffizient ist 63 33 31 22 = 6480.
P
3 2 2
1 2 yz
+...
678 / 1411
5. (xy + y + z)6 = (xy + (y + z))6 = 6k=0 k6 (xy )k (y + z)6−k =
. . . + 62 (xy )2 (y + z)4 + . . . = . . . + 62 x 2 y 2 (y + z)4 + . . .
P
; (y + z)4 = 4k=0 k4 y k z 4−k = . . . + 42 y 2 z 2 + . . .
; Der Koeffizient ist 62 42 = 90.
P
6. (xyz + y + z)6 = (xyz + (y + z))6 = 6k=0 k6 (xyz)k (y + z)6−k =
. . . + 63 (xyz)3 (y + z)3 + . . . = . . . + 63 x 3 y 3 z 3 (y + z)3 + . . .
P
; (y + z)3 = 3k=0 k3 y k z 3−k = . . . + 32 y 2 z + . . .
; Der Koeffizient ist 63 32 = 60.
P
7. (w + x + y + z)8 = (w + (x + y + z))8 = 8k=0 k8 w k (x + y + z)8−k =
. . . + 82 w 2 (x + y + z)6 + . . .
P
; (x +y +z)6 = (3x +(y +z))6 = 6k=0 k6 x k (y +z)6−k = . . .+ 63 x 3 (y +z)3 +. . .
P
; (y + z)3 = 3k=0 k3 y k z 3−k = . . . + 31 yz 2 + . . .
; Der Koeffizient ist 82 63 31 = 1680.
P
679 / 1411
Rechenregeln für Binomialkoeffizienten
Folgende Rechenregeln sind sehr wichtig. Es gilt für n, m, k ∈ N0 :
n
k
!
n
k
!
n
k
!
n
k
!
n
k
!
=
nk
,
k!
=
n!
,
k! · (n − k)!
(Erste direkte Berechnung)
!
=
=
n−1
n−1
+
k −1
k
k
X
m
i=0
=
!
i
n
n−k
n−m
·
k −i
k≤n
(Zweite direkte Berechnung)
,
1 ≤ n, k
(Pascalsche Identität)
,
m≤n
(Vandermondsche Identität)
k≤n
(Symmetrie-Eigenschaft)
!
!
!
,
680 / 1411
n
X
n
i=0
n
X
i=0
n
X
i=k
k
X
i=0
!
· ai · b n−i = (a + b)n ,
i
n
i
!
i
k
!
a, b ∈ R
= 2n
=
n+i
i
(Zeilensumme)
n+1
k +1
!
(Binomische Formel)
!
k≤n
,
(Spaltensumme)
!
=
n+k +1
k
(Diagonalsumme)
Diese Rechenregeln kann man sehr schön am Pascalschen Dreieck erkennen!
681 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.3.1.
3.3.2.
3.3.3.
3.3.4.
3.3.5.
Binomialkoeffizienten
Stirling-Zahlen erster Art
Stirling-Zahlen zweiter Art
Zahlpartitionen
Sonstige Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
682 / 1411
Zyklenschreibweise für Permutationen
Eine Permutation p ist eine bijektive Funktion p : A → A über eine endliche Menge A
(s. Folie 333).
Permutationen kann man auch als eine Komposition von Zyklen darstellen. Es gilt:
p = (c1,1 , . . . , cl1 ,1 ) (c1,2 , . . . , cl2 ,2 ) . . . (c1,k , . . . , clk ,k ),
|
{z
Zyklus 1
mit Länge l1
}|
{z
Zyklus 2
mit Länge l2
}
|
{z
Zyklus k
mit Länge lk
}
wobei A = {c1,1 , . . . , cl1 ,1 , c1,2 , . . . , cl2 ,2 , . . . , c1,k , . . . , clk ,k } und für alle ci,j gilt:
(
p(ci,j ) =
ci+1,j , falls i < lj
c1,j ,
falls i = lj
Man versteht das aber viel viel besser mit einem Beispiel :-)
683 / 1411
Beispiel
Sei p eine Permutation über [6] mit:
p(1) = 5, p(2) = 2, p(3) = 1, p(4) = 6, p(5) = 3, p(6) = 4.
Matrixschreibweise:
p=
1 2 3 4 5 6
5 2 1 6 3 4
!
Graphisch:
Zyklenschreibweise:
G
p = (1, 5, 3)(2)(4,
6)
684 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei p eine Permutation über [8] mit:
p(1) = 5, p(2) = 6, p(3) = 7, p(4) = 8, p(5) = 1, p(6) = 2, p(7) = 3, p(8) = 4.
Matrixschreibweise:
!
p=
1 2 3 4 5 6 7 8
5 6 7 8 1 2 3 4
Graphisch:
Zyklenschreibweise:
G
p = (1, 5)(2, 6)(3,
7)(4, 8)
685 / 1411
Infos
I
Es gibt in der Regel mehrere Möglichkeiten einen Zyklus aufzuschreiben. Zum
Beispiel:
(1, 8, 2, 5) = (8, 2, 5, 1) = (2, 5, 1, 8) = (5, 1, 8, 2).
I
Achtung: Man darf die Komponenten eines Zyklus beliebig „shiften“, aber man
darf die Reihenfolge nicht beliebig ändern! Zum Beispiel:
(1, 5, 3) = (5, 3, 1) = (3, 1, 5) 6= (1, 3, 5) = (3, 5, 1) = (5, 1, 3) .
|
I
{z
}
|
{z
}
Die Reihenfolge der Zyklen ist irrelevant. Zum Beispiel:
G
G
(1, 6)(2)(4)(3, 5) = (3, 5)(4)(1, 6)(2).
686 / 1411
Quizfragen
1. Gilt (3, 1, 4, 5, 2, 6) = (4, 5, 2, 6, 3, 1)?
2. Gilt (3, 1, 4, 5, 2, 6) = (6, 2, 5, 4, 1, 3)?
3. Gilt (3, 4)(5, 1, 2, 6) = (3, 4)(1, 2, 6, 5)?
4. Gilt (3, 4)(5, 1, 2, 6) = (1, 2, 6, 5)(3, 4)?
5. Gilt (2, 4, 3)(5, 1, 6) = (4, 2, 3)(1, 5, 6)?
6. Gilt (2, 4)(1, 5)(3, 6) = (4, 2)(1, 5)(6, 3)?
7. Gilt (2, 4)(1, 5)(3, 6) = (5, 1)(4, 2)(6, 3)?
8. Gilt (1)(4, 2)(3, 6, 5) = (1)(2, 4)(5, 3, 6)?
9. Gilt (1)(4, 2)(3, 6, 5) = (6, 5, 3)(1)(4, 2)?
687 / 1411
Antworten
1. Ja.
2. Nein.
3. Ja.
4. Ja.
5. Nein.
6. Ja.
7. Ja.
8. Ja.
9. Ja.
688 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende Permutationen p1 , p2 und p3 über [6] in Matrixdarstellung:
!
1. p1 =
1 2 3 4 5 6
,
2 6 1 5 4 3
2. p2 =
1 2 3 4 5 6
,
3 2 1 5 6 4
3. p3 =
1 2 3 4 5 6
.
2 3 5 1 6 4
!
!
Wie sehen p1 , p2 und p3 in Zyklendarstellung aus?
689 / 1411
Antworten
1. p1 = (1, 2, 6, 3)(4, 5).
2. p2 = (1, 3)(2)(4, 5, 6).
3. p3 = (1, 2, 3, 5, 6, 4).
690 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende Permutationen p1 , p2 und p3 über [6] in Zyklendarstellung:
1. p1 = (2, 3)(4)(1, 5, 6),
2. p2 = (1, 3, 2)(6, 4, 5),
3. p3 = (5, 3, 6, 2)(4, 1).
Wie sehen p1 , p2 und p3 in Matrixdarstellung aus?
691 / 1411
Antworten
!
1. p1 =
1 2 3 4 5 6
.
5 3 2 4 6 1
2. p2 =
1 2 3 4 5 6
.
3 1 2 5 6 4
3. p3 =
1 2 3 4 5 6
.
4 5 6 1 3 2
!
!
692 / 1411
Stirling-Zahlen erster Art
sn,k gibt die Anzahl der Permutationen in Zyklenschreibweise (s. Folie 333)
von n
Elementen mit genau k (nichtleeren) Zyklen an. Man schreibt oft auch kn statt sn,k .
Beispiel
Es gibt genau 11 Permutationen über [4] mit genau 2 Zyklen:
(1)(2, 3, 4) , (1)(2, 4, 3) , (2)(1, 3, 4) , (2)(1, 4, 3) ,
(3)(1, 2, 4) , (3)(1, 4, 2) , (4)(1, 2, 3) , (4)(1, 3, 2) ,
(1, 2)(3, 4) , (1, 3)(2, 4) , (1, 4)(2, 3) .
Also ist s4,2 = 11.
Erinnerung
Man kann die Elemente innerhalb eines Zykels beliebig „shiften“, z.B.:
(1, 2, 3) = (2, 3, 1) = (3, 1, 2) 6= (1, 3, 2) = (2, 1, 3) = (3, 2, 1)
693 / 1411
Quizfragen
1. Was ist s3,1 ?
2. Was ist s3,2 ?
3. Was ist s4,1 ?
4. Was ist s4,3 ?
5. Was ist sn,0 für n ∈ N?
6. Was ist sn,1 für n ∈ N?
7. Was ist sn,n−1 für n ∈ N?
8. Was ist sn,n für n ∈ N0 ?
694 / 1411
Antworten
1. s3,1 = 2.
2. s3,2 = 3.
3. s4,1 = 6.
4. s4,3 = 6.
5. sn,0 = 0.
6. sn,1 =
n!
n
7. sn,n−1 =
= (n − 1)!.
n
2 .
8. sn,n = 1.
695 / 1411
Info
Die Werte von sn,k können in folgendem Dreieck abgelesen werden.
k
0
n
1
2
3
4
5
6
0
1
1
0
1
2
0
1
1
3
0
2
3
1
4
0
6
11
6
1
5
0
24
50
35
10
1
6
0
120
274
225
85
15
1
7
0
720 1764 1624 735
175
21
7
8
z.B. s5,3 = 35
1
696 / 1411
Rekursive Berechnung
Die Stirling-Zahl erster Art sn,k genügt für alle n, k ∈ N mit k ≤ n die Rekursion
sn,k = sn−1,k−1 + (n − 1) · sn−1,k
mit s0,0 = 1, sn,0 = 0 und sn,n = 1 für alle n ∈ N.
697 / 1411
Intuition
Wenn man k Zyklen mit Zahlen aus [n] füllen möchte, dann kann das Element n
entweder alleine in einem Zyklus sein oder nicht (deswegen „+“).
I
Falls n alleine in einem Zyklus ist, so hat man für die restlichen n − 1 Elemente
nur noch k − 1 Zyklen. Daher gibt es hierfür sn−1,k−1 Möglichkeiten.
I
Falls n nicht alleine in einem Zyklus ist, so muss man die restlichen n − 1
Elemente in allen k Zyklen verteilen (sn−1,k Möglichkeiten) und dann (deswegen
jetzt „·“) das Element n rechts von einem der n − 1 restlichen Elemente in dem
entsprechenden Zyklus hinzufügen (n − 1 Möglichkeiten). Insgesamt gibt es
hierfür (n − 1) · sn−1,k Möglichkeiten.
698 / 1411
Rechenregeln für Stirlingzahlen erster Art
Folgende Rechenregeln sind für Stirlingzahlen erster Art wichtig. Es gilt für n, k ∈ N0 :
sn,k = sn−1,k−1 + (n − 1) · sn−1,k ,
n
X
1 ≤ n, k
sn,i = n!
(Rekursive Berechnung)
(Zeilensumme)
i=0
1≤n
sn,0 = 0 ,
sn,1 = (n − 1)! ,
1≤n
!
sn,n−1 =
n
n · (n − 1)
=
,
2
2
1≤n
sn,n = 1
Diese Rechenregeln kann man sehr schön am Dreieck für Stirlingzahlen erster Art
erkennen!
699 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.3.1.
3.3.2.
3.3.3.
3.3.4.
3.3.5.
Binomialkoeffizienten
Stirling-Zahlen erster Art
Stirling-Zahlen zweiter Art
Zahlpartitionen
Sonstige Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
700 / 1411
Stirling-Zahlen zweiter Art
Sn,k gibt die Anzahl der Partitionen (s. Folie 43)
einer n-elementigen Menge in k
nichtleere Klassen an. Man schreibt oft auch kn statt Sn,k .
Beispiel
Es gibt genau 7 2-Partitionen der Menge [4]:
{1}, {2, 3, 4} ,
{1, 2}, {3, 4} ,
{2}, {1, 3, 4} ,
{1, 3}, {2, 4} ,
{3}, {1, 2, 4} ,
{4}, {1, 2, 3} ,
{1, 4}, {2, 3} .
Bzw. kurz:
1 | 2, 3, 4
2 | 1, 3, 4
3 | 1, 2, 4
4 | 1, 2, 3
1, 2 | 3, 4
1, 3 | 2, 4
1, 4 | 2, 3
Also ist S4,2 = 7.
701 / 1411
Quizfragen
1. Was ist S3,1 ?
2. Was ist S3,2 ?
3. Was ist S4,1 ?
4. Was ist S4,3 ?
5. Was ist Sn,0 für n ∈ N?
6. Was ist Sn,1 für n ∈ N?
7. Was ist Sn,n−1 für n ∈ N?
8. Was ist Sn,n für n ∈ N0 ?
702 / 1411
Antworten
1. S3,1 = 1.
2. S3,2 = 3.
3. S4,1 = 1.
4. S4,3 = 6.
5. Sn,0 = 0.
6. Sn,1 = 1.
7. Sn,n−1 =
n
2 .
8. Sn,n = 1.
703 / 1411
Info
Die Werte von Sn,k können in folgendem Dreieck abgelesen werden.
k
0
n
1
2
3
4
5
6
0
1
1
0
1
2
0
1
1
3
0
1
3
1
4
0
1
7
6
1
5
0
1
15
25
10
1
6
0
1
31
90
65
15
1
7
0
1
63
301
350
140
21
7
8
z.B. S5,3 = 25
1
704 / 1411
Rekursive Berechnung
Die Stirling-Zahl zweiter Art Sn,k genügt für alle n, k ∈ N mit k ≤ n die Rekursion
Sn,k = Sn−1,k−1 + k · Sn−1,k
mit S0,0 = 1, Sn,0 = 0 und Sn,n = 1 für alle n ∈ N.
705 / 1411
Intuition
Wenn man k Klassen mit Zahlen aus [n] füllen möchte, dann kann das Element n
entweder alleine in einer Klasse sein oder nicht (deswegen „+“).
I
Falls n alleine in einer Klasse ist, so hat man für die restlichen n − 1 Elemente nur
noch k − 1 Klassen. Daher gibt es hierfür Sn−1,k−1 Möglichkeiten.
I
Falls n nicht alleine in einer Klasse ist, so muss man die restlichen n − 1 Elemente
in allen k Klassen verteilen (Sn−1,k Möglichkeiten) und dann (deswegen jetzt „·“)
das Element n in eine der k Klassen hinzufügen (k Möglichkeiten). Insgesamt gibt
es hierfür k · Sn−1 k Möglichkeiten.
706 / 1411
Rechenregeln für Stirlingzahlen zweiter Art
Folgende Rechenregeln sind für Stirlingzahlen zweiter Art wichtig. Es gilt für n, k ∈ N0 :
Sn,k = Sn−1,k−1 + k · Sn−1,k ,
1 ≤ n, k
Sn,0 = 0 ,
1≤n
Sn,1 = 1 ,
1≤n
n−1
Sn,2 = 2
−1 ,
(Rekursive Berechnung)
1≤n
!
Sn,n−1 =
n
n · (n − 1)
=
,
2
2
1≤n
Sn,n = 1
Diese Rechenregeln kann man sehr schön am Dreieck für Stirlingzahlen zweiter Art
erkennen!
707 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.3.1.
3.3.2.
3.3.3.
3.3.4.
3.3.5.
Binomialkoeffizienten
Stirling-Zahlen erster Art
Stirling-Zahlen zweiter Art
Zahlpartitionen
Sonstige Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
708 / 1411
Zahlpartitionen
Pn,k gibt die Anzahl der Partitionen der n-elementigen Multimenge {|1, 1, . . . , 1|} (s. Folie 631)
in k nichtleere Klassen an. Intuitiv gibt Pn,k die Anzahl der Möglichkeiten, n als Summe von k
Summanden aus N darzustellen.
Beispiel
Es gibt genau 4 3-Partitionen über {|1, 1, 1, 1, 1, 1, 1|}:
{|{|1|} , {|1|} , {|1, 1, 1, 1, 1|}|} ,
{|{|1|} , {|1, 1|} , {|1, 1, 1, 1|}|} ,
{|{|1|} , {|1, 1, 1|} , {|1, 1, 1|}|} ,
{|{|1, 1|} , {|1, 1|} , {|1, 1, 1|}|} .
Bzw. kurz:
7 = 1 + 1 + 5 = 1 + 2 + 4 = 1 + 3 + 3 = 2 + 2 + 3.
Also ist P7,3 = 4.
709 / 1411
Quizfragen
1. Was ist P6,4 ?
2. Was ist P6,5 ?
3. Was ist P7,2 ?
4. Was ist P8,3 ?
5. Was ist Pn,0 für n ∈ N?
6. Was ist Pn,1 für n ∈ N?
7. Was ist Pn,2 für n ∈ N?
8. Was ist Pn,n−1 für n ∈ N?
9. Was ist Pn,n für n ∈ N0 ?
710 / 1411
Antworten
1. P6,4 = 2.
2. P6,5 = 1.
3. P7,2 = 3.
4. P8,3 = 5.
5. Pn,0 = 0.
6. Pn,1 = 1.
7. Pn,2 =
n
2
.
8. Pn,n−1 = 1.
9. Pn,n = 1.
711 / 1411
Info
Die Werte von Pn,k können in folgendem Dreieck abgelesen werden.
k
0
n
1
2
3
4
5
6
0
1
1
0
1
2
0
1
1
3
0
1
1
1
4
0
1
2
1
1
5
0
1
2
2
1
1
6
0
2
3
3
2
1
1
7
0
1
3
4
3
2
1
7
8
z.B. P5,3 = 2
1
712 / 1411
Erste Rekursive Berechnung
Die Zahlpartition Pn,k genügt für alle n, k ∈ N mit k ≤ n die Rekursion
Pn,k =
k
X
Pn−k,i = Pn−k,0 + Pn−k,1 + Pn−k,2 + . . . + Pn−k,k
i=0
mit P0,0 = 1, Pn,0 = 0 und Pn,n = 1 für alle n ∈ N.
713 / 1411
Intuition
Man möchte n 1en in k Klassen so verteilen, dass keine Klasse leer bleibt. Man kann
als erstes in jede Klasse zuerst genau eine 1 hinzufügen, so dass wir nur noch n − k
übrig haben. Dann gilt:
I
entweder wir fügen alle restlichen n − k 1en in keine Klasse hinzu (Pn−k,0 = 0
Möglichkeiten, falls n − k 6= 0 bzw. Pn−k,0 = 1 Möglichkeit, falls n − k = 0)
I
oder wir fügen alle restlichen n − k 1en in eine Klasse hinzu (Pn−k,1
Möglichkeiten)
I
oder wir verteilen sie auf zwei Klassen (Pn−k,2 Möglichkeiten)
I
oder wir verteilen sie auf drei Klassen (Pn−k,3 Möglichkeiten)
I
...
I
oder wir verteilen sie auf alle k Klassen (Pn−k,k Möglichkeiten)
714 / 1411
Zweite rekursive Berechnung
Aus der ersten Formel folgt: Pn−1,k−1 = k−1
i=0 Pn−k,i . Ersetzt man nun die ersten
P
k − 1 Summanden der Summe ki=0 Pn−k,i durch Pn−1,k−1 erhält man folgende
äquivalente Aussage für alle n, k ∈ N:
P
Pn,k = Pn−1,k−1 + Pn−k,k
wieder mit P0,0 = 1, Pn,0 = 0 und Pn,n = 1 für alle n ∈ N.
715 / 1411
Intuition
Entweder es gibt mindestens eine Klasse mit nur einer 1 oder nicht.
I
Falls eine Klasse nur eine 1 hat, dann muss man lediglich die restlichen n − 1 1en
auf die restlichen k − 1 Klassen verteilen (Pn−1,k−1 Möglichkeiten)
I
Falls alle Klassen mindestens zwei 1en haben so kann man sich von jeder Klasse
eine 1 „wegdenken“ und nur n − k 1en auf die k Klassen verteilen.
716 / 1411
Rechenregeln für Zahlpartitionen
Folgende Rechenregeln sind für Zahlpartitionen wichtig. Es gilt für n, k ∈ N0 :
k
X
1 ≤ n, k
(Erste rekursive Berechnung)
Pn,k = Pn−1,k−1 + Pn−k,k ,
1 ≤ n, k
(Zweite rekursive Berechnung)
Pn,0 = 0 ,
1≤n
Pn,1 = 1 ,
n
Pn,2 =
,
2
Pn,n−1 = 1 ,
1≤n
Pn,k =
Pn−k,i ,
i=0
1≤n
1≤n
Pn,n = 1
Diese Rechenregeln kann man sehr schön am Dreieck für Zahlpartitionen erkennen!
717 / 1411
Vergleich: sn,k vs. Sn,k vs. Pn,k
Mit sn,k , Sn,k und Pn,k zählen wir die Möglichkeiten irgendwelche Elemente in nicht
unterscheidbaren Zyklen bzw. Klassen zu verteilen.
I
Bei sn,k sind die Elemente alle verschieden und die Reihenfolge der Elemente
innerhalb eines Zykels spielt eine Rolle.
I
Bei Sn,k sind die Elemente, wie bei sn,k , alle verschieden, aber die Reihenfolge der
Elemente innerhalb einer Klasse ist irrelevant.
I
Bei Pn,k sind die Elemente alle gleich (das heißt es spielt keine Rolle welches wo
landet) und die Reihenfolge der Elemente innerhalb einer Klasse ist ebenfalls
irrelevant.
718 / 1411
Übersichtlicher als Tabelle:
Zählkoeffizient
sn,k
Sn,k
Pn,k
Elemente
verschieden
verschieden
gleich
Reihenfolge der Elemente
Zyklus
irrelevant
irrelevant
Reihenfolge der Klassen
irrelevant
irrelevant
irrelevant
Deswegen gilt für alle n, k ∈ N0 :
Pn,k ≤ Sn,k ≤ sn,k .
719 / 1411
Beispiel
s4,2 = 11
S4,2 = 7
P4,2 = 2
(1)(2, 3, 4)
(1)(2, 4, 3)
(2)(1, 3, 4)
(2)(1, 4, 3)
(3)(1, 2, 4)
(3)(1, 4, 2)
(4)(1, 2, 3)
(4)(1, 3, 2)
(1, 2)(3, 4)
(1, 3)(2, 4)
(1, 4)(2, 3)
{{1}, {2, 3, 4}}
{|{|1|} , {|1, 1, 1|}|}
{{2}, {1, 3, 4}}
{{3}, {1, 2, 4}}
{{4}, {1, 2, 3}}
{{1, 2}, {3, 4}}
{{1, 3}, {2, 4}}
{{1, 4}, {2, 3}}
{|{|1, 1|} , {|1, 1|}|}
720 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.3.1.
3.3.2.
3.3.3.
3.3.4.
3.3.5.
Binomialkoeffizienten
Stirling-Zahlen erster Art
Stirling-Zahlen zweiter Art
Zahlpartitionen
Sonstige Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
721 / 1411
Fixpunkte
Seien M eine Menge, f : M → M eine Funktion und x ∈ M ein beliebiges Element. x
ist ein Fixpunkt von f , falls f (x ) = x gilt. Die Menge aller Fixpunkten von f
bezeichnen wir mit fix(f ).
Beispiele
I
Für f : Z → Z mit f (x ) = x 2 gilt fix(f ) = {0, 1}.
I
Für g : Z → Z mit g(x ) = x + 1 gilt fix(g) = ∅.
I
Für h : Z → Z mit h(x ) = x gilt fix(h) = Z.
I
Für die Permutation p = (1, 3)(2)(4, 6, 5)(7) gilt fix(p) = {2, 7}
I
Für die Permutation id[n] = (1)(2)(3) . . . (n) gilt fix(id[n] ) = [n].
722 / 1411
Rencontres-Zahlen
Dn,k gibt die Anzahl der Permutationen einer n-elementigen Menge an, die genau k
Fixpunkte besitzen.
Beispiel
Es gibt genau 6 Permutationen über [4] mit genau 2 Fixpunkten:
(1, 2)(3)(4), (1, 3)(2)(4), (1, 4)(2)(3), (1)(2, 3)(4), (1)(2, 4)(3), (1)(2)(3, 4).
Also ist D4,2 = 6.
723 / 1411
Noch ein Beispiel
Es gibt genau 3! = 6 Permutationen über [3]. Für diese gilt:
p
fix(p)
| fix(p)|
(1)(2)(3)
(1,2)(3)
(1,3)(2)
(1)(2,3)
(1,2,3)
(1,3,2)
{1, 2, 3}
{3}
{2}
{1}
∅
∅
3
1
1
1
0
0
Also gilt:
D3,0 = 2, D3,1 = 3, D3,2 = 0 und D3,3 = 1.
724 / 1411
Info
Die Werte von Dn,k können in folgendem Dreieck abgelesen werden.
k
0
n
1
2
3
4
5
6
0
1
1
0
1
2
1
0
1
3
2
3
0
1
4
9
8
6
0
1
5
44
45
20
10
0
1
6
265
264
135
40
15
0
1
7
1854 1855 924
315
70
21
0
7
8
z.B. D5,3 = 10
1
725 / 1411
Kronecker-Delta
δn,k gibt einfach an, ob n = k gilt oder nicht.
(
δn,k =
1 falls n = k
0 falls n =
6 k
Das Dreieck für δn,k ist entsprechend kompliziert.
k
0
n
1
2
3
0
1
1
0
1
2
0
0
1
3
0
0
0
1
4
0
0
0
0
4
5
1
726 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
3.4.1. Goldene Tabelle
3.4.2. Leere Urnen und Zwischenräume
727 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
3.4.1. Goldene Tabelle
3.4.2. Leere Urnen und Zwischenräume
728 / 1411
Goldene Tabelle
Wir zählen die Anzahl aller möglichen Verteilungen von k Bällen auf n Urnen.
k Bälle → n Urnen
A
B
C
D
Bälle unterscheidbar
Urnen unterscheidbar
Bälle gleich
Urnen unterscheidbar
Bälle unterscheidbar
Urnen gleich
Bälle gleich
Urnen gleich
1
beliebig viele
Bälle pro Urne
(„beliebig“)
2
höchstens ein
Ball pro Urne
(„injektiv“)
3
mindestens ein
Ball pro Urne
(„surjektiv“)
4
genau ein
Ball pro Urne
(„bijektiv“)
nk
nk
n
n! · Sk,n
k−1
k!
k
n−1
1
k+n−1
k
Pn
Sk,i
1
Sk,n
1
Pn
Pk,i
1
Pk,n
1
i=0
i=0
729 / 1411
Infos
I
Damit die Verteilungen injektiv, surjektiv oder bijektiv sein können, muss
entsprechend k ≤ n, k ≥ n oder k = n gelten, sonst ist die Anzahl solcher
Verteilungen natürlich Null ;-)
I
Falls k = n gilt, dann liefern die Formeln für injektiv, surjektiv und bijektiv
dieselben Ergebnisse.
I
Oft steht in den Musterlösungen
I
Falls Bälle und Urnen unterscheidbar sind, dann ist die Verteilung automatisch
eine Funktion.
I
Dieses Modell ist eine Erweiterung des Modells auf Folie 639:
mit Zurücklegen ohne Zurücklegen
Reihenfolge relevant
nk
nk
k+n−1
n
Reihenfolge irrelevant
k
k
nk
k!
statt
k+n−1
.
k
730 / 1411
Rezept
Frage: Wie benutzt man die goldene Tabelle richtig?
Methode: Man stellt sich für jede der gegebenen Mengen folgende zwei Fragen:
Darf ein beliebiges Element aus dieser Menge mit
1. mehreren
2. Null
Elementen aus der anderen Menge in Verbindung stehen?
Hat eine der beiden Mengen auf beide Fragen nein als Antwort, dann sind das die
Bälle! Für die andere Menge gilt dann:
1. Frage
2. Frage
Verteilung
ja
ja
beliebig
nein
ja
injektiv
ja
nein
surjektiv
nein
nein
bijektiv
Bei bijektiven Funktionen ist es dann egal was Bälle und was Urnen sind! ;-)
731 / 1411
Beispiele
1. Wir würfeln mit mehreren Würfeln gleichzeitig. Jeder Würfel zeigt eine von 6
verschiedenen Zahlen.
I
I
Es kann nicht passieren, dass ein Würfel mehr als eine oder keine Zahl zeigt.
Eine Zahl kann mehr als einmal oder auch Null mal vorkommen.
Es gilt also:
f : Würfeln → Zahlen
(beliebig)
2. Wir verteilen ganze Schokoladen auf Studenten.
I
I
Es gibt gierige Studenten die mehr als eine Schokolade essen und auch andere die
auf Diät sind und gar keine essen.
Schokoladen werden nicht geteilt und auch nicht weggeschmissen.
Es gilt also:
f : Schokoladen → Studenten
(beliebig)
732 / 1411
3. Hühner legen bekanntlich Eier.
I
I
Ein Huhn kann mehrere oder auch gar keine Eier legen.
Ein Ei wird nicht von mehreren Hühnern gelegt und entsteht auch nicht von alleine.
Es gilt also:
f : Eier → Hühner
(beliebig)
4. Wir spielen Lotto. Es werden Zahlen ohne zurücklegen gezogen.
I
I
Eine Zahl kann nicht mehrmals gezogen werden, aber es kann schon passieren, dass
sie nicht gezogen wird.
In einer Ziehung kann man nicht mehr und auch nicht weniger als eine Zahl ziehen.
Es gilt also:
f : Ziehungen → Zahlen
(injektiv)
733 / 1411
5. Informatikstudenten organisieren sich, um zusammen in Autos nach Garching zu
fahren.
I
I
Ein Student kann nicht in zwei Autos sein und bleibt auch nicht ohne
Mitfahrgelegenheit.
In einem Auto passen mehrere Studenten rein, aber das Auto kann nicht leer sein
(noch fahren Autos nicht von alleine).
Es gilt also:
f : Informatikstudenten → Autos
(surjektiv)
6. Jeder von 11 Fußballspieler zieht vor dem Spiel eins von 11 Trikots an.
I
I
Kein Spieler trägt mehr oder weniger als ein Trikot.
Kein Trikot wird von mehr oder weniger als ein Spieler getragen.
Es gilt also:
f : Fußballspieler → Trikots
(bijektiv)
f : Trikots → Fußballspieler
(bijektiv)
Oder auch:
734 / 1411
Quizfragen
Eine Banane, ein Apfel, eine Orange und eine Pflaume werden auf 2 Körbe verteilt.
Wie viele Verteilungsmöglichkeiten gibt es in jedem der folgenden Fälle?
1. Die Körbe sind unterscheidbar,
2. Die Körbe sind unterscheidbar und kein Korb darf leer bleiben,
3. Die Körbe sind unterscheidbar und jeder Korb soll genau 2 Obststücke bekommen,
4. Die Körbe sind nicht unterscheidbar,
5. Die Körbe sind nicht unterscheidbar und kein Korb darf leer bleiben,
6. Die Körbe sind nicht unterscheidbar und jeder Korb soll genau 2 Obststücke
bekommen.
Gib dein Ergebnis als Zahl und nicht als unausgewertetem mathematischen Ausdruck
an.
735 / 1411
Antworten
1. Verteile 4 unterscheidbare Bälle auf 2 unterscheidbare Urnen beliebig: 24 = 16.
2. Verteile 4 unterscheidbare Bälle auf 2 unterscheidbare Urnen surjektiv:
2! · S4,2 = 2 · 7 = 14.
3. Für
den ersten Korb wähle 2 Obststücke aus 4 und für den zweiten 2 aus 2:
4
2
·
2
2 = 6.
4. Verteile 4 unterscheidbare Bälle auf 2 gleiche Urnen beliebig:
S4,1 + S4,2 = 1 + 7 = 8.
5. Verteile 4 unterscheidbare Bälle auf 2 gleiche Urnen surjektiv: S4,2 = 7.
6. Für den ersten Korb wähle 2 Obststücke aus 4 und für den zweiten 2 aus 2. Da
die Körbe gleich sind, sind je zwei Verteilungen identisch und wir müssen durch 2
(4)·(2)
dividieren: 2 2 2 = 3.
736 / 1411
Knifflige Quizfragen
Der Weihnachtsmann hat dieses Jahr von 12 Informatikstudenten der TUM keinen
Wunschzettel bekommen. (Es gibt tatsächlich Leute, die nicht an den Weihnachtsmann
glauben!) Zu Hause am Nordpol hat er noch von Weihnachten 24 identische Socken
übrig, die er jetzt großzügigerweise den Studenten nachträglich schenken möchte. Wie
viele Verteilungsmöglichkeiten gibt es in jedem der folgenden Fälle?
1. Er verteilt alle 24 Socken irgendwie auf die 12 Studenten.
2. Er hält das für zu unpersönlich und entscheidet jede Socke mit einer
unterschiedlichen Farbe zu färben und verteilt sie dann alle irgendwie.
3. Er möchte sparsamer mit seinen Socken umgehen und beschließt 12 der 24
gefärbten Socken irgendwie zu verteilen und 12 für sich zu behalten (für nächstes
Jahr).
4. Er hält diese Idee für zu unfair und beschließt 12 der 24 gefärbten Socken fair zu
verteilen (also eine Socke pro Student) und 12 für sich zu behalten.
5. Er merkt, dass man mit nur einer Socke nicht viel anfangen kann und beschließt
aus den 24 gefärbten Socken 12 Paare zu bilden und diese fair zu verteilen.
737 / 1411
Antworten
1. Verteile 24 gleiche Bälle auf 12 unterscheidbare Urnen beliebig:
24+12−1
24
=
35
24 .
2. Verteile 24 unterscheidbare Bälle auf 12 unterscheidbare Urnen beliebig: 1224 .
3. Wähle zuerst 12 aus 24 und verteile dann die restlichen 12 beliebig.
24
12
· 1212 .
12
24
12
4. Wie 4., aber bijektiv: 24
12 · 12! = 12! · 12! = 24 . Alternativ: verteile die
Studenten injektiv auf die Socken.
5. Wähle für Student 2 aus 24 Socken für Student
1, dann 2 aus
22 für Student 2,
24
22
20
2
24!
dann 2 aus 20 für Student 3, usw.: 2 · 2 · 2 · . . . · 2 = (2!)
12 .
738 / 1411
Themenübersicht
3. Kombinatorik
3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge
3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien
3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten
3.4. Bälle und Urnen
3.4.1. Goldene Tabelle
3.4.2. Leere Urnen und Zwischenräume
739 / 1411
Wir betrachten jetzt Aufgaben die etwa so aussehen:
m verschiedene Urnen stehen nebeneinander. Nun werden n Bälle so auf die
Urnen geworfen, dass in jeder Urne höchstens ein Ball landet und jede Urne,
in der ein Ball landet, benachbarte Urnen beeinflusst.
Die Anzahl an Verteilungsmöglichkeiten ermittelt man nicht, indem man Bälle auf
Urnen verteilt, sondern leere Urnen auf Zwischenräume. Das Rezept dazu steht auf der
nächsten Folie.
740 / 1411
Rezept
Frage: Wie verteilt man leere Urnen auf Zwischenräume?
Methode: Zähle die Anzahl der Möglichkeiten für folgende Schritte und multipliziere
sie zusammen.
1. Stelle die Bälle in eine Reihe (eindeutig, falls alle Bälle gleich sind bzw. n!
Möglichkeiten, falls alle unterschiedlich sind).
2. Von den m Urnen sind n belegt und m − n leer. Verteile einige der leeren Urnen so
auf die n + 1 Zwischenräume neben den Bällen, dass alle notwendigen
Bedingungen erfüllt werden.
3. Verteile schließlich die restlichen leeren Urnen auf die Zwischenräume.
Die Urnen werden dabei als gleich betrachtet. Ihre Nummerierung ergibt sich dann aus
der Verteilung.
741 / 1411
Beispiel
Aufgabe: Wir betrachten ein Parkhaus mit 12 nebeneinander stehenden Parkplätzen
◦◦◦◦◦◦◦◦◦◦◦◦
und drei gleiche Monstertrucks, die dort parken wollen. Aufgrund ihrer absurden Größe,
belegen die Mostertrucks jeweils zwei benachbarte Parkplätze. Außerdem soll links und
rechts von jedem Monstertruck mindestens ein Parkplatz zum Rangieren freigehalten
werden.
Eine Parkmöglichkeit wäre beispielsweise:
◦◦••◦◦••◦••◦
Wie viele solche Parkmöglichkeiten gibt es?
742 / 1411
Lösung: Wir modellieren belegte Parkplätze mit • und freie Parkplätze mit ◦ und
verteilen dann freie Parkplätze auf Zwischenräume wie folgt.
1. Weil die Monstertrucks alle gleich sind, gibt es nur eine Möglichkeit sie in eine
Reihe anzuordnen:
∪••∪••∪••∪
1
2
3
4
2. Weil links und rechts von jedem Monstertruck ein freier Platz sein muss, werden
von den 6 freien Parkplätzen 4 auf die Zwischenräume verteilt (jeweils 1). Hierfür
gibt es auch nur eine Möglichkeit:
◦
◦
◦
◦
1
2
3
4
∪••∪••∪••∪
3. Die übrigen 2 freien Parkplätze werden beliebig auf die
4 unterscheidbaren
2+4−1
Zwischenräume verteilt. Hierfür gibt es genau
= 52 = 10 Möglichkeiten.
2
743 / 1411
Das sind die 10 Parkmöglichkeiten:
1)
2)
3)
4)
5)
6)
7)
8)
9)
10)
◦••◦••◦••◦◦◦
◦••◦••◦◦••◦◦
◦••◦••◦◦◦••◦
◦••◦◦••◦••◦◦
◦••◦◦••◦◦••◦
◦••◦◦◦••◦••◦
◦◦••◦••◦••◦◦
◦◦••◦••◦◦••◦
◦◦••◦◦••◦••◦
◦◦◦••◦••◦••◦
744 / 1411
Quizfragen
Wir betrachten wieder ein Parkhaus mit 40 nebeneinander stehenden Parkplätzen.
Wieder wollen Monstertrucks parken, die jeweils zwei Parkplätze belegen. Wie viele
Parkmöglichkeiten gibt es in den folgenden Szenarien?
1. Es sind 12 gleiche Monstertrucks.
2. Es sind 9 verschiedene Monstertrucks und zwischen je zwei Monstertrucks muss
mindestens ein Parkplatz frei bleiben.
3. Es sind 3 Snakebites, 2 Ghostriders und ein Bigfoot. Außerdem müssen zwischen
je zwei Monstertrucks mindestens drei Parkplätze frei bleiben.
745 / 1411
Antworten
1. Bei 12 gleichen Monstertrucks ist die Reihenfolge eindeutig. Weil zwischen ihnen
keine Parkplätze frei bleiben müssen, werden keine freien Parkplätze im Voraus
verteilt:
∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Schließlich werden die übrigen 16 freienParkplätze beliebig auf 13 Zwischenräume
verteilt. Hierfür gibt es 16+13−1
= 28
16
16 Möglichkeiten. Das ist auch die
Gesamtanzahl an Parkmöglichkeiten.
746 / 1411
2. Bei 9 verschiedenen Monstertrucks gibt es 9! verschiedene Reihenfolgen. Von den
22 freien Parkplätzen werden 8 zwischen den Monstertrucks verteilt (1 pro
Zwischenraum).
◦
◦
◦
◦
◦
◦
◦
◦
2
3
4
5
6
7
8
9
∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • •∪
1
10
Schließlich werden die übrigen 14 freienParkplätze beliebig auf 10 Zwischenräume
verteilt. Hierfür gibt es 14+10−1
= 23
14
14 Möglichkeiten. Insgesamt gibt es also
23
9! · 14 Parkmöglichkeiten.
747 / 1411
6!
3. Bei 3 Snakebites, 2 Ghostriders und einem Bigfoot gibt es 3!·2!·1!
= 60
verschiedene Reihenfolgen. Von den 28 freien Parkplätzen werden 15 zwischen den
Monstertrucks verteilt (3 pro Zwischenraum).
◦◦◦
◦◦◦
◦◦◦
◦◦◦
◦◦◦
2
3
4
5
6
∪•• ∪ •• ∪ •• ∪ •• ∪ •• ∪ ••∪
1
7
Schließlich werden die übrigen 13
freien
Parkplätze beliebig auf 7 Zwischenräume
19
verteilt. Hierfür gibt es 13+7−1
=
Möglichkeiten.
Insgesamt gibt es also
13
13
19
60 · 13 verschiedene Parkmöglichkeiten.
748 / 1411
Quizfragen
7 Studenten bekommen am Tag der DS Klausur Sitzplätze in der ersten Reihe des
Hörsaales zugewiesen. Diese besitzt 24 Sitzplätze. Wie viele mögliche Verteilungen gibt
es in den folgenden Szenarien?
1. Damit sie nicht voneinander abschreiben können, sollen zwischen je zwei
Studenten mindestens zwei Sitzplätze frei bleiben.
2. 3 der 7 Studenten kommen zu früh in die Klausur und legen sich auf den
Sitzplätzen zum Schlafen hin. Dabei belegt jeder genau 5 Sitzplätze.
3. Nun erscheinen für die Klausur doppelt so viele Studenten wie angemeldet waren.
Das heißt, dass 14 Studenten sich nun die erste Reihe teilen müssen. Dabei dürfen
die äußeren zwei Sitzplätze nicht frei bleiben. Weil die Studenten alle voneinander
abschreiben wollen, soll es zwischen je zwei Studenten höchstens einen freien
Platz geben.
Hinweis: Natürlich sind Studenten unterscheidbar! ;-)
749 / 1411
Antworten
Wir modellieren freie Sitzplätze mit ◦ und belegte Sitzplätze mit •.
1. Bei 7 Studenten gibt es 7! Reihenfolgen. Von den 17 freien Sitzplätzen werden 12
zwischen den Studenten verteilt:
◦◦
◦◦
◦◦
◦◦
◦◦
◦◦
2
3
4
5
6
7
∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪
1
8
Schließlich werden die übrigen 5 freien Sitzplätze beliebig auf 8 Zwischenräume
verteilt. Hierfür gibt es 5+8−1
= 12
5
5 Möglichkeiten. Insgesamt gibt es also
12
7! · 5 Verteilungsmöglichkeiten.
750 / 1411
2. Bei 3 Studenten gibt es 3! Reihenfolgen. Weil jeder von ihnen 5 Sitzplätze belegt,
gibt es 9 frei Sitzplätze. Weil zwischen den Studenten keine Sitzplätze frei bleiben
müssen, werden keine freien Sitzplätze im Voraus verteilt:
∪•••••∪•••••∪•••••∪
1
2
3
4
Schließlich werden die9 freien
Sitzplätze beliebig auf 4 Zwischenräume verteilt.
9+4−1
12
Hierfür gibt es
= 9 Möglichkeiten. Insgesamt gibt es also 3! · 12
9
9
Verteilungsmöglichkeiten.
751 / 1411
3. Bei 14 Studenten gibt es 14! Reihenfolgen. Weil zwischen den Studenten keine
Sitzplätze frei bleiben müssen, werden keine freien Sitzplätze im Voraus verteilt:
•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Weil die äußeren Sitzplätze nicht frei sein dürfen, gibt es nur die 13 inneren
Zwischenräume. Die übrigen 10 freien Sitzplätze werden also so auf 13
Zwischenräume, dass jeder Zwischenraum
höchstens einen freien Platz bekommt
(injektiv). Hierfür gibt es 13
Möglichkeiten.
Insgesamt gibt es also 14! · 13
10
10
Verteilungsmöglichkeiten.
752 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.2. Bäume
4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise
4.4. Planarität und Färbung
4.5. Matchings
753 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.1.1. Wichtige Begriffe
4.1.2. Wichtige Klassen von Graphen
4.1.3. Sonstige Arten von Graphen
4.2.
4.3.
4.4.
4.5.
Bäume
Euler-Touren und Hamilton-Kreise
Planarität und Färbung
Matchings
754 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.1.1. Wichtige Begriffe
4.1.2. Wichtige Klassen von Graphen
4.1.3. Sonstige Arten von Graphen
4.2.
4.3.
4.4.
4.5.
Bäume
Euler-Touren und Hamilton-Kreise
Planarität und Färbung
Matchings
755 / 1411
Graphen
Sei V2 = {M ⊆ V | |M| = 2} die Menge aller 2-elementigen Teilmengen von V . Ein
Graph G = (V , E ) besteht aus einer Menge V von Knoten und einer Menge E ⊆ V2
von Kanten.
Beispiel
G = (V , E ) mit V = [5] und E = {{1, 2}, {2, 4}, {2, 5}, {3, 5}}:
1
2
4
3
5
Erinnerung: [n] = {1, . . . , n}.
756 / 1411
Infos
I
Nicht irritieren lassen! „ V2 “ ist nur eine Schreibweise und kein Binomialkoeffizient! Es
gilt beispielsweise:
{a, b, c}
= {a, b}, {a, c}, {b, c} .
2
Analog dazu wählt man z.B. „2M “ für die Potenzmenge von M oder „B A “ für die Menge
aller Funktionen f : A → B damit gilt:
M
2 = 2|M| , B A = |B||A| , V = |V | .
2
2
Aber wie gesagt: Dies sind nur Schreibweisen! Es heißt nicht, dass man einfach so Mengen
in Potenzen oder Binomialkoeffizienten einsetzen darf, als wären sie normale Zahlen.
I
Graphen sind ungerichtet, d.h. die Kanten zeigen in keine der beiden Richtungen.
Deswegen zeichnet man sie als Striche und nicht als Pfeile. Die Begriffe Graph,
ungerichteter Graph und einfacher Graph sind bei uns Synonyme.
757 / 1411
Quizfragen
1. Kann ein Graph Schlingen haben?
2. Kann ein Graph Mehrfachkanten haben?
3. Wie viele Graphen mit Knotenmenge V = [5] gibt es?
Hinweise:
I
Eine Schlinge ist eine Kante von einem Knoten zu sich selbst.
I
Eine Mehrfachkante ist eine Kante, die mehrmals vorkommt.
I
Erinnerung: [n] = {1, . . . , n}.
758 / 1411
Antworten
1. Nein! Kanten sind 2-elementige Mengen, d.h. es kann keine Duplikate geben.
2. Auch nicht! Die Kanten sind in einer Menge E enthalten, d.h. wieder sind keine
Duplikate erlaubt.
3.
V
gibt es insgesamt
2 ist die Menge aller „potentiellen“ Kanten. Davon
5
V
5·4
ist,
2 = 2·1 = 10 Stück. Da jede Teilmenge von 2 eine mögliche Kantenmenge
V
entspricht die Anzahl an Graphen genau der Anzahl an Teilmengen von 2 , d.h.:
P
V
2
!!
V
5
= 2|( 2 )| = 2(2) = 210 = 1024.
759 / 1411
Nachbarschaften, Grade, Gradfolge und k-Regularität
Sei G = (V , E ) ein Graph.
I
Die Nachbarschaft Γ(v ) („Gamma“) von einem Knoten v ist die Menge aller
Knoten die mit v durch eine Kante verbunden sind, also:
Γ(v ) := {w ∈ V | {v , w } ∈ E } .
Die Knoten in Γ(v ) werden Nachbarn von v genannt.
I
Der Grad deg(v ) eines Knotens v ist die Anzahl der Knoten, die mit v durch eine
Kante verbunden sind, also:
deg(v ) := |Γ(v )|.
I
Sei V = {v1 , . . . , vn }. Dann heißt (deg(v1 ), . . . , deg(vn )) eine Gradfolge von G.
I
∆(G) := max {deg(v ) | v ∈ V } ist der Maximalgrad von G.
I
δ(G) := min {deg(v ) | v ∈ V } ist der Minimalgrad von G.
I
Besitzt G die Gradfolge (k, k, . . . , k), so heißt G k-regulär.
760 / 1411
Beispiel
Sei G = (V , E ) folgender Graph:
1
2
3
4
Es gilt:
I
Γ(1) = {3}, Γ(2) = {}, Γ(3) = {1, 4} und Γ(4) = {3}.
I
deg(1) = 1, deg(2) = 0, deg(3) = 2 und deg(4) = 1.
I
Eine Gradfolge von G ist (0, 1, 1, 2).
I
Der Maximalgrad von G ist ∆(G) = 2.
I
Der Minimalgrad von G ist δ(G) = 0.
I
G ist nicht k-regulär.
761 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei G = (V , E ) folgender Graph:
1
4
2
3
Es gilt:
I
Γ(1) = {2, 3, 4}, Γ(2) = {1, 3, 4}, Γ(3) = {1, 2, 4} und Γ(4) = {1, 2, 3}.
I
deg(1) = 3, deg(2) = 3, deg(3) = 3 und deg(4) = 3.
I
Die einzige Gradfolge von G ist (3, 3, 3, 3).
I
Der Maximalgrad von G ist ∆(G) = 3.
I
Der Minimalgrad von G ist δ(G) = 3.
I
G ist 3-regulär.
762 / 1411
Info
Manchmal wird gefordert, dass eine Gradfolge auf- oder absteigend sortiert sein soll.
Dies ist bei uns nicht der Fall. Insbesondere kann ein Graph also verschiedene
Gradfolgen haben. Beispielsweise besitzt der Graph
1
2
3
4
vier verschiedene Gradfolgen: (1, 1, 1, 3), (1, 1, 3, 1), (1, 3, 1, 1) und (3, 1, 1, 1).
763 / 1411
Wege, Pfade und Kreise
Sei G = (V , E ) ein Graph.
I
Ein Weg der Länge k ist eine nichtleere Folge (v0 , v1 , v2 , . . . , vk ) von k + 1
Knoten mit
{v0 , v1 }, {v1 , v2 }, . . . , {vk−1 , vk } ∈ E .
|
{z
k paarweise benachbarte Kanten
}
I
Ein Pfad der Länge k ist ein Weg (v0 , . . . , vk ), in dem alle Knoten v0 , . . . , vk
paarweise verschieden sind.
I
Ein Kreis der Länge k ist ein Weg (v0 , . . . , vk ), in dem alle Knoten v0 , . . . , vk−1
paarweise verschieden sind und v0 = vk gilt.
Info
Graphen, die keine Kreise besitzen, nennt man kreisfrei oder azyklisch.
764 / 1411
Beispiel
Sei G = (V , E ) folgender Graph:
1
2
4
3
5
I
(1, 2, 4, 5, 2, 3) ist ein Weg der Länge 5, der weder Pfad noch Kreis ist.
I
(1, 2, 3) ist ein Pfad der Länge 2.
I
(2, 4, 5, 2) ist ein Kreis der Länge 3.
765 / 1411
Erreichbarkeit und Zusammenhangskomponenten
Sei G = (V , E ) ein Graph.
I
Der Knoten w ist vom Knoten v aus erreichbar, falls ein Pfad (v , . . . , w ) in G
existiert.
I
Die Erreichbarkeit ist eine reflexive, symmetrische und transitive Relation auf
Knoten, d.h. eine Äquivalenzrelation.
I
Die Menge aller Knoten, die sich untereinander erreichen können, bilden eine
Äquivalenzklasse und werden eine Zusammenhangskomponente von G gennant.
I
Besitzt G genau eine Zusammenhangskomponente, dann nennt man G
zusammenhängend.
766 / 1411
Beispiel
Sei G = (V , E ) folgender Graph:
1
4
2
5
3
6
7
I
G hat genau 3 Zusammenhangskomponenten: {4}, {1, 2, 5, 6} und {3, 7}.
I
G ist nicht zusammenhängend.
767 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei G = (V , E ) folgender Graph:
1
4
2
5
3
6
7
I
G hat nur eine Zusammenhangskomponente: {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7}. D.h. jeder Knoten
ist von jedem anderen aus erreichbar.
I
G ist also zusammenhängend.
768 / 1411
k-partite Graphen
Sei G = (V , E ) ein Graph und k ∈ N0 . G heißt k-partit, falls es eine k-Partition P der
Knotenmenge V gibt, so dass keine Kante vollständig in eine der Klassen enthalten ist.
D.h.:
∀u, v ∈ V , A ∈ P : {u, v } ∈ E =⇒ {u, v } 6⊆ A .
Infos
I
Was eine k-Partition war kann auf Folie 43 aufgefrischt werden.
I
2-partite Graphen heißen bipartit und 3-partite tripartit.
I
Dass ein Graph mehrere solcher k-Partitionen besitzt heißt nicht, dass es mehrere
verschiedene k-partite Graphen sind.
769 / 1411
Beispiel
Der folgende Graph ist bipartit.
3
2
4
1
5
6
1
2
3
4
5
6
In der rechten Zeichnung wurden die Knoten umgeordnet und die zugrundeliegende
Bipartition P = {{1, 3, 5}, {2, 4, 6}} eingezeichnet.
770 / 1411
Noch ein Beispiel
Der folgende Graph ist tripartit.
1
1
2
4
3
5
4
5
3
6
2
6
In der rechten Zeichnung wurden die Knoten umgeordnet und die zugrundeliegende
Tripartition P = {{1, 5}, {2, 6}, {3, 4}} eingezeichnet.
771 / 1411
Ein letztes Beispiel
Der folgende Graph ist 4-partit.
2
1
2
3
4
1
3
4
In der rechten Zeichnung wurden die Knoten umgeordnet und die zugrundeliegende
4-Partition P = {{1}, {2}, {3}, {4}} eingezeichnet.
772 / 1411
Quizfragen
1. Ist jeder k-partite Graph G = (V , E ) mit |V | > k auch (k + 1)-partit?
2. Ist jeder k-partite Graph G = (V , E ) mit k > 1 auch (k − 1)-partit?
3. Wann ist ein Graph G = (V , E ) 1-partit?
773 / 1411
Antworten
1. Ja! Wenn keine Kante innerhalb einer Knotenteilmenge Vi verläuft, dann kann
man Vi beliebig in zwei weitere Mengen aufteilen und innerhalb von diesen wird
ebenfalls keine Kante verlaufen. Somit ist jeder Graph G = (V , E ) automatisch
|V |-partit.
2. Nein! Die Graphen aus den letzten drei Beispielen können als Gegenbeispiel
benutzt werden. Der Graph auf Folie 770 ist bipartit, aber nicht 1-partit, der auf
Folie 771 ist tripartit, aber nicht bipartit und der auf Folie 772 ist 4-partit, aber
nicht tripartit. Wäre diese Aussage auch wahr, dann wäre jeder Graph G = (V , E )
automatisch 1-, 2-, 3-, . . . und |V |-partit, was echt seltsam wäre.
3. Wenn V 6= ∅ und E = ∅. Gäbe es eine Kante {u, v } in E , dann könnten u und v
nicht in derselben Klasse sein und G wäre nicht 1-partit. Andererseits, falls V = ∅,
dann ist nach Folie 43 P = {} die einzige mögliche Partition der Knotenmenge V
und G wäre dann 0-partit.
774 / 1411
Teilgraphen und induzierte Teilgraphen
Sei G = (V , E ) ein Graph.
V 0
2 gilt.
0
und E 0 = E ∩ V2
I
H = (V 0 , E 0 ) heißt Teilgraph von G, falls V 0 ⊆ V und E 0 ⊆ E ∩
I
H = (V 0 , E 0 ) heißt induzierter Teilgraph von G, falls V 0 ⊆ V
gilt.
Erinnerung
V 0
2
enthält alle möglichen Kanten über der neuen Knotenmenge V 0 .
775 / 1411
Beispiel
Seien G = (V , E ) und H = (V 0 , E 0 ) folgende Graphen:
1
2
3
4
G
1
3
4
H
H ist ein Teilgraph von G, aber kein induzierter Teilgraph, da {1, 3} ∈
/ E0
776 / 1411
Quizfrage
Was ist an folgender Überlegung falsch?
Möchte man zu G = (V , E ) einen Teilgraph H = (V 0 , E 0 ) konstruieren, so
hat man |P(V )| = 2|V | verschiedene Möglichkeiten für V 0 und |P(E )| = 2|E |
für E 0 . G hat also
2|V | · 2|E | = 2|V |+|E |
verschiedene Teilgraphen.
777 / 1411
Antwort
Das ist nur eine obere Schranke. Es gibt zwar genau 2|V |+|E | Möglichkeiten ein Tupel
(V 0 , E 0 ) zu konstruieren, aber im Allgemeinen sind einige davon keine Graphen,
beispielsweise wenn {vi , vj } ∈ E 0 aber vi , vj ∈
/ V 0.
Deswegen kann man nur sagen, dass G höchstens so viele Teilgraphen besitzt.
778 / 1411
Graphenisomorphie
Zwei Graphen G = (V , E ) und H = (V 0 , E 0 ) sind genau dann isomorph zueinander
(G ∼
= H), wenn es eine Bijektion h : V → V 0 gibt, so dass für alle u, v ∈ V gilt:
{u, v } ∈ E
⇐⇒ {h(u), h(v )} ∈ E 0 .
Intuitiv sind also G und H isomorph zueinander, wenn man die Knoten von G so
umbenennen kann, dass G und H identisch sind.
Infos
I
Die Funktion h wird Isomorphismus genannt.
I
Isomorphe Graphen haben dieselbe „Form“.
I
Die Isomorphie ist eine Relation über Graphen. Sie ist reflexiv, symmetrisch und
transitiv, also eine Äquivalenzrelation.
779 / 1411
Beispiel
Seien G = (V , E ) und H = (V 0 , E 0 ) folgende Graphen
1
2
4
3
5
4
1
5
G
2
3
H
Mögliche Isomorphismen h1 , h2 : V → V 0 wären:
h1 : 1 7→ 4, 2 7→ 1, 3 7→ 2, 4 7→ 5, 5 7→ 3
und
h2 : 1 7→ 5, 2 7→ 1, 3 7→ 2, 4 7→ 4, 5 7→ 3.
780 / 1411
Wichtige Aussagen zu Graphen
1. Handshaking-Theorem. In jedem Graph G = (V , E ) gilt:
P
v ∈V
deg(v ) = 2|E |.
2. Satz von Havel-Hakimi. Seien d1 , . . . , dn ∈ N0 mit d1 ≤ . . . ≤ dn , dann gibt es genau dann
einen Graph G mit Gradfolge (d1 , . . . , dn ), wenn es einen Graph G 0 gibt mit Gradfolge
(d1 , . . . , dn−dn −1 , dn−dn − 1, . . . , dn−1 − 1).
{z
} |
{z
}
|
n − dn − 1 gleich
dn mit „−1“
3. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt:
I
I
Es gibt eine Zusammenhangskomponente in G mit mindestens ∆(G) + 1 Knoten.
Jede Zusammenhangskomponente in G besitzt mindestens δ(G) + 1 Knoten.
4. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt:
G zusammenhängend
G kreisfrei
G kreisfrei
G kreisfrei
G bipartit
∆(G) + δ(G) + 1 ≥ |V |
=⇒ |V | ≤ |E | + 1
=⇒ |V | ≥ |E | + 1
=⇒ |{v ∈ V | deg(v ) = 1}| ≥ 2 (falls |V | ≥ 2)
=⇒ G bipartit
(falls |E | ≥ 1)
=⇒ 4|E | ≤ |V |2
=⇒ G zusammenhängend
(folgt aus 3.)
781 / 1411
Quizfragen
1. Gibt es für jedes n ∈ N einen 3-regulären Graph G mit n Knoten?
2. Gibt es einen Graph G mit Gradfolge (1, 2, 3, 3, 3, 4, 4)?
3. Gibt es einen Graph G mit Gradfolge (2, 4, 4, 6, 6, 6, 7, 7)?
4. Gibt es einen zusammenhängenden Graph G mit Gradfolge
(1, 1, 1, 1, 1, 1, 2, 2, 2, 3, 3)?
5. Ist jeder Graph G mit Gradfolge (2, 2, 3, 3, 4, 4, 6) zusammenhängend?
6. Ist jeder Graph G mit Gradfolge (2, 2, 2, 3, 4, 5, 5, 6, 6, 7, 8) zusammenhängend?
782 / 1411
Antworten
1. Nein! Aus dem Handshaking-Theorem folgt, dass die Summe aller Grade gerade
sein muss. Für n ungerade gibt es also keinen solchen Graph.
2. Ja! Aus dem Satz von Havel-Hakimi folgt, dass G genau dann existiert, wenn ein
Graph mit Gradfolge (0, 0, 0) (3 Knoten, keine Kanten) existiert.
Schritt
1
2
3
4
Gradfolge von G
(1, 2, 3, 3, 3, 4, 4)
(1, 2, 2, 2, 2, 3)
(1, 1, 1, 1, 2)
(0, 0, 1, 1)
Gradfolge von G 0
(1, 2, 2, 2, 2, 3)
(1, 3, 1, 1, 1)
(1, 1, 0, 0)
(0, 0, 0)
Alternative Schreibweise:
HH
HH
sort.
(1, 2, 3, 3, 3, 4, 4) −→ (1, 2, 2, 2, 2, 3) −→ (1, 2, 1, 1, 1) −→ (1, 1, 1, 1, 2)
HH
sort.
HH
−→ (1, 1, 0, 0) −→ (0, 0, 1, 1) −→ (0, 0, 0)
783 / 1411
3. Nein! Aus dem Satz von Havel-Hakimi folgt, dass G genau dann existiert, wenn
ein Graph mit Gradfolge (0, −1, −1) existiert, was unmöglich ist.
Schritt
1
2
3
4
5
Gradfolge von G
(2, 4, 4, 6, 6, 6, 7, 7)
(1, 3, 3, 5, 5, 5, 6)
(0, 2, 2, 4, 4, 4)
(0, 1, 1, 3, 3)
(0, 0, 0, 2)
Gradfolge von G 0
(1, 3, 3, 5, 5, 5, 6)
(0, 2, 2, 4, 4, 4)
(0, 1, 1, 3, 3)
(0, 0, 0, 2)
(0, −1, −1)
Alternative Schreibweise:
HH
HH
(2, 4, 4, 6, 6, 6, 7, 7) −→ (1, 3, 3, 5, 5, 5, 6) −→ (0, 2, 2, 4, 4, 4)
HH
HH
HH
−→ (0, 1, 1, 3, 3) −→ (0, 0, 0, 2) −→ (0, −1, −1, )
784 / 1411
4. Nein! Für G = (V , E ) würde gelten: |V | = 11 und
|E | = 3+3+2+2+2+1+1+1+1+1+1
= 9. Wegen |V | > |E | + 1 kann G nicht
2
zusammenhängend sein.
5. Ja! Für G = (V , E ) gilt |V | = 7 und ∆(G) = 6, d.h. G besitzt eine
Zusammenhangskomponente, die so groß ist, wie die Anzahl an Knoten.
6. Ja! Wegen ∆(G) = 8 besitzt G = (V , E ) eine Zusammenhangskomponente mit
mindestens 9 Knoten. Wegen δ(G) = 2 hat jede Zusammenhangskomponente
mindestens 3 Knoten. Damit G aus mindestens zwei
Zusammenhangskomponenten besteht, müsste |V | ≥ 9 + 3 = 12 gelten, was nicht
stimmt. Deswegen gilt die Implikation:
∆(G) + δ(G) + 1 ≥ |V | =⇒ G zusammenhängend.
785 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.1.1. Wichtige Begriffe
4.1.2. Wichtige Klassen von Graphen
4.1.3. Sonstige Arten von Graphen
4.2.
4.3.
4.4.
4.5.
Bäume
Euler-Touren und Hamilton-Kreise
Planarität und Färbung
Matchings
786 / 1411
Wichtige Klassen von Graphen
Es gibt Graphen, die immer wieder vorkommen. Diese werden auf den nächsten Folien
vorgestellt.
787 / 1411
Pfade Pn
Sei n ∈ N. Der Graph G = (V , E ) mit V = [n] und
(
E=
{u, v } ∈
V
2
!
)
v = u + 1
heißt Pfad Pn .
788 / 1411
Beispiele
5
4
4
3
3
3
2
2
2
2
1
1
1
1
1
P1
P2
P3
P4
P5
789 / 1411
Quizfrage
Wie viele Kanten besitzt Pn ?
790 / 1411
Antwort
Eine weniger als es Knoten gibt. D.h.:
|E | = n − 1.
791 / 1411
Kreise Cn
Sei n ∈ N eine natürliche Zahl mit n ≥ 3 und V = {v0 , . . . , vn−1 } eine beliebige
n-elementige Menge. Der Graph G = (V , E ) mit
(
E=
{vi , vj } ∈
V
2
!
)
j = (i + 1) mod n
heißt Kreis Cn .
792 / 1411
Beispiele
1
1
1
1
2
2
2
5
6
3
5
4
3
3
C3
2
C4
3
4
C5
4
C6
793 / 1411
Quizfrage
Wie viele Kanten besitzt Cn ?
794 / 1411
Antwort
So viele, wie es Knoten gibt. D.h.:
|E | = n.
795 / 1411
Vollständige Graphen Kn
Sei n ∈ N eine natürliche Zahl und V = {v0 , . . . , vn−1 } eine beliebige n-elementige
Menge. Der Graph G = (V , E ) mit
E=
V
2
!
heißt vollständiger Graph Kn .
Info
In Kn ist also jeder Knoten mit jedem anderen durch eine Kante verbunden.
796 / 1411
Beispiele
v1
v1
v2
v1
v2
v0
v0
K1
v1
v0
K2
v2
v3
v3
K3
v0
v0
K4
v4
K5
797 / 1411
Quizfrage
Wie viele Kanten besitzt Kn ?
798 / 1411
Antwort
So viele, wie es Möglichkeiten gibt, 2 Knoten aus den n zu wählen. D.h.:
!
V |E | = =
2 n
2
!
=
n(n − 1)
.
2
799 / 1411
Vollständige bipartite Graphen Km,n
Seien m, n ∈ N natürliche Zahlen und U = {u0 , . . . , um−1 } bzw. V = {v0 , . . . , vn−1 }
beliebige m- bzw. n-elementige Mengen. Der bipartite Graph G = (U, V , E ) mit
(
E=
{vi , vj } ∈
U ∪V
2
!
)
vi ∈ U und vj ∈ V
heißt vollständiger bipartiter Graph Km,n .
Info
In Km,n ist also jeder Knoten aus U mit jedem aus V verbunden.
800 / 1411
Beispiele
v2
u2
v2
v1
u1
v1
v0
u0
v0
u1
v1
u0
u0
u0
v0
K1,1
v0
K1,2
K2,3
K3,3
801 / 1411
Quizfrage
Wie viele Kanten besitzt Km,n ?
802 / 1411
Antwort
So viele, wie es Möglichkeiten gibt, jedes der m Knoten aus U mit jedem der n Knoten
aus V zu verbinden. D.h.:
|E | = m · n.
803 / 1411
Gittergraphen Mm,n
Seien m, n ∈ N natürliche Zahlen und
V = {vi,j | i ∈ {0, . . . , m − 1 und j ∈ {0, . . . , n − 1}} eine beliebige (n · m)-elementige
Menge. Graph G = (V , E ) mit
(
E=
{vi,j , vk,l } ∈
V
2
!
)
|i − k| + |j − l| = 1
heißt Gittergraph Mm,n .
Info
vi,j und vk,l sind also genau dann verbunden, wenn entweder i und k gleich sind und j
und l sich um genau 1 unterscheiden oder j und l gleich sind und i und k sich um
genau 1 unterscheiden.
804 / 1411
Beispiele
v0,2
v1,2
v0,1
v0,1
v1,1
v0,1
v1,1
v2,1
v3,1
v0,0
v0,0
v0,0
v1,0
v0,0
v1,0
v2,0
v3,0
M1,1
M1,2
M2,3
M4,2
805 / 1411
Quizfrage
Wie viele Kanten besitzt Mm,n ?
806 / 1411
Antwort
Es gibt n(m − 1) „horizontale“ und m(n − 1) „vertikale“ Kanten. D.h.:
|E | = n(m − 1) + m(n − 1) = 2mn − m − n.
Alternativ: Es gibt
I
4 Knoten mit zwei Grad 2 (die Knoten an den Ecken),
I
2(m − 2) + 2(n − 2) Knoten mit Grad 3 (die Knoten an den Seiten) und
I
(m − 2)(n − 2) Knoten mit Grad 4 (die inneren Knoten).
Mit dem Handshaking-Theorem erhalten wir:
|E | =
2 · 4 + 3 · (2(m − 2) + 2(n − 2)) + 4 · (m − 2)(n − 2)
= 2mn − m − n.
2
807 / 1411
Binäre Hyperwürfel Qn
Sei n ∈ N0 eine natürliche Zahl. Der Graph G = (V , E ) heißt n-dimensionaler binärer
Hyperwürfel Qn , falls V = {0, 1}n und
(
E=
{u, v } ∈
V
2
!
)
d(u, v ) = 1
gelten. Der Hamming-Abstand d(u, v ) von u und v gibt die Anzahl der Stellen an, an
denen sich u und v unterscheiden.
Info
Für Wörter u = u1 . . . un und v = v1 . . . vn gilt:
d(u, v ) =
n
X
|ui − vi |,
i=1
Beispiele: d(0010, 0010) = 0, d(0011, 0110) = 2 und d(1011, 0100) = 4.
808 / 1411
Beispiele
110
10
11
111
010
011
100
Q0
0
1
Q1
00
01
Q2
101
000
001
Q3
809 / 1411
Quizfrage
Wie viele Kanten besitzt Qn ?
810 / 1411
Antwort
Es gibt 2n Knoten und jeder Knoten hat genau Grad n. Mit dem
Handshaking-Theorem erhält man:
|E | =
n · 2n
= n · 2n−1 .
2
811 / 1411
Überblick: Wichtige Klassen von Graphen
Hier ist eine kleine Zusammenfassung der Antworten der letzten Quizfragen:
Graph
Parameter
Name
Knoten
Kanten
Pn
Cn
Kn
Km,n
Mm,n
Qn
n≥1
n≥3
n≥1
m, n ≥ 1
m, n ≥ 1
n≥0
Pfad
Kreis
Vollständiger Graph
Vollständiger bipartiter Graph
Gittergraph
Binärer Hyperwürfel
n
n
n
n+m
nm
2n
n−1
n
n(n−1)
2
nm
2nm − n − m
n2n−1
812 / 1411
Quizfragen
1. Für welche n und k ist Pn k-regulär?
2. Für welche n und k ist Cn k-regulär?
3. Für welche n und k ist Kn k-regulär?
4. Für welche m, n und k ist Km,n k-regulär?
5. Für welche m, n und k ist Mm,n k-regulär?
6. Für welche n und k ist Qn k-regulär?
813 / 1411
Antworten
1. Pn ist 0-regulär für n = 1 und 1-regulär für n = 2. Für n ≥ 3 ist Pn nicht k-regulär.
2. Cn ist 2-regulär für alle n ≥ 3.
3. Kn ist (n − 1)-regulär für alle n ≥ 1.
4. Km,n ist genau dann k-regulär, falls k = m = n gilt.
5. Mm,n ist nur dann k-regulär, wenn m, n ≤ 2 gilt. Für m = n = 2 ist Mm,n
2-regulär und für m = n = 1 0-regulär. Sonst ist Mm,n 1-regulär.
6. Qn ist n-regulär für alle n ≥ 0.
814 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.1.1. Wichtige Begriffe
4.1.2. Wichtige Klassen von Graphen
4.1.3. Sonstige Arten von Graphen
4.2.
4.3.
4.4.
4.5.
Bäume
Euler-Touren und Hamilton-Kreise
Planarität und Färbung
Matchings
815 / 1411
Verallgemeinerte Graphen
Ein verallgemeinerter Graph G = (V , E ) besteht aus einer Menge V von Knoten und
einer Multimenge E von 2-elementigen Multimengen über V .
Man nennt solche Graphen auch Multigraphen.
Beispiel
G = (V , E ) mit V = [4] und E = {|{|1, 3|} , {|1, 3|} , {|1, 4|} , {|2, 2|} , {|2, 4|}|}:
1
3
2
4
816 / 1411
Infos
I
Bei verallgemeinerten Graphen haben Kanten keine Richtung.
I
Diesmal kann aber jede Kante beliebig oft vorkommen („Mehrfachkanten“).
I
Auch Kanten von einem Knoten zu sich selbst („Schlingen“) sind erlaubt.
817 / 1411
Gerichtete Graphen
Ein gerichteter Graph G = (V , E ) besteht aus einer Menge V von Knoten und einer
Menge E ⊆ V × V von gerichteten Kanten.
Beispiel
G = (V , E ) mit V = [5] und E = {(1, 2), (2, 4), (2, 5), (5, 3)}:
1
2
4
3
5
818 / 1411
Info
Bei gerichteten Graphen haben Kanten eine Richtung. Deswegen zeichnet man sie als
Pfeile.
819 / 1411
Hypergraphen
Ein Hypergraph G = (V , E ) besteht aus einer Menge V von Knoten und einer Menge
E ⊆ P(V ) von Hyperkanten.
Beispiel
G = (V , E ) mit V = [4] und E = {{1, 2}, {1, 3, 4}}:
1
3
2
4
820 / 1411
Infos
I
Bei Hypergraphen haben Kanten keine Richtung.
I
Eine Kante kann beliebig viele Knoten verbinden.
821 / 1411
Quizfragen
1. Wie viele Kanten kann ein Graph mit n Knoten maximal haben?
2. Wie viele Kanten kann ein gerichteter Graph mit n Knoten maximal haben?
3. Wie viele verschiedene Kanten kann ein verallgemeinerter Graph mit n Knoten
maximal haben?
4. Wie viele Kanten kann ein Hypergraph mit n Knoten maximal haben?
822 / 1411
Antworten
1. So viele wie, es Möglichkeiten gibt, 2 aus n Elementen
ohne Zurücklegen und
ohne Beachtung der Reihenfolge zu ziehen, d.h.: n2 = n·(n−1)
.
2
2. So viele wie, es Möglichkeiten gibt, 2 aus n Elementen mit Zurücklegen und mit
Beachtung der Reihenfolge zu ziehen, d.h.: n2 .
3. So viele wie, es Möglichkeiten gibt, 2 aus n Elementen
mit Zurücklegen
und ohne
(n+1)·n
n+1
=
=
Betrachtung der Reihenfolge zu ziehen, d.h.: 2+n−1
.
2
2
2
4. So viele wie, es Teilmengen von V gibt, d.h.: 2n .
823 / 1411
Wichtig!
Es gibt keine Beziehung zwischen Graphen, gerichteten Graphen und Hypergraphen.
Graphen sind zwar ein Spezialfall von verallgemeinerten Graphen, aber weder ein
Spezialfall noch eine Verallgemeinerung von gerichteten Graphen oder Hypergraphen.
Die letzten zwei stehen auch untereinander in keiner Beziehung.
Die Definitionen und Aussagen bis Folie 812 beziehen sich nur auf normale (bzw.
„ungerichtete“ oder „einfache“) Graphen!
Für die gerichtete Graphen, verallgemeinerte Graphen und Hypergraphen müssten sie
angepasst werden. Das wurde aber, soweit ich weiß, nicht in der Vorlesung gemacht :-)
824 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.2. Bäume
4.2.1. Wichtige Begriffe
4.2.2. Prüfer-Code
4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise
4.4. Planarität und Färbung
4.5. Matchings
825 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.2. Bäume
4.2.1. Wichtige Begriffe
4.2.2. Prüfer-Code
4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise
4.4. Planarität und Färbung
4.5. Matchings
826 / 1411
Wälder und Bäume
Sei G = (V , E ) ein Graph.
I
G heißt Wald, falls er kreisfrei ist.
I
G heißt Baum, falls er kreisfrei und zusammenhängend ist.
I
Bei Bäumen und Wäldern heißen Knoten mit Grad 1 Blätter.
827 / 1411
Beispiel
Sei G = (V , E ) folgender Graph:
1
4
2
5
3
6
7
G ist ein Wald, aber kein Baum. Die Blätter sind 1, 3, 5, 6, 7.
828 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei G = (V , E ) folgender Graph:
1
2
4
3
5
G ist ein Baum mit Blättern 1, 3, 4.
829 / 1411
Spannbäume
Ein Teilgraph T = (V 0 , E 0 ) von G = (V , E ) heißt Spannbaum von G, falls T ein Baum
ist und V 0 = V gilt.
830 / 1411
Beispiel
Sei G = (V , E ) folgender Graph:
1
4
3
2
Einige Spannbäume von G sind:
2
1
1
1
1
4
4
4
4
3
2
3
2
3
2
3
831 / 1411
Wichtige Aussagen zu Bäumen und Wäldern
1. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt:
G zshgd.
⇐⇒ Je zwei Knoten sind in G durch mindestens einen Pfad verbunden
G kreisfrei ⇐⇒ Je zwei Knoten sind in G durch höchstens einen Pfad verbunden
2. Charakterisierung von Bäumen. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt:
G ist ein Baum ⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
G ist kreisfrei und zusammenhängend
G ist zusammenhängend und es gilt |V | = |E | + 1
G ist kreisfrei und es gilt |V | = |E | + 1
Je zwei Knoten sind in G durch genau einen Pfad verbunden
832 / 1411
3. Aus 2. folgt für jeden Graph G = (V , E ):
G Baum =⇒ G kreisfrei
G Baum =⇒ G zusammenhängend
G Baum =⇒ |V | = |E | + 1
4. Ist T = (V , E ) ein Baum mit |V | ≥ 2 Knoten und v ∈ V ein Blatt, so ist der
durch V \ {v } induzierte Graph ebenfalls ein Baum.
5. Jeder zusammenhängende Graph G = (V , E ) enthält mindestens einen
Spannbaum.
6. Satz von Cayley. Es gibt genau nn−2 Bäume mit n Knoten.
833 / 1411
Achtung!
Folgender logischer Schluss ist falsch:
Für jeden Graph G = (V , E ) gelten folgende Äquivalenzen:
G Baum ⇐⇒ G zusammenhängend und kreisfrei
G Baum ⇐⇒ G zusammenhängend und |V | = |E | + 1
Daraus folgt:
G kreisfrei ⇐⇒ |V | = |E | + 1 .
Die letzte Äquivalenz gilt nur, falls G zusammenhängend ist!
Übrigens: Jeder Baum besitzt alle drei Eigenschaften kreisfrei, zusammenhängend und
|V | = |E | + 1. Es reicht aber nur zwei davon zu beweisen, dann folgt die dritte
automatisch. Von diesen drei Eigenschaften kann ein Graph also entweder keine, genau
eine oder alle drei besitzen, aber niemals genau zwei.
834 / 1411
Quizfrage
Sei G = (V , E ) ein Wald mit n Knoten und genau k Komponenten. Wie viele Kanten
enthält G?
835 / 1411
Antwort
Jede der k Komponenten von G kann als Baum Gi = (Vi , Ei ) für i = 1, . . . , k
betrachtet werden. Für jeden dieser Bäume gilt: |Vi | = |Ei | + 1. Daraus folgt:
|E | = |E1 | + . . . + |Ek |
= (|V1 | − 1) + . . . + (|Vk | − 1)
= |V1 | + . . . + |Vk | − k
= |V | − k
= n − k.
Ein Wald mit n Knoten und k Komponenten hat n − k Kanten.
836 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.2. Bäume
4.2.1. Wichtige Begriffe
4.2.2. Prüfer-Code
4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise
4.4. Planarität und Färbung
4.5. Matchings
837 / 1411
Prüfer-Code
Sei n ∈ N mit n ≥ 2. Der Prüfer-Code c zu einem Baum T = ([n], E ) ist ein
(n − 2)-Tupel
c = (c1 , c2 , . . . , cn−2 )
mit c1 , c2 , . . . , cn−2 ∈ [n]. Dabei gilt:
I
Jeder Baum lässt sich durch genau einen Prüfer-Code darstellen.
I
Jeder Prüfer-Code stellt genau einen Baum dar.
838 / 1411
Rezept
Frage: Wie kodiert und dekodiert man Bäume mit dem Prüfer-Code?
Methoden:
(1) Von Baum zu Code:
1. Solange der Baum mehr als 2 Knoten hat, wiederhole:
2.
Entferne das kleinste Blatt vom Baum und füge seinen einzigen
Nachbarn in den Code hinzu;
3. Die letzten zwei Knoten einfach ignorieren;
(2) Von Code zu Baum:
1. Starte die Zeichnung mit allen Knoten die nicht im Code vorkommen;
2. Gehe den Code c = (c1 , c2 , . . . , cn−2 ) von links nach rechts durch und
für jeden Eintrag ci wiederhole:
3.
Von den von ci verschiedenen, noch unmarkierten Knoten im Baum,
die nicht mehr im restlichen Code vorkommen, nimm den kleinsten,
markiere ihn und verbinde ihn mit ci ;
4. Verbinde die letzten 2 unmarkierten Knoten miteinander;
839 / 1411
Beispiel
840 / 1411
Infos
I
Diese Methode stellt eine Bijektion zwischen der Menge aller Bäume mit n
Knoten und der Menge
[n]n−2 = [n] × [n] × . . . × [n]
|
{z
(n−2) mal
}
aller (n − 2)-Tupel über [n] dar.
I
Daraus folgt der Satz von Cayley aus Folie 833.
I
Prüfer-Codes prüfen nichts. Sie wurden von Heinz Prüfer entwickelt! ;-)
841 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende Bäume T1 , T2 und T3 :
1. T1 = ([6], {{1, 2}, {1, 3}, {1, 4}, {1, 5}, {2, 6}}),
2. T2 = ([6], {{1, 3}, {1, 6}, {2, 6}, {3, 4}, {5, 6}}),
3. T3 = ([6], {{1, 2}, {2, 4}, {2, 5}, {3, 4}, {5, 6}}).
Wie sieht der entsprechende Prüfer-Code ci zu jedem Baum Ti aus?
842 / 1411
Antworten
1. c1 = (1, 1, 1, 2).
2. c2 = (6, 3, 1, 6).
3. c3 = (2, 4, 2, 5).
843 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende Prüfer-Codes c1 , c2 und c3 :
1. c1 = (1, 3, 3, 1),
2. c2 = (6, 4, 2, 5),
3. c3 = (1, 1, 1, 1).
Wie sieht der entsprechende Baum Ti zu jedem Prüfer-Code ci aus?
844 / 1411
Antworten
1. T1 = ([6], {{1, 2}, {1, 3}, {1, 6}, {3, 4}, {3, 5}}).
2. T2 = ([6], {{1, 6}, {2, 4}, {2, 5}, {3, 4}, {5, 6}}).
3. T3 = ([6], {{1, 2}, {1, 3}, {1, 4}, {1, 5}, {1, 6}}).
Bemerkung: In der Regel wird nicht erwartet, dass man Graphen als Tupel (V , E )
darstellt. Eine Zeichnung reicht hier und in den meisten Fällen völlig aus :-)
845 / 1411
Quizfragen
1. Was ist der Prüfer-Code c1 zu folgendem Baum T1 ?
9
2
6
1
3
7
4
8
5
T1
2. Wie sieht der Baum T2 zu folgendem Prüfer-Code c2 graphisch aus?
c2 = (1, 2, 3, 2, 1, 2, 3)
3. Was stellt man fest, wenn man die Bäume und Prüfer-Codes der letzten zwei
Fragen miteinander vergleicht?
846 / 1411
Antworten
1. c1 = (6, 3, 8, 8, 3, 3, 6).
2.
4
5
1
8
2
7
6
3
9
T2
3. Dass man die Namen der Knoten im Baum vertauscht, heißt nicht, dass man
einfach die Namen der Komponenten im Code entsprechend vertauschen kann.
847 / 1411
Wichtig!
Weil das Thema Wurzelbäume bisher für die Übungsaufgaben irrelevant war, ist es auf
diesen Folien nicht zu finden. Ihr findet es auf den Seiten 23-30 in den Vorlesungsfolien
zum Thema Bäume.
848 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.2. Bäume
4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise
4.3.1. Euler-Touren
4.3.2. Hamilton-Kreise
4.4. Planarität und Färbung
4.5. Matchings
849 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.2. Bäume
4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise
4.3.1. Euler-Touren
4.3.2. Hamilton-Kreise
4.4. Planarität und Färbung
4.5. Matchings
850 / 1411
Euler-Touren
Sei G = (V , E ) ein Graph.
I
Eine Tour ist eine nichtleere Folge (v0 , v1 , v2 , . . . , vk ) von Knoten mit
{v0 , v1 }, {v1 , v2 }, . . . , {vk−1 , vk } ∈ E
und v0 = vk .
I
Eine Tour in G, bei der jede Kante genau einmal benutzt wird, heißt Euler-Tour.
I
Falls G eine Euler-Tour besitzt, dann heißt er eulersch.
Info
Touren sind Verallgemeinerungen von Kreisen bei denen die Knoten v0 , . . . , vk−1 nicht
notwendigerweise verschieden sein müssen.
851 / 1411
Beispiel
Der folgende Graph ist eulersch:
Eine mögliche Euler-Tour ist (a, b, c, d, e, a, c, e, b, d, a).
852 / 1411
Wichtige Aussage zu Euler-Touren
Satz von Euler. Ein Graph Graph G = (V , E ) ist genau dann eulersch, wenn er
zusammenhängend ist und alle Knoten in ihm geraden Grad haben. D.h.:
G eulersch ⇐⇒ G zusammenhängend und ∀v ∈ V : deg(v ) gerade .
Info
Dieser Satz ist sowohl eine notwendige, als eine hinreichende Bedingung für
Euler-Touren.
853 / 1411
Quizfragen
1. Gibt es einen eulerschen Graph G mit Gradfolge (2, 2, 3, 3, 4, 4)?
2. Gibt es einen eulerschen Graph G mit Gradfolge (2, 2, 2, 2, 2, 2)?
3. Ist jeder Graph G mit Gradfolge (2, 2, 2, 2, 2, 2) eulersch?
854 / 1411
Antworten
1. Nein! G besitzt Knoten mit Grad 3 (ungerade).
2. Ja! Ein Kreis mit 6 Knoten, d.h. der C6 .
3. Nein! Es gibt auch nicht-zusammenhängende Graphen mit Gradfolge
(2, 2, 2, 2, 2, 2), z.B. zwei Kreise mit jeweils 3 Knoten.
855 / 1411
Quizfragen
1. Für welche n ist Pn eulersch?
2. Für welche n ist Cn eulersch?
3. Für welche n ist Kn eulersch?
4. Für welche m und n ist Km,n eulersch?
5. Für welche m und n ist Mm,n eulersch?
6. Für welche n ist Qn eulersch?
856 / 1411
Antworten
Info: Alle 6 Graphen sind zusammenhängend. Es muss also nur überprüft werden, ob
jeder Knoten einen geraden Grad besitzt.
1. Pn ist nur für n = 1 eulersch, weil er sonst mindestens einen Knoten mit Grad 1
besitzt.
2. Cn ist für alle n ≥ 3 eulersch, da alle Knoten Grad 2 haben.
3. Jeder Knoten in Kn hat Grad n − 1. Kn ist also genau dann eulersch, wenn n
ungerade ist.
4. Die Knoten in Km,n haben Grad n oder m. Km,n ist also genau dann eulersch,
wenn m und n gerade sind.
5. Mm,n ist nur für m = n = 1 oder m = n = 2 eulersch, sonst gibt es Knoten mit
Grad 1 oder 3.
6. Jeder Knoten in Qn hat Grad n. Qn ist also genau dann eulersch, wenn n gerade
ist.
857 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.2. Bäume
4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise
4.3.1. Euler-Touren
4.3.2. Hamilton-Kreise
4.4. Planarität und Färbung
4.5. Matchings
858 / 1411
Hamilton-Kreise
Sei G = (V , E ) ein Graph.
I
Ein Kreis in G, bei dem jeder Knoten genau einmal besucht wird, heißt
Hamilton-Kreis.
I
Falls G einen Hamilton-Kreis besitzt, dann heißt er hamiltonsch.
859 / 1411
Beispiel
Der folgende Graph ist hamiltonsch:
Ein möglicher Hamilton-Kreis ist (a, b, c, d, e, f , g, h, i, j, a).
860 / 1411
Quizfrage
Gegeben seien folgende Graphen:
G1
G2
G3
G4
Welche davon sind eulersch und welche hamiltonsch?
861 / 1411
Antworten
eulersch 3
hamiltonsch 3
eulersch 3
hamiltonsch 7
eulersch 7
hamiltonsch 3
eulersch 7
hamiltonsch 7
862 / 1411
Wichtige Aussagen zu Hamilton-Kreisen
1. Kriterium von Ore. Jeder zusammenhängende Graph G = (V , E ) mit |V | ≥ 3, bei dem die
Summe der Grade je zwei nicht-benachbarter Knoten mindestens |V | ist, ist hamiltonsch.
2. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt:
δ(G) ≥ |V2 |
G hamiltonsch
=⇒ G hamiltonsch
(folgt aus 1.)
=⇒ ∀v ∈ V : deg(v ) ≥ 2 (ist logisch ;-))
3. Für jeden bipartiten Graph G = (V1 , V2 , E ) gilt:
G hamiltonsch
=⇒
|V1 | = |V2 | (folgt aus TA 11.2)
Info
Das Kriterium von Ore ist, im Gegensatz zum Satz von Euler, nur eine hinreichende
Bedingung. Ein Graph kann insbesondere hamiltonsch sein, ohne diese Bedingung zu erfüllen!
863 / 1411
Quizfragen
1. Für welche n ist Pn hamiltonsch?
2. Für welche n ist Cn hamiltonsch?
3. Für welche n ist Kn hamiltonsch?
4. Für welche m und n ist Km,n hamiltonsch?
864 / 1411
Antworten
1. Pn ist nur für n = 1 hamiltonsch.
2. Cn ist für alle n ≥ 3 hamiltonsch.
3. Kn ist für alle n ≥ 1 hamiltonsch (jede Anordnung (v1 , . . . , vn ) der Knoten ist ein
Hamilton-Kreis).
4. Km,n ist nur für m, n ≥ 2 und m = n hamiltonsch. Dass Km,n für m ≤ 1, n ≤ 1
oder m 6= n nicht hamiltonsch sein kann, erkennt man leicht. Für n ≥ 2 enthält
Kn,n genau 2n Knoten mit jeweils Grad n. Somit ist die Summe der Grade zweier
beliebiegen Knoten mindestens 2n und der Graph ist nach dem Kriterium von Ore
hamiltonsch.
865 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.2. Bäume
4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise
4.4. Planarität und Färbung
4.4.1. Planarität
4.4.2. Färbung
4.5. Matchings
866 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.2. Bäume
4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise
4.4. Planarität und Färbung
4.4.1. Planarität
4.4.2. Färbung
4.5. Matchings
867 / 1411
Planarität von Graphen
Ein Graph ist planar bzw. eben, falls man ihn auf einer Ebene zeichnen kann, so dass
sich keine Kanten überschneiden.
Info
Man darf Knoten beliebig positionieren und Kanten verbiegen!
868 / 1411
Rezept
Frage: Wie zeigt man, dass ein Graph planar ist?
Methode: Durch eine schöne Zeichnung :-)
869 / 1411
Beispiel
Der folgende Graph ist planar.
1
2
1
2
2
1
3
4
3
4
3
4
870 / 1411
Satz von Kuratowski
I
Ein Graph ist genau dann nicht planar, wenn er einen Teilgraph H besitzt, der
eine Unterteilung des K5 oder des K3,3 ist.
K5
I
K3,3
Eine Unterteilung eines Graphen G ist ein Graph, der dadurch entsteht, in dem
Kanten von G durch Pfade ersetzt werden.
871 / 1411
Infos
I
Jeder Graph ist ein Teilgraph von sich selbst.
I
Jeder Graph ist eine Unterteilung von sich selbst.
872 / 1411
Rezept
Frage: Wie zeigt man, dass ein Graph G nicht planar ist?
Methode: Man findet einen Teilgraph H von G, der eine Unterteilung des K5 oder
des K3,3 ist. (Der Graph H kann auch genau K5 oder K3,3 sein.)
873 / 1411
Beispiel
Der folgende Graph G ist nicht planar, weil er einen Teilgraph H besitzt, der eine
Unterteilung des K3,3 ist.
5
5
Teilgraph
Unterteilung
10
1
4
6
1
4
9
7
6
8
2
7
3
G
1
4
6
9
9
8
2
3
H
2
3
K3,3
Die Partitionsklassen des K3,3 sind hier {1, 3, 9} und {2, 4, 6}.
874 / 1411
Quizfrage
Ist der folgende Graph G planar?
5
10
1
4
6
9
11
7
8
2
3
G
875 / 1411
Antwort
Der Graph G ist nicht planar, weil er einen Teilgraph H besitzt, der eine Unterteilung
des K5 ist.
5
5
Teilgraph
10
5
Unterteilung
10
1
4
6
1
4
9
6
1
4
9
11
7
8
2
7
3
G
8
2
3
H
2
3
K5
876 / 1411
Quizfrage
Ist der folgende Graph G planar?
8
1
2
7
9
10
3
11
6
5
4
G
877 / 1411
Antwort
G ist planar, weil man den mittleren Knoten auch woanders zeichnen kann.
8
1
2
7
9
11
3
6
10
5
4
G
878 / 1411
Quizfrage
Ist der folgende Graph G planar?
8
1
7
2
6
3
5
4
G
879 / 1411
Antwort
Der Graph G ist nicht planar, weil er einen Teilgraph H besitzt, der eine Unterteilung
des K3,3 ist.
Teilgraph
Unterteilung
8
1
8
7
2
1
6
3
5
1
7
2
6
3
5
4
4
G
H
7
2
6
3
5
K3,3
Die Partitionsklassen des K3,3 sind h {1, 3, 6} und {2, 5, 7}.
880 / 1411
Quizfrage
Ist der folgende Graph G planar?
6
1
5
2
4
3
G
881 / 1411
Antwort
Der Graph G ist nicht planar, weil er einen Teilgraph H besitzt, der eine Unterteilung
des K5 ist.
Teilgraph
Unterteilung
6
1
5
1
5
1
5
2
4
2
4
2
4
3
3
3
G
H
K5
In diesem Fall sind H und K5 gleich.
882 / 1411
Quizfrage
Ist der folgende Graph G planar?
4
1
5
2
6
3
7
G
883 / 1411
Antwort
Der Graph G ist nicht planar, weil er einen Teilgraph H besitzt, der eine Unterteilung
des K3,3 ist.
Teilgraph
Unterteilung
4
1
1
1
5
2
5
5
2
2
6
3
4
4
6
6
3
3
7
G
H
K3,3
In diesem Fall sind H und K3,3 gleich. Die Partitionsklassen des K3,3 sind hier {1, 2, 3}
und {4, 5, 6}.
884 / 1411
Eulersche Polyederformel
Sei G = (V , E ) ein planarer Graph.
I
Falls G zusammenhängend ist, dann gilt:
|R| = |E | − |V | + 2 .
I
Falls G genau k Zusammenhangskomponenten besitzt, dann folgt daraus:
|R| = |E | − |V | + k + 1 .
R ist die Menge aller Gebiete (engl. regions).
Info
Ein Gebiet ist einfach ein Stück Zeichenfläche, das von Kanten eingeschlossen wird.
Das „äußere“ Gebiet zählt auch mit!
885 / 1411
Beispiel
Sei G wieder folgender Graph:
Für die Anzahl |R| der Gebiete in G gilt:
|R| = |E | − |V | + 2 = 14 − 10 + 2 = 6.
886 / 1411
Wichtige Aussagen zur Planarität von Graphen
1. Eulersche Polyederformel. Für die Anzahl |R| der Gebiete eines
zusammenhängenden planaren Graphen G = (V , E ) gilt:
|R| = |E | − |V | + 2.
2. Für jeden Graph G = (V , E ):
G planar
=⇒ |E | ≤ 3 · |V | − 6
(falls |V | ≥ 3)
G planar
=⇒ ∃v ∈ V : deg(v ) ≤ 5
G kreisfrei =⇒ G planar
3. Satz von Kuratowski. Ein Graph G = (V , E ) ist genau dann nicht planar, wenn er
einen Teilgraph besitzt, der eine Unterteilung von K5 oder K3,3 ist. Daraus folgt:
| {v ∈ V | deg(v ) ≥ 4} | < 5 und | {v ∈ V | deg(v ) ≥ 3} | < 6 =⇒ G planar
|
{z
Anzahl der Knoten
mit mindestens Grad 4
}
|
{z
Anzahl der Knoten
mit mindestens Grad 3
}
887 / 1411
Quizfragen
1. Gibt es einen planaren Graph G mit Gradfolge (6, 6, 6, 6, 6, 6, 7, 7, 8, 8, 8)?
2. Gibt es einen nicht-planaren Graph G mit Gradfolge (1, 2, 2, 2, 3, 4, 4, 4, 4)?
3. Wie viele Gebiete besitzt ein planarer Graph G = (V , E ) mit k
Zusammenhangskomponenten in Abhängigkeit von |V |, |E | und k?
888 / 1411
Antworten
1. Nein! Kein Knoten v hat Grad deg(v ) ≤ 5 bzw. es gilt:
|E | = 37 > 27 = 3 · |V | − 6.
2. Nein! Damit G einen Teilgraph enthält, der eine Unterteilung von K5 oder K3,3
sollte er mindestens 5 Knoten mit mindestens Grad 4 oder mindestens 6 Knoten
mit mindestens Grad 3. Dies ist nicht der Fall.
3. G besteht aus k planeren Graphen Gi = (Vi , Ei ) mit |Ri | Gebieten für
i = 1, . . . , k. Das „äußere Gebiet“ ist das einzige Gebiet, was sie alle gemeinsam
haben. Daraus folgt:
|R| = (|R1 | − 1) + . . . + (|Rk | − 1) + 1
= |R1 | + . . . + |Rk | − k + 1
= (|E1 | − |V1 | + 2) + . . . + (|Ek | − |Vk | + 2) − k + 1
= |E1 | + . . . + |Ek | − |V1 | − . . . − |Vk | + 2k − k + 1
= |E | − |V | + k + 1.
889 / 1411
Quizfragen
1. Für welche n ist Pn planar?
2. Für welche n ist Cn planar?
3. Für welche n ist Kn planar?
4. Für welche m und n ist Km,n planar?
5. Für welche m und n ist Mm,n planar?
890 / 1411
Antworten
1. Pn ist für alle n ≥ 1 planar.
2. Cn ist für alle n ≥ 3 planar.
3. Kn ist nur für n ≤ 4 planar.
4. Km,n ist nur für m, n ≤ 2 planar.
5. Mm,n ist für alle m, n ≥ 1 planar.
891 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.2. Bäume
4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise
4.4. Planarität und Färbung
4.4.1. Planarität
4.4.2. Färbung
4.5. Matchings
892 / 1411
Färbung von Graphen
Eine Knotenfärbung eines Graphen G = (V , E ) mit k Farben ist eine Abbildung c : V → [k], so
dass keine benachbarte Knoten dieselbe Farbe haben. Es gilt also für alle Knoten v1 , v2 ∈ V :
{v1 , v2 } ∈ E
=⇒ c(v1 ) 6= c(v2 ).
Die chromatische Zahl χ(G) („Chi von G“) von G ist die minimale Anzahl an Farben, die für
eine Knotenfärbung von G benötigt werden.
Infos
I
Statt {blau, rot, gelb, . . .} ist unsere Farbpalette [k] = {1, . . . , k}.
I
Der Ausdruck c(v ) gibt die Farbe des Knotens v an.
I
Der chromatische Index χ0 (G) war bis 2005 Teil des DS-Stoffes. Er gibt die minimale
Anzahl an Farben für eine Kantenfärbung von G an. In einer Kantenfärbung dürfen keine
zwei benachbarten Kanten dieselbe Farbe haben, d.h. für alle e1 , e2 ∈ E :
e1 ∩ e2 6= ∅
=⇒ c(e1 ) 6= c(e2 ).
893 / 1411
Beispiel
Sei G = (V , E ) wieder folgender Graph:
1
2
4
3
5
6
G kann wie folgt gefärbt werden:
c(1) = 1 , c(2) = 2 , c(3) = 3 , c(4) = 3 , c(5) = 1 , c(6) = 2.
Man könnte ihn auch mit 4, 5 oder 6 Farben färben. Weil aber G Dreiecke enthält, ist
das mit weniger als 3 Farben unmöglich. Die chromatische Zahl von G ist also
χ(G) = 3.
894 / 1411
Quizfragen
1. Was ist χ(Pn ) in Abhängigkeit von n?
2. Was ist χ(Cn ) in Abhängigkeit von n?
3. Was ist χ(Kn ) in Abhängigkeit von n?
4. Was ist χ(Km,n ) in Abhängigkeit von m und n?
5. Was ist χ(Mm,n ) in Abhängigkeit von m und n?
6. Was ist χ(Qn ) in Abhängigkeit von n?
895 / 1411
Antworten
(
1, falls n = 1
2, sonst
(
2, falls n gerade
3, sonst
1. χ(Pn ) =
2. χ(Cn ) =
3. χ(Kn ) = n.
4. χ(Km,n ) = 2.
(
5. χ(Mm,n ) =
(
6. χ(Qn ) =
1, falls n = 1 und m = 1
2, sonst
1, falls n = 1
2, sonst
896 / 1411
Wichtige Aussagen zur Färbbarkeit von Graphen
1. Für jeden Graph G = (V , E ) mit |V | ≥ k gilt:
G ist k-partit ⇐⇒ G ist k-färbbar ⇐⇒ χ(G) ≤ k .
2. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt:
G planar =⇒ χ(G) ≤ 4 (Vier-Farben-Satz)
G Baum =⇒ χ(G) = 2 (falls |V | ≥ 2)
3. Greedy-Färbung. Für jeden Graph G gilt:
χ(G) ≤ ∆(G) + 1.
897 / 1411
Themenübersicht
4. Graphentheorie
4.1. Grundlagen Graphen
4.2. Bäume
4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise
4.4. Planarität und Färbung
4.5. Matchings
898 / 1411
Matchings
Sei G = (V , E ) ein Graph. Ein Matching M ist eine Menge M ⊆ E von paarweise
disjunkten Kanten.
Ein Matching ist perfekt, falls jeder Knoten zu genau einer Kante von M gehört, d.h.
falls gilt:
|V |
|M| =
.
2
899 / 1411
Beispiel
Sei G = (V , E ) wieder folgender Graph:
1
2
4
3
5
6
I
M1 = {{1, 2}, {2, 5}, {3, 6}} ist kein Matching, weil die Kanten {1, 2} und {2, 5}
nicht disjunkt sind.
I
M2 = {{1, 2}, {5, 6}} ist ein Matching, aber kein perfektes Matching, weil die
Knoten 3 und 4 in M2 nicht vorkommen.
I
M3 = {{1, 4}, {2, 5}, {3, 6}} ist ein perfektes Matching.
900 / 1411
Heiratssatz von Hall
Für einen bipartiten Graphen G = (V1 , V2 , E ) gibt es genau dann ein Matching M der
Kardinalität |V1 |, wenn gilt:
∀X ⊆ V1 : |Γ(X )| ≥ |X |.
Hierbei ist Γ(X ) die Menge der Nachbarn aller Knoten aus X .
Info
Eine sehr sehr wichtige Folgerung von diesem Satz ist, dass jeder bipartite, k-reguläre
Graph G ein perfektes Matching hat. D.h.:
G bipartit und k-regulär =⇒ G hat perfektes Matching .
901 / 1411
Beispiel
Sei G = (V1 , V2 , E ) folgender bipartite Graph:
4
1
5
2
6
3
7
V1
X
Γ(X )
{}
{1}
{2}
{3}
{1, 2}
{1, 3}
{2, 3}
{1, 2, 3}
{}
{4}
{4, 5, 6}
{6, 7}
{4, 5, 6}
{4, 6, 7}
{4, 5, 6, 7}
{4, 5, 6, 7}
V2
Da für alle X ⊆ V1 die Ungleichung |X | ≤ |Γ(X )| gilt, gibt es ein Matching M mit
|M| = |V1 | = 3, z.B.:
M = {{1, 4}, {2, 5}, {3, 6}}.
902 / 1411
Wichtig!
Weil das Thema Stabile Heiraten sehr selten in Übungsaufgaben vorkommt, ist es auf
diesen Folien nicht zu finden. Falls das Thema im aktuellen Semester relevant ist,
solltet ihr euch unbedingt die Vorlesungsfolien dazu anschauen.
903 / 1411
Wichtige Aussagen zu Matchings
1. Heiratssatz von Hall. Für einen bipartiten Graphen G = (V1 , V2 , E ) gibt es genau
dann ein Matching M der Kardinalität |V1 |, wenn gilt:
∀X ⊆ V1 : |Γ(X )| ≥ |X |.
2. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt:
G hat perfektes Matching =⇒ |V | ist gerade
3. Für jeden bipartiten Graph G = (V1 , V2 , E ) gilt:
G ist k-regulär
=⇒ G hat perfektes Matching (folgt aus 1.)
G hat perfektes Matching =⇒ |V1 | = |V2 |
904 / 1411
Quizfragen
1. Für welche n besitzt Pn ein perfektes Matching?
2. Für welche n besitzt Cn ein perfektes Matching?
3. Für welche n besitzt Kn ein perfektes Matching?
4. Für welche m und n besitzt Km,n ein perfektes Matching?
5. Für welche m und n besitzt Mm,n ein perfektes Matching?
6. Für welche n besitzt Qn ein perfektes Matching?
905 / 1411
Antworten
1. Pn besitzt genau dann ein perfektes Matching, wenn n gerade ist.
2. Cn besitzt genau dann ein perfektes Matching, wenn n gerade ist.
3. Kn besitzt genau dann ein perfektes Matching, wenn n gerade ist.
4. Km,n besitzt genau dann ein perfektes Matching, wenn m = n gilt.
5. Mm,n besitzt genau dann ein perfektes Matching, wenn m oder n gerade sind.
6. Qn besitzt für alle n ≥ 1 ein perfektes Matching.
906 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.3. Endliche Körper
5.4. RSA-Verfahren
907 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.3. Endliche Körper
5.4. RSA-Verfahren
908 / 1411
Operatoren
I
Ein Operator ◦ über einer Menge A mit Arität (oder Stelligkeit) n ist eine Funktion
◦ : An → A.
I
Eine Menge B ⊆ A heißt in ◦ abgeschlossen, falls für alle a1 , . . . , an ∈ A gilt:
a1 , . . . , an ∈ B =⇒ ◦(a1 , . . . , an ) ∈ B .
909 / 1411
Beispiele
Folgende sind Operatoren über R:
Operator
Symbol
Arität
Addition
Subtraktion
Multiplikation
Maximum
Minimum
Negation
+
−
·
max
min
−
2
2
2
2
2
1
Die Division : ist ein Operator über R \ {0} mit Stelligkeit 2. Sie ist kein Operator über
R, weil man durch Null nicht dividieren darf.
910 / 1411
Mehr Beispiele
Für eine beliebige Menge A sind folgende Operatoren über P(A):
Operator
Symbol
Arität
Schnitt
Vereinigung
Differenz
Symmetrische Differenz
Komplement
∩
∪
\
4
2
2
2
2
1
P(B) ist für jede Menge B ⊆ A in ∩, ∪, \ und 4 abgeschlossen. Nur P(A) ist in
abgeschlossen.
911 / 1411
Quizfrage
Für eine beliebige Menge A ist die Komposition von Funktionen ◦ ein Operator mit
Arität 2 über der Menge AA aller Funktionen f : A → A.
Welche interessanten Teilmengen von AA sind in ◦ abgeschlossen?
912 / 1411
Antwort
Einige coole Teilmengen von AA , die in ◦ abgeschlossen sind, sind:
I
die Menge aller injektiven Funktionen f : A → A,
I
die Menge aller surjektiven Funktionen f : A → A,
I
die Menge aller bijektiven Funktionen f : A → A.
Erinnerung: Im Abschnitt „Beweismethoden“ haben wir bewiesen, dass die
Komposition von zwei injektiven (bzw. surjektiven) Funktionen wieder injektiv (bzw.
surjektiv) ist.
913 / 1411
Infos
I
Operatoren mit Stelligkeit 1 heißen unär, mit Stelligkeit 2 binär und mit Stelligkeit
3 ternär.
I
Für unäre Operatoren ◦ schreiben wir oft a (z.B. beim Komplement) oder ◦a
(z.B. bei der Negation).
I
Für binäre Operatoren ◦ schreiben wir oft a ◦ b. Man nennt diese Schreibweise
Infixnotation.
◦
914 / 1411
Algebren
I
Eine Algebra (A, ◦1 , . . . , ◦n ) besteht aus einer Trägermenge A und beliebig vielen
Operatoren ◦1 , . . . , ◦n , so dass A in ihnen abgeschlossen ist.
I
Eine Algebra (A, ◦) mit einem binären Operator ◦ heißt kommutativ oder abelsch,
falls ◦ kommutativ ist, d.h.:
∀a, b ∈ A : a ◦ b = b ◦ a.
I
(B, ◦) heißt Unteralgebra von (A, ◦), falls B ⊆ A gilt und (B, ◦) selber eine
Algebra ist.
915 / 1411
Infos
I
A kann eine beliebige Menge sein und ◦1 , . . . , ◦n beliebige Operatoren über diese
Menge. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt ;-)
I
Das Symbol ◦ (oft auch •, ∗, oder ⊕) ist nur ein Platzhalter für einen
beliebigen Operator und nicht notwendigerweise das Relationenprodukt oder die
Komposition von Funktionen!
916 / 1411
Beispiele
Einige Algebren über Zahlen sind:
I
(Q, +, −, ·, min, max),
I
(Z, +, −, ·, min, max),
I
(N0 , +, ·, min, max),
I
(N, +, ·, min, max).
Für eine beliebige Menge M sind auch
I
(P(M) , ∩, ∪, \, 4, ) und
I
(M M , ◦)
Algebren
917 / 1411
Gegenbeispiele
I
(Z, :), (N, :) und (N0 , :) sind keine Algebren, da beispielsweise 1 : 2 = 0, 5 gilt und
0, 5 in keine der drei Mengen enthalten ist.
I
(Q, :)ist keine Algebra, da die Division durch 0 nicht definiert ist.
I
(Q \ {0}, :) ist eine Algebra. (Z \ {0}, :) und (N \ {0}, :) dagegen nicht, da
beispielsweise 1 : 2 weder in Z noch in N enthalten ist.
I
(N0 , −) und (N, −) sind keine Algebren, da beispielsweise 1 − 2 keine natürliche
Zahl ist.
918 / 1411
Halbgruppen
Eine Algebra (A, ◦) mit genau einem binären Operator ◦ : A × A → A heißt
Halbgruppe, falls sie assoziativ ist, d.h. wenn gilt:
∀a, b, c ∈ A : (a ◦ b) ◦ c = a ◦ (b ◦ c).
919 / 1411
Beispiele
Aus den Algebren aus Folie 917 lassen sich folgende Halbgruppen gewinnen.
I
Über Zahlenmengen:
(Q, +),
(Z, +),
(N0 , +),
(N, +),
I
(Q, ·),
(Z, ·),
(N0 , ·),
(N, ·),
(Q, min),
(Z, min),
(N0 , min),
(N, min),
(Q, max),
(Z, max),
(N0 , max),
(N, max).
Über einer beliebigen Menge M:
(P(M) , ∩), (P(M) , ∪), (P(M) , 4), (M M , ◦).
Alle hier aufgelisteten Halbgruppen sind, mit (M M , ◦) als einzige Ausnahme,
kommutativ.
920 / 1411
Gegenbeispiele
I
(P(M) , ) ist für keine Menge M eine Halbgruppe, da das Komplement
binär ist.
nicht
I
(Q \ {0}, :) ist keine Halbgruppe, da die Division : nicht assoziativ ist. Es gilt
beispielsweise:
(8 : 4) : 2 = 1 6= 4 = 8 : (4 : 2).
I
(Z, −) ist keine Halbgruppe, da die Subtraktion − nicht assoziativ ist. Es gilt
beispielsweise:
(5 − 3) − 2 = 0 6= 4 = 5 − (3 − 2).
I
(P(M) , \) ist nur für M = ∅ eine Halbgruppe. Für |M| ≥ 1 ist die Differenz \
nicht assoziativ. Beispielsweise gilt:
({1} \ ∅) \ {1} = ∅ =
6 {1} = {1} \ (∅ \ {1}).
921 / 1411
Quizfragen
n o
Sei Q = pq p ∈ Z, q ∈ N die Menge aller rationalen Zahlen und x ◦ y der Mittelwert
von x und y , d.h.:
x +y
.
x ◦ y :=
2
1. Ist (Q, ◦) eine Algebra?
2. Ist (Q, ◦) eine Halbgruppe?
3. Ist (Q, ◦) kommutativ?
922 / 1411
Antworten
1. Ja! ◦ ist ein Operator über Q, da der Mittelwert zweier Brüche wieder ein Bruch
ist. Für beliebige p, r ∈ Z und q, s ∈ N gilt:
p r
◦ =
q s
p
q
+
2
r
s
=
ps + qr
.
2qs
2. Nein! ◦ ist nicht assoziativ. Beispielsweise gilt:
(9 ◦ 5) ◦ 1 = 4 6= 6 = 9 ◦ (5 ◦ 1).
3. Ja! ◦ ist kommutativ, da für alle x , y ∈ Q gilt:
x ◦y =
x +y
y +x
=
= y ◦ x.
2
2
923 / 1411
Monoide
Eine Halbgruppe (A, ◦) heißt Monoid, falls sie ein Element e ∈ A mit folgender
Eigenschaft besitzt:
∀a ∈ A : a ◦ e = a = e ◦ a.
Dieses Element wird neutrales Element genannt.
924 / 1411
Infos
I
Ein Element e ∈ A heißt linksneutral, falls für alle a ∈ A gilt: e ◦ a = a und
rechtsneutral, falls für alle a ∈ A gilt: a ◦ e = a.
I
Man nennt das neutrale Element e oft auch Einselement 1.
I
Existiert ein neutrales Element e, dann kann man auch (A, ◦, e) statt nur (A, ◦)
schreiben.
I
Es gibt in A entweder nur linksneutrale Elemente, nur rechtsneutrale Elemente
oder genau ein neutrales Element.
925 / 1411
Beispiele
Folgende Halbgruppen aus aus Folie 920 sind Monoide.
I
Mit neutralem Element 0:
(Q, +), (Z, +), (N0 , +), (N0 , max).
I
Mit neutralem Element 1:
(Q, ·), (Z, ·), (N0 , ·), (N, ·), (N, max).
Alle hier aufgelisteten Monoide sind kommutativ.
926 / 1411
Gegenbeispiele
Keine Monoide sind:
(Q, min), (Z, min), (N0 , min), (N, min), (Q, max), (Z, max), (N, +).
927 / 1411
Quizfragen
Sei A eine beliebige Menge. Was ist in folgenden Monoiden das neutrale Element?
1. (P(A) , ∩),
2. (P(A) , ∪),
3. (P(A) , 4),
4. (AA , ◦).
Hinweise:
I
Welche Mengen sind für jedes A in P(A) enthalten?
I
Welche Funktion ist für jedes A in AA enthalten?
928 / 1411
Antworten
1. Das neutrale Element ist A, da für alle X ∈ P(A) gilt:
X ∩ A = X = A ∩ X.
2. Das neutrale Element ist ∅, da für alle X ∈ P(A) gilt:
X ∪ ∅ = X = ∅ ∪ X.
3. Das neutrale Element ist ∅, da für alle X ∈ P(A) gilt:
A4∅ = A = ∅4A.
4. Das neutrale Element ist die Identitätsfunktion idA , da für alle Funktionen f ∈ AA
und alle x ∈ A gilt:
(f ◦ idA )(x ) = f (idA (x )) = f (x ) = idA (f (x )) = (idA ◦f )(x ).
929 / 1411
Gruppen
Ein Monoid (A, ◦) mit neutralem Element e heißt Gruppe, falls es für jedes Element
a ∈ A ein Element a−1 ∈ A gibt mit:
a ◦ a−1 = e = a−1 ◦ a.
a−1 wird inverses Element von a genannt und kann in manchen Fällen a selbst sein.
930 / 1411
Infos
I
Ein Element a−1 ∈ A heißt linksinvers zu a ∈ A, falls gilt: a−1 ◦ a = e und
rechtsinvers, falls gilt: a ◦ a−1 = e.
I
Existiert ein neutrales Element e, dann kann man auch (A, ◦, e) statt nur (A, ◦)
schreiben.
I
a−1 ist nur eine Schreibweise und bedeutet nicht unbedingt 1a .
I
Ein Element a ∈ A besitzt entweder nur linksinverse Elemente, nur rechtsinverse
Elemente oder genau ein inverses Element.
931 / 1411
Beispiele
Die einzigen Monoide aus Folie 926, die Gruppen sind, sind:
(Q, +) und (Z, +).
Außerdem ist auch (Q \ {0}, ·) eine Gruppe. Alle drei Gruppen sind kommutativ.
932 / 1411
Gegenbeispiele
I
(N0 , +) und (N0 , max) sind keine Gruppen, weil nur die 0 ein inverses Element
besitzt (nämlich die 0 selber).
I
(N0 , ·), (N, ·), (N, max) und (Z, ·) sind keine Gruppen, weil nur die 1 ein inverses
Element besitzt (nämlich die 1 selber).
I
(Q, ·) ist keine Gruppe, weil die 0 kein inverses Element besitzt.
933 / 1411
Philosophische Quizfrage
Ist (∅, ◦) mit dem leeren Operator ◦ : ∅ × ∅ → ∅ eine Gruppe?
934 / 1411
Antwort
Nö! Weil es keine Elemente gibt, gibt es insbesondere kein neutrales Element. Also ist
(∅, ◦) zwar eine Halbgruppe, aber kein Monoid und somit auch keine Gruppe.
935 / 1411
Info
Für jede Menge A und jeden binären Operator ◦ gilt:
Gruppe
3. A besitzt ein neutrales Element bezüglich ◦
Monoid
Halbgruppe
2. Die Einschränkung von ◦ auf A ist assoziativ
∀a, b, c ∈ A : (a ◦ b) ◦ c = a ◦ (b ◦ c)
Algebra
1. A ist in ◦ abgeschlossen
∀a, b ∈ A : a ◦ b ∈ A
∃e ∈ A : ∀a ∈ A : a ◦ e = a = e ◦ a
4. Jedes Element aus A besitzt ein inverses Element bezüglich ◦
∀a ∈ A : ∃a−1 ∈ A : a ◦ a−1 = e = a−1 ◦ a
Daraus folgt folgende Hierarchie:
(A, ◦) Gruppe =⇒ (A, ◦) Monoid =⇒ (A, ◦) Halbgruppe =⇒ (A, ◦) Algebra.
936 / 1411
Beispiele
Aus den letzen Beispielen ergibt sich folgende Hierarchie:
1. Gruppen sind:
(Q, +), (Z, +), (Q \ {0}, ·).
2. Monoide, aber keine Gruppen sind:
(N0 , +), (N0 , max), (N0 , ·), (N, ·), (N, max), (Z, ·), (Q, ·).
3. Halbgruppen, aber keine Monoide sind:
(Q, min), (Z, min), (N0 , min), (N, min), (Q, max), (Z, max), (N, +).
4. Algebren, aber keine Halbgruppen sind:
(Q \ {0}, :), (Z, −), (P(M) , \).
937 / 1411
Quizfragen
Sei Σ = {a, b, c} ein Alphabet und Σ∗ die Menge aller Wörter über Σ. Ist Σ∗
zusammen mit der Konkatenation von Wörtern . . .
1. eine Algebra?
2. eine Halbgruppe?
3. ein Monoid?
4. eine Gruppe?
5. kommutativ?
Erinnerung: Das leere Wort ist auch in Σ∗ enthalten!
938 / 1411
Antworten
1. Ja! Die Konkatenation zweier Wörter aus Σ∗ ergibt wieder ein Wort aus Σ∗ .
2. Ja! Die Konkatenation ist assoziativ, denn für beliebige Wörter u, v , w ∈ Σ∗ gilt
(uv )w = uvw = u(vw ) (es ist egal welche zwei man zuerst „aneinander klebt“).
3. Ja! Das leere Wort ist das neutrale Element, denn für ein beliebiges Wort
u ∈ Σ∗ gilt u = u = u.
4. Nein! Kein Wort u hat ein Inverses u −1 . Dieses müsste nämlich eine negative
Länge haben, damit uu −1 = bzw. u −1 u = gilt.
5. Nein! Nicht für beliebige Wörter u, v ∈ Σ∗ gilt uv = vu, z.B. für u = ab und
v = bc.
939 / 1411
Quizfragen
(G, ◦) bildet mit G = Q \ {−1} und x ◦ y := x + y + xy eine abelsche Gruppe.
1. Wieso ist G in ◦ abgeschlossen?
2. Wieso ist ◦ assoziativ?
3. Was ist das neutrale Element in (G, ◦)?
4. Besitzt jedes Element a ∈ Q \ {−1} ein Inverses a−1 ?
5. Was ist das inverse Element x −1 zu x = 43 ?
6. Wieso ist (G, ◦) kommutativ?
Hinweis zu 1.: Da für beliebige a, b ∈ Q \ {−1} offensichtlich a ◦ b ∈ Q gilt, muss nur
a, b ∈ Q \ {−1} =⇒ a ◦ b 6= −1
gezeigt werden. Zeige dies mit einem Widerspruchsbeweis: Nimm a, b ∈ Q \ {−1} und
a ◦ b = −1 an und leite daraus einen Widerspruch her.
940 / 1411
Antworten
1. Seien a, b ∈ Q \ {−1} beliebig mit a ◦ b = −1. Dann gilt:
a ◦ b = −1 =⇒ a + b + ab = −1
=⇒ a + ab = −1 − b
=⇒ a(1 + b) = −(1 + b)
−(1 + b)
= −1
=⇒ b = −1 oder a =
1+b
`
2
941 / 1411
2. Seien a, b, c ∈ Q \ {−1} beliebig. Dann gilt:
(a ◦ b) ◦ c = (a + b + ab) ◦ c
= (a + b + ab) + c + (a + b + ab)c
= a + b + c + ab + ac + bc + abc ,
a ◦ (b ◦ c) = a ◦ (b + c + bc)
= a + (b + c + bc) + a(b + c + bc)
= a + b + c + ab + ac + bc + abc.
Somit gilt (a ◦ b) ◦ c = a ◦ (b ◦ c).
942 / 1411
3. Sei e das neutrale Element. Dann gilt für ein beliebiges a ∈ Q \ {−1}:
a ◦ e = a ⇐⇒ a + e + ae = a
⇐⇒ e + ae = 0
⇐⇒ e(1 + a) = 0
⇐⇒ e = 0.
Das neutrale Element ist e = 0.
943 / 1411
4. Sei a ∈ Q \ {−1} beliebig. Dann gilt:
a ◦ a−1 = e ⇐⇒ a + a−1 + aa−1 = 0
⇐⇒ a−1 + aa−1 = −a
⇐⇒ a−1 (1 + a) = −a
−a
.
⇐⇒ a−1 =
1+a
Somit ist für jedes a das inverse Element
5. Das Inverse zu a =
3
4
ist a−1 =
− 43
1+ 43
−a
1+a
in der Menge Q \ {−1} enthalten.
= − 73 .
6. Seien a, b ∈ Q \ {−1} beliebig. Dann gilt:
a ◦ b = a + b + ab = b + a + ba = b ◦ a.
944 / 1411
Verknüpfungstafeln
Eine Algebra (A, ◦) über einer endlichen Menge A = {a1 , . . . , an } und einem binären
Operator ◦ über A lässt sich sehr schön mit einer sogenannten Verknüpfungstafel oder
Multiplikationstafel darstellen.
Jedes Element aus A bekommt eine bestimmte Zeile und Spalte einer Tabelle. Dann
verknüpft man jedes Element mit jedem und trägt das Ergebnis in der entsprechenden
Zelle ein.
945 / 1411
Beispiel
Sei (G, ◦) eine kommutative Gruppe über einer 4-elementige Menge G = {a, b, c, d}
mit folgender Verknüpfungstafel für ◦:
◦
a
b
c
d
a b c d
b a d c
a b c d
d c a b
c d b a
Woran erkennt man anhand der Verknüpfungstafel, dass (G, ◦) eine kommutative
Gruppe ist?
946 / 1411
1. G ist abgeschlossen in ◦, da in der Tabelle nur Elemente aus G vorkommen.
2. G ist assoziativ. Hierfür muss man alle Kombinationen ausprobieren. Zum Beispiel:
c ◦ (d ◦ a) = c ◦ c = a = b ◦ a = (c ◦ d) ◦ a
Es sind insgesamt |S|3 = 43 = 64 solche Rechnungen. Nehmen wir einfach mal
an, dass wir alle 64 überprüft haben ;-)
3. b ist das neutrale Element in (G, ◦).
4. Jedes Element besitzt ein Inverses:
a−1 = a, b −1 = b, c −1 = d, d −1 = c.
5. (G, ◦) ist kommutativ. Dies erkennt man an der diagonalen Spiegelachse.
947 / 1411
Info
Bis auf die Assoziativität, kann man alle Eigenschaften endlicher Algebren an der
Verknüpfungstafel erkennen. Die Assoziativität des Operators muss leider mit brute
force überprüft oder allgemein bewiesen werden.
948 / 1411
Quizfragen
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e und folgender Verknüpfungstafel:
◦
e
x
y
z
e
e
x
y
z
x
x
e
z
y
y
y
z
e
x
z
z
y
x
e
1. Was ist das inverse Element a−1 von jedem a ∈ G?
2. Ist (G, ◦) kommutativ?
949 / 1411
Antworten
1. Es gilt:
e −1 = e, x −1 = x , y −1 = y , z −1 = z.
2. Ja! Das erkennt man an der diagonales Spiegelachse in der Verknüpfungstafel.
950 / 1411
Quizfragen
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e und folgender Verknüpfungstafel:
◦
e
a
b
c
d
e a b c d
e a b c d
a c d b e
b d a e c
c b e d a
d e c a b
1. Was ist das inverse Element a−1 von jedem a ∈ G?
2. Ist (G, ◦) kommutativ?
951 / 1411
Antworten
1. Es gilt:
e −1 = e, a−1 = d, b −1 = c, c −1 = b, d −1 = a.
2. Ja! Das erkennt man an der diagonales Spiegelachse in der Verknüpfungstafel.
952 / 1411
Quizfragen
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e und folgender Verknüpfungstafel:
◦
e
p
q
r
s
t
e
e
p
q
r
s
t
p
p
e
s
t
q
r
q r s t
q r s t
t s r q
e t p r
s e q p
r p t e
p q e s
1. Was ist das inverse Element a−1 von jedem a ∈ G?
2. Ist (G, ◦) kommutativ?
953 / 1411
Antworten
1. Es gilt:
e −1 = e, p −1 = p, q −1 = q, r −1 = r , s −1 = t, t −1 = s.
2. Nein! Es gilt beispielsweise:
p ◦ q = t 6= s = q ◦ p.
954 / 1411
Quizfrage
¯ und ∨
¯ nun als Operatoren
Wir betrachten die logischen Junktoren ∧, ∨, →, ↔, ⊗, ∧
B × B → B für B = {0, 1} und bilden Algebren mit folgenden Verknüpfungstafeln:
∧
0
1
0 1
0 0
0 1
⊗
0
1
∨
0
1
0 1
0 1
1 0
0 1
0 1
1 1
¯
∧
0
1
→
0
1
0 1
1 1
1 0
0 1
1 1
0 1
↔
0
1
¯
∨
0
1
0 1
1 0
0 0
0 1
1 0
0 1
Wo sind diese Algebren in der Hierarchie einzuordnen?
Hinweis: Mit Wahrheitstafeln kann man überprüfen, dass nur ∧, ∨, ↔ und ⊗
assoziativ sind.
955 / 1411
Antwort
I
Algebren sind sie alle, weil sie alle abgeschlossen sind.
I
Halbgruppen sind:
(B, ∧), (B, ∨), (B, ↔), (B, ⊗).
I
Monoide sind:
(B, ∧), (B, ∨), (B, ↔), (B, ⊗).
I
Gruppen sind:
(B, ↔), (B, ⊗).
I
Kommutativ sind:
¯ ), (B, ∨
¯ ).
(B, ∧), (B, ∨), (B, ↔), (B, ⊗), (B, ∧
956 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.2.1.
5.2.2.
5.2.3.
5.2.4.
5.2.5.
5.2.6.
Wichtige Begriffe
Additive Gruppe modulo n
Multiplikative Gruppe Modulo n
Symmetrische Gruppe
Inneres Produkt
Gruppenisomorphismus
5.3. Endliche Körper
5.4. RSA-Verfahren
957 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.2.1.
5.2.2.
5.2.3.
5.2.4.
5.2.5.
5.2.6.
Wichtige Begriffe
Additive Gruppe modulo n
Multiplikative Gruppe Modulo n
Symmetrische Gruppe
Inneres Produkt
Gruppenisomorphismus
5.3. Endliche Körper
5.4. RSA-Verfahren
958 / 1411
Eigenschaften von Gruppen
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e. Dann gelten folgende Rechenregeln:
1. Eindeutigkeit des neutralen Elements. Es gibt genau ein neutrales Element e.
2. Eindeutigkeit der inversen Elemente. Jedes Element a ∈ G besitzt ein inverses
Element a−1 .
3. Involutionsgesetz. Für jedes a ∈ G gilt: (a−1 )−1 = a
4. Kürzungsregel. Für alle a, b, c ∈ G gilt:
a ◦ c = b ◦ c ⇐⇒ a = b
c ◦ a = c ◦ b ⇐⇒ a = b
5. Eindeutige Lösung linearer Gleichungen. Für alle a, b, x ∈ G gilt:
a ◦ x = b ⇐⇒ x = a−1 ◦ b
x ◦ a = b ⇐⇒ x = b ◦ a−1
959 / 1411
Infos
I
Weil Gruppen assoziativ sind, können wir die Klammern oft weglassen.
Beispielsweise können wir a ◦ b ◦ c statt (a ◦ b) ◦ c oder a ◦ (b ◦ c) schreiben.
I
Weil wir bei Gruppen nur einen Operator zur Verfügung haben, können wir diesen
auch einfach weglassen und ab statt a ◦ b schreiben.
960 / 1411
Quizfrage
Sei (G, ◦) eine beliebige, nicht notwendigerweise kommutative Gruppe mit neutralem
Element e und seien a, b, x ∈ G beliebige Elemente.
Was ist die Lösung der Gleichung
b ◦ (a ◦ x )−1 = b ◦ a
nach x ?
961 / 1411
Antwort
Weil ◦ assoziativ ist, können Klammern weggelassen werden.
b ◦ (a ◦ x )−1 = b ◦ a ⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
⇐⇒
b −1 ◦ b ◦ (a ◦ x )−1 = b −1 ◦ b ◦ a
e ◦ (a ◦ x )−1 = e ◦ a
(a ◦ x )−1 = a
((a ◦ x )−1 )−1 = a−1
a ◦ x = a−1
a−1 ◦ a ◦ x = a−1 ◦ a−1
e ◦ x = a−1 ◦ a−1
x = a−1 ◦ a−1
962 / 1411
Kürzungsregel
Die Kürzungsregel.besagt, dass für alle a, b, c ∈ G gilt:
a ◦ c = b ◦ c ⇐⇒ a = b
c ◦ a = c ◦ b ⇐⇒ a = b
Intuitiv heißt das, dass es in jeder Zeile und Spalte der Verknüpfungstafel jedes
Element genau einmal vorkommt.
Info
Man nennt diese Regel auch Sudoku-Regel ;-)
963 / 1411
Quizfrage
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit G = {a, b, c, d, e, f } und folgender (unvollständigen)
Verknüpfungstafel:
◦
a
b
c
d
e
f
a
b
c
d
f
e
d
e
f
a
c
c
b
d
Wie sieht die eindeutige, vollständige Verknüpfungstafel von (G, ◦) aus?
Hinweis: (G, ◦) ist eine Gruppe, d.h.:
I
es gilt die Kürzungsregel,
I
es gibt ein eindeutiges neutrales Element und
I
◦ ist assoziativ, z.B.: f ◦ b = (c ◦ b) ◦ b = c ◦ (b ◦ b) = c ◦ d = c
964 / 1411
Antwort
Wegen c ◦ d = c ist d das neutrale Element. Wir erhalten:
◦
a
b
c
d
e
f
a
a
c
b
b
c
d
f
b
e
c
d
a
b
c
d
e
f
e
f
a
e
f
d
965 / 1411
Mit der Kürzungsregel folgt:
◦
a
b
c
d
e
f
a
b
c
f
d
f
b
a
e
a
c
b
c
d
a
b
c
d
e
f
e
f
c
a
e
f
d
966 / 1411
Aus der Assoziativität von ◦ folgt: f ◦ b = (c ◦ b) ◦ b = c ◦ (b ◦ b) = c ◦ d = c.
◦
a
b
c
d
e
f
a
b
c
f
d
f
b
a
c
e
a
c
b
c
d
a
b
c
d
e
f
e
f
c
a
e
f
d
967 / 1411
Mit der Kürzungsregel folgt:
◦
a
b
c
d
e
f
a
d
f
e
a
c
b
b
e
d
f
b
a
c
c
e
c
d
a
b
c
d
e
f
e
c
e
f
c
a
b
f
d
e
968 / 1411
Aus der Assoziativität von ◦ folgt: a ◦ c = a ◦ (f ◦ b) = (a ◦ f ) ◦ b = c ◦ b = f .
◦
a
b
c
d
e
f
a
d
f
e
a
c
b
b
e
d
f
b
a
c
c
f
e
c
d
a
b
c
d
e
f
e
c
e
f
c
a
b
f
d
e
969 / 1411
Mit der Kürzungsregel folgt:
◦
a
b
c
d
e
f
a
d
f
e
a
c
b
b
e
d
f
b
a
c
c
f
e
c
b
d
a
b
c
d
e
f
e
b
c
e
f
f
c
a
b
f
d
e
970 / 1411
Aus der Assoziativität von ◦ folgt: c ◦ c = c ◦ (a ◦ f ) = (c ◦ a) ◦ f = e ◦ f = d.
◦
a
b
c
d
e
f
a
d
f
e
a
c
b
b
e
d
f
b
a
c
c
f
e
d
c
b
d
a
b
c
d
e
f
e
b
c
e
f
f
c
a
b
f
d
e
971 / 1411
Mit der Kürzungsregel folgt die fertige Verknüpfungstafel:
◦
a
b
c
d
e
f
a
d
f
e
a
c
b
b
e
d
f
b
a
c
c
f
e
d
c
b
a
d
a
b
c
d
e
f
e
b
c
a
e
f
d
f
c
a
b
f
d
e
972 / 1411
Potenzen von Elementen
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e. Für ein beliebiges Element a ∈ G und
n ∈ N gilt:
a0 := e, an := an−1 ◦ a und a−n := (a−1 )n .
Info
Intuitiv heißt das:
an = |a ◦ a ◦{z. . . ◦ a} und a−n = a| −1 ◦ a−1{z◦ . . . ◦ a−1} .
genau n as
genau n a−1 s
973 / 1411
Ordnung von Elementen
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e und a ∈ G. Dann ist
ord(a) := min {n ∈ N | an = e}
die Ordnung von a in (G, ◦)
Infos
I
Es gilt min ∅ := ∞, d.h. dass ord(a) = ∞ gesetzt wird, wenn kein n ∈ N mit
an = e existiert.
I
Das einzige Element mit Ordnung 1 ist das neutrale Element.
I
Nicht verwechseln: Die Ordnung eines Elements x ist ord(x ). Die Ordnung der
Gruppe ist |G|.
I
Diese Definition könnte auch auf Monoide erweitert werden, obwohl das in DS
nicht explizit gemacht wird.
974 / 1411
Beispiel
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel:
◦
e
x
y
z
e
e
x
y
z
x
x
e
z
y
y
y
z
x
e
z
z
y
e
x
Es gilt:
e
◦x
x −→ e
◦y
◦y
◦y
y −→ x −→ z −→ e
◦z
◦z
◦z
z −→ x −→ y −→ e
;
;
;
;
ord(e) = 1,
ord(x ) = 2,
ord(y ) = 4,
ord(z) = 4.
975 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel:
◦
e
p
q
r
s
t
e
e
p
q
r
s
t
p
p
e
s
t
q
r
q
q
t
e
s
r
p
r
r
s
t
e
p
q
s
s
r
p
q
t
e
t
t
q
r
p
e
s
Es gilt:
e
◦p
p −→ e
◦q
q −→ e
◦r
r −→ e
◦s
◦s
s −→ t −→ e
◦t
◦t
t −→ s −→ e
;
;
;
;
;
;
ord(e) = 1,
ord(p) = 2,
ord(q) = 2,
ord(r ) = 2,
ord(s) = 3,
ord(t) = 3.
976 / 1411
Zwei unendliche Beispiele
I
In der Gruppe (Z, +) gilt:
(
ord(x ) =
I
1
∞
falls x = 0
sonst
In der Gruppe (Q \ {0}, ·) gilt:



1
falls x = 1
ord(x ) = 2
falls x = −1


∞ sonst
977 / 1411
Erzeugnisse
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e. Für ein a ∈ G wird die Menge
hai := {an | n ∈ Z} .
Erzeugnis von a genannt.
Info
n
o
I
Ist ord(a) < ∞, dann gilt: hai = a, a2 , . . . , aord(a) .
I
Für alle a ∈ G gilt: ord(a) = |hai|.
978 / 1411
Zyklische Gruppen
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e.
I
Ein Element a ∈ G heißt Erzeuger oder Generator von (G, ◦), falls hai = G gilt.
I
Besitzt G einen Erzeuger, so heißt G zyklisch.
Infos
I
Falls G endlich ist, dann ist (G, ◦) genau dann zyklisch, wenn ein Element a ∈ G
die Ordnung ord(a) = |G| hat.
I
Jede zyklische Gruppe ist kommutativ, aber nicht jede kommutative Gruppe ist
zyklisch.
979 / 1411
Beispiel
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel:
◦
e
x
y
z
e
e
x
y
z
x
x
e
z
y
y
y
z
x
e
z
z
y
e
x
(G, ◦) ist zyklisch, weil sie von y und z generiert wird:
e
◦x
x −→ e
◦y
◦y
◦y
y −→ x −→ z −→ e
◦z
◦z
◦z
z −→ x −→ y −→ e
;
;
;
;
hei = {e},
hx i = {x , e},
hy i = {y , x , z, e},
hzi = {z, x , y , e}.
980 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel:
◦
e
p
q
r
s
t
e
e
p
q
r
s
t
p
p
e
s
t
q
r
q
q
t
e
s
r
p
r
r
s
t
e
p
q
s
s
r
p
q
t
e
t
t
q
r
p
e
s
(G, ◦) ist nicht zyklisch, weil sie von keinem Element generiert wird:
e
◦p
p −→ e
◦q
q −→ e
◦r
r −→ e
◦s
◦s
s −→ t −→ e
◦t
◦t
t −→ s −→ e
;
;
;
;
;
;
hei = {e},
hpi = {p, e},
hqi = {q, e},
hr i = {r , e},
hsi = {s, t, e},
hti = {t, s, e}.
981 / 1411
Drei unendliche Beispiele
I
In der Gruppe (Z, +) generiert jedes Element alle Vielfachen von sich selbst.
Beispielsweise gilt:
h0i
h1i
h2i
h3i
=
=
=
=
..
.
{0},
{. . . , −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . .},
{. . . , −6, −4, −2, 0, 2, 4, 6, . . .},
{. . . , −9, −6, −3, 0, 3, 6, 9, . . .},
Für ein beliebiges k ∈ Z gilt: hki = {k · n | n ∈ Z}. Somit ist das einzige Element,
was endlich viele Elemente erzeugt, die 0.
I
In der Gruppe (Q \ {0}, ·) gibt es zwei Elemente, die endlich viele Elemente
generieren: 1 und -1. Es gilt: h1i = {1} und h−1i = {−1, 1}.
I
Die Gruppe (Z, +) ist zyklisch, da sie sowohl von der 1 als auch von der -1
generiert wird. Die Gruppe (Q \ {0}, ·) ist nicht zyklisch.
982 / 1411
Quizfragen
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit neutralem
Verknüpfungstafel:
◦ e x
e e x
x x e
y y z
z z y
Element e und folgender
y
y
z
e
x
z
z
y
x
e
1. Was ist das Erzeugnis hai und die Ordnung ord(a) von jedem a ∈ G?
2. Ist (G, ◦) zyklisch?
983 / 1411
Antworten
1. Als sogenannte Erzeugnistafel:
a
e
x
y
z
hai
ord(a)
{e}
1
{x , e}
2
{y , e}
2
{z, e}
2
2. Nein! Kein Element hat Ordnung 4.
984 / 1411
Quizfragen
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit neutralem Element e und folgender
Verknüpfungstafel:
◦ e a b c d
e e a b c d
a a c d b e
b b d a e c
c c b e d a
d d e c a b
1. Was ist das Erzeugnis hai und die Ordnung ord(a) von jedem a ∈ G?
2. Ist (G, ◦) zyklisch?
985 / 1411
Antworten
1. Als Erzeugnistafel:
a
e
a
b
c
d
hai
ord(a)
{e}
1
{a, c, b, d, e}
5
{b, a, d, c, e}
5
{c, d, a, b, e}
5
{d, b, c, a, e}
5
2. Ja! (G, ◦) wird von a, b, c und d erzeugt.
986 / 1411
Quizfragen
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit
Verknüpfungstafel:
◦
e
p
q
r
s
t
neutralem Element e und folgender
e
e
p
q
r
s
t
p
p
e
r
q
t
s
q r s t
q r s t
r q t s
s t p e
t s e p
p e r q
e p q r
1. Was ist das Erzeugnis hai und die Ordnung ord(a) von jedem a ∈ G?
2. Ist (G, ◦) zyklisch?
987 / 1411
Antworten
1. Als Erzeugnistafel:
a
e
p
q
r
s
t
hai
ord(a)
{e}
1
{p, e}
2
{q, s, p, r , t, e}
6
{r , s, e}
3
{s, r , e}
3
{t, r , p, s, q, e}
6
2. Ja! (G, ◦) wird von q und t erzeugt.
988 / 1411
Quizfrage
Die imaginäre Einheit i ∈ C besitzt die Eigenschaft i 2 = −1. Wie sehen die
Erzeugnisse hii und h−ii in der Gruppe (C \ {0}, ·) aus?
989 / 1411
Antwort
·i
·i
·i
i −→ −1 −→ −i −→ 1
·(−i)
·(−i)
·(−i)
; hii = {i, −1, −i, 1},
−i −→ −1 −→ i −→ 1 ; h−ii = {−i, −1, i, 1}.
990 / 1411
Untergruppen
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e. (H, ◦) ist eine Untergruppe von
(G, ◦), falls H ⊆ G und (H, ◦) selber eine Gruppe ist.
Infos
I
Damit eine Teilmenge von G mit ◦ eine Gruppe bilden kann, muss sie das neutrale
Element enthalten.
I
(G, ◦) und ({e}, ◦) sind immer Untergruppen von (G, ◦). Diese werden triviale
Untergruppen genannt.
I
Für jedes a ∈ G ist (hai, ◦) eine zyklische Untergruppe von (G, ◦).
I
Ist (G, ◦) endlich, dann ist jede Unteralgebra (A, ◦) von (G, ◦) eine Untergruppe.
D.h. man muss nur auf die Abgeschlossenheit von (A, ◦) achten.
991 / 1411
Beispiel
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel:
◦
e
x
y
z
e
e
x
y
z
x
x
e
z
y
y
y
z
x
e
z
z
y
e
x
Folgende Mengen bilden mit ◦ Untergruppen von (G, ◦):
{e}, {e, x }, {e, x , y , z}.
992 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel:
◦
e
p
q
r
s
t
e
e
p
q
r
s
t
p
p
e
s
t
q
r
q
q
t
e
s
r
p
r
r
s
t
e
p
q
s
s
r
p
q
t
e
t
t
q
r
p
e
s
Folgende Mengen bilden mit ◦ Untergruppen von (G, ◦):
{e}, {e, p}, {e, q}, {e, r }, {e, s, t}, {e, p, q, r , s, t}.
993 / 1411
Mehr Beispiele
I
Für jedes k ∈ Z ist (T , +) mit
T = {k · n | n ∈ Z}
eine Untergruppe von (Z, +). Beispielsweise ist T für k = 2 die Menge aller
geraden Zahlen. Die einzige endliche Untergruppe von (Z, +) ist ({0}, +).
I
Die Gruppe (Q \ {0}, ·) hat genau zwei endliche Untergruppen: ({1}, ·) und
({−1, 1}, ·).
994 / 1411
Quizfrage
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit neutralem
Verknüpfungstafel:
◦ e x
e e x
x x e
y y z
z z y
Element e und folgender
y
y
z
e
x
z
z
y
x
e
Welche der folgenden Teilmengen von S bilden mit ◦ eine Untergruppe?
{e}, {e, x }, {e, z}, {e, x , y }, {e, y , z}, {e, x , y , z}.
995 / 1411
Antwort
Weil G endlich ist, müssen wir nur auf die Abgeschlossenheit der Teilmenge achten.
Untergruppen sind dann:
{e}, {e, x }, {e, z}, {e, x , y , z}.
996 / 1411
Quizfrage
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit neutralem Element e und folgender
Verknüpfungstafel:
◦ e a b c d
e e a b c d
a a c d b e
b b d a e c
c c b e d a
d d e c a b
Welche der folgenden Teilmengen von S bilden mit ◦ eine Untergruppe?
{e}, {e, a}, {e, a, c}, {e, b, d}, {e, a, b, c}, {e, a, b, c, d}.
997 / 1411
Antwort
Weil G endlich ist, müssen wir nur auf die Abgeschlossenheit der Teilmenge achten.
Untergruppen sind dann:
{e}, {e, a, b, c, d}.
998 / 1411
Quizfrage
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit
Verknüpfungstafel:
◦
e
p
q
r
s
t
neutralem Element e und folgender
e
e
p
q
r
s
t
p
p
e
r
q
t
s
q r s t
q r s t
r q t s
s t p e
t s e p
p e r q
e p q r
Welche der folgenden Teilmengen von S bilden mit ◦ eine Untergruppe?
{e}, {e, p}, {e, q}, {e, q, s}, {e, s, r }, {e, p, q, r , s, t}.
999 / 1411
Antwort
Weil G endlich ist, müssen wir nur auf die Abgeschlossenheit der Teilmenge achten.
Untergruppen sind dann:
{e}, {e, p}, {e, s, r }, {e, p, q, r , s, t}.
1000 / 1411
Quizfragen
Welche der folgenden Mengen T1 , T2 , T3 ⊆ Z bilden mit + eine Untergruppe von
(Z, +)?
1. T1 = {0}
2. T2 = {2n | n ∈ Z}
3. T3 = {2n + 1 | n ∈ Z}
4. T4 = N
5. T5 = N0
1001 / 1411
Antworten
1. Ja! T1 enthält nur das neutrale Element und ist somit eine der trivialen
Untergruppen. Sie ist sogar die einzige endliche Untergruppe von (Z, +).
2. Ja! T2 ist abgeschlossen, enthält das neutrale Elemente und alle inversen
Elemente. T2 ist die durch 2 bzw. −2 erzeugte Untergruppe.
3. Nein! T3 enthält alle ungeraden Zahlen und ist deswegen nicht abgeschlossen.
Außerdem enthält T2 nicht das neutrale Element 0.
4. Nein! T4 ist zwar abgeschlossen, aber enthält nicht das neutrale Element 0.
Außerdem enthält sie keine inverse Elemente.
5. Nein! T5 ist zwar abgeschlossen und enthält das neutrale Element 0, aber die 0 ist
das einzige Element was ein Inverses in T5 besitzt.
1002 / 1411
Nebenklassen
Sei (G, ◦) eine Gruppe und (H, ◦) eine Untergruppe von (G, ◦). Für jedes a ∈ G
definieren wir:
H ◦ a := {b ◦ a | b ∈ H} (rechte Nebenklasse von (H, ◦) zu a)
a ◦ H := {a ◦ b | b ∈ H} (linke Nebenklasse von (H, ◦) zu a)
Info
Die Menge der rechten bzw. linken Nebenklassen bildet eine Partition von G.
1003 / 1411
Beispiel
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel:
◦
e
x
y
z
e
e
x
y
z
x
x
e
z
y
y
y
z
x
e
z
z
y
e
x
a
e
x
y
z
{e, x } ◦ a
{e, x }
{x , e}
{y , z}
{z, y }
a ◦ {e, x }
{e, x }
{x , e}
{y , z}
{z, y }
Die Untergruppe ({e, x }, ◦) besitzt folgende rechte Nebenklassen:
{e, x }, {y , z}.
Diese stimmen mit den linken Nebenklassen überein.
1004 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel:
◦
e
p
q
r
s
t
e
e
p
q
r
s
t
p
p
e
s
t
q
r
q
q
t
e
s
r
p
r
r
s
t
e
p
q
s
s
r
p
q
t
e
t
t
q
r
p
e
s
a
e
p
q
r
s
t
{e, p} ◦ a
{e, p}
{p, e}
{q, t}
{r , s}
{s, r }
{t, q}
a ◦ {e, p}
{e, p}
{p, e}
{q, s}
{r , t}
{s, q}
{t, r }
Die Untergruppe ({e, p}, ◦) besitzt die rechten Nebenklassen
{e, p}, {q, t}, {r , s}
und die linken Nebenklassen
{e, p}, {q, s}, {r , t}.
1005 / 1411
Der Satz von Lagrange
Sei (G, ◦) eine endliche Gruppe mit neutralem Element e. Dann gilt für jede
Untergruppe (H, ◦) von (G, ◦): |H| teilt |G|.
Info
Eine sehr wichtige Folgerung ist, dass die Ordnung ord(a) aller Elemente a ∈ G auch
die Gruppenordnung |G| teilen muss. Sonst wäre (hai, ◦) eine Untergruppe, deren
Ordnung |hai| die Gruppenordnung |G| nicht teilt.
1006 / 1411
Quizfragen
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit G = [307], neutralem Element 6 ∈ G und einer
hochkomplizierten Operation ◦, die kein Mensch versteht.
1. Wie viele verschiedene Untergruppen besitzt (G, ◦)?
2. Welche Ordnung hat das Element 28 ∈ G?
Erinnerung: [307] = {1, 2, . . . , 307}.
Info: 307 ist prim und Lagrange toll.
1007 / 1411
Antworten
1. Weil |G| = 307 prim ist, kann die Anzahl der Elemente einer Untergruppe nach
dem Satz von Lagrange nur 1 oder 307 sein. Das sind genau die zwei trivialen
Untergruppen (G, ◦) und ({6}, ◦). Es gibt also genau zwei Untergruppen.
2. Weil |G| = 307 prim ist, muss ord(28) nach dem Satz von Lagrange entweder 1
oder 307 sein. Ordnung 1 hat nur das neutrale Element 6, d.h. 28 muss die
Ordnung ord(28) = 307 haben.
1008 / 1411
Quizfrage
Gibt es eine nicht-zyklische Gruppe (G, ◦) mit |G| prim?
1009 / 1411
Antwort
Nein!
Für jede Gruppe (G, ◦) mit |G| prim gilt nach dem Satz von Lagrange, dass alle
Elemente in G entweder 1 oder |G| als Ordnung haben. Da das neutrale Element das
einzige Element mit Ordnung 1 ist, haben alle andere Ordnung |G|. G enthält also
|G| − 1 verschiedene Erzeuger und ist somit automatisch zyklisch.
1010 / 1411
Wichtige Aussagen zu Gruppen
1. Sind (H1 , ◦) und (H2 , ◦) Untergruppen von (G, ◦), dann auch (H1 ∩ H2 , ◦).
2. (hai, ◦) ist für jedes a ∈ G eine zyklische Untergruppe von (G, ◦).
3. Die Menge der rechten bzw. linken Nebenklassen einer Untergruppe (H, ◦) von
(G, ◦) bildet eine Partition von G.
4. Jede Untergruppe einer zyklischen Gruppe (G, ◦) ist auch zyklisch.
5. Jede zyklische Gruppe ist kommutativ.
6. Für jedes Element a einer Gruppe gilt: ord(a) = |hai|.
1011 / 1411
Wichtige Aussagen zu endlichen Gruppen
1. Jede Unteralgebra einer endlichen Gruppe ist eine Untergruppe.
2. Satz von Lagrange:
Für jede Untergruppe (H, ◦) einer endlichen Gruppe (G, ◦) gilt: |H| teilt |G|.
3. Satz von Lagrange (Folgerung):
Für alle Elemente a ∈ G einer endlichen Gruppe (G, ◦) gilt: ord(a) teilt |G|.
4. Wenn |G| prim ist, dann ist (G, ◦) zyklisch.
5. Für jede endliche Gruppe (G, ◦) gilt:
(G, ◦) zyklisch ⇐⇒ ∃a ∈ G : ord(a) = |G| .
6. NEU: Für jedes Element a einer Gruppe (G, ◦) gilt: a−1 = a|G|−1 .
1012 / 1411
Rezept
Frage: Wie findet man alle Untergruppen einer Gruppe (G, ◦)?
Methode: Bestimme für jedes a ∈ G das Erzeugnis hai und die Ordnung ord(a). Die
Menge aller Erzeugnisse ist genau die Menge aller zyklischen Untergruppen. Dann:
1. Ist (G, ◦) zyklisch, so gibt es keine weitere Untergruppen mehr.
2. Sind alle nichttrivialen Teiler von |G| (also alle außer 1 und |G|) prim, so gibt es
nur triviale und zyklische Untergruppen.
3. Für jeden nichttrivialen Teiler k von |G|, der nicht prim ist, versuche eine
Untergruppe mit k Elementen durch Ausprobieren zu konstruieren. Die
Ordnungen dieser Elemente sollen alle k teilen!
1013 / 1411
Beispiel
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit
Verknüpfungstafel:
◦
e
p
q
r
s
t
neutralem Element e und folgender
e
e
p
q
r
s
t
p
p
e
r
q
t
s
q r s t
q r s t
r q t s
s t p e
t s e p
p e r q
e p q r
1014 / 1411
(G, ◦) besitzt folgende Erzeugnistafel:
a
e
p
q
r
s
t
hai
ord(a)
{e}
1
{p, e}
2
{q, s, p, r , t, e}
6
{r , s, e}
3
{s, r , e}
3
{t, r , p, s, q, e}
6
Die Gruppe ist zyklisch, weil sie von q bzw. t erzeugt wird. D.h. es gibt nur zyklische
Untergruppen:
{e}, {e, p}, {e, r , s}, {e, p, q, r , s, t}.
1015 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit neutralem
Verknüpfungstafel:
◦ e x
e e x
x x e
y y z
z z y
Element e und folgender
y
y
z
e
x
z
z
y
x
e
1016 / 1411
(G, ◦) besitzt folgende Erzeugnistafel:
a
e
x
y
z
hai
ord(a)
{e}
1
{x , e}
2
{y , e}
2
{z, e}
2
Die Gruppe ist zwar nicht zyklisch, aber der einzige nichttriviale Teiler von |G| = 4 ist
2, also prim. Die Untergruppen sind also alle zyklisch oder trivial:
{e}, {e, x }, {e, y }, {e, z}, {e, x , y , z}.
1017 / 1411
Ein letztes Beispiel
Sei (G, ◦) eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel:
◦
1
2
3
4
5
6
7
8
1
1
2
3
4
5
6
7
8
2
2
4
1
3
6
8
5
7
3
3
1
4
2
7
5
8
6
4
4
3
2
1
8
7
6
5
5
5
6
7
8
1
2
3
4
6
6
8
5
7
2
4
1
3
7
7
5
8
6
3
1
4
2
8
8
7
6
5
4
3
2
1
1018 / 1411
(G, ◦) besitzt folgende Erzeugnistafel:
a
1
2
3
4
5
6
7
8
hai
ord(a)
{1}
1
{2, 4, 3, 1}
4
{3, 4, 2, 1}
4
{4, 1}
2
{5, 1}
2
{6, 4, 7, 1}
4
{7, 4, 6, 1}
4
{8, 1}
2
(G, ◦) ist nicht zyklisch und |G| = 8 besitzt den nicht-trivialen Teiler 4. D.h. es könnte
nicht-zyklische Untergruppen mit 4 Elementen geben.
1019 / 1411
Für diese Untergruppen kommen nur Elemente infrage, deren Ordnung kleiner oder
gleich 4 ist (sonst wären sie zyklisch), aber 4 teilt (laut Lagrange).
In diesem Fall ist {1, 4, 5, 8} die einzige Kandidatin für eine solche Untergruppe. Stellt
man eine Verknüpfungstafel für sie auf, so stellt man fest, dass sie eine Unteralgebra
und somit auch eine Untergruppe von (G, ◦) bildet:
◦
1
4
5
8
1
1
4
5
8
4
4
1
8
5
5
5
8
1
4
8
8
5
4
1
Die Untergruppen von (G, ◦) sind also:
{1}, {1, 4}, {1, 5}, {1, 8}, {1, 2, 3, 4}, {1, 4, 6, 7}, {1, 4, 5, 8}, {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8} .
|
{z
zyklische Untergruppen
} |
{z
nicht-zyklische Untergruppen
}
1020 / 1411
Quizfrage
Welche der folgenden Kongruenzen sind richtig? Streiche bei den falschen das Symbol
≡n durch.
−7 ≡3 8,
7 ≡5 −11,
2 ≡6 8,
−10 ≡11 22,
3 ≡12 27,
6 ≡4 18,
−4 ≡7 −11,
15 ≡3 −13,
11 ≡1 −5,
−4 ≡2 108.
Hinweis: Was die Kongruenzrelation modulo n ist, muss bestimmt wieder aufgefrischt
werden! Die Definition und ein paar Beispiele gibt es auf Folie 158.
1021 / 1411
Antwort
−7
2
3
−4
11
≡3
≡6
≡12
≡7
≡1
8,
8,
27,
−11,
−5,
7
−10
6
15
−4
6≡ 5
6 11
≡
≡4
6≡ 3
≡2
−11,
22,
18,
−13,
108.
1022 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.2.1.
5.2.2.
5.2.3.
5.2.4.
5.2.5.
5.2.6.
Wichtige Begriffe
Additive Gruppe modulo n
Multiplikative Gruppe Modulo n
Symmetrische Gruppe
Inneres Produkt
Gruppenisomorphismus
5.3. Endliche Körper
5.4. RSA-Verfahren
1023 / 1411
Die Modulo-Operation
Modulo kann auch als Operation mod : Z × N → N0 . aufgefasst werden. Für beliebige
a ∈ Z und n ∈ N gilt:
a
· n.
a mod n := a −
n
Info
bx c := max {m ∈ Z | m ≤ x } rundet den Wert von x ab.
1024 / 1411
Die Modulo-Operation (Alternative Definition)
Die Modulo-Operation wird auch wie folgt definiert werden. Für beliebige a ∈ Z und
n ∈ N gilt:
a mod n = r :⇐⇒ a ≡n r und 0 ≤ r ≤ n .
Diese Definition ist äquivalent zur ersten.
Erinnerung
Aus Folie 158 wissen wir:
a mod n = r
⇐⇒ ∃k ∈ Z : a = kn + r
⇐⇒ (a − r ) | n
1025 / 1411
Beispiele
I
Bei großen Zahlen benutzt man am besten die Formel:
437
437 mod 7 = 437 −
· 7 = 437 − 62 · 7 = 3
7
−245
· 9 = −245 − (−28) · 9 = 7
−245 mod 9 = −245 −
9
I
Bei kleinen Zahlen benutzt man am besten die Kongruenz modulo n:
29 ≡5 24 ≡5 19 ≡5 14 ≡5 9 ≡5 4
−13 ≡3 −10 ≡3 −7 ≡3 −4 ≡3 −1 ≡3 2
;
;
29 mod 5 = 4
−13 mod 3 = 2
1026 / 1411
Quizfragen
1. Was ist 35 mod 6?
2. Was ist 3 mod 7?
3. Was ist (−5) mod 11?
4. Was ist (−17) mod 6?
5. Was ist 38 mod 2?
6. Was ist 75 mod 9?
7. Was ist (−36) mod 9?
8. Was ist 5 mod 1?
9. Was ist (n2 − 1) mod (n + 1) für ein beliebiges n ∈ N?
10. Was ist n2 mod (n + 1) für ein beliebiges n ∈ N?
1027 / 1411
Antworten
1. 35 mod 6 = 5.
2. 3 mod 7 = 3.
3. −5 mod 11 = 6.
4. −17 mod 6 = 1.
5. 38 mod 2 = 0.
6. 75 mod 9 = 3.
7. −36 mod 9 = 0.
8. 5 mod 1 = 0.
9. n2 − 1 mod (n + 1) = (n + 1)(n − 1) mod (n + 1) = 0.
10. n2 mod (n + 1) = ((n + 1)2 − 2(n + 1) + 1) mod (n + 1) = 1.
1028 / 1411
Rechenregeln für Modulo
Für beliebige a, b, n ∈ N gilt:
1. (a + b) mod n = (a mod n) + (b mod n) mod n,
2. (a · b) mod n = (a mod n) · (b mod n) mod n,
3. (a · b) mod (a · n) = a · (b mod n).
1029 / 1411
Quizfragen
1. Was ist 2168 mod 3?
2. Was ist 2201 mod 3?
3. Was ist 10099 mod 9?
4. Was ist 23600 mod 31?
5. Was ist (1085 + 563 + 1247 ) mod 3?
Taschenrechner sind verboten! ;-)
1030 / 1411
Antworten
1. 4 (also 22 ) ergibt 1 modulo 3:
2168 mod 3 = (22 )84 mod 3 = 484 mod 3 = 184 mod 3 = 1.
2. 4 (also 22 ) ergibt 1 modulo 3:
2201 mod 3 = ((22 )100 · 2) mod 3 = (1 · 2) mod 3 = 2.
3. 100 ergibt 1 modulo 9:
10099 mod 9 = 199 mod 9 = 1.
4. 32 (also 25 ) ergibt 1 modulo 31:
2500 mod 31 = (25 )100 mod 31 = 32100 mod 31 = 1100 mod 31 = 1.
5. 10, 52 und 12 ergeben entsprechend 1, 1 und 0 modulo 3:
(1085 + 563 + 1247 ) mod 3 = (1085 + (52 )31 · 5 + 1247 ) mod 3 =
(1085 +2531 ·5+1247 ) mod 3 = (185 +131 ·5+047 ) mod 3 = (1+5+0) mod 3 = 0.
1031 / 1411
Die Ganzzahlige Division
a ÷ n ist das ganzzahlige Ergebnis der Division von a ∈ Z durch n ∈ N. Es gilt:
a − (a mod n)
a
a ÷ n :=
=
.
n
n
1032 / 1411
Beispiele
Es gilt:
12 − (12 mod 5)
12 − 2
10
=
=
=2
5
5
5
−11 − (−11 mod 3)
−11 − 1
−12
−11 ÷ 3 =
=
=
= −4
3
3
3
12 ÷ 5 =
bzw.
12
= b2, 4c = 2
5
−11
−11 ÷ 3 =
= b−3, 666 . . .c = −4
3
12 ÷ 5 =
1033 / 1411
Quizfragen
1. Was ist 7 ÷ 3?
2. Was ist 23 ÷ 6?
3. Was ist 38 ÷ 7?
4. Was ist −15 ÷ 4?
5. Was ist −8 ÷ 5?
6. Was ist −10 ÷ 4?
7. Was ist −n ÷ 1 für ein beliebiges n ∈ N?
8. Was ist −2n ÷ 2 für ein beliebiges n ∈ N?
1034 / 1411
Antworten
7−(7 mod 3)
= 2.
3
23 ÷ 6 = 23−(236mod 6) = 3.
38 ÷ 7 = 38−(387mod 7) = 5.
mod 4)
−15 ÷ 4 = −15−(−15
= −4.
4
−8−(−8 mod 5)
= −2.
−8 ÷ 5 =
5
mod 4)
−10 ÷ 4 = −10−(−10
= −3.
4
2
2
2
−n2 ÷ 1 = −n −(−n1 mod 1) = −n1−0 = −n.
mod 2)
= −2n−0
= −n.
−2n ÷ 2 = −2n−(−2n
2
2
1. 7 ÷ 3 =
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
1035 / 1411
Additive Gruppe Modulo n
Seien n ∈ N, Zn := {0, . . . , n − 1} die Menge aller möglichen Reste einer Division
durch n und +n die Addition modulo n mit
a +n b := (a + b) mod n.
Dann ist (Zn , +n ) für alle n ∈ N eine Gruppe.
Info
Weil wir Zn immer nur in Kombination mit +n betrachten werden, schreiben wir oft
einfach Zn statt (Zn , +n ).
1036 / 1411
Beispiel
(Z3 , +3 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge
Z3 = 0, 1, 2
und folgender Verknüpfungstafel:
+3
0
1
2
0
0
1
2
1
1
2
0
2
2
0
1
z.B. 1 +3 2 = (1 + 2) mod 3 = 0
1037 / 1411
Noch ein Beispiel
(Z4 , +4 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge
Z4 = 0, 1, 2, 3
+4
0
1
2
3
3
3
0
1
2
und folgender Verknüpfungstafel:
0
0
1
2
3
1
1
2
3
0
2
2
3
0
1
z.B. 2 +4 3 = (2 + 3) mod 4 = 1
1038 / 1411
Ein letztes Beispiel
(Z5 , +5 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge
Z5 = 0, 1, 2, 3, 4
und folgender Verknüpfungstafel:
+5
0
1
2
3
4
0
0
1
2
3
4
1
1
2
3
4
0
2
2
3
4
0
1
3
3
4
0
1
2
4
4
0
1
2
3
z.B. 3 +5 4 = (3 + 4) mod 5 = 2
1039 / 1411
Eigenschaften von (Zn , +n )
Die Gruppe Zn besitzt für jedes n ∈ N folgende Eigenschaften:
I
|Zn | = n.
I
Das neutrale Element ist die 0.
I
Das inverse Element von m ∈ Zn ist m−1 = (−m) mod n.
I
(Zn , +n ) ist kommutativ und zyklisch.
I
Die Elemente 1 und n − 1 sind immer Erzeuger der Gruppe. Es können aber mehr
als die zwei sein!
I
Die Ordnung von m ∈ Zn ist ord(m) =
n
ggT(m,n) .
1040 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.2.1.
5.2.2.
5.2.3.
5.2.4.
5.2.5.
5.2.6.
Wichtige Begriffe
Additive Gruppe modulo n
Multiplikative Gruppe Modulo n
Symmetrische Gruppe
Inneres Produkt
Gruppenisomorphismus
5.3. Endliche Körper
5.4. RSA-Verfahren
1041 / 1411
ggT und kgV
Seien m, n ∈ N0 . Der größte gemeinsame Teiler ggT(m, n) von m und n ist die größte
natürliche Zahl, die sowohl m als auch n teilt. Das kleinste gemeinsame Vielfache
kgV(m, n) von m und n ist die kleinste natürliche Zahl, die sowohl von m als auch von
n geteilt wird.
Infos
I
Wie die Teilbarkeitsrelation funktioniert kann auf Folie 150 nachgelesen werden.
I
Es gilt:
kgV(m, n) =
I
m·n
.
ggT(m, n)
Falls ggT(m, n) = 1 bzw. kgV(m, n) = m · n gilt, dann sagt man, dass m und n
teilerfremd oder koprim zueinander sind.
1042 / 1411
3·5
Beispiele
1. Für m = 14 und n = 15 gilt:
2·7
ggT(14, 15) = 1 und kgV(14, 15) = 210.
22 · 3 · 5
2·3·5·7
2. Für m = 24 und n = 60 gilt:
23 · 3
ggT(24, 60) = 12 und kgV(24, 60) = 120.
22 · 3
23 · 3 · 5
3. Für m ∈ {0, 1} und n ∈ N0 beliebig gilt:
ggT(0, n) = n, kgV(0, n) = 0, ggT(1, n) = 1 und kgV(1, n) = n.
1043 / 1411
Euklidischer Algorithmus
Für zwei beliebige natürliche Zahlen m, n ∈ N0 mit m ≤ n berechnet der euklidische
Algorithmus den größten gemeinsamen Teiler ggT(m, n) aus n und m. Dazu setzt er r0 = n und
r1 = m und füllt systematisch mit den Formeln
ri−1 mod ri = ri+1
und ri−1 ÷ ri = si
folgende Tabelle von oben nach unten aus
ri
n
m
r2
r3
..
.
si
−
s1
s2
s3
..
.
rk−1
0
sk−1
−
bis rk = 0 ist. Dann gilt: ggT(m, n) = rk−1
1044 / 1411
Beispiel
Wir bestimmten ggT(21, 100) mit dem euklidischen Algorithmus.
ri
100
21
16
5
1
0
si
−
4
1
3
5
−
Es gilt: ggT(21, 100) = 1.
1045 / 1411
Noch ein Beispiel
Wir bestimmten ggT(28, 74) mit dem euklidischen Algorithmus.
ri si
74 −
28 2
18 1
10 1
8 1
2 4
0 −
Es gilt: ggT(28, 74) = 2.
1046 / 1411
Quizfragen
1. Was ist ggT(28, 76)?
2. Was ist ggT(96, 129)?
3. Was ist ggT(46, 53)?
4. Was ist ggT(41, 94)?
Hinweis: Benutze den euklidischen Algorithmus!
1047 / 1411
Antworten
Antworten ohne Rechnungen:
1. ggT(28, 76) = 4.
2. ggT(96, 129) = 3.
3. ggT(46, 53) = 1.
4. ggT(41, 94) = 1.
1048 / 1411
Die Menge Z∗n
Für jedes n ∈ N enthält die Menge
Z∗n := {m ∈ Zn | ggT(m, n) = 1}
alle Zahlen aus Zn , die zu n teilerfremd sind.
Infos
I
Sind m und n klein, dann kann man sie in Primfaktoren zerlegen und überprüfen,
ob sie mindestens einen gemeinsamen Primfaktor haben (ggT(m, n) > 1) oder
nicht (ggT(m, n) = 1).
I
Hat man keine Lust zu Faktorisieren, dann kann man ggT(m, n) mit dem
euklidischen Algorithmus berechnen.
I
Erinnerung: Für alle n ∈ N0 gilt ggT(0, n) = n und ggT(1, n) = 1.
1049 / 1411
Beispiel
12 besitzt die Primteiler 2 und 3. Somit enthält Z∗12 alle Elemente aus Z12 , die weder 2
als auch 3 als Primteiler besitzen.
Daraus folgt:
ggT(0, 12) = 12
32
2·3
∗
, 11} = {1, 5, 7, 11}.
Z12
= {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10
22 · 3
2 3 22
23
2·5
1050 / 1411
Quizfragen
1. Was ist Z∗1 extensional?
2. Was ist Z∗2 extensional?
3. Was ist Z∗3 extensional?
4. Was ist Z∗4 extensional?
5. Was ist Z∗5 extensional?
6. Was ist Z∗6 extensional?
7. Was ist Z∗7 extensional?
8. Was ist Z∗8 extensional?
9. Was ist Z∗9 extensional?
10. Was ist Z∗10 extensional?
11. Was ist Z∗18 extensional?
12. Was muss für n gelten, damit Z∗n = Zn \ {0} gilt?
1051 / 1411
Antworten
1. Z∗1 = {0} (wegen ggT(0, 1) = 1, s. Infos auf Folie 1049),
2. Z∗2 = {0, 1} = {1},
3. Z∗3 = {0, 1, 2} = {1, 2},
4. Z∗4 = {0, 1, 2, 3} = {1, 3},
5. Z∗5 = {0, 1, 2, 3, 4} = {1, 2, 3, 4},
6. Z∗6 = {0, 1, 2, 3, 4, 5} = {1, 5},
7. Z∗7 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6} = {1, 2, 3, 4, 5, 6}.
8. Z∗8 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7} = {1, 3, 5, 7}.
9. Z∗9 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8} = {1, 2, 4, 5, 7, 8}.
10. Z∗10 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9} = {1, 3, 7, 9}.
11, 13, 17} = {1, 5, 7, 11, 13, 17}.
11. Z∗18 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10,
12,
14,
15,
16,
12. n muss teilerfremd zu 1, 2, 3, . . . , n − 1 sein, d.h. n muss prim sein.
Info: 0 ∈ Z∗n gilt nur falls n = 1.
1052 / 1411
Eulersche Phi-Funktion
Die eulersche Phi-Funktion gibt die Anzahl der Elemente in Z∗n an. Es gilt:
ϕ(n) := |Z∗n |.
Ist die Primfaktorzerlegung n = p1e1 · p2e2 · . . . · pkek von n bekannt, dann kann man den
Wert von ϕ(n) ganz einfach mit folgender Formel berechnen:
ϕ(n) = p1e1 −1 · (p1 − 1) · p2e2 −1 · (p2 − 1) · . . . · pkek −1 · (pk − 1).
1053 / 1411
Beispiel
Für 400 gilt:
ϕ(400) = 24−1 · (2 − 1) · 52−1 · (5 − 1) = 8 · 20 = 160.
24 · 52
1054 / 1411
Quizfragen
1. Was ist ϕ(36)?
2. Was ist ϕ(64)?
3. Was ist ϕ(72)?
4. Was ist ϕ(210)?
5. Was ist ϕ(1000)?
6. Ist ϕ monoton wachsend?
Info: Eine Funktion f heißt monoton wachsend, wenn für alle m, n im
Definitionsbereich gilt:
m ≤ n =⇒ f (m) ≤ f (n) .
1055 / 1411
Antworten
1. ϕ(36) = 22−1 · (2 − 1) · 32−1 · (3 − 1) = 12.
2. ϕ(64) = 26−1 · (2 − 1) = 32.
3. ϕ(72) = 23−1 · (2 − 1) · 32−1 · (3 − 1) = 24.
4. ϕ(210) = 21−1 · (2 − 1) · 31−1 · (3 − 1) · 51−1 · (5 − 1) · 71−1 · (7 − 1) = 1 · 2 · 4 · 6 = 48.
5. ϕ(1000) = 23−1 · (2 − 1) · 53−1 · (5 − 1) = 4 · 100 = 400.
6. Nö! Es gilt 64 ≤ 72, aber ϕ(64) > ϕ(72).
1056 / 1411
Multiplikative Gruppe Modulo n
Seien n ∈ N und ·n die Multiplikation modulo n mit
a ·n b := (a · b) mod n.
Dann ist (Z∗n , ·n ) eine Gruppe.
Infos
I
Die Menge Zn (ohne Stern) bildet mit ·n ein Monoid, aber nicht immer eine
Gruppe.
I
Z∗n enthält genau die Elemente aus Zn , die ein Inverses bezüglich ·n besitzen.
I
Weil wir Z∗n immer nur in Kombination mit ·n betrachten werden, schreiben wir
oft einfach Z∗n statt (Z∗n , ·n ).
1057 / 1411
Beispiel
(Z∗6 , ·6 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge
Z∗6 = 1, 5
und folgender Verknüpfungstafel:
·6
1
5
1 5
1 5
5 1
z.B. 5 ·6 5 = (5 · 5) mod 6 = 25 mod 6 = 1
1058 / 1411
Noch ein Beispiel
(Z∗10 , ·10 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge
Z∗10 = 1, 3, 7, 9
und folgender Verknüpfungstafel:
·10
1
3
7
9
1
1
3
7
9
3
3
9
1
7
7
7
1
9
3
9
9
7
3
1
z.B. 7 ·10 9 = (7 · 9) mod 10 = 63 mod 10 =
1059 / 1411
Ein letztes Beispiel
(Z∗18 , ·18 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge
Z∗18 = 1, 5, 7, 11, 13, 17
und folgender Verknüpfungstafel:
·18
1
5
7
11
13
17
1 5 7
1 5 7
5 7 17
7 17 13
11 1 5
13 11 1
17 13 11
11
11
1
5
13
17
7
13
13
11
1
17
7
5
17
17
13
11
7
5
1
z.B. 11 ·18 17 = (11 · 17) mod 18 = 1
1060 / 1411
Quizfragen
1. Wie sieht die Verknüpfungstafel von (Z∗8 , ·8 ) aus?
2. Wie sieht die Verknüpfungstafel von (Z∗12 , ·12 ) aus?
1061 / 1411
Antworten
1. Wir hatten bereits:
Z∗8 = {1, 3, 5, 7}.
Die Verknüpfungstafel von (Z∗8 , ·8 ) ist dann:
·8
1
3
5
7
1
1
3
5
7
3
3
1
7
5
5
5
7
1
3
7
7
5
3
1
1062 / 1411
2. Wir hatten bereits:
Z∗12 = {1, 5, 7, 11}.
Die Verknüpfungstafel von (Z∗12 , ·12 ) ist dann:
·12
1
5
7
11
1 5 7 11
1 5 7 11
5 1 11 7
7 11 1 5
11 7 5 1
1063 / 1411
Lemma von Bézout
Für zwei beliebige natürliche Zahlen m, n ∈ N0 existieren ganze Zahlen a, b ∈ Z mit:
a · m + b · n = ggT(m, n).
Sei o.B.d.A. m ≤ n. Um a und b zu bestimmen wird der euklidische Algorithmus
ausgeführt und die Tabelle um eine Spalte ti erweitert. Diese wird dann von unten
nach oben mit den Formeln
tk−1 = 0 tk−2 = 1 und ti−1 = ti+1 − ti · si
ausgefüllt. Dieser Algorithmus wird erweiterte euklidische Algorithmus genannt. Nach
der Ausführung gilt a = t0 und b = t1 .
1064 / 1411
Infos
I
Die Tabelle des erweiterten euklidischen Algorithmus hat dann immer folgende
Gestalt:
ri
si
ti
n
a
r0
−
t0
m
r1
s1
t1
b
..
..
..
.
.
.
ggT(m, n)
rk−2 sk−2
rk−1 sk−1
0
−
1
0
−
I
Es gibt immer unendlich viele Möglichkeiten a und b für das Lemma von Bézout
zu wählen. Der erweiterte euklidische Algorithmus liefert nur eine davon.
I
Wir könnten die Definition von ggT(m, n) und das Lemma von Bézout auf ganze
Zahlen m, n ∈ Z verallgemeinern, aber das ist für uns in DS irrelevant.
1065 / 1411
Beispiel
Für n = 100 und m = 21 erhalten wir
ri
100
21
16
5
1
0
si
−
4
1
3
5
−
ti
− 19
4
−3
1
0
−
Es folgt ggT(100, 21) = 1 und
(−19) · 21 + 4 · 100 = 1.
1066 / 1411
Beispiel
Für n = 100 und m = 21 erhalten wir
ri
si
ti
100 − −19
21 4
4
16 1 −3
5
3
1
1
5
0
0 − −
Es folgt ggT(100, 21) = 1 und
( -19 ) · 21 + 4 · 100 = 1 .
1067 / 1411
Info
Am besten merkt man sich die Formeln intuitiv.
I
Für die ersten zwei Spalten gilt:
„ oben durch mitte gleich rechts , Rest unten .“
I
Für die letzte Spalte gilt:
„ unten minus
..
.
..
.
..
.
ri−1 si−1 ti−1
ri
si
ti
ri+1 si+1 ti+1
..
..
..
.
.
.
mitte mal links
..
.
gleich oben .“
..
.
..
.
ri−1 si−1 ti−1
ri
si
ti
ri+1 si+1 ti+1
..
..
..
.
.
.
1068 / 1411
Noch ein Beispiel
Für n = 74 und m = 28 gilt:
ri si ti
74 − 8
28 2 −3
18 1 2
10 1 −1
8 1 1
2 4 0
0 − −
Es folgt ggT(28, 74) = 2 und
8 · 28 + ( -3 ) · 74 = 2 .
1069 / 1411
Quizfrage
Für welche a, b ∈ Z gilt die gegebene Gleichung?
1. a · 33 + b · 51 = 3.
2. a · 53 + b · 89 = 1.
3. a · 38 + b · 62 = 2.
4. a · 14 + b · 45 = 1.
5. a · 55 + b · 79 = 5. Achtung: fiese Falle!
1070 / 1411
Antwort (ohne Rechnungen)
Die Lösung auf diese Frage ist nicht eindeutig (s. Folie 1065). Folgende Werte wurden
mit dem erweiterten euklidischen Algorithmus berechnet.
1. a = −3, b = 2.
2. a = 42, b = −25.
3. a = −13, b = 8.
4. a = −16, b = 5.
5. a = 115, b = −80.
Info zu 5.: Hier liefert der erweiterte euklidische Algorithmus die Gleichung
23 · 55 + (−16) · 79 = 1. Multipliziert man beide Seiten mit 5, so erhält man die neue
Gleichung 115 · 55 + (−80) · 79 = 5.
1071 / 1411
Inverse Elemente in (Z∗n , ·n )
Um das inverse Element von m ∈ Z∗n zu bestimmen, führt man den erweiterten
euklidischen Algorithmus mit n und m aus. So erhält man ganze Zahlen a, b mit:
a · m + b · n = 1.
Nimmt man beide Seiten der Gleichung modulo n, so erhält man wegen
(a · m + b · n) mod n = (a · m) mod n = ((a mod n) · m) mod n = (a mod n) ·n m
die Gleichung
(a mod n) ·n m = 1.
Daraus folgt: m−1 = a mod n.
1072 / 1411
Beispiel
Der Verknüpfungstafel auf Folie 1060 können wir entnehmen, dass 13 das
multiplikative Invere von 7 in Z∗18 ist. Wir überprüfen dies mit dem erweiterten
euklidischen Algorithmus.
ri si ti
18 − −5
7 2 2
4 1 −1
3 1 1
1 5 0
0 − −
Dann gilt 18 · 2 + 7 · (−5) = 1 und daher:
7
−1
= -5 mod 18 = 13.
1073 / 1411
Noch ein Beispiel
Gesucht ist das inverse Element 21−1 zu 21 bezüglich Z∗100 . Aus dem Beispiel auf Folie
1067 haben wir folgende Ausführung des erweiterten euklidischen Algorithmus:
ri
si
ti
100 − −19
21 4
4
16 1 −3
5
3
1
1
5
0
0 − −
Dann gilt 100 · 4 + 21 · (−19) = 1 und daher:
21
−1
= -19 mod 100 = 81.
1074 / 1411
Infos
I
Erinnerung: m besitzt genau dann ein multiplikatives Inverses bezüglich ·n , wenn
ggT(m, n) = 1 gilt.
I
Das multiplikative Inverse zu einer Zahl m ∈ Z∗n wird immer an derselben Position
in der Tabelle zu finden sein! :-)
1075 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende Zahlenpaare m, n mit n ∈ N und m ∈ Z∗n :
1. m = 81, n = 128.
2. m = 73, n = 215.
3. m = 32, n = 91.
4. m = 41, n = 106.
5. m = 157, n = 432.
6. m = 73, n = 255.
Was ist das Inverse m−1 zu m in Z∗n ?
1076 / 1411
Antworten (ohne Rechnungen)
1. In Z∗128 gilt: 81−1 = 49.
2. In Z∗215 gilt: 73−1 = 162.
3. In Z∗91 gilt: 32−1 = 37.
4. In Z∗106 gilt: 41−1 = 75.
5. In Z∗432 gilt: 157−1 = 421.
6. In Z∗255 gilt: 73−1 = 7.
1077 / 1411
Eigenschaften von (Z∗n , ·n )
Die Gruppe Z∗n besitzt für jedes n ∈ N mit n ≥ 2 folgende Eigenschaften:
I
|Z∗n | = ϕ(n)
I
Das neutrale Element ist die 1.
I
Inverse Elemente bestimmt man mit dem erweitertem euklidischen Algorithmus
I
(Z∗n , ·n ) ist kommutativ, aber nicht immer zyklisch.
I
Die Ordnung ord(m) von m ∈ Z∗n muss man leider durch systematisches
Ausprobieren bestimmen (s. nächste Folie).
Für n = 1 ist (Z∗n , ·n ) identisch zu (Zn , +n ). Für die Eigenschaften siehe Folie 1040.
1078 / 1411
Beispiel
Wir bestimmen die Ordnung von 7 in Z∗22 .
Wegen
|Z∗22 | = ϕ(22) = 21−1 · (2 − 1) · 111−1 · (11 − 1) = 10
muss nach Lagrange ord(m) ∈ {1, 2, 5, 10} für alle m ∈ Z∗22 gelten.
7 mod 22 = 7 6= 1
; ord(7) 6= 1
72 mod 22 = 5 6= 1 ; ord(7) 6= 2
75 mod 22 = 21 6= 1 ; ord(7) =
6 5
Daraus folgt sofort: ord(7) = 10.
1079 / 1411
Satz von Euler
Sind a, n ∈ N zueinander teilerfremd, dann gilt:
aϕ(n) ≡n 1.
Daraus folgt:
am mod n = am mod ϕ(n) mod n.
1080 / 1411
Beispiel
Da 3 und 4 teilerfremd sind, gilt:
361 mod 4 = 361 mod 2 mod 4 = 31 mod 4 = 3.
ϕ(4) = 2
1081 / 1411
Noch ein Beispiel
Auf
573 mod 110
kann der Satz von Euler nicht direkt angewendet werden, da 5 und 110 nicht
teilerfremd sind. Es gilt nämlich ggT(5, 110) = 5.
Mithilfe der dritten Rechenregel auf Folie 1029 erhalten wir:
573 mod 110 = 5 · (572 mod 22) = 5 · (572 mod 10 mod 22) = 5 · (52 mod 22) = 5 · 3 = 15.
ϕ(22) = 10
1082 / 1411
Quizfrage
Was ist 2308 mod 250?
1083 / 1411
Antwort
2308 mod 250 = 2 · (2307 mod 125) = 2 · (2307 mod 100 mod 125) = 2 · (27 mod 125) = 6.
ϕ(125) = 100
1084 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.2.1.
5.2.2.
5.2.3.
5.2.4.
5.2.5.
5.2.6.
Wichtige Begriffe
Additive Gruppe modulo n
Multiplikative Gruppe Modulo n
Symmetrische Gruppe
Inneres Produkt
Gruppenisomorphismus
5.3. Endliche Körper
5.4. RSA-Verfahren
1085 / 1411
Rechnen mit Permutationen
Im Abschnitt Relationen und Abbildungen haben wir gelernt, was Permutationen sind
(s. ab Folie 333). Im Abschnitt Fundamentale Zählkoeffizienten haben wir die
Zyklenschreibweise für Permutationen kennengelernt (s. ab Folie 683).
Weil Permutationen Funktionen über eine Menge A sind, kann man Permutationen
p1 , p2 mit der Komposition von Funktionen ◦ verknüpfen und eine neue Permutation
p3 = p1 ◦ p2 erhalten. Dann gilt für alle x ∈ A:
p3 (x ) = (p1 ◦ p2 )(x ) = p1 (p2 (x )).
1086 / 1411
Beispiele:
I
Matrixschreibweise:
!
!
1 2 3 4
1 2 3 4
◦
3 2 1 4
4 1 3 2
I
!
=
1 2 3 4
4 3 1 2
Zyklenschreibweise:
(1, 3)(2)(4) ◦ (1, 4, 2)(3) = (1, 4, 2, 3)
1087 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende Permutationen p1 , p2 und p3 über [6] in Zyklendarstellung:
1. p1 = (1, 4)(2, 6, 3)(5),
2. p2 = (3, 2, 4, 1, 5, 6),
3. p3 = (1, 4)(2, 5)(3, 6).
Wie sehen die Umkehrfunktionen p1−1 , p2−1 und p3−1 in Zyklendarstellung aus?
1088 / 1411
Antworten
Einfach die Zyklen umdrehen!
1. p1−1 = (1, 4)(2, 3, 6)(5),
2. p2−1 = (1, 4, 2, 3, 6, 5),
3. p3−1 = (1, 4)(2, 5)(3, 6).
Bei den Zyklen wurde außerdem so lange geshiftet, bis die kleinste Zahl links steht.
Das ist aber nicht nötig.
1089 / 1411
Quizfragen
Was sind die Ergebnisse in Zyklendarstellung folgender Kompositionen?
1. (2, 6)(3, 1, 4, 5) ◦ (1)(3, 2, 4, 6)(5),
2. (6, 3, 4)(2, 5, 1) ◦ (6, 2, 4, 3, 1, 5),
3. (3, 1)(5, 4)(2, 6) ◦ (4, 6)(2, 3, 1)(5).
1090 / 1411
Antworten
1. (1, 4, 2, 5, 3, 6).
2. (1)(2, 6, 5, 3)(4).
3. (1, 6, 5, 4, 2)(3).
1091 / 1411
Quizfrage
Was ist
(1, 3, 5, 4)(2, 6) ◦ (1, 4)(2, 5, 6)(3) ◦ (1, 5, 6)(2, 4, 3)
in Zyklenschreibweise?
Hinweis: Für alle Permutationen p, q, r über A und alle x ∈ A gilt:
(p ◦ q ◦ r )(x ) = p(q(r (x ))).
D.h. die eingesetzte Zahl x „wandert von rechts nach links“.
1092 / 1411
Antwort
(1, 3, 5, 4)(2, 6) ◦ (1, 4)(2, 5, 6)(3) ◦ (1, 5, 6)(2, 4, 3) = (1, 2, 3, 4, 5, 6).
1093 / 1411
Quizfragen
Seien p und q Permutationen über [6] mit
p=
1 2 3 4 5 6
3 2 5 6 1 4
!
und
q = (1, 4, 3)(2, 6, 5).
1. Was ist p in Zyklenschreibweise?
2. Was ist q in Matrixschreibweise?
3. Was ist p ◦ q in Matrixschreibweise?
4. Was ist q ◦ p in Zyklenschreibweise?
5. Was ist p −1 in Matrixschreibweise?
6. Was ist q −1 in Zyklenschreibweise?
1094 / 1411
Antworten
1. p = (1, 3, 5)(2)(4, 6).
!
2. q =
1 2 3 4 5 6
.
4 6 1 3 2 5
!
3. p ◦ q =
1 2 3 4 5 6
.
6 4 3 5 2 1
4. q ◦ p = (1)(2, 6, 3)(4, 5).
!
5.
p −1
=
1 2 3 4 5 6
.
5 2 1 6 3 4
6. q −1 = (1, 3, 4)(2, 5, 6).
1095 / 1411
Symmetrische Gruppe
Seien n ∈ N, Sn die Menge aller Permutationen über [n] und ◦ die Komposition von
Funktionen. Dann ist (Sn , ◦) für alle n ∈ N eine Gruppe.
Infos
I
Weil wir Sn immer nur in Kombination mit ◦ betrachten werden, schreiben wir oft
einfach Sn statt (Sn , ◦).
I
Obwohl (Sn , ◦) Symmetrische Gruppe heißt, hat ihre Verknüpfungstafel nichts mit
Symmetrie zutun. (S1 , ◦) und (S2 , ◦) sind zwar kommutativ, aber
(S3 , ◦), (S4 , ◦), (S5 , ◦), (S6 , ◦), (S7 , ◦), . . .
alle nicht!
1096 / 1411
Beispiel
(S1 , ◦) ist eine Gruppe mit
S1 = {(1)}
und folgender Verknüpfungstafel:
◦
(1)
(1)
(1)
Beispielsweise gilt: (1) ◦ (1) = (1).
1097 / 1411
Noch ein Beispiel
(S2 , ◦) ist eine Gruppe mit
S2 = {(1)(2), (1, 2)}
und folgender Verknüpfungstafel:
◦
(1)(2)
(1, 2)
(1)(2)
(1)(2)
(1, 2)
(1, 2)
(1, 2)
(1)(2)
Beispielsweise gilt: (1, 2) ◦ (1, 2) = (1)(2).
1098 / 1411
Ein letztes Beispiel
(S3 , ◦) ist eine Gruppe mit
S3 = {(1)(2)(3), (1, 2)(3), (1, 3)(2), (1)(2, 3), (1, 2, 3), (1, 3, 2)}
und folgender Verknüpfungstafel:
◦
(1)(2)(3)
(1, 2)(3)
(1, 3)(2)
(1)(2, 3)
(1, 2, 3)
(1, 3, 2)
(1)(2)(3)
(1)(2)(3)
(1, 2)(3)
(1, 3)(2)
(1)(2, 3)
(1, 2, 3)
(1, 3, 2)
(1, 2)(3)
(1, 2)(3)
(1)(2)(3)
(1, 3, 2)
(1, 2, 3)
(1)(2, 3)
(1, 3)(2)
(1, 3)(2)
(1, 3)(2)
(1, 2, 3)
(1)(2)(3)
(1, 3, 2)
(1, 2)(3)
(1)(2, 3)
(1)(2, 3)
(1)(2, 3)
(1, 3, 2)
(1, 2, 3)
(1)(2)(3)
(1, 3)(2)
(1, 2)(3)
(1, 2, 3)
(1, 2, 3)
(1, 3)(2)
(1)(2, 3)
(1, 2)(3)
(1, 3, 2)
(1)(2)(3)
(1, 3, 2)
(1, 3, 2)
(1)(2, 3)
(1, 2)(3)
(1, 3)(2)
(1)(2)(3)
(1, 2, 3)
Beispielsweise gilt: (1, 2, 3) ◦ (1, 3)(2) = (1)(2, 3).
1099 / 1411
Quizfrage
Wie viele Elemente enthält Sn für ein allgemeines n ∈ N?
1100 / 1411
Antwort
|Sn | = n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · 1 = n!
1101 / 1411
Quizfragen
Seien p = (1, 2, 3, 4), q = (1, 3)(2, 4), r = (1, 4, 3, 2) und id = (1)(2)(3)(4) vier
Permutationen über [4] und (G, ◦) eine Untergruppe der symmetrischen Gruppe (S4 , ◦)
mit G = {id, p, q, r }.
1. Wie sieht die Verknüpfungstafel von (G, ◦) aus?
2. Was ist das inverse Element a−1 von jedem a ∈ G?
3. Was ist die Ordnung ord(a) von jedem a ∈ G?
4. Ist (G, ◦) zyklisch?
1102 / 1411
Antworten
1. Die Verknüpfungstafel von (G, ◦) ist:
◦
id
p
q
r
id p q r
id p q r
p q r id
q r id p
r id p q
2.
id−1 = id, p −1 = r , q −1 = q, r −1 = p.
3.
ord(id) = 1, ord(p) = 4, ord(q) = 2, ord(r ) = 4.
4. Ja! p und r sind Erzeuger.
1103 / 1411
Eigenschaften von (Sn , ◦)
Die Gruppe Sn besitzt für jedes n ∈ N folgende Eigenschaften:
I
|Sn | = n!.
I
Das neutrale Element ist die Identitätsfunktion id = (1)(2) . . . (n).
I
Das inverse Element p −1 von p ∈ Sn ist einfach die Umkehrfunktion von p.
I
(Sn , ◦) ist kommutativ (abelsch) und zyklisch für n = 1 und n = 2, ansonsten ist
sie weder kommutativ noch zyklisch.
I
Die Ordnung ord(p) von einem Element p ∈ Sn ist das kleinste gemeinsame
Vielfache kgV{l1 , l2 , . . . , lk } der Zyklenlängen l1 , l2 , . . . , lk , z.B. gilt in S9 :
ord (1, 7, 4, 3) (2, 8, 6) (5, 9)
|
{z
Länge 4
= kgV{4, 3, 2} = 12
} | {z } | {z }
Länge 3 Länge 2
1104 / 1411
Quizfragen
Welche Ordnung besitzen folgende Permutationen aus (S9 , ◦)?
1. p = (4, 6, 2, 5)(3, 1, 9)(7, 8)
2. q = (1, 6)(5)(3, 8, 2)(4)(9, 7)
3. r = (3, 5, 7)(9, 1, 2)(8, 4, 6)
4. s = (5, 9)(1, 3)(2, 7)(4, 6, 8)
1105 / 1411
Antworten
1. ord(p) = kgV{4, 3, 2} = 12.
2. ord(q) = kgV{2, 1, 3, 1, 2} = 6.
3. ord(r ) = kgV{3, 3, 3} = 3.
4. ord(s) = kgV{2, 2, 2, 3} = 6.
1106 / 1411
Quizfragen
1. Für welche Permutation p ∈ S9 gilt ord(p) = 15?
2. Für welche Permutation q ∈ S9 gilt ord(q) = 9?
3. Für welche Permutation r ∈ S9 gilt ord(r ) = 5?
4. Für welche Permutation s ∈ S9 gilt ord(s) = 14?
Gib jeweils ein Beispiel an.
1107 / 1411
Antworten
1. p muss Zyklen der Längen 1, 3 und 5 haben, z.B.
p = (1)(2, 3, 4)(5, 6, 7, 8, 9).
2. q muss einen Zyklus der Länge 9 haben, z.B.
q = (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9).
3. r muss vier Zyklen der Länge 1 und einen der Länge 5 haben, z.B.
r = (1)(2)(3)(4)(5, 6, 7, 8, 9).
4. s muss einen Zyklus der Länge 2 und einen der Länge 7 haben, z.B.
s = (1, 2)(3, 4, 5, 6, 7, 8, 9).
1108 / 1411
Überblick* : Eigenschaften der Gruppen (Zn , +n ), (Z∗n , ·n ) und (Sn , ◦)
Gruppenordnung
Neutrales Element
Inversenbildung
Kommutativ
Zyklisch
Elementenordnung
*
(Zn , +n )
(Z∗n , ·n )
(Sn , ◦)
n
0
durch Negation
und Modulobildung
m−1 = −m mod n
immer
immer
n
ord(m) = ggT(m,n)
ϕ(n)
1
mit dem erweiterten
euklidischen Algorithmus:
m−1 = a mod n
immer
manchmal
ausprobieren
n!
id = (1)(2) . . . (n)
durch Bildung
der Umkehrfunktion
p −1 von p
nur falls n ≤ 2
nur falls n ≤ 2
ord(p) = kgV{l1 , l2 , . . . , lk }
Siehe Folien 1040, 1078 und 1104.
1109 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.2.1.
5.2.2.
5.2.3.
5.2.4.
5.2.5.
5.2.6.
Wichtige Begriffe
Additive Gruppe modulo n
Multiplikative Gruppe Modulo n
Symmetrische Gruppe
Inneres Produkt
Gruppenisomorphismus
5.3. Endliche Körper
5.4. RSA-Verfahren
1110 / 1411
Inneres Produkt
Seien (A, ◦) und (B, •) beliebige Algebren. Dann heißt
(A, ◦) × (B, •) := (A × B, ◦ × •)
mit
(a, b)(◦ × •)(c, d) = (a ◦ c, b • d)
das innere Produkt (oder direkte Produkt) aus (A, ◦) und (B, •).
1111 / 1411
Beispiel
Seien (A, ◦) und (B, •) mit A = {a, b, c}, B = {d, e} und:
◦
a
b
c
(A, ◦) :
a
a
b
c
b
b
c
a
c
c
a
b
•
d
e
(B, •) :
d
d
e
e
e
d
Dann besitzt (A, ◦) × (B, •) folgende Verknüpfungstafel:
◦ו
(a, d)
(a, e)
(b, d)
(b, e)
(c, d)
(c, e)
(a, d)
(a, d)
(a, e)
(b, d)
(b, e)
(c, d)
(c, e)
(a, e)
(a, e)
(a, d)
(b, e)
(b, d)
(c, e)
(c, d)
(b, d)
(b, d)
(b, e)
(c, d)
(c, e)
(a, d)
(a, e)
z.B.: (b, d)(◦ × •)(c, e) = (b ◦ c, d • e) = (a, e)
(b, e)
(b, e)
(b, d)
(c, e)
(c, d)
(a, e)
(a, d)
(c, d)
(c, d)
(c, e)
(a, d)
(a, e)
(b, d)
(b, e)
(c, e)
(c, e)
(c, d)
(a, e)
(a, d)
(b, e)
(b, d)
1112 / 1411
Mehr Beispiele
Seien (Z2 , +2 ) und (Z2 , ·2 ) mit folgenden Verknüpfungstafeln:
(Z2 , +2 ) :
I
+2
0
1
0
0
1
1
1
0
·2
0
1
(Z2 , ·2 ) :
0
0
0
1
0
1
(Z2 , +2 ) × (Z2 , ·2 ) besitzt folgende Verknüpfungstafel:
+2 × · 2
(0, 0)
(0, 1)
(1, 0)
(1, 1)
(0, 0)
(0, 0)
(0, 0)
(1, 0)
(1, 0)
(0, 1)
(0, 0)
(0, 1)
(1, 0)
(1, 1)
(1, 0)
(1, 0)
(1, 0)
(0, 0)
(0, 0)
(1, 1)
(1, 0)
(1, 1)
(0, 0)
(0, 1)
1113 / 1411
Eigenschaften des inneren Produkts (A, ◦) × (B, •)
Für Algebren (A, ◦) und (B, •) gilt immer:
I
(A, ◦) × (B, •) besitzt |G| · |T | Elemente.
I
(A, ◦) × (B, •) ist nur dann assoziativ, wenn A und B jeweils assoziativ sind.
I
(A, ◦) × (B, •) hat nur dann ein neutrales Element (eA , eB ), wenn A und B jeweils
neutrale Elemente eA ∈ G und eB ∈ T haben.
I
In (A, ◦) × (B, •) haben alle Elemente (x , y ) ∈ G × T ein Inverses
(x , y )−1 = (x −1 , y −1 ) nur, wenn jedes x ∈ G ein Inverses x −1 in A und jedes
y ∈ T ein Inverses y −1 in B besitzen.
I
(A, ◦) × (B, •) ist nur dann kommutativ, wenn A und B jeweils kommutativ sind.
1114 / 1411
Quizfrage
Ist die Aussage
„Für beliebige zyklische Gruppen A und B ist auch (A, ◦) × (B, •) zyklisch“
wahr oder falsch?
1115 / 1411
Antwort
Falsch! (Z2 , +2 ) ist zyklisch (ord(1) = 2 = |Z2 |), aber (Z2 × Z2 , +2 × +2 ) nicht. Es
gilt nämlich |Z2 × Z2 | = 4, aber kein Element hat Ordnung 4:
+2 × +2
(0, 0)
(0, 1)
(1, 0)
(1, 1)
ord((0, 0)) = 1
(0, 0)
(0, 0)
(0, 1)
(1, 0)
(1, 1)
ord((0, 1)) = 2
(0, 1)
(0, 1)
(0, 0)
(1, 1)
(1, 0)
(1, 0)
(1, 0)
(1, 1)
(0, 0)
(0, 1)
(1, 1)
(1, 1)
(1, 0)
(0, 1)
(0, 0)
ord((1, 0)) = 2
ord((1, 1)) = 2
1116 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.2.1.
5.2.2.
5.2.3.
5.2.4.
5.2.5.
5.2.6.
Wichtige Begriffe
Additive Gruppe modulo n
Multiplikative Gruppe Modulo n
Symmetrische Gruppe
Inneres Produkt
Gruppenisomorphismus
5.3. Endliche Körper
5.4. RSA-Verfahren
1117 / 1411
Isomorphismus bei Algebren
Für beliebige Algebren (A, ◦) und (B, •) gilt (A, ◦) ∼
= (B, •) genau dann, wenn es eine
bijektive Funktion h : A → B mit der Homomorphieeigenschaft
∀x , y ∈ A : h(x ◦ y ) = h(x ) • h(y )
gibt.
Eine solche Funktion h wird Isomorphismus genannt.
Infos
I
I
Für (A, ◦) ∼
= (B, •) sagen wir „(A, ◦) und (B, •) sind isomorph zueinander“.
Ein Homomorphismus ist eine Verallgemeinerung des Isomorphismus, bei dem h
nicht notwendigerweise bijektiv sein muss.
1118 / 1411
Info
Intuitiv heißt das, dass (A, ◦) und (B, •) zwar unterschiedliche Objekte mit
unterschiedlichen Namen sind, aber dieselbe „Struktur“ haben und somit auch
dieselben Eigenschaften:
(A, ◦) :
◦
..
.
x
..
.
···
···
y
..
.
x ◦y
..
.
···
···
(B, •) :
•
..
.
h(x )
..
.
···
···
h(y )
..
.
h(x ◦ y )
..
.
···
···
D.h. man kann die linke Verknüpfungstafel nehmen, die Elemente in ihr nach h
unbenennen und man würde die rechte Tabelle erhalten (mit eventuellen Zeilen- bzw.
Spaltenvertauschungen).
1119 / 1411
Beispiel
Seien (A, ◦) und (B, •) zwei Algebren mit A = {a, b, c} und B = {r , s, t} und
h : {a, b, c} → {r , s, t} eine Funktion wie folgt:
◦
a
b
c
(A, ◦) :
a
a
b
c
b
b
c
a
c
c
a
b
•
r
s
t
(B, •) :
r s t
t r s
r s t
s t r
x
a
b
c
h:
h(x )
s
r
t
h ist ein Isomorphismus zwischen (A, ◦) und (B, •). Intuitiv heißt das, dass wir durch
die Umbenennung h der Elemente in (A, ◦) wir genau (B, •) erhalten. D.h., dass (A, ◦)
und (B, •) bis auf Unbenennung der Elemente gleich sind (dieselbe „Struktur“ haben).
◦
a
b
c
a
a
b
c
b
b
c
a
c
c
a
b
umbenennen
;
•
s
r
t
s
s
r
t
r
r
t
s
t
t
s
r
umordnen
;
•
r
s
t
r
t
r
s
s
r
s
t
t
s
t
r
1120 / 1411
Formal muss die Homomorphieeigenschaft gezeigt werden. Wir müssen also
h(x ◦ y ) = h(x ) • h(y )
für alle x , y ∈ {a, b, c} zeigen. Weil (A, ◦) und (B, •) beide endlich sind kann man
einfach alle 32 = 9 Gleichungen getrennt überprüfen.
1121 / 1411
(A, ◦) :
◦
a
b
c
a
a
b
c
b
b
c
a
c
c
a
b
(B, •) :
•
r
s
t
r
t
r
s
s
r
s
t
t
s
t
r
h:
x
a
b
c
h(x )
s
r
t
Beweis mit Brute Force:
h(a ◦ a) = h(a) =s = s • s = h(a) • h(a)
h(a ◦ b) = h(b) =r = s • r = h(a) • h(b)
h(a ◦ c) = h(c) =t = s • t = h(a) • h(c)
h(b ◦ a) = h(b) =r = r • s = h(b) • h(a)
h(b ◦ b) = h(c) =t = r • r = h(b) • h(b)
h(b ◦ c) = h(a) =s = r • t = h(b) • h(c)
h(c ◦ a) = h(c) =t = t • s = h(c) • h(a)
h(c ◦ b) = h(a) =s = t • r = h(c) • h(b)
h(c ◦ c) = h(b) =r = t • t = h(c) • h(c)
1122 / 1411
Noch ein Beispiel
Die Gruppen Z∗8 und Z∗12 besitzen folgende Verknüpfungstafeln:
Z∗8 :
·8
1
3
5
7
1
1
3
5
7
3
3
1
7
5
5
5
7
1
3
7
7
5
3
1
Z∗12 :
·12
1
5
7
11
1 5 7 11
1 5 7 11
5 1 11 7
7 11 1 5
11 7 5 1
Hier erkennt man sofort, dass folgende Funktion h : Z∗8 → Z∗12 ein Isomorphismus ist:
h(1) = 1, h(3) = 5, h(5) = 7, h(7) = 11.
1123 / 1411
Letztes Beispiel
Für die Gruppen (R, +) und (R+ , ·) gilt (R, +) ∼
= (R+ , ·), d.h. sie sind isomorph
zueinander. Ein möglicher Isomorphismus ist h : R → R+ mit:
h(x ) = e x
h ist (offensichtlich ;-)) bijektiv und es gilt für beliebige x , y ∈ R:
h(x + y ) = e x +y = e x · e y = h(x ) · h(y )
2
1124 / 1411
Infos
I
Es ist einfach zu beweisen, dass eine gegebene Funktion h ein Isomorphismus ist.
I
Am schwierigsten ist es aber, einen Isomorphismus selber zu finden.
1125 / 1411
Rezept
Frage: Wie kann man ein Gruppenisomorphismus finden?
Methode: Bei Gruppenisomorphismen h gilt folgende Implikation:
h(x ) = y
=⇒ ord(x ) = ord(y )
Daraus entsteht folgende Strategie:
1. Liste die Ordnungen aller Elemente beider Gruppen auf.
2. Verbinde diejenigen Elemente, deren Ordnung nur einmal vorkommen (z.B.
neutrale Elemente).
3. überlege, wie der Rest aussehen könnte (eventuell durch ausprobieren!) .
4. Beweise, ob die entstandene Funktion tatsächlich ein Isomorphismus ist.
1126 / 1411
Info
Bei der Konstruktion von Isomorphismen gibt es drei wichtige Spezialfälle, die für uns
in DS völlig ausreichend sind:
I
Sind die Gruppen unterschiedlich groß, dann können sie nicht isomorph sein.
I
Stellt man fest, dass die Ordnungen beider Gruppen anders sind, dann sind sie
automatisch nicht isomorph.
I
Sind beide Gruppen zyklisch, so kann man einen beliebigen Erzeuger der einen
Gruppe mit einem beliebigen Erzeuger der anderen verbinden und sich den Rest
systematisch konstruieren :-)
1127 / 1411
Beispiel
Für die Gruppen Z6 und Z∗7 gilt:
Z6 :
x
ord(x )
0 1 2 3 4 5
1 6 3 2 3 6
Z∗7 :
x
ord(x )
1 2 3 4 5 6
1 3 6 3 6 2
Z6 und Z∗7 sind beide zyklisch. Mögliche Erzeuger sind 1 ∈ Z6 und 3 ∈ Z∗7 .
Z6 wird wie folgt von 1 erzeugt:
+ 1
+ 1
+ 1
+ 1
+ 1
· 3
· 3
6
6
6
6
6
1 −→
2 −→
3 −→
4 −→
5 −→
0
Analog wird Z∗7 wird wie folgt von 3 erzeugt:
· 3
· 3
· 3
7
7
7
7
7
3 −→
2 −→
6 −→
4 −→
5 −→
1
1128 / 1411
Wir setzen also z.B. h : Z6 → Z∗7 mit h(1) = 3 und berechnen die restlichen Werte von
h systematisch:
h(2) = h(1 +6 1) = h(1) ·7 h(1) = 3 ·7 3 = 2
h(3) = h(1 +6 2) = h(1) ·7 h(2) = 3 ·7 2 = 6
h(4) = h(1 +6 3) = h(1) ·7 h(3) = 3 ·7 6 = 4
h(5) = h(1 +6 4) = h(1) ·7 h(4) = 3 ·7 4 = 5
h(0) = h(1 +6 5) = h(1) ·7 h(5) = 3 ·7 5 = 1
Man kann an folgendem Diagramm sehr schön erkennen wieso das funktioniert:
+ 1
+ 1
+ 1
+ 1
+ 1
· 3
· 3
· 3
· 3
· 3
6
6
6
6
6
1 −→
2 −→
3 −→
4 −→
5 −→
0
h: ↓
↓
↓
↓
↓
↓
7
7
7
7
7
3 −→
2 −→
6 −→
4 −→
5 −→
1
1129 / 1411
Quizfrage
Seien S2 = {id, p} mit id = (1)(2) und p = (1, 2), ↔: B × B → B mit B = {0, 1} und
folgende Verknüpfungstafeln von (S2 , ◦) und (B, ↔) gegeben:
(S2 , ◦) :
◦
id
p
id p
id p
p id
(B, ↔) :
↔
0
1
0 1
1 0
0 1
Wieso sind (S2 , ◦) und (B, ↔) isomorph zueinander?
Überlege dir, wie ein Isomorphismus h : S2 → B aussehen könnte und überprüfe die
Homomorphieeigenschaft von h:
h(id ◦ id)
h(id ◦p)
h(p ◦ id)
h(p ◦ p)
= h(id) ↔ h(id)
= h(id) ↔ h(p)
= h(p) ↔ h(id)
= h(p) ↔ h(p)
1130 / 1411
Antwort
Es gibt nur zwei bijektive Funktionen h : S2 → B:
h(id) = 0, h(p) = 1 und h(id) = 1, h(p) = 0.
Weil id und 1 jeweils die neutralen Elemente sind (bzw. p und 0 jeweils die Erzeuger),
entscheiden wir uns für die zweite Variante.
Beweis der Homomorphieeigenschaft:
h(id ◦ id)
h(id ◦p)
h(p ◦ id)
h(p ◦ p)
= h(id) = 1 =
= h(p) = 0 =
= h(p) = 0 =
= h(id) = 1 =
0↔0
0↔1
1↔0
1↔1
= h(id) ↔ h(id)
= h(id) ↔ h(p)
= h(p) ↔ h(id)
= h(p) ↔ h(p)
3
3
3
3
Info: Wir dürfen hier beispielsweise „1 = 0 ↔ 0“ statt „true ≡ false ↔ false“
schreiben, weil wir ↔ als Operation ↔: B × B → B über B = {0, 1} definiert haben.
1131 / 1411
Quizfrage
Sei ⊗ : B × B → B mit B = {0, 1} und folgende Verknüpfungstafeln von (Z2 , +2 ) und
(B, ⊗) gegeben:
(Z2 , +2 ) :
+2
0
1
0 1
0 1
1 0
(B, ⊗) :
⊗
0
1
0 1
0 1
1 0
Wieso sind (Z2 , +2 ) und (B, ⊗) isomorph zueinander?
Überlege dir wieder, analog zur letzten Quizfrage, wie ein Isomorphismus h : Z2 → B
aussehen könnte und überprüfe die Homomorphieeigenschaft von h.
1132 / 1411
Antwort
Es gibt nur zwei bijektive Funktionen h : Z2 → B:
h(0) = 0, h(1) = 1 und h(0) = 1, h(1) = 0.
Weil 0 und 0 jeweils die neutralen Elemente sind (bzw. 1 und 1 jeweils die Erzeuger),
entscheiden wir uns für die erste Variante.
Beweis der Homomorphieeigenschaft:
h(0 +2 0)
h(0 +2 1)
h(1 +2 0)
h(1 +2 1)
=
=
=
=
h(0)
h(1)
h(1)
h(0)
=
=
=
=
0
1
1
0
=
=
=
=
0⊗0
0⊗1
1⊗0
1⊗1
=
=
=
=
h(0) ⊗ h(0)
h(0) ⊗ h(1)
h(1) ⊗ h(0)
h(1) ⊗ h(1)
3
3
3
3
Info: Auch hier dürfen wir beispielsweise „0 = 0 ⊗ 0“ statt „false ≡ false ⊗ false“
schreiben, weil wir ⊗ als Operation ⊗ : B × B → B über B = {0, 1} definiert haben.
1133 / 1411
Quizfrage
Seien (G, ◦) und (H, •) zwei Gruppen mit folgenden Verknüpfungstafeln:
G:
◦
1
2
3
1
2
3
1
2
3
1
2
3
1
2
3
H:
•
4
5
6
4
6
4
5
5
4
5
6
6
5
6
4
Es gilt (G, ◦) ∼
= (H, •). Welche Isomorphismen zwischen (G, ◦) und (H, •) gibt es?
1134 / 1411
Antwort
Die Erzeugnistafeln beider Gruppen sind:
(G, ◦) :
a
1
2
3
hai
ord(a)
{1, 2, 3}
3
{2, 1, 3}
3
{3}
1
(H, •) :
a
4
5
6
hai
ord(a)
{4, 6, 5}
3
{5}
1
{6, 4, 5}
3
Dies ergibt, analog zum Beispiel auf Folie 1128, folgende Isomorphismen
h1 , h2 : {1, 2, 3} → {4, 5, 6}:
h1 (1) = 4, h1 (2) = 6, h1 (3) = 5 und h2 (1) = 6, h2 (2) = 4, h2 (3) = 5.
1135 / 1411
Quizfrage
Welche Isomorphismen gibt es zwischen Z6 und Z∗9 ?
1136 / 1411
Antwort
Die Erzeugnistafeln beider Gruppen sind:
Z6 :
a
0
1
2
3
4
5
hai
ord(a)
{0}
1
{1, 2, 3, 4, 5, 0}
6
{2, 4, 0}
3
{3, 0}
2
{4, 2, 0}
3
{5, 4, 3, 2, 1, 0}
6
Z∗9 :
a
1
2
4
5
7
8
hai
ord(a)
{1}
1
{2, 4, 8, 7, 5, 1}
6
{4, 7, 1}
3
{5, 7, 8, 4, 2, 1}
6
{7, 4, 1}
3
{8, 1}
2
Dies ergibt, analog zum Beispiel auf Folie 1128, folgende Isomorphismen
h1 , h2 : Z6 → Z∗9 :
h1 (0) = 1, h1 (1) = 2, h1 (2) = 4, h1 (3) = 8, h1 (4) = 7, h1 (5) = 5.
und
h2 (0) = 1, h2 (1) = 5, h2 (2) = 7, h2 (3) = 8, h2 (4) = 4, h2 (5) = 2.
1137 / 1411
Quizfrage
Gegeben seien folgende Gruppen:
Z4 , Z6 , Z∗5 , Z∗7 , Z∗8 , S3 .
1. Wie viele Elemente besitzt jede Gruppe?
2. Welche Gruppen sind zyklisch?
3. Welche Gruppen sind isomorph zueinander und welche nicht?
1138 / 1411
Antworten
1. Es gilt Z∗5 = {1, 2, 3, 4}, Z∗7 = {1, 2, 3, 4, 5, 6} und Z∗8 = {1, 3, 5, 7}. Daraus folgt:
|Z4 | = 4, |Z6 | = 6, |Z∗5 | = 4, |Z∗7 | = 6, |Z∗8 | = 4, |S3 | = 3! = 6.
2. Zn ist für jedes n ∈ N zyklisch. Sn ist nur für n ≤ 2 zyklisch. Für Z∗5 , Z∗7 und Z∗8
gilt:
Z∗5 :
a
1
2
3
4
ord(a)
1
4
4
2
Z∗7 :
a
1
2
3
4
5
6
ord(a)
1
3
6
3
6
2
Z∗8 :
a
1
3
5
7
ord(a)
1
2
2
2
Somit sind nur Z4 , Z6 , Z∗5 und Z∗7 zyklisch und Z∗8 und S3 nicht.
1139 / 1411
3. Für die Gruppen mit 4 Elementen gilt
Z4 ∼
= Z∗5 Z∗8 ,
da Z4 und Z∗5 zyklisch sind und Z∗8 nicht.
Für die Gruppen mit 6 Elementen gilt:
Z6 ∼
= Z∗7 S3 ,
da Z6 und Z∗7 zyklisch sind und S3 nicht.
Keine der 4-elementigen Gruppen ist isomorph zu einer der 6-elementigen
Gruppen, weil isomorphe Gruppen gleich viele Elemente besitzen müssen.
1140 / 1411
Wichtige Aussagen zur Isomoprhie von Gruppen
1. Jede zyklische Gruppe (G, ◦) mit |G| = ∞ ist isomorph zu (Z, +).
2. Jede zyklische Gruppe (G, ◦) mit |G| = n ist isomorph zu (Zn , +n ).
3. Zwei zyklische Gruppen mit gleich vielen Elementen sind isomorph zueinander.
4. Alle zyklischen Gruppen sind automatisch auch kommutativ, da (Z, +) und
(Zn , +n ) beide abelsch (kommutativ) sind.
5. Sind (G, ◦) und (H, •) zwei isomorphe Gruppen und h : G → H ein
Isomorphismus, dann gilt:
h(a) = b
h(a) = b
(G, ◦) abelsch
(G, ◦) zyklisch
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
ord(a) = ord(b),
h(a−1 ) = b −1 ,
(H, •) abelsch,
(H, •) zyklisch.
1141 / 1411
Quizfragen
1. Gibt es eine Gruppe mit 724 Elementen?
2. Gibt es eine kommutative Gruppe mit 535 Elementen?
3. Gibt es eine nicht-kommutative Gruppe mit 6 Elementen?
4. Gibt es eine nicht-kommutative Gruppe mit 7 Elementen?
5. Gibt es eine nicht-kommutative Gruppe mit 12 Elementen?
6. Gibt es eine zyklische Gruppe mit 793 Elementen?
7. Gibt es eine nicht-zyklische Gruppe mit 24 Elementen?
8. Gibt es eine zyklische Gruppe, die nicht kommutativ ist?
9. Gibt es nicht-isomorphe Gruppen mit 23 Elementen?
10. Gibt es nicht-isomorphe Gruppen mit 24 Elementen?
11. Gibt es eine Gruppe mit 21 Elementen, die ein Element mit Ordnung 5 enthält?
12. Gibt es eine Gruppe mit 36 Elementen, die eine Untergruppe mit 8 Elementen
besitzt?
1142 / 1411
Antworten
1. Ja! Z724 . Erinnerung: Zn ist für alle n ∈ N eine Gruppe.
2. Ja! Z535 . Erinnerung: Zn ist für alle n ∈ N eine kommutative Gruppe.
3. Ja! S3 .
4. Nein! 7 ist prim und somit ist jede Gruppe mit 7 Elementen zyklisch und
kommutativ.
5. Ja! Das innere Produkt S3 × Z2 besitzt |S3 × Z2 | = 6 · 2 = 12 Elemente und ist
nicht kommutativ, da S3 es nicht ist.
6. Ja! Z793 . Erinnerung: Zn ist für alle n ∈ N eine zyklische Gruppe.
1143 / 1411
7. Ja! S4 . Erinnerung: Sn besitzt n! Elemente und ist nur für n ≤ 2 zyklisch und
kommutativ. Für n ≥ 3 ist Sn weder kommutativ noch zyklisch.
8. Nein! Jede Zyklische Gruppe ist kommutativ.
9. Nein! 23 ist prim, d.h. alle Gruppen mit 23 Elementen sind zyklisch und somit
isomorph zueinander.
10. Ja! Z24 und S4 haben beide 24 Elemente, aber sind sind nicht isomorph
zueinander, weil Z24 zyklisch ist und S4 nicht.
11. Nein! 5 teilt nicht die 21.
12. Nein! 8 teilt nicht 36.
1144 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.3. Endliche Körper
5.3.1. Wichtige Begriffe
5.3.2. Polynomringe
5.4. RSA-Verfahren
1145 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.3. Endliche Körper
5.3.1. Wichtige Begriffe
5.3.2. Polynomringe
5.4. RSA-Verfahren
1146 / 1411
Ringe
Eine Algebra (A, ⊕, ) mit zwei Operatoren heißt Ring, falls folgendes gilt:
1. (A, ⊕) ist eine kommutative Gruppe mit neutralem Element 0 ∈ A (additive
Gruppe)
2. (A, ) ist ein Monoid mit neutralem Element 1 ∈ A (multiplikatives Monoid)
3. ⊕ und sind distributiv, d.h. für alle a, b, c ∈ A gilt:
(a ⊕ b) c = (a c) ⊕ (b c)
a (b ⊕ c) = (a b) ⊕ (a c)
Falls (A, ) ein kommutatives Monoid ist, dann nennt man (A, ⊕, ) einen
kommutativen Ring.
1147 / 1411
Körper
Eine Algebra (A, ⊕, ) mit zwei Operatoren heißt Körper, falls folgendes gilt:
1. (A, ⊕) ist eine kommutative Gruppe mit neutralem Element 0 ∈ A (additive
Gruppe)
2. (A \ {0}, ) ist eine kommutative Gruppe mit neutralem Element 1 ∈ A
(multiplikative Gruppe)
3. ⊕ und sind distributiv, d.h. für alle a, b, c ∈ A gilt:
(a ⊕ b) c = (a c) ⊕ (b c)
Info
Weil kommutativ ist, braucht man bei Körpern nur eine Distributivität. Die andere
folgt aus ihr ;-)
1148 / 1411
Hierarchie
Es gilt:
(A, ⊕, ) Körper =⇒ (A, ⊕, ) Ring =⇒ (A, ⊕, ) Algebra
d.h. jeder Körper ist ein Ring und jeder Ring ist eine Algebra.
1149 / 1411
Infos
I
A kann eine beliebige Menge sein, endlich oder unendlich
I
⊕ und können beliebige Operatoren sein.
I
0 und 1 sind nicht unbedingt die Zahlen 0 und 1.
I
Man nennt die 0 Nullelement und die 1 Einselement.
I
−a ist das additive Inverse von a, entsprechend ist a−1 das multiplikative Inverse
von a.
I
Möchte man verdeutlichen, welche Elemente neutrale Elemente sind, dann kann
man auch (A, ⊕, , 0, 1) statt (A, ⊕, ) schreiben.
1150 / 1411
Beispiele
I
Der bekannteste unendliche Ring ist:
(Z, +, ·).
I
Die bekanntesten unendlichen Körper sind:
(Q, +, ·), (R, +, ·), (C, +, ·).
1151 / 1411
Quizfrage
Wieso ist (Z, +, ·) kein Körper?
1152 / 1411
Antwort
(Z \ {0}, ·) ist keine Gruppe, weil nur 1 und −1 multiplikative Inverse besitzen.
1153 / 1411
Restklassenringe
Für eine beliebige natürliche Zahl n ∈ N ist (Zn , +n , ·n ) ein kommutativer, endlicher
Ring und wird Restklassenring Z modulo n genannt. Zusätzlich gilt:
(Zn , +n , ·n ) ist ein Körper ⇐⇒ n ist prim .
Infos
I
Da (Z∗n , ·n ) für alle n ∈ N eine kommutative Gruppe ist und Z∗n = Zn \ {0} gilt,
falls n prim ist, ist (Zn \ {0}, ·n ) für alle Primzahlen n eine kommutative Gruppe.
I
Auch hier ist es üblich, dass man nur Zn statt (Zn , +n , ·n ) schreibt.
1154 / 1411
Beispiele
I
(Z1 , +1 , ·1 ) ist ein kommutativer, endlicher Ring, aber kein Körper, da
Z1 \ {0} = ∅ gilt und jeder Körper mindestens ein Element braucht.
+1
0
I
·1
0
0
0
0
0
(Z2 , +2 , ·2 ) ist ein endlicher Körper.
+2
0
1
0
0
1
1
1
0
·2
0
1
0
0
0
1
0
1
1155 / 1411
I
(Z3 , +3 , ·3 ) ist ein endlicher Körper.
+3
0
1
2
I
0
0
1
2
1
1
2
0
·3
0
1
2
2
2
0
1
0
0
0
0
1
0
1
2
2
0
2
1
(Z4 , +4 , ·4 ) ist ein kommutativer, endlicher Ring, aber kein Körper.
+4
0
1
2
3
0
0
1
2
3
1
1
2
3
0
2
2
3
0
1
3
3
0
1
2
·4
0
1
2
3
0
0
0
0
0
1
0
1
2
3
2
0
2
0
2
3
0
3
2
1
1156 / 1411
I
(Z5 , +5 , ·5 ) ist ein endlicher Körper.
+5
0
1
2
3
4
0
0
1
2
3
4
1
1
2
3
4
0
2
2
3
4
0
1
3
3
4
0
1
2
4
4
0
1
2
3
·5
0
1
2
3
4
0
0
0
0
0
0
1
0
1
2
3
4
2
0
2
4
1
3
3
0
3
1
4
2
4
0
4
3
2
1
1157 / 1411
I
(Z6 , +6 , ·6 ) ist ein kommutativer, endlicher Ring, aber kein Körper.
+6
0
1
2
3
4
5
0
0
1
2
3
4
5
1
1
2
3
4
5
0
2
2
3
4
5
0
1
3
3
4
5
0
1
2
4
4
5
0
1
2
3
5
5
0
1
2
3
4
·6
0
1
2
3
4
5
0
0
0
0
0
0
0
1
0
1
2
3
4
5
2
0
2
4
0
2
4
3
0
3
0
3
0
3
4
0
4
2
0
4
2
5
0
5
4
3
2
1
1158 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende endlichen Ringe:
1. (Z7 , +7 , ·7 ),
2. (Z9 , +9 , ·9 ),
3. (Z11 , +11 , ·11 ),
4. (Z13 , +13 , ·13 ),
5. (Z15 , +15 , ·15 ),
6. (Z17 , +17 , ·17 ),
7. (Z19 , +19 , ·19 ),
8. (Z21 , +21 , ·21 ),
9. (Z23 , +23 , ·23 ),
10. (Z1624 , +1624 , ·1624 ).
Welche davon sind auch Körper?
1159 / 1411
Antworten
Erinnerung:
n prim ⇐⇒ (Zn , +n , ·n ) Körper .
1. Körper.
2. Kein Körper.
3. Körper.
4. Körper.
5. Kein Körper.
6. Körper.
7. Körper.
8. Kein Körper.
9. Körper.
10. Kein Körper.
1160 / 1411
Nullteiler
Sei (R, ⊕, ) ein Ring. Ein Element x ∈ R mit x 6= 0 heißt Nullteiler, falls ein y ∈ R
mit y 6= 0 existiert mit:
x y =0
Infos
I
y ist dann auch ein Nullteiler.
I
Falls R keine Nullteiler besitzt, nennt man R nullteilerfrei.
1161 / 1411
Beispiele
I
(Z, +, ·), (Q, +, ·), (R, +, ·) und (C, +, ·) sind nullteilerfrei.
I
(Z3 , +3 , ·3 ) ist nullteilerfrei.
I
(Z4 , +4 , ·4 ) besitzt den Nullteiler 2:
2 ·2 2 = 0.
I
Der Körper (Z5 , +5 , ·5 ) ist nullteilerfrei.
I
Der Ring (Z6 , +6 , ·6 ) besitzt die Nullteiler 2, 3 und 4:
2 ·6 3 = 0
3 ·6 2 = 0
3 ·6 4 = 0
4 ·6 3 = 0
1162 / 1411
Quizfrage
Ist jeder kommutative, nullteilerfreie Ring ein Körper?
1163 / 1411
Antwort
Nö! (Z, +, ·) ist ein kommutativer, nullteilerfreie Ring, aber kein Körper.
1164 / 1411
Ringe vs. Körper
Für jeden Ring (also auch für jeden Körper) (R, ⊕, ) gilt:
∀a ∈ R : a 0 = 0 = 0 a
Die wesentlichen Unterschiede zwischen Ringen und Körpern sind:
1. Alle Elemente eines Körpers (außer die 0) haben Inverse bzgl. , die eines Ringes
nur manchmal.
2. ist bei Körpern immer kommutativ, bei Ringen nur manchmal.
3. Körper sind immer nullteilerfrei, Ringe nur manchmal.
1165 / 1411
Verknüpfungstafeln von Ringen
neutrales
Element
neutrales
Element
nur Nullen
neutrales
Element
⊕
0
1
a
b
c
..
.
0 1 a b c ···
0 1 a b c ···
1
a
b
c
..
.
?
kürzbar und
kommutativ
neutrales
Element
nur Nullen
0
1
a
b
c
..
.
0
0
0
0
0
0
..
.
1 a b c ···
0 0 0 0 ···
1 a b c ···
a
b
c
..
.
?
nicht notwendigerweise
kürzbar, nullteilerfrei oder kommutativ
1166 / 1411
Verknüpfungstafeln von Körpern
neutrales
Element
neutrales
Element
nur Nullen
neutrales
Element
⊕
0
1
a
b
c
..
.
0 1 a b c ···
0 1 a b c ···
1
a
b
c
..
.
?
kürzbar und
kommutativ
neutrales
Element
nur Nullen
0
1
a
b
c
..
.
0
0
0
0
0
0
..
.
1 a b c ···
0 0 0 0 ···
1 a b c ···
a
b
c
..
.
?
kürzbar, nullteilerfrei
und kommutativ
1167 / 1411
Infos
I
Bei Algebren mit einem Operator kann man die Assoziativität leider nicht an der
Verknüpfungstafel ablesen.
I
Bei Algebren mit zwei Operatoren kann man die Distributivitäten leider nicht an
den Verknüpfungstafeln ablesen.
D.h. entweder man weiß, dass der Operator (bzw. die Operatoren) assoziativ (bzw.
distributiv) sind (z.B. + und · oder +n und ·n ) oder man muss es extra beweisen :-(
1168 / 1411
Monoide vs. Gruppen vs. Ringe vs. Körper
Was kann man in jeder der Strukturen machen?
1. Monoide: addieren
2. Gruppen: addieren und subtrahieren
3. Ringe: addieren, subtrahieren und multiplizieren
4. Körper: addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren
Deswegen sind Körper so schön zum Rechnen! :-)
Infos
I
„subtrahieren “ heißt nichts anderes als „addieren mit dem additiven Inversen“.
I
„dividieren“ heißt nichts anderes als „multiplizieren mit dem multiplikativen
Inversen“.
1169 / 1411
Primitive Elemente
Sei (K , ⊕, ) ein Körper. Ein Element a ∈ K heißt primitiv, falls es ein Erzeuger der
multiplikativen Gruppe (K \ {0}, ) ist.
Erinnerung
Für jede endliche Gruppe (G, ◦) und jedes x ∈ G gilt:
x ist Erzeuger von G
⇐⇒ ord(x ) = |G| .
Beispiele
I
2 ist primitiv in (Z3 , +3 , ·3 ), da ord·3 (2) = 2.
I
2 und 3 sind primitiv in (Z5 , +5 , ·5 ), da ord·5 (2) = 4 und ord·5 (3) = 4.
I
3 und 5 sind primitiv in (Z7 , +7 , ·7 ), da ord·7 (3) = 6 und ord·7 (5) = 6.
1170 / 1411
Isomorphie
Seien (A, ⊕, ) und (B, , ) zwei Algebren mit jeweils zwei Operatoren. A und B
sind isomorph zueinander, falls folgendes gilt:
I
Es gibt eine Funktion h : A → B mit:
∀x , y ∈ A : h(x ⊕ y ) = h(x ) h(y ),
∀x , y ∈ A : h(x y ) = h(x ) h(y ),
I
h ist bijektiv.
Info
Die Isomorphie von Algebren mit zwei Operatoren funktioniert analog zu der von
Algebren mit nur einem Operator (s. Folie 1118).
1171 / 1411
Beispiel
Seien (A, ⊕, ) und (B, , ) zwei Algebren mit A = {0, 1, 2, 3}, B = {♣, ♠, ♥, ♦}
und folgenden Verknüpfungstafeln:
A:
B:
⊕
0
1
2
3
0
1
2
3
0
1
2
3
0
1
2
3
1
2
3
0
2
3
0
1
3
0
1
2
0
1
2
3
0
0
0
0
0
1
2
3
0
2
0
2
0
3
2
1
♣
♠
♥
♦
♣
♣
♣
♣
♣
♠
♥
♦
♣
♥
♣
♥
♣
♦
♥
♠
♣
♠
♥
♦
♣
♠
♥
♦
♣
♠
♥
♦
♠
♥
♦
♣
♥
♦
♣
♠
♦
♣
♠
♥
♣
♠
♥
♦
Ein Isomorphismus h : A → B ist:
h(0) = ♣
h(1) = ♠
h(2) = ♥
h(3) = ♦
1172 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.3. Endliche Körper
5.3.1. Wichtige Begriffe
5.3.2. Polynomringe
5.4. RSA-Verfahren
1173 / 1411
Polynome
Sei (R, ⊕, ) ein beliebiger kommutativer Ring (endlich oder unendlich).
I
Ein Polynom p über R in der Unbekannten x ist ein Ausdruck der Gestalt
p = an x n + an−1 x n−1 + . . . + a1 x + a0 ,
wobei a0 , . . . , an ∈ R gilt.
I
deg(p) = n ist der Grad und a1 , . . . , an sind die Koeffizienten von p. Für alle i > n
definieren wir ai := 0.
I
R[x ] ist die Menge aller Polynome mit Koeffizienten aus R.
I
Jedes Polynom p induziert eine Funktion fp : R → R mit
fp (x ) = (an x n ) ⊕ (an−1 x n−1 ) ⊕ . . . ⊕ (a1 x ) ⊕ a0
für alle x ∈ R.
I
Ein Element x0 ∈ R mit fp (x0 ) = 0 heißt Nullstelle von p.
1174 / 1411
Infos
I
Für ein Polynom p kann man auch p(x ) schreiben und für die Unkenannte x auch X .
I
In einem Polynom werden Teilasudrücke der Form 1x i durch x i ersetzt und Teilausdrücke
der Form 0x i werden weggelassen.
I
Das Polynom p = 0 hat per Definition den Grad deg(p) = −∞.
I
R[x ] wird „R adjungiert x “ gelesen.
I
Polynome aus R[x ] kann man sich als Wörter über dem Alphabet
Σ = R ∪ {+, x ,2 ,3 ,4 , . . .} vorstellen. Zwei Polynome sind also gleich, wenn sie identisch
aussehen.
I
Ein Polynom induziert zwar eine Funktion, ist aber selber keine. Insbesondere können zwei
verschiedene Polynome dieselbe Funktion induzieren!
I
Weil Jeder Körper ein Ring ist, können die Koeffizienten des Polynoms auch aus einem
Körper stammen.
I
Polynome könnten auch als Tupel (a0 , a1 , . . . , ad ) bzw. Folgen (a0 , a1 , . . .) definiert
werden, aber das würde das Rechnen mit ihnen viel weniger intuitiv machen.
1175 / 1411
Beispiel
Sei p ∈ R[x ] ein Polynom über dem Körper (R, +, ·) mit
p = x 3 + 3x 2 + x + 2.
Für ein beliebiges x ∈ R gilt dann:
fp (x ) = x 3 + 3 · x 2 + x + 2.
Weil fp in diesem Fall eine Funktion fp : R → R ist, kann sie als Kurve in einem
Koordinatensystem dargestellt werden:
1176 / 1411
Noch ein Beispiel
Sei p ∈ R[x ] ein Polynom über dem endlichen Ring (Z6 , +6 , ·6 ) mit
p = x 3 + 3x 2 + x + 2.
Für ein beliebiges x ∈ Z6 gilt dann:
fp (x ) = x 3 +6 3 ·6 x 2 +6 x +6 2
Daraus folgt:
x
fp (x )
0 1 2 3 4 5
2 1 0 5 5 3
Diesmal ist fp keine Funktion fp : R → R. D.h. sie kann nicht als Kurve in einem
Koordinatensystem dargestellt werden!
1177 / 1411
Quizfrage
Welche Nullstellen besitzen folgende Polynome aus Z2 [x ]?
0
x
x +1
x
3
x +1
x +x
2
x +x +1
x
4
x +1
4
x +x
2
4
3
3
x +x +x
2
x +x +x +1
x
5
x +1
5
x +x
2
x +x +1
5
3
x +x +1
3
2
x +x +x +1
3
x +x
4
x +x
5
x +x +x
3
x +x
3
x +x
x +x +x
4
x +x
4
3
3
2
x +x +x +x
5
x +x
4
3
3
2
x +x +x
3
x +x +x
3
2
x +x +x +x
x +x +x +1
3
x +x +x +1
4
3
2
5
3
3
2
x +x +x +1
4
x +x +x +x +1
5
x +x +1
2
5
3
x +x +x +1
3
2
x +x +x +x +1
5
4
4
2
x +x +x +x
5
4
3
x +x +x +x
4
3
2
x +x +x +x +1
4
5
5
5
4
5
4
2
5
4
3
4
3
2
5
x +x +x +x +x
2
x +x +x +1
5
x +x +x
5
2
x +x +x +1
5
5
4
4
x +x +1
4
x +x +x
4
2
5
x +x +x +x
2
2
x +x +x +1
x +x +x
x +x +1
5
4
5
4
3
x +x +1
3
4
2
2
x +x +1
2
4
5
x +x +x
3
x +x +1
5
2
3
x +x +1
4
x +1
2
2
4
x +x +x
x
2
5
x +x
5
1
2
5
3
3
2
5
4
4
2
x +x +x +1
5
x +x +x +x +1
5
4
3
4
3
2
x +x +x +x +1
5
x +x +x +x +x +1
1178 / 1411
Antwort
Für die Nullstellen (NS) kommen nur Elemente aus Z2 infrage und es wird in Z2
gerechnet.
1 (NS: −)
0 (NS: 0, 1)
2
x + 1 (NS: 1)
3
x + 1 (NS: 1)
x (NS: 0)
x (NS: 0)
3
2
3
4
x + x (NS: 0, 1)
2
2
4
3
4
2
4
3
3
2
x + x + x + 1 (NS: 1)
5
5
4
3
2
x + x + x (NS: 0)
x (NS: 0)
5
2
x + x + 1 (NS: −)
5
3
x + x + 1 (NS: −)
3
2
5
4
5
3
4
2
3
2
5
4
3
4
3
2
x + x + x + x + 1 (NS: −)
5
x + x + 1 (NS: −)
x + x + x (NS: 0)
3
x + x + x (NS: 0)
3
2
5
4
5
4
2
5
2
x + x + x + 1 (NS: 1)
5
3
x + x + x + 1 (NS: 1)
3
2
5
4
5
4
2
5
4
3
5
4
3
4
3
2
4
3
2
5
5
3
3
2
5
4
5
4
2
5
4
3
4
3
2
x + x + x + x + 1 (NS: −)
x + x + x + x + 1 (NS: −)
x + x + x + x (NS: 0, 1)
5
2
5
x + x + x + 1 (NS: 1)
x + x + x + x (NS: 0, 1)
x + x + x + x + x (NS: 0)
5
x + x + x + x + 1 (NS: −)
x + x + x (NS: 0)
x + x + x + 1 (NS: 1)
5
2
5
x + x + x + x (NS: 0, 1)
x + x + x + 1 (NS: 1)
x + x + x + x + 1 (NS: −)
3
3
x + x (NS: 0, 1)
x + x + 1 (NS: −)
x + x + x (NS: 0)
2
4
x + x + x + 1 (NS: 1)
4
x + x + x + x (NS: 0, 1)
x + x + x + 1 (NS: 1)
x + x + x (NS: 0)
4
x + x + x + 1 (NS: 1)
x + x + x (NS: 0)
2
x + x (NS: 0, 1)
x + x + x + x (NS: 0, 1)
4
5
5
x + x + x (NS: 0)
4
x + x + 1 (NS: −)
2
x + x + x (NS: 0)
4
2
x + x + x + 1 (NS: 1)
x + x (NS: 0, 1)
5
x + x (NS: 0, 1)
3
4
x + 1 (NS: 1)
x + x (NS: 0, 1)
3
x + x + 1 (NS: −)
2
4
x + x + 1 (NS: −)
x + x (NS: 0, 1)
x + x + 1 (NS: −)
x + x + x (NS: 0)
x + x + 1 (NS: −)
x + x (NS: 0, 1)
5
3
x + 1 (NS: 1)
4
2
3
4
x (NS: 0)
5
x + x (NS: 0)
3
x + 1 (NS: 1)
2
x + x + 1 (NS: −)
x + x (NS: 0, 1)
4
x (NS: 0)
2
5
x + x + x + x + x + 1 (NS: 1)
1179 / 1411
Polynomaddition
Für zwei Polynome a, b ∈ R[x ] über einem kommutativen Ring (R, ⊕, ) mit
a = an x n + an−1 x n−1 + . . . + a1 x + a0 ,
b = bm x m + bm−1 x m−1 + . . . + b1 x + b0
definieren wir:
a + b := cr x r + cr −1 x r −1 + . . . + c1 x + c0
mit r = max(n, m) und ci := ai ⊕ bi für alle i = 0, . . . , r .
Erinnerung
Wir hatten ai = 0 für i > n und bi = 0 für i > m definiert.
1180 / 1411
Beispiele
I
Seien a, b ∈ Z[x ] folgende Polynome über dem Ring (Z, +, ·):
a = 2x 3 + x 2 − 3x + 3,
b = −3x 2 + 4x + 2.
Dann gilt: a + b = 2x 3 − 2x 2 + x + 5.
I
Seien a, b ∈ Z4 [x ] folgende Polynome über dem Ring (Z4 , +4 , ·4 ):
a = x 3 + x 2 + 1,
b = 3x 3 + x 2 + 3x + 2.
Dann gilt: a + b = 2x 2 + 3x + 3.
1181 / 1411
Polynomsubtraktion
Für zwei Polynome a, b ∈ R[x ] über einem kommutativen Ring (R, ⊕, ) mit
a = an x n + an−1 x n−1 + . . . + a1 x + a0 ,
b = bm x m + bm−1 x m−1 + . . . + b1 x + b0
definieren wir:
a − b := cr x r + cr −1 x r −1 + . . . + c1 x + c0
mit r = max(n, m) und ci := ai ⊕ (−bi ) für alle i = 0, . . . , r .
Erinnerungen
I
−bi ist das additive Inverse von bi in (R, ⊕, ).
I
Wir hatten ai = 0 für i > n und bi = 0 für i > m definiert.
1182 / 1411
Beispiele
I
Seien a, b ∈ Z[x ] folgende Polynome über dem Ring (Z, +, ·):
a = 2x 3 + x 2 − 3x + 3,
b = −3x 2 + 4x + 2.
Dann gilt: a − b = 2x 3 + 4x 2 − 7x + 1.
I
Seien a, b ∈ Z4 [x ] folgende Polynome über dem Ring (Z4 , +4 , ·4 ):
a = x 3 + x 2 + 1,
b = 3x 3 + x 2 + 3x + 2.
Dann gilt: a − b = 2x 3 + x + 3.
1183 / 1411
Polynommultiplikation
Für zwei Polynome a, b ∈ R[x ] über einem kommutativen Ring (R, ⊕, ) mit
a = an x n + an−1 x n−1 + . . . + a1 x + a0 ,
b = bm x m + bm−1 x m−1 + . . . + b1 x + b0
definieren wir:
a · b := cr x r + cr −1 x r −1 + . . . + c1 x + c0
mit r = n + m und ci =
Li
j=0 (aj
bi−j ) für alle i = 0, . . . , r .
Info
Der Ausdruck
i
M
(aj bi−j ) = (a0 bi ) ⊕ (a1 bi−1 ) ⊕ (a2 bi−2 ) ⊕ . . . ⊕ (ai b0 )
j=0
entsteht durch das Ausmultiplizieren, Sortieren und Zusammenfassen der Koeffizienten.
1184 / 1411
Beispiele
I
Seien a, b ∈ Z[x ] folgende Polynome über dem Ring (Z, +, ·):
a = x 2 − 2x + 3,
b = 3x + 1.
Dann gilt: a · b = 3x 3 − 5x 2 + 7x + 3.
I
Seien a, b ∈ Z4 [x ] folgende Polynome über dem Ring (Z4 , +4 , ·4 ):
a = x 2 + 3x + 2,
b = 2x + 3.
Dann gilt: a · b = 2x 3 + x 2 + x + 2.
1185 / 1411
Info
Mit Polynomen aus Zn [x ] rechnet man einfach wie mit Polynomen aus Z[x ], mit dem
Unterschied, dass am Schluss alle Koeffizienten modulo n genommen werden. Kein
Koeffizient darf negativ oder größer oder gleich n sein!
1186 / 1411
Polynomdivision
Für gegebene Polynome a, b ∈ K [x ] über einem Körper (K , ⊕, ) liefert die
Polynomdivision von a durch b eindeutige Polynome r und s, so dass gilt:
a =b·s +r
und 0 ≤ deg(r ) < deg(b)
Analog zur ganzzahligen Division in Z definieren wir
s := a ÷ b und r := a mod b
Auf diese Weise können wir den Euklidischen Algorithmus und seine Erweiterung auch
auf Polynome anwenden!
1187 / 1411
Beispiel
Seien a, b ∈ Q[x ] mit a = 3x 4 − 7x 3 − 6x 2 + 8x − 1 und b = x 2 − 3x + 1:
(3x 4
−(3x 4
−7x 3
−9x 3
2x 3
−(2x 3
−6x 2 +8x −1) : (x 2 − 3x + 1) = 3x 2 + 2x − 3
+3x 2 )
−9x 2 +8x
−6x 2 +2x )
−3x 2 +6x −1
−(−3x 2 +9x −3)
−3x +2
Es gilt dann a = b · s + r mit:
s = 3x 2 + 2x − 3 und r = −3x + 2.
1188 / 1411
Quizfragen
Seien p, q ∈ Q[x ] zwei Polynome mit p = x 4 − 7x 2 + 6x und q = x 3 − 8x + 3.
1. Was ist ggT(p, q)?
2. Für welche Polynome a, b ∈ Q[x ] gilt die Gleichung a · q + b · p = ggT(p, q)?
Hinweis: Führe den erweiterten Euklidischen Algorithmus mithilfe der Polynomdivision
mit p und q durch.
1189 / 1411
Antworten
Die Tabelle des erweiterten Euklidischen Algorithmus sieht wie folgt aus:
ri
− 7x 2 + 6x
x 3 − 8x + 3
x 2 + 3x
x +3
0
x4
si
ti
2
−
x − 3x + 1
x
−x + 3
x −3
1
x
0
−
−
Daraus folgt:
1. ggT(p, q) = x + 3.
2. a = x 2 − 3x + 1, b = −x + 3.
1190 / 1411
Polynomdivision über Zn
Sei n eine Primzahl, d.h. Zn ein Körper. Eine Polynomdivision mit Polynomen über Zn
(d.h. mit Koeffizienten aus Zn ) funktioniert analog zu einer Polynomdivision über Q
oder R mit zwei wesentlichen Unterschieden:
I
statt Zahlen zu dividieren, multipliziert man mit Inversen
I
nach jeder Multiplikation und Subtraktion nimmt man das Ergebnis, falls es nicht
in Zn ist, modulo p
1191 / 1411
Beispiel
Seien a, b ∈ Z5 [x ] mit a = 3x 4 + x 3 + 3x 2 + 4x + 1 und b = 2x 2 + x + 4.
(3x 4
−(3x 4
+x 3 +3x 2 +4x +1) : (2x 2 + x + 4) = 4x 2 + x + 3
+4x 3 +x 2 )
2x 3 +2x 2 +4x
−(2x 3 +x 2 +4x )
x2
+1
2
−(x
+3x +2)
2x +4
In Z5 gilt 2−1 = 3, da 2 ·5 3 = 6 mod 5 = 1. Anstatt also jedesmal durch 2x 2 zu
dividieren multipliziert man (modulo 5) mit (2x 2 )−1 = 3x −2 , d.h.:
3x 4 · 3x −2 = (3 ·5 3)x 2 = 4x 2 , 2x 3 · 3x −2 = (2 ·5 3)x = x , x 2 · 3x −2 = 1 ·5 3 = 3.
1192 / 1411
Quizfragen
Sei n eine Primzahl und a, b ∈ Zn [x ] zwei Polynome über Zn . Welche Polynome
r , s ∈ Zp [x ] mit 0 ≤ deg(r ) < deg(b) erfüllen für folgende a, b und n die Gleichung
a = b · s + r?
1. a = x 3 + 1, b = x 2 + x , n = 2,
2. a = x 3 + x 2 + 1, b = x 2 + x + 1, n = 2,
3. a = x 3 + x 2 + x , b = x 2 + 1, n = 2,
4. a = x 3 + x 2 + 2, b = 2x 2 + 1, n = 3,
5. a = x 3 + x + 2, b = x 2 + 2x + 2, n = 3,
6. a = 2x 3 + 3x + 1, b = 3x 2 + x + 2, n = 5,
7. a = x 3 + 2x 2 + 4, b = 4x 2 + 3x + 1, n = 5,
8. a = 3x 3 + 4x + 5, b = 4x 2 + 5x , n = 7.
Hinweis: Benutze Polynomdivision!
1193 / 1411
Antworten
1.
(x 3
+1) : (x 2 +x )
3
2
− (x +x )
x2
+1
−
(x 2 +x )
x
+1
= x
+1
Daraus folgt: r = x + 1 und s = x + 1.
2.
(x 3 +x 2
+1) : (x 2 +x
3
2
− (x +x +x )
x
+1
+1) = x
Daraus folgt: r = x + 1 und s = x .
1194 / 1411
3.
(x 3 +x 2 +x
)
: (x 2
3
− (x
+x )
x2
− (x 2
+1)
1
+1) = x
+1
Daraus folgt: r = 1 und s = x + 1.
4.
(x 3 +x 2
+2) : (2x 2
3
− (x
+2x )
x2
+x
+2
2
− (x
+2)
x
+1) = 2x
+2
Daraus folgt: r = x und s = 2x + 2.
1195 / 1411
5.
(x 3
+x +2) : (x 2 +2x
3
2
− (x +2x +2x )
x2
2x
+2
2
−
(x
+2x +2)
0
+2) = x
+1
Daraus folgt: r = 0 und s = x + 1.
6.
(2x 3
+3x +1) : (3x 2 +x
3
2
− (2x +4x +3x )
x2
+1
2
−
(x
+2x +4)
3x
+2
+2) = 4x
+2
Daraus folgt: r = 3x + 2 und s = 4x + 2.
1196 / 1411
7.
(x 3 +2x 2
+4) : (4x 2 +3x
− (x 3 +2x 2 +4x )
x
+4
+1) = 4x
Daraus folgt: r = x + 4 und s = 4x .
8.
(3x 3
+4x +5) : (4x 2 +5x )
3
2
− (3x +2x )
(5x 2 +4x +5)
−
(5x 2 +x )
3x
+5
= 6x
+3
Daraus folgt: r = 3x + 5 und s = 6x + 3.
1197 / 1411
Polynomringe
Für jeden kommutativen Ring R bildet R[x ] mit der Polynomaddition und -multiplikation aus
den Folien 1180 und 1184 wieder einen kommutativen Ring. Polynome können aber auch
benutzt werden, um das Konzept von Restklassenringen zu verallgemeinern.
Sei K ein Körper und p ∈ K [x ] ein Polynom mit Grad deg(p) = n. Dann bildet die Menge
K [x ]p = {q ∈ K [x ] | deg(q) < deg(p)}
aller Polynome aus K [x ] mit kleinerem Grad als p zusammen mit den Operationen
a +p b := (a + b) mod p
und a ·p b := (a · b) mod p.
einen kommutativen Ring. Dieser wird Restklassenring K [x ] modulo p genannt.
Info
Für jeden endlichen Körper gilt: |K [x ]p | = |K |deg(p) , z.B.: |Z3 [x ]x 4 +1 | = 34 = 81
1198 / 1411
Beispiel
Sei p ∈ Z2 [x ] mit p = x 2 + 1. Dann bildet Z2 [x ]p = {0, 1, x , x + 1} mit +p und ·p
einen kommutativen Ring mit folgenden Verknüpfungstafeln:
+p
0
1
x
x +1
0
1
x
x +1
0
1
x
x +1
1
0
x +1
x
x
x +1
0
1
x +1
x
1
0
·p
0
1
x
x +1
0
0
0
0
0 x
1
0
1
x
+1 x
x
x +1
0
0
x
x +1
1
x +1
+1
0
Es gilt z.B.:
I
(x + 1) +p x = ((x + 1) + x ) mod p = 1
I
(x + 1) ·p x = ((x + 1) · x ) mod p = (x 2 + x ) mod p = x + 1
1199 / 1411
Infos
Man benutzt bei Restklassenringen oft verschiedene Schreibweisen:
I
Bei Restklassenringen Z modulo n schreibt man oft (Z/(n), +, ·) bzw.
(Z/nZ, +, ·) statt (Zn , +n , ·n ), weil die zwei Ringe zueinander isomorph sind.
I
Bei Restklassenringen K [x ] modulo p schreibt man analog auch (K /(q), +, ·) oder
auch (K [x ]deg(p) , +p , ·p ) statt (K [x ]p , +p , ·p ).
Erinnerung: Isomorphie heißt nicht Gleichheit! Dass zwei Algebren isomorph sind heißt
nur, dass sie dieselbe Struktur besitzen. In DS machen wir aber ein Auge zu und dürfen
sorglos das eine durch das andere ersetzen ;-)
1200 / 1411
Quizfragen
Welche Elemente sind in folgenden Mengen enthalten?
1. Z2 [x ]x 2 +1 ,
2. Z5 [x ]x +4 ,
3. Z2 [x ]x 3 +x ,
4. Z3 [x ]x 2 +2 ,
5. Z2 [x ]x 4 +x +1 .
Hinweis: |Zn [x ]p | = |Zn |deg(p) = ndeg(p) .
1201 / 1411
Antworten
1. Z2 [x ]x 2 +1 = {0, 1, x , x + 1}.
2. Z5 [x ]x +4 = {0, 1, 2, 3, 4}.
3. Z2 [x ]x 3 +x = {0, 1, x , x + 1, x 2 , x 2 + 1, x 2 + x , x 2 + x + 1}.
4. Z3 [x ]x 2 +2 = {0, 1, 2, x , x + 1, x + 2, 2x , 2x + 1, 2x + 2}.
5. Z2 [x ]x 4 +x +1 = {0, 1, x , x + 1, x 2 , x 2 + 1, x 2 + x , x 2 + x + 1, x 3 , x 3 + 1, x 3 +
x , x 3 + x + 1, x 3 + x 2 , x 3 + x 2 + 1, x 3 + x 2 + x , x 3 + x 2 + x + 1}.
1202 / 1411
Quizfragen
Sei p = x 2 + 1 ein Polynom über Z2 und R = (Z2 [x ]p , +p , ·p ) ein Restklassenring
modulo p.
1. Wie sieht der folgende Ausschnitt der multiplikativen Verknüpfungstafel von R
aus?
·p
0
1
x
x +1
x +1
2. Woran erkennt man, dass R kein Körper ist?
1203 / 1411
Antworten
1. Es gilt:
·p
x +1
0
1
x
x +1
0 x +1 x +1
0
2. R ist nicht nullteilerfrei, da (x + 1) ·p (x + 1) = 0. Außerdem gilt die
Kürzungsregel nicht, da (x + 1) ·p 1 = (x + 1) ·p x .
1204 / 1411
Quizfragen
Sei p = x 2 + x ein Polynom über Z2 und R = (Z2 [x ]p , +p , ·p ) ein Restklassenring.
1. Wie sieht der folgende Ausschnitt der multiplikativen Verknüpfungstafel von R
aus?
·p
0
1
x x +1
x +1
2. Woran erkennt man, dass R kein Körper ist?
1205 / 1411
Antworten
1. Es gilt:
·p
x +1
0
1
x x +1
0 x +1 0 x +1
2. R ist nicht nullteilerfrei, da (x + 1) ·p x = 0. Außerdem gilt die Kürzungsregel
nicht, da (x + 1) ·p 1 = (x + 1) ·p (x + 1).
1206 / 1411
Quizfragen
Sei p = 2x 2 + x ein Polynom über Z3 und R = (Z3 [x ]p , +p , ·p ) ein Restklassenring.
1. Wie sieht der folgende Ausschnitt der multiplikativen Verknüpfungstafel von R
aus?
·p 0 1 x x + 1
x
2. Wie sieht der folgende Ausschnitt der multiplikativen Verknüpfungstafel von R
aus?
·p
x +1 x +2
2x
2x + 1
3. Woran erkennt man, dass R kein Körper ist?
1207 / 1411
Antworten
1. Es gilt:
·p
x
0 1 x
0 x x
x +1
2x
2. Es gilt:
·p
2x
2x + 1
x +1 x +2
x
0
2x + 1 x + 2
3. R ist nicht nullteilerfrei, da 2x ·p (x + 2) = 0. Außerdem gilt die Kürzungsregel
nicht, da x ·p 1 = x ·p x .
1208 / 1411
Faktorisierung von Polynomen
Sei K ein Körper. Das Ziel der Faktorisierung von Polynomen ist es zu einem
gegebenen Polynom p ∈ K [x ] Polynome p1 , . . . , pn ∈ K [x ] zu finden, so dass
p = p1 · . . . · pn gilt. Es gilt außerdem:
x0 ist Nullstelle von p ⇐⇒ (x − x0 ) ist ein Faktor von p .
D.h., dass Polynome pi mit deg(pi ) = 1 sehr leicht abgespalten werden können, indem
man eine Nullstelle x0 von p durch „scharfes Hinschauen“ errät (d.h. durch
Ausprobieren) und dann p durch (x − x0 ) teilt.
Infos
I
Analog zur Primfaktorzerlegung ganzer Zahlen, ist die Faktorisierung von
Polynomen über einem Körper eindeutig.
I
Weil K ein Körper ist, ist es nullteilerfrei und es gilt für alle p1 , . . . , pn ∈ K [x ]:
deg(p1 · . . . · pn ) = deg(p1 ) + . . . + deg(pn ).
1209 / 1411
Beispiele
I
In R[x ] gilt:
x 3 − 6x 2 + 11x − 6 = (x − 1)(x − 2)(x − 3).
1210 / 1411
I
I
I
In Z2 [x ] gilt:
In Z3 [x ] gilt:
In Z5 [x ] gilt:
x 4 + x 2 = x 2 (x + 1)2 .
x 4 + x 2 + 1 = (x + 1)2 (x + 2)2 .
x 3 + 2x 2 + 4x + 3 = (x + 1)(x + 2)(x + 4).
1211 / 1411
Quizfragen
Gegeben seien folgende Polynome über verschiedene Körper:
1. a = 2x 3 + 10x 2 + 6x − 18 mit a ∈ R[x ],
2. b = 3x 3 + 6x 2 − 3x − 6 mit b ∈ R[x ],
3. c = x 4 + x 2 + 1 mit c ∈ Z3 [x ],
4. d = x 5 + x mit d ∈ Z2 [x ],
5. e = x 3 + 2x 2 + 4x + 3 mit e ∈ Z5 [x ].
Wie sieht die eindeutige Faktorisierung von a, b, c, d und e aus?
1212 / 1411
Antworten
1. a = 2(x − 1)(x + 3)2 .
2. b = 3(x − 1)(x + 1)(x + 2).
3. c = (x + 1)2 (x + 2)2 .
4. d = x (x + 1)4 .
5. e = (x + 1)(x + 2)(x + 4).
1213 / 1411
Irreduzibilität von Polynomen
Sei K ein Körper. Ein Polynom p ∈ K [x ] heißt reduzibel wenn zwei Polynome
p1 , p2 ∈ K [x ] existieren mit deg(p1 ), deg(p2 ) ≥ 1 und p = p1 · p2 . Polynome, die nicht
reduzibel sind, nennt man irreduzibel.
Info
Die Irreduzibilität von Polynomen ist das Analogon zur Primheit von Zahlen.
1214 / 1411
Beispiel
Das Polynom p = x 2 + 1 ist irreduzibel über R, Q oder Z3 , da keine Polynome aus
R[x ], Q[x ] oder Z3 [x ] existieren in denen sich p zerlegen lässt. Dagegen lässt sich p
über andere Körper zerlegen, z.B.:
I
Falls p ∈ C[x ]:
(x + i)(x − i) = x 2 − i 2 = x 2 − (−1) = x 2 + 1
I
I
Falls p ∈ Z2 [x ]:
Falls p ∈ Z5 [x ]:
(x + 1)(x + 1) = x 2 + 2x + 1 = x 2 + 1
(x + 2)(x + 3) = x 2 + 5x + 6 = x 2 + 1
1215 / 1411
Quizfrage
Sei K ein Körper. Wieso sind Polynome p ∈ K [x ] mit Grad 0 oder 1 immer irreduzibel?
1216 / 1411
Antwort
Aus
deg(p1 · p2 ) = deg(p1 ) + deg(p2 )
(s. Folie 1209), können keine zwei Polynome p1 , p2 ∈ K [x ] mit deg(p1 ), deg(p2 ) ≥ 1
gefunden werden mit p = p1 · p2 .
1217 / 1411
Quizfrage
Sei K ein Körper. Wieso sind Polynome p ∈ K [x ] mit Grad 2 oder 3 genau dann
irreduzibel, wenn sie keine Nullstellen besitzen?
1218 / 1411
Antwort
Aus Folie 1209 wissen wir:
deg(p1 · p2 ) = deg(p1 ) + deg(p2 ).
Außerdem gilt:
I
Falls deg(p) = 2, dann kann p nur in zwei Polynome p1 , p2 ∈ K [x ] zerfallen mit
deg(p1 ), deg(p2 ) = 1.
I
Falls deg(p) = 3, dann kann p nur in zwei Polynome p1 , p2 ∈ K [x ] zerfallen mit
deg(p1 ) = 1 und deg(p2 ) = 2 oder deg(p1 ) = 2 und deg(p2 ) = 1.
In beiden Fällen enthält p ein Faktor von Grad 1. Aus
x0 ist Nullstele von p ⇐⇒ (x − x0 ) ist ein Faktor von p
folgt die Aussage.
1219 / 1411
Quizfrage
Sei K ein Körper. Wieso kann ein Polynom p ∈ K [x ] mit deg(p) ≥ 4 reduzibel sein,
obwohl es keine Nullstellen besitzt?
1220 / 1411
Antwort
p könnte beispielsweise in nullstellenfreie Faktoren p1 , . . . , pn mit
deg(p1 ), . . . , deg(pn ) ≥ 2 zerfallen. Beispielsweise gilt für p ∈ Q[x ] mit
p = x 4 + 2x 2 + 1:
p = (x 2 + 1) · (x 2 + 1).
Somit ist p reduzibel, obwohl es keine Nullstellen besitzt.
1221 / 1411
Wichtige Aussagen zur Irreduzibilität von Polynomen
Für alle Polynome p ∈ K [x ] gilt:
1. Falls deg(p) = 0 oder deg(p) = 1, dann ist p immer irreduzibel.
2. Falls deg(p) = 2 oder deg(p) = 3, dann gilt:
p irreduzibel ⇐⇒ p besitzt keine Nullstelle .
3. Falls deg(p) ≥ 4, dann gilt:
p irreduzibel =⇒ p besitzt keine Nullstelle .
1222 / 1411
Quizfragen
Welche der folgenden Polynome sind irreduzibel?
1. x 3 + x 2 + 2 ∈ Z3 [x ],
2. x 3 + 2x + 2 ∈ Z5 [x ],
3. x 3 + 2x + 2 ∈ Z3 [x ],
4. x 3 + x + 1 ∈ Z2 [x ],
5. x 3 + x 2 + x + 1 ∈ Z2 [x ],
6. x 3 + 2x + 1 ∈ Z3 [x ],
7. x 3 + x 2 + x ∈ Z5 [x ],
8. x 2 + x + 1 ∈ Z2 [x ].
1223 / 1411
Antworten
Erinnerung: Ein Polynom von Grad 2 oder 3 ist genau dann irreduzibel, wenn es keine
Nullstellen hat.
1. Irreduzibel (keine Nullstellen).
2. Reduzibel (Nullstellen: 1 und 3).
3. Irreduzibel (keine Nullstellen).
4. Irreduzibel (keine Nullstellen).
5. Reduzibel (Nullstelle: 1).
6. Irreduzibel (keine Nullstellen).
7. Reduzibel (Nullstelle: 0).
8. Irreduzibel (keine Nullstellen).
1224 / 1411
Quizfrage
Aus der Quizfrage auf Folie 1178 wissen wir, dass folgende Polynome p ∈ Z2 [x ], die
einzigen mit 2 ≤ deg(p) ≤ 5 sind, die keine Nullstellen besitzen:
Grad
Grad
Grad
Grad
2:
3:
4:
5:
x2 + x
x3 + x
x4 + x
x5 + x
+ 1,
+ 1, x 3 + x 2 + 1,
+ 1, x 4 + x 2 + 1, x 4 + x 3 + 1,
+ 1, x 5 + x 2 + 1, x 5 + x 3 + 1. x 5 + x 4 + 1
Welche davon sind irreduzibel?
1225 / 1411
Antwort
x 2 + x + 1, x 3 + x + 1 und x 3 + x 2 + 1 sind alle irreduzibel, weil sie Grad 2 oder 3
haben und keine Nullstellen besitzen.
Damit ein Polynom von Grad 4 reduzibel ist, obwohl es keine Nullstellen besitzt, muss
es in zwei nullstellenfreie Polynome von jeweils Grad 2 zerfallen. Die einzige
Kombination hierfür ist:
(x 2 + x + 1) · (x 2 + x + 1) = x 4 + x 2 + 1.
D.h., dass x 4 + x 2 + 1 reduzibel ist und x 4 + x + 1 und x 4 + x 3 + 1 irreduzibel.
1226 / 1411
(Fortsetzung)
Damit ein Polynom von Grad 5 reduzibel ist, obwohl es keine Nullstellen besitzt, muss
es in zwei nullstellenfreie Polynome mit Graden 2 und 3 zerfallen. Die einzigen
Kombinationen hierfür sind:
(x 2 + x + 1) · (x 3 + x + 1) = x 5 + x 4 + 1,
(x 2 + x + 1) · (x 3 + x 2 + 1) = x 5 + x + 1.
D.h., dass x 5 + x 4 + 1 und x 5 + x + 1 reduzibel sind und x 5 + x 2 + 1 und x 5 + x 3 + 1
irreduzibel.
1227 / 1411
Endliche Körper
Wir wissen nun, dass (Zn [x ]p , +p , ·p ) für jede natürliche Zahl n ∈ N und jedes
Polynom p ∈ Zn [x ] mit Grad deg(p) = d ein kommutativer endlicher Ring mit nd
Elementen ist.
Zusätzlich gilt:
(Zn [x ]p , +p , ·p ) ist ein Körper ⇐⇒ p ist irreduzibel und n prim .
Man nennt solche Körper Galois-Körper (engl. Galois Field) und bezeichnet sie mit
GF(nd ).
1228 / 1411
Beispiel
Sei p = x 2 + x + 1 ein Polynom aus Z2 [x ]. Da p keine Nullstellen in Z2 besitzt, ist es
irreduzibel. Z2 [x ]2 = {0, 1, x , x + 1} bildet also mit +p und ·p einen Galois-Körper mit
folgenden Verknüpfungstafeln:
+p
0
1
x
x +1
0
1
x
x +1
0
1
x
x +1
1
0
x +1
x
x
x +1
0
1
x +1
x
1
0
·p
0
1
x
x +1
0
0
0
0
0 x
1
x
x +1
0
0
0
1
x
x +1
x
x +1
1
+1
1
x
Es gilt z.B.:
I
(x + 1) +p x = ((x + 1) + x ) mod p = 1
I
(x + 1) ·p x = ((x + 1) · x ) mod p = (x 2 + x ) mod p = 1
1229 / 1411
Quizfragen
1. Ist (Z3 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 4 + x 2 + 1 ein Körper?
2. Ist (Z9 [x ]p , +p , ·p ) mit p = 8x 2 + 3x + 6 ein Körper?
3. Ist (Z3 [x ]p , +p , ·p ) mit p = 2x 2 + 2 ein Körper?
4. Ist (Z4 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 2 + x + 3 ein Körper?
5. Ist (Z3 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 3 + 2x + 1 ein Körper?
6. Ist (Z2 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 3 + x + 1 ein Körper?
7. Ist (Z6 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 2 + 3x + 2 ein Körper?
8. Ist (Z2 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 3 + x 2 + x + 1 ein Körper?
1230 / 1411
Antworten
Erinnerung: Damit (Zn [x ]p , +p , ·p ) ein Körper ist, müssen n prim und p irreduzibel
sein.
1. Nein! p ist reduzibel, weil es die Nullstelle 2 besitzt.
2. Nein! 9 ist nicht prim.
3. Ja!
4. Nein! 4 ist nicht prim.
5. Ja!
6. Ja!
7. Nein! 6 ist nicht prim.
8. Nein! p ist reduzibel, weil es die Nullstelle 1 besitzt.
1231 / 1411
Infos
I
Eine natürliche Zahl k für die natürliche Zahlen d, n ∈ N mit n prim und k = nd
existieren, nennt man eine Primzahlpotenz.
I
Für jede Primzahlpotenz nd prim gibt es einen Galois-Körper GF(nd ) mit nd
Elementen.
I
Alle endlichen Körper sind Galois-Körper und je zwei Galois-Körper mit gleich
vielen Elementen sind isomorph zueinander
I
Die Körper der Form (Zn , +n , ·n ) sind Spezialfälle der Körper (Zn [x ]p , +p , ·p ) für
deg(p) = 1.
I
Falls deg(p) = 0, dann gilt Zn [x ]p = {0}, da 0 das einzige Polynom mit
negativem Grad ist (s. Folie 1175).
I
Wäre p = p1 · p2 reduzibel, dann sind alle Polynome, die p1 oder p2 als Faktor
besitzen, Nullteiler in (Zn [x ]p , +p , ·p ).
1232 / 1411
Quizfragen
1. Gibt es einen Körper mit 5 Elementen?
2. Gibt es einen Körper mit 8 Elementen?
3. Gibt es einen Körper mit 9 Elementen?
4. Gibt es einen Körper mit 15 Elementen?
5. Gibt es einen Körper mit 21 Elementen?
6. Gibt es einen Körper mit 27 Elementen?
7. Gibt es einen Körper mit 32 Elementen?
8. Gibt es einen Körper mit 48 Elementen?
9. Gibt es einen Körper mit 100 Elementen?
10. Gibt es einen Körper mit 121 Elementen?
11. Gibt es einen Körper mit 124 Elementen?
1233 / 1411
Quizfragen
1. Ja! 5 ist eine Primzahl und somit eine Primzahlpotenz: 5 = 51 .
2. Ja! 8 ist eine Primzahlpotenz: 8 = 23 .
3. Ja! 9 ist eine Primzahlpotenz: 9 = 32 .
4. Nein! 15 ist keine Primzahlpotenz: 15 = 3 · 5.
5. Nein! 21 ist keine Primzahlpotenz: 21 = 3 · 7.
6. Ja! 27 ist eine Primzahlpotenz: 27 = 33 .
7. Ja! 32 ist eine Primzahlpotenz: 32 = 25 .
8. Nein! 48 ist keine Primzahlpotenz: 48 = 3 · 24 .
9. Nein! 100 ist keine Primzahlpotenz: 100 = 22 · 52 .
10. Ja! 121 ist eine Primzahlpotenz: 121 = 112 .
11. Nein! 124 ist keine Primzahlpotenz: 124 = 22 · 31.
1234 / 1411
Quizfragen
1. Ist GF(11) isomorph zu (Z11 , +11 , ·11 )?
2. Ist GF(27) isomorph zu (Z27 , +27 , ·27 )?
3. Ist GF(13) isomorph zu (Z13 , +13 , ·13 )?
4. Ist GF(9) isomorph zu (Z9 , +9 , ·9 )?
5. Ist GF(5) isomorph zu (Z5 , +5 , ·5 )?
6. Ist GF(16) isomorph zu (Z16 , +16 , ·16 )?
7. Ist GF(7) isomorph zu (Z7 , +7 , ·7 )?
8. Ist GF(25) isomorph zu (Z25 , +25 , ·25 )?
1235 / 1411
Antworten
GF(n) ist für jede Primzahlpotenz n ein Körper und ist ansonsten nicht definiert. GF(n)
ist isomorph zu (Zn , +n , ·n ) genau dann, wenn n prim ist. Wenn n keine Primzahl ist,
dann ist (Zn , +n , ·n ) kein Körper und kann demnach nicht isomorph zu GF(n) sein.
1. Ja! 11 ist prim.
2. Nein! 27 = 33 ist nicht prim.
3. Ja! 13 ist prim.
4. Nein! 9 = 32 ist nicht prim.
5. Ja! 5 ist prim.
6. Nein! 16 = 24 ist nicht prim.
7. Ja! 7 ist prim.
8. Nein! 25 = 52 ist nicht prim.
1236 / 1411
Quizfragen
Sei p ∈ Z5 [x ] ein Polynom mit p = x 3 + 4x 2 + 3x + 2.
1. Wie viele Elemente enthält Z5 [x ]p ?
2. Wie sieht die eindeutige Faktorisierung von p aus?
3. Welche der folgenden Polynomen a, b, c ∈ Z5 [x ] sind Nullteiler in (Z5 [x ]p , +p , ·p )?
a = 2x 2 + 1,
b = x 2 + 3x + 2,
c = x 2 + x + 3.
1237 / 1411
Antworten
1. |Z5 [x ]3 | = 53 = 125.
2. Nullstelle 1 raten und p durch (x + 4) dividieren (x − 1 = x + 4 in Z5 ). Wir
erhalten p : (x + 4) = x 2 + 3, was nicht weiter faktorisierbar ist, weil es keine
Nullstellen besitzt. Es folgt:
p = (x + 4)(x 2 + 3).
3. Es gilt:
a = 2x 2 + 1 = 2(x 2 + 3),
b = x 2 + 3x + 2 = (x + 1)(x + 2),
c = x 2 + x + 3 = (x + 2)(x + 4).
Die Polynome a und c haben einen gemeinsamen Faktor mit p und sind somit
Nullteiler in (Z5 [x ]p , +p , ·p ).
1238 / 1411
Charakteristik
Die Charakteristik char(K ) eines Körpers K = (S, ⊕, ) ist die additive Ordnung des
multiplikativen neutralen Elements:
char(K ) := ord⊕ (1).
Die Charakteristik eines endlichen Körpers ist immer eine Primzahl!
Info
Die Notation „ord⊕ “ dient dazu, die Ordnung eines Elements in (S, ⊕) von der in
(S \ {0}, ) zu unterscheiden. Beispielsweise gilt:
I
ord⊕ (0) = 1, da 0 das neutrale Element bezüglich ⊕ ist,
I
ord (1) = 1, da 1 das neutrale Element bezüglich ist, und
I
ord (0) = ∞, weil kein n ∈ N mit 0n = 1 existiert (s. Folie 974).
1239 / 1411
Beispiele
Seien d, n ∈ N mit n prim.
I
Die Charakteristik von (Zn , +n , ·n ) ist n.
I
Die Charakteristik von GF(nd ) ist ebenfalls n.
1240 / 1411
Quizfragen
Welche Charakteristik besitzen folgende Körper?
1. GF(4).
2. GF(9).
3. GF(25).
4. GF(8).
5. GF(27).
6. GF(7).
7. GF(3).
8. GF(16).
9. GF(5).
10. GF(32).
11. GF(2).
1241 / 1411
Quizfragen
1. char(GF(4)) = char(GF(22 )) = 2.
2. char(GF(9)) = char(GF(32 )) = 3.
3. char(GF(25)) = char(GF(52 )) = 5.
4. char(GF(8)) = char(GF(23 )) = 2.
5. char(GF(27)) = char(GF(33 )) = 3.
6. char(GF(7)) = char(GF(71 )) = 7.
7. char(GF(3)) = char(GF(31 )) = 3.
8. char(GF(16)) = char(GF(24 )) = 2.
9. char(GF(5)) = char(GF(51 )) = 5.
10. char(GF(32)) = char(GF(25 )) = 2.
11. char(GF(2)) = char(GF(21 )) = 2.
1242 / 1411
Themenübersicht
5. Algebraische Strukturen
5.1. Algebren
5.2. Gruppen
5.3. Endliche Körper
5.4. RSA-Verfahren
1243 / 1411
RSA Kryptoverfahren
Ziel: Bob (B) möchte Alice (A) eine geheime Nachricht m senden.
1244 / 1411
Infos
I
Die Nachricht m (engl. message) stellt in der Regel ein einziges Zeichen dar,
welches als Zahl kodiert wurde (z.B. mit ASCII, ANSI, Unicode oder UTF-8).
I
Die verschlüsselte Nachricht c (engl. cypher text) wird Geheimtext oder Chiffrat
genannt.
I
(n, e) ist der öffentliche Schlüssel von Alice.
I
d ist der private Schlüssel von Alice.
I
fe : Zn → Zn mit fe (x ) = x e mod n ist die Verschlüsselungsfunktion.
I
fd : Zn → Zn mit fd (x ) = x d mod n ist die Entschlüsselungsfunktion.
I
e und d heißen auf Englisch encryption key und decryption key.
1245 / 1411
I
Die Werte von n und e stehen Alice, Bob und allen anderen Gesprächsteilnehmern
zur Verfügung.
I
Wer die Primfaktoren p und q von n kennt, kann sehr leicht
ϕ(n) = (p − 1)(q − 1) berechnen. Mit ϕ und e kommt man mithilfe des
erweiterten euklidischen Algorithmus sehr einfach auf d.
I
Jeder, der den Wert von d kennt, könnte die Nachrichten entziffern, die an Alice
addressiert worden sind.
I
Jeder Teilnehmer hat verschiedene Werte für n, e und d. Möchte Alice also auf
Bobs Nachricht antworten, so muss sie dafür den öffentlichen Schlüssel von Bob
benutzen.
I
Dieses Verfahren ist sicher, solange man die Zahl n so gigantisch groß wählt, dass
man aus n nicht so einfach auf die Primfaktoren p und q schließen kann.
1246 / 1411
Beispiel
Sei (n, e) = (22, 7) der öffentliche Schlüssel von Alice und d = 3 ihr privater Schlüssel.
Bob möchte ihr eine als Zahl m = 13 kodierte Nachricht schicken. Folgende Fragen
sind wichtig:
1. Ist n = 22 zulässig?
2. Ist e = 7 zulässig?
3. Ist d = 3 zulässig?
4. Wie verschlüsselt Bob seine Nachricht m?
5. Wie entschlüsselt Alice den Geheimtext c?
1247 / 1411
1. n = 22 ist zulässig, weil 22 aus genau zwei Primfaktoren besteht: p = 2 und
q = 11. Es folgt:
ϕ(22) = (2 − 1)(11 − 1) = 10.
2. e = 7 ist zulässig, weil 10 und 7 teilerfremd sind. Es gilt also ggT(10, 7) = 1 und
somit 7 ∈ Z∗10 (s. nächste Folie).
3. d = 3 ist zulässig, weil 3 das multiplikative inverse Element von 7 in (Z∗10 , ·10 ) ist
(s. nächste Folie).
4. Bob verschlüsselt seine Nachricht m = 13 wie folgt:
c = me mod n = 137 mod 22 = 7.
5. Alice entschlüsselt die Nachricht c = 7 wie folgt:
m = c d mod n = 73 mod 22 = 13.
1248 / 1411
Für die Beantwortung der Fragen 2. und 3. sind der euklidische Algorithmus und seine
Erweiterung hilfreich:
ri
10
7
3
1
0
si
1
2
3
-
ti
3
-2
1
0
-
Dann gilt 10 · (−2) + 7 · 3 = 1 und daher
7−1 = 3 mod 10 = 3.
1249 / 1411
Quizfrage
Alice benutzt den öffentlichen Schlüssel (n, e) = (85, 43) und empfängt von Bob den
Geheimtext c = 5.
Was war die ursprüngliche Nachricht m?
1250 / 1411
Antwort
85 enthält die Primfaktoren p = 5 und q = 17. Daraus folgt:
ϕ(85) = (5 − 1)(17 − 1) = 4 · 16 = 64.
Wir benutzen den erweiterten euklidischen Algorithmus, um den privaten Schlüssel
d = e −1 zu bestimmen:
ri
64
43
21
1
0
si
1
2
21
-
ti
3
-2
1
0
-
Das inverse Element zu e = 43 ist somit d = 3 mod 64 = 3 und die ursprüngliche
Nachricht lautet: m = c d mod n = 53 mod 85 = 125 mod 85 = 40.
1251 / 1411
Eindeutigkeit der Verschlüsselung
Die Verschlüsselungsfunktion fe ist bijektiv und somit eine Permutation über Zn . Dies
ist sehr wichtig für das Verfahren, denn nur so kann eine Entschlüsselungsfunktion fd
mit fd = fe−1 überhaupt existieren. Wäre fe nicht bijektiv, dann wäre die
Entschlüsselung m einer verschlüsselten Nachricht c nicht eindeutig.
1252 / 1411
Beispiel (nochmal)
Sei (22, 7) wieder der öffentliche Schlüssel von Alice und d = 3 ihr privater Schlüssel.
Wir wollen überprüfen, dass fe (x ) = x e mod n tatsächlich eine Permutation ist und
dass fd (x ) = x d mod n die Umkehrfunktion von fe ist.
1253 / 1411
Für fe (x ) = x e mod n erhält man:
f (0)
f (1)
f (2)
f (3)
f (4)
f (5)
f (6)
f (7)
f (8)
f (9)
f (10)
= 07
= 17
= 27
= 37
= 47
= 57
= 67
= 77
= 87
= 97
= 107
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
0
1
18
9
16
3
8
17
2
15
10
f (11)
f (12)
f (13)
f (14)
f (15)
f (16)
f (17)
f (18)
f (19)
f (20)
f (21)
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
117
127
137
147
157
167
177
187
197
207
217
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
11
12
7
20
5
14
19
6
13
4
21
1254 / 1411
Als Permutation:
!
fe =
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
0 1 18 9 16 3 8 17 2 15 10 11 12 7 20 5 14 19 6 13 4 21
1255 / 1411
Für fd (x ) = x d mod n erhält man:
f (0)
f (1)
f (2)
f (3)
f (4)
f (5)
f (6)
f (7)
f (8)
f (9)
f (10)
= 03
= 13
= 23
= 33
= 43
= 53
= 63
= 73
= 83
= 93
= 103
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
0
1
8
5
20
15
18
13
6
3
10
f (11)
f (12)
f (13)
f (14)
f (15)
f (16)
f (17)
f (18)
f (19)
f (20)
f (21)
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
113
123
133
143
153
163
173
183
193
203
213
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
mod 22
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
11
12
19
16
9
4
7
2
17
15
21
1256 / 1411
Als Permutation:
!
fd =
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
0 1 8 5 20 15 18 13 6 3 10 11 12 19 16 9 4 7 2 17 14 21
1257 / 1411
fd ist tatsächlich die Umkehrfunktion von fe :
!
fe =
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
0 1 18 9 16 3 8 17 2 15 10 11 12 7 20 5 14 19 6 13 4 21
fd =
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
0 1 8 5 20 15 18 13 6 3 10 11 12 19 16 9 4 7 2 17 14 21
!
1258 / 1411
Du hast es geschafft!
DS ♥ dich sehr :-)
1259 / 1411
Themenübersicht
Nicht klausurrelevant
Diskrete Analysis
Rekursionsgleichungen
Graphenalgorithmen
Fouriertransformation
1260 / 1411
Themenübersicht
Nicht klausurrelevant
Diskrete Analysis
Wichtige Begriffe
Partielle Summation
Rekursionsgleichungen
Graphenalgorithmen
Fouriertransformation
1261 / 1411
Themenübersicht
Nicht klausurrelevant
Diskrete Analysis
Wichtige Begriffe
Partielle Summation
Rekursionsgleichungen
Graphenalgorithmen
Fouriertransformation
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Wichtige Operatoren
Sei CZ die Menge aller Funktionen von Z nach C. Die Operatoren
E , ∆, ∇, I : CZ → CZ
operieren auf solche Funktionen, d.h. sie erwarten eine Funktion von Z nach C als
Argument und liefern ebenfalls eine Funktion von Z nach C. Für eine beliebige
Funktion f : Z → C gilt:
E f (x ) := f (x + 1),
I f (x ) := f (x ),
∆ f (x ) := f (x + 1) − f (x ),
∇ f (x ) := f (x ) − f (x − 1).
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Infos
I
Die Funktion f bildet nur auf C ab, damit sie möglichst allgemein gehalten wird.
Das heißt nicht unbedingt, dass sie von diesen bösen imaginären Zahlen
heimgesucht wird!
I
∆ heißt „Delta“ und ∇ „Nabla“.
I
E und I sind umkehrbar. Es gilt:
E −1 f (x ) = f (x − 1)
I
und
I −1 f (x ) = f (x )
∆ und ∇ sind nicht umkehrbar, weil sie nicht bijektiv sind. Es gilt z.B.:
∆ 3x − 2 = (3(x + 1) − 2) − (3x − 2) = 3
∆ 3x + 5 = (3(x + 1) + 5) − (3x + 5) = 3
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Mehr Infos
Für beliebige Funktionen f , g und Zahlen n ∈ N0 und a ∈ C gibt es folgende
Abkürzungen:
I
(f + g)(x ) = f (x ) + g(x )
I
(f − g)(x ) = f (x ) − g(x )
I
(af )(x ) = a · f (x )
I
(fg)(x ) = (f ◦ g)(x ) = f (g(x ))
I
f n (x ) = (f| ◦ f ◦{z. . . ◦ f})(x )
n mal
Weil ∆, ∇, E und I auch Funktionen sind, funktionieren diese Abkürzungen auch für
sie.
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Beispiele
I
∆ x (x + 1) = (x + 1)(x + 2) − x (x + 1) = x 2 + 3x + 2 − x 2 − x = 2x + 2
I
E 3 5x = E E E 5x = E E 5x +1 = E 5x +2 = 5x +3
I
E ∇ x 2 = E (x 2 − (x − 1)2 ) = (x + 1)2 − x 2 = 2x + 1
I
(3E −1 + I)(2x ) = 3E −1 (2x ) + I(2x ) = 3(2(x − 1)) + 2x = 8x − 6
Erinnerung
E f (x ) := f (x + 1),
I f (x ) := f (x ),
∆ f (x ) := f (x + 1) − f (x ),
∇ f (x ) := f (x ) − f (x − 1).
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Quizfragen
Was ergeben folgende Operationen?
1. ∆(2x + 1),
2. ∇(x + 3),
3. ∆(x 2 − x ),
4. ∇(x 2 − x ),
5. ∆(x 2 + x ),
6. ∇(x 2 + x ),
7. E (x 2 ) − I(2x ),
8. E 3 1.
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Antworten
1. ∆(2x + 1) = (2(x + 1) + 1) − (2x + 1) = 2,
2. ∇(x + 3) = (x + 3) − ((x − 1) + 3) = 1,
3. ∆(x 2 − x ) = ((x + 1)2 − (x + 1)) − (x 2 − x ) = 2x ,
4. ∇(x 2 − x ) = (x 2 − x ) − ((x − 1)2 − (x − 1)) = 2x − 2,
5. ∆(x 2 − x ) = ((x + 1)2 + (x + 1)) − (x 2 + x ) = 2x + 2,
6. ∇(x 2 − x ) = (x 2 + x ) − ((x − 1)2 + (x − 1)) = 2x ,
7. E (x 2 ) − I(2x ) = (x + 1)2 − 2x = x 2 + 1,
8. E 3 1 = E (E (E (1))) = E (E (1)) = E (1) = 1.
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Noch eine Quizfrage
Sei f : Z → C mit
(
f (x ) =
3 − x falls x gerade
x − 3 sonst.
Was ist ∆ f (x )?
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Antwort
Falls x gerade, dann ist x + 1 ungerade und es gilt
∆ f (x ) = f (x + 1) − f (x ) = (x + 1) − 3 − (3 − x ) = 2x − 5.
Falls x ungerade, dann ist x + 1 gerade und es gilt
∆ f (x ) = f (x + 1) − f (x ) = 3 − (x + 1) − (x − 3) = 5 − 2x .
Daraus folgt:
(
∆ f (x ) =
2x − 5
5 − 2x
falls x gerade
sonst.
Alternativ kann man f (x ) = (−1)x · (3 − x ) schreiben. Daraus folgt:
∆ f (x ) = f (x + 1) − f (x )
= (−1)x +1 · (3 − (x + 1)) − (−1)x · (3 − x )
= (−1)x · (2x − 5).
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Mehr Quizfragen
Sei f : Z → C eine beliebige Funktion.
1. Gilt (E ◦ ∇)(f (x )) = ∆(f (x ))?
2. Gilt (E ◦ ∆)(f (x )) = ∇(f (x ))?
3. Gilt (E ◦ ∆)(f (x )) = (∆ ◦ E )(f (x ))?
4. Gilt (E ◦ ∇)(f (x )) = (∇ ◦ E )(f (x ))?
5. Gilt (∆ ◦ ∇)(f (x )) = (∇ ◦ ∆)(f (x ))?
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Mehr Antworten
1. Ja.
2. Nein.
3. Ja.
4. Ja.
5. Ja.
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Erinnerung aus der Schule
Die Ableitung
d
dx f (x )
bzw. f 0 (x ) einer Funktion f : R → C war:
d
f (x + h) − f (x )
f (x ) = lim
.
h→0
dx
h
äquivalent dazu ist der Ausdruck
d
f (x ) − f (x − h)
f (x ) = lim
.
h→0
dx
h
Hier kann man h gegen 0 laufen lassen, weil der Abstand zwischen zwei reellen Zahlen
d
beliebig klein sein kann. Man nennt dx
Differentialoperator.
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Diskrete Ableitung
In Z ist der kleinste Abstand zwischen zwei Zahlen 1. Setzt man also h = 1 so
bekommt man für f : Z → C zwei diskrete Analoga zur Ableitung, nämlich ∆ und ∇:
f (x + 1) − f (x )
f (x + h) − f (x )
=
= f (x + 1) − f (x ) = ∆ f (x ),
h→1
h
1
f (x ) − f (x − h)
f (x ) − f (x − 1)
lim
=
= f (x ) − f (x − 1) = ∇ f (x ).
h→1
h
1
lim
Man nennt ∆ Vorwärts- und ∇ Rückwärts-Differenzenoperator.
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n-te Ableitung
Für eine beliebige Funktion f : Z → C gilt:
∆n f (x ) =
n
X
!
n
f (x + k)
k
(−1)n−k
k=0
Beispiel
Für f : Z → C mit f (x ) = x 3 gilt:
2 3
∆ x =
2
X
!
2−k
(−1)
k=0
2
(x + k)3
k
!
= (−1)2−0
!
!
2
2
2
(x + 0)3 + (−1)2−1
(x + 1)3 + (−1)2−2
(x + 2)3
0
1
2
= x 3 − 2(x + 1)3 + (x + 2)3
= 6x + 6.
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Fallende und steigende Faktorielle (ausführlicher)
Sei n ∈ N beliebig. Aus Folie 622 wissen wir:
x 0 := 1,
x n := x · (x − 1) · (x − 2) · . . . · (x − n + 1),
x 0 := 1,
x n := x · (x + 1) · (x + 2) · . . . · (x + n − 1).
D.h. es gelten folgende Zusammenhänge:
x n = (x − n + 1)n ,
x n = (x + n − 1)n .
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Für negative Exponenten gilt:
x −n :=
1
1
=
,
n
(x + 1)
(x + n)n
x −n :=
1
1
=
.
n
(x − 1)
(x − n)n
Daraus folgt, dass für ein beliebiges k ∈ Z gilt:
(x − k) · x k = x k+1 ,
(x + k) · x k = x k+1 .
Das schöne hier ist: k kann (im Gegensatz zu n) auch negativ sein!
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Erinnerung aus der Schule
Eine reellwertige Funktion F mit
schrieben immer:
d
dx F (x )
= f (x ) hieß Stammfunktion von f und wir
Z
F (x ) =
f (x ) dx ,
wobei oft auch ein c ∈ C dazu addiert wurde. Außerdem galt immer:
Z b
f (x ) dx = F (b) − F (a).
a
Dies entsprach der Fläche unterhalb von f (x ) zwischen a und b.
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Summation
Eine Funktion F : Z → C mit ∆ F (x ) = f (x ) nennt man Summation (auch diskrete
Stammfunktion) von f (x ) und wir schreiben analog zur normalen Stammfunktion:
F (x ) =
X
f (x ),
wobei oft auch ein c ∈ C dazu addiert wird. Außerdem gilt:
b
X
f (x ) = F (b + 1) − F (a).
x =a
Dies entspricht einer gewöhnlichen Summe
f (a) + f (a + 1) + f (a + 2) + . . . + f (b).
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Info
Falls ∆ F (x ) = f (x ) gilt, so ist F (x ) nicht die diskrete Stammfunktion von f (x ),
sondern lediglich eine diskrete Stammfunktion, denn für jedes c ∈ C ist F (x ) + c eine
mögliche diskrete Stammfunktion von f (x ).
Meistens ist es egal, welche diskrete Stammfunktion man verwendet. Deswegen dürfen
wir das blöde c oft einfach weglassen!
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Diskrete Ableitungs- und Stammfunktionsregeln
Für die Funktionen x n , x n , ax und
x
m
∆ x n = n · x n−1
(n ∈ Z),
∆ x n = n · (x + 1)n−1
(n ∈ Z),
∆ ax = ax (a − 1)
(a ∈ C),
x
∆
m
!
!
=
x
m−1
(m ∈ N),
gibt es folgende Rechenregeln:
x n+1
n+1
X
(x − 1)n+1
xn =
n+1
X
ax
x
a =
a−1
!
!
X x
x
=
m
m+1
X
xn =
(n ∈ Z \ {−1}),
(n ∈ Z \ {−1}),
(a ∈ C),
(m ∈ N).
Nicht vergessen
P
f (x ) ist nicht die einzige diskrete Stammfunktion von f (x ), sondern nur eine
mögliche!
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Beispiel
Wir bestimmen die Lösung (in Abhängigkeit von n) der Summe
n
X
x 2 = 2 + 6 + 12 + 20 + . . . + n(n + 1).
x =1
Zuerst bestimmen wir eine Stammfunktion F (x ) für f (x ) = x 2 :
F (x ) =
X
x2 =
(x − 1)2+1
(x − 1)3
=
.
2+1
3
Dann setzen wir die Grenzen ein:
n
X
x =1
x 2 = F (n + 1) − F (1) =
n 3 03
n(n + 1)(n + 2)
−
=
.
3
3
3
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Quizfragen
Was sind die Ergebnisse folgender Summen in Abhängigkeit von n?
1.
Pn+1
x =0 x (x
P
x
2. n−1
x =0 3 ,
Pn
x
3.
x =0 9
− 1),
.
1283 / 1411
Antworten
1. Info: x (x − 1) = x 2 .
P 2
3
x = x3
2.
3.
Pn+1 2
(n+2)3
x =0 x (x − 1) =
x =0 x =
3
P x
x
3x
3 = 3−1
= 32
P
3n
30
3n −1
x
; n−1
x =0 3 = 2 − 2 = 2 .
P x
x x
= 10
9 = 9+1
P
n+1
0
; nx =0 x9 = n+1
10 − 10 = 10 .
;
Pn+1
−
03
3
=
(n+2)(n+1)n
.
3
1284 / 1411
Themenübersicht
Nicht klausurrelevant
Diskrete Analysis
Wichtige Begriffe
Partielle Summation
Rekursionsgleichungen
Graphenalgorithmen
Fouriertransformation
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Erinnerung aus der Schule
Eine der beliebtesten Integrationsregeln war immer die partielle Integration:
Z
u(x ) · v 0 (x ) dx = u(x ) · v (x ) −
Z
u 0 (x ) · v (x ) dx .
Mit Grenzen:
Z b
a
u(x ) · v 0 (x ) dx = [u(x ) · v (x )]ba −
Z b
u 0 (x ) · v (x ) dx ,
a
wobei [h(x )]ba = h(b) − h(a).
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Partielle Summation
Unsere beliebteste Summationsregel wird die Partielle Summation sein:
X
u(x ) · ∆ v (x ) = u(x ) · v (x ) −
X
E v (x ) · ∆ u(x ).
Mit Grenzen:
b
X
u(x ) · ∆ v (x ) = [u(x ) · v (x )]ab+1 −
x =a
b
X
E v (x ) · ∆ u(x ).
x =a
wobei [h(x )]ba = h(b) − h(a).
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Tipp
Bei der partiellen Summation sollte man die Funktion u(x ) so wählen, dass sie nach
dem Ableiten einfacher wird oder sogar komplett verschwindet.
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Beispiel
Wir bestimmen mithilfe der partiellen Summation das Ergebnis der Summe
n
X
x · 2x .
x =1
Dazu haben wir zwei Möglichkeiten. Entweder:
1. Wir definieren u(x ) := x und ∆ v (x ) := 2x und bestimmen zuerst eine mögliche
Stammfunktion von f (x ) = x · 2x mithilfe der partiellen Summation:
F (x ) =
X
x · 2x = x ·
X
2x
2x +1
−
2x +1 · 1 = x · 2x −
= (x − 2) · 2x .
2−1
2−1
Danach setzen wir die Grenzen ein und erhalten:
n
X
x · 2x = F (n + 1) − F (1) = (n − 1) · 2n+1 − (−1) · 21 = (n − 1) · 2n+1 + 2.
x =1
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Oder:
2. Wir definieren u(x ) := x und ∆ v (x ) := 2x und bestimmen den Wert von
Pn
x
x =1 x · 2 direkt mithilfe der partiellen Summation mit Grenzen:
n
X
x · 2x = [x · 2x ]n+1
−
1
x =1
n
X
2x +1 · 1
x =1
"
= [x ·
2x ]1n+1
2x +1
−
2−1
n+1
= ((n + 1)2
#n+1
1
− 2) − (2n+2 − 22 )
= (n − 1) · 2n+1 + 2.
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Quizfragen
Was sind die Ergebnisse folgender Summen?
1.
2.
3.
Pn
k
k=1 k2 ,
Pn
k
k=1 9k4 ,
Pn
k=1 k(k −
1)3k .
Benutze die partielle Summation.
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Antworten
k
2
k2k = k 2−1
−
k
2
E ( 2−1
)((k + 1) − k) = k2k −
P k+1
P
2
· 1 = k2k − 2 2k =
1.
P
2.
2
= (k − 2)2k
k2k − 2 · 2−1
Pn
; k=1 k2k = (((n + 1) − 2)2n+1 ) − ((1 − 2)21 ) = (n − 1)2n+1 + 2.
3.
3k4k − 3 44−1 = 3k4k − 4k+1 = (3k − 4)4k
P
; nk=1 9k4k = ((3(n + 1) − 4)4n+1 ) − ((3 · 1 − 4)41 ) = (3n − 1)4n+1 + 4.
P
k
P
k
4
−
9k4k = 9k 4−1
P
k
4
E ( 4−1
)(9(k + 1) − 9k) = 3k4k −
P 4k+1
3 ·9=
k+1
k
k+1
k
k(k − 1)3k = k(k − 1) 32 − 2k 3 2 = k(k − 1) 32 − k3k+1
P k+1
P k+2
k+1
k+1
k+2
k3
= k 3 2 − 13 2 = k 3 2 − 3 4
P
k
k+1
k+2
; k(k − 1)3k = k(k − 1) 32 − k 3 2 + 3 4 = 12 (k(k − 4) + 29 )3k
Pn
; k=1 k(k − 1)3k = ( 12 ((n + 1)(n − 3) + 29 )3n+1 ) − ( 12 (1(1 − 4) + 29 )31 ) =
1 2
3 n+1
− 49 .
2 (n − 2n + 2 )3
P
P
P
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Vektor-Matrix-Multiplikation
Seien A ∈ Rm×m eine Matrix mit m Zeilen und m Spalten und u, v ∈ Rm zwei
Vektoren der Länge m. Es gilt:
A·u =v
⇐⇒
∀n ∈ [m] : vn =
m
X
an,k · uk
k=1
Beispiel
Beispielsweise gilt für m = 3:

 



a1,1 a1,2 a1,3
u1
a1,1 u1 + a1,2 u2 + a1,3 u3

   

a2,1 a2,2 a2,3  · u2  = a2,1 u1 + a2,2 u2 + a2,3 u3  .
a3,1 a3,2 a3,3
u3
a3,1 u1 + a3,2 u2 + a3,3 u3
|
{z
A∈R3×3
} | {z }
u∈R3
|
{z
v ∈R3
}
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Inverse Matrizen
Seien A, B ∈ Rm×m zwei m × m-Matrizen. Fall A · B = Im gilt, nennt man B die
Inverse Matrix von A und schreibt:
A−1 = B
Dabei ist Im ∈ Rm×m die Einheitsmatrix:


1 0 ··· 0


0 1 · · · 0


Im =  . . .
. . ... 
 .. ..

0 0 ··· 1
Im ist sowas wie das Einselement der m × m-Matrizen und A und B multiplikative
inverse Elemente voneinander
1294 / 1411
Infos
I
Auch unendliche Matrizen können Inverse Matrizen besitzen. Die unendliche
Einheitsmatrix wird durch das Kronecker-Delta dargestellt (s. Folie 726).
I
Ob man die Indizierung der Komponenten eines Vektors oder einer Matrix mit 1
oder mit 0 beginnt, ist völlig irrelevant. Die Formel wird entsprechend angepasst.
1295 / 1411
Bimomialinversion
Für beliebige Folgen u = (u0 , u1 , u2 , . . .) und v = (v0 , v1 , v2 , . . .), bzw. Vektoren
unendlicher Länge,
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