DS Trainer Carlos Camino www.carlos-camino.de/ds Wintersemester 2015/16 1 / 1411 Hallo! Mit diesen Folien möchte ich eure Vorbereitung für die DS-Klausur etwas angenehmer machen. Ihr findet hier nicht nur die Definitionen und Sätze aus der Vorlesung, sondern vor allem Beispiele. Viele Beispiele! Außerdem findet ihr mehr als 200 Quizfragen und -antworten, mit denen ihr euer Verständnis zu jedem Thema überprüfen könnt. Die Idee dieses Trainers ist die des learning by doing. Konstruktive Kritik, Ideen und Kommentare sind jederzeit herzlichst willkommen. Frohes Durchklicken! Carlos 2 / 1411 Disclaimer Diese Folien wurden weder von Prof. Bungartz (Dozent) noch von der Übungsleitung erstellt und erheben keinerlei Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit. Sie sollen nicht die Vorlesungsfolien ersetzen, sondern lediglich als Lernunterstützung dienen. Ich werde mir Mühe geben, dass sie konsistent mit den Vorlesungsfolien sind. Bei Inkonsistenzen soll selbstverständlich den Vorlesungsfolien die Präferenz gegeben werden und nicht diesen. 3 / 1411 Kleine Bitte Ich mache gerne Fehler (besonders Sprachfehler) und übersehe ständig Sachen. Bitte traut euch, gefundene Fehler und Inkonsistenzen bei mir zu melden. Für jede Fehlermeldung (egal wie klein sie ist) werde ich sehr dankbar sein. Meldungen über inhaltliche Fehler helfen euren Kommilitoninnen und Kommilitonen, um den Stoff besser zu verstehen. Meldungen über Grammatikfehler helfen mir, um die Sprache besser zu lernen. Jedes Komma zählt! 4 / 1411 Infos zur Struktur I Die Abschnitte 2.1 bis 5.4 in diesem Trainer entsprechen genau den Foliensätzen 2 bis 21 aus der Vorlesung - in genau derselben Reihenfolge. I Kapitel 6 enthält Folien, die in früheren Semestern Teil der DS-Vorlesung waren, aber dieses Semester völlig irrelevant sind. I Die Struktur innerhalb eines Abschnittes, insbesondere die Aufteilung in Unterabschnitten (die, die mit drei Zahlen x .y .z. nummeriert sind), habe ich selber gewählt. I Bei jeder Themenübersicht sind alle aufgelisteten Themen und die Folienüberschrift anklickbar. 5 / 1411 Themenübersicht 1. Einleitung 2. Grundlagen 3. Kombinatorik 4. Graphentheorie 5. Algebraische Strukturen Nicht klausurrelevant 6 / 1411 Themenübersicht 1. Einleitung 7 / 1411 Was sind diskrete Strukturen? Sie sind toll. 8 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 9 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.1.1. Wichtige Begriffe 2.1.2. Tupel und Wörter 2.1.3. Mathematische Aussagen 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Relationen und Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 10 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.1.1. Wichtige Begriffe 2.1.2. Tupel und Wörter 2.1.3. Mathematische Aussagen 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Relationen und Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 11 / 1411 Mengen Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung von bestimmten wohl-unterschiedenen Objekten. Wichtig ist: I Es werden geschweifte Klammern benutzt: {. . .}. I Elemente werden durch Kommas getrennt. I Die Reihenfolge der Elemente ist irrelevant. I Die Anzahl an Kopien desselben Elements ist irrelevant. I Die Elemente einer Menge können beliebige Objekte sein, z.B. auch Mengen. Beispiel Die Menge {1, 2, 3} enthält die Elemente 1, 2 und 3. Außerdem gilt beispielsweise: {1, 2, 3} = {2, 3, 1} = {1, 2, 3, 3, 3, 2}. 12 / 1411 Elementrelation x ist Element von A (in Zeichen: x ∈ A), falls x in A enthalten ist. Falls x kein Element von A ist, dann schreibt man x ∈ / A. Beispiel Es gilt 2 ∈ {1, 2, 3}, aber 4 ∈ / {1, 2, 3}. 13 / 1411 Inklusion A ist Teilmenge von B (in Zeichen: A ⊆ B), falls jedes Element aus A in B enthalten ist. B wird oft Obermenge von A gennant. Falls A keine Teilmenge von B ist, dann schreibt man A * B. Beispiel Es gilt {1, 3} ⊆ {1, 2, 3} und {1, 2, 3} ⊆ {1, 2, 3}, aber {3, 4} * {1, 2, 3}. 14 / 1411 Mengengleichheit Die Mengen A und B sind gleich (in Zeichen: A = B), falls A ⊆ B und B ⊆ A gelten. Falls A und B nicht gleich sind, dann schreibt man A 6= B. Beispiel Es gilt {1, 2, 3} = {1, 2, 3}, aber {2, 3, 4} = 6 {1, 2, 3}. 15 / 1411 Echte Inklusion A ist eine echte Teilmenge von B (in Zeichen: A ⊂ B), falls A ⊆ B und B * A gelten. B wird dann echte Obermenge von A gennant. Beispiel Es gilt {1, 3} ⊂ {1, 2, 3}, aber {1, 2, 3} 6⊂ {1, 2, 3}. Info In vielen Vorlesungen und Büchern wird das Zeichen ⊂ für die normale Inklusion benutzt. In solchen Fällen wird die echte Inklusion mit ( oder $ notiert. 16 / 1411 Kardinalität Die Kardinalität oder Mächtigkeit |A| einer Menge A gibt die Anzahl der Elemente in A an. Falls die Anzahl an Elementen in A unendlich ist, dann schreibt man |A| = ∞. Beispiele Es gilt |{3, 4, 5}| = 3, |{{2}, {3, 4, 5}}| = 2, |{}| = 0 und |{{}}| = 1. 17 / 1411 Quizfrage Sei A eine Menge mit A = {a, 6, {3, c, {4, 1}}, {{}}, 6, {b, d, 5}}. Welche Kardinalität |A| besitzt A? 18 / 1411 Antwort |A| = |{|{z} a , |{z} 6 , {3, c, {4, 1}}, {{}}, 6, {b, d, 5}}| = 5 1 2 | {z 3 } | {z } 4 | {z 5 } 19 / 1411 Extensionale Schreibweise Man zählt die Elemente der Menge explizit auf: A = {x1 , x2 , x3 , x4 , . . .}. Die extensionale Schreibweise ist eigentlich nur für endliche Mengen möglich. Wir benutzen sie aber auch für unendliche Mengen und schreiben „. . .“ wenn es ersichtlich ist, was damit gemeint ist. 20 / 1411 Intensionale Schreibweise Man kann Mengen auch durch diejenigen Elemente beschreiben, die eine Eigenschaft P haben. Die Menge A = {x | P(x )} enthält dann alle Elemente, die die Eigenschaft P erfüllen. Man schreibt oft auch {x ∈ U | P(x )}, um zu verdeutlichen, dass wir nur diejenigen Elemente aus der Menge U mit der Eigenschaft P betrachten. 21 / 1411 Infos I Für die intensionale Schreibweise kann man auch ein Doppelpunkt oder ein Semikolon als Trennzeichen benutzen. Folgende Darstellungen sind also gleichwertig: {x ∈ U | P(x )} , {x ∈ U : P(x )}, {x ∈ U ; P(x )}. Ihr dürft natürlich alle drei Schreibweisen benutzen! I Viele Mengen haben die Form {x | x = a(x1 , . . . , xk ) für x1 ∈ A1 , . . . , xk ∈ Ak } , wobei a(x1 , . . . , xk ) ein mathematischer Ausdruck (eine Funktion) ist, welcher von den Parametern x1 , . . . , xk abhängig ist. Für diese Mengen erlauben wir auch die Schreibweise: {a(x1 , . . . , xk ) | x1 ∈ A1 , . . . , xk ∈ Ak } . 22 / 1411 Wichtige Zahlenmengen Wichtige endliche Zahlenmengen sind: ∅ = {} (leere Menge) [n] = {1, 2, . . . , n} (diskretes Intervall) Zn = {0, 1, . . . , n − 1} (Reste bei Division durch n) Wichtige unendliche Zahlenmengen sind: N N0 Z Q R C = = = = = = {1, 2, 3, . . .} {0, 1, 2, 3, . . .} {. 0, 1, 2, 3, . . .} n . . , −3, −2, −1,o p q p ∈ Z, q ∈ N {d, d1 d2 d3 . . . | d ∈ Z, d1 , d2 , d3 , . . . ∈ Z10 } {a + bi | a, b ∈ R} (natürliche Zahlen) (natürliche Zahlen mit Null) (ganze Zahlen) (rationale Zahlen) (reelle Zahlen) (komplexe Zahlen) 23 / 1411 Info Bei der Definition der sechs unendlichen Mengen in der vorherigen Folie habe ich mir das Leben sehr einfach gemacht. Die eigentlichen axiomatischen Definitionen sind viel komplizierter. Deutlich komplizierter als für uns in DS nötig ;-) 24 / 1411 Beispiele Folgende Mengen sind extensional definiert: I Menge aller natürlichen Zahlen zwischen 11 und 15: {11, 12, 13, 14, 15} I Menge aller Buchstaben des lateinischen Alphabets: {a, b, c, . . . , z} I Menge aller ungeraden Zahlen: {. . . , −7, −5, −3, −1, 1, 3, 5, 7, . . .} I Menge aller Zweierpotenzen: {1, 2, 4, 8, 16, 32, . . .} 25 / 1411 Dieselben Mengen können auch intensional wie folgt definiert werden: I Menge aller natürlichen Zahlen zwischen 11 und 15: {x ∈ N | 11 ≤ x ≤ 15} = {10 + k | k ∈ [5]} I Menge aller Buchstaben des lateinischen Alphabets: {x | x ist ein Buchstabe des lateinischen Alphabets} I Menge aller ungeraden Zahlen: {x ∈ Z | x ungerade} = {2k + 1 | k ∈ Z} I Menge aller Zweierpotenzen: n {x ∈ N | x ist eine Zweierpotenz} = 2k k ∈ N0 o 26 / 1411 Quizfragen Wie sehen folgende Mengen in extensionaler Schreibweise aus? 1. {|n − 4| | n ∈ [7]} 2. {n ∈ Z | |n − 5| ≤ 2} 3. {cos (nπ) | n ∈ N0 } 4. sin nπ 2 n ∈ N0 27 / 1411 Antworten 1. {|n − 4| | n ∈ [7]} = {3, 2, 1, 0, 1, 2, 3} = {0, 1, 2, 3}. 2. {n ∈ Z | |n − 5| ≤ 2} = {n ∈ Z | −2 ≤ n − 5 ≤ 2} = {3, 4, 5, 6, 7}. 3. {cos(nπ) | n ∈ N0 } = {1, −1, 1, −1, 1, −1, 1, . . .} = {1, −1}. 4. sin nπ 2 n ∈ N0 = {0, 1, 0, −1, 0, 1, 0, −1, 0, . . .} = {0, 1, −1}. 28 / 1411 Graphische Darstellung von Mengen Mengen und deren Beziehungen können mithilfe von Mengendiagrammen dargestellt werden. Das Universum U wird als Rechteck und die Mengen A1 , . . . , An als Kreise (bzw. Ovale) innerhalb des Rechtecks gezeichnet. Bei Euler-Diagrammen werden nur die notwendigen Überlappungen der Flächen dargestellt. Bei Venn-Diagrammen dagegen werden alle möglichen Überlappungen eingezeichnet, selbst wenn einige davon leer bleiben. Beispiel Für A = {2, 5, 8}, B = {1, 2, 4, 6, 8} und C = {5} über U = [8] erhält man: U 3 7 U A A 5 8 2 3 7 1 8 2 4 6 4 6 C B Euler-Diagram B 5 1 C Venn-Diagram 29 / 1411 Info Bei Euler-Diagrammen wird das Universum durch n Mengen in höchstens 2n Bereichen aufgeteilt. Venn-Diagramme sind ein Spezialfall von Euler-Diagrammen, bei denen die Anzahl solcher Bereiche genau 2n ist. 1 Bereich 2 Bereiche 4 Bereiche 8 Bereiche 16 Bereiche Beispielsweise ist das Euler-Diagramm kein Venn-Diagramm, weil die Anzahl der Bereiche 14 ist. 30 / 1411 Potenzmenge P(A) ist die Menge aller Teilmengen von A, also: P(A) := {X | X ⊆ A} . Beispiele Es gilt: P(∅) P({1}) P({1, 2}) P({1, 2, 3}) = = = = {∅}, {∅, {1}}, {∅, {1}, {2}, {1, 2}}, {∅, {1}, {2}, {3}, {1, 2}, {1, 3}, {2, 3}, {1, 2, 3}}. 31 / 1411 Info Für jede endliche Menge A gilt: |P(A) | = 2|A| . der vorigen Folie: |P(∅) | = |P({1}) | = |P({1, 2}) | = |P({1, 2, 3}) | = Beispielsweise gilt für die Mengen aus 20 21 22 23 = = = = 1, 2, 4, 8. Deswegen wird oft auch die Notation 2A statt P(A) benutzt. 32 / 1411 Quizfragen Wie viele Elemente enthalten folgende Mengen? 1. P([6]), 2. P(P([3])), 3. P(P(P(∅))). Erinnerung: [n] = {1, 2, . . . , n}. 33 / 1411 Antworten 1. |P([6]) | = 26 = 64. 3 2. |P(P([3])) | = 22 = 28 = 256. 20 1 3. |P(P(P(∅))) | = 22 = 22 = 22 = 4. 34 / 1411 Noch eine Quizfrage Aus der letzten Quizfrage wissen wir, dass die Menge P(P(P(∅))) genau vier Elemente besitzt. Welche sind das? 35 / 1411 Antwort Es gilt: P(P(P(∅))) = P(P({∅})) = P({∅, {∅}}) = {∅, {∅}, {{∅}}, {∅, {∅}}}. Die vier Elemente sind dann: ∅, {∅}, {{∅}} und {∅, {∅}}. 36 / 1411 Operationen Die wichtigsten Operationen auf Mengen sind: A := {x ∈ U | x ∈ / A} (Komplement) A∩B := {x ∈ U | x ∈ A und x ∈ B} (Schnitt) A∪B := {x ∈ U | x ∈ A oder x ∈ B} (Vereinigung) A\B := {x ∈ U | x ∈ A und x ∈ / B} (Differenz) A4B := {x ∈ U | entweder x ∈ A oder x ∈ B} (symmetrische Differenz) ∩ und ∪ sind assoziativ. Für mehrere Mengen schreiben wir: n \ i=1 Ai := A1 ∩ A2 ∩ . . . ∩ An , n [ Ai := A1 ∪ A2 ∪ . . . ∪ An . i=1 37 / 1411 Infos I Man schreibt oft auch AC oder A0 statt A und A − B statt A \ B. I Die graphische Bedeutung des Komplements ist folgende: U A A I Die graphische Bedeutung der zweistellingen Operationen ∩, ∪, \ und 4 ist: U A B A∩B U A B A∪B U A B A\B U A B A4B 38 / 1411 Beispiel Seien A = {1, 2} und B = {2, 3} Mengen über dem Universum U = [4]. U A B 1 2 3 4 Dann gilt: A A∩B A∪B A\B A4B = = = = = {x {x {x {x {x ∈ U |x ∈ / A} ∈ U | x ∈ A und x ∈ B} ∈ U | x ∈ A oder x ∈ B} ∈ U | x ∈ A und x ∈ / B} ∈ U | entweder x ∈ A oder x ∈ B} = = = = = {3, 4}, {2}, {1, 2, 3}, {1}, {1, 3}. 39 / 1411 Quizfragen Seien A = {1, 2, 3, 4} und B = {3, 4, 5} Mengen über dem Universum U = [5]. Was ist dann die Kardinalität folgender Mengen? 1. P(A4B) 2. P(P(A ∩ B)) 3. P(A) ∪ P(B) 40 / 1411 Antworten 1. Es gilt: |P(A4B)| = |P({1, 2, 5})| = 23 = 8. 2. Es gilt: 2 |P(P(A ∩ B))| = 2|P({3,4})| = 22 = 16. 3. Die Mengen A und B haben genau 4 gemeinsame Teilmengen: ∅, {3}, {4} und {3, 4}. Diese sind sowohl in P(A) als auch in P(B) drin und dürfen daher nicht doppelt gezählt werden. Daraus folgt: |P(A) ∪ P(B)| = |P(A)| + |P(B)| − 4 = 2|A| + 2|B| − 4 = 24 + 23 − 4 = 20. 41 / 1411 Disjunktheit I Zwei Mengen Mengen A und B heißen disjunkt, falls sie keine Elemente gemeinsam haben, d.h. wenn gilt: A ∩ B = ∅. I Eine beliebige Familie A1 , . . . , An von Mengen heißt disjunkt, falls die Mengen paarweise disjunkt sind, d.h. wenn für alle i, j ∈ [n] mit i 6= j gilt: Ai ∩ Aj = ∅. I Für disjunkte Mengen A1 , . . . , An gilt: |A1 ∪ . . . ∪ An | = |A1 | + . . . + |An |. Info Man schreibt auch A1 ] . . . ] An , um zu verdeutlichen, dass die Mengen A1 , . . . , An paarweise disjunkt sind. 42 / 1411 Partitionen Sei k ∈ N0 . Eine k-Partition P einer Menge A ist eine Menge P = {A1 , . . . , Ak }, so dass A = A1 ∪ . . . ∪ Ak gilt und die Mengen A1 , . . . , Ak alle nichtleer und paarweise disjunkt sind. Infos I Die Mengen A1 , . . . , Ak werden Partitionsklassen oder kurz Klassen genannt. I Eine 2-Partition wird Bipartition genannt und eine 3-Partition Tripartition. I Die einzige Partition P der leeren Menge A = ∅ ist die leere Partition P = {}. I Die leere Partition ist die einzige 0-Partition. 43 / 1411 Beispiel Es gibt 5 verschiedene Partitionen der Menge [3]: 1 2 1 3 P1 = {{1, 3, 2}} 2 1 3 P2 = {{1, 2}, {3}} 2 1 3 P3 = {{1, 3}, {2}} 2 1 3 2 3 P4 = {{1}, {2, 3}} P5 = {{1}, {2}, {3}} P1 ist eine 1-Partition, P2 , P3 und P4 sind 2-Partitionen und P5 ist eine 3-Partition. 44 / 1411 Quizfrage Wie viele verschiedene Partitionen besitzt die Menge [4]? 45 / 1411 Antwort Es gibt 15 mögliche Partitionen der Menge [4]: I eine 1-Partition, 1 2 4 3 I sieben 2-Partitionen, 1 2 1 4 2 3 I 1 4 2 3 2 3 1 4 2 3 1 4 2 3 1 4 2 3 4 3 sechs 3-Partitionen 1 2 1 4 3 I 1 4 2 1 4 3 2 1 4 2 3 1 4 3 2 1 4 3 2 4 3 und eine 4-Partition. 1 2 4 3 46 / 1411 Rezept Frage: Wie kann eine Mengengleichung über beliebige Mengen A1 , . . . , An bewiesen oder widerlegt werden? Methode: 1. Definiere Mengen A1 , . . . , An über einem Universum U, so dass im Venn-Diagramm jeder der 2n Bereiche genau ein Element enthält. 2. Rechne linke und rechte Seite der Gleichung mit diesen Mengen aus und vergleiche die Ergebnisse. 3. Falls sie gleich sind, so wurde die Gleichung bewiesen. Sonst wurde ein Gegenbeispiel für die Gleichung gefunden. Achtung! Einige Dozenten/Übungsleiter erlauben diese Methode nur zum Widerlegen, aber nicht zum Beweisen. Wenn das bei euch der Fall ist, dann müsst ihr Mengengleichungen wie auf Folie 61 mit den Rechenregeln von Folie 60 beweisen. 47 / 1411 Beispiel Aufgabe: Beweise folgende Mengengleichung: (A ∩ B) ∩ (A ∩ C ) = A ∩ (B ∪ C ). Lösung: 1. Definiere o.B.d.A. („ohne Beschränkung der Allgemeinheit“) Mengen A = {1, 2, 3, 4}, B = {1, 2, 5, 6}, C = {1, 3, 5, 7} über dem Universum U = [8]. Dies entspricht folgendem Venn-Diagramm: 48 / 1411 2. Rechne: (A ∩ B) ∩ (A ∩ C ) = {1, 2} ∩ {1, 3} = {3, 4, 5, 6, 7, 8} ∩ {2, 4, 5, 6, 7, 8} = {4, 5, 6, 7, 8} = {1, 2, 3} A ∩ (B ∪ C ) = {1, 2, 3, 4} ∩ ({1, 2, 5, 6} ∪ {1, 3, 5, 7}) = {1, 2, 3, 4} ∩ {1, 2, 3, 5, 6, 7} = {1, 2, 3} 3. Wegen {1, 2, 3} = {1, 2, 3} wurde die Mengengleichung bewiesen! 49 / 1411 Wichtig! Bitte nicht so: „Die Gleichung gilt, weil die entsprechenden Venn-Diagramme gleich sind.“ (A ∩ B) ∩ (A ∩ C ) A ∩ (B ∪ C ) „Beweis durch schönes Bildchen“ ist kein Beweis! 50 / 1411 Noch ein Beispiel Aufgabe: Gilt die Mengengleichung (B ∩ C ) ∪ (A \ (B ∪ C )) = A ∩ (B ∪ C ) für beliebige Mengen A, B, C ? Lösung: 1. Definiere o.B.d.A. Mengen A = {1, 2, 3, 4}, B = {1, 2, 5, 6}, C = {1, 3, 5, 7} über dem Universum U = [8]. Dies entspricht folgendem Venn-Diagramm: 51 / 1411 2. Rechne: (B ∩ C ) ∪ (A \ (B ∪ C )) = {1, 5} ∪ ({1, 2, 3, 4} \ {1, 2, 3, 5, 6, 7}) = {1, 5} ∪ {4} = {1, 4, 5} A ∩ (B ∪ C ) = {1, 2, 3, 4} ∩ ({1, 2, 5, 6} ∪ {1, 3, 5, 7}) = {1, 2, 3, 4} ∩ {1, 2, 3, 5, 6, 7} = {1, 2, 3} 3. Wegen {1, 4, 5} = 6 {1, 2, 3} wurde die Mengengleichung durch Gegenbeispiel widerlegt. 52 / 1411 Wichtig! Bitte nicht so: „Die Gleichung gilt nicht, weil die entsprechende Venn-Diagramme ungleich sind.“ (B ∩ C ) ∪ (A \ (B ∪ C )) A ∩ (B ∪ C ) „Beweis durch schönes Bildchen“ ist auch hier kein Beweis! 53 / 1411 Rezept Frage: Was muss für Mengen A1 , . . . , An gelten, damit eine Mengengleichung stimmt? Methode: 1. Führe die oben stehende Methode durch und bilde die symmetrische Differenz der Ergebnisse beider Seiten. 2. Entferne alle Elemente in der symmetrischen Differenz und interpretiere das Venn-Diagramm ohne die entsprechenden Bereiche. 54 / 1411 Beispiel (nochmal) Aufgabe: Was muss für A, B, C gelten, damit die Mengengleichung (B ∩ C ) ∪ (A \ (B ∪ C )) = A ∩ (B ∪ C ) stimmt? Erinnerung: Im vorigen Beispiel erhielten wir für das Venn-Diagramm die Ergebnisse (B ∩ C ) ∪ (A \ (B ∪ C )) = {1, 4, 5} und A ∩ (B ∪ C ) = {1, 2, 3}. 55 / 1411 Lösung: 1. Rechne: {1, 4, 5}4{1, 2, 3} = {2, 3, 4, 5}. 2. Nach dem Löschen der Elemente 2, 3, 4, 5 und der entsprechenden Bereiche erhalten wir: Damit die Gleichung stimmt, muss also A = B ∩ C gelten! 56 / 1411 Quizfrage Aufgabe: Gilt die Mengengleichung (A ∩ B) ∩ C = (A ∩ C ) ∪ (B ∩ C ) für beliebige Mengen A, B, C ? Falls nicht, was müsste für A, B, C gelten, damit die Gleichung stimmt? Hinweis: Benutze wieder die Mengen A = {1, 2, 3, 4}, B = {1, 2, 5, 6} und C = {1, 3, 5, 7} über dem Universum U = [8]. 57 / 1411 Antwort Rechne: (A ∩ B) ∩ C = ({1, 2, 3, 4} ∩ {1, 2, 5, 6}) ∩ {1, 3, 5, 7} = {1, 2} ∩ {1, 3, 5, 7} = {3, 4, 5, 6, 7, 8} ∩ {1, 3, 5, 7} = {3, 5, 7} (A ∩ C ) ∪ (B ∩ C ) = ({1, 2, 3, 4} ∩ {1, 3, 5, 7}) ∪ ({1, 2, 5, 6} ∩ {1, 3, 5, 7}) = ({5, 6, 7, 8} ∩ {1, 3, 5, 7}) ∪ ({1, 2, 5, 6} ∩ {1, 3, 5, 7}) = {5, 7} ∪ {1, 5} = {1, 5, 7} Da {3, 5, 7} = 6 {1, 5, 7}, gilt die Mengengleichung im Allgemeinen nicht. 58 / 1411 Wegen {3, 5, 7}4{1, 5, 7} = {1, 3} entfernt man die Elemente 1 und 3 und die entsprechenden Bereiche aus dem Venn-Diagramm und interpretiert das Ergebnis. Damit die Gleichung gilt muss also A ∩ C = ∅ gelten! 59 / 1411 Rechenregeln für Mengen Seien A, B, C ⊆ U beliebige Mengen über das Universum U. Ein paar nützliche Rechenregeln sind: A∩U =A A∪∅=A (Identität) A∪U =U A∩∅=∅ (Dominanz) A∪A=A A∩A=A (Idempotenz) A=A (Doppeltes Komplement) A∪B =B∪A A∩B =B∩A (Kommutativität) (A ∪ B) ∪ C = A ∪ (B ∪ C ) (A ∩ B) ∩ C = A ∩ (B ∩ C ) (Assoziativität) A ∪ (B ∩ C ) = (A ∪ B) ∩ (A ∪ C ) A ∩ (B ∪ C ) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ C ) (Distributivität) (A ∩ B) = A ∪ B (A ∪ B) = A ∩ B (De Morgan) A∪A=U A∩A=∅ (U und ∅) A\B =A∩B (Differenz) A4B = (A \ B) ∪ (B \ A) A ∪ (A ∩ B) = A (symmetrische Differenz) A ∩ (A ∪ B) = A (Absorption) Mit diesen Rechenregeln kann man auch Mengengleichungen beweisen. 60 / 1411 Beispiel Aufgabe: Beweise folgende Mengengleichung: A4B = (A ∩ B) ∪ (A ∩ B). Lösung: A4B = (A \ B) ∪ (B \ A) (symmetrische Differenz) = (A \ B) ∩ (B \ A) (De Morgan) = (A ∩ B) ∩ (B ∩ A) (Differenz) = (A ∪ B) ∩ (B ∪ A) (De Morgan) = (A ∪ B) ∩ (B ∪ A) (Doppeltes Komplement) = ((A ∪ B) ∩ B) ∪ ((A ∪ B) ∩ A) (Distributivität) = ((A ∩ B) ∪ (B ∩ B)) ∪ ((A ∩ A) ∪ (B ∩ A)) (Distributivität) = ((A ∩ B) ∪ ∅) ∪ (∅ ∪ (B ∩ A)) (U und ∅) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ B) (Identität) 61 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.1.1. Wichtige Begriffe 2.1.2. Tupel und Wörter 2.1.3. Mathematische Aussagen 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Relationen und Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 62 / 1411 Tupel Tupel stellen, im Gegensatz zu Mengen, geordnete Objekte dar. Wichtig ist: I Es werden runde Klammern benutzt: (. . .). I Komponenten werden durch Kommas getrennt. I Die Reihenfolge der Komponenten ist relevant, z.B.: (b, c, a) 6= (a, b, c). I Die Anzahl an Kopien derselben Komponente ist auch relevant, z.B.: (a, b, c, c, c, b) 6= (a, b, c). I Die Komponenten eines Tupels können beliebige Objekte sein, z.B. Zahlen, Mengen oder wiederum Tupel. I () ist das leere Tupel. Es besitzt keine Komponenten. I Mit | . . . | wird die Länge (die Anzahl an Komponenten) eines Tupels gekennzeichnet. 63 / 1411 Quizfrage Sei a ein Tupel mit a = (5, {3, 4}, 7, {{3, 4}, 8}, 1, 5, ∅). Welche Länge |a| besitzt a? 64 / 1411 Antwort Die Länge |a| von a ist |a| = |(5, {3, 4}, 7, {{3, 4}, 8}, 1, 5, ∅)| = 7. 65 / 1411 Kartesisches Produkt Für ein beliebiges n ∈ N gilt: A1 × . . . × An := {(a1 , . . . , an ) | a1 ∈ A1 , . . . , an ∈ An } Beispiel Für A = {a, b}, B = {c}, C = {d, e, f } gilt: A × B × C = {(a, c, d), (a, c, e), (a, c, f ), (b, c, d), (b, c, e), (b, c, f )} 66 / 1411 Infos I Falls |A1 |, . . . , |An | < ∞, dann gilt immer: |A1 × . . . × An | = |A1 | · . . . · |An |. I An ist eine Abkürzung für |A × A × . . . × A}. {z I Das kartesische Produkt ist nicht assoziativ. Klammern machen nämlich schon einen Unterschied. Beispielsweise gilt für A = {a, b}, B = {c}, C = {d, e} einerseits n mal (A × B) × C = {(a, c), (b, c)} × {d, e} = {((a, c), d), ((a, c), e), ((b, c), d), ((b, c), e)} und andererseits A × (B × C ) = {a, b} × {(c, d), (c, e)} = {(a, (c, d)), (a, (c, e)), (b, (c, d)), (b, (c, e))}. 67 / 1411 Quizfragen Seien A = {1, 2, 3, 4} und B = {3, 4, 5}. Was ist dann die Kardinalität folgender Mengen? 1. (A ∪ B) × (A ∩ B) 2. P(A) × P(B) 3. (A × A) ∪ (B × B) 68 / 1411 Antworten 1. Es gilt: |(A ∪ B) × (A ∩ B)| = |{1, 2, 3, 4, 5} × {3, 4}| = |{1, 2, 3, 4, 5}| · |{3, 4}| = 5 · 2 = 10. 2. Es gilt: |P(A) × P(B)| = |P(A)| · |P(B)| = 2|A| · 2|B| = 24 · 23 = 128. 3. Die Tupel (3, 3), (3, 4), (4, 3) und (4, 4) sind sowohl in A × A als auch in B × B drin und dürfen daher nicht doppelt gezählt werden. Daraus folgt: |(A×A)∪(B×B)| = |(A×A)|+|(B×B)|−4 = |A|·|A|+|B|·|B|−4 = 4·4+3·3−4 = 21. 69 / 1411 Wörter Bestehen die Komponenten der Tupel aus einzelnen Zeichen, so kann man die Klammern und die Kommas weglassen und die Zeichen nebeneinander schreiben. Beispielsweise kann man das Tupel (b, a, b, c, c) als Wort babcc notieren. I Man nennt die Tupel dann Wörter. I Die Menge aller Zeichen, die als Komponenten in den Tupeln vorkommen können, nennt man dann Alphabet Σ. I Das leere Wort (das Wort ohne Zeichen bzw. mit Länge Null) ist . I Σn = |ΣΣΣ{z. . . Σ} ist die Menge aller Wörter über Σ der Länge n. I Σ∗ = I Eine Menge L ⊆ Σ∗ von Wörtern nennt man passenderweise eine Sprache. n mal n n=0 Σ S∞ ist die Menge aller Wörter über Σ mit beliebiger Länge 70 / 1411 Infos I Nicht irritieren lassen! Das Σ („Sigma“) hier hat nichts mit dem Summenzeichen in z.B. n X a i = a 0 + a1 + a2 + a3 + . . . + a n i=0 zutun. Das eine Σ ist eine Menge, das andere ist ein Operator. I ist nur ein Zeichen, was man sich ausgedacht hat, um sich auf das leere Wort, (das leere Tupel () als Wort geschrieben) beziehen zu können. I Um Verwirrungen zu vermeiden, wählt man Σ so, dass kein Zeichen Teil eines anderen Zeichens ist. Würde man beispielsweise Σ = {a, ab, b} wählen, so wäre nicht eindeutig, ob das Wort aba für (a, b, a) oder (ab, a) steht. 71 / 1411 Konkatenation Für beliebige Tupel a = (a1 , . . . , ak ) und b = (b1 , . . . , bm ) gilt: ab = (a1 , . . . , ak , b1 , . . . , bm ). Für beliebige Tupelmengen A, B gilt: AB := {ab | a ∈ A, b ∈ B} . Info Bei der Konkatenation AB von Tupelmengen A, B konkateniert man jedes Tupel aus A mit jedem aus B. Die Ergebnisse sind alle in AB enthalten. 72 / 1411 Beispiele (mit Tupeln) I Seien A = {(x ), (x , y ), (y , x )} und B = {(), (z, y )}. Dann gilt: AB = {(x ), (x , z, y ), (x , y ), (x , y , z, y ), (y , x ), (y , x , z, y )}. I Seien A = {(a), (a, b)}, B = {(c, b)} und C = {(b), (b, c)}. Dann gilt: ABC = {(a, c, b, b), (a, c, b, b, c), (a, b, c, b, b), (a, b, c, b, b, c)}. 73 / 1411 Infos I Konkatenieren macht mit Wörtern viel mehr Spaß als mit Tupeln. Fasst man a = (a1 , . . . , ak ) und b = (b1 , . . . , bm ) als Wörter a = a1 . . . ak und b = b1 . . . bm auf, so gilt für die Konkatenation von a und b: ab = a1 . . . ak b1 . . . bm . Man „klebt“ also einfach die Wörter aneinander. I Wir werden die Konkatenation so gut wie immer nur auf Wörtern anwenden! I Für ein beliebiges Zeichen a ∈ Σ gilt: a = a = a. 74 / 1411 Beispiele (mit Wörtern) I Seien A = {x , xy , yx } und B = {, zy } zwei Sprachen über dem Alphabet Σ = {x , y , z}. Dann gilt: AB = {x , xzy , xy , xyzy , yx , yxzy }. I Seien A = {a, ab}, B = {cb} und C = {b, bc} drei Sprachen über dem Alphabet Σ = {a, b, c}. Dann gilt: ABC = {acbb, acbbc, abcbb, abcbbc}. 75 / 1411 Infos I Die Konkatenation ist assoziativ, d.h. man kann auch hier die Klammern weglassen! I Für eine Tupelmenge bzw. Sprache A definieren wir An = |AAA{z. . . A}, n mal A+ = ∞ [ n=1 An und A∗ = ∞ [ An . n=0 76 / 1411 Achtung! Bei der Konkatenation können Duplikate entstehen! Man kann also, im Gegensatz zum kartesischen Produkt, keine Formel für |A1 A2 . . . An | in Abhängigkeit von |A1 |, |A2 |, . . . , |An | angeben. Zum Beispiel gilt für A = {a, ab} und B = {a, ba}: AB = {aa, aba, aba, abba} = {aa, aba, abba}. 77 / 1411 Quizfrage Seien Σ = {x , y } ein Alphabet und A, B ⊆ Σ∗ zwei Sprachen über Σ mit A = {, x , xy , xyy } und B = {, y , yy }. Wie sieht AB extensional aus? 78 / 1411 Antwort AB = {, y , yy , x , xy , xyy , xy , xyy , xyyy , xyy , xyyy , xyyyy } = {, y , yy , x , xy , xyy , xy , xyy , xyyy , xyy , xyyy , xyyyy } = {, y , yy , x , xy , xyy , xyyy , xyyyy }. 79 / 1411 Philosophische Frage Sei A die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten. D.h. A = {X | X ∈ / X} . Enthält A sich selbst? 80 / 1411 Antwort Diese Frage kann leider nicht beantwortet werden, weil beide Antwortmöglichkeiten zu einem Widerspruch führen würden. Die Problematik dieser Frage wurde 1903 von dem britischen Mathematiker Bertrand Russell publiziert und ist eins von mehreren Paradoxien der „naiven Mengenlehre“. Probleme wie dieses können mithilfe sogenannter „axiomatischen Mengenlehren“ umgangen werden. Diese Arten von Mengenlehren sind leider etwas komplizierter und gehören deshalb nicht zur DS-Vorlesung. Für Interessierte: I http://de.wikipedia.org/wiki/Naive_Mengenlehre I http://de.wikipedia.org/wiki/Russellsche_Antinomie 81 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.1.1. Wichtige Begriffe 2.1.2. Tupel und Wörter 2.1.3. Mathematische Aussagen 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Relationen und Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 82 / 1411 Mathematische Aussagen Eine Aussage ist ein sprachliches Konstrukt, dem man genau einen der Wahrheitswerte wahr oder falsch zuordnen kann. Eine Aussage gilt, wenn sie den Wahrheitswert wahr besitzt. Die Negation einer Aussage ist wiederum eine Aussage. Durch die Negation einer Aussage wird ihr Wahrheitswert in sein Gegenteil gekehrt. Für die Negation einer Aussage A schreiben wir einfach: nicht A. Zwei Aussagen A und B sind äquivalent, wenn sie denselben Wahrheitswert besitzen. 83 / 1411 UND-Aussagen Sind F und G Aussagen, dann ist auch F und G eine Aussage. Diese gilt genau dann, wenn sowohl F als auch G gelten. Die Negation davon ist: nicht F oder nicht G. 84 / 1411 ODER-Aussagen Sind F und G Aussagen, dann ist auch F oder G eine Aussage. Diese gilt genau dann, wenn mindestens eine der Aussagen F und G gilt. Die Negation davon ist: nicht F und nicht G. 85 / 1411 WENN-DANN-Aussagen Sind F und G Aussagen, dann ist auch Wenn F dann G eine Aussage. Diese gilt genau dann, wenn F und G beide gelten oder wenn F nicht gilt. In dem Fall, dass F nicht gilt, ist der Wahrheitswert von G egal, weil über ihn nichts gesagt wurde, die gesamte Aussage ist dann wahr. Man nennt diese Aussagen Implikationen und schreibt kurz: F =⇒ G. Diese sind äquivalent zu: nicht F oder G. Gilt eine Implikation F =⇒ G nicht, so schreibt man kurz F =⇒ 6 G. 86 / 1411 GENAU-DANN-WENN-Aussagen Sind F und G Aussagen, dann ist auch F genau dann, wenn G eine Aussage. Diese ist genau dann wahr, wenn F und G beide wahr oder beide falsch sind. Diese Aussage kann auch wie folgt formuliert werden: F dann und nur dann, wenn G Man nennt diese Aussagen Äquivalenzen und schreibt kurz: F ⇐⇒ G. Diese sind äquivalent zu: F =⇒ G und G =⇒ F . Gilt eine Äquivalenz F ⇐⇒ G nicht, so schreibt man kurz: F ⇐⇒ 6 G. 87 / 1411 Allaussagen Ist A eine Menge und F eine Aussage, die von ein Element x abhängig sein kann, dann ist Für alle x ∈ A gilt F auch eine Aussage. Diese ist wahr, wenn F für alle x ∈ A wahr ist. Die Negation dieser Aussage ist Es gibt ein x ∈ A für das nicht F gilt. Man nennt solche Aussagen Allaussagen und schreibt kurz: ∀x ∈ A : F . Gilt die Aussage A(x ) nicht für alle (aber vielleicht für einige) x ∈ A, dann schreiben wir: 6∀ x ∈ A : F. 88 / 1411 Existenzaussagen Ist A eine Menge und F eine Aussage, die von einem Element x abhängig sein kann, dann ist Es gibt ein x ∈ A für das F gilt auch eine Aussage. Diese ist wahr, wenn F für mindestens ein x ∈ A wahr ist. Die Negation dieser Aussage ist Für alle x ∈ A gilt nicht F . Man nennt solche Aussagen Existenzaussagen und schreibt kurz: ∃x ∈ A : F . Gibt es gar kein x ∈ A für das die Aussage F gilt, dann schreiben wir: 6∃ x ∈ A : F. 89 / 1411 Wichtig Die Symbole =⇒, ⇐⇒, ∀ und ∃ sind keine formale Operatoren, sondern nur Abkürzungen, um Aussagen kompakter darstellen zu können. Für ihre Verwendung gibt es keine definierte Regeln. Wichtig ist nur, dass man sie so verwendet, dass der Leser versteht, was gemeint ist. =⇒ und ⇐⇒ machen nur bei Aussagen Sinn! Ausdrücke wie {1, 2} ∪ {2, 3} ⇐⇒ {1, 2, 3} oder (a + b)2 ⇐⇒ a2 + 2ab + b 2 sind nicht nur falsch, sondern es tut sogar weh sie zu lesen! 90 / 1411 Beispiele I Für beliebige Mengen A, B ⊆ U über einem Universum U können ⊆, = und ⊂ wie folgt kompakt definiert werden: A ⊆ B :⇐⇒ (∀x ∈ U : x ∈ A =⇒ x ∈ B) A = B :⇐⇒ (∀x ∈ U : x ∈ A ⇐⇒ x ∈ B) A ⊂ B :⇐⇒ (∀x ∈ U : x ∈ A =⇒ x ∈ B) und (∃x ∈ U : x ∈ / A und x ∈ B) I Die Aussage Es gibt beliebig große Primzahlen könnte wie folgt kompakt formuliert werden: ∀x ∈ N : ∃y ∈ N : (y prim und y > x ). 91 / 1411 Quizfragen Wie kann man folgende Aussagen kompakt darstellen? 1. Es gibt eine ganze Zahl, die größer ist als alle anderen. 2. Es gibt keine ganze Zahl, die größer ist als alle anderen. 3. Die Summe von zwei geraden Zahlen ist wieder gerade. Benutze ausschließlich folgende Bausteine: ∀, ∃, x , y , ∈, Z, :, (, ), ≤, <, und, gerade, =⇒ und +. 92 / 1411 Antworten 1. ∃x ∈ Z : ∀y ∈ Z : y < x . 2. 6 ∃ x ∈ Z : ∀y ∈ Z : y < x , was äquivalent ist zu: ∀x ∈ Z : ∃y ∈ Z : x ≤ y . 3. ∀x ∈ Z : ∀y ∈ Z : (x gerade und y gerade) =⇒ x + y gerade, was auch wie folgt geschrieben werden kann: ∀x , y ∈ Z : x und y gerade =⇒ x + y gerade. 93 / 1411 Mehr Quizfragen (Männer sind Schweine ) Sei M die Menge aller Menschen. Wie kann man folgende Aussagen kompakt darstellen? 1. Jeder Mann ist ein Schwein. 2. Nur Männer können Schweine sein. 3. Es gibt Männer, die keine Schweine sind. 4. Manche Schweine sind Männer. 5. Jeder Mann ist ein Schwein und jedes Schwein ist ein Mann. 6. Wenn alle Menschen Männer sind, dann sind sie auch alle Schweine. 7. Jeder Mensch ist ein Mann oder ein Schwein. 8. Es gibt keine Schweine. Benutze ausschließlich folgende Bausteine: ∀, ∃, x , ∈, M, :, (, ), =⇒, ⇐⇒, und, oder, ist Mann, ist Schwein, ist kein Mann, ist kein Schwein. 94 / 1411 Antworten 1. ∀x ∈ M : x ist Mann =⇒ x ist Schwein. 2. ∀x ∈ M : x ist Schwein =⇒ x ist Mann bzw. ∀x ∈ M : x ist kein Mann =⇒ x ist kein Schwein. 3. ∃x ∈ M : x ist Mann und x ist kein Schwein. 4. ∃x ∈ M : x ist Schwein und x ist Mann. 5. (∀x ∈ M : x ist Mann =⇒ x ist Schwein) und (∀x ∈ M : x ist Schwein =⇒ x ist Mann), bzw. ∀x ∈ M : x ist Mann ⇐⇒ x ist Schwein. 6. (∀x ∈ M : x ist Mann) =⇒ (∀x ∈ M : x ist Schwein) 7. ∀x ∈ M : x ist Mann oder x ist Schwein. 8. 6 ∃ x ∈ M : x ist Schwein, bzw. ∀x ∈ M : x ist kein Schwein. 95 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6. 2.2.7. 2.2.8. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Wichtige Begriffe Erkennen von Eigenschaften Beweisen von Eigenschaften Relationenprodukt Äquivalenzrelationen Partielle Ordnungen Zählen von Relationen Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 96 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6. 2.2.7. 2.2.8. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Wichtige Begriffe Erkennen von Eigenschaften Beweisen von Eigenschaften Relationenprodukt Äquivalenzrelationen Partielle Ordnungen Zählen von Relationen Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 97 / 1411 Relationen I R ist eine binäre Relation über den Mengen A und B, falls gilt: R ⊆ A × B. Man nennt dann A die Quellmenge und B die Zielmenge von R. I R ist eine homogene binäre Relation über der Menge A, falls gilt: R ⊆ A × A. Man nennt dann A die Grundmenge von R. 98 / 1411 Infos I Weil wir in der Vorlesung nur binäre Relationen betrachten, lassen wir das Wort binär immer weg! I Homogene Relationen sind Relationen, bei denen die Quell- und die Zielmenge gleich sind. 99 / 1411 Beispiele I Eine abstrakte Relation über [2] und [4] ist: R = {(1, 1), (1, 3), (2, 3), (2, 4)}. I Eine abstrakte homogene Relation über [3] ist: R = {(1, 1), (1, 3), (2, 3), (3, 1), (3, 3)}. I Bekannte homogene Relationen über Z sind =, 6=, ≤, und <. I Sei A eine beliebige Menge. Bekannte homogene Relationen über P(A) sind =, 6=, ⊆, *, ⊂ und 6⊂. I Sei A wieder eine beliebige Menge. Eine bekannte Relation über A und P(A) ist die Elementrelation ∈. 100 / 1411 Infos Wir benutzen oft die Infixnotation a R b anstatt der normalen Notation (a, b) ∈ R. Wir benutzen die Infixnotation vor allem dann, wenn wir ein tolles Relationensymbol für R haben. Beispielsweise ist 3 ≤ 5 nichts anderes als die Infixnotation für (3, 5) ∈≤, was zwar eigentlich korrekt wäre, aber schrecklich aussieht! Für (a, b) ∈ / R benutzen wir einfach a 6R b. So kann beispielsweise 5 6= 7 sowohl für (5, 7) ∈= / als auch für (5, 7) ∈6= stehen, falls man 6= als eigene Relation auffassen möchte. 101 / 1411 Quizfrage Wie viele verschiedene Relationen über [3] und [4] gibt es? 102 / 1411 Antwort So viele, wie es Teilmengen von [3] × [4] gibt. Insgesamt gibt es also |P([3] × [4])| = 2|[3]×[4]| = 212 = 4096 solche Relationen. 103 / 1411 Einschränkung Oft möchte man nur einen Teil der Relation betrachten. Hierfür sind Einschränkungen hilfreich. I Seien A, A0 , B, B 0 Mengen mit A0 ⊆ A und B 0 ⊆ B und R eine Relation über A und B. Dann ist die Einschränkung von R auf A0 und B 0 gegeben durch: R ∩ (A0 × B 0 ). I Seien A und A0 zwei Mengen mit A0 ⊆ A und R eine homogene Relation über A. Dann ist die Einschränkung von R auf A0 gegeben durch: R ∩ (A0 × A0 ). 104 / 1411 Beispiele I Die Einschränkung von = auf [5] ist {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (4, 4), (5, 5)}. I Die Einschränkung von 6= auf [3] ist {(1, 2), (1, 3), (2, 1), (2, 3), (3, 1), (3, 2)}. I Die Einschränkung von ≤ auf [3] ist {(1, 1), (1, 2), (1, 3), (2, 2), (2, 3), (3, 3)}. 105 / 1411 Quizfragen 1. Was ist die Einschränkung der Kleiner-Relation < auf [4]? 2. Was ist die Einschränkung der Echte-Teilmenge-Relation ⊂ auf P([2])? 3. Was ist die Einschränkung der Element-Relation ∈ auf [2] und P([2])? 106 / 1411 Antworten 1. Die Einschränkung von < auf [4] ist {(1, 2), (1, 3), (1, 4), (2, 3), (2, 4), (3, 4)}. 2. Die Einschränkung von ⊂ auf P([2]) ist {(∅, {1}), (∅, {2}), (∅, {1, 2}), ({1}, {1, 2}), ({2}, {1, 2})}. 3. Die Einschränkung von ∈ auf [2] und P([2]) ist: {(1, {1}), (1, {1, 2}), (2, {2}), (2, {1, 2})}. 107 / 1411 Graphische Darstellung von Relationen Jede Relation R über A und B kann als Graph dargestellt werden. Die Elemente aus A werden links und die aus B rechts als Punkte (Knoten) gezeichnet. Die Tupel aus R werden als Pfeile (Kanten) dargestellt: „a −→ b“ bedeutet „(a, b) ∈ R“. Ist R homogen, dann kann man auch jedes Element nur einmal als Knoten zeichnen. 108 / 1411 Beispiel Die Relation R über [3] und [4] mit R = {(1, 1), (1, 4), (3, 2), (3, 4)} kann graphisch wie folgt dargestellt werden: 1 1 2 2 3 3 4 A B 109 / 1411 Beispiel Die homogene Relation R über [3] mit R = {(1, 1), (1, 2), (2, 3), (3, 2), (3, 3)} kann graphisch wie folgt dargestellt werden: 1 2 3 110 / 1411 Bild und Urbild einer Relation Seien A und B Mengen und R eine Relation über A und B. Das Bild und das Urbild von R sind definiert als: Bild(R) := {b ∈ B | ∃a ∈ A : (a, b) ∈ R} Urbild(R) := {a ∈ A | ∃b ∈ B : (a, b) ∈ R} Info Intuitiv enthält I das Urbild von R alle Elemente a ∈ A, die in mindestens einem Tupel (a, b) als erste Komponente vorkommen (bzw. von mindestens einer Kante verlassen werden) und I das Bild von R alle Elemente b ∈ B, die in mindestens einem Tupel (a, b) als zweite Komponente vorkommen (bzw. von mindestens einer Kante getroffen werden). 111 / 1411 Wichtig! Man benutzt das Zeichen := um zu verdeutlichen, dass der Ausdruck auf der rechten Seite der Gleichung per Definition gleich dem auf der linken Seite ist. Gleichungen, die ein Doppelpunkt vor dem Gleichheitszeichen haben, sind insbesondere nicht beweisbar. Sie können nur angenommen werden. 112 / 1411 Beispiel Sei R wieder folgende Relation: 1 1 2 2 3 3 4 A B Das Bild und Urbild von R sind: Bild(R) = {1, 2, 4} und Urbild(R) = {1, 3}. 113 / 1411 Umkehr- und Komplementärrelation Seien A und B zwei Mengen und R eine Relation über A und B. Wir definieren: R −1 := {(a, b) | (b, a) ∈ R} (Umkehrrelation), R := {(a, b) | (a, b) ∈ / R} (Komplementärrelation). Infos I Es gilt R ⊆ A × B, aber R −1 ⊆ B × A. I Insbesondere gelten die Gleichungen |R −1 | = |R| und |R| = |A| · |B| − |R|. I Haben wir für R ein tolles Relationensymbol (z.B. „≤“), dann kann man R −1 bzw. R darstellen, indem man das Symbol für R umdreht (z.B. „≥“) bzw. durchstreicht (z.B. „6≤“). 114 / 1411 Beispiel Sei R eine Relation über [3] und [2] mit R = {(1, 1), (2, 2), (3, 1)}. Dann gilt für R −1 und R: R −1 = {(1, 1), (1, 3), (2, 2)} und R = {(1, 2), (2, 1), (3, 2)}. Graphisch: R −1 : R: 1 1 2 1 1 2 2 3 A R: 1 2 3 B 1 2 A 2 3 B A B 115 / 1411 Eigenschaften von Relationen Seien A und B Mengen und R eine Relation über A und B. Dann heißt R: I linkstotal, falls für alle a ∈ A gilt: | {b ∈ B | (a, b) ∈ R} | ≥ 1, I rechtseindeutig, falls für alle a ∈ A gilt: | {b ∈ B | (a, b) ∈ R} | ≤ 1. In kompakter Schreibweise heißt das: R linkstotal :⇐⇒ ∀a ∈ A : | {b ∈ B | (a, b) ∈ R} | ≥ 1 R rechtseindeutig :⇐⇒ ∀a ∈ A : | {b ∈ B | (a, b) ∈ R} | ≤ 1 116 / 1411 Info Intuitiv ist eine Relation R über A und B I linkstotal, falls jedes Element aus A in mindestens einem Tupel vorkommt (bzw. von mindestens einer Kante verlassen wird) und I rechtseindeutig, falls jedes Element aus A in höchstens einem Tupel vorkommt (bzw. von höchstens einer Kante verlassen wird). 117 / 1411 Wichtig! Man benutzt das Zeichen :⇐⇒ um zu verdeutlichen, dass die Aussage auf der rechten Seite des Äquivalenzzeichens per Definition äquivalent zu der auf der linken Seite ist. Äquivalenzen, die ein Doppelpunkt vor dem Äquivalenzzeichen haben, sind insbesondere nicht beweisbar. Sie können, analog zu den Gleichungen mit dem Zeichen :=, nur angenommen werden. 118 / 1411 Beispiele Seien R1 , . . . , R8 folgende Relationen über A = {1, 2} und B = {3, 4}: R1 R2 R3 R4 1 3 1 3 1 3 1 3 2 4 2 4 2 4 2 4 A B A B A B A B R5 R6 R7 R8 1 3 1 3 1 3 1 3 2 4 2 4 2 4 2 4 A B A B A B A B R1 , R2 , R6 und R7 sind linkstotal. R2 , R4 , R7 und R8 sind rechtseindeutig. 119 / 1411 Eigenschaften homogener Relationen Seien A eine Menge und R eine homogene Relation über A. Dann heißt R: I reflexiv, falls für alle a ∈ A gilt: (a, a) ∈ R, I symmetrisch, falls für alle a, b ∈ A gilt: wenn (a, b) ∈ R, dann (b, a) ∈ R, I asymmetrisch, falls für alle a, b ∈ A gilt: wenn (a, b) ∈ R, dann (b, a) ∈ / R, 120 / 1411 I antisymmetrisch, falls für alle a, b ∈ A gilt: wenn (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R, dann a = b, I total, falls für alle a, b ∈ A gilt: wenn (a, b) ∈ / R, dann (b, a) ∈ R, I transitiv, falls für alle a, b, c ∈ A gilt: wenn (a, b) ∈ R und (b, c) ∈ R, dann (a, c) ∈ R. 121 / 1411 In kompakter Schreibweise heißt das: R R R R R R reflexiv symmetrisch asymmetrisch antisymmetrisch total transitiv :⇐⇒ :⇐⇒ :⇐⇒ :⇐⇒ :⇐⇒ :⇐⇒ ∀a ∈ M : (a, a) ∈ R ∀a, b ∈ M : (a, b) ∈ R =⇒ (b, a) ∈ R ∀a, b ∈ M : (a, b) ∈ R =⇒ (b, a) ∈ /R ∀a, b ∈ M : ((a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R) =⇒ a = b ∀a, b ∈ M : (a, b) ∈ / R =⇒ (b, a) ∈ R ∀a, b, c ∈ M : ((a, b) ∈ R und (b, c) ∈ R) =⇒ (a, c) ∈ R 122 / 1411 Infos I Um zu zeigen, dass eine Eigenschaft nicht gilt, reicht es, eine Kombination von konkreten Elementen zu finden, die die Bedingung nicht erfüllt. Es gilt nämlich: R R R R R R I nicht nicht nicht nicht nicht nicht reflexiv symmetrisch asymmetrisch antisymmetrisch total transitiv ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ∃a ∈ M : (a, a) ∈ /R ∃a, b ∈ M : (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ /R ∃a, b ∈ M : (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R ∃a, b ∈ M : (a, b) ∈ R, (b, a) ∈ R und a 6= b ∃a, b ∈ M : (a, b) ∈ / R und (b, a) ∈ /R ∃a, b, c ∈ M : (a, b) ∈ R, (b, c) ∈ R und (a, c) ∈ /R Um zu zeigen, dass eine Eigenschaft gilt, muss man leider für alle Kombinationen ausprobieren, dass die Bedingung erfüllt ist. 123 / 1411 Reflexivität Intuitiv besagt die Reflexivität, dass jedes Element a ∈ A mit sich selbst in Relation stehen muss. Die Aussage (a, a) ∈ R ist nur dann nicht erfüllt, wenn (a, a) ∈ / R gilt, d.h. wenn mindestens ein Element nicht mit sich selbst in Relation steht. 124 / 1411 Symmetrie Intuitiv besagt die Symmetrie, dass zwei verschiedene Elemente entweder in beiden Richtungen oder gar nicht in Relation stehen dürfen. I Falls a = b, ist die Implikation (a, a) ∈ R =⇒ (a, a) ∈ R immer erfüllt, egal ob (a, a) ∈ R oder (a, a) ∈ / R gilt. I Falls a 6= b, ist die Implikation (a, b) ∈ R =⇒ (b, a) ∈ R nur dann nicht erfüllt, falls (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ / R oder (a, b) ∈ / R und (b, a) ∈ R gilt, d.h. falls von den Tupeln (a, b) und (b, a) genau eins in R enthalten ist. 125 / 1411 Asymmetrie Intuitiv besagt die Asymmetrie, dass zwei verschiedene Elemente entweder in nur eine Richtung oder gar nicht in Relation stehen dürfen. Außerdem darf kein Element mit sich selbst in Relation stehen. I Falls a = b, ist die Implikation (a, a) ∈ R =⇒ (a, a) ∈ /R nur dann nicht erfüllt, falls (a, a) ∈ R gilt. Deshalb darf kein Element mit sich selbst in Relation stehen. I Falls a 6= b, ist die Implikation (a, b) ∈ R =⇒ (b, a) ∈ /R nur dann nicht erfüllt, falls (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R gilt, d.h. falls beide Tupeln (a, b) und (b, a) in R enthalten sind. 126 / 1411 Antisymmetrie Intuitiv besagt die Antisymmetrie, dass zwei verschiedene Elemente entweder in nur eine Richtung oder gar nicht in Relation stehen dürfen. Im Gegensatz zur Asymmetrie dürfen Elemente schon mit sich selbst in Relation stehen. (Müssen sie aber nicht!) I Falls a = b, ist die Implikation ((a, a) ∈ R und (a, a) ∈ R) =⇒ a = a immer erfüllt, da a = a eine wahre Aussage ist. Deshalb dürfen Elemente mit sich selbst in Relation stehen oder auch nicht. I Falls a 6= b, ist die Implikation (a, b) ∈ R =⇒ (b, a) ∈ /R nur dann nicht erfüllt, falls (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R gilt, d.h. falls beide Tupeln (a, b) und (b, a) in R enthalten sind. 127 / 1411 Totalität Intuitiv besagt die Totalität, dass zwei verschiedene Elemente in mindestens eine Richtung in Relation stehen sollen. Außerdem muss jedes Element mit sich selbst in Relation stehen. I Falls a = b, ist die Implikation (a, a) ∈ / R =⇒ (a, a) ∈ R nur dann erfüllt, falls (a, a) ∈ R gilt. Deshalb muss jedes Element mit sich selbst in Relation stehen. I Falls a 6= b, ist die Implikation (a, b) ∈ / R =⇒ (b, a) ∈ R nur dann nicht erfüllt, falls (a, b) ∈ / R und (b, a) ∈ / R gilt, d.h. falls beide Tupeln (a, b) und (b, a) nicht in R enthalten sind. 128 / 1411 Transitivität Intuitiv besagt die Transitivität, dass es für jeden indirekten Weg zwischen zwei Knoten im Graph der Relation immer auch einen direkten Weg gibt. I Falls a, b und c alle gleich sind, ist die Implikation ((a, a) ∈ R und (a, a) ∈ R) =⇒ (a, a) ∈ R immer erfüllt, egal ob (a, a) ∈ R oder (a, a) ∈ / R gilt. I Falls nur a und b gleich sind, ist die Implikation ((a, a) ∈ R und (a, c) ∈ R) =⇒ (a, c) ∈ R auch immer erfüllt, egal ob (a, c) ∈ R oder (a, c) ∈ / R gilt. I Falls nur b und c gleich sind, ist die Implikation ((a, b) ∈ R und (b, b) ∈ R) =⇒ (a, b) ∈ R auch immer erfüllt, egal ob (a, b) ∈ R oder (a, b) ∈ / R gilt. 129 / 1411 I Falls nur a und c gleich sind, ist die Implikation ((a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R) =⇒ (a, a) ∈ R nur dann nicht erfüllt, wenn (a, b) ∈ R, (b, a) ∈ R und (a, a) ∈ / R gilt, d.h. wenn zwei Element in beiden Richtungen verbunden sind, aber eins davon nicht mit sich selbst. I Falls a, b und c alle unterschiedlich sind, ist die Implikation ((a, b) ∈ R und (b, c) ∈ R) =⇒ (a, c) ∈ R nur dann nicht erfüllt, falls (a, b) ∈ R, (b, c) ∈ R und (a, c) ∈ / R, d.h. falls a mit b verbunden ist, b mit c, aber nicht a mit c. 130 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6. 2.2.7. 2.2.8. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Wichtige Begriffe Erkennen von Eigenschaften Beweisen von Eigenschaften Relationenprodukt Äquivalenzrelationen Partielle Ordnungen Zählen von Relationen Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 131 / 1411 Graphische Bedeutung der Eigenschaften Es ist wichtig, dass man die Eigenschaften einer homogenen Relation R über A erkennen kann. Sehr hilfreich ist dabei zu wissen, was jede Eigenschaft für Elemente a, b ∈ M erlaubt (3) bzw. verbietet (7). Aus den Überlegungen der letzten Folien entsteht folgende Tabelle: An der linken Hälfte erkennt man, ob Elemente eine Kante zu sich selbst (eine Schleife) haben dürfen und an der rechten Seite, ob es erlaubt ist, dass zwischen je zwei verschiedenen Elementen keine, eine oder zwei Kanten verlaufen. Übrigens: „erlaubt sein“ heißt nicht, dass das notwendigerweise vorkommen muss! 132 / 1411 Die Transitivität ist leider ein bisschen komplizierter. Eine Relation ist genau dann transitiv, wenn man keine der folgenden zwei Situationen vorfindet: 1. Es gibt bei zwei verschiedenen Elementen eine Doppelkante, aber es fehlt mindestens eine der beiden Schleifen (1. Punkt auf Folie 130): 2. Es gibt bei drei verschiedenen Elementen einen indirekten Weg von einem Element zu einem anderen, aber keinen direkten (2. Punkt auf Folie 130): Findet man keine der beiden Situationen, so kann man mit Sicherheit sagen, dass die Relation transitiv ist! 133 / 1411 Beispiel Sei R wieder folgende homogene Relation über [3]: 1 I R ist nicht reflexiv. I R ist nicht symmetrisch. I R ist nicht asymmetrisch. I R ist nicht antisymmetrisch. I R ist nicht total. I R ist nicht transitiv. 2 3 134 / 1411 Noch ein Beispiel Sei R folgende homogene Relation über [3]: 1 I R ist reflexiv. I R ist nicht symmetrisch. I R ist nicht asymmetrisch. I R ist antisymmetrisch. I R ist total. I R ist transitiv. 2 3 135 / 1411 Ein letztes Beispiel asy tra ref sym asy ant tot tra 3 3 3 7 3 7 3 7 7 7 7 7 3 7 3 7 3 7 7 7 3 7 3 7 7 3 3 7 3 7 7 7 3 7 3 7 7 3 3 7 3 7 3 7 7 7 7 7 3 7 3 7 3 3 7 7 3 3 3 7 7 7 3 7 3 3 7 7 3 3 3 7 7 7 3 7 3 7 3 7 7 7 7 3 3 7 3 7 3 3 3 7 7 3 3 tot sym 7 ant ref Es gibt 22·2 = 16 verschiedene homogene Relationen über [2]: 136 / 1411 Quizfrage tra tot ant asy sym ref tra tot ant asy sym ref tra tot ant sym asy ref Welche Eigenschaften besitzen folgende homogene Relationen über [3]? 137 / 1411 ref sym asy ant tot tra ref sym asy ant tot tra ref sym asy ant tot tra Antwort 3 7 7 7 3 7 3 7 7 3 7 3 7 7 7 7 7 7 3 7 7 7 3 3 3 3 7 7 7 7 7 7 7 7 7 3 3 7 7 3 3 7 3 3 7 7 7 3 7 7 7 3 7 7 3 7 7 3 3 3 3 3 7 3 7 3 7 7 7 3 7 3 3 3 7 7 3 3 7 7 3 3 7 7 7 3 7 7 7 7 3 7 7 7 7 7 7 7 3 3 7 3 7 3 7 7 7 3 3 7 7 3 7 7 7 3 3 3 7 3 7 3 7 3 7 3 138 / 1411 Mehr Quizfragen tra tot ant sym asy ref 1. Welche Eigenschaften besitzen folgende homogene Relationen über den ganzen Zahlen? = 6 = ≤ < tra tot ant asy sym ref 2. Welche Eigenschaften besitzen folgende homogene Relationen über der Potenzmenge einer beliebigen Menge? = 6 = ⊆ * ⊂ ⊂ 6 139 / 1411 Antworten sym ant tot tra 3 7 3 7 asy = 6 = ≤ < ref 1. Für =, 6=, ≤ und < über den ganzen Zahlen gilt: 3 3 7 7 7 7 7 3 3 7 3 3 7 7 3 7 3 7 3 3 sym asy ant tot tra = 6 = ⊆ * ⊂ ⊂ 6 ref 2. Für =, 6=, ⊆, *, ⊂ und 6⊂ über der Potenzmenge einer beliebigen Menge gilt: 3 7 3 7 7 3 3 3 7 7 7 7 7 7 7 7 3 7 3 7 3 7 3 7 7 7 7 7 7 3 3 7 3 7 3 7 140 / 1411 Wichtige homogene Relationen Für eine beliebige Menge A sind folgende homogene Relationen über A wichtig: ∅ := {} (leere Relation) idA := {(a, a) | a ∈ A} (Identitätsrelation) A × A := {(a, b) | a, b ∈ A} (kartesisches Produkt) Infos I In ∅ steht jedes Element mit keinem Element in Relation. I In idA steht jedes Element nur mit sich selbst in Relation. Beispielsweise ist die Gleichheitsrelation = über ganze Zahlen nichts anderes als idZ . I In A × A steht jedes Element mit jedem anderen in Relation. 141 / 1411 Quizfrage tra ant tot sym asy ref Welche Eigenschaften besitzen folgende homogene Relationen über einer beliebigen, nichtleeren Menge A? ∅ idA A×A 142 / 1411 Antworten ref asy ant tot tra ∅ idA A×A sym Es gilt: 7 3 3 3 3 3 3 7 7 3 3 7 7 7 3 3 3 3 143 / 1411 Quizfragen 1. Kann eine reflexive Relation auch asymmetrisch sein? 2. Ist jede antisymmetrische Relation, die nicht reflexiv ist, automatisch asymmetrisch? 3. Ist jede asymmetrische Relation automatisch antisymmetrisch? 4. Kann eine symmetrische Relation auch asymmetrisch sein? 5. Ist jede totale Relation automatisch reflexiv? 144 / 1411 Antworten 1. Ja! Die leere Relation ∅ über der leeren Menge ∅. Diese besitzt alle 6 Eigenschaften ;-) 2. Nein! Damit eine antisymmetrische Relation auch asymmetrisch ist, darf kein Element zu sich selbst in Relation stehen. Stehen jedoch einige mit sich selbst in Relation und einige nicht, dann ist die Relation weder reflexiv noch asymmetrisch. Gegenbeispiel: R = {(1, 1), (1, 2)} über [2]. 3. Ja! Man erkennt an der Tabelle auf Folie 132, dass die Antisymmetrie eine Abschwächung der Asymmetrie ist. 4. Ja! Die leere Relation ∅. 5. Ja! Man erkennt an der Tabelle auf Folie 132, dass die Reflexivität eine Abschwächung der Totalität ist. 145 / 1411 Infos I Die leere Relation ∅ über einer beliebigen Menge A ist symmetrisch, asymmetrisch, antisymmetrisch und transitiv. Gilt außerdem A = ∅, so ist sie auch reflexiv und total! I Für jede Relation R über einer beliebigen Menge A gilt: R total =⇒ R reflexiv R asymmetrisch =⇒ R antisymmetrisch Das sind auch die einzigen Implikationen, die immer gelten. I Eine Relation über einer nichtleeren Menge kann nicht gleichzeitig reflexiv und asymmetrisch sein. I Eine nichtleere Relation über einer nichtleeren Menge kann nicht gleichzeitig symmetrisch und asymmetrisch sein. 146 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6. 2.2.7. 2.2.8. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Wichtige Begriffe Erkennen von Eigenschaften Beweisen von Eigenschaften Relationenprodukt Äquivalenzrelationen Partielle Ordnungen Zählen von Relationen Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 147 / 1411 Eigenschaften homogener Relationen beweisen Die Definitionen aller Eigenschaften homogener Relationen sind Aussagen der Art ∀ . . . : B =⇒ F für eine Bedingung B und eine Folgerung F . Die Negation einer solchen Aussage hat folgende Form: ∃ . . . : B und nicht F . Daher werden diese Aussagen I mit einem Beweis für beliebige Elemente gezeigt, aber I mit einem konkreten Gegenbeispiel widerlegt. Wie man diese 6 Eigenschaften beweist oder widerlegt wird anhand der nächsten 6 Relationen gezeigt. 148 / 1411 Info Bei der Reflexivität gibt es keine Bedingung. Die Aussage ist lediglich ∀a ∈ A : (a, a) ∈ R und ihre Negation ∃a ∈ A : (a, a) ∈ / R. 149 / 1411 Teilbarkeitsrelation | Für beliebige ganze Zahlen x , y ∈ Z gilt x | y genau dann, wenn es eine natürliche Zahl k ∈ Z gibt mit y = kx . In kompakter Schreibweise heißt das: x |y :⇐⇒ ∃k ∈ Z : y = k · x . Somit ist | eine homogene Relation über Z. Beispiele Es gilt beispielsweise 3 | −12, 4 | 12 und −6 | 12, aber 5 - 12, −7 - 12 und 8 - 12. Infos I Für x | y sagen wir „x teilt y “, „y wird von x geteilt“ oder „y ist ein Vielfaches von x “. I Für alle n ∈ Z gilt: 1 | n und n | 0. 150 / 1411 Eigenschaften der Teilbarkeitsrelation Für die Teilbarkeitsrelation | gilt: 1. | ist reflexiv. 2. | ist nicht symmetrisch. 3. | ist nicht asymmetrisch. 4. | ist antisymmetrisch. 5. | ist nicht total. 6. | ist transitiv. Diese Aussagen werden in den nächsten 6 Folien gezeigt. 151 / 1411 1. | ist reflexiv. Zu zeigen ist: ∀a ∈ Z : a | a. Beweis: Sei a ∈ Z eine beliebige ganze Zahl. =⇒ a = 1 · a. =⇒ Es gibt also eine ganze Zahl k ∈ Z mit a = k · a, nämlich k = 1. =⇒ a | a. 2. 152 / 1411 2. | ist nicht symmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Z : a | b und b - a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a | b und b - a gelten, z.B. a = 2 und b = 4. 2 153 / 1411 3. | ist nicht asymmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Z : a | b und b | a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a | b und b | a gelten, z.B. a = 4 und b = 4. 2 154 / 1411 4. | ist nicht antisymmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Z : a | b, b | a und a 6= b. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a | b, b | a und a 6= b gelten, z.B. a = 3 und b = −3. 2 Info: Die Einschränkung der Teilbarkeitsrelation auf N0 ist schon antisymmetrisch! 155 / 1411 5. | ist nicht total. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Z : a - b und b - a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a - b und b - a gelten, z.B. a = 3 und b = 4. 2 156 / 1411 6. | ist transitiv. Zu zeigen ist: ∀a, b, c ∈ Z : (a | b und b | c) =⇒ a | c. Beweis: Seien a, b, c ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit a | b und b | c. =⇒ Es gibt ganze Zahlen k1 , k2 ∈ Z mit b = k1 · a und c = k2 · b. =⇒ Durch Einsetzen von b = k1 a in c = k2 b erhalten wir: c = k2 · k1 · a. =⇒ Es gibt also eine ganze Zahl k3 ∈ Z mit c = k3 a, nämlich k3 = k2 · k1 . =⇒ a | c 2 157 / 1411 Kongruenzrelation ≡n modulo n Sei n ∈ N. Für beliebige ganze Zahlen x , y ∈ Z gilt x ≡n y genau dann, wenn es eine ganze Zahl k ∈ Z gibt mit x = y + kn. In kompakter Schreibweise heißt das: x ≡n y :⇐⇒ ∃k ∈ Z : x = y + k · n . Somit ist ≡n ebenfalls eine homogene Relation über Z. Beispiele Für n = 5 gilt beispielsweise 3 ≡5 8, 6 ≡5 −9 und −2 ≡5 −17, aber −3 6≡5 6, 13 6≡5 6 und 8 6≡5 −10. Infos I Für x ≡n y sagen wir „x und y sind kongruent modulo n“. I Es gilt x ≡n y genau dann, wenn die Differenz x − y durch n teilbar ist: x ≡n y ⇐⇒ ∃k ∈ Z : x = y + k · n ⇐⇒ ∃k ∈ Z : x − y = k · n ⇐⇒ n | (x − y ) 158 / 1411 Eigenschaften der Kongruenzrelation modulo n Für die Kongruenzrelation ≡n modulo n gilt: 1. ≡n ist reflexiv. 2. ≡n ist symmetrisch. 3. ≡n ist nicht asymmetrisch. 4. ≡n ist nicht antisymmetrisch. 5. ≡n ist nicht total. 6. ≡n ist transitiv. Diese Aussagen werden in den nächsten 6 Folien gezeigt. 159 / 1411 1. ≡n ist reflexiv. Zu zeigen ist: ∀a ∈ Z : a ≡n a. Beweis: Sei a ∈ Z eine beliebige ganze Zahl. =⇒ a = a + 0 · n. =⇒ Es gibt also eine ganze Zahl k ∈ Z mit a = a + k · n, nämlich k = 0. =⇒ a ≡n a. 2. 160 / 1411 2. ≡n ist symmetrisch. Zu zeigen ist: ∀a, b ∈ Z : a ≡n b =⇒ b ≡n a. Beweis: =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ Seien a, b ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit a ≡n b. Es gibt ein k1 ∈ Z mit a = b + k1 · n. a − k1 · n = b. Es gibt also ein k2 ∈ Z mit b = a + k2 · n, nämlich k2 = −k1 . b ≡n a. 2. 161 / 1411 3. ≡n ist nicht asymmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Z : a ≡n b und b ≡n a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a ≡n b und b ≡n a gelten, z.B. n = 5, a = 1 und b = 6. 2 162 / 1411 4. ≡n ist nicht antisymmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Z : a ≡n b, b ≡n a und a 6= b. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a ≡n b, b ≡n a und a 6= b gelten, z.B. wieder n = 5, a = 1 und b = 6. 2 163 / 1411 5. ≡n ist nicht total. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Z : a 6≡n b und b 6≡n a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a 6≡n b und b 6≡n a gelten, z.B. n = 5, a = 2 und b = 3. 2 164 / 1411 6. ≡n ist transitiv. Zu zeigen ist: ∀a, b, c ∈ Z : (a ≡n b und b ≡n c) =⇒ a ≡n c. Beweis: Seien a, b, c ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit a ≡n b und b ≡n c. =⇒ Es gibt ganze Zahlen k1 , k2 ∈ Z mit a = b + k1 · n und b = c + k2 · n. =⇒ Durch Einsetzen von b = c + k2 · n in a = b + k1 · n erhalten wir: a = c + k2 · n + k1 · n = c + (k2 + k1 ) · n. =⇒ Es gibt also eine ganze Zahl k3 ∈ Z mit a = c + k3 · n, nämlich k3 = k2 + k1 . =⇒ a ≡n c 2 165 / 1411 Präfixrelation vp Sei Σ ein Alphabet und Σ∗ die Menge aller Wörter über Σ. Für beliebige Wörter u, v ∈ Σ∗ gilt u vp v genau dann, wenn es ein Wort w ∈ Σ∗ gibt mit v = uw . In kompakter Schreibweise heißt das: u vp v :⇐⇒ ∃w ∈ Σ∗ : v = uw . Somit ist vp ebenfalls eine homogene Relation über Σ∗ . Beispiele Für Σ = {a, b, c} gilt beispielsweise ab vp abaca, vp abc und bc vp bc, aber ca 6v p abcaa, abba 6v p ab und abc 6v p bca. Infos I Für u vp v sagen wir „u ist Präfix von v “. I Intuitiv heißt u vp v , dass das Wort u am Anfang von v vorkommt. 166 / 1411 Eigenschaften der Präfixrelation Für die Präfixrelation vp gilt: 1. vp ist reflexiv. 2. vp ist nicht symmetrisch. 3. vp ist nicht asymmetrisch. 4. vp ist antisymmetrisch. 5. vp ist nicht total. 6. vp ist transitiv. Diese Aussagen werden in den nächsten 6 Folien gezeigt. 167 / 1411 1. vp ist reflexiv. Zu zeigen ist: ∀a ∈ Σ∗ : a vp a. Beweis: Sei a ∈ Σ∗ ein beliebiges Wort. =⇒ a = a. =⇒ Es gibt also ein Wort w ∈ Σ∗ mit a = aw , nämlich w = . =⇒ a vp a. 2. 168 / 1411 2. vp ist nicht symmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a vp b und b 6v p a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a vp b und b 6v p a gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = x und b = xy . 2 169 / 1411 3. vp ist nicht asymmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a vp b und b vp a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a vp b und b vp a gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = xy . 2 170 / 1411 4. vp ist antisymmetrisch. Zu zeigen ist: ∀a, b ∈ Σ∗ : (a vp b und b vp a) =⇒ a = b. Beweis: Seien a, b ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a vp b und b vp a. =⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ mit b = aw1 und a = bw2 . =⇒ Durch Einsetzen von b = aw1 in a = bw2 erhalten wir: a = aw1 w2 . =⇒ w1 und w2 müssen beide leer sein. =⇒ b = a und a = b. =⇒ a = b. 2 171 / 1411 5. vp ist nicht total. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a 6v p b und b 6v p a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a 6v p b und b 6v p a gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = yx . 2 172 / 1411 6. vp ist transitiv. Zu zeigen ist: ∀a, b, c ∈ Σ∗ : (a vp b und b vp c) =⇒ a vp c. Beweis: Seien a, b, c ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a vp b und b vp c. =⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ mit b = aw1 und c = bw2 . =⇒ Durch Einsetzen von b = aw1 in c = bw2 erhalten wir: c = aw1 w2 . =⇒ Also gibt es ein Wort w3 ∈ Σ∗ mit c = aw3 (nämlich w3 = w1 w2 ). =⇒ a vp c 2 173 / 1411 Suffixrelation vs Sei Σ ein Alphabet und Σ∗ die Menge aller Wörter über Σ. Für beliebige Wörter u, v ∈ Σ∗ gilt u vs v genau dann, wenn es ein Wort w ∈ Σ∗ gibt mit v = wu. In kompakter Schreibweise heißt das: u vs v :⇐⇒ ∃w ∈ Σ∗ : v = wu . Somit ist auch vs eine homogene Relation über Σ∗ . Beispiele Für Σ = {a, b, c} gilt beispielsweise ab vs acab, vs acb und bab vs bab, aber ca 6v s cabaa, abcc 6v s cc und bca 6v s bac. Infos I Für u vs v sagen wir „u ist Suffix von v “. I Intuitiv heißt u vs v , dass das Wort u am Ende von v vorkommt. 174 / 1411 Eigenschaften der Suffixrelation Für die Suffixrelation vs gilt: 1. vs ist reflexiv. 2. vs ist nicht symmetrisch. 3. vs ist nicht asymmetrisch. 4. vs ist antisymmetrisch. 5. vs ist nicht total. 6. vs ist transitiv. Diese Aussagen werden in den nächsten 6 Folien gezeigt. 175 / 1411 1. vs ist reflexiv. Zu zeigen ist: ∀a ∈ Σ∗ : a vs a. Beweis: Sei a ∈ Σ∗ ein beliebiges Wort. =⇒ a = a. =⇒ Es gibt also ein Wort w ∈ Σ∗ mit a = wa, nämlich w = . =⇒ a vs a. 2. 176 / 1411 2. vs ist nicht symmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a vs b und b 6v s a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a vs b und b 6v s a gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = y und b = xy . 2 177 / 1411 3. vs ist nicht asymmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a vs b und b vs a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a vs b und b vs a gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = xy . 2 178 / 1411 4. vs ist antisymmetrisch. Zu zeigen ist: ∀a, b ∈ Σ∗ : (a vs b und b vs a) =⇒ a = b. Beweis: Seien a, b ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a vs b und b vs a. =⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ mit b = w1 a und a = w2 b. =⇒ Durch Einsetzen von b = w1 a in a = w2 b erhalten wir: a = w2 w1 a. =⇒ w1 und w2 müssen beide leer sein. =⇒ b = a und a = b. =⇒ a = b. 2 179 / 1411 5. vs ist nicht total. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a 6v s b und b 6v s a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a 6v s b und b 6v s a gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = yx . 2 180 / 1411 6. vs ist transitiv. Zu zeigen ist: ∀a, b, c ∈ Σ∗ : (a vs b und b vs c) =⇒ a vs c. Beweis: Seien a, b, c ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a vs b und b vs c. =⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ mit b = w1 a und c = w2 b. =⇒ Durch Einsetzen von b = w1 a in c = w2 b erhalten wir: c = w2 w1 a. =⇒ Also gibt es ein Wort w3 ∈ Σ∗ mit c = w3 a (nämlich w3 = w2 w1 ). =⇒ a vs c 2 181 / 1411 Teilwortrelation v Sei Σ ein Alphabet und Σ∗ die Menge aller Wörter über Σ. Für beliebige Wörter u, v ∈ Σ∗ gilt u v v genau dann, wenn es Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ gibt mit v = w1 uw2 . In kompakter Schreibweise heißt das: uvv :⇐⇒ ∃w1 , w2 ∈ Σ∗ : v = w1 uw2 . Somit ist v eine homogene Relation über Σ∗ . Beispiele Für Σ = {a, b, c} gilt beispielsweise ab v acabca, v acc und baa v baa, aber ca 6v acba, cbac 6v ab und acbc 6v bcac. Infos I Für u v v sagen wir „u ist Teilwort von v “. I Intuitiv heißt u v v , dass das Wort u irgendwo in v vorkommt. 182 / 1411 Eigenschaften der Teilwortrelation Für die Teilwortrelation v gilt: 1. v ist reflexiv. 2. v ist nicht symmetrisch. 3. v ist nicht asymmetrisch. 4. v ist antisymmetrisch. 5. v ist nicht total. 6. v ist transitiv. 183 / 1411 1. v ist reflexiv. Zu zeigen ist: ∀a ∈ Σ∗ : a v a. Beweis: Sei a ∈ Σ∗ ein beliebiges Wort. =⇒ a = a. =⇒ Es gibt also Wörter w1 , w2 ∈ Σ∗ mit a = w1 aw2 , nämlich w1 = und w2 = . =⇒ a v a. 2. 184 / 1411 2. v ist nicht symmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a v b und b 6v a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a v b und b 6v a gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = xxyy . 2 185 / 1411 3. v ist nicht asymmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a v b und b v a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a v b und b v a gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = xy . 2 186 / 1411 4. v ist antisymmetrisch. Zu zeigen ist: ∀a, b ∈ Σ∗ : (a v b und b v a) =⇒ a = b. Beweis: Seien a, b ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a v b und b v a. =⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 , w3 , w4 ∈ Σ∗ mit b = w1 aw2 und a = w3 bw4 . =⇒ Durch Einsetzen von b = w1 aw2 in a = w3 bw4 erhalten wir: a = w3 w1 aw2 w4 . =⇒ w1 , w2 , w3 und w4 müssen alle leer sein. =⇒ b = a und a = b. =⇒ a = b. 2 187 / 1411 5. v ist nicht total. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a 6v b und b 6v a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a 6v b und b 6v a gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = yx . 2 188 / 1411 6. v ist transitiv. Zu zeigen ist: ∀a, b, c ∈ Σ∗ : (a v b und b v c) =⇒ a v c. Beweis: Seien a, b, c ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a v b und b v c. =⇒ Es gibt Wörter w1 , w2 , w3 , w4 ∈ Σ∗ mit b = w1 aw2 und c = w3 bw4 . =⇒ Durch Einsetzen von b = w1 aw2 in c = w3 bw4 erhalten wir: c = w3 w1 aw2 w4 . =⇒ Also gibt es Wörter w5 , w6 ∈ Σ∗ mit c = w5 aw6 (nämlich w5 = w3 w1 und w6 = w2 w4 ). =⇒ a v c 2 189 / 1411 Wortlängenrelation k Sei Σ ein Alphabet und Σ∗ die Menge aller Wörter über Σ. Für beliebige Wörter u, v ∈ Σ∗ gilt u k v genau dann, wenn u und v dieselbe Länge haben. In kompakter Schreibweise heißt das: u k v :⇐⇒ |u| = |v | . Auch k ist also eine homogene Relation über Σ∗ . Beispiele Für Σ = {a, b, c} gilt beispielsweise ab k bc, b k c und abc k bcc, aber ab ∦ bac, cb ∦ c und ac ∦ bcac. Infos Für u k v sagen wir „u und v sind gleich lang“. 190 / 1411 Eigenschaften der Wortlängenrelation Für die Wortlängenrelation k gilt: 1. k ist reflexiv. 2. k ist symmetrisch. 3. k ist nicht asymmetrisch. 4. k ist nicht antisymmetrisch. 5. k ist nicht total. 6. k ist transitiv. Diese Aussagen werden in den nächsten 6 Folien gezeigt. 191 / 1411 1. k ist reflexiv. Zu zeigen ist: ∀a ∈ Σ∗ : a k a. Beweis: Sei a ∈ Σ∗ ein beliebiges Wort. =⇒ |a| = |a|. =⇒ a k a. 2 192 / 1411 2. k ist symmetrisch. Zu zeigen ist: ∀a, b ∈ Σ∗ : a k b =⇒ b k a. Beweis: Seien a, b ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a k b. =⇒ |a| = |b|. =⇒ |b| = |a|. =⇒ b k a. 2 193 / 1411 3. k ist nicht asymmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a k b und b k a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a k b und b k a gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xy und b = xy . 2 194 / 1411 4. k ist nicht antisymmetrisch. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a k b, b k a und a 6= b. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a k b, b k a und a 6= b gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = xx und b = yy . 2 195 / 1411 5. k ist nicht total. Zu zeigen ist: ∃a, b ∈ Σ∗ : a ∦ b und b ∦ a. Beweis: Als Gegenbeispiel sind zwei Wörter a, b ∈ Σ∗ gesucht, für die a ∦ b und b ∦ a gelten, z.B. Σ = {x , y }, a = x und b = yyy . 2 196 / 1411 6. k ist transitiv. Zu zeigen ist: ∀a, b, c ∈ Σ∗ : (a k b und b k c) =⇒ a k c. Beweis: =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ Seien a, b, c ∈ Σ∗ beliebige Wörter mit a k b und b k c. |a| = |b| und |b| = |c|. |a| = |b| = |c|. |a| = |c|. a k c. 2 197 / 1411 Tipp Wenn man selber entscheiden muss, ob eine Eigenschaft gilt oder nicht, dann sollte man sich die Relation (bzw. einen Teil davon) graphisch vorstellen und die Tricks auf Folien 132 und 133 benutzen. 198 / 1411 Quizfragen Sei ./ eine homogene Relation über Zahlenpaare aus Z × Z mit (a, b) ./ (c, d) :⇐⇒ a · d = b · c für alle a, b, c, d ∈ Z. 1. Ist ./ reflexiv? 2. Ist ./ symmetrisch? 3. Ist ./ asymmetrisch? 4. Ist ./ antisymmetrisch? 5. Ist ./ total? 6. Ist ./ transitiv? Beweise deine Antworten! 199 / 1411 Antworten 1. ./ ist reflexiv. Seien a, b ∈ Z beliebige ganze Zahlen. =⇒ a · b = b · a. =⇒ (a, b) ./ (a, b). 2. ./ ist symmetrisch. 2 Seien a, b, c, d ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ./ (c, d). =⇒ a · d = b · c. =⇒ c · b = a · d. =⇒ (c, d) ./ (a, b) 2 200 / 1411 3. ./ ist nicht asymmetrisch. Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b, c, d ∈ Z gesucht, für die (a, b) ./ (c, d) und (c, d) ./ (a, b) gelten, z.B. a = 1, b = 2, c = 2 und d = 4. 2 4. ./ ist nicht antisymmetrisch. Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b, c, d ∈ Z gesucht, für die (a, b) ./ (c, d), (c, d) ./ (a, b) und (a, b) 6= (c, d) gelten, z.B. a = 1, b = 2, c = 2 und d = 4. 2 201 / 1411 5. ./ ist nicht total. Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b, c, d ∈ Z gesucht, für die (a, b) 6./ (c, d) und (c, d) 6./ (a, b) gelten, z.B. a = 1, b = 2, c = 3 und d = 4. 2 6. ./ ist transitiv. Seien a, b, c, d, e, f ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ./ (c, d) und (c, d) ./ (e, f ). =⇒ Es gilt a · d = b · c und c · f = d · e. =⇒ Durch Gleichsetzen erhalten wir: a · d · c · f = b · c · d · e. =⇒ Kürzen von c · d auf beiden Seiten liefert: a · f = b · e. =⇒ (a, b) ./ (e, f ). 2 202 / 1411 Knifflige Quizfragen Sei o eine homogene Relation über den ganzen Zahlen Z mit x oy :⇐⇒ ∃k ∈ Z : y 2 = k · x für alle x , y ∈ Z. 1. Ist o reflexiv? 2. Ist o symmetrisch? 3. Ist o asymmetrisch? 4. Ist o antisymmetrisch? 5. Ist o total? 6. Ist o transitiv? Beweise deine Antworten! 203 / 1411 Antworten 1. o ist reflexiv. Sei a ∈ Z eine beliebige ganze Zahl. =⇒ Es gibt ein k ∈ Z mit a2 = k · a, nämlich k = a. 2. o ist nicht symmetrisch. Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a o b und b 6 oa gelten, z.B. a = 4 und b = 6. 3. o ist nicht asymmetrisch. Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a o b und b o a gelten, z.B. a = 2 und b = 4. 2 2 2 204 / 1411 4. o ist nicht antisymmetrisch. Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a o b, b o a und a 6= b gelten, z.B. a = 2 und b = 4. 2 5. o ist nicht total. Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b ∈ Z gesucht, für die a 6 ob und b 6 oa gelten, z.B. a = 2 und b = 3. 2 6. o ist nicht transitiv. Als Gegenbeispiel sind ganze Zahlen a, b, c ∈ Z gesucht, für die a o b, b o c und a 6 oc gelten, z.B. a = 8, b = 4 und c = 2. 2 205 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6. 2.2.7. 2.2.8. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Wichtige Begriffe Erkennen von Eigenschaften Beweisen von Eigenschaften Relationenprodukt Äquivalenzrelationen Partielle Ordnungen Zählen von Relationen Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 206 / 1411 Relationenprodukt Seien A, B und C drei Mengen, R eine Relation über A und B und S eine Relation über B und C . Dann gilt: R ◦ S := {(a, c) ∈ A × C | ∃b ∈ B : (a, b) ∈ R und (b, c) ∈ S} R ◦ S ist dann eine Relation über A und C . Damit R ◦ S definiert ist muss R ⊆ A × B und S ⊆ B × C gelten! 207 / 1411 Beispiel Gegeben seien Mengen A = {1, 2}, B = {3, 4} und C = {5, 6} und Relationen R = {(1, 3), (1, 4), (2, 3)} über A und B und S = {(3, 5), (4, 5), (4, 6)} über B und C . Dann folgt für R ◦ S: (3, 5) (4, 5) (4, 6) (1, 3) (1, 5) (1, 4) (1, 5) (1, 6) (2, 3) (2, 5) Nach der Entfernung von Duplikaten erhalten wir: R ◦ S = {(1, 5), (1, 6), (2, 5)}. 208 / 1411 Graphisch: R S 1 3 5 2 4 6 A B C R ◦S 1 5 2 6 A C 209 / 1411 Infos I Folgende Intuition kann hilfreich sein: Kommt man im Graph von R in einem Schritt von a nach b und im Graph von S in einem Schritt von b nach c, dann kommt man im Graph von R ◦ S in einem Schritt von a nach c. I Statt R ◦ S schreibt man oft nur RS, was aber gefährlich ist, weil man es mit der Konkatenation aus Folie 72 verwechseln kann. I Das Relationenprodukt ist assoziativ. Für beliebige Relationen R, S, T gilt nämlich: (R ◦ S) ◦ T = R ◦ (S ◦ T ). Aus diesem Grund lassen wir oft einfach die Klammern weg. 210 / 1411 Quizfrage Gegeben seien Mengen A = {1, 2, 3} und B = {4, 5, 6} und Relationen R = {(1, 4), (1, 5), (2, 4), (3, 6)} über A und B und S = {(4, 2), (5, 2), (5, 3), (6, 1)} über B und A. 1. Wie sieht R ◦ S aus? 2. Wie sieht S ◦ R aus? 211 / 1411 Antworten 1. R ◦ S = {(1, 2), (1, 3), (2, 2), (3, 1)}. (4, 2) (5, 2) (5, 3) (6, 1) (1, 4) (1, 2) (1, 5) (1, 2) (1, 3) (2, 4) (2, 2) (3, 1) (3, 6) 2. S ◦ R = {(4, 4), (5, 4), (5, 6), (6, 4), (6, 5)}. (1, 4) (1, 5) (2, 4) (3, 6) (4, 2) (4, 4) (5, 2) (5, 4) (5, 3) (5, 6) (6, 1) (6, 4) (6, 5) 212 / 1411 Komposition von Relationen Sei R eine homogene Relation über einer Menge A. Dann gilt für ein beliebiges n ∈ N0 : R0 = {(x , x ) | x ∈ A} = idA R n+1 = R n ◦ R Info Aus dieser Definition und idA ◦R = R = R ◦ idA folgt sofort: R 1 = R 0 ◦ R = idA ◦R = R. 213 / 1411 Beispiel Für eine beliebige homogene Relation R gilt: R4 = R3 ◦ R = (R 2 ◦ R) ◦ R = ((R 1 ◦ R) ◦ R) ◦ R = ((R ◦ R) ◦ R) ◦ R. Aufgrung der Assoziativität des Relationenprodukts schreiben wir oft auch einfach: R 4 = R ◦ R ◦ R ◦ R. 214 / 1411 Info Aus dieser formalen Definition von R n folgt, zusammen mit der Assoziativität des Relationenprodukts, die etwas intuitivere Variante: Rn = R | ◦ R ◦{z. . . ◦ R} . n mal 215 / 1411 Graphische Bedeutung Intuitiv enthält R n alle Abkürzungen für Wege der Länge genau n in der graphischen Darstellung von R. Es gilt nämlich: R 0 = {(a, b) ∈ A × A | a = b} R n = {(a, b) ∈ A × A | ∃x1 , . . . , xn−1 ∈ M : (a, x1 ), (x1 , x2 ), . . . , (xn−1 , b) ∈ R} D.h., falls der Graph von R folgende Kanten enthält: a −→ x1 −→ x2 −→ . . . −→ xn−1 −→ b , | {z Weg der Länge n von a nach b in R } dann enthält der Graph von R n die Kante a| −→ {z b} . Kante von a nach b in R n x1 , . . . , xn−1 , a und b müssen nicht unbedingt alle verschieden sein! 216 / 1411 Beispiel Sei R eine homogene Relation über [4] mit R = {(1, 1), (2, 4), (4, 1), (4, 3)}. Die Graphische Darstellungen von R −1 , R 0 , R, R 2 und R 3 sind: 2 R −1 R0 R R2 R3 1 1 1 1 1 4 4 4 4 4 3 2 3 2 3 2 3 2 3 R 4 , R 5 , R 6 , . . . gleichen alle R 3 . 217 / 1411 Hüllen von Relationen Sei R eine homogene Relation über einer Menge A. Die reflexive Hülle R ref von R ist die kleinste Relation, die R enthält und reflexiv ist. Es muss gelten: (1) R ⊆ R ref , (2) R ref reflexiv und (3) ∀R 0 ⊆ A × A : (R ⊆ R 0 und R 0 reflexiv =⇒ R ref ⊆ R 0 ) Analog sind die symmetrische Hülle R sym , die transitive Hülle R + und die reflexive transitive Hülle R ∗ definiert. Die Definitionen sind aber für uns kaum wichtig. Wichtig ist, wie man die Hüllen berechnet. Hierfür gibt es folgende Formeln: R ref R sym R+ R∗ = = = = R 0 ∪ R, R ∪ R −1 , S∞ R ∪ R2 ∪ R3 ∪ R4 ∪ . . . = Ri , Si=1 ∞ 0 2 3 4 i R ∪ R ∪ R ∪ R ∪ R ∪ ... = i=0 R . 218 / 1411 Beispiel Sei R wieder die homogene Relation über [5] aus Folie 217 mit R = {(1, 1), (2, 4), (3, 5), (4, 1), (4, 3)}. Die Graphische Darstellung von R, R ref , R sym , R + und R ∗ sind: 2 R R ref R sym R+ R∗ 1 1 1 1 1 4 4 4 4 4 3 2 3 2 3 2 3 2 3 219 / 1411 Buntes Beispiel Sei R = {(1, 3), (2, 4), (4, 1)} eine homogene Relation über [4]. Dann gilt: R −1 R0 2 1 4 R 2 1 3 4 R2 2 1 3 4 R3 2 1 3 4 2 1 3 4 3 Wegen R 4 = R 5 = R 6 = . . . = ∅ gilt für die Hüllen: R ref R sym 2 1 1 4 R+ 2 3 4 R∗ 2 1 3 4 2 1 3 4 3 220 / 1411 Quizfrage Sei R eine homogene Relation über [4] mit R = {(1, 2), (1, 3), (2, 4), (3, 4), (4, 1)}. Wie sehen R ref , R sym , R + und R ∗ graphisch aus? 221 / 1411 Antwort Aus R −1 R0 R 1 2 1 1 3 2 3 4 2 3 4 4 R −1 = R 2 = R 5 = R 8 = . . . R0 = R3 = R6 = R9 = . . . R = R 4 = R 7 = R 10 = . . . und folgt: R +, R ∗ R sym R ref 1 2 1 3 4 2 1 3 4 2 3 4 222 / 1411 Quizfrage Wieso gibt es keine asymmetrische, antisymmetrische oder totale Hüllen? 223 / 1411 Antwort Weil sie keinen Sinn machen würden! I Eine Relation, die nicht asymmetrisch (bzw. nicht antisymmetrisch) ist, kann durch das Hinzufügen von Tupeln nicht asymmetrisch (bzw. antisymmetrisch) gemacht werden. I Für eine nicht totale Relation R gibt es mehrere totale Relationen, die R enthalten und minimal wären. 224 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6. 2.2.7. 2.2.8. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Wichtige Begriffe Erkennen von Eigenschaften Beweisen von Eigenschaften Relationenprodukt Äquivalenzrelationen Partielle Ordnungen Zählen von Relationen Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 225 / 1411 Äquivalenzrelationen Seien A eine Menge und R eine homogene Relation über A. Dann gilt: R Äquivalenzrelation :⇐⇒ R reflexiv, symmetrisch und transitiv Info Diese Definition schließt nicht aus, dass R mehr als diese drei Eigenschaften besitzen kann. 226 / 1411 Beispiele I Die Gleichheitsrelation = (bzw. idA ) über einer beliebigen Menge A ist eine Äquivalenzrelation über A. I Das kartesische Produkt A × A ist für jede Menge A eine Äquivalenzrelation. I Die Kongruenzrelation ≡n modulo n ist eine Äquivalenzrelation über Z (s. Folie 159). I Die Wortlängenrelation k ist für jedes Alphabet Σ eine Äquivalenzrelation über Σ∗ (s. Folie 191). 227 / 1411 Äquivalenzrelation und Partitionen Jede Äquivalenzrelation R über einer Grundmenge A entspricht genau einer Partition P von A. Die Klassen in P heißen dann Äquivalenzklassen. Und es gilt für alle a, b ∈ A: (a, b) ∈ R ⇐⇒ in P sind a und b in der selben Äquivalenzklasse Innerhalb einer Äquivalenzklasse steht also jedes Element mit jedem anderen in Relation. Dagegen stehen zwei Elemente aus verschiedenen Äquivalenzklassen nie in Relation. Die Zuordnung ist eindeutig, so dass jede Äquivalenzrelation genau eine Partition induziert und jede Partition genau eine Äquivalenzrelation. Somit gibt es beispielsweise so viele Äquivalenzrelationen, wie es Partitionen der Grundmenge A gibt. 228 / 1411 Beispiel Sei R folgende Äquivalenzrelation über der Grundmenge [7]: 1 3 2 4 6 5 7 R induziert die 4-Partition P = {{1, 3}, {2}, {4, 5, 7}, {6}} der Menge [7]. 229 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende Äquivalenzrelationen R1 , . . . , R5 über [4]: 1. R1 = {(1, 1), (1, 2), (2, 1), (2, 2), (3, 3), (4, 4)}, 2. R2 = {(1, 1), (1, 4), (2, 2), (2, 3), (3, 2), (3, 3), (4, 1), (4, 4)}, 3. R3 = {(1, 1), (1, 3), (1, 4), (2, 2), (3, 1), (3, 3), (3, 4), (4, 1), (4, 3), (4, 4)}, 4. R4 = [4] × [4], 5. R5 = id[4] . Welche Partition Pi von [4] wird durch Ri induziert? 230 / 1411 Antworten 1. P1 = {{1, 2}, {3}, {4}}. 2. P2 = {{1, 4}, {2, 3}}. 3. P3 = {{1, 3, 4}, {2}} 4. P4 = {{1, 2, 3, 4}}. 5. P5 = {{1}, {2}, {3}, {4}}. 231 / 1411 Beispiel Sei Σ = {a, b, c} ein Alphabet und L ⊆ Σ∗ eine Sprache mit L = {, a, b, c, ab, ac, bc, abc}. Die Einschränkung der Wortlängenrelation k auf L induziert folgende Partition P von L: P = {{}, {a, b, c}, {ab, ac, bc}, {abc}}. 232 / 1411 Quizfrage Sei Σ = {a, b} ein Alphabet und L ⊆ Σ∗ eine Sprache mit L = {, a, b, aa, ab, bb, aaa, aab, abb, bbb}. Wie wird L durch die Einschränkung der Wortlängenrelation k auf L partitioniert? 233 / 1411 Antwort Die Einschränkung der Wortlängenrelation k auf L induziert folgende Partition P von L: P = {{}, {a, b}, {aa, ab, bb}, {aaa, aab, abb, bbb}}. 234 / 1411 Beispiel Die Einschränkung der Kongruenzrelation modulo 4 ≡4 auf [12] induziert folgende Partition P von [12]: P = {{1, 5, 9}, {2, 6, 10}, {3, 7, 11}, {4, 8, 12}}. 235 / 1411 Quizfrage Wie wird [9] durch die Einschränkung der Kongruenzrelation modulo 3 ≡3 auf [9] partitioniert? 236 / 1411 Antwort Die Einschränkung von ≡3 auf [9] induziert folgende Partition P von [9]: P = {{1, 4, 7}, {2, 5, 8}, {3, 6, 9}}. 237 / 1411 Beispiel Es gibt genau zwei verschiedene Äquivalenzrelationen über [2], weil die Menge [2] auf genau zwei verschiedene Weisen partitioniert werden kann: Partitionen P1 = {{1}, {2}} P2 = {{1, 2}} Äquivalenzrelationen R1 = {(1, 1), (2, 2)} R2 = {(1, 1), (1, 2), (2, 1), (2, 2)} 238 / 1411 Quizfrage Wie viele verschiedene Äquivalenzrelationen gibt es über [3]? 239 / 1411 Antwort Es gibt 5 verschiedene Partitionen der Menge [3]. Somit sind das auch genau 5 Äquivalenzrelationen: Partitionen P1 = {{1}, {2}, {3}} P2 = {{1, 2}, {3}} P3 = {{1, 3}, {2}} P4 = {{1}, {2, 3}} P5 = {{1, 2, 3}} Äquivalenzrelationen R1 = {(1, 1), (2, 2), (3, 3)} R2 = {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (1, 2), (2, 1)} R3 = {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (1, 3), (3, 1)} R4 = {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (2, 3), (3, 2)} R5 = {(1, 1), (2, 2), (3, 3), (1, 2), (2, 1), (1, 3), (3, 1), (2, 3), (3, 2)} 240 / 1411 Quizfragen Sei ‡ eine Äquivalenzrelation über Zahlenpaare aus Z × Z mit (a, b) ‡ (c, d) :⇐⇒ a + b = c + d für alle a, b, c, d ∈ Z. 1. Wieso ist ‡ reflexiv? 2. Wieso ist ‡ symmetrisch? 3. Wieso ist ‡ transitiv? 4. Welche Partition P der Menge [3] × [3] wird durch die Einschränkung von ‡ auf [3] × [3] induziert? Hinweis: Bei den ersten drei Fragen sind Beweise verlangt. 241 / 1411 Antworten 1. 2. 3. Seien a, b ∈ Z beliebige ganze Zahlen. =⇒ Wegen a + b = a + b gilt auch (a, b) ‡ (a, b). Seien a, b, c, d ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ‡ (c, d). =⇒ a + b = c + d. =⇒ c + d = a + b. =⇒ (c, d) ‡ (a, b). 2 2 Seien a, b, c, d, e, f ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ‡ (c, d) und (c, d) ‡ (e, f ). =⇒ a + b = c + d und c + d = e + f . =⇒ a + b = e + f . =⇒ (a, b) ‡ (e, f ). 4. P = {{(1, 1)}, {(1, 2), (2, 1)}, {(1, 3), (2, 2), (3, 1)}, {(2, 3), (3, 2)}, {(3, 3)}}. 2 242 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6. 2.2.7. 2.2.8. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Wichtige Begriffe Erkennen von Eigenschaften Beweisen von Eigenschaften Relationenprodukt Äquivalenzrelationen Partielle Ordnungen Zählen von Relationen Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 243 / 1411 Partielle Ordnungen Seien A eine Menge und R eine homogene Relation über A. Dann gilt: R partielle Ordnung :⇐⇒ R reflexiv, antisymmetrisch und transitiv Eine totale Ordnung ist eine partielle Ordnung, die zusätzlich total ist. Info Wie bei der Äquivalenzrelation, schließt diese Definition nicht aus, dass R mehr als diese drei Eigenschaften besitzen kann. 244 / 1411 Beispiele I Die Gleichheitsrelation = (bzw. idA ) über einer beliebigen Menge A ist eine partielle Ordnung über A. I ≤ ist eine totale Ordnung über Z. I Für jede Menge A ist ⊆ eine partielle Ordnung über P(A). I Die Einschränkung von | auf N0 ist eine partielle Ordnung (s. Folie 151). I Für jedes Alphabet Σ sind die Relationen vp , vs und v partielle Ordnungen (s. Folien 167, 175 und 183). 245 / 1411 Partielle Ordnungen und Hasse-Diagramme Jeder partiellen Ordnung R über einer Menge A kann man ein eindeutiges Hasse-Diagramm zuordnen und umgekehrt. Man entfernt hierzu alle reflexiven und transitiven Tupel von R und definiert das Ergebnis als Relation H: H = {(a, b) ∈ R | a 6= b und 6 ∃ x ∈ A : (a, x ) ∈ R und (x , b) ∈ R.} Das Hasse-Diagramm ist dann die graphische Darstellung von H, in der die Elemente so angeordnet sind, dass alle Pfeile von unten nach oben zeigen. Fügt man einem Hasse-Diagramm H alle reflexive und transitive Tupel hinzu, so bekommt man die entsprechende partielle Ordnung R. Formal ist R also die reflexive transitive Hülle von H, d.h.: R = H ∗ . 246 / 1411 Infos I Mit Hasse-Diagrammen lassen sich Hierarchien graphisch darstellen. Jedes Element zeigt auf seinen direkten Vorgesetzten. I Ein Hasse-Diagramm muss nicht notwendigerweise zusammenhängend sein! Es kann aus mehreren Teilen bestehen, die nicht miteinander verbunden sind. I Weil die Richtung der Pfeile durch die Anordnung der Knoten bestimmt wird, können die Pfeilspitzen auch weggelassen werden. 247 / 1411 Beispiel {(1, 1), . . . , (7, 7)} Sei R mit R = id[7] ∪ {(2, 1), (4, 3), (4, 5), (4, 6), (4, 7), (6, 3), (6, 7)} eine partielle Ordnung über [5]. R kann wie folgt durch das Hasse-Diagramm H graphisch dargestellt werden. 1 3 2 4 6 5 7 R 7 3 6 5 1 2 4 H H entspricht genau R ohne transitive und reflexive Tupel (gestrichelte Pfeile). 248 / 1411 Minimale und Maximale Elemente Seien A eine Menge und R eine partielle Ordnung über A. Dann gilt für alle a, b ∈ A: a minimal :⇐⇒ (∀x ∈ A : (x , a) ∈ R =⇒ x = a) b maximal :⇐⇒ (∀y ∈ A : (b, y ) ∈ R =⇒ y = b) Falls (a, b) ∈ R für a 6= b gilt, dann sagen wir „a ist kleiner als b“ bzw. „b ist größer als a“, analog zur partiellen Ordnung ≤. Info Intuitiv ist ein Element I minimal, falls es in keinem Tupel rechts von einem anderen Element steht und I maximal, falls es in keinem Tupel links von einem anderen Element steht. Wenn a kleiner als b ist, dann muss b im Hasse-Diagramm über a gezeichnet werden! 249 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende partielle Ordnungen über [4]: 1. R1 = {(1, 1), (1, 4), (2, 1), (2, 2), (2, 4), (3, 1), (3, 3), (3, 4), (4, 4)}, 2. R2 = {(1, 1), (2, 1), (2, 2), (3, 3), (3, 4), (4, 4)}, 3. R3 = {(1, 1), (1, 3), (2, 1), (2, 2), (2, 3), (2, 4), (3, 3), (4, 3), (4, 4)}. Wie sieht das Hasse-Diagramm Hi zu jeder partiellen Ordnung Ri aus? Welche Elemente sind minimal? Welche maximal? 250 / 1411 Antworten H1 : H2 : 4 1 4 1 2 H3 : 3 1 3 2 3 4 2 minimal: 2 und 3 minimal: 2 und 3 minimal: 2 maximal: 4 maximal: 1 und 4 maximal: 3 251 / 1411 Beispiel Die Einschränkung der Teilmengenrelation ⊆ auf P([2]) kann durch folgendes Hasse-Diagramm H graphisch dargestellt werden: {1, 2} H: {1} {2} ∅ ∅ ist das einzige minimale Element und {1, 2} das einzige maximale. 252 / 1411 Quizfrage Wie sieht das Hasse-Diagramm H zur Einschränkung der Teilmengenrelation ⊆ auf P([3]) aus? 253 / 1411 Antwort Hasse-Diagramm H zu ⊆: {1, 2, 3} H: {1, 2} {1, 3} {2, 3} {1} {2} {3} ∅ ∅ ist das einzige minimale Element und {1, 2, 3} das einzige maximale. 254 / 1411 Beispiel Sei A = {1, 2, 3, 5, 6, 10, 15, 30}. Die Einschränkung der Teilbarkeitsrelation | auf A kann durch folgendes Hasse-Diagramm H graphisch dargestellt werden: 30 H: 15 10 6 5 3 2 1 1 ist das einzige minimale Element und 30 das einzige maximale. 255 / 1411 Quizfragen 1. Wie sieht das Hasse-Diagramm H zur Einschränkung der Teilbarkeitsrelation | auf [12] aus? 2. Wie würde das Hasse-Diagramm aus 1. aussehen, wenn man die 0 mitberücksichtigen würde? 256 / 1411 Antworten 1. 2. 8 12 10 4 6 9 5 2 3 7 1 11 0 8 12 10 4 6 9 5 2 3 7 11 1 257 / 1411 Beispiel Sei Σ = {a, b, c} ein Alphabet und L ⊆ Σ∗ mit L = {, a, b, ab, ba, aba}. Die Einschränkung der Teilwortrelation v auf L kann durch folgendes Hasse-Diagramm H graphisch dargestellt werden: H: aba ab ba a b ist das einzige minimale Element und aba das einzige maximale. 258 / 1411 Quizfrage Sei Σ = {a, b, c} ein Alphabet und L ⊆ Σ∗ mit L = {, a, b, c, ab, bc, ca, abc, bca, abca}. Wie sieht das Hasse-Diagramm H zur Einschränkung der Teilwortrelation v auf L aus? 259 / 1411 Antwort Hasse-Diagramm H: H: abca abc bca ab bc ca b a c ist das einzige minimale Element und abca das einzige maximale. 260 / 1411 Beispiel Es gibt genau 3 verschiedene Hasse-Diagramme H1 , H2 , H3 über [2]: H1 : H2 : 1 2 1 2 H3 : 2 1 Jedes Hasse-Diagramm Hi stellt genau eine partielle Ordnung Ri dar. Es gibt also genau 3 partielle Ordnungen über [2]: R1 = {(1, 1), (2, 2)}, R2 = {(1, 1), (2, 1), (2, 2)}, R3 = {(1, 1), (1, 2), (2, 2)}. 261 / 1411 Quizfrage Wie viele verschiedene partielle Ordnungen gibt es über der Grundmenge [3]? Hinweis: Es reicht alle möglichen Hasse-Diagramme zu finden. Zu jedem Hasse-Diagramm H ist nämlich R = H ∗ die entsprechende partielle Ordnung. 262 / 1411 Antwort Es gibt 19 verschiedene Hasse-Diagramme (und somit auch genau 19 partielle Ordnungen) über [3]: I eins, in dem alle 3 Elemente minimal und maximal sind: H1 : 1 I 2 3 sechs, in denen ein Element minimal, eins maximal und eins beides ist: H2 : 1 H3 : 1 3 2 3 H5 : 2 3 1 H6 : 3 1 3 H4 : 2 2 H7 : 3 2 1 1 2 263 / 1411 I I sechs, in denen ein Element minimal ist, eins maximal und eins beides: H8 : 1 H9 : 1 H10 : 2 H11 : 2 H12 : 3 H13 : 3 2 3 1 3 1 2 3 2 3 1 2 1 drei, in denen ein Element maximal ist und zwei minimal: H14 : 2 I H15 : 1 3 H16 : 2 1 3 3 1 2 H19 : 1 2 drei, in denen ein Element minimal ist und zwei maximal: H17 : 2 3 1 H18 : 1 3 2 3 264 / 1411 Quizfragen Sei ≤2 eine partielle Ordnung über Zahlenpaare aus Z × Z mit (a, b) ≤2 (c, d) :⇐⇒ a ≤ c und b ≤ d für alle a, b, c, d ∈ Z. 1. Wieso ist ≤2 reflexiv? 2. Wieso ist ≤2 antisymmetrisch? 3. Wieso ist ≤2 transitiv? 4. Wie sieht das Hasse-Diagramm der Einschränkung von ≤2 auf [3] × [3]? Hinweis: Bei den ersten drei Fragen sind Beweise verlangt. 265 / 1411 Antworten 1. 2. Seien a, b ∈ Z beliebige ganze Zahlen. =⇒ Wegen a ≤ a und b ≤ b gilt auch (a, b) ≤2 (a, b). 2 Seien a, b, c, d ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ≤2 (c, d) und (c, d) ≤2 (a, b). =⇒ a ≤ c, b ≤ d, c ≤ a und d ≤ b. =⇒ a = c und b = d. =⇒ (a, b) = (c, d). 3. =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ Seien a, b, c, d, e, f ∈ Z beliebige ganze Zahlen mit (a, b) ≤2 (c, d) und (c, d) ≤2 (e, f ). a ≤ c, b ≤ d, c ≤ e und d ≤ f . a ≤ c ≤ e und b ≤ d ≤ f . a ≤ e und b ≤ f . (a, b) ≤2 (e, f ). 2 2 266 / 1411 4. Hasse-Diagramm H zur Einschränkung von ≤2 auf [3] × [3]: (3, 3) H: (2, 3) (1, 3) (3, 2) (2, 2) (1, 2) (3, 1) (2, 1) (1, 1) (1, 1) ist das einzige minimale Element und (3, 3) das einzige maximale. 267 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende totale Ordnungen über [3]: 1. R1 = {(1, 1), (2, 1), (2, 2), (3, 1), (3, 2), (3, 3)}, 2. R2 = {(1, 1), (1, 3), (2, 1), (2, 2), (2, 3), (3, 3)}, 3. R3 = {(1, 1), (1, 2), (1, 3), (2, 2), (3, 2), (3, 3)}. Wie sieht das Hasse-Diagramm Hi zu jeder totalen Ordnung Ri aus? 268 / 1411 Antworten H1 : 1 H2 : 3 H3 : 2 2 1 3 3 2 1 269 / 1411 Quizfrage Wie sieht das Hasse-Diagramm H zur Einschränkung der Kleiner-gleich-Relation ≤ auf [5] aus? 270 / 1411 Antwort H: 5 4 3 2 1 271 / 1411 Quizfrage Wie viele totale Ordnungen gibt es über [6]? 272 / 1411 Antwort So viele wie die Anzahl der Möglichkeiten 6 verschiedene Objekte in eine Reihe zu ordnen: 6 · 5 · 4 · 3 · 2 · 1 = 720 273 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6. 2.2.7. 2.2.8. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Wichtige Begriffe Erkennen von Eigenschaften Beweisen von Eigenschaften Relationenprodukt Äquivalenzrelationen Partielle Ordnungen Zählen von Relationen Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 274 / 1411 Zählen von Relationen Sei n ≥ 1. Wir betrachten homogene Relationen über einer n-elementigen Menge A. Um die Anzahl an Relationen mit gegebenen Eigenschaften zu bestimmen, betrachtet man die Tabelle aus Folie 132: Seien dann k1 ∈ {0, 1, 2} die Anzahl der Häkchen (3) in der linken Hälfte der Tabelle und k2 ∈ {0, 1, 2, 3, 4} die Anzahl der Häkchen in der rechten Hälfte. Dann ist die gesuchte Anzahl an Relationen genau k1 n · k2 n(n−1)/2 . 275 / 1411 Erstes Beispiel 2 Wir wissen, dass es insgesamt 2n Relationen gibt. Wir bestätigen das mit diesem super coolen Trick. Erlaubt man alle Möglichkeiten, so erhält man mit k1 = 2 und k2 = 4: 2n · 4n(n−1)/2 = 2n · 22n(n−1)/2 = 2n · 2n(n−1) = 2n · 2n 2 −n = 2n+n 2 −n 2 = 2n . 276 / 1411 Zweites Beispiel Die Anzahl an reflexiven Relationen ist genau 1n · 4n(n−1)/2 = 4n(n−1)/2 = 22n(n−1)/2 = 22n(n−1)/2 = 2n(n−1) . Erinnerung 277 / 1411 Drittes Beispiel Die Anzahl an symmetrischen Relationen ist genau 2n · 2n(n−1)/2 = 2n+n(n−1)/2 = 2n(n+1)/2 . Erinnerung 278 / 1411 Viertes Beispiel Die Anzahl an asymmetrischen Relationen ist genau 1n · 3n(n−1)/2 = 3n(n−1)/2 . Erinnerung 279 / 1411 Fünftes Beispiel Die Anzahl an antisymmetrischen Relationen ist genau 2n · 3n(n−1)/2 . Erinnerung 280 / 1411 Sechstes Beispiel Die Anzahl an totalen Relationen ist genau 1n · 3n(n−1)/2 = 3n(n−1)/2 . Erinnerung 281 / 1411 Transitive Relationen Die schlechte Nachricht: Dieser Trick funktioniert leider nicht für transitive Relationen. Die gute Nachricht: Das kann in der Klausur nicht abgefragt werden, weil für die Anzahl an transitiven Relationen noch keine abgeschlossene Formel bekannt ist ;-) Sollte die Frage für ein kleines n doch vorkommen, dann kann das hier vielleicht helfen: n: 0 1 2 3 4 ··· Anzahl: 1 2 13 171 3994 · · · Für Neugierige: I https://cs.uwaterloo.ca/journals/JIS/VOL7/Pfeiffer/pfeiffer6.pdf I http://oeis.org/A006905 282 / 1411 Äquivalenzrelationen Äquivalenzrelationen sind, wie transitive Relationen, auch schwer zu zählen. Wir wissen, dass es genau so viele Äquivalenzrelationen wie Partitionen der Grundmenge gibt, aber leider gibt es hierfür keine schöne Formel. Sollte die Frage für ein kleines n doch vorkommen, dann kann das hier vielleicht helfen: n: 0 1 2 3 4 5 6 7 8 ··· Anzahl: 1 1 2 5 15 52 203 877 4140 · · · Für Neugierige: I http://de.wikipedia.org/wiki/Bellsche_Zahl I http://oeis.org/A000110 283 / 1411 Partielle Ordnungen Hier ist es ähnlich wie bei Äquivalenzrelationen. Wir wissen, dass es genau so viele partielle Ordnungen wie Hasse-Diagramme gibt, aber wir haben keine Formel dafür. Sollte die Frage für ein kleines n doch vorkommen, dann kann das hier vielleicht helfen: n: 0 1 2 3 4 5 ··· Anzahl: 1 1 3 19 219 4231 · · · Für Neugierige: I http://oeis.org/A001035 284 / 1411 Totale Ordnungen Bei totalen Ordnungen ist es wieder einfach. Wir wissen, dass es genau so viele totale Ordnungen wie Hasse-Diagramme gibt, die nur aus einem „Strang“ bestehen. Die Anzahl an totalen Ordnungen von n Elementen ist genau die Anzahl an Reihenfolgen für n Elementen, d.h.: n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · 1. 285 / 1411 Quizfrage Sei M eine n-elementige Menge. Wie viele Relationen R ⊆ M × M gibt es, die antisymmetrisch und total sind? 286 / 1411 Antwort Was ist für ein beliebiges a ∈ M erlaubt? I (a, a) ∈ R 3 I (a, a) ∈ /R 7 Es gilt also k1 = 1. Was ist für beliebige aber verschiedene a, b ∈ M erlaubt? I (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R 7 I (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ /R 3 I (a, b) ∈ / R und (b, a) ∈ R 3 I (a, b) ∈ / R und (b, a) ∈ /R 7 Es gilt also k2 = 2. Die Anzahl solcher Relationen ist also genau 1n · 2n(n−1)/2 = 2n(n−1)/2 . 287 / 1411 Noch eine Quizfrage Sei M eine n-elementige Menge. Wie viele Relationen R ⊆ M × M gibt es, die symmetrisch und asymmetrisch sind? 288 / 1411 Antwort Was ist für ein beliebiges a ∈ M erlaubt? I (a, a) ∈ R 7 I (a, a) ∈ /R 3 Es gilt also k1 = 1. Was ist für beliebige aber verschiedene a, b ∈ M erlaubt? I (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R 7 I (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ /R 7 I (a, b) ∈ / R und (b, a) ∈ R 7 I (a, b) ∈ / R und (b, a) ∈ /R 3 Es gilt also k2 = 1. Die Anzahl solcher Relationen ist also genau 1n · 1n(n−1)/2 = 1. 289 / 1411 Und noch eine Quizfrage Sei M eine n-elementige Menge. Wie viele Relationen R ⊆ M × M gibt es, die asymmetrisch und total sind? 290 / 1411 Antwort Was ist für ein beliebiges a ∈ M erlaubt? I (a, a) ∈ R 7 I (a, a) ∈ /R 7 Es gilt also k1 = 0. Was ist für beliebige aber verschiedene a, b ∈ M erlaubt? I (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R 7 I (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ /R 3 I (a, b) ∈ / R und (b, a) ∈ R 3 I (a, b) ∈ / R und (b, a) ∈ /R 7 Es gilt also k2 = 2. Die Anzahl solcher Relationen ist also genau 0n · 2n(n−1)/2 = 0. 291 / 1411 Letzte Quizfrage Sei n ∈ N. Wie viele Relationen R ⊆ [n] × [n] gibt es, die die Eigenschaft ∀x , y ∈ [n] : (x , y ) ∈ R =⇒ x < y (1) besitzen? Hinweis: Intuitiv besagt (1), dass jedes Element nur zu einem größeren Element in Relation stehen darf (aber nicht muss). 292 / 1411 Antwort Was ist für ein beliebiges a ∈ [n] erlaubt? I (a, a) ∈ R 7 I (a, a) ∈ /R 3 Es gilt also k1 = 1. Was ist für beliebige aber verschiedene a, b ∈ [n] erlaubt? I (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ R 7 I (a, b) ∈ R und (b, a) ∈ / R 3 (falls a < b) bzw. 7 (falls a > b) I (a, b) ∈ / R und (b, a) ∈ R 7 (falls a < b) bzw. 3 (falls a > b) I (a, b) ∈ / R und (b, a) ∈ /R 3 Es gilt also k2 = 2 (egal, ob a < b oder a > b). Die Anzahl solcher Relationen ist also genau 1n · 2n(n−1)/2 = 2n(n−1)/2 . 293 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.6. 2.2.7. 2.2.8. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Wichtige Begriffe Erkennen von Eigenschaften Beweisen von Eigenschaften Relationenprodukt Äquivalenzrelationen Partielle Ordnungen Zählen von Relationen Abbildungen Aussagenlogik I Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 294 / 1411 Abbildungen Eine Abbildung (oder Funktion) f ist eine Zuordnung zwischen zwei Mengen A und B, so dass jedem Element a ∈ A genau ein Element b ∈ B zugeordnet wird. Wir schreiben dann f (a) = b. Info Eigentlich ist eine Funktion nichts anderes als eine linkstotale und rechtseindeutige Relation f ⊆ A × B. 295 / 1411 Schreibweisen 1. Als Relation: f ⊆ A × B mit f = {(a1 , f (a1 )), (a2 , f (a2 )), (a3 , f (a3 )), . . .} 2. Als Zuordnungsvorschrift: f : A → B, a1 7→ f (a1 ), a2 7→ f (a2 ), a3 7→ f (a3 ), . . . 3. Als Tabelle: x f (x ) a1 f (a1 ) a2 f (a2 ) a3 f (a3 ) ... ... Info B A ist die Menge aller Funktionen von A nach B und f : A → B steht für f ∈ B A . 296 / 1411 Wichtig! Es ist wichtig die Vorstellung zu verwerfen, vor allem wenn man erst kürzlich mit der Schule fertig geworden ist, dass Funktionen nur für reelle Zahlen definiert sind und mathematische Ausdrücke wie z.B. f (x ) = x 2 , f (x ) = sin(x ) oder f (x ) = e x beinhalten müssen. Einfache und vor allem endliche Funktion spielen bei uns eine sehr wichtige Rolle! Beispiel einer endlichen Funktion wäre f : {a, b, c} → {d, e} mit f (a) = d, f (b) = e und f (c) = d. 297 / 1411 Graphische Darstellung von Funktionen Die graphische Darstellung von Funktionen funktioniert analog zu der von Relationen. Wichtig ist, dass bei einer Funktion f : A → B jedes Element aus A von genau einem Pfeil verlassen wird! 298 / 1411 Beispiel Die Funktion f : [4] → [4] mit 1 7→ 1, 2 7→ 3, 3 7→ 1, 4 7→ 4 kann graphisch wie folgt dargestellt werden: f 1 1 2 2 3 3 4 4 A B 299 / 1411 Quizfrage Wie viele verschiedene Funktionen f : [4] → [3] gibt es? 300 / 1411 Antwort Für jedes der 4 Elemente in [4] gibt es 3 Abbildungsmöglichkeiten in [3]. D.h. für jedes (x1 , x2 , x3 , x4 ) ∈ [3]4 ist 1 7→ x1 , 2 7→ x2 , 3 7→ x3 , 4 7→ x4 eine mögliche Funktion. Es gibt also |[3]4 | = 34 = 81 verschiedene Funktionen. 301 / 1411 Info Für die Menge B A aller Funktionen f : A → B gilt im Allgemeinen: A B = |B||A| . Daher kommt auch die seltsame Notation B A . 302 / 1411 Bild und Urbild einer Funktion Sei f : A → B eine Funktion. I f (a) ist das Bild des Elements a ∈ A I Das Urbild f −1 (b) eines Elements b ∈ B ist definiert als: f −1 (b) = {a ∈ A | f (a) = b} . I Das Bild f (A0 ) einer Menge A0 ⊆ A ist: f (A0 ) = [ {f (a)}. a∈A0 I Das Urbild f −1 (B 0 ) einer Menge B 0 ⊆ B ist: f −1 (B 0 ) = [ f −1 (b). b∈B 0 303 / 1411 Infos I Intuitiv wendet man bei f (A0 ) f auf jedes Element von A0 an. I Intuitiv wendet man bei f −1 (B 0 ), analog zu f (A0 ), f −1 auf jedes Element von B 0 an. I f −1 ist bei uns nicht die Umkehrfunktion, sondern die Urbildmenge! I Es gilt immer: x ∈ f −1 (B 0 ) ⇐⇒ f (x ) ∈ B 0 . 304 / 1411 Beispiel Sei f : A → B wieder folgende Funktion: f 1 1 2 2 3 3 4 4 A B Die Bilder aller Elemente a ∈ A sind: f (1) = 1, f (2) = 3, f (3) = 1, f (4) = 4. 305 / 1411 Sei f : A → B wieder folgende Funktion: f 1 1 2 2 3 3 4 4 A B Die Urbilder aller Elemente b ∈ B sind: f −1 (1) = {1, 3}, f −1 (2) = ∅, f −1 (3) = {2}, f −1 (4) = {4}. 306 / 1411 Sei f : A → B wieder folgende Funktion: f 1 1 2 2 3 3 4 4 A B Die Bilder einiger Mengen A0 ⊆ A sind: f (∅) = ∅, f ({1}) = {1}, f ({3, 4}) = {1, 4}, f ({1, 2, 3}) = {1, 3}. 307 / 1411 Sei f : A → B wieder folgende Funktion: f 1 1 2 2 3 3 4 4 A B Die Urbilder einiger Mengen B 0 ⊆ B sind: f −1 (∅) = ∅, f −1 ({1}) = {1, 3}, f −1 ({2}) = ∅, f −1 ({1, 4}) = {1, 3, 4}. 308 / 1411 Quizfrage Welche der folgenden Aussagen gelten für beliebige Funktionen f : A → B und alle Mengen X ⊆ A, Y ⊆ B? |f (X )| ≤ |X |, |f −1 (Y )| ≤ |Y |, |f (X )| = |X |, |f −1 (Y )| = |Y |, |f (X )| ≥ |X |, |f −1 (Y )| ≥ |Y |. 309 / 1411 Antwort Im Allgemeinen gilt nur: |f (X )| ≤ |X |. 310 / 1411 Eigenschaften von Funktionen Sei f : A → B. Dann gilt: f injektiv :⇐⇒ ∀b ∈ B : |f −1 (b)| ≤ 1 f surjektiv :⇐⇒ ∀b ∈ B : |f −1 (b)| ≥ 1 f bijektiv :⇐⇒ ∀b ∈ B : |f −1 (b)| = 1 Info Für Beweise sind folgende äquivalente Aussagen sehr nützlich: f injektiv ⇐⇒ (∀a1 , a2 ∈ A : f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ a1 = a2 ) f surjektiv ⇐⇒ ∀b ∈ B : ∃a ∈ A : f (a) = b f bijektiv ⇐⇒ f injektiv und surjektiv 311 / 1411 Graphische Bedeutung Coole Eselsbrücken: injektiv ; inferior ; weniger ; 1 oder weniger surjektiv ; superior ; mehr ; 1 oder mehr 312 / 1411 Beispiel Sei f : A → B wieder folgende Funktion: f 1 1 2 2 3 3 4 4 A B I f ist nicht injektiv, da |f −1 (1)| = |{1, 3}| = 2. I f ist nicht surjektiv, da |f −1 (2)| = |∅| = 0. 313 / 1411 Quizfrage Welche Eigenschaften besitzen folgende Funktionen? 1 f1 : 1 1 f2 : 1 1 2 2 2 2 2 3 3 3 3 3 4 4 4 4 4 A B A B A f3 : f4 : 1 1 2 2 3 3 B A 1 2 3 4 B 314 / 1411 Antwort 1 f1 : 1 1 f2 : 1 1 2 2 2 2 2 3 3 3 3 3 4 4 4 4 4 A B A B A I f1 ist nicht injektiv und nicht surjektiv. I f2 ist injektiv und surjektiv (also bijektiv). I f3 ist surjektiv und nicht injektiv. I f4 ist injektiv und nicht surjektiv. f3 : f4 : 1 1 2 2 3 3 1 2 3 4 B A B 315 / 1411 Quizfragen Welche Eigenschaften besitzen folgende Funktionen? 1. f : N → N0 mit f (x ) = x , 2. f : Z → N0 mit f (x ) = x 2 , 3. f : N0 → N0 mit f (x ) = 5, 4. f : Z → Z mit f (x ) = x − 3, 5. f : N0 → N0 mit f (x ) = 2x , 6. f : Z → N0 mit f (x ) = |x |, 7. f : N0 → N0 mit f (x ) = x + 1, 8. f : N0 × N0 → N0 mit f ((x , y )) = x + y , 9. f : N0 × N0 → N0 mit f ((x , y )) = x · y , 10. f : {0} → {1} mit f (x ) = e 2πx . 316 / 1411 Antworten 1. f ist injektiv, da aus f (a1 ) = f (a2 ) für alle a1 , a2 ∈ N folgt: a1 = f (a1 ) = f (a2 ) = a2 . f ist nicht surjektiv, da z.B. |f −1 (0)| = 0. 2. f ist nicht injektiv, da z.B. |f −1 (1)| = 2. f ist nicht surjektiv, da |f −1 (2)| = 0. 3. f ist nicht injektiv, da z.B. |f −1 (5)| = ∞. f ist nicht surjektiv, da z.B. |f −1 (4)| = 0. 4. f ist injektiv, da für alle a1 , a2 ∈ Z gilt: f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ a1 − 3 = a2 − 3 =⇒ a1 = a2 . f ist surjektiv, da für jedes b ∈ Z ein a ∈ Z gibt mit f (a) = b, nämlich a = b + 3. 5. f ist injektiv, da für alle a1 , a2 ∈ Z gilt: f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ 2a1 = 2a2 =⇒ ln(2a1 ) = ln(2a2 ) =⇒ a1 ln 2 = a2 ln 2 =⇒ a1 = a2 . f ist nicht surjektiv, da z.B. |f −1 (0)| = 0. 317 / 1411 6. f ist nicht injektiv, da z.B. |f −1 (1)| = 2. f ist surjektiv, da für jedes b ∈ N0 ein a existiert mit f (a) = |a| = b, nämlich a = b (oder a = −b). 7. f ist injektiv, da für alle a1 , a2 ∈ Z gilt: f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ a1 + 1 = a2 + 1 =⇒ a1 = a2 . f ist nicht surjektiv, da z.B. |f −1 (0)| = 0. 8. f ist nicht injektiv, da z.B. |f −1 (1)| = |{(0, 1), (1, 0)}| = 2. f ist surjektiv, da es für jedes b ∈ N0 ein (a1 , a2 ) ∈ N0 × N0 gibt mit f ((a1 , a2 )) = a1 + a2 = b gibt, z.B. (a1 , a2 ) = (b, 0). 9. f ist nicht injektiv, da z.B. |f −1 (2)| = |{(1, 2), (2, 1)}| = 2. f ist surjektiv, da es für jedes b ∈ N0 ein (a1 , a2 ) ∈ N0 × N0 gibt mit f ((a1 , a2 )) = a1 · a2 = b gibt, z.B. (a1 , a2 ) = (b, 1). 10. Da die Definitionsmenge von f nur die 0 enthält, die Zielmenge nur die 1 und f (0) = e 2 π · 0 = e 0 = 1 gilt, ist f bijektiv. 318 / 1411 Quizfrage Seien A und B zwei endliche Mengen und f : A → B eine Funktion. Welche der folgenden Aussagen gelten immer? |A| ≤ |B| |A| ≥ |B| |A| = |B| f injektiv f surjektiv f bijektiv =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ f injektiv, f surjektiv, f bijektiv, |A| ≤ |B|, |A| ≥ |B|, |A| = |B|. 319 / 1411 Antwort Im Allgemeinen gelten nur: f injektiv =⇒ |A| ≤ |B|, f surjektiv =⇒ |A| ≥ |B|, f bijektiv =⇒ |A| = |B|. 320 / 1411 Quizfragen 1. Wie viele injektive Funktionen f : [3] → [7] gibt es? 2. Wie viele bijektive Funktionen f : [5] → [5] gibt es? 321 / 1411 Antworten 1. Für die 1 hat man 7 Abbildungsmöglichkeiten, für die 2 nur noch 6 und für die 3 nur noch 5. Die gesuchte Anzahl ist also 7 · 6 · 5 = 210. 2. Für die 1 hat man 5 Abbildungsmöglichkeiten, für die 2 nur noch 4, für die 3 nur noch 3, usw. Die gesuchte Anzahl ist also 5 · 4 · 3 · 2 · 1 = 120. 322 / 1411 Umkehrfunktionen Seien A und B beliebige Mengen und f : A → B eine Funktion. I Ist f bijektiv, dann besitzt sie eine eindeutige Umkehrfunktion f −1 : B → A mit: f (a) = b ⇐⇒ f −1 (b) = a für alle a ∈ A und alle b ∈ B. I Gibt es eine Funktion g : B → A mit ∀a ∈ A : g(f (a)) = a und ∀b ∈ B : f (g(b)) = b , dann ist f bijektiv und g die Umkehrfunktion von f (d.h. f −1 = g). Info Ob mit f −1 eine Urbildmenge oder eine Umkehrfunktion gemeint ist, muss explizit hingeschrieben werden. 323 / 1411 Komposition von Funktionen Seien f : A → B und g : B → C beliebige Funktionen, dann nennt man die Funktion g ◦ f : A → C mit (g ◦ f )(x ) = g(f (x )) für alle x ∈ A die Komposition oder Hintereinanderausführung von f und g. Infos I Wir nennen die Funktion g ◦ f auch „g nach f “, weil zuerst f und dann g angewendet wird. I Eigentlich ist die Komposition von Funktionen nichts anderes als ein umgekehrtes Relationenprodukt f ◦ g wenn man f und g als Relationen betrachtet. 324 / 1411 Beispiel g: f : 1 1 1 2 2 2 3 3 3 A B C g ◦f : 1 1 2 2 3 3 A C 325 / 1411 Quizfrage Welche der folgenden zwei Aussagen gilt für die Urbildmenge einer Komposition von Funktionen? (g ◦ f )−1 (y ) = g −1 (f −1 (y )) (g ◦ f ) −1 (y ) = f −1 (g −1 (y )) (1) (2) 326 / 1411 Antwort Die Aussage (2): (g ◦ f )−1 (y ) = f −1 (g −1 (y )) 327 / 1411 Potenzen von Funktionen Analog zu den Relationen definiert man: f n := f| ◦ f ◦{z. . . ◦ f} n mal Beispiel Sei f : N → N, x 7→ 2x 2 . Dann gilt: f 3 (x ) = (f ◦ f ◦ f )(x ) = f (f (f (x ))) = 2(2(2x 2 )2 )2 = 128x 8 Also: f 3 : N → N, x 7→ 128x 8 328 / 1411 Partition der Definitionsmenge Sei f : A → B eine Funktion. Die Relation R ⊆ A × A mit R = {(a1 , a2 ) ∈ A × A | f (a1 ) = f (a2 )} ist eine Äquivalenzrelation und induziert folgende Partition P der Definitionsmenge A: n P = f −1 (b) b ∈ B o Insbesondere gilt: |A| = X |f −1 (b)| b∈B 329 / 1411 Beispiel Sei f : A → B wie folgt: Dann ist P = {f −1 (x ), f −1 (y ), f −1 (z)} = {{2, 3}, {4, 5, 6}, {1}} eine Partition von A und es gilt: |A| = |f −1 (x )| + |f −1 (y )| + |f −1 (z)| = 2 + 3 + 1 = 6 330 / 1411 Kardinalität von Mengen Mithilfe von Funktionen können wir den Begriff der Kardinalität formalisieren. Für beliebige Mengen A und B gelten folgende Definitionen: I A und B sind gleich mächtig (|A| = |B|), wenn eine bijektive Funktion f : A → B existiert. I B ist mindestens so mächtig wie A, wenn eine injektive Funktion f : A → B existiert. I B ist mächtiger als A, wenn eine injektive Funktion f : A → B existiert, aber keine injektive Funktion g : B → A. Aus ihnen folgt der Satz von Schröder-Bernstein: Wenn A mindestens so mächtig wie B ist und B mindestens so mächtig wie A, dann sind A und B gleich mächtig. 331 / 1411 Abzählbarkeit von Mengen Eine beliebige Menge A heißt abzählbar, wenn A endlich ist oder |A| = |N| gilt. Andernfalls ist A überabzählbar. Info Intuitiv ist eine Menge abzählbar, wenn ihr Elemente so durchnummeriert werden können, dass kein Element übersprungen wird. 332 / 1411 Permutationen Sei A eine beliebige endliche Menge. Eine bijektive Funktion p : A → A wird Permutation über A genannt. Permutationen kann man am einfachsten als Matrix (Tabelle) darstellen. Es gilt: ! p= a1 a2 a3 ... an . p(a1 ) p(a2 ) p(a3 ) . . . p(an ) 333 / 1411 Beispiel Sei p eine Permutation über [4] mit: p(1) = 3, p(2) = 1, p(3) = 2, p(4) = 4. In Matrixschreibweise: ! p= 1 2 3 4 3 1 2 4 334 / 1411 Noch ein Beispiel Sei p eine Permutation über [6] mit: p(1) = 5, p(2) = 2, p(3) = 1, p(4) = 6, p(5) = 3, p(6) = 4. In Matrixschreibweise: p= 1 2 3 4 5 6 5 2 1 6 3 4 ! 335 / 1411 Infos I die Identitätsabbildung idA über A ist die einfachste Permutation. Es gilt: idA = a1 a 2 a3 . . . an a1 a 2 a3 . . . an ! Man schreibt oft einfach id statt idA . I Weil Permutationen bijektive Abbildungen sind, besitzt jede Permutation p eine Umkehrfunktion p −1 mit: ∀x , y ∈ A : p(x ) = y ⇐⇒ p −1 (y ) = x 336 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende Permutationen p1 , p2 und p3 über [6] in Matrixdarstellung: ! 1. p1 = 1 2 3 4 5 6 , 5 1 4 6 2 3 2. p2 = 1 2 3 4 5 6 , 3 5 4 1 6 2 3. p3 = 1 2 3 4 5 6 . 4 6 1 3 5 2 ! ! Wie sehen die Umkehrfunktionen p1−1 , p2−1 und p3−1 in Matrixdarstellung aus? 337 / 1411 Antworten Einfach die Zeilen der Matrix vertauschen und nach der oberen Zeile sortieren! ! 1 2 3 4 5 6 1. p1−1 = . 2 5 6 3 1 4 ! 2. p2−1 3. p3−1 = 1 2 3 4 5 6 . 4 6 1 3 2 5 = 1 2 3 4 5 6 . 3 6 4 1 5 2 ! 338 / 1411 Quizfragen Was sind die Ergebnisse folgender Kompositionen in Matrixdarstellung? ! ! ! ! ! ! 1. 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 ◦ , 3 5 6 4 1 2 1 3 2 4 5 6 2. 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 ◦ , 1 3 5 4 2 6 2 1 4 6 5 3 3. 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 ◦ . 5 2 3 1 6 4 4 3 2 5 6 1 339 / 1411 Antworten ! 1. 1 2 3 4 5 6 . 3 6 5 4 1 2 2. 1 2 3 4 5 6 . 3 1 4 6 2 5 3. 1 2 3 4 5 6 . 1 3 2 6 4 5 ! ! 340 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.3.1. Wichtige Begriffe 2.3.2. Logische Äquivalenz 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 341 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.3.1. Wichtige Begriffe 2.3.2. Logische Äquivalenz 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 342 / 1411 Syntax aussagenlogischer Formeln Sei V eine Menge, die sog. Variablenmenge. I true und false sind Formeln über V . I Jede Variable x ∈ V ist eine Formel über V . I Ist F eine Formel über V , dann auch: ¬F I (Negation) Sind F und G Formeln über V , dann auch: (F ∧ G) (F ∨ G) (F → G) (F ↔ G) (F ⊗ G) ¯ G) (F ∧ ¯ G) (F ∨ (Konjunktion) (Disjunktion) (Implikation) (Bikonditional) (Exklusives-Oder) (NAND) (NOR) 343 / 1411 Infos I ¯ und ∨ ¯ Junktoren oder Man nennt true, false, ¬, ∧, ∨, →, ↔, ⊗, ∧ Konnektoren. Ihre Aritäten, die Anzahl der Teilfunktionen, die durch den jeweiligen Junktor verknüpft werden, sind: Junktoren true, false ¬ ¯, ∨ ¯ ∧, ∨, →, ↔, ⊗, ∧ I Arität 0 1 2 (unär) (binär) Wir benutzen Klammern nur wenn es sein muss. Die Reihenfolge für die Bindungsstärke ist ¬, ∧, ∨, →. D.h. ¬ bindet am stärksten und → am schwächsten. Beispielsweise steht F = p → q ∨ r ∧ s für F = (p → (q ∨ (r ∧ s))). ¯ und ∨ ¯ binden wurde nicht festgelegt. Wie stark ⊗, ∧ 344 / 1411 Beispiele Aussagenlogische Formeln sind: (¬r → (p ∧ q)), ((¬p ↔ q) ↔ ¬r ), ((p → ¬q) ∨ (¬r ∧ s)). Diese dürfen wie folgt umgeschrieben werden: ¬r → p ∧ q, ¬p ↔ q ↔ ¬r , (p → ¬q) ∨ ¬r ∧ s. Keine aussagenlogische Formeln sind: p¬q, p(¬ →)q, p →→ r , ↔ q ∧ r , pq ∨ ¬p¬q. 345 / 1411 Quizfrage Wie viele unterschiedliche aussagenlogische Formeln über V = {p} gibt es? 346 / 1411 Antwort Unendlich viele! Zum Beispiel: p, ¬p, ¬¬p, ¬¬¬p, ¬¬¬¬p, . . . An sich ist eine aussagenlogische Formel nichts anderes als ein Wort über dem Alphabet ¯, ∨ ¯ , (, )} Σ = V ∪ {true, false, ¬, ∧, ∨, →, ↔, ⊗, ∧ und Wörter sind nur dann gleich, wenn sie auch gleich aussehen ;-) 347 / 1411 Belegungen I Eine Belegung β : V → B ist eine Funktion die jeder Variable einer Variablenmenge V einen Wert aus B = {0, 1} zuordnet. I Eine Belegung passt zu einer Formel F , wenn jede Variable aus F in V vorkommt, d.h. wenn V (F ) ⊆ V gilt. I Eine Belegung ist minimal für F , wenn V (F ) = V gilt. Infos I Weil Belegungen Funktionen sind, bezeichnet man mit BV die Menge aller Belegungen. I Mit V (F ) wird hier die Menge aller Variablen in F bezeichnet. 348 / 1411 Beispiel Sei V = {p, q}. Dann gibt es folgende 4 Belegungen β0 , β1 , β2 , β3 : V → B: β0 : p 7→ 0, q 7→ 0 β1 : p 7→ 0, q 7→ 1 β2 : p 7→ 1, q 7→ 0 β3 : p 7→ 1, q 7→ 1 349 / 1411 Quizfragen Sei V = {p, q, r , s} und β : V → B mit p 7→ 0, q 7→ 1, r 7→ 0, s 7→ 1. Zu welchen der folgenden Formeln F1 , . . . , F5 passt β? Für welche ist β minimal? 1. F1 = ((p ∧ q) → (r ↔ s)) 2. F2 = (p ↔ q) 3. F3 = ((r ↔ s) ∨ t) 4. F4 = true 5. F5 = (((¬p ∧ ¬q) ∧ ¬r ) ∧ ¬s) 350 / 1411 Antworten 1. β passt zu F1 und ist minimal. 2. β passt zu F2 , ist aber nicht minimal. 3. β passt nicht zu F3 und ist also nicht minimal. 4. β passt zu F4 , ist aber nicht minimal. 5. β passt zu F5 und ist minimal. 351 / 1411 Quizfrage Wie viele unterschiedliche Belegungen gibt es für Formeln über V mit |V | = n? 352 / 1411 Antwort Jede Belegung ist eine Funktion von der Menge der Variablen V nach B = {0, 1}. Aus dem Abschnitt für Funktionen wissen wir, dass die Menge B A der Funktionen f : A → B genau A B = |B||A| verschiedene Funktionen hat. Wegen |V | = n und |B| = 2 gibt es also V B = |B||V | = 2n verschiedene Belegungen. 353 / 1411 Semantik Aussagenlogischer Formeln Die Semantik [F ] einer aussagenlogischer Formel F mit Variablen aus V ist eine Funktion [F ] : BV → B, wobei BV wieder die Menge aller Belegungen ist. Für alle Belegungen β gilt folgende induktive Definition: I [true](β) = 1 und [false](β) = 0. I Für jede Variable x ∈ V gilt [x ](β) = β(x ). I Ist [F ] die Semantik einer Formel F , dann gilt: ( [¬F ](β) = 1, falls [F ](β) = 0 0, sonst 354 / 1411 I Sind [F ] und [G] die Semantiken zweier Formeln F und G, dann gilt: ( [F ∧ G](β) = ( [F ∨ G](β) = ( [F → G](β) = ( [F ↔ G](β) = ( [F ⊗ G](β) = ( ¯ G](β) [F ∧ = ( ¯ G](β) [F ∨ = 1, 0, 1, 0, 1, 0, 1, 0, 1, 0, 1, 0, 1, 0, falls [F ](β) = 1 und [G](β) = 1 sonst falls [F ](β) = 1 oder [G](β) = 1 sonst falls [F ](β) = 0 oder [G](β) = 1 sonst falls [F ](β) = [G](β) sonst falls [F ](β) 6= [G](β) sonst falls [F ](β) = 0 oder [G](β) = 0 sonst falls [F ](β) = 0 und [G](β) = 0 sonst 355 / 1411 Semantik aussagenlogischer Formeln als Tabellen Für den unären Junktor ¬ gilt: F 0 1 ¬F 1 0 ¯ und ∨ ¯ gilt: Für die binären Junktoren ∧, ∨, →, ↔, ⊗, ∧ F 0 0 1 1 G 0 1 0 1 F ∧G 0 0 0 1 F ∨G 0 1 1 1 F →G 1 1 0 1 F ↔G 1 0 0 1 F ⊗G 0 1 1 0 ¯G F∧ 1 1 1 0 ¯G F∨ 1 0 0 0 356 / 1411 Rezept Frage: Wie findet man die Semantik einer Formel F ? Methode: 1. Fülle die Wahrheitstafel für F mit Hilfe der Tabellen aus. 2. Lese die Semantik an der entsprechenden Spalte der Wahrheitstafel ab. 357 / 1411 Beispiel Aufgabe: Bestimmen Sie die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }: F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r . Lösung: , Erstelle eine leere Wahrheitstafel für [F ]. p q r 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 (q ∨ r) → ¬ (p ↔ ¬r ) 358 / 1411 Beispiel Aufgabe: Bestimme die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }: F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r . Lösung: , Fülle die Spalten für [p], [q], [r ] und [¬r ] aus. p q r (q 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 0 1 1 0 0 1 1 ∨ r) 0 1 0 1 0 1 0 1 → ¬ (p 0 0 0 0 1 1 1 1 ↔ ¬r ) 1 0 1 0 1 0 1 0 359 / 1411 Beispiel Aufgabe: Bestimme die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }: F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r . Lösung: , Fülle die Spalten für [(q ∨ r )] und [(p ↔ ¬r )] aus. p q r (q ∨ r) 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 → ¬ (p ↔ ¬r ) 0 0 0 0 1 1 1 1 0 1 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 360 / 1411 Beispiel Aufgabe: Bestimme die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }: F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r . Lösung: , Fülle die Spalte für [¬(p ↔ ¬r )] aus. p q r (q ∨ r) 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 → ¬ (p ↔ ¬r ) 1 0 1 0 0 1 0 1 0 0 0 0 1 1 1 1 0 1 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 361 / 1411 Beispiel Aufgabe: Bestimme die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }: F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r . Lösung: , Fülle die Spalte für [(q ∨ r ) → ¬(p ↔ ¬r )] also für [F ] aus. p q r (q ∨ r) → ¬ (p ↔ ¬r ) 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 1 0 1 0 1 1 0 1 1 0 1 0 0 1 0 1 0 0 0 0 1 1 1 1 0 1 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 362 / 1411 Beispiel Aufgabe: Bestimme die Semantik [F ] folgender Formel F über V = {p, q, r }: F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r . Lösung: , Die Semantik [F ] von F wäre dann formal: [F ](p 7→ 0, q 7→ 0, r 7→ 0) = 1 [F ](p 7→ 1, q 7→ 0, r 7→ 0) = 1 [F ](p 7→ 0, q 7→ 0, r 7→ 1) = 0 [F ](p 7→ 1, q 7→ 0, r 7→ 1) = 1 [F ](p 7→ 0, q 7→ 1, r 7→ 0) = 1 [F ](p 7→ 1, q 7→ 1, r 7→ 0) = 0 [F ](p 7→ 0, q 7→ 1, r 7→ 1) = 0 [F ](p 7→ 1, q 7→ 1, r 7→ 1) = 1 So formal muss sie aber selten angegeben werden. Normalerweise reicht die Wahrheitstafel aus. :-) 363 / 1411 Quizfragen Sei V = {p, q, r }. Wie sehen die Wahrheitstafeln folgender aussagenlogischer Formeln über V aus? 1. ¬q ∨ ¬(p → q) 2. ((p → q) ∧ (¬q ← ¬p)) ∨ (p ∧ q), 3. ((p → q) → r ) ↔ (p → (q → r )), 4. ((p ∨ q) ↔ (p ∨ r )) ↔ (¬p ∧ (¬q ↔ r )), 5. ((p ∨ (q ↔ r )) ↔ ((p ↔ q) ∨ (p ↔ r )). 364 / 1411 Antworten 1. p 0 0 1 1 q 0 1 0 1 ¬q 1 0 1 0 ∨ 1 0 1 0 ¬ 0 0 1 0 (p 0 0 1 1 → 1 1 0 1 q) 0 1 0 1 365 / 1411 2. p 0 0 1 1 q 0 1 0 1 ((p 0 0 1 1 → 1 1 0 1 q) 0 1 0 1 ∧ 1 0 0 1 (¬q 1 0 1 0 ← 1 0 1 1 ¬p)) 1 1 0 0 ∨ 1 0 0 1 (p 0 0 1 1 ∧ 0 0 0 1 q) 0 1 0 1 366 / 1411 3. p 0 0 0 0 1 1 1 1 q 0 0 1 1 0 0 1 1 r 0 1 0 1 0 1 0 1 ((p 0 0 0 0 1 1 1 1 → 1 1 1 1 0 0 1 1 q) 0 0 1 1 0 0 1 1 → 0 1 0 1 1 1 0 1 r) 0 1 0 1 0 1 0 1 ↔ 0 1 0 1 1 1 1 1 (p 0 0 0 0 1 1 1 1 → 1 1 1 1 1 1 0 1 (q 0 0 1 1 0 0 1 1 → 1 1 0 1 1 1 0 1 r )) 0 1 0 1 0 1 0 1 367 / 1411 4. p 0 0 0 0 1 1 1 1 q 0 0 1 1 0 0 1 1 r 0 1 0 1 0 1 0 1 ((p 0 0 0 0 1 1 1 1 ∨ 0 0 1 1 1 1 1 1 q) 0 0 1 1 0 0 1 1 ↔ 1 0 0 1 1 1 1 1 (p 0 0 0 0 1 1 1 1 ∨ 0 1 0 1 1 1 1 1 r )) 0 1 0 1 0 1 0 1 ↔ 0 0 0 0 0 0 0 0 (¬ 1 1 1 1 0 0 0 0 p 0 0 0 0 1 1 1 1 ∧ 0 1 1 0 0 0 0 0 (¬ 1 1 0 0 1 1 0 0 q 0 0 1 1 0 0 1 1 ↔ 0 1 1 0 0 1 1 0 r )) 0 1 0 1 0 1 0 1 368 / 1411 5. p 0 0 0 0 1 1 1 1 q 0 0 1 1 0 0 1 1 r 0 1 0 1 0 1 0 1 ((p 0 0 0 0 1 1 1 1 ∨ 1 0 0 1 1 1 1 1 (q 0 0 1 1 0 0 1 1 ↔ 1 0 0 1 1 0 0 1 r )) 0 1 0 1 0 1 0 1 ↔ 1 0 0 0 0 1 1 1 ((p 0 0 0 0 1 1 1 1 ↔ 1 1 0 0 0 0 1 1 q) 0 0 1 1 0 0 1 1 ∨ 1 1 1 0 0 1 1 1 (p 0 0 0 0 1 1 1 1 ↔ 1 0 1 0 0 1 0 1 r )) 0 1 0 1 0 1 0 1 369 / 1411 Quizfrage Wie viele unterschiedliche Semantiken gibt es für Formeln über V mit |V | = n? 370 / 1411 Antwort Jede Semantik [F ] ist eine Funktion [F ] : BV → B V von der Menge BV aller Belegungen nach B = {0, 1}. Somit bezeichnet BB die Menge aller möglichen Semantiken für Formeln über V . (Das sieht sehr seltsam aus, ich weiß!) Also gibt es V |V | n B B = |B||B| = 22 verschiedene Semantiken. 371 / 1411 Beispiel 0 Für Formeln ohne Variablen gibt es folgende 22 = 2 mögliche Semantiken: f1 f2 0 1 372 / 1411 Noch ein Beispiel 1 Für Formeln mit einer Variable gibt es folgende 22 = 4 mögliche Semantiken: p f1 f2 f3 f4 0 1 0 0 0 1 1 0 1 1 373 / 1411 Und noch ein Beispiel 2 Für Formeln mit zwei Variablen gibt es folgende 22 = 16 mögliche Semantiken: p q f1 f2 f3 f4 f5 f6 f7 f8 f9 f10 f11 f12 f13 f14 f15 f16 0 0 1 1 0 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 1 1 0 1 0 0 0 1 0 1 0 1 1 0 0 1 1 1 1 0 0 0 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 1 1 1 1 0 1 1 1 1 374 / 1411 Ein letztes Beispiel 3 Für Formeln mit drei Variablen gibt es 22 = 256 mögliche Semantiken. Hier hört der Spaß auf . . . 375 / 1411 Quizfrage Wir betrachten wieder die Menge aller 16 möglichen Semantiken für Formeln mit zwei Variablen: p q f1 f2 f3 f4 f5 f6 f7 f8 f9 f10 f11 f12 f13 f14 f15 f16 0 0 1 1 0 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 1 1 0 1 0 0 0 1 0 1 0 1 1 0 0 1 1 1 1 0 0 0 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 1 1 1 1 0 1 1 1 1 Welche Semantiken haben folgende aussagenlogische Formeln? false true p q p∧q p∨q ¬q ¯q p∨ ¬p ¯q p∧ p↔q p⊗q p→q ¬(p → q) q→p ¬(q → p) 376 / 1411 Antwort p q f1 f2 f3 f4 f5 f6 f7 f8 f9 f10 f11 f12 f13 f14 f15 f16 0 0 1 1 0 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 1 1 0 1 0 0 0 1 0 1 0 1 1 0 0 1 1 1 1 0 0 0 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 1 1 1 1 0 1 1 1 1 [false] = f1 [true] = f16 [p] = f4 [q] = f6 [p ∧ q] = f2 [p ∨ q] = f8 [¬q] = f11 ¯ q] = f9 [p ∨ [¬p] = f13 ¯ q] = f15 [p ∧ [p ↔ q] = f10 [p ⊗ q] = f7 [p → q] = f14 [¬(p → q)] = f3 [q → p] = f12 [¬(q → p)] = f5 377 / 1411 Eigenschaften aussagenlogischer Formeln Sei F eine aussagenlogische Formel. Dann gilt: F erfüllbar F gültig :⇐⇒ :⇐⇒ es gibt eine zu F passende Belegung β mit [F ](β) = 1, für alle zu F passende Belegungen β gilt [F ](β) = 1. Infos I Entsprechend sehen die Negationen aus: F nicht erfüllbar ⇐⇒ für alle zu F passende Belegungen β gilt [F ](β) = 0, F nicht gültig ⇐⇒ es gibt eine zu F passende Belegung β mit [F ](β) = 0. I Eine nicht erfüllbare Formel wird auch unerfüllbar oder Widerspruch genannt. I Eine gültige Formel wird auch allgemeingültig oder Tautologie genannt. I Eine nicht gültige Formel wird auch falsifizierbar genannt. 378 / 1411 Beispiel Sei V = {p, q, r } und F wieder folgende aussagenlogische Formel über V : F = q ∨ r → ¬ p ↔ ¬r . p q r (q ∨ r) → ¬ (p ↔ ¬r ) 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 1 0 1 0 1 1 0 1 1 0 1 0 0 1 0 1 0 0 0 0 1 1 1 1 0 1 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 I F ist erfüllbar, da z.B. [F ](p 7→ 0, q 7→ 0, r 7→ 0) = 1. I F ist nicht gültig, da z.B. [F ](p 7→ 0, q 7→ 0, r 7→ 1) = 0. 379 / 1411 Quizfrage Welche der folgenden Implikationen gelten für jede aussagenlogische Formel F ? 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. F F F F F F F F F F F F gültig gültig gültig erfüllbar erfüllbar erfüllbar nicht gültig nicht gültig nicht gültig nicht erfüllbar nicht erfüllbar nicht erfüllbar =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ F ¬F ¬F F ¬F ¬F F ¬F ¬F F ¬F ¬F erfüllbar nicht erfüllbar nicht gültig gültig nicht erfüllbar nicht gültig nicht erfüllbar gültig erfüllbar nicht gültig gültig erfüllbar 380 / 1411 Antwort Es gelten alle Implikationen außer die 4, die 5, die 7 und die 8. Folgendes Bild fasst das Ergebnis dieser Quizfrage zusammen. ¬F nicht erfüllbar ¬F nicht gültig ¬F erfüllbar F gültig F nicht gültig F erfüllbar F nicht erfüllbar ¬F gültig Gestrichelte Pfeile stellen Negationen und normale Pfeile Implikationen dar. 381 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.3.1. Wichtige Begriffe 2.3.2. Logische Äquivalenz 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. Aussagenlogik II Prädikatenlogik Beweismethoden Wachstum von Funktionen 382 / 1411 Logische Äquivalenz ≡ Sei V eine beliebige Menge. Für beliebige aussagenlogische Formeln F und G über V gilt F ≡ G genau dann, wenn für jede Belegung β : V → B gilt: [F ](β) = 1 genau dann, wenn [G](β) = 1. In kompakter Schreibweise heißt das: F ≡G :⇐⇒ (∀β ∈ BV : [F ](β) = 1 ⇐⇒ [G](β) = 1) . 383 / 1411 Infos I ≡ ist nichts anderes als eine Relation über aussagenlogische Formeln. I Für F ≡ G sagen wir „F und G sind äquivalent“. I Damit F ≡ G gilt müssen F und G nicht unbedingt genau dieselben Variablen besitzen. I Auf Folie 482 sind wichtige Aussagen zur logischen Äquivalenz aufgelistet. 384 / 1411 Beispiel Für F = ((¬p ∨ q) → (p ∧ q)) und G = ((r → p) ∧ (¬r → p)) gilt F ≡ G: p 0 0 0 0 1 1 1 1 q 0 0 1 1 0 0 1 1 r 0 1 0 1 0 1 0 1 ((¬p 1 1 1 1 0 0 0 0 ∨ 1 1 1 1 0 0 1 1 q) 0 0 1 1 0 0 1 1 → 0 0 0 0 1 1 1 1 (p 0 0 0 0 1 1 1 1 ∧ 0 0 0 0 0 0 1 1 q)) 0 0 1 1 0 0 1 1 ((r 0 1 0 1 0 1 0 1 → 1 0 1 0 1 1 1 1 p) 0 0 0 0 1 1 1 1 ∧ 0 0 0 0 1 1 1 1 (¬r 1 0 1 0 1 0 1 0 → 0 1 0 1 1 1 1 1 p)) 0 0 0 0 1 1 1 1 Die Formel (F ↔ G) ist also gültig. 385 / 1411 Nicht verwechseln! I „↔“ ist ein logischer Junktor, d.h. er ist ein Teil von aussagenlogischen Formeln. Sind F und G Formeln, dann auch F ↔ G. Insbesondere besitzt diese auch eine Semantik. I „≡“ beschreibt das Verhältnis zwischen zwei Formeln, d.h. es handelt sich um eine Relation über aussagenlogische Formeln mit Eigenschaften wie z.B. reflexiv. Damit man F ≡ G schreiben darf, müssen F und G Formeln sein. F ≡ G ist aber an sich, im Gegensatz zu F ↔ G, keine Formel! I „⇐⇒“ ist weder ein logischer Junktor noch eine Relation. Es ist nur eine Abkürzung für „genau dann, wenn“. Dieses Symbol gehört zur logischen Metaebene. Damit man A ⇐⇒ B schreiben darf, müssen A und B irgendwelche Aussagen sein und keine aussagenlogische Formeln. 386 / 1411 Quizfrage Welche Eigenschaften besitzt die homogene Relation ≡ über aussagenlogische Formeln? 387 / 1411 Antwort ≡ ist reflexiv, symmetrisch und transitiv, also eine Äquivalenzrelation. n Info: Bei n Variablen hat die durch ≡ induzierte Partition genau 22 Äquivalenzklassen, eine für jede Semantik ;-) 388 / 1411 Äquivalenzregeln Seien F , G und H aussagenlogische Formeln. Ein paar nützliche Äquivalenzregeln sind: F ∧ true ≡ F F ∨ false ≡ F (Identität) F ∨ true ≡ true F ∧ false ≡ false (Dominanz) F ∨F ≡F F ∧F ≡F (Idempotenz) ¬¬F ≡ F (Doppelte Negation) F ∨ ¬F ≡ true F ∧ ¬F ≡ false (Triv. Taut./Kontr.) F ∨G ≡G ∨F F ∧G ≡G ∧F (Kommutativität) (F ∨ G) ∨ H ≡ F ∨ (G ∨ H) (F ∧ G) ∧ H ≡ F ∧ (G ∧ H) (Assoziativität) F ∨ (G ∧ H) ≡ (F ∨ G) ∧ (F ∨ H) F ∧ (G ∨ H) ≡ (F ∧ G) ∨ (F ∧ H) (Distributivität) ¬(F ∧ G) ≡ ¬F ∨ ¬G ¬(F ∨ G) ≡ ¬F ∧ ¬G (De Morgan) F ⊗ G ≡ (F ∨ G) ∧ ¬(F ∧ G) F ⊗ G ≡ (F ∧ ¬G) ∨ (G ∧ ¬F ) (Exklusives-Oder) F → G ≡ ¬F ∨ G F ∨ G ≡ ¬F → G (Implikation) F ↔ G ≡ (F → G) ∧ (G → F ) ¯ G ≡ ¬(F ∧ G) F∧ F ↔ G ≡ ¬(F ⊗ G) ¯ G ≡ ¬(F ∨ G) F∨ (Bikonditional) (NAND und NOR) F ∨ (F ∧ G) ≡ F F ∧ (F ∨ G) ≡ F (Absorption) 389 / 1411 Info Man kann diese Regeln beweisen, in dem man die Teilformeln F , G und H als Variablen betrachtet, das ≡-Symbol durch ein ↔ ersetzt und die Gültigkeit der entstehenden Formel mit einer Wahrheitstafel beweist. Beispielsweise gilt für die erste Regel von De Morgan: F 0 0 1 1 G 0 1 0 1 ¬ (F 1 0 1 0 1 1 0 1 ∧ G) ↔ (¬F 0 0 1 1 0 1 1 1 0 0 1 0 1 1 1 0 ∨ ¬G) 1 1 1 0 1 1 0 0 Diese Methode kann für beliebige Formeln angewendet werden (wurde in der Vorlesung gesagt, aber nicht bewiesen). 390 / 1411 Quizfragen Welche der folgenden Äquivalenzen sind richtig? 1. (p → q) ≡ (¬p → ¬q), 2. (p → q) ≡ (¬q → ¬p), 3. ¬(p → q) ≡ (¬p → ¬q), 4. ¬(p → q) ≡ (¬q → ¬p), 5. (p → q) ≡ (¬p ∨ q), 6. (p → q) ≡ (p ∨ ¬q), 7. ¬(p → q) ≡ (¬p ∧ q), 8. ¬(p → q) ≡ (p ∧ ¬q). 391 / 1411 Antworten 1. Falsch. 2. Richtig. 3. Falsch. 4. Falsch. 5. Richtig. 6. Falsch. 7. Falsch. 8. Richtig. 392 / 1411 Info Um die Äquivalenz F ≡ G zweier Formeln F und G zu zeigen, haben wir zwei Methoden kennengelernt: 1. Die Wahrheitstafel für F ↔ G aufstellen und überprüfen, ob die Formel eine Tautologie ist. 2. Mithilfe der Äquivalenzregeln Formeln F1 , F2 , . . . , Fn finden mit: F ≡ F1 ≡ F2 ≡ . . . ≡ Fn ≡ G. Wahrheitstafeln sind einfach und führen automatisch zum Ziel. Leider hat eine Formel mit n Variablen eine Wahrheitstafel mit 2n Zeilen. Für n ≤ 3 Variablen sind Wahrheitstafeln sehr angenehm. Für n ≥ 4 Variablen sind Äquivalenzumformungen besser. 393 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.4.1. 2.4.2. 2.4.3. 2.4.4. DNF und KNF DPLL-Algorithmus Resolution Logische Inferenz 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 394 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.4.1. 2.4.2. 2.4.3. 2.4.4. DNF und KNF DPLL-Algorithmus Resolution Logische Inferenz 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 395 / 1411 Literale Ein Literal ist eine Variable oder die Negation einer Variable. Beispiel Die Menge aller Literale über V = {p, q, r } ist {p, q, r , ¬p, ¬q, ¬r }. 396 / 1411 Disjunktionen Eine Disjunktion F von Formeln F1 , . . . , Fn ist eine Formel der Form F = F1 ∨ . . . ∨ Fn . Beispiel F = (q ↔ (p ∨ r )) ∨ (r → q) ∨ p ∨ (p ∧ q) ist eine Disjunktion. Info Weil ∨ assoziativ ist, ist es egal wie die einzelnen Formeln F1 , . . . , Fn geklammert werden. Deswegen dürfen wir auch die Klammern einfach weglassen. 397 / 1411 Konjunktionen Eine Konjunktion F von Formeln F1 , . . . , Fn ist eine Formel der Form F = F1 ∧ . . . ∧ Fn . Beispiel F = (p → q) ∧ q ∧ (q ↔ r ) ∧ (p ∨ q ∨ s) ist eine Konjunktion. Info Weil ∧ assoziativ ist, ist es egal wie die einzelnen Formeln F1 , . . . , Fn geklammert werden. Deswegen dürfen wir auch die Klammern einfach weglassen. 398 / 1411 Infos I Die Disjunktion von Null Formeln (die „leere Disjunktion“) ist F := false. I Die Konjunktion von Null Formeln (die „leere Konjunktion“) ist F := true. 399 / 1411 Disjunktive Normalform Sei V eine beliebige Menge. I eine Formel über V heißt DNF-Klausel, falls sie eine Konjunktion von Literalen ist. I Eine Formel über V in disjunktiver Normalform (DNF) ist eine Disjunktion von DNF-Klauseln. Beispiel Folgende Formel F über V = {p, q, r , s} ist in DNF: F = (¬p ∧ r ∧ s) ∨ (¬q ∧ ¬s) ∨ (p ∧ q ∧ ¬r ∧ s) ∨ (¬r ∧ s) | | {z Konjunktion } | {z } Konjunktion | {z {z Konjunktion Disjunktion } | {z } Konjunktion } 400 / 1411 Konjunktive Normalform Sei V eine beliebige Menge. I eine Formel über V heißt KNF-Klausel, falls sie eine Disjunktion von Literalen ist. I Eine Formel über V in konjunktiver Normalform (KNF) ist eine Konjunktion von KNF-Klauseln. Beispiel Folgende Formel F über V = {p, q, r , s} ist in KNF: F = (¬p ∨ r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬s) ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬r ∨ s) | | {z Disjunktion } | {z } Disjunktion | {z {z Disjunktion Konjunktion } | {z } Disjunktion } 401 / 1411 Vollständige Normalformen Eine Formel ist in vollständiger DNF oder KNF, falls alle Klauseln in ihr genau dieselben Variablen besitzen. 402 / 1411 Beispiel Sei V = {p, q, r }. I Die Formel F1 = ¬p ∨ (p ∧ q ∧ r ) über V ist in nicht vollständiger DNF. I Die Formel F2 = (¬p ∧ q ∧ r ) ∨ (p ∧ ¬q ∧ r ) über V ist in vollständiger DNF. I Die Formel F1 = (¬p ∨ q) ∧ (¬q ∨ r ) über V ist in nicht vollständiger KNF. I Die Formel F2 = (p ∨ ¬q ∨ ¬r ) ∧ (p ∨ q ∨ r ) über V ist in vollständiger KNF. 403 / 1411 Rezept Frage: Wie findet man eine zu einer gegebenen Formel F äquivalente Formel in vollständiger DNF bzw. KNF? Methode: Zuerst stelle die Wahrheitstafel der Formel F auf. Dann: DNF: 1. Wähle Zeilen mit Ergebnis 1. 2. Bilde für jede Zeile eine Konjunktion aller Variablen (mit „∧“), in der alle mit 0 belegten Variablen negiert sind und die anderen nicht. 3. Bilde eine Disjunktion aller Konjunktionen (mit „∨“). KNF: 1. Wähle Zeilen mit Ergebnis 0. 2. Bilde für jede Zeile eine Disjunktion aller Variablen (mit „∨“), in der alle mit 1 belegten Variablen negiert sind und die anderen nicht. 3. Bilde eine Konjunktion aller Disjunktionen (mit „∧“). 404 / 1411 Beispiel Aufgabe: Sei F eine Formel über {p, q, r } mit folgender Wahrheitstafel: p q r F 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 1 1 0 0 1 1 Finde eine zu F äquivalente Formel in vollständiger DNF und eine in vollständiger KNF. Lösung: F ≡ (¬p ∧ ¬q ∧ r ) ∨ (¬p ∧ q ∧ ¬r ) ∨ (¬p ∧ q ∧ r ) ∨ (p ∧ q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ q ∧ r ) (DNF) ≡ (p ∨ q ∨ r ) ∧ (¬p ∨ q ∨ r ) ∧ (¬p ∨ q ∨ ¬r ) (KNF) 405 / 1411 Noch ein Beispiel Dieses Beispiel habe ich von Wikipedia geklaut: Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Disjunktive_Normalform 406 / 1411 Quizfragen Seien F , G und H aussagenlogische Formeln über {p, q, r } mit folgenden Wahrheitstafeln: p q r F G H 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 0 0 1 1 1 0 1 0 1 0 1 1 0 1 1 1 0 0 0 0 1 1 1 1. Welche Formeln in vollständiger DNF bzw. KNF sind äquivalent zu F ? 2. Welche Formeln in vollständiger DNF bzw. KNF sind äquivalent zu G? 3. Welche Formeln in vollständiger DNF bzw. KNF sind äquivalent zu H? 407 / 1411 Antworten 1. F ≡ (¬p ∧ q ∧ r ) ∨ (p ∧ ¬q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ ¬q ∧ r ) ∨ (p ∧ q ∧ r ) (DNF) ≡ (p ∨ q ∨ r ) ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (¬p ∨ ¬q ∨ r ) (KNF) 2. G ≡ (¬p ∧ ¬q ∧ r ) ∨ (¬p ∧ q ∧ r ) ∨ (p ∧ ¬q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ q ∧ r ) (DNF) ≡ (p ∨ q ∨ r ) ∧ (p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (¬p ∨ q ∨ ¬r ) (KNF) 3. H ≡ (¬p ∧ ¬q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ ¬q ∧ r ) ∨ (p ∧ q ∧ ¬r ) ∨ (p ∧ q ∧ r ) (DNF) ≡ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (p ∨ ¬q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ q ∨ r ) (KNF) 408 / 1411 Quizfragen Wie ist die Semantik (als Wahrheitstafel) folgender Formeln? 1. F1 = (¬p ∧ ¬q) ∨ (p ∧ ¬q) ∨ (p ∧ q) 2. F2 = (p ∨ q) ∧ (p ∨ ¬q) ∧ (¬p ∨ ¬q) Hinweis: Man braucht nicht die Wahrheitstafeln komplett auszufüllen, denn F1 und F2 sind in vollständiger DNF bzw. KNF. 409 / 1411 Antworten 1. p q F1 0 0 1 1 0 1 0 1 1 0 1 1 p q F2 0 0 1 1 0 1 0 1 0 0 1 0 2. 410 / 1411 Ersetzen von Variablen Sei V eine Variablenmenge und F eine KNF-Formel mit p ∈ VF . I F [p\ true] bezeichnet die Formel, die entsteht, in dem jedem Vorkommnis von p in F durch true ersetzt wird. I F [p\ false] bezeichnet die Formel, die entsteht, in dem jedem Vorkommnis von p in F durch false ersetzt wird. Nachdem eine Variable mit true oder false belegt wurde, kann die entstehende Formel mit folgenden Regeln vereinfacht werden: F ∧ true ≡ F , F ∨ true ≡ true, ¬ true ≡ false, F ∧ false ≡ false, F ∨ false ≡ F , ¬ false ≡ true . 411 / 1411 Beispiel Sei F folgende KNF-Formel über V = {p, q, r , s}: F = (¬p ∨ q ∨ s) ∧ (p ∨ ¬q ∨ ¬s) ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ ¬r ∨ s). Dann gilt (( (¬s) ∧ (p( (∨ ∨ q ∨ s) ∧ ( ∨ ¬r ∨ s) F [p\ true] ≡ ( ¬p (p( ∨( ¬q q( ∨( ¬r ) ∧ ( ¬p ( ∨( ( ≡ (q ∨ s) ∧ (¬r ∨ s) und (s) ∧ (p ∨ ¬q ∨ ¬s) ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ( F [p\ false] ≡ ( (¬p ∨( q∨ ¬r(∨ s) (( (( ∨ ( ( (( ≡ (¬q ∨ ¬s) ∧ (q ∨ ¬r ). 412 / 1411 Infos I F [p\ true] entspricht also F ohne Vorkommnisse von ¬p und ohne Klauseln, die p enthalten. I F [p\ false] entspricht also F ohne Vorkommnisse von p und ohne Klauseln, die ¬p enthalten. 413 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.4.1. 2.4.2. 2.4.3. 2.4.4. DNF und KNF DPLL-Algorithmus Resolution Logische Inferenz 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 414 / 1411 Rezept Frage: Wie überprüft man mit dem DPLL-Algorithmus, ob eine gegebene KNF-Formel F erfüllbar ist? Methode: Führe den Algorithmus aus ;-) 1. Wenn F = {} (d.h. F = true), dann antworte „erfüllbar“; 2. Wenn F = {{}} (d.h. F = false), dann antworte „unerfüllbar“; 3. Sonst: 4. 5. 6. 7. 8. Wenn F eine Klausel {p} enthält: Führe den Algorithmus für F [p\ true] aus; Wenn F eine Klausel {¬p} enthält: Führe den Algorithmus für F [p\ false] aus; Sonst wähle eine Variable p ∈ VF und: 9. Falls F [p\ true] erfüllbar ist, antworte „erfüllbar“; 10. Falls F [p\ false] erfüllbar ist, antworte „erfüllbar“; 415 / 1411 Infos I DPLL überprüft die Erfüllbarkeit einer KNF-Formel. I KNF-Formeln werden als Mengen dargestellt. Zum Beispiel: I (¬p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ q ∧ (r ∨ ¬s) ; {{¬p, q, ¬r }, {q}, {r , ¬s}} Achtung mit der leeren Menge {}: leere Klausel = ˆ leere Disjunktion = ˆ false leere Formel = ˆ leere Konjunktion = ˆ true I Dieser Algorithmus wird in der Vorlesung „Algorithmus 2“ genannt. Entfernt man die one-literal rule (Zeilen 4-7), so bekommt man den „Algorithmus 1“ aus der Vorlesung. 416 / 1411 Beispiel Aufgabe: Überprüfe die Erfüllbarkeit folgender Formel mit dem DPLL-Algorithmus: F = (¬p ∨ q ∨ ¬s) ∧ (r ∨ s) ∧ (¬p ∨ q ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (r ∨ t) ∧ (p ∨ r ). Mögliche Lösung als Formeln: (¬p ∨ q ∨ ¬s) ∧ (r ∨ s) ∧ (¬p ∨ q ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (r ∨ t) ∧ (p ∨ r ) p\ true p\ false (q ∨ ¬s) ∧ (r ∨ s) ∧ (q ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬r ) ∧ (¬q ∨ r ) ∧ (r ∨ t) q\ true (r ∨ s) ∧ ¬r ∧ r ∧ (r ∨ t) r \ true false q\ false ¬s ∧ (r ∨ s) ∧ (¬r ∨ s) ∧ (r ∨ t) s\ false r ∧ ¬r ∧ (r ∨ t) (r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬r ) ∧ (r ∨ t) ∧ r r \ true ¬q q\ false true r \ true false Jede Belegung β mit p 7→ 0, r 7→ 1 und q 7→ 0 ist erfüllend. 417 / 1411 Aufgabe: Überprüfe die Erfüllbarkeit folgender Formel mit dem DPLL-Algorithmus: F = (¬p ∨ q ∨ ¬s) ∧ (r ∨ s) ∧ (¬p ∨ q ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ ¬q ∨ r ) ∧ (r ∨ t) ∧ (p ∨ r ). Mögliche Lösung als Mengen: {{¬p, q, ¬s}, {r , s}, {¬p, q, ¬r , s}, {¬q, ¬r }, {¬p, ¬q, r }, {r , t}, {p, r }} p\ true p\ false {{q, ¬s}, {r , s}, {q, ¬r , s}, {¬q, ¬r }, {¬q, r }, {r , t}} q\ true {{r , s}, {¬r }, {r }, {r , t}} r \ true {{}} q\ false {{¬s}, {r , s}, {¬r , s}, {r , t}}} s\ false {{r }, {¬r }, {r , t}} {{r , s}, {¬q, ¬r }, {r , t}, {r }} r \ true {{¬q}} q\ false {} r \ true {{}} Jede Belegung β mit p 7→ 0, r 7→ 1 und q 7→ 0 ist erfüllend. 418 / 1411 Infos I Die leere Menge {} stellt die leere Formel dar und {{}} die Formel mit einer leeren Klausel, d.h.: {} = true, aber {{}} = false . I Kommt man auf eine Formel, die die leere Klausel enthält, so ist diese äquivalent zu false. Dann müssen wir zur letzten Verzweigung zurück gehen und von da aus weitermachen. Liefern alle Pfade false, so ist die Formel unerfüllbar. I Bei DPLL ist die Lösung nicht immer eindeutig! Wir können die Reihenfolge, in der Variablen ersetzt werden, und den Wert, durch den sie ersetzt werden, selber wählen. I Der Algorithmus hält, sobald die leere Menge zum ersten Mal gefunden wird. 419 / 1411 Quizfragen Gegeben sei folgende Formel: F = ((q ∧ s) → ¬r ) ∧ (q → s) ∧ (p → q) ∧ ((p ∧ q) → (r ∨ ¬s)) ∧ (p ∨ q). 1. Welche KNF-Formel ist äquivalent zu F ? 2. Ist F erfüllbar? Hinweis: Benutze Äquivalenzregeln und DPLL. 420 / 1411 Antworten 1. Äquivalenzumformungen: F = ((q ∧ s) → ¬r ) ∧ (q → s) ∧ (p → q) ∧ ((p ∧ q) → (r ∨ ¬s)) ∧ (p ∨ q) ≡ (¬(q ∧ s) ∨ ¬r ) ∧ (¬q ∨ s) ∧ (¬p ∨ q) ∧ (¬(p ∧ q) ∨ (r ∨ ¬s)) ∧ (p ∨ q) ≡ (¬q ∨ ¬s ∨ ¬r ) ∧ (¬q ∨ s) ∧ (¬p ∨ q) ∧ (¬p ∨ ¬q ∨ r ∨ ¬s) ∧ (p ∨ q). 421 / 1411 2. DPLL: {{¬q, ¬s, ¬r }, {¬q, s}, {¬p, q}, {¬p, ¬q, r , ¬s}, {p, q}} p\ true {{¬q, ¬s, ¬r }, {¬q, s}, {q}, {¬q, r , ¬s}} q\ true {{¬s, ¬r }, {s}, {r , ¬s}} s\ true {{¬r }, {r }} r \ true {{}} p\ false {{¬q, ¬s, ¬r }, {¬q, s}, {q}} q\ true {{¬s, ¬r }, {s}} s\ true {{¬r }} r \ false {} 422 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.4.1. 2.4.2. 2.4.3. 2.4.4. DNF und KNF DPLL-Algorithmus Resolution Logische Inferenz 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 423 / 1411 Resolution Sei F eine KNF-Formel und 0 ) (l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ p) und (¬p ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm 0 und eine Variable p. zwei Klauseln in F für irgendwelche Literale l1 , . . . , lk , l10 , . . . , lm Aus den Äquivalenzregeln wissen wir: (l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ p) ≡ ¬(l1 ∨ . . . ∨ lk ) → p 0 ) ≡ p → (l 0 ∨ . . . ∨ l 0 ) (¬p ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm m 1 Aus diesen zwei Implikationen folgt sofort 0 ¬(l1 ∨ . . . ∨ lk ) → (l10 ∨ . . . ∨ lm ), was äquivalent ist zur KNF-Klausel 0 (l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm ). 424 / 1411 0 ) wird Resolvent genannt und kann in F Die Klausel (l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm hinzugefügt werden ohne die Semantik von F zu ändern. Graphisch kann das wie folgt dargestellt werden: (l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ p) 0 ) (¬p ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm 0 ) (l1 ∨ . . . ∨ lk ∨ l10 ∨ . . . ∨ lm In Mengendarstellung: {l1 , . . . , lk , p} 0 } {¬p, l10 , . . . , lm 0 } {l1 , . . . , lk , l10 , . . . , lm 425 / 1411 Rezept Frage: Wie überprüft man mit Resolution, ob eine gegebene KNF-Formel F unerfüllbar ist? Methode: Füge durch Resolution so viele Klauseln in F hinzu, bis {} (bzw. false) als Resolvent vorkommt oder bis keine neue Klauseln entstehen können. Im ersten Fall ist die Formel unerfüllbar, im zweiten erfüllbar. 426 / 1411 Beispiel Aufgabe: Überprüfe die Unerfüllbarkeit folgender Formel mit dem Resolutionsverfahren: F = (¬r ∨ ¬t) ∧ (r ∨ s ∨ ¬t) ∧ (q ∨ s ∨ t) ∧ (r ∨ ¬s) ∧ ¬q ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ q). 427 / 1411 Beispiel Aufgabe: Überprüfe die Unerfüllbarkeit folgender Formel mit dem Resolutionsverfahren: F = (¬r ∨ ¬t) ∧ (r ∨ s ∨ ¬t) ∧ (q ∨ s ∨ t) ∧ (r ∨ ¬s) ∧ ¬q ∧ (p ∨ q ∨ ¬r ) ∧ (¬p ∨ q). Mögliche Lösung: {¬r , ¬t} {r , s, ¬t} {q, s, t} {r , ¬s} {¬q} {p, q, ¬r } {q, r , s} {¬p, q} {q, ¬r } {q, r } {¬r } {r } {} 428 / 1411 Infos I Bei Resolution ist {} (oft auch 2) nicht die leere Formel, sondern die leere Klausel. Bei Resolution werden die Mengenklammern ja weggelassen. D.h. hier ist, im Gegensatz zu DPLL, {} = false. I Bei Resolution darf immer nur ein Literal als Resolvent benutzt werden. Aus {p, ¬q, r } und {q, ¬r , s} folgt beispielsweise nicht {p, s}! I Klauseln dürfen mehrmals oder auch gar nicht benutzt werden. Die generierten Klauseln werden in die Formel hinzugefügt, d.h. sie ersetzen nicht die benutzten Klauseln. I Möchte man die Gültigkeit einer DNF-Formel F überprüfen, so kann ¬F mithilfe der De Morgansche Regeln ganz einfach in KNF gebracht werden. F ist dann gültig genau dann, wenn ¬F unerfüllbar ist, z.B.: F = (p ∧ ¬q) ∨ (q ∧ ¬r ) ∨ ¬r ; ¬F ≡ (¬p ∨ q) ∧ (¬q ∨ r ) ∧ r 429 / 1411 Quizfragen Gegeben sei folgende Formel: F = (p → r ) ∧ q ∧ (q → p) ∧ (q → t) ∧ ((p ∧ r ) → s) ∧ (s → t) ∧ ((s ∧ t) → false). 1. Welche KNF-Formel ist äquivalent zu F ? 2. Ist F unerfüllbar? Hinweis: Benutze Äquivalenzregeln und Resolution. 430 / 1411 Antworten 1. Äquivalenzumformungen: F = (p → r ) ∧ q ∧ (q → p) ∧ (q → t) ∧ ((p ∧ r ) → s) ∧ (s → t) ∧ ((s ∧ t) → false) ≡ (¬p ∨ r ) ∧ q ∧ (¬q ∨ p) ∧ (¬q ∨ t) ∧ (¬(p ∧ r ) ∨ s) ∧ (¬s ∨ t) ∧ (¬(s ∧ t) ∨ false) ≡ (¬p ∨ r ) ∧ q ∧ (p ∨ ¬q) ∧ (¬q ∨ t) ∧ (¬p ∨ ¬r ∨ s) ∧ (¬s ∨ t) ∧ (¬s ∨ ¬t) 431 / 1411 2. Mögliche Resolution: {¬p, r } {q} {p, ¬q} {¬q, t} {¬p, ¬r , s} {¬s, t} {p} {¬s, ¬t} {¬s} {r } {¬p, ¬r } {¬r } {} 432 / 1411 Info Sowohl mit DPLL als auch mit Resolution kann man entscheiden, ob eine KNF-Formel F erfüllbar oder unerfüllbar ist. I DPLL ist besser geeignet, um F auf Erfüllbarkeit zu testen (effizient und liefert erfüllende Belegung). I Resolution ist besser geeignet, um F auf Unerfüllbarkeit zu testen (effizient und liefert einen Beweis). 433 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.4.1. 2.4.2. 2.4.3. 2.4.4. DNF und KNF DPLL-Algorithmus Resolution Logische Inferenz 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 434 / 1411 Logische Inferenz |= Sei V eine beliebige Menge. Für beliebige aussagenlogische Formeln F und G über V gilt F |= G genau dann, wenn für jede Belegung β : V → B gilt: Wenn [F ](β) = 1, dann [G](β) = 1. In kompakter Schreibweise heißt das: F |= G :⇐⇒ (∀β ∈ BV : [F ](β) = 1 =⇒ [G](β) = 1) . 435 / 1411 Infos I |= ist, wie ≡, nichts anderes als eine Relation über aussagenlogische Formeln. Sie heißt Folgerungsrelation. I Für F |= G sagen wir „aus F folgt G“. I Damit F |= G gilt müssen F und G nicht unbedingt genau dieselben Variablen besitzen. I Auf Folie 485 sind wichtige Aussagen zur logischen Äquivalenz aufgelistet. I Für Inferenzen der Form A1 ∧ . . . ∧ An |= G schreiben wir oft A1 , . . . , An |= G oder {A1 , . . . , An } |= G. Insbesondere definieren wir: |= G :⇐⇒ G ist gültig . Diese Definition macht Sinn, weil die leere Konjunktion als true definiert wurde und es gilt: true |= G ⇐⇒ (true → G) ist gültig ⇐⇒ G ist gültig. 436 / 1411 Beispiel Für F = ((¬p ∨ q) → (p ∧ q)) und G = ((r → p) → (¬r → p)) gilt F |= G. p 0 0 0 0 1 1 1 1 q 0 0 1 1 0 0 1 1 r 0 1 0 1 0 1 0 1 ((¬p 1 1 1 1 0 0 0 0 ∨ 1 1 1 1 0 0 1 1 q) 0 0 1 1 0 0 1 1 → 0 0 0 0 1 1 1 1 (p 0 0 0 0 1 1 1 1 ∧ 0 0 0 0 0 0 1 1 q)) 0 0 1 1 0 0 1 1 ((r 0 1 0 1 0 1 0 1 → 1 0 1 0 1 1 1 1 p) 0 1 0 0 1 1 1 1 → 0 1 0 1 1 1 1 1 (¬r 1 0 1 0 1 0 1 0 → 0 1 0 1 1 1 1 1 p)) 0 1 0 0 1 1 1 1 Die Formel (F → G) ist also gültig. 437 / 1411 Nicht verwechseln! Analog zum Unterschied zwischen den Symbolen „↔“, „≡“ und „⇐⇒“ (s. Folie 386), unterscheiden sich „→“, „|=“ und „=⇒“ darin, dass „→“ ein logischer Junktor, „|=“ eine homogene Relation über aussagenlogische Formeln und „=⇒“ eine Abkürzung auf der logischen Metaebene für „dann gilt“ ist. Als Tabelle: Logische Ebene Abkürzungen in der Metaebene Relationen über Formeln Junktoren in der Aussagenlogik Äquivalenz Implikation ⇐⇒ ≡ ↔ =⇒ |= → 438 / 1411 Quizfrage Welche Eigenschaften besitzt die homogene Relation |= über aussagenlogische Formeln? 439 / 1411 Antwort |= ist nur reflexiv und transitiv. 440 / 1411 Ein Kalkül für Inferenzen Im Kalkül des natürlichen Schließens benutzen wir Inferenzregeln, um Aussagen der Form A1 ∧ . . . ∧ An ` F zu beweisen. Die Formeln A1 , . . . , An werden Annahmen genannt. A1 , . . . , An |= F bedeutet: „Wenn A1 , . . . , An alle wahr sind, dann auch F “. A1 , . . . , An ` F bedeutet dagegen: „Aus den Annahmen A1 , . . . , An lässt sich F mit den Inferenzregeln ableiten“. Es wird gelten: A1 , . . . , An |= F ⇐⇒ A1 , . . . , An ` F 441 / 1411 Infos I ` ist, wie |= und ≡, nichts anderes als eine Relation über aussagenlogische Formeln. Sie heißt Ableitungsrelation. I Auch hier ist es üblich, dass man A1 ∧ . . . ∧ An ` F zu A1 , . . . , An ` F oder {A1 , . . . , An } ` F umschreibt. 442 / 1411 Graphische Darstellung der Inferenzregeln Die Inferenzregeln haben die Form: ... ` ... ... ` ... ... ... ` ... ... ` ... Dabei stehen die Prämissen oberhalb des Folgerungsstrichs und die Folgerung unterhalb. Intuitiv heißt das: „Um die Aussage unter dem Strich zu zeigen, reicht es alle Aussagen über dem Strich (getrennt voneinander) zu zeigen.“ Wichtig! Die Regeln sind syntaktische Regeln! Man darf hier keine Äquivalenzumformungen machen. Siehe hierzu die „Achtung!“-Blöcke bei den nächsten Beispielen. 443 / 1411 Erstes Beispiel (Konjunktionseinführung) Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F und G gilt die Regel: A1 , . . . , An ` F A1 , . . . , An ` G A1 , . . . , An ` (F ∧ G) Intuitiv heißt das: „Um zu zeigen, dass sich aus den Annahmen A1 , . . . , An die Formel F ∧ G ableiten lässt, zeige dass sich aus denselben Annahmen A1 , . . . , An die Formeln F und G getrennt voneinander ableiten lassen.“ Achtung! Wenn die untere Formel keine Konjunktion ist (also kein „∧“ dazwischen hat), dann ist diese Regel nicht anwendbar! 444 / 1411 Zweites Beispiel (Implikationsbeseitigung) Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F , G gilt die Regel: A1 , . . . , An ` F → G A1 , . . . , An ` F A1 , . . . , An ` G Intuitiv heißt das: „Um zu zeigen, dass sich aus den Annahmen A1 , . . . , An eine Formel G ableiten lässt, zeige dass sich aus denselben Annahmen A1 , . . . , An sowohl die Implikation F → G als auch die Formel F ableiten lässt.“ Infos I Hier darf G beliebig sein! Diese Regel ist also immer anwendbar! :-) I Der lateinische Name der Implikationsbeseitigung ist Modus Ponens. 445 / 1411 Drittes Beispiel (Negationseinführung) Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F gilt die Regel: A1 , . . . , An , F ` false A1 , . . . , An ` ¬F Intuitiv heißt das: „Um zu zeigen, dass sich aus den Annahmen A1 , . . . , An die Negation ¬F ableiten lässt, zeige dass sich aus den neuen Annahmen A1 , . . . , An , F ein Widerspruch (false) ableiten lässt.“ Achtung! Wenn die untere Formel keine Negation ist (also kein „¬“ davor hat), dann ist diese Regel nicht anwendbar! 446 / 1411 Viertes Beispiel (Annahmeregeln) Für beliebige Formeln A1 , . . . , An gelten die Regeln: A1 , . . . , An ` A1 , A1 , . . . , An ` A2 , ... , A1 , . . . , An ` An Intuitiv heißt das: „Um zu zeigen, dass sich aus den Annahmen A1 , . . . , An eine beliebige Annahme ableiten lässt, muss nichts gezeigt werden.“ Achtung! Die Annahme auf der rechten Seite von „`“ muss syntaktisch gleich auf der linken Seite vorkommen. Semantisch äquivalent reicht nicht! 447 / 1411 Fünftes Beispiel (Regel für false) Für beliebige Formeln A1 , . . . , An und F gilt die Regel: A1 , . . . , An ` F A1 , . . . , An ` ¬F A1 , . . . , An ` false Intuitiv heißt das: „Um zu zeigen, dass sich aus den Annahmen A1 , . . . , An ein Widerspruch false ableiten lässt, zeige dass sich aus denselben Annahmen A1 , . . . , An sowohl eine Formel F als auch ihre Negation ¬F ableiten lässt.“ Achtung! Wenn die untere Formel nicht genau „false“ ist, sondern z.B. F ∧ ¬F , dann ist diese Regel nicht anwendbar! 448 / 1411 Überblick Inferenzregeln Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F , G und H gelten folgende Regeln. 1. Annahmeregeln („AR“): A1 , . . . , An ` Ai für alle i = 1, . . . , n 2. Ausgeschlossener Dritte („AD“): A1 , . . . , An ` (F ∨ ¬F ) 3. Regel für true („true“): A1 , . . . , An ` true 4. Regel für false („false“): A1 , . . . , An ` F A1 , . . . , An ` ¬F A1 , . . . , An ` false 449 / 1411 5. Konjunktionseinführung („+∧“): A1 , . . . , An ` F A 1 , . . . , An ` G A1 , . . . , An ` (F ∧ G) 6. Konjunktionsbeseitigung („−∧“): A1 , . . . , An ` (F ∧ G) A1 , . . . , An ` F und A1 , . . . , An ` (F ∧ G) A1 , . . . , An ` G und A1 , . . . , An ` F A1 , . . . , An ` (G ∨ F ) 7. Disjunktionseinführung („+∨“): A1 , . . . , An ` F A1 , . . . , An ` (F ∨ G) 8. Disjunktionsbeseitigung („−∨“): A1 , . . . , An ` (F ∨ G) A1 , . . . , An , F ` H A1 , . . . , An ` H A1 , . . . , An , G ` H 450 / 1411 9. Negationseinführung („+¬“): A1 , . . . , An , F ` false A1 , . . . , An ` ¬F 10. Negationsbeseitigung („−¬“): A1 , . . . , An , ¬F ` false A1 , . . . , An ` F 11. Implikationseinführung („+ →“): A1 , . . . , An , F ` G A1 , . . . , An ` (F → G) 12. Implikationsbeseitigung („− →“) bzw. Modus Ponens („MP“): A1 , . . . , An ` (F → G) A1 , . . . , An ` F A1 , . . . , An ` G 451 / 1411 Beispiel Beweis, dass die Formel (p ∧ q) → (p ∨ q) gültig ist: 1. p ∧ q ` 2. p ∧ q ` 3. p ∧ q ` 4. ` p∧q p p∨q (p ∧ q) → (p ∨ q) (AR) (− ∧ auf 1.) (+ ∨ auf 2.) (+ → auf 3.) 452 / 1411 Info Man kann solche Beweise als Liste oder als Baum darstellen. Wenn man sie als Liste darstellt muss man explizit angeben auf welche Formel man die Regeln anwendet. 453 / 1411 Quizfrage Wie kann man mit dem Kalkül des natürlichen Schließens beweisen, dass die Formel p → (q → p) gültig ist? 454 / 1411 Antwort Beweis: 1. p, q ` p (AR) 2. p ` q→p (+ → auf 1.) 3. ` p → (q → p) (+ → auf 2.) 455 / 1411 Quizfrage Gegeben sei folgender Beweis, dass ((p → q) ∧ p) → q gültig ist: 1. 2. 3. 4. 5. (p (p (p (p → q) ∧ p → q) ∧ p → q) ∧ p → q) ∧ p ` ` ` ` ` (p → q) ∧ p p→q p q ((p → q) ∧ p) → q Welche Regel wurde bei jedem Schritt benutzt? Schreibe zu jedem Schritt dazu auf welche vorangegangenen Formeln die angewandte Regel sich bezieht. 456 / 1411 Antwort 1. 2. 3. 4. 5. (p (p (p (p → q) ∧ p → q) ∧ p → q) ∧ p → q) ∧ p ` ` ` ` ` (p → q) ∧ p p→q p q ((p → q) ∧ p) → q (AR) (− ∧ auf 1.) (− ∧ auf 1.) (− → auf 2. und 3.) (+ → auf 4.) 457 / 1411 Quizfrage Gegeben sei folgender Beweis, dass (p → (q → r )) → (p → q) → (p → r ) gültig ist: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. p p p p p p → (q → r ), p → q, p → (q → r ), p → q, p → (q → r ), p → q, p → (q → r ), p → q, p → (q → r ), p → q, p → (q → r ), p → q, p p → (q → r ), p → q p → (q → r ) ` ` ` ` ` ` ` ` ` p p → (q → r ) p→q q q→r r p→r (p → q) → (p → r ) (p → (q → r )) → (p → q) → (p → r ) Welche Regel wurde bei jedem Schritt benutzt? Schreibe zu jedem Schritt dazu auf welche vorangegangenen Formeln die angewandte Regel sich bezieht. 458 / 1411 Antwort 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. p p p p p p → (q → r ), p → q, p → (q → r ), p → q, p → (q → r ), p → q, p → (q → r ), p → q, p → (q → r ), p → q, p → (q → r ), p → q, p p → (q → r ), p → q p → (q → r ) ` ` ` ` ` ` ` ` ` p p → (q → r ) p→q q q→r r p→r (p → q) → (p → r ) (p → (q → r )) → (p → q) → (p → r ) (AR) (AR) (AR) (− → (− → (− → (+ → (+ → (+ → auf auf auf auf auf auf 1. und 3.) 1. und 2.) 4. 5.) 6.) 7.) 8.) 459 / 1411 Infos I Ein Kalkül heißt korrekt, falls gilt: A1 , . . . , An ` F I A1 , . . . , An |= F . Ein Kalkül heißt vollständig, falls gilt: A1 , . . . , An |= F I =⇒ =⇒ A1 , . . . , An ` F . Der Kalkül des natürlichen Schließens ist in der Aussagenlogik sowohl korrekt als auch vollständig. Es gilt: F `G ⇐⇒ F |= G ⇐⇒ (F → G) ist gültig. I Wenn die Gefahr besteht, dass man den Kalkül des natürlichen Schließens mit einem anderen verwechselt, benutzt man z.B. auch „`Nat “, statt nur „`“. I Auf Folie 485 sind wichtige Aussagen zu |= und ` aufgelistet. 460 / 1411 Frege-Lukasiewicz-Kalkül Im Frege-Lukasiewicz-Kalkül (kurz FL-Kalkül) sind nur die logischen Junktoren → und ¬ erlaubt. Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F , G und H gelten folgende fünf Inferenzregeln. 1. Annahmeregeln („AR“): A1 , . . . , An `FL Ai für alle i = 1, . . . , n 2. Axiom 1 („Ax1“): A1 , . . . , An `FL (F → (G → F )) 3. Axiom 2 („Ax2“): A1 , . . . , An `FL ((F → (G → H)) → ((F → G) → (F → H))) 461 / 1411 4. Axiom 3 („Ax3“): A1 , . . . , An `FL ((¬F → ¬G) → (G → F )) 5. Implikationsbeseitigung („− →“) bzw. Modus Ponens („MP“): A1 , . . . , An `FL F → G A1 , . . . , An `FL F A1 , . . . , An `FL G Wichtig! Der FL-Kalkül gehört nicht zum normalen DS-Stoff. Er ist auf diesen Folien, weil er im Wintersemester 13/14 in einer Aufgabe vorkam. Falls es dieses Semester nicht der Fall ist, kann er ignoriert werden :-) 462 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.5. Prädikatenlogik 2.5.1. Wichtige Begriffe 2.5.2. Logische Äquivalenz und Inferenz 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 463 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.5. Prädikatenlogik 2.5.1. Wichtige Begriffe 2.5.2. Logische Äquivalenz und Inferenz 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 464 / 1411 Syntax prädikatenlogischer Formeln 1. Jede Variable und jede Konstante ist ein Term. 2. Sind t1 , . . . , tn Terme und f ein n-äres Funktionensymbol, dann ist f (t1 , . . . , tn ) ebenfalls ein Term. 3. Sind t1 , . . . , tn Terme und P ein n-äres Prädikatensymbol, dann ist P(t1 , . . . , tn ) eine Formel. 4. Sind t und u Terme, dann ist t = u eine Formel. 5. Ist F eine Formel, dann ist auch ¬F eine Formel. 6. Sind F und G Formeln, dann sind auch (F ∧ G), (F ∨ G), (F → G), (F ↔ G), ¯ G) und (F ∨ ¯ G) Formeln (F ⊗ G), (F ∧ 7. Ist x eine Variable und F eine Formel, dann sind ∀xF und ∃xF ebenfalls Formeln. 465 / 1411 Infos I Wir gehen davon aus, dass jedes Symbol entweder als Variable, Konstante, Funktionenoder Prädikatensymbol benutzt wird und niemals als zwei Sachen gleichzeitig. I Für Variablen benutzen wir meistens x , y , z, für Konstanten a, b, c, als Funktionensymbole f , g, h und als Prädikatensymbole P, Q, R. I Der Gültigkeitsbereich eines Vorkommens einer Variablen x in einer Formel F ist die kleinste Unterformel von F der Gestalt ∀xG oder ∃xG, welche das Vorkommen enthält. In diesem Fall nennt man x gebunden. I Wenn es diese Unterformel nicht gibt, dann ist der Gültigkeitsbereich die Formel F selbst und wir nennen x frei. I Eine Formel ohne freie Variablen heißt geschlossen. I Eine Formel, in der keine Variable sowohl gebunden als auch frei vorkommt, und hinter allen vorkommenden Quantoren verschiedene Variablen stehen, heißt bereinigt. I Durch Umbenennung der Variablen kann man jede Formel bereinigen :-) 466 / 1411 Strukturen Eine Struktur S = (U, I) besteht aus einer Menge U (das Universum) und einer partiellen Funktion I (die Interpretation), die: I einer Variablen x ein Element aus U, I einer Konstanten a ein Element U, I einem k-stelligen Prädikatensymbol P eine Menge aus U k und I einem k-stelligen Funktionensymbol f eine Funktion U k → U zuordnet. Wir sagen, dass I(x ), I(a), I(P) und I(f ) die Interpretationen von x , a, P und f unter S sind. Eine Struktur S = (U, I) passt zu einer Formel F , falls die Interpretation I für alle in F vorkommenden freien Variablen, Konstanten, Funktionen- und Prädikatensymbole definiert ist. 467 / 1411 Infos I Das Universum U einer Struktur S kann endlich oder unendlich sein, aber nicht leer! I Unäre und binäre Prädikatensymbole lassen sich sehr schön modellieren: I Arität des Prädikatensymbols graphische Darstellung Intuition unär (z.B. P(x )) als Venn-Diagramm binär (z.B. P(x , y )) als Graph einer Relation „x „x „x „x hat die Eigenschaft“ ist in der Menge enthalten“ zeigt auf y “ steht mit y in Relation“ Die Interpretation von Funktionen- und Prädikatensymbolen kann man sowohl intensional als auch extensional angeben. 468 / 1411 Semantik prädikatenlogischer Formeln Die Semantik einer Formel F ist eine Funktion [F ], die jeder Struktur S, die zu F passt, einen Wert [F ](S) aus B = {0, 1} zuordnet. Für alle Strukturen S = (U, I) gilt folgende induktive Definition: 1. Sind t1 , . . . , tn Terme und P ein Prädikatensymbol, dann gilt: ( [P(t1 , . . . , tn )](S) = 1, falls (I(t1 ), . . . , I(tn )) ∈ I(P) 0, sonst 2. Sind t und u Terme, dann gilt: ( [t = u](S) = 1, falls I(t) = I(u) 0, sonst 469 / 1411 3. Sind [F ] und [G] die Semantiken zweier Formeln F und G, dann sind die ¯ G) und Semantiken von (F ∧ G), (F ∨ G), (F → G), (F ↔ G), (F ⊗ G), (F ∧ ¯ G) analog zur Aussagenlogik definiert, z.B.: (F ∨ ( [F ∧ G](S) = 1, falls [F ](S) = 1 und [G](S) = 1 0, sonst 4. Ist x eine Variable, G eine Formel und Sx :=d die Struktur S mit dem einzigen Unterschied xSx :=d = d, dann gilt: ( 1, 0, ( 1, [∀xG](S) = 0, [∃xG](S) = falls es ein d ∈ U gibt mit: [G](Sx :=d ) = 1 sonst falls für jedes d ∈ U gilt: [G](Sx :=d ) = 1 sonst 470 / 1411 Eigenschaften prädikatenlogischer Formeln Die Begriffe erfüllbar, gültig, unerfüllbar, falsifizierbar, Tautologie und Widerspruch werden für prädikatenlogische Formeln analog definiert wie in der Aussagenlogik. Man muss nur auf Folie 378 das Wort „Belegung“ durch „Struktur“ ersetzen. Infos I Auch hier gelten die Beziehungen aus Folie 381. I Eine Struktur S mit [F ](S) = 1 wird Modell von F genannt. 471 / 1411 Beispiel In der Formel 2. 1. z }| { z }| 3. { z }| { F = ∀x ∃yP(x , y ) ∧ ∃y ∀x ¬P(x , y ) ∧ ∀x ¬P(x , x ) kann P als Relation interpretiert werden, für die folgendes gelten muss: 1. Für jedes Element x gibt es ein Element y , so dass x auf y zeigt. 2. Es gibt ein Element y , so dass für alle Elemente x gilt: x zeigt nicht auf y . 3. Für alle Elemente x gilt: x zeigt nicht auf sich selbst. Kürzer: 1. Jedes Element x zeigt auf mindestens ein Element y . 2. Es gibt ein Element y , auf das kein Element x zeigt. 3. Kein Element x zeigt auf sich selbst. 472 / 1411 Gesucht ist eine Struktur S = (U, I), die F erfüllt. Graphisch: Formal: U = {1, 2, 3} mit I(P) = {(1, 3), (2, 3), (3, 2)}. 473 / 1411 Mehr Beispiele Sei S = (U, I) eine Struktur mit U der Menge aller Gäste in einer Assi-Bar in der P(x , y ) als „x schlägt y “ interpretiert wird. Dann erhalten wir folgende Interpretationen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. ∃x ∃y P(x , y ) ∃x ∀y P(x , y ) ∀x ∃y P(x , y ) ∀x ∀y P(x , y ) ∃y ∃x P(x , y ) ∃y ∀x P(x , y ) ∀y ∃x P(x , y ) ∀y ∀x P(x , y ) ∃x ∃y ¬P(x , y ) ∃x ∀y ¬P(x , y ) ∀x ∃y ¬P(x , y ) ∀x ∀y ¬P(x , y ) ∃y ∃x ¬P(x , y ) ∃y ∀x ¬P(x , y ) ∀y ∃x ¬P(x , y ) ∀y ∀x ¬P(x , y ) „Jemand schlägt jemanden.“ „Jemand schlägt jeden.“ „Jeder schlägt jemanden.“ „Jeder schlägt jeden.“ (Pogo!) „Jemand wird von jemandem geschlagen.“ „Jemand wird von jedem geschlagen.“ „Jeder wird von jemandem geschlagen.“ „Jeder wird von jedem geschlagen.“ „Jemand schlägt jemanden nicht.“ „Jemand schlägt niemanden.“ „Jeder schlägt jemanden nicht.“ „Jeder schlägt niemanden.“ „Jemand wird von jemandem nicht geschlagen.“ „Jemand wird von niemandem geschlagen.“ „Jeder wird von jemandem nicht geschlagen.“ „Jeder wird von niemandem geschlagen.“ 474 / 1411 Mögliche Modelle für die einzelnen Formeln sind: 475 / 1411 Infos I Dass x und y unterschiedliche Variablennamen haben heißt nicht, dass sie immer auf unterschiedliche Elemente zeigen. Wenn im Beispiel jeder jeden schlägt, dann muss sich auch jeder selber schlagen. I Die Übersetzung von Prädikatenlogik ins Deutsche ist sehr schwierig! Bestimmt habe ich im Beispiel einiges falsch formuliert. I Unter http://de.wikipedia.org/wiki/Quantor findet ihr viele hilfreiche Beispiele, um Quantoren besser zu verstehen. 476 / 1411 Quizfrage Wir betrachten die Formel F = ∀x ∃y ¬P(x , y ) ∧ ∀y ∃xP(x , y ). Welche der folgenden Interpretationen I für das binäre Prädikat P bilden zusammen mit U = {1, 2} ein Modell S = (U, I) für F ? 477 / 1411 Antwort Intuitiv besagt ∀x ∃y ¬P(x , y ), dass jedes Element auf mindestens ein Element nicht zeigt und ∀y ∃xP(x , y ), dass jedes Element von mindestens einem Element „gezeigt wird“. Die einzigen Interpretationen I(P) für P über U = {1, 2}, die F erfüllen sind: {(1, 1), (2, 2)} und {(1, 2), (2, 1)} 478 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.5. Prädikatenlogik 2.5.1. Wichtige Begriffe 2.5.2. Logische Äquivalenz und Inferenz 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 479 / 1411 Logische Äquivalenz und Inferenz Für beliebige Formeln F und G gilt: F ≡G F |= G :⇐⇒ (für alle passende Strukturen S gilt: [F ](S) = 1 ⇐⇒ [G](S) = 1) :⇐⇒ (für alle passende Strukturen S gilt: [F ](S) = 1 =⇒ [G](S) = 1) Infos I Auch hier sind ≡ und |= ist nichts anderes als Relationen über Formeln. I Für F ≡ G sagen wir „F und G sind äquivalent“. I Für F |= G sagen wir „G folgt aus F “. 480 / 1411 Äquivalenz- und Folgerungsregeln für Quantoren Seien F und G beliebige Formeln. Ein paar nützliche Äquivalenzregeln sind: ¬∀xF ≡ ∃x ¬F ¬∃xF ≡ ∀x ¬F ∀x ∀yF ≡ ∀y ∀xF ∃x ∃yF ≡ ∃y ∃xF ∃x ∀yF |= ∀y ∃xF (De Morgan) (Kommutativität) ∀x (F ∧ G) ≡ ∀xF ∧ ∀xG ∃x (F ∨ G) ≡ ∃xF ∨ ∃xG ∀xF ∨ ∀xG |= ∀x (F ∨ G) ∃x (F ∧ G) |= ∃xF ∧ ∃xG ∃x (F ∧ G) ≡ ∃xF ∧ G ∃x (F ∨ G) ≡ ∃xF ∨ G ∀x (F ∧ G) ≡ ∀xF ∧ G ∀x (F ∨ G) ≡ ∀xF ∨ G (Distributivität) (falls x in G nicht frei vorkommt) Diese Regeln sind eine Erweiterung der Äquivalenzregeln für aussagenlogische Formeln (s. Folie 389). 481 / 1411 Wichtige Aussagen zu Äquivalenzen 1. Für eine beliebige Formel F gilt: die Formel F ist gültig ⇐⇒ F ≡ true die Formel F ist unerfüllbar ⇐⇒ F ≡ false 2. Für zwei beliebige Formeln F und G gilt: F ≡G ⇐⇒ die Formel (F ↔ G) ist gültig 482 / 1411 Inferenzregeln für Quantoren Für beliebige Formeln A1 , . . . , An , F , G und jede Konstante a gelten folgende Regeln: 13. Allquantoreinführung („+∀“): Falls a nicht in A1 , . . . , An oder F vorkommt: A1 , . . . , An ` F [x \a] A1 , . . . , An ` ∀xF 14. Allquantorbeseitigung („−∀“): A1 , . . . , An ` ∀xF A1 , . . . , An ` F [x \a] 15. Existenzquantoreinführung („+∃“): A1 , . . . , An ` F [x \a] A1 , . . . , An ` ∃xF 16. Existenzquantorbeseitigung („−∃“): Falls a nicht in A1 , . . . , An , F oder G vorkommt: A1 , . . . , An ` ∃xF A1 , . . . , An , F [x \a] ` G A1 , . . . , An ` G 483 / 1411 Infos I Die Inferenzregeln für Quantoren sind eine Erweiterung der Inferenzregeln von dem Kalkül des natürlichen Schließens aus Folie 449. I Mit F [x \a] wird die Formel bezeichnet, die man erhält, wenn man in F alle freien Vorkommnisse von x durch a ersetzt. 484 / 1411 Wichtige Aussagen zu Inferenzen 1. Für eine beliebige Formel F gilt: die Formel F ist gültig ⇐⇒ true |= F ⇐⇒: |= F die Formel F ist unerfüllbar ⇐⇒ F |= false 2. Für zwei beliebige Formeln F und G gilt: F |= G F ≡G ⇐⇒ die Formel (F → G) ist gültig ⇐⇒ F |= G und G |= F 3. Für zwei aussagenlogische Formeln F und G gilt: F `G ⇐⇒ F |= G 4. Für zwei prädikatenlogische Formeln F und G gilt: F `G =⇒ F |= G 485 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.6.1. Beweisen von Implikationen 2.6.2. Vollständige Induktion 2.7. Wachstum von Funktionen 486 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.6.1. Beweisen von Implikationen 2.6.2. Vollständige Induktion 2.7. Wachstum von Funktionen 487 / 1411 Wichtige Terminologie aus der Mathematik I Eine Annahme ist eine Aussage, bei der man davon ausgeht, dass sie wahr ist. Annahmen werde auch Postulate, Hypothesen, Prämissen oder Axiome genannt. I Ein Satz ist eine Aussage, die aus den Annahmen folgt. Sätze werden auch Theoreme genannt. I Ein Beweis ist die korrekte und vollständige (lückenlose) Argumentation dafür, dass ein Satz tatsächlich aus den Annahmen folgt. I Ein Lemma ist ein Hilfssatz, der im Beweis eines anderen (wichtigeren) Satzes benutzt wird. I Ein Korollar ist ein Theorem, das leicht als Folgerung eines wichtigen Theorems bewiesen werden kann. 488 / 1411 Struktur mathematischer Aussagen Mathematische Aussagen können als prädikatenlogische Formeln über einer geeigneten Basisstruktur S formuliert werden. Dabei werden einzelne Teilaussagen wie folgt übersetzt: Aussage nicht F F und G F oder G Wenn F , dann G F genau dann, wenn G Für alle x ∈ A gilt F Es gibt ein x ∈ A für das F gilt Kompaktschreibweise Prädikatenlogik F =⇒ G F ⇐⇒ G ∀x ∈ A : F ∃x ∈ A : F ¬F F ∧G F ∨G F →G F ↔G ∀x (A(x ) → F ) ∃x (A(x ) ∧ F ) Hierbei entspricht die Menge A genau der Interpretation des Prädikats A unter S, d.h. AS = A. 489 / 1411 Formale Beweise Die zu beweisende Aussage F und die Annahmen A1 , . . . , An werden als prädikatenlogische Formeln formalisiert. Dann wird, mithilfe einer festgelegten Menge von gültigen Inferenzregeln, eine Herleitung für A1 , . . . , An ` F gesucht. Hier wird F Folgerung oder auch Conclusio genannt. Leider sind formale Beweise viel zu kompliziert und aufwendig. Deswegen werden sie in einer Mischung aus natürlicher Sprache und Prädikatenlogik bewiesen. Ein informeller Beweis wird dann akzeptiert, wenn man der Meinung ist, dass er sich formalisieren ließe. 490 / 1411 Grobe Vorgehensweise Die Gestalt einer Aussage suggeriert, wie man vorgehen könnte. Die wichtigsten sind auf folgender Tabelle aufgelistet: Gestalt Vorgehensweise nicht F F und G F =⇒ G F oder G F ⇐⇒ G ∀x ∈ A : F ∃x ∈ A : F Zeige, dass F nicht gilt. Zeige F und G in zwei getrennten Beweisen. Füge F in die Menge der Annahmen hinzu und zeige G. Zeige: nicht F =⇒ G. (Alternativ zeige: nicht G =⇒ F .) Zeige: F =⇒ G und G =⇒ F . Sei x ein beliebiges Element aus A. Zeige dann F . Sei x ein konkretes Element aus A. Zeige dann F . Auf diese Weise wächst im Laufe des Beweises die Menge der Annahmen. 491 / 1411 Schreibweisen für Beweise Beweise werden oft als Fließtext geschrieben. Ich persönlich bevorzuge es, Beweise wie folgt zu strukturieren: Annahmen: A1 , A2 , . . . , An . Zu zeigen: Aussage F Beweis: Es gelten A1 , A2 , . . . , An . =⇒ =⇒ =⇒ Es folgt F1 . Es folgt F2 . Es folgt F3 . .. . (Begründung für F1 ) (Begründung für F2 ) (Begründung für F3 ) 2 Zum Zeitpunkt, an dem die Folgerung Fi begründet werden muss, wurden alle Folgerungen F1 , . . . , Fi−1 in die Menge der Annahmen hinzugefügt. D.h. man kann, um Fi zu begründen, alle Annahmen A1 , . . . , An und Folgerungen F1 , . . . , Fi−1 benutzen. 492 / 1411 Infos I Man kann eine Folgerung kommentieren oder nicht (je nachdem wie trivial sie ist!) I Man kann die benutzten Annahmen bzw. Aussagen über dem entsprechenden Implikationspfeil schreiben, z.B.: Annahme 2 =⇒ Lemma 25 =⇒ ... ... Satz von Euler I =⇒ ... Diese strukturierte Schreibweise wurde in Folien 148 - 205 oft benutzt. In den nächsten Beispielen wird sie für andere Beweise benutzt. 493 / 1411 Erstes Beispiel Satz: Seien A und B endliche Mengen und f : A → B eine Funktion. Wenn f injektiv und nicht surjektiv ist, dann ist die Kardinalität von A kleiner als die von B. Annahmen: I |A|, |B| < ∞, I f : A → B, I f injektiv, I f nicht surjektiv. Zu zeigen: |A| < |B|. 494 / 1411 Beweis: Aus den Annahmen folgt: =⇒ =⇒ =⇒ Für alle b ∈ B gilt |f −1 (b)| ≤ 1. Es gibt ein b ∈ B mit |f −1 (b)| = 0. P |A| = b∈B |f −1 (b)| P = b∈B\{b 0 } |f −1 (b)| P ≤ b∈B\{b 0 } 1 = |B| − 1 < |B|. (da f injektiv) (da f nicht surjektiv) (s. Folie 329) (sei b 0 ∈ B mit |f −1 (b 0 )| = 0) (da |f −1 (b)| ≤ 1 für alle b ∈ B) (|B| − 1 Summanden in der Summe) (da |A|, |B| < ∞) 2 495 / 1411 Zweites Beispiel Satz: Sei n ∈ Z ungerade. Dann ist auch n2 ungerade. Annahme: n ∈ Z ungerade. Zu zeigen: ∃k ∈ Z : n2 = 2k + 1. Beweis: Aus den Annahmen folgt: =⇒ =⇒ =⇒ Es gibt ein l ∈ Z mit n = 2l + 1. n2 = (2l + 1)2 = 4l 2 + 4l + 1 = 2(2l 2 + 2l) + 1. Es gibt ein k ∈ Z mit n2 = 2k + 1. (da n ungerade) (nämlich k = (2l 2 + 2l).) 2 496 / 1411 Drittes Beispiel Satz: Sei f : X → Y eine Funktion und M, N ⊆ Y beliebige Mengen. Dann gilt: f −1 (M ∪ N) ⊆ f −1 (M) ∪ f −1 (N). Annahmen: I f : X → Y, I M, N ⊆ Y , I x ∈ f −1 (M ∪ N) beliebig. Zu zeigen: f −1 (M ∪ N) ⊆ f −1 (M) ∪ f −1 (N). 497 / 1411 Beweis: Sei x ∈ f −1 (M ∪ N) beliebig. =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ x ∈ f −1 (M ∪ N) f (x ) ∈ M ∪ N f (x ) ∈ M oder f (x ) ∈ N x ∈ f −1 (M) oder x ∈ f −1 (N) x ∈ f −1 (M) ∪ f −1 (N) (s. Folie 304) (s. Folie 304) Erinnerung: A ⊆ B heißt nichts anderes als ∀x ∈ A : x ∈ B. 2 498 / 1411 Viertes Beispiel Satz: Sei f : X → Y eine Funktion und M, N ⊆ Y beliebige Mengen. Dann gilt: M ⊆ N =⇒ f −1 (M) ⊆ f −1 (N). Annahmen: I f : X → Y, I M, N ⊆ Y , I M ⊆ N, Zu zeigen: M ⊆ N =⇒ f −1 (M) ⊆ f −1 (N). 499 / 1411 Beweis: Sei x ∈ f −1 (M) beliebig. =⇒ =⇒ =⇒ f (x ) ∈ M f (x ) ∈ N x ∈ f −1 (N) (s. Folie 304) (wegen M ⊆ N) (s. Folie 304) Erinnerung: A ⊆ B heißt nichts anderes als ∀x ∈ A : x ∈ B. 2 500 / 1411 Quizfrage Wie kann man folgende Aussage beweisen? Sei f : X → Y eine Funktion und M ⊆ Y eine beliebige Menge. Dann gilt: f −1 (M) ⊆ f −1 (M). Hinweise: I Benutze Folie 304. I Vergiss nicht, dass A ⊆ B nichts anderes als ∀x ∈ A : x ∈ B heißt. 501 / 1411 Antwort Annahmen: f : X → Y , M ⊆ Y und x ∈ f −1 (M) beliebig. Zu Zeigen: f −1 (M) ⊆ f −1 (M). Beweis: Sei x ∈ f −1 (M) beliebig. =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ f (x ) ∈ M. f (x ) ∈ / M. x∈ / f −1 (M). x ∈ f −1 (M). (Folie 304) (Folie 304) 2 502 / 1411 Quizfragen Seien f : A → B und g : B → C beliebige Funktionen über Mengen A, B und C . Wie kann man folgende Implikationen beweisen? 1. f und g injektiv =⇒ g ◦ f injektiv, 2. f und g surjektiv =⇒ g ◦ f surjektiv, 3. g ◦ f injektiv =⇒ f injektiv, 4. g ◦ f surjektiv =⇒ g surjektiv. Erinnerungen: I Für ein beliebiges x ∈ A gilt: (g ◦ f )(x ) = g(f (x )). I Es gilt: f injektiv ⇐⇒ (∀a1 , a2 ∈ A : f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ a1 = a2 ) f surjektiv ⇐⇒ ∀b ∈ B : ∃a ∈ A : f (a) = b 503 / 1411 Antworten 1. Annahmen: f : A → B und g : B → C injektiv. Zu zeigen: g ◦ f injektiv, also: ∀a1 , a2 ∈ A : (g ◦ f )(a1 ) = (g ◦ f )(a2 ) =⇒ a1 = a2 . Beweis: Seien a1 , a2 ∈ A =⇒ =⇒ =⇒ beliebige Elemente mit (g ◦ f )(a1 ) = (g ◦ f )(a2 ). g(f (a1 )) = g(f (a2 )). f (a1 ) = f (a2 ). (da g injektiv) a1 = a2 . (da f injektiv) 2 504 / 1411 2. Annahmen: f : A → B und g : B → C surjektiv. Zu zeigen: g ◦ f surjektiv, also: ∀c ∈ C : ∃a ∈ A : (g ◦ f )(a) = c. Beweis: =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ Sei c ∈ C ein beliebiges Element. Es gibt ein b ∈ B mit g(b) = c. Es gibt ein a ∈ A mit f (a) = b. g(f (a)) = c. Es gibt also ein a ∈ A mit (g ◦ f )(a) = g(f (a)) = c. (da g surjektiv) (da f surjektiv) 2 505 / 1411 3. Annahme: f : A → B und g : B → C mit g ◦ f injektiv. Zu zeigen: f injektiv, also: ∀a1 , a2 ∈ A : f (a1 ) = f (a2 ) =⇒ a1 = a2 . Beweis: Seien a1 , a2 =⇒ =⇒ =⇒ ∈ A beliebige Elemente mit f (a1 ) = f (a2 ). g(f (a1 )) = g(f (a2 )). (g ◦ f )(a1 ) = (g ◦ f )(a2 ). a1 = a2 . (da g ◦ f injektiv) 2 506 / 1411 4. Annahme: f : A → B und g : B → C mit g ◦ f surjektiv. Zu zeigen: g surjektiv, also: ∀c ∈ C : ∃b ∈ B : g(b) = c. Beweis: Sei c =⇒ =⇒ =⇒ ∈ C ein beliebiges Element. Es gibt ein a ∈ A mit (g ◦ f )(a) = c. g(f (a)) = c. Es gibt also ein b ∈ B mit g(b) = c. (da g ◦ f surjektiv) (nämlich b = f (a)) 2 507 / 1411 Beweistypen für Implikationen Die meisten Aussagen in der Mathematik sind Implikationen, d.h. sie haben die Gestalt F =⇒ G. Solche Aussagen kann man auf verschiedenen Weisen beweisen: I Direkter Beweis: „Füge F in die Menge der Annahmen hinzu und zeige G.“ I Indirekter Beweis: „Füge nicht G in die Menge der Annahmen hinzu und zeige nicht F .“ I Beweis durch Widerspruch: „Füge F und nicht G in die Menge der Annahmen hinzu und zeige ein Widerspruch.“ 508 / 1411 Info Als logische Formeln formuliert, entspricht der direkte Beweis der Formel F → G, der indirekte Beweis der Formel ¬G → ¬F und der Beweis durch Widerspruch der Formel (F ∧ ¬G) → false. Diese Beweismethoden sind korrekt, weil die drei Formeln äquivalent zueinander sind: F 0 0 1 1 G 0 1 0 1 F 0 0 1 1 → 1 1 0 1 G 0 1 0 1 ¬G 1 0 1 0 → 1 1 0 1 ¬F 1 1 0 0 (F 0 0 1 1 ∧ 0 0 1 0 ¬G) 1 0 1 0 → 1 1 0 1 false 0 0 0 0 509 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.6.1. Beweisen von Implikationen 2.6.2. Vollständige Induktion 2.7. Wachstum von Funktionen 510 / 1411 Vollständige Induktion Für Aussagen der Form „Für alle n ∈ N0 mit n ≥ n0 gilt die Aussage A(n)“ reicht es, die Aussagen A(n0 ) und ∀n ≥ n0 : (A(n) =⇒ A(n + 1)) zu beweisen. A(n0 ) wird Induktionsanfang (I.A.) und ∀n ≥ n0 : A(n) =⇒ A(n + 1) Induktionsschritt. Um den Induktionsschritt zu zeigen, zeigen wir den Induktionsschluss (I.S.) A(n + 1), unter der Annahme, dass die Induktionsvoraussetzung (I.V.) A(n) für ein beliebiges aber festes n ≥ n0 gilt. 511 / 1411 Infos I Bei Induktionsbeweisen beweisen eine Aussage A(n) für alle n ∈ N mit n ≥ n0 nach folgendem Domino-Prinzip: A(n0 ) =⇒ A(n0 + 1) =⇒ A(n0 + 2) =⇒ A(n0 + 3) =⇒ A(n0 + 4) =⇒ . . . I Man nennt den Induktionsanfang auch Induktionsbasis und die Induktionsvoraussetzung auch Induktionsannahme. 512 / 1411 Beispiel Satz: Sei x ∈ R beliebig mit x > −1. Dann gilt für alle n ∈ N0 : (1 + x )n ≥ 1 + nx . Beweis: I.A. Für n = 0: (1 + x )0 = 1 = 1 + 0x . X I.V. Angenommen, es gilt (1 + x )n ≥ 1 + nx für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 . I.S. (1 + x )n+1 = (1 + x ) · (1 + x )n I.V. ≥ (1 + x ) · (1 + nx ) = 1 + x + nx + nx 2 ≥ 1 + x + nx (nx 2 ≥ 0 da n, x 2 ≥ 0) = 1 + (n + 1)x 2 513 / 1411 Noch ein Beispiel Satz: Für alle n ∈ N0 mit n ≥ 4 gilt: 2n ≥ n2 . Beweis: I.A. Für n = 4: 24 = 16 = 42 . X I.V. Angenommen, es gilt 2n ≥ n2 für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 mit n ≥ 4. I.S. I.V. (∗) 2n+1 = 2 · 2n ≥ 2 · n2 = n2 + n · n ≥ n2 + 4n = n2 + 2n + 2n (∗) ≥ n2 + 2n + 2 · 4 ≥ n2 + 2n + 1 = (n + 1)2 Bei (∗) wurde die Annahme n ≥ 4 benutzt. 2 514 / 1411 Ein letztes Beispiel Satz: Für alle n ∈ N0 gilt: Eine Pizza lässt sich mit n geraden Schnitten in höchstens n(n+1) + 1 Stücken teilen. 2 Beweis: I.A. Für n = 0: Mit keinem Schnitt ist die Pizza noch ganz, d.h. sie besteht aus einem Stück. Tatsächlich gilt: 0(0+1) + 1 = 1. X 2 I.V. Angenommen, für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 lässt sich die Pizza mit n + 1 Stücken teilen. geraden Schnitten in höchstens n(n+1) 2 515 / 1411 I.S. Der (n + 1)-te Schnitt schneidet jeden der ersten n Schnitte höchstens einmal. In diesem Fall würde man genau n + 1 Stücke zweiteilen. Durch den (n + 1)-ten Schnitt, kommen also zu den höchstens n(n+1) + 1 Stücken höchstens n + 1 dazu. 2 Das ergibt: n(n + 1) + 2(n + 1) n(n + 1) +1+n+1= +1 2 2 n2 + 3n + 2 +1 = 2 (n + 1)(n + 2) = +1 2 Pizzastücke. 516 / 1411 Wieso entstehen n + 1 neue Stücke, wenn man mit dem (n + 1)-ten Schnitt alle anderen n Schnitte trifft? Zwischen je zwei getroffenen Schnitten befindet sich ein Stück Pizza und vor dem ersten und nach dem letzten Schnitt jeweils auch eins. Im Bild haben wir mit dem 5. Schnitt alle anderen 4 getroffen. Dadurch sind 5 neue Stücke entstanden. 517 / 1411 Info Natürlich ist das letzte Beispiel eher unüblich und mehr als Motivation für euch gedacht :-) Auf den nächsten Folien gibt es Rezepte, Beispiele und Quizfragen zu folgenden Klassen von Aussagen: I Summen und Produkte (ab Folie 519), I Rekursionsgleichungen (ab Folie 537), I Teilbarkeitsaussagen (ab Folie 551). 518 / 1411 Rezept Frage: Wie beweist man eine Aussage A(n) über eine Summe Q Produkt nk=n0 ak ? Pn k=n0 ak bzw. über ein Methode: I.A. n0 für n einsetzen und die Aussage A(n0 ) überprüfen. I.V. „Angenommen, es gilt A(n) für ein beliebiges, aber festes n ≥ n0 .“ I.S. Die Aussage A(n + 1) auf A(n) mit folgendem Trick zurückführen und die I.V. auf Pn Qn k=n0 ak bzw. k=n0 ak anwenden: n+1 X k=n0 ak = a1 + . . . + an +an+1 = | P {z n k=n0 n+1 Y k=n0 } | Q {z n k=n0 } ak ak + an+1 k=n0 ak ak = a1 · . . . · an ·an+1 = n X n Y ak · an+1 k=n0 519 / 1411 Beispiel Satz: Für alle n ∈ N0 gilt: Pn k=0 2 k = 2n+1 − 1. Beweis: I.A. Für n = 0: P0 k k=0 2 = 20 = 1 = 2 − 1 = 20+1 − 1. X I.V. Angenommen, es gilt Pn k k=0 2 = 2n+1 − 1 für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 . I.S. n+1 X k=0 2k = n X I.V. 2k + 2n+1 = (2n+1 − 1) + 2n+1 = 2 · 2n+1 − 1 = 2n+2 − 1. k=0 2 520 / 1411 Noch ein Beispiel Satz: Für alle n ∈ N gilt: Pn k=1 k = n(n+1) . 2 Beweis: I.A. Für n = 1: P1 k=1 k 1·(1+1) . X 2 Pn n(n+1) k=1 k = 2 =1= I.V. Angenommen, es gilt für ein beliebiges, aber festes n ∈ N. I.S. n+1 X k=1 k= n X k=1 I.V. k +n+1 = n(n + 1) + 2(n + 1) (n + 1)(n + 2) n(n + 1) +n+1 = = . 2 2 2 2 521 / 1411 Ein letztes Beispiel Satz: Qn Für alle n ∈ N0 gilt: k=0 9 k = 3n(n+1) . Beweis: I.A. Für n = 0: Q0 k k=0 9 = 90 = 1 = 30 = 30(0+1) . X I.V. Angenommen, es gilt Qn k k=0 9 = 3n(n+1) für ein beliebiges, aber festes n ∈ N. I.S. n+1 Y k=0 k 9 = n Y I.V. 9k · 9n+1 = 3n(n+1) · 9n+1 = 3n(n+1) · 32(n+1) k=0 n(n+1)+2(n+1) =3 = 3n 2 +3n+2 = 3(n+1)(n+2) . 2 522 / 1411 Quizfrage Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden? Für alle n ∈ N0 gilt: Pn 1 k=0 2k+1 =1− 1 . 2n+1 523 / 1411 Antwort Beweis: I.A. Für n = 0: P0 1 k=0 2k+1 I.V. Angenommen, es gilt = 1 20+1 = Pn 1 k=0 2k+1 1 2 =1− =1− 1 20+1 1 X 2n+1 für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 . 1 I.V. I.S. n+1 X 1 2k+1 k=0 = n X 1 2k+1 k=0 =1− + 2n+2 = 1− 1 2n+1 + 1 2n+2 2 1 1 + = 1 − n+2 2n+2 2n+2 2 2 524 / 1411 Quizfrage Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden? Für alle n ∈ N gilt: Pn k=1 (2k − 1) = n2 . 525 / 1411 Antwort Beweis: I.A. Für n =: P1 k=1 (2k − 1) = 2 · 1 − 1 = 1 = 12 Pn I.V. Angenommen, es gilt k=1 (2k − 1) = n2 X für ein beliebiges, aber festes n ∈ N. I.S. n+1 X (2k − 1) = k=1 n X I.V. (2k − 1) + 2(n + 1) − 1 = n2 + 2(n + 1) − 1 = (n + 1)2 . k=1 2 526 / 1411 Quizfrage Sei q ∈ R \ {0, 1} beliebig. Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden? Für alle n ∈ N0 gilt: Pn k=0 q k = q n+1 −1 q−1 . 527 / 1411 Antwort Beweis: Sei q ∈ R \ {0, 1} beliebig. I.A. Für n = 0: P0 k=0 q k = q0 = 1 = I.V. Angenommen, es gilt Pn k=0 q k = q 0+1 −1 q−1 . q n+1 −1 q−1 X für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 . I.S. n+1 X k=0 k q = n X k=0 I.V. q k +q n+1 = q n+1 − 1 n+1 q n+1 − 1 + q n+1 (q − 1) q n+2 − 1 +q = = . q−1 q−1 q−1 2 528 / 1411 Quizfrage Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden? Für alle n ∈ N gilt: Pn k=1 (2k − 1)2 = 4n3 −n 3 . 529 / 1411 Antwort Beweis: I.A. Für n = 1: P1 k=1 (2k − 1)2 = (2 · 1 − 1)2 = 1 = I.V. Angenommen, es gilt Pn k=1 (2k − 1)2 = 4n3 −n 3 4·13 −1 3 . X für ein beliebiges, aber festes n ∈ N. I.S. n+1 X (2k − 1)2 = k=1 n X I.V. (2k − 1)2 + (2(n + 1) − 1)2 = k=1 4n3 4n3 − n + (2(n + 1) − 1)2 3 − n + 3(2n + 1)2 4n3 + 12n2 + 12n − n + 3 = 3 3 4(n + 1)3 − (n + 1) 4(n3 + 3n2 + 3n + 1) − (n + 1) = . = 3 3 = 2 530 / 1411 Quizfrage Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden? Für alle n ∈ N0 und x ∈ R \ {1} gilt: Qn k=0 k 1 + x (2 ) = 2n+1 1−x ( 1−x ) . 531 / 1411 Antwort Beweis: Sei x ∈ R \ {1} beliebig. I.A. Für n = 0: Q0 k=0 k 0 1 + x (2 ) = 1 + x (2 ) = 1 + x = I.V. Angenommen, es gilt n ∈ N0 . Qn k=0 2n+1 1−x ( 1−x k 1 + x (2 ) = ) (1+x )(1−x ) 1−x 20+1 = 1−x ( 1−x ) . X für ein beliebiges, aber festes I.S. n+1 Y k 1 + x (2 ) = k=0 n Y k n+1 1 + x (2 ) · 1 + x (2 ) k=0 = n+1 1 − x (2 ) n+1 1 + x (2 1−x ) n+1 n+1 1 − x (2 ) · 1 + x (2 ) = 1−x I.V. (∗) = n+1 1 − x (2 1−x ) 2 n+2 1 − x (2 ) = . 1−x Bei (∗) wurde die dritte binomische Formel benutzt: (a + b)(a − b) = a2 − b 2 . 2 532 / 1411 Quizfrage Seien a1 , . . . , an ∈ R beliebige reelle Zahlen mit a1 , . . . , an > 0. Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden? Für alle n ∈ N mit n ≥ 2 gilt: Qn k=1 (1 + ak ) > 1 + Qn k=1 ak . 533 / 1411 Antwort Beweis: Seien a1 , . . . , an ∈ R beliebige reelle Zahlen mit a1 , . . . , an > 0. I.A. Für n = 2: (1 + a1 ) · (1 + a2 ) = 1 + a1 + a2 +a1 · a2 > 1 + a1 · a2 . X | {z } >0 I.V. Angenommen, es gilt n ≥ 2. Qn k=1 (1 + ak ) > 1 + Qn k=1 ak für ein beliebiges aber festes I.S. n+1 Y n Y (1 + ak ) = k=1 (1 + ak ) · (1 + an+1 ) k=1 I.V. > 1+ n Y ! ak · (1 + an+1 ) k=1 =1+ n Y ak + an+1 + k=1 | n+1 Y k=1 {z >0 ak > 1 + n+1 Y ak k=1 } 534 / 1411 Quizfrage Seien A1 , . . . , An beliebige Mengen. Wie kann folgender Satz mit vollständiger Induktion bewiesen werden? Für alle n ∈ N gilt: n [ k=1 Ak = n \ Ak . k=1 Hinweise: I Der Fall n = 2 entspricht genau der Regel von De Morgan: A ∪ B = A ∩ B. Diese darf als bewiesen angenommen und im Beweis benutzt werden. I Der Ausdruck nk=1 Ak ist zwar weder eine Summe noch ein Produkt, aber das Prinzip lässt sich hier auch anwenden ;-) S 535 / 1411 Antwort Beweis: Sei A1 , A2 , . . . eine Folge beliebiger Mengen. I.A. Für n = 1: n ∈ N: I.V. Angenommen, es S1 k=1 Ak = A1 S gilt nk=1 Ak = = T1 Tn k=1 Ak . k=1 Ak X für ein beliebiges, aber festes n ∈ N. I.S. n+1 [ k=0 Ak = n [ k=0 (∗) Ak ∪ An+1 = n [ I.V. Ak ∩ An+1 = k=0 Bei (∗) wurde die Regel von De Morgan benutzt. n \ k=0 Ak ∩ An+1 = n+1 \ Ak . k=0 2 536 / 1411 Rekursionsgleichungen Sei f : N0 → R eine beliebige Funktion und n ∈ N0 . Eine Rekursionsgleichung vom Grad d ist eine Gleichung, die den Funktionswert f (n + 1) in Abhängigkeit von f (n), f (n − 1), . . . , f (n − d + 1) darstellt. Gibt man zu einer solchen Rekursionsgleichung auch die sogenannten Anfangsbedingungen f (0), f (1), . . . , f (d − 1) mit an, so wird f eindeutig definiert. 537 / 1411 Beispiel Die Funktion f (n) = n2 kann durch die Rekursionsgleichung f (n + 1) = 3f (n) − 3f (n − 1) + f (n − 2) vom Grad 3 mit Anfangsbedingungen f (0) = 0, f (1) = 1 und f (2) = 4 definiert werden. Es gilt f (0) = 0, f (1) = 1, f (2) = 4 und: f (3) f (4) f (5) f (6) f (7) f (8) = = = = = = .. . 3f (2) − 3f (1) + f (0) 3f (3) − 3f (2) + f (1) 3f (4) − 3f (3) + f (2) 3f (5) − 3f (4) + f (3) 3f (6) − 3f (5) + f (4) 3f (7) − 3f (6) + f (5) = = = = = = 9 16 25 36 49 64 538 / 1411 Rezept Frage: Sei f : N0 → R eine Funktion. Wie beweist man, zu einer gegeben Rekursionsgleichung von Grad d für f mit Anfangsbedingungen f (0), f (1), . . . , f (d − 1), eine Aussage A(n) über f (n)? Methode: I.A. A(n) für n = 0, . . . , d − 1 mithilfe der Anfangsbedingungen überprüfen. I.V. „Angenommen, es gelten A(n), A(n − 1), . . . , A(n − d + 1) für ein beliebiges, aber festes n ≥ d − 1.“ I.S. Mithilfe der Rekursionsgleichung f (n + 1) auf f (n), f (n − 1), . . . , f (n − d + 1) zurückführen und die I.V. auf sie alle anwenden. 539 / 1411 Info Der entstehende Domino-Effekt bei solchen Beweisen ist: A(0), . . . , A(d − 1) A(0),...,A(d−1) =⇒ A(1),...,A(d) =⇒ A(2),...,A(d+1) =⇒ A(3),...,A(d+2) =⇒ A(4),...,A(d+3) =⇒ .. . A(d) A(d + 1) A(d + 2) A(d + 3) A(d + 4) 540 / 1411 Beispiel Satz: Sei f : N0 → N0 eine Funktion mit f (0) = 0 und f (n + 1) = f (n) + 2n + 1 für alle n ≥ 0. Dann gilt für alle n ∈ N0 : f (n) = n2 . Der Grad dieser Rekursionsgleichung ist 1. Beweis: I.A. Für n = 0: f (0) = 0 = 02 . X I.V. Angenommen, es gilt f (n) = n2 für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 . I.S. I.V. f (n + 1) = f (n) + 2n + 1 = n2 + 2n + 1 = (n + 1)2 . 2 541 / 1411 Noch ein Beispiel Satz: Sei f : N0 → N0 eine Funktion mit f (0) = 1, f (1) = 3, f (2) = 5 und f (n + 1) = 3f (n) − 3f (n − 1) + f (n − 2) für alle n ≥ 3. Dann gilt für alle n ∈ N0 : f (n) = 2n + 1. Der Grad dieser Rekursionsgleichung ist 3. 542 / 1411 Beweis: I.A. n = 0 : f (0) = 2 · 0 + 1 = 1 X n = 1 : f (1) = 2 · 1 + 1 = 3 X n = 2 : f (2) = 2 · 2 + 1 = 5 X I.V. Angenommen, es gelten die Gleichungen f (n) = 2n + 1, f (n − 1) = 2(n − 1) + 1, f (n − 2) = 2(n − 2) + 1 für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 mit n ≥ 3. I.S. f (n + 1) = 3f (n) − 3f (n − 1) + f (n − 2) I.V. = 3(2n + 1) − 3(2(n − 1) + 1) + (2(n − 2) + 1) = 2n + 3 = 2(n + 1) + 1. 2/ 1411 543 Ein letztes Beispiel Satz: Sei f : N0 → N0 eine Funktion mit f (0) = 0, f (1) = 4 und f (n + 1) = 2f (n) + 3f (n − 1) für alle n ≥ 2. Dann ist f (n) für alle n ∈ N0 gerade. Der Grad dieser Rekursionsgleichung ist 2. 544 / 1411 Beweis: I.A. n = 0 : f (0) = 0 ist gerade X n = 1 : f (1) = 4 ist gerade X I.V. Angenommen, f (n) und f (n − 1) sind für ein beliebiges, aber festes n ∈ N0 mit n ≥ 2 beide gerade. I.S. Weil f (n) und f (n − 1) laut I.V. gerade sind, sind auch 2f (n) und 3f (n − 1) gerade. Daraus folgt, dass f (n + 1) = 2f (n) + 3f (n − 1) ebenfalls gerade ist, da die Summe von geraden Zahlen wieder gerade ist. 2 545 / 1411 Quizfrage Sei f : N0 → N0 eine Funktion mit f (0) = 0, f (1) = 2 und f (n + 1) = 3f (n) − 2f (n − 1) für alle n ≥ 1. Wie kann man mit vollständiger Induktion beweisen, dass f (n) = 2n+1 − 2 für alle n ∈ N0 gilt? Hinweis: Die Rekursionsgleichung hat Grad 2. 546 / 1411 Antwort Beweis: I.A. n = 0 : f (0) = 21 − 2 = 2 − 2 = 0 X n = 1 : f (1) = 22 − 2 = 4 − 2 = 2 X I.V. Angenommen, es gelten die Gleichungen f (n) = 2n+1 − 2 und f (n − 1) = 2n − 2 für ein beliebiges, aber festes n ≥ 1. I.S. I.V. f (n + 1) = 3f (n) − 2f (n − 1) = 3(2n+1 − 2) − 2(2n − 2) = 3 · 2n+1 − 6 − 2 · 2n + 4 = 3 · 2n+1 − 2n+1 − 2 = (3 − 1)2n+1 − 2 = 2 · 2n+1 − 2 = 2n+2 − 2 2 547 / 1411 Quizfrage Ein Gartenzaun besteht aus n nebeneinander stehenden Pfählen. Jeder Pfahl soll mit einer der Farben gelb, rot und blau so gestrichen werden, dass die Anzahl an blauen Pfählen gerade ist. Sei f (n) die Anzahl an Farbkombinationen bei n Pfählen. 1. Wieso gilt f (n + 1) = f (n) + 3n mit f (1) = 2? 2. Wie kann man mit vollständiger Induktion die Gleichung f (n) = n ∈ N zeigen? 3n +1 2 für alle Hinweise zu 1.: I Stell f (n + 1) zunächst in Abhängigkeit von f (n) dar. I Für n Pfähle gibt es insgesamt 3n Farbkombinationen. Bei f (n) davon ist die Anzahl an blauen Pfählen gerade, bei 3n − f (n) ungerade. 548 / 1411 Antwort 1. Möchte man n + 1 Pfähle farbig streichen, so muss man für den (n + 1)-ten Pfahl folgende drei Fälle betrachten: (?, ?, . . . , ?, g) | {z } blau gerade (?, ?, . . . , ?, r ) | {z } blau gerade ( ?, ?, . . . , ? , b). | {z } blau ungerade Für die ersten zwei Fälle gibt es jeweils f (n) Möglichkeiten, für den dritten sind es 3n − f (n). Wir erhalten also die Formel f (n + 1) = f (n) + f (n) + 3n − f (n). Es folgt f (n + 1) = f (n) + 3n mit f (1) = 2. 549 / 1411 2. Beweis: I.A. Für n = 1: f (1) = 2 = 31 +1 2 . I.V. Angenommen, es gilt f (n) = X 3n +1 2 für ein beliebiges aber festes n ∈ N. I.S. I.V. f (n + 1) = f (n) + 3n = 3n + 1 3n + 1 + 2 · 3n 3 · 3n + 1 3n+1 + 1 + 3n = = = . 2 2 2 2 2 550 / 1411 Rezept Frage: Gegeben sei eine Zahl x ∈ Z und eine Funktion f : N0 → Z. Wie beweist man eine Aussage A(n) der Form „f (n) ist für alle n ∈ N0 durch x teilbar“? Methode: Für beliebige x , y ∈ Z gilt: x |y :⇐⇒ ∃k ∈ Z : y = k · x (s. Folie 150). I.A. 0 für n einsetzen und die Aussage x | f (0) überprüfen. I.V. „Angenommen, es gilt x | f (n) für ein beliebiges, aber festes n ≥ 0, d.h. es gibt ein k ∈ Z mit f (n) = k · x .“ I.S. Den Ausdruck f (n + 1) auf f (n) zurückführen und die I.V. auf f (n) anwenden. 551 / 1411 Beispiel Satz: Für alle n ∈ N0 gilt: 3 | n3 + 2n. 552 / 1411 Beweis: I.A. Für n = 0: Es gilt 03 + 2 · 0 = 0 und 3 | 0. X I.V. Angenommen, es gibt für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 ein k ∈ Z mit n3 + 2n = k · 3. I.S. (n + 1)3 + 2(n + 1) = n3 + 3n2 + 3n + 1 + 2n + 2 = n3 + 2n + (n2 + n + 1) · 3 I.V. = k · 3 + (n2 + n + 1) · 3 = (k + n2 + n + 1) · 3 Es gibt also ein k 0 ∈ Z mit (n + 1)3 + 2(n + 1) = k 0 · 3, nämlich k 0 = k + n2 + n + 1. 2 553 / 1411 Noch ein Beispiel Satz: Für alle n ∈ N0 gilt: 5 | (−2)n + 4 · 3n . 554 / 1411 Beweis: I.A. Für n = 0: Es gilt (−2)0 + 4 · 30 = 1 + 4 · 1 = 5 und 5 | 5. X I.V. Angenommen, es gibt für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 ein k ∈ Z mit (−2)n + 4 · 3n = k · 5. I.S. (−2)n+1 + 4 · 3n+1 = −2 · (−2)n + 3 · 4 · 3n = (−5 + 3) · (−2)n + 3 · 4 · 3n = −5 · (−2)n + 3 · (−2)n + 3 · 4 · 3n = −5 · (−2)n + 3 · ((−2)n + 4 · 3n ) I.V. = −5 · (−2)n + 3 · k · 5 = (−1 · (−2)n + 3 · k) · 5 Es gibt also ein k 0 ∈ Z mit (−2)n+1 + 4 · 3n+1 = k 0 · 5, nämlich k 0 = −1 · (−2)n + 3 · k. 2 555 / 1411 Letztes Beispiel Satz: Für alle n ∈ N0 gilt: 19 | 5 · 23n+1 + 33n+2 . 556 / 1411 Beweis: I.A. Für n = 0: Es gilt 5 · 23·0+1 + 33·0+2 = 5 · 2 + 32 = 19 und 19 | 19. X I.V. Angenommen, es gibt für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 ein k ∈ Z mit 3n+1 + 33n+2 = k · 19. I.S. 5 · 2 5 · 23(n+1)+1 + 33(n+1)+2 = 8 · 5 · 23n+1 + 27 · 33n+2 = (−19 + 27) · 5 · 23n+1 + 27 · 33n+2 = −19 · 5 · 23n+1 + 27 · 5 · 23n+1 + 27 · 33n+2 = −19 · 5 · 23n+1 + 27 · (5 · 23n+1 + 33n+2 ) I.V = −19 · 5 · 23n+1 + 27 · k · 19 = (−5 · 23n+1 + 27 · k) · 19 Es gibt also ein k 0 ∈ Z mit 5 · 23(n+1)+1 + 33(n+1)+2 = k 0 · 19, nämlich k 0 = −5 · 23n+1 + 27 · k. 2 557 / 1411 Quizfrage Wie kann man mit vollständiger Induktion zeigen, dass 5n − 2n für alle n ∈ N0 durch 3 teilbar ist? 558 / 1411 Antwort Beweis: I.A. Für n = 0: Es gilt 50 − 20 = 1 − 1 = 0 und 3 | 0. X I.V. Angenommen, es gibt für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 ein k ∈ Z mit 5n − 2n = k · 3. I.S. 5n+1 − 2n+1 = 5 · 5n − 2 · 2n = (3 + 2) · 5n − 2 · 2n = 3 · 5n + 2 · 5n − 2 · 2n = 3 · 5n + 2 · (5n − 2n ) I.V. = 3 · 5n + 2 · k · 3 = (5n + 2 · k) · 3 Es gibt also ein k 0 ∈ Z mit 5n+1 − 2n+1 = k 0 · 3, nämlich 5n + 2 · k. 2 559 / 1411 Info Noch nicht genug gehabt? Noch durstig nach Induktionsaufgaben? Versuchts doch hiermit: http://www.emath.de/Referate/induktion-aufgaben-loesungen.pdf Themengebiete A-E sind für uns interessant. 560 / 1411 Starke Induktion Die starke Induktion funktioniert analog zur vollständigen Induktion mit dem Unterschied, dass der Induktionsschritt die Gestalt ∀n ≥ n0 : (A(n0 ), . . . , A(n)) =⇒ A(n + 1) hat. D.h. man hat eine Menge {A(n0 ), . . . , A(n)} von Annahmen zur Verfügung, von denen man beliebig viele benutzen darf. Die vollständige Induktion ist ein Spezialfall der starken Induktion. Info Starke Induktion ist ein super spannendes Thema, aber leider für DS nicht relevant ;-) 561 / 1411 Beispiel Satz: Sei f : N0 → N0 eine Funktion mit f (0) = 1 und f (n + 1) = 1 + Dann gilt für alle n ∈ N0 : f (n) = 2n . Pn k=0 f (k). Beweis: I.A. Für n = 0: f (0) = 1 = 20 . X I.V. Angenommen, es gilt für ein beliebiges aber festes n ∈ N0 die Gleichung f (k) = 2k für alle k = 0, . . . , n, d.h.: f (0) = 1, f (1) = 2, f (2) = 4, . . . , f (n) = 2n . I.S. f (n + 1) = 1 + n X k=0 (∗) siehe Folie 520. I.V. f (k) = 1 + n X (∗) 2k = 1 + (2n+1 − 1) = 2n+1 k=0 2 562 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 2.7.1. Wichtige Begriffe 2.7.2. Beweisrezepte 2.7.3. Rechenregeln 563 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 2.7.1. Wichtige Begriffe 2.7.2. Beweisrezepte 2.7.3. Rechenregeln 564 / 1411 Funktionen auf der Überholspur Der Ausdruck ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : f (n) > g(n) bedeutet für Funktionen f , g : N → R, dass f (n) an einer bestimmten Stelle die Funktion g(n) überholt und ab dann immer größer ist. Analog für ≤, < und ≥. Beispiel f (n) überholt g(n): R n0 rot: f (n), blau: g(n). N 565 / 1411 Info Es gibt auch Funktionen f und g bei denen keine die andere überholt. Dies passiert z.B. bei Funktionen die „hin- und herschwingen“. Solche Funktionen sind typischerweise f (n) = (−1)n , f (n) = sin(n), f (n) = cos(n) oder Funktionen, die etwa so definiert sein könnten: ( f (n) = . . . , falls n gerade . . . . , falls n ungerade 566 / 1411 Beispiel f (n) und g(n) überholen sich gegenseitig nicht: R N rot: f (n), blau: g(n). 567 / 1411 Konstante Faktoren Sei c ∈ R+ . Die Kurve von c · g(n) ist nichts anderes als die von g(n), aber senkrecht gestreckt (falls c > 1) bzw. gestaucht (falls c < 1). Beispiel R c = 1, 5 c = 1, 25 c=1 c = 0, 75 c = 0, 5 N blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+ . Info R+ = {x ∈ R | x > 0} ist die Menge aller positiven reellen Zahlen. 568 / 1411 Klein-O Seien f , g : N → R beliebige Funktionen. Dann gilt: f ∈ o(g) :⇐⇒ ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| < c · g(n) . Wir sagen „f wächst langsamer als g“ und schreiben oft auch f ≺ g. Intuition o(g) enthält alle Funktionen f , die für alle c ∈ R+ von c · g(n) überholt werden. c · g(n) überholt f (n) ∞ c: 0 569 / 1411 Beispiel Für folgende Funktionen gilt: f ∈ o(g). R N rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+ 570 / 1411 Klein-Omega Seien f , g : N → R beliebige Funktionen. Dann gilt: f ∈ ω(g) :⇐⇒ ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| > c · g(n) . Wir sagen „f wächst schneller als g“ und schreiben oft auch f g. Intuition ω(g) enthält alle Funktionen f , die für alle c ∈ R+ die Funktion c · g(n) überholen. f (n) überholt c · g(n) ∞ c: 0 571 / 1411 Beispiel Für folgende Funktionen gilt: f ∈ ω(g). R N rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+ 572 / 1411 Groß-O Seien f , g : N → R beliebige Funktionen. Dann gilt: f ∈ O(g) :⇐⇒ ∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| ≤ c · g(n) . Wir sagen „f wächst nicht schneller als g“ und schreiben oft auch f g. Intuition O(g) enthält alle Funktionen f , die für einige c ∈ R+ von c · g(n) überholt werden. egal c · g(n) überholt f (n) ∞ c: 0 573 / 1411 Beispiel Für folgende Funktionen gilt: f ∈ O(g). R N rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+ 574 / 1411 Groß-Omega Seien f , g : N → R beliebige Funktionen. Dann gilt: f ∈ Ω(g) :⇐⇒ ∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| ≥ c · g(n) . Wir sagen „f wächst nicht langsamer als g“ und schreiben oft auch f g. Intuition Ω(g) enthält alle Funktionen f , die für einige c ∈ R+ die Funktion c · g(n) überholen. f (n) überholt c · g(n) egal ∞ c: 0 575 / 1411 Beispiel Für folgende Funktionen gilt: f ∈ Ω(g). R N rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+ 576 / 1411 Theta Seien f , g : N → R beliebige Funktionen. Dann gilt: f ∈ Θ(g) :⇐⇒ f ∈ O(g) und f ∈ Ω(g) . Wir sagen „f wächst so schnell wie g“ und schreiben oft auch f ∼ g. Intuition Θ(g) enthält alle Funktionen, die c · g(n) für einige c ∈ R+ überholen und für andere c ∈ R+ von c · g(n) überholt werden. f (n) überholt c · g(n) egal c · g(n) überholt f (n) ∞ c: 0 577 / 1411 Beispiel Für folgende Funktionen gilt: f ∈ Θ(g). R N rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+ 578 / 1411 Infos I Statt f und g schreiben wir öfter die Ausdrücke f (n) und g(n), z.B. in √ n2 ∈ ω( n). I Es kann auch passieren, dass zwei Funktionen f (n) und g(n) nicht vergleichbar sind! I Statt f ∈ o(g), f ∈ ω(g), f ∈ O(g), f ∈ Ω(g), f ∈ Θ(g) schreibt man leider auch f = o(g), f = ω(g), f = O(g), f = Ω(g), f = Θ(g), obwohl die zweite Variante formal keinen Sinn macht. 579 / 1411 Beispiel Folgende Funktionen sind nicht vergleichbar. R N rot: f (n), blau: c · g(n) für verschiedene c ∈ R+ D.h. keine Funktion überholt für kein c ∈ R+ die andere. 580 / 1411 Quizfrage ≺, , , und ∼ sind homogene Relationen über Funktionen. Welche Eigenschaften besitzen sie? Hinweis: Die Eigenschaften für diese Relationen zu beweisen kann sehr nervig sein. Versuch die Frage mit Bauchgefühl zu beantworten ;-) 581 / 1411 Antwort I ≺ und sind antisymmetrisch, asymmetrisch und transitiv. I und sind reflexiv und transitiv. I ∼ ist reflexiv, symmetrisch und transitiv, also eine Äquivalenzrelation 582 / 1411 Quizfragen Seien f , g : N → R beliebige Funktionen. 1. Welche der folgenden Äquivalenzen sind richtig? f f f f f f f ∈ o(g) ∈ ω(g) ∈ O(g) ∈ Ω(g) ∈ o(|g|) ∈ O(|g|) ∈ Θ(|g|) ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ f f f f g g g ∈ O(g), ∈ Ω(g), ∈ Θ(g), ∈ Θ(g), ∈ ω(|f |), ∈ Ω(|f |), ∈ Θ(|f |). Ersetze bei falschen Aussagen das Symbol „⇐⇒“ durch „=⇒“ oder „⇐=“. 2. Kann gleichzeitig f ∈ o(g) und f ∈ Ω(g) gelten? 3. Kann gleichzeitig f ∈ ω(g) und f ∈ O(g) gelten? 583 / 1411 Antworten 1. f f f f f f f ∈ o(g) ∈ ω(g) ∈ O(g) ∈ Ω(g) ∈ o(|g|) ∈ O(|g|) ∈ Θ(|g|) =⇒ =⇒ ⇐= ⇐= ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ f f f f g g g ∈ O(g), ∈ Ω(g), ∈ Θ(g), ∈ Θ(g), ∈ ω(|f |), ∈ Ω(|f |), ∈ Θ(|f |). 584 / 1411 2. Nö! Wir wissen: f ∈ o(g) ⇐⇒ ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| < c · g(n) f ∈ Ω(g) ⇐⇒ ∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| ≥ c · g(n) f (n) kann nicht für alle c ∈ R+ von c · g(n) überholt werden und gleichzeitig c · g(n) für einige c ∈ R+ überholen. 3. Genauso nö wie 2. Wir wissen: f ∈ ω(g) ⇐⇒ ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| > c · g(n) f ∈ O(g) ⇐⇒ ∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |f (n)| ≤ c · g(n) f (n) kann nicht c · g(n) für alle c ∈ R+ überholen und gleichzeitig für einige c ∈ R+ von c · g(n) überholt werden. 585 / 1411 Info Viele Ergebnisse der letzten Quizfragen kann man an folgendem Euler-Diagramm erkennen: o(g) Θ(g) ω(g) „langsamer“ „gleich schnell“ „schneller“ O(g) Ω(g) „nicht schneller“ „nicht langsamer“ 586 / 1411 Quizfrage Seien f1 , . . . , f6 : N → R Funktionen mit: f1 (n) = n ( n, falls n gerade n2 , sonst ( n2 , falls n gerade n3 , sonst ( n, falls n gerade n3 , sonst f4 (n) = f2 (n) = n 2 f3 (n) = n 3 f5 (n) = f6 (n) = Wie sieht das Euler-Diagramm über dem Universum {f1 , . . . , f6 } mit den Mengen o(n2 ) ω(n2 ) O(n2 ) Ω(n2 ) Θ(n2 ) aus? 587 / 1411 Antwort f6 o(n2 ) Θ(n2 ) ω(n2 ) f1 f2 f3 f4 O(n2 ) f5 Ω(n2 ) 588 / 1411 Überblick Hier sind nochmal alle fünf Definitionen: f f f f f ∈ o(g) ∈ ω(g) ∈ O(g) ∈ Ω(g) ∈ Θ(g) ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 ∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 ∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 f ∈ O(g) und f ∈ Ω(g) : |f (n)| < c : |f (n)| > c : |f (n)| ≤ c : |f (n)| ≥ c · g(n) · g(n) · g(n) · g(n) : |f (n)| ≥ c : |f (n)| ≤ c : |f (n)| > c : |f (n)| < c · g(n) · g(n) · g(n) · g(n) Und ihre entsprechenden Negationen: f f f f f ∈ / o(g) ∈ / ω(g) ∈ / O(g) ∈ / Ω(g) ∈ / Θ(g) ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ∃c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 ∃c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 ∀c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 ∀c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 f ∈ / O(g) oder f ∈ / Ω(g) 589 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 2.7.1. Wichtige Begriffe 2.7.2. Beweisrezepte 2.7.3. Rechenregeln 590 / 1411 Rezept Frage: Wie zeigt man, dass zwei gegebene Funktionen f und g in einer gegebenen Beziehung zueinander stehen? (z.B. f ∈ o(g) oder f ∈ / Ω(g)) Methode: 1. Betrachte die Aussage, die bewiesen werden muss. Diese hat folgende Form: Q1 c ∈ R+ : Q2 n0 ∈ N : Q3 n ≥ n0 : |f (n)| R c · g(n), wobei R ∈ {<, >, ≤, ≥} ein Vergleichsoperator und Q1 , Q2 , Q3 ∈ {∃, ∀} Quantoren sind. 2. Finde einen konkreten Wert für jede Variable neben einem Existenzquantor ∃, in Abhängigkeit von allen Variablen links von ihr, die neben einem Allquantor ∀ stehen. 3. Die gewählten Werte sollen die Ungleichung |f (n)| R c · g(n) erfüllen. 591 / 1411 Erstes Beispiel Es soll 6n2 ∈ o(2n3 ) gezeigt werden, also: ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |6n2 | < c · 2n3 ). Gesucht ist ein n0 ∈ N in Abhängigkeit von einem beliebigen c ∈ R+ , so dass die Aussage in den Klammern erfüllt ist. Lösen der Ungleichung nach n ergibt: |6n2 | < c · 2n3 ⇐⇒ 6n2 < c · 2n3 ⇐⇒ Für n0 := l 3 c 3 3 < n ⇐= + 1 ≤ n. c c m + 1 gilt dann: n ≥ n0 =⇒ |6n2 | < c · 2n3 . 2 592 / 1411 Info In dem Beispiel haben wir c3 + 1 mit Gauß-Klammern d. . .e aufgerundet, weil nicht für jedes c ∈ R+ eine natürliche Zahl ist. 3 c +1 593 / 1411 Zweites Beispiel Es soll 4n3 ∈ ω(8n2 ) gezeigt werden, also: ∀c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |4n3 | > c · 8n2 ). Gesucht ist ein n0 ∈ N in Abhängigkeit von einem beliebigen c ∈ R+ , so dass die Aussage in den Klammern erfüllt ist. Lösen der Ungleichung nach n ergibt: |4n3 | > c · 8n2 ⇐⇒ 4n3 > c · 8n2 ⇐⇒ n > 2c ⇐= n ≥ 2c + 1. Für n0 := d2c + 1e gilt dann: n ≥ n0 =⇒ |4n3 | > c · 8n2 . 2 594 / 1411 Drittes Beispiel Es soll n2 + 1 10 ∈ O(n3 + 1) gezeigt werden, also: 1 ∃c ∈ R+ : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : n2 + ≤ c · (n3 + 1). 10 Wähle z.B. c := 1 10 . Lösen der Ungleichung nach n ergibt: 2 n + 1 ≤ 1 · (n3 + 1) ⇐⇒ n2 + 1 ≤ 1 n3 + 1 ⇐⇒ n2 ≤ 1 n3 ⇐⇒ 10 ≤ n. 10 10 10 10 10 10 Für n0 := 10 gilt dann: 2 1 n ≥ n0 =⇒ n + ≤ c · (n3 + 1). 10 2 595 / 1411 Viertes Beispiel Es soll n2 + 1 ∈ Ω n + 1 5 gezeigt werden, also: 1 . ∃c ∈ R : ∃n0 ∈ N : ∀n ≥ n0 : |n + 1| ≥ c · n + 5 + 2 Wähle z.B. c := 5. Lösen der Ungleichung nach n ergibt: 1 |n + 1| ≥ 5 · n + 5 2 ⇐⇒ n2 + 1 ≥ 5n + 1 ⇐⇒ n2 ≥ 5n ⇐⇒ n ≥ 5. Für n0 := 5 gilt dann: 1 n ≥ n0 =⇒ |n + 1| ≥ c · n − . 5 2 2 596 / 1411 Fünftes Beispiel Es soll 3n3 ∈ / o(n2 ) gezeigt werden, also: ∃c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 : |3n3 | ≥ c · n2 . Wähle z.B. c := 3. Lösen der Ungleichung nach n ergibt: |3n3 | ≥ 3 · n2 ⇐⇒ 3n3 ≥ 3n2 ⇐⇒ n ≥ 1. Nun soll ein n ∈ N in Abhängigkeit von n0 ∈ N gewählt werden, so dass n ≥ n0 und n ≥ 1 gelten, z.B. n := max{n0 , 1}. 2 597 / 1411 Sechstes Beispiel Es soll 2n ∈ / ω(nn ) gezeigt werden, also: ∃c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 : |2n | ≤ c · nn . Wähle z.B. c := 1. Lösen der Ungleichung nach n ergibt: |2n | ≤ 1 · nn ⇐⇒ 2n ≤ nn ⇐⇒ ln(2n ) ≤ ln(nn ) ⇐⇒ n ln 2 ≤ n ln n ⇐⇒ 2 ≤ n. Nun soll ein n ∈ N in Abhängigkeit von n0 ∈ N gewählt werden, so dass n ≥ n0 und n ≥ 2 gelten, z.B. n := dmax{n0 , 2}e . 2 598 / 1411 Siebtes Beispiel Es soll 5n2 ∈ / O(n) gezeigt werden, also: ∀c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 : |5n2 | > c · n. Lösen der Ungleichung nach n ergibt: |5n2 | > c · n ⇐⇒ 5n2 > c · n ⇐⇒ n > c c ⇐= n ≥ + 1. 5 5 Nun soll ein n ∈ N in Abhängigkeit von c ∈ R+ und n0 ∈ N gewählt werden, so dass n ≥ n0 und n ≥ c5 + 1 gelten, z.B. c n := max n0 , + 1 5 . 2 599 / 1411 Achtes Beispiel Es soll n ∈ / Ω(3n2 ) gezeigt werden, also: ∀c ∈ R+ : ∀n0 ∈ N : ∃n ≥ n0 : |n| < c · 3n2 . Lösen der Ungleichung nach n ergibt: |n| < c · 3n2 ⇐⇒ n < 3cn2 ⇐⇒ 1 1 < n ⇐= +1≤n 3c 3c Nun soll ein n ∈ N in Abhängigkeit von c ∈ R+ und n0 ∈ N gewählt werden, so dass 1 n ≥ n0 und n ≥ 3c + 1 gelten, z.B. n := max n0 , 1 +1 3c . 2 600 / 1411 Themenübersicht 2. Grundlagen 2.1. Mengen 2.2. Relationen und Abbildungen 2.3. Aussagenlogik I 2.4. Aussagenlogik II 2.5. Prädikatenlogik 2.6. Beweismethoden 2.7. Wachstum von Funktionen 2.7.1. Wichtige Begriffe 2.7.2. Beweisrezepte 2.7.3. Rechenregeln 601 / 1411 Rechenregeln Falls limn→∞ |f (n)| g(n) existiert und g(n) ab einem bestimmten n positiv ist, dann gilt: f ∈ o(g) ⇐⇒ limn→∞ f ∈ ω(g) ⇐⇒ limn→∞ f ∈ O(g) ⇐⇒ limn→∞ f ∈ Ω(g) ⇐⇒ limn→∞ f ∈ Θ(g) ⇐⇒ limn→∞ |f (n)| g(n) |f (n)| g(n) |f (n)| g(n) |f (n)| g(n) |f (n)| g(n) = 0, = ∞, < ∞, > 0, =c mit 0 < c < ∞. Außerdem gilt für alle k > 1: n! ∈ O(nn ), 2n ∈ O 22n , n! ∈ Ω n n , e n! ∈ O n· n n , e Pk i=0 ai n i ∈ O(nk ), 1 ≺ log2 log2 n ≺ log2 n ≺ (log2 n)k ≺ n1/k ≺ n ≺ n log2 n ≺ nk ≺ k n ≺ n! ≺ nn . 602 / 1411 Hierarchie Hier ist eine schönere Darstellung der Hierarchie auf der letzten Folie: 1 ≺ log log n ≺ (log log n)2 ≺ (log log n)3 ≺ . . . ≺ log n ≺ (log n)2 ≺ (log n)3 ≺ . . . ≺ n ≺ n2 ≺ n3 ≺ . . . ≺ 2n ≺ 3n ≺ 4n ≺ . . . ≺ n! ≺ nn Bitte schaut euch die Infos auf der nächsten Folie an. 603 / 1411 Infos zur Hierarchie I Erinnerungen: f ≺ g heißt f ∈ o(g) und f ∼ g heißt f ∈ Θ(g). I Ich habe immer „log“ statt „logb “ für eine bestimmte Basis b geschrieben, weil alle Logarithmen, unabhängig von der Basis, gleich schnell wachsen, z.B.: log2 n ∼ log3 n I Möchte man zwei Funktionen der Form Regeln: f (n) ≺ g(n) ⇐⇒ I und 1 g(n) ≺ 1 ... 1 f (n) log2 log3 n ∼ log4 log5 n miteinander vergleichen, so benutzt man die und f (n) ∼ g(n) ⇐⇒ 1 f (n) ∼ 1 g(n) Multipliziert man eine Funktion mit einer positiven Konstante, so wird sie dadurch weder schneller noch langsamer, z.B.: 1 2 42 n ∼ n2 ∼ 42n2 604 / 1411 Quizfrage In welcher Beziehung stehen folgende Funktionen zueinander? √ √ ln n n 2n ln n n log2 n ln n n 2n √ ln n √ n log2 n Trage in die Zeile von f (n) und Spalte von g(n) ein o, ω bzw. Θ ein, falls f ∈ o(g), f ∈ ω(g) bzw. f ∈ Θ(g) gilt. 605 / 1411 Antwort ln n n 2n √ ln n √ n log2 n ln n Θ ω ω Θ ω Θ n o Θ Θ o o o 2n o Θ Θ o o o √ ln n Θ ω ω Θ ω Θ √ n o ω ω o Θ o log2 n Θ ω ω Θ ω Θ 606 / 1411 Quizfrage In welcher Beziehung stehen folgende Funktionen zueinander? √ n ln n n2 2n n n 3n 5n2 n ln n n2 2n √ n n 3n 5n2 Trage in die Zeile von f (n) und Spalte von g(n) ein o, ω bzw. Θ ein, falls f ∈ o(g), f ∈ ω(g) bzw. f ∈ Θ(g) gilt. 607 / 1411 Antwort n ln n n2 2n √ n n 3n 5n2 n ln n Θ ω ω ω ω ω n2 o Θ ω o ω Θ 2n o o Θ o ω o √ n n o ω ω Θ ω ω 3n o o o o Θ o 5n2 o Θ ω o ω Θ 608 / 1411 Die Stirling’sche Formel Es gilt: n! = √ 2πn · n n e Das heißt insbesondere: lim √ n→∞ 1 1 · 1+ +O 12n n2 n! 2πn · n n e =1 Info Der Teil „+O Funktion aus O 1 n2 “ bedeutet nichts anderes als „+f (n)“ mit f eine bestimmte 1 n2 . 609 / 1411 Weil in diesem Thema viele Rechnungen mit Logarithmen, Potenzen und Wurzeln vorkommen, gibt es hier eine Auffrischung aller Rechenregeln aus der Schule :-) 610 / 1411 Logarithmen, Potenzen, Wurzeln Seien a, b, c beliebige reelle Zahlen mit a 6= 0, b, c > 0, b, c 6= 1. Dann sind folgende drei Aussagen zueinander äquivalent: √ logc b = a ⇐⇒ c a = b ⇐⇒ a b = c Beispiele log2 8 = 3 log3 19 = −2 ⇐⇒ log 1 81 = −4 ⇐⇒ 3 log 1 4 1 16 =2 23 = 8 ⇐⇒ ⇐⇒ 3−2 = −4 1 3 2 1 4 1 9 ⇐⇒ ⇐⇒ = 81 ⇐⇒ = 1 16 ⇐⇒ √ 3 q8 = 2 −2 √ −4 q 2 1 9 =3 81 = 1 16 = 1 3 1 4 611 / 1411 Info Für Logarithmen gibt es folgende spezielle Basen: lg n = log10 n, ln n = loge n, ld n = log2 n. In der Schule wird log n als log10 n definiert. In der Uni kann log n entweder ln n bedeuten oder logb n für irgendein b, was nicht relevant ist. 612 / 1411 Logarithmusregeln Für Logarithmen gibt es folgende Rechenregeln: logc b logc a loga (n · m) = loga n + loga m n loga = loga n − loga m m loga nm = m · loga n 1 logab n = · loga n b loga b = Mit folgenden Spezialfällen: loga 1 = 0, loga a = 1, loga an = n, loga √ n a = n1 . 613 / 1411 Potenzregeln Für Potenzen gibt es folgende Rechenregeln: an · am = an+m an = an−m am (an )m = an·m 1 a−n = n a an · b n = (a · b)n n an a = bn b √ n m a m = an Mit folgenden Spezialfällen: a0 = 1, a1 = a, 0n = 0, 1n = 1, aloga n = n. 614 / 1411 Wurzelregeln Für Wurzeln gibt es folgende Rechenregeln: q√ n m a= √ n·m a √ −n 1 a= √ n a √ √ √ n n n a· b = a·b √ r n a a √ = n n b b Mit den Spezialfällen: √ 1 a=a √ n 1=1 √ n 0=0 √ n an = a. 615 / 1411 Info Wurzelregeln sind eigentlich völlig nutzlos. Am besten ist es, wenn man Wurzeln 1 als Potenzen a n schreibt und mit den Potenzregeln rechnet ;-) √ n a z.B.: (ld n)2 < n ⇐⇒ ld n < n1/2 . 616 / 1411 Quizfragen Wieso gelten für beliebige positive reelle Zahlen b, n, m mit b 6= 1 folgende Gleichungen? 1. nlogb m = mlogb n 2. logb (n + m) = logb n + logb 1 + m n 617 / 1411 Antworten 1. nlogb m = mlogb n ⇐⇒ logb nlogb m = logb mlogb n ⇐⇒ (logb m) · (logb n) = (logb n) · (logb m) 2. logb (n + m) = logb m n· 1+ n = logb n + logb m 1+ n 2 2 618 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 619 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 620 / 1411 Fakultät Für die Fakultät n! einer natürlichen Zahl n ∈ N0 gilt n! = n · (n − 1) · (n − 2) · (n − 3) · . . . · 1 mit 0! := 1. Beispiele Die ersten Werte für n! sind: 0! = 1 4! = 4 · 3 · 2 · 1 = 24 1! = 1 5! = 5 · 4 · 3 · 2 · 1 = 120 2! = 2 · 1 = 2 6! = 6 · 5 · 4 · 3 · 2 · 1 = 720 3! = 3 · 2 · 1 = 6 7! = 7 · 6 · 5 · 4 · 3 · 2 · 1 = 5040 621 / 1411 Steigende und fallende Faktorielle Für beliebige n, k ∈ Z gilt: nk = k−1 Y i=0 nk = (n − i) = n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · (n − k + 1) | {z } k Faktoren k−1 Y i=0 (fallende Faktorielle) (n + i) = n · (n + 1) · (n + 2) · . . . · (n + k − 1) | {z } (steigende Faktorielle) k Faktoren mit n0 := 1 und n0 := 1. Beispiele Es gilt: 64 = 6 · 5 · 4 · 3 = 360, 64 = 6 · 7 · 8 · 9 = 3024, 26 = 2 · 1 · 0 · (−1) · (−2) · (−3) = 0, 26 = 2 · 3 · 4 · 5 · 6 · 7 = 5040, (−3)5 = (−3) · (−4) · (−5) · (−6) · (−7) = −2520, (−3)5 = (−3) · (−2) · (−1) · 0 · 1 = 0 . 622 / 1411 Binomialkoeffizient n k gibt für n, k ∈ N0 die Anzahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge an. Intuition n k gibt die Anzahl der Möglichkeiten an, k Objekte aus einer Menge von n verschiedenen Objekten auszuwählen ohne Zurücklegen und ohne Beachtung der Reihenfolge. Wie beim Lotto! 623 / 1411 Beispiel Es gibt genau 6 2-elementige Teilmengen von [4]: {1, 2} , {1, 3} , {1, 4} , {2, 3} , {2, 4} , {3, 4} . Es gilt: 4 2 = 6. 624 / 1411 Noch ein Beispiel Es gibt genau 10 3-elementige Teilmengen von [5]: {1, 2, 3}, {1, 2, 4}, {1, 2, 5}, {1, 3, 4}, {1, 3, 5}, {1, 4, 5}, {2, 3, 4}, {2, 3, 5}, {2, 4, 5}, {3, 4, 5}. Also ist 5 3 = 10. 625 / 1411 Ein letztes Beispiel (für Lotto-Spieler) Es gibt genau 13 983 816 6-elementige Teilmengen von [49]. Also ist 49 6 = 13 983 816. 626 / 1411 Direkte Berechnung Für n, k ∈ N0 gilt: n k ! = Gilt außerdem k ≤ n, dann kann man nk = n k ! = nk . k! n! (n−k)! setzen und man erhält: n! . k! · (n − k)! Intuition Für die erste Ziehung gibt es n Möglichkeiten, für die zweite nur noch n − 1, für die dritte n − 2, etc. Weil die Reihenfolge der k gezogenen Elemente nicht relevant ist muss man durch die Anzahl der Permutationen aller k Elemente dividieren, also durch k!. 627 / 1411 Beispiele (nochmal) ! 4 2 5 3 = 42 4·3 = = 6, 2! 2·1 = 53 5·4·3 = = 10, 3! 3·2·1 ! ! 49 6 = 49 · 48 · 47 · 46 · 45 · 44 496 = = 13 983 816. 6! 6·5·4·3·2·1 628 / 1411 Quizfragen 1. Was ist 2. Was ist 3. Was ist 4. Was ist 6 2 ? 7 3 ? 6 3 ? 8 4 ? 629 / 1411 Antworten 1. 2. 3. 4. 6 2 7 3 6 3 8 4 = = = = 6·5 2·1 = 15. 7·6·5 3·2·1 = 35. 6·5·4 3·2·1 = 20. 8·7·6·5 4·3·2·1 = 70. 630 / 1411 Multimengen Multimengen sind eine Verallgemeinerung von Mengen, in denen Elemente öfter vorkommen dürfen. Die Reihenfolge der Elemente spielt dabei weiterhin keine Rolle. Beispiel Es gibt 15 verschiedene 4-elementige Multimengen über M = [3]: {|1, 1, 1, 1|} , {|1, 1, 1, 2|} , {|1, 1, 1, 3|} , {|1, 1, 2, 2|} , {|1, 1, 2, 3|} , {|1, 1, 3, 3|} , {|1, 2, 2, 2|} , {|1, 2, 2, 3|} , {|1, 2, 3, 3|} , {|1, 3, 3, 3|} , {|2, 2, 2, 2|} , {|2, 2, 2, 3|} , {|2, 2, 3, 3|} , {|2, 3, 3, 3|} , {|3, 3, 3, 3|} . Info Für Multimengen benutzt man meistens dieselbe Notation wie für Mengen. Manchmal wird auch „{| . . . |}“ statt „{. . .}“ benutzt, um sie von normalen Mengen zu unterscheiden. 631 / 1411 Info Man kann jede k-elementige Multimenge über einer n-elementigen Menge M (z.B. M = [n]) als Wort über dem Alphabet Σ = {•, ◦} mit genau k schwarzen und n − 1 weißen Kugeln darstellen. Die weißen Kugeln teilen das Wort in n Bereichen auf. Die Anzahl an schwarzen Kugeln in jedem Bereich gibt die Anzahl an Vorkommnisse des entsprechenden Elements in der Multimenge an. Jedem dieser Wörter kann genau eine der k-elementigen Teilmengen der Menge [k + n − 1] zugeordnet werden. Intuitiv gibt die jeweilige Teilmenge an, welche der k + n − 1 Kugeln schwarz sind. 632 / 1411 Beispiel Wir betrachten folgende Multimenge mit k = 7 Elementen über M = [n] mit n = 4: {|1, 1, 2, 3, 3, 3, 4|} . Diese Multimenge wird durch folgendes Wort der Länge k + n − 1 = 10 kodiert: ••◦•◦•••◦•. Diesem Wort wird folgende 7-elementige Teilmenge von [10] zugeordnet: {1, 2, 4, 6, 7, 8, 10}. 633 / 1411 Info Man kann also jeder k-elementigen Multimenge über M = [n] genau einer der k-elementigen Teilmengen der Menge [k + n − 1] zuordnen. Es folgt, dass es genau k+n−1 k-Multimengen einer n-elementigen Menge gibt. k 634 / 1411 Beispiel Es gibt 2+3−1 2 = 4 2 = 6 verschiedene 2-Multimengen über M = [3]: Multimenge über M = [3] Kodierung als Wort Teilmenge von [2 + 3 − 1] = [4] {|1, 1|} {|1, 2|} {|1, 3|} {|2, 2|} {|2, 3|} {|3, 3|} • • ◦◦ • ◦ •◦ • ◦ ◦• ◦ • •◦ ◦ • ◦• ◦ ◦ •• {1, 2} {1, 3} {1, 4} {2, 3} {2, 4} {3, 4} 635 / 1411 Noch ein Beispiel Es gibt 3+3−1 3 = 5 3 = 10 verschiedene 3-Multiteilmengen von M = [3]: Multimenge über M = [3] Kodierung als Wort Teilmenge von [3 + 3 − 1] = [5] {|1, 1, 1|} {|1, 1, 2|} {|1, 1, 3|} {|1, 2, 2|} {|1, 2, 3|} {|1, 3, 3|} {|2, 2, 2|} {|2, 2, 3|} {|2, 3, 3|} {|3, 3, 3|} •••◦◦ ••◦•◦ ••◦◦• •◦••◦ •◦•◦• •◦◦•• ◦•••◦ ◦••◦• ◦•◦•• ◦◦••• {1, 2, 3} {1, 2, 4} {1, 2, 5} {1, 3, 4} {1, 3, 5} {1, 4, 5} {2, 3, 4} {2, 3, 5} {2, 4, 5} {3, 4, 5} 636 / 1411 Quizfrage Sei Σ = {a, b, c, . . . , z} ein Alphabet mit |Σ| = 26. Wie viele Wörter w ∈ Σ∗ mit Länge |w | = 3 gibt es, so dass die Zeichen in w von links nach rechts gelesen in alphabetischer Reihenfolge vorkommen, d.h. zuerst alle as, dann alle bs, etc. ? 637 / 1411 Antwort Jedes dieser Wörter kann eindeutig durch eine 3-elementige Multimenge über Σ dargestellt werden. Da die Reihenfolge sich automatisch aus den Elementen selber ergibt muss man sie nicht berücksichtigen. Es gibt also ! 3 + 26 − 1 3 ! = 28 3 = 28 · 27 · 26 = 3276 3·2·1 solche Wörter. 638 / 1411 Ziehen von Elementen Wir ziehen k Elemente aus einer n-elementigen Menge. Dabei kann die Reihenfolge der Ziehungen eine Rolle spielen („geordnet“) oder nicht („ungeordnet“) und die gezogenen Elemente können wieder zurückgelegt werden oder nicht. geordnet ungeordnet mit Zurücklegen nk ohne Zurücklegen nk k+n−1 k n k 639 / 1411 Beispiel Wir ziehen 2 Elemente aus der Menge M = [3], d.h. es gilt k = 2 und n = 3. Für die Anzahl an Möglichkeiten gilt: geordnet ungeordnet mit Zurücklegen 32 = 9 2+3−1 4·3 =6 = 2·1 2 ohne Zurücklegen 32 = 3 · 2 = 6 3 3·2 2 = 2·1 = 3 Dies entspricht folgenden Ergebnissen: geordnet ungeordnet mit Zurücklegen (1, 2), (1, 3), (2, 1), (2, 3), (3, 1), (3, 2), (1, 1), (2, 2), (3, 3). {|1, 2|}, {|1, 3|}, {|2, 3|}, {|1, 1|}, {|2, 2|}, {|3, 3|}. ohne Zurücklegen (1, 2), (1, 3), (2, 1), (2, 3), (3, 1), (3, 2). {1, 2}, {1, 3}, {2, 3}. 640 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 641 / 1411 Produktregel Die Kardinalität des kartesischen Produkts endlicher Mengen entspricht genau dem Produkt der einzelnen Kardinalitäten: |A1 × . . . × An | = |A1 | · . . . · |An | 642 / 1411 Intuition Sind wir an der Anzahl an Ausgängen eines mehrstufigen Experiments interessiert, dann multipliziert man die Anzahl an möglichen Ausgängen aller einzelnen Stufen. I Zuerst: . . . (|A1 | Möglichkeiten) I Dann: . . . (|A2 | Möglichkeiten) I ... I Dann: . . . (|An | Möglichkeiten) Insgesamt hat man |A1 | · |A2 | · . . . · |An | Möglichkeiten. 643 / 1411 Quizfragen Wie viele verschiedene Anagramme besitzen folgende Wörter? 1. TITISEE, 2. PFEFFER, 3. KOKOMO, 4. CARACAS, 5. OUAGADOUGOU. Info: Ein Anagramm ist ein Wort, das aus einem anderen Wort durch Umstellung der einzelnen Buchstaben gebildet wurde. Beispielsweise ist SPORT ein Anagramm von PROST. 644 / 1411 Antworten Für jeden Buchstaben wählen wir sukzessiv die Teilmenge der freien Positionen im Wort, an dem der Buchstabe stehen soll. Mit der Produktregel erhalten wir: 1. 2. 3. 4. 5. 7 2 · 7 3 · 6 3 · 7 3 · 11 3 · 5 2 · 4 2 · 3 2 · 4 2 · 8 3 · 3 1 7! 5! · · 2 · 1 = 2!· 5! 2!· 3! 2 1 7! 4! · · 1 · 1 = 3!· 4! 2!· 2! 1 3! 1! 6! · · 1 = 3!· 3! 2!· 1! 1!·0! 1 2 7! 4! · · 1 · 1 = 3!· 4! 2!· 2! 5 3 1 11! · 2 · 2 · 1 = 3!· 8! 7! 3! 1! = 2!·2!·2!·1! · 2!· 1! 1!·0! 2! 1! 7! · = 3!·2!·1!·1! 2!· 1! 1!·0! 6! = 3!·2!·1! = 60. 7! 2! 1! · = 3!·2!·1!·1! 2!· 1! 1!·0! 8! 5! 3! 1! · · · 3!· 5! 2!· 3! 2!· 1! 1!·0! = 630. = 420. = 420. = 11! 3!·3!·2!·2!·1! = 277200. 645 / 1411 Summenregel Die Kardinalität einer disjunkten Vereinigung („]“) endlicher Mengen entspricht genau der Summe der einzelnen Kardinalitäten: |A1 ] . . . ] An | = |A1 | + . . . + |An | 646 / 1411 Intuition Hat man mehrere mögliche Teilexperimente (die sich nicht überschneiden) zur Wahl, dann addiert man die Anzahl an möglichen Ausgängen aller einzelnen Teilexperimente. I Entweder: . . . (|A1 | Möglichkeiten) I oder: . . . (|A2 | Möglichkeiten) I ... I oder: . . . (|An | Möglichkeiten) Insgesamt hat man |A1 | + |A2 | + . . . + |An | Möglichkeiten. 647 / 1411 Gleichheitsregel Existiert eine bijektive Funktion f : A → B, dann haben die Mengen A und B gleich viele Elemente. 648 / 1411 Doppeltes Abzählen In jeder Matrix (Tabelle) ist die Summe der Zeilensummen gleich der Summe der Spaltensummen. 649 / 1411 Beispiel In einem Tanzkurs gibt es 24 Damen und n Herren. Nach der Tanzstunde hat jede Dame mit genau 8 Herren getanzt, jeder Herr mit genau 6 Damen. Wie viele Herren waren anwesend? Modellierung als Tabelle: h1 h2 .. . hn d1 d2 ? ? ? ? .. .. . . ? ? · · · d24 ··· ? ··· ? . .. . .. ··· ? 650 / 1411 Die Einträge „?“ in der Tabelle sind 1, fall das Paar miteinander getanzt hat und 0 sonst. Wir wissen: I In jeder der n Zeilen gibt es genau 6 1en I In jeder der 24 Spalten gibt es genau 8 1en D.h.: 6 · n = 24 · 8 . Daraus folgt: n= 24 · 8 = 32 . 6 651 / 1411 Inklusion und Exklusion bzw. Siebformel (für n = 2) Für beliebige (nicht notwendigerweise disjunkte) Mengen A und B gilt: |A ∪ B| = |A| + |B| − |A ∩ B| . Graphisch: 652 / 1411 Inklusion und Exklusion bzw. Siebformel (für n = 3) Für beliebige (nicht notwendigerweise disjunkte) Mengen A, B, C gilt: |A ∪ B ∪ C | = |A| + |B| + |C | − |A ∩ B| − |A ∩ C | − |B ∩ C | + |A ∩ B ∩ C | . Graphisch: 653 / 1411 Inklusion und Exklusion bzw. Siebformel (für ein allgemeines n) Für beliebige (nicht notwendigerweise disjunkte) endliche Mengen A1 , . . . , An gilt: n [ X X \ Ai = (−1)j−1 · Ai i∈[n] j=1 I⊆[n], i∈I |I|=j Der Ausdruck „(−1)j−1 “ ist für den Vorzeichenwechsel („+“, „−“, „+“, „−“, . . . ) P T zuständig und die innere Summe „ I⊆[n],|I|=j | i∈I Ai |“ summiert über alle möglichen j-elementigen Teilmengen von {A1 , . . . , An }. 654 / 1411 Beispiel Beispielsweise ergibt sich für n = 2: |A1 ∪ A2 | = 2 X X \ (−1)j−1 · Ai j=1 I⊆[2], |I|=j i∈I = (−1)0 · (|A1 | + |A2 |) {z } | j=1 1 + (−1) · |A1 ∩ A2 | | {z } j=2 = |A1 | + |A2 | − |A1 ∩ A2 | 655 / 1411 Noch ein Beispiel Für n = 3 ergibt sich: |A1 ∪ A2 ∪ A3 | = 3 X (−1)j−1 · j=1 X \ Ai I⊆[3], |I|=j i∈I = (−1)0 · (|A1 | + |A2 | + |A3 |) {z } | j=1 1 + (−1) · (|A1 ∩ A2 | + |A1 ∩ A3 | + |A2 ∩ A3 |) | {z } j=2 + (−1)2 · |A1 ∩ A2 ∩ A3 | | {z } j=3 = |A1 | + |A2 | + |A3 | − |A1 ∩ A2 | − |A1 ∩ A3 | − |A2 ∩ A3 | + |A1 ∩ A2 ∩ A3 | 656 / 1411 Spezialfall Falls die Kardinalität einer Schnittmenge von j Mengen nur von der Anzahl j an beteiligten Mengen und nicht von den Mengen selbst abhängig ist, dann gilt: n [ X X \ Ai = (−1)j−1 · Ai j=1 i∈[n] = I⊆[n], i∈I |I|=j n X ! j−1 (−1) j=1 n \ · · Ai j i∈[j] Die Anzahl an Summanden in der inneren Summe entspricht genau der Anzahl an j-elementigen Teilmengen von [n], d.h. genau nj . Sind alle Summanden gleich (also die Schnittmengen von j Mengen alle gleich groß), dann kann man nj mal einen beliebigen Summanden nehmen, z.B. T | i∈[j] Ai | = |A1 ∩ . . . ∩ Aj |. 657 / 1411 Beispiel Ein Kellner muss 5 verschiedene Bestellungen an 5 verschiedenen Tischen bringen. Leider weiß er nicht mehr wer was bestellt hat und muss raten. Bei wie vielen der insgesamt 5! = 120 Verteilungsmöglichkeiten (Permutationen) bekommt keiner der 5 Gäste sein bestelltes Essen? Wir definieren Ai für i = 1, . . . , 5 als diejenige Menge, die alle Verteilungsmöglichkeiten, bei denen Gast i sein bestelltes Essen bekommt, enthält. A1 ∪ A2 ∪ A3 ∪ A4 ∪ A5 enthält somit alle Verteilungen bei denen mindestens ein Gast sein bestelltes Essen bekommt. Es folgt mit |A1 | = 4! , |A1 ∩ A2 | = 3! , |A1 ∩ A2 ∩ A3 | = 2! , |A1 ∩ A2 ∩ A3 ∩ A4 | = 1! , |A1 ∩ A2 ∩ A3 ∩ A4 ∩ A5 | = 0! : 5 5 5 5 5 |A1 ∪ A2 ∪ A3 ∪ A4 ∪ A5 | = · 4! − · 3! + · 2! − · 1! + · 0! 1 2 3 4 5 = 5 · 24 − 10 · 6 + 10 · 2 − 5 · 1 + 1 · 1 = 76. D.h. er kriegt bei 120 − 76 = 44 Verteilungsmöglichkeiten von allen 5 Gästen Ärger. 658 / 1411 Achtung! In dem Beispiel durfte man den Spezialfall der Siebformel verwenden, weil die Kardinalität jeder Schnittmenge nur von der Anzahl der beteiligten Mengen und nicht von den Mengen selbst abhängig ist, d.h.: |A1 | = . . . = |A5 | = 4! , |A1 ∩ A2 | = . . . = |A4 ∩ A5 | = 3! , |A1 ∩ A2 ∩ A3 | = . . . = |A3 ∩ A4 ∩ A5 | = 2! , |A1 ∩ A2 ∩ A3 ∩ A4 | = . . . = |A2 ∩ A3 ∩ A4 ∩ A5 | = 1! . 659 / 1411 Quizfrage Gegeben seien ein Alphabet Σ = {a, b, c, d}, eine Wörtermenge Ω = {w ∈ Σ∗ | |w | = 6} und folgende Mengen A, B, C , D ⊆ Ω: A = {w ∈ Ω | in w kommt kein a vor} , B = {w ∈ Ω | in w kommt kein b vor} , C = {w ∈ Ω | in w kommt kein c vor} , D = {w ∈ Ω | in w kommt kein d vor} . Wie viele Wörter w ∈ Ω gibt es, die jedes der Zeichen aus Σ mindestens einmal enthalten? Hinweise: I Betrachte die Menge A ∪ B ∪ C ∪ D. I Beachte, dass für k = 1, 2, 3, 4 die Kardinalität der Schnittmenge von k der Mengen A, B, C , D nur von k und nicht von den Mengen selbst abhängig ist. 660 / 1411 Antwort Für die Kardinalität von A ∪ B ∪ C ∪ D gilt nach dem Spezialfall der Siebformel für n = 4: ! |A ∪ B ∪ C ∪ D| = ! ! ! 4 4 4 4 |A| − |A ∩ B| + |A ∩ B ∩ C | − |A ∩ B ∩ C ∩ D| 1 2 3 4 = 4|A| − 6|A ∩ B| + 4|A ∩ B ∩ C | − |A ∩ B ∩ C ∩ D| = 4 · 36 − 6 · 26 + 4 · 16 − 06 = 4 · 729 − 6 · 64 + 4 = 2916 − 384 + 4 = 2536 Die gesuchte Anzahl an Wörtern beträgt dann: |Ω| − |A ∪ B ∪ C ∪ D| = 46 − 2536 = 4096 − 2536 = 1560 . 661 / 1411 Schubfachprinzip Sei f : X → Y mit 0 < |Y | < |X | < ∞. Dann gilt: ∃y ∈ Y : |f −1 (y )| ≥ 2 662 / 1411 Intuition X sind Objekte und Y Schubfächer für die Objekte. Hat man mehr Objekte als Schubfächer, dann existiert bei jeder Verteilung von Objekten auf Schubfächer immer mindestens ein Schubfach mit mindestens 2 Objekten. 663 / 1411 Verallgemeinertes Schubfachprinzip Sei f : X → Y mit 0 < |Y |, |X | < ∞. Dann gilt: ∃y ∈ Y : |f −1 |X | (y )| ≥ |Y | 664 / 1411 Intuition Wieder sind X Objekte und Y Schubfächer für die Objekte. Verteilt man alle Objekte l m |X | auf die Schubfächer, dann hat man mindestens ein Schubfach mit mindestens |Y | Objekten. 665 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.3.5. Binomialkoeffizienten Stirling-Zahlen erster Art Stirling-Zahlen zweiter Art Zahlpartitionen Sonstige Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 666 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.3.5. Binomialkoeffizienten Stirling-Zahlen erster Art Stirling-Zahlen zweiter Art Zahlpartitionen Sonstige Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 667 / 1411 Zählkoeffizienten Wir betrachten in DS insgesamt 7 verschiedene Zählkoeffizienten: 1. Binomialkoeffizient n k 2. Stirling-Zahlen erster Art sn,k bzw. (extrem wichtig) n 3. Stirling-Zahlen zweiter Art Sn,k bzw. 4. Zahlpartitionen Pn,k (weniger wichtig) k n k (sehr wichtig) (weniger wichtig) 5. Ramsey-Zahlen R(n, k) (kaum wichtig) 6. Rencontres-Zahlen d(n, k) (kaum wichtig) 7. Kronecker-Delta δn,k (kaum wichtig) 668 / 1411 Binomialkoeffizient (nochmal) n k gibt für n, k ∈ N0 die Anzahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge an. Für n, k ∈ N0 gilt: ! n nk = . k k! Gilt außerdem k ≤ n, dann kann man nk = n k ! = n! (n−k)! setzen und man erhält: n! . k! · (n − k)! 669 / 1411 Info Die Werte von n k können im Pascalschen Dreieck abgelesen werden. k 0 n 1 2 3 4 5 6 0 1 1 1 1 2 1 2 1 3 1 3 3 1 4 1 4 6 4 1 5 1 5 10 10 5 1 6 1 6 15 20 15 6 1 7 1 7 21 35 35 21 7 7 8 z.B. 5 3 = 10 1 670 / 1411 Rekursive Berechnung Der Binomialkoeffizient n k genügt für alle n, k ∈ N mit k ≤ n die Rekursion n k mit 0 0 = 1, n 0 = 1 und n n ! ! = n−1 n−1 + k −1 k ! = 1 für alle n ∈ N. Diese Formel heißt auch Pascalsche Identität. 671 / 1411 Intuition Wenn man k Zahlen aus [n] zieht wird die Zahl n entweder gezogen oder nicht gezogen (deswegen „+“). I Falls n gezogen wird, so muss man aus den restlichen n − 1 Zahlen nur noch k − 1 n−1 ziehen. Dafür gibt es k−1 Möglichkeiten. I Falls n nicht gezogen wird, so muss man aus den restlichen n − 1 Zahlen alle k ziehen. Dafür gibt es n−1 Möglichkeiten. k 672 / 1411 Binomische Formel Für n ∈ N0 beliebige a und b gilt: n X n i=0 i ! · ai · b n−i = (a + b)n 673 / 1411 Beispiele Für die ersten Werte von n gilt: 1 = (a + b)0 b+a = (a + b)1 b 2 + 2ab + a2 = (a + b)2 b 3 + 3ab 2 + 3a2 b + a3 = (a + b)3 b 4 + 4ab 3 + 6a2 b 2 + 4a3 b + a4 = (a + b)4 b 5 + 5ab 4 + 10a2 b 3 + 10a3 b 2 + 5a4 b + a5 = (a + b)5 b 6 + 6ab 5 + 15a2 b 4 + 20a3 b 3 + 15a4 b 2 + 6a5 b + a6 = (a + b)6 674 / 1411 Beispiel Multipliziert man (x + y + z)6 aus, so erhält man: x 6 + 6x 5 y + 6x 5 z + 15x 4 y 2 + 30x 4 yz + 15x 4 z 2 + 20x 3 y 3 + 60x 3 y 2 z + 60x 3 yz 2 + 20x 3 z 3 + 15x 2 y 4 + 60x 2 y 3 z + 90x 2 y 2 z 2 + 60x 2 yz 3 + 15x 2 z 4 + 6xy 5 + 30xy 4 z + 60xy 3 z 2 +60xy 2 z 3 +30xyz 4 +6xz 5 +y 6 +6y 5 z +15y 4 z 2 +20y 3 z 3 +15y 2 z 4 +6yz 5 +z 6 . Wir erkennen beispielsweise, dass 60 der Koeffizient von x 2 yz 3 in (x + y + z)6 ist. 675 / 1411 Den Koeffizient von x 2 yz 3 in (x + y + z)6 kann man mit der Binomischen Formel sehr leicht berechnen: I Für a = x , b = y + z und n = 6 erhalten wir: (x + y + z)6 = (x + (y + z))6 = 6 X k=0 I ! ! 6 k 6 2 x (y + z)6−k = . . . + x (y + z)4 + . . . k 2 Für a = y , b = z und n = 4 erhalten wir: 4 (y + z) = 4 X k=0 ! ! 4 k 4−k 4 y z = ... + yz 3 + . . . k 1 Somit erhält (x + y + z)6 den Summanden gesuchte Koeffizient ist 62 41 = 60. 6 2 4 3 2 x 1 yz = 6 4 2 3 2 1 x yz und der 676 / 1411 Quizfragen 1. Was ist der Koeffizient von x 2 y 2 z 2 in (x + y + z)6 ? 2. Was ist der Koeffizient von xyz 4 in (x + y + z)6 ? 3. Was ist der Koeffizient von xy 3 z 2 in (x + 2y + z)6 ? 4. Was ist der Koeffizient von x 3 yz 2 in (3x + y + 2z)6 ? 5. Was ist der Koeffizient von x 2 y 4 z 2 in (xy + y + z)6 ? 6. Was ist der Koeffizient von x 3 y 5 z 4 in (xyz + y + z)6 ? 7. Was ist der Koeffizient von w 2 x 3 yz 2 in (w + x + y + z)8 ? 677 / 1411 Antworten 1. (x + y + z)6 = (x + (y + z))6 = 6k=0 k6 x k (y + z)6−k = . . . + P ; (y + z)4 = 4k=0 k4 y k z 4−k = . . . + 42 y 2 z 2 + . . . ; Der Koeffizient ist 62 42 = 90. P 2. (x + y + z)6 = (x + (y + z))6 = 6k=0 k6 x k (y + z)6−k = . . . + P ; (y + z)5 = 5k=0 k5 y k z 5−k = . . . + 51 yz 4 + . . . ; Der Koeffizient ist 61 51 = 30. P 6 2 2 x (y + z)4 + . . . 6 1 x (y + z)5 + . . . 3. (x +2y +z)6 = (x +(2y +z))6 = 6k=0 k6 x k (2y +z)6−k = . . .+ 61 x (2y +z)5 +. . . P ; (2y +z)5 = 5k=0 k5 (2y )k z 4−k = . . .+ 53 (2y )3 z 2 +. . . = . . .+ 53 23 y 3 z 2 +. . . ; Der Koeffizient ist 61 53 23 = 480. P 4. (3x + y + 2z)6 = (3x + (y + 2z))6 = 6k=0 k6 3x k (y + 2z)6−k = . . . + 63 (3x )3 (y + 2z)3 + . . . = . . . + 63 33 x 3 (y + 2z)3 + . . . P ; (y + 2z)3 = 3k=0 k3 y k (2z)3−k = . . . + 31 y (2z)2 + . . . = . . . + ; Der Koeffizient ist 63 33 31 22 = 6480. P 3 2 2 1 2 yz +... 678 / 1411 5. (xy + y + z)6 = (xy + (y + z))6 = 6k=0 k6 (xy )k (y + z)6−k = . . . + 62 (xy )2 (y + z)4 + . . . = . . . + 62 x 2 y 2 (y + z)4 + . . . P ; (y + z)4 = 4k=0 k4 y k z 4−k = . . . + 42 y 2 z 2 + . . . ; Der Koeffizient ist 62 42 = 90. P 6. (xyz + y + z)6 = (xyz + (y + z))6 = 6k=0 k6 (xyz)k (y + z)6−k = . . . + 63 (xyz)3 (y + z)3 + . . . = . . . + 63 x 3 y 3 z 3 (y + z)3 + . . . P ; (y + z)3 = 3k=0 k3 y k z 3−k = . . . + 32 y 2 z + . . . ; Der Koeffizient ist 63 32 = 60. P 7. (w + x + y + z)8 = (w + (x + y + z))8 = 8k=0 k8 w k (x + y + z)8−k = . . . + 82 w 2 (x + y + z)6 + . . . P ; (x +y +z)6 = (3x +(y +z))6 = 6k=0 k6 x k (y +z)6−k = . . .+ 63 x 3 (y +z)3 +. . . P ; (y + z)3 = 3k=0 k3 y k z 3−k = . . . + 31 yz 2 + . . . ; Der Koeffizient ist 82 63 31 = 1680. P 679 / 1411 Rechenregeln für Binomialkoeffizienten Folgende Rechenregeln sind sehr wichtig. Es gilt für n, m, k ∈ N0 : n k ! n k ! n k ! n k ! n k ! = nk , k! = n! , k! · (n − k)! (Erste direkte Berechnung) ! = = n−1 n−1 + k −1 k k X m i=0 = ! i n n−k n−m · k −i k≤n (Zweite direkte Berechnung) , 1 ≤ n, k (Pascalsche Identität) , m≤n (Vandermondsche Identität) k≤n (Symmetrie-Eigenschaft) ! ! ! , 680 / 1411 n X n i=0 n X i=0 n X i=k k X i=0 ! · ai · b n−i = (a + b)n , i n i ! i k ! a, b ∈ R = 2n = n+i i (Zeilensumme) n+1 k +1 ! (Binomische Formel) ! k≤n , (Spaltensumme) ! = n+k +1 k (Diagonalsumme) Diese Rechenregeln kann man sehr schön am Pascalschen Dreieck erkennen! 681 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.3.5. Binomialkoeffizienten Stirling-Zahlen erster Art Stirling-Zahlen zweiter Art Zahlpartitionen Sonstige Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 682 / 1411 Zyklenschreibweise für Permutationen Eine Permutation p ist eine bijektive Funktion p : A → A über eine endliche Menge A (s. Folie 333). Permutationen kann man auch als eine Komposition von Zyklen darstellen. Es gilt: p = (c1,1 , . . . , cl1 ,1 ) (c1,2 , . . . , cl2 ,2 ) . . . (c1,k , . . . , clk ,k ), | {z Zyklus 1 mit Länge l1 }| {z Zyklus 2 mit Länge l2 } | {z Zyklus k mit Länge lk } wobei A = {c1,1 , . . . , cl1 ,1 , c1,2 , . . . , cl2 ,2 , . . . , c1,k , . . . , clk ,k } und für alle ci,j gilt: ( p(ci,j ) = ci+1,j , falls i < lj c1,j , falls i = lj Man versteht das aber viel viel besser mit einem Beispiel :-) 683 / 1411 Beispiel Sei p eine Permutation über [6] mit: p(1) = 5, p(2) = 2, p(3) = 1, p(4) = 6, p(5) = 3, p(6) = 4. Matrixschreibweise: p= 1 2 3 4 5 6 5 2 1 6 3 4 ! Graphisch: Zyklenschreibweise: G p = (1, 5, 3)(2)(4, 6) 684 / 1411 Noch ein Beispiel Sei p eine Permutation über [8] mit: p(1) = 5, p(2) = 6, p(3) = 7, p(4) = 8, p(5) = 1, p(6) = 2, p(7) = 3, p(8) = 4. Matrixschreibweise: ! p= 1 2 3 4 5 6 7 8 5 6 7 8 1 2 3 4 Graphisch: Zyklenschreibweise: G p = (1, 5)(2, 6)(3, 7)(4, 8) 685 / 1411 Infos I Es gibt in der Regel mehrere Möglichkeiten einen Zyklus aufzuschreiben. Zum Beispiel: (1, 8, 2, 5) = (8, 2, 5, 1) = (2, 5, 1, 8) = (5, 1, 8, 2). I Achtung: Man darf die Komponenten eines Zyklus beliebig „shiften“, aber man darf die Reihenfolge nicht beliebig ändern! Zum Beispiel: (1, 5, 3) = (5, 3, 1) = (3, 1, 5) 6= (1, 3, 5) = (3, 5, 1) = (5, 1, 3) . | I {z } | {z } Die Reihenfolge der Zyklen ist irrelevant. Zum Beispiel: G G (1, 6)(2)(4)(3, 5) = (3, 5)(4)(1, 6)(2). 686 / 1411 Quizfragen 1. Gilt (3, 1, 4, 5, 2, 6) = (4, 5, 2, 6, 3, 1)? 2. Gilt (3, 1, 4, 5, 2, 6) = (6, 2, 5, 4, 1, 3)? 3. Gilt (3, 4)(5, 1, 2, 6) = (3, 4)(1, 2, 6, 5)? 4. Gilt (3, 4)(5, 1, 2, 6) = (1, 2, 6, 5)(3, 4)? 5. Gilt (2, 4, 3)(5, 1, 6) = (4, 2, 3)(1, 5, 6)? 6. Gilt (2, 4)(1, 5)(3, 6) = (4, 2)(1, 5)(6, 3)? 7. Gilt (2, 4)(1, 5)(3, 6) = (5, 1)(4, 2)(6, 3)? 8. Gilt (1)(4, 2)(3, 6, 5) = (1)(2, 4)(5, 3, 6)? 9. Gilt (1)(4, 2)(3, 6, 5) = (6, 5, 3)(1)(4, 2)? 687 / 1411 Antworten 1. Ja. 2. Nein. 3. Ja. 4. Ja. 5. Nein. 6. Ja. 7. Ja. 8. Ja. 9. Ja. 688 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende Permutationen p1 , p2 und p3 über [6] in Matrixdarstellung: ! 1. p1 = 1 2 3 4 5 6 , 2 6 1 5 4 3 2. p2 = 1 2 3 4 5 6 , 3 2 1 5 6 4 3. p3 = 1 2 3 4 5 6 . 2 3 5 1 6 4 ! ! Wie sehen p1 , p2 und p3 in Zyklendarstellung aus? 689 / 1411 Antworten 1. p1 = (1, 2, 6, 3)(4, 5). 2. p2 = (1, 3)(2)(4, 5, 6). 3. p3 = (1, 2, 3, 5, 6, 4). 690 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende Permutationen p1 , p2 und p3 über [6] in Zyklendarstellung: 1. p1 = (2, 3)(4)(1, 5, 6), 2. p2 = (1, 3, 2)(6, 4, 5), 3. p3 = (5, 3, 6, 2)(4, 1). Wie sehen p1 , p2 und p3 in Matrixdarstellung aus? 691 / 1411 Antworten ! 1. p1 = 1 2 3 4 5 6 . 5 3 2 4 6 1 2. p2 = 1 2 3 4 5 6 . 3 1 2 5 6 4 3. p3 = 1 2 3 4 5 6 . 4 5 6 1 3 2 ! ! 692 / 1411 Stirling-Zahlen erster Art sn,k gibt die Anzahl der Permutationen in Zyklenschreibweise (s. Folie 333) von n Elementen mit genau k (nichtleeren) Zyklen an. Man schreibt oft auch kn statt sn,k . Beispiel Es gibt genau 11 Permutationen über [4] mit genau 2 Zyklen: (1)(2, 3, 4) , (1)(2, 4, 3) , (2)(1, 3, 4) , (2)(1, 4, 3) , (3)(1, 2, 4) , (3)(1, 4, 2) , (4)(1, 2, 3) , (4)(1, 3, 2) , (1, 2)(3, 4) , (1, 3)(2, 4) , (1, 4)(2, 3) . Also ist s4,2 = 11. Erinnerung Man kann die Elemente innerhalb eines Zykels beliebig „shiften“, z.B.: (1, 2, 3) = (2, 3, 1) = (3, 1, 2) 6= (1, 3, 2) = (2, 1, 3) = (3, 2, 1) 693 / 1411 Quizfragen 1. Was ist s3,1 ? 2. Was ist s3,2 ? 3. Was ist s4,1 ? 4. Was ist s4,3 ? 5. Was ist sn,0 für n ∈ N? 6. Was ist sn,1 für n ∈ N? 7. Was ist sn,n−1 für n ∈ N? 8. Was ist sn,n für n ∈ N0 ? 694 / 1411 Antworten 1. s3,1 = 2. 2. s3,2 = 3. 3. s4,1 = 6. 4. s4,3 = 6. 5. sn,0 = 0. 6. sn,1 = n! n 7. sn,n−1 = = (n − 1)!. n 2 . 8. sn,n = 1. 695 / 1411 Info Die Werte von sn,k können in folgendem Dreieck abgelesen werden. k 0 n 1 2 3 4 5 6 0 1 1 0 1 2 0 1 1 3 0 2 3 1 4 0 6 11 6 1 5 0 24 50 35 10 1 6 0 120 274 225 85 15 1 7 0 720 1764 1624 735 175 21 7 8 z.B. s5,3 = 35 1 696 / 1411 Rekursive Berechnung Die Stirling-Zahl erster Art sn,k genügt für alle n, k ∈ N mit k ≤ n die Rekursion sn,k = sn−1,k−1 + (n − 1) · sn−1,k mit s0,0 = 1, sn,0 = 0 und sn,n = 1 für alle n ∈ N. 697 / 1411 Intuition Wenn man k Zyklen mit Zahlen aus [n] füllen möchte, dann kann das Element n entweder alleine in einem Zyklus sein oder nicht (deswegen „+“). I Falls n alleine in einem Zyklus ist, so hat man für die restlichen n − 1 Elemente nur noch k − 1 Zyklen. Daher gibt es hierfür sn−1,k−1 Möglichkeiten. I Falls n nicht alleine in einem Zyklus ist, so muss man die restlichen n − 1 Elemente in allen k Zyklen verteilen (sn−1,k Möglichkeiten) und dann (deswegen jetzt „·“) das Element n rechts von einem der n − 1 restlichen Elemente in dem entsprechenden Zyklus hinzufügen (n − 1 Möglichkeiten). Insgesamt gibt es hierfür (n − 1) · sn−1,k Möglichkeiten. 698 / 1411 Rechenregeln für Stirlingzahlen erster Art Folgende Rechenregeln sind für Stirlingzahlen erster Art wichtig. Es gilt für n, k ∈ N0 : sn,k = sn−1,k−1 + (n − 1) · sn−1,k , n X 1 ≤ n, k sn,i = n! (Rekursive Berechnung) (Zeilensumme) i=0 1≤n sn,0 = 0 , sn,1 = (n − 1)! , 1≤n ! sn,n−1 = n n · (n − 1) = , 2 2 1≤n sn,n = 1 Diese Rechenregeln kann man sehr schön am Dreieck für Stirlingzahlen erster Art erkennen! 699 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.3.5. Binomialkoeffizienten Stirling-Zahlen erster Art Stirling-Zahlen zweiter Art Zahlpartitionen Sonstige Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 700 / 1411 Stirling-Zahlen zweiter Art Sn,k gibt die Anzahl der Partitionen (s. Folie 43) einer n-elementigen Menge in k nichtleere Klassen an. Man schreibt oft auch kn statt Sn,k . Beispiel Es gibt genau 7 2-Partitionen der Menge [4]: {1}, {2, 3, 4} , {1, 2}, {3, 4} , {2}, {1, 3, 4} , {1, 3}, {2, 4} , {3}, {1, 2, 4} , {4}, {1, 2, 3} , {1, 4}, {2, 3} . Bzw. kurz: 1 | 2, 3, 4 2 | 1, 3, 4 3 | 1, 2, 4 4 | 1, 2, 3 1, 2 | 3, 4 1, 3 | 2, 4 1, 4 | 2, 3 Also ist S4,2 = 7. 701 / 1411 Quizfragen 1. Was ist S3,1 ? 2. Was ist S3,2 ? 3. Was ist S4,1 ? 4. Was ist S4,3 ? 5. Was ist Sn,0 für n ∈ N? 6. Was ist Sn,1 für n ∈ N? 7. Was ist Sn,n−1 für n ∈ N? 8. Was ist Sn,n für n ∈ N0 ? 702 / 1411 Antworten 1. S3,1 = 1. 2. S3,2 = 3. 3. S4,1 = 1. 4. S4,3 = 6. 5. Sn,0 = 0. 6. Sn,1 = 1. 7. Sn,n−1 = n 2 . 8. Sn,n = 1. 703 / 1411 Info Die Werte von Sn,k können in folgendem Dreieck abgelesen werden. k 0 n 1 2 3 4 5 6 0 1 1 0 1 2 0 1 1 3 0 1 3 1 4 0 1 7 6 1 5 0 1 15 25 10 1 6 0 1 31 90 65 15 1 7 0 1 63 301 350 140 21 7 8 z.B. S5,3 = 25 1 704 / 1411 Rekursive Berechnung Die Stirling-Zahl zweiter Art Sn,k genügt für alle n, k ∈ N mit k ≤ n die Rekursion Sn,k = Sn−1,k−1 + k · Sn−1,k mit S0,0 = 1, Sn,0 = 0 und Sn,n = 1 für alle n ∈ N. 705 / 1411 Intuition Wenn man k Klassen mit Zahlen aus [n] füllen möchte, dann kann das Element n entweder alleine in einer Klasse sein oder nicht (deswegen „+“). I Falls n alleine in einer Klasse ist, so hat man für die restlichen n − 1 Elemente nur noch k − 1 Klassen. Daher gibt es hierfür Sn−1,k−1 Möglichkeiten. I Falls n nicht alleine in einer Klasse ist, so muss man die restlichen n − 1 Elemente in allen k Klassen verteilen (Sn−1,k Möglichkeiten) und dann (deswegen jetzt „·“) das Element n in eine der k Klassen hinzufügen (k Möglichkeiten). Insgesamt gibt es hierfür k · Sn−1 k Möglichkeiten. 706 / 1411 Rechenregeln für Stirlingzahlen zweiter Art Folgende Rechenregeln sind für Stirlingzahlen zweiter Art wichtig. Es gilt für n, k ∈ N0 : Sn,k = Sn−1,k−1 + k · Sn−1,k , 1 ≤ n, k Sn,0 = 0 , 1≤n Sn,1 = 1 , 1≤n n−1 Sn,2 = 2 −1 , (Rekursive Berechnung) 1≤n ! Sn,n−1 = n n · (n − 1) = , 2 2 1≤n Sn,n = 1 Diese Rechenregeln kann man sehr schön am Dreieck für Stirlingzahlen zweiter Art erkennen! 707 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.3.5. Binomialkoeffizienten Stirling-Zahlen erster Art Stirling-Zahlen zweiter Art Zahlpartitionen Sonstige Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 708 / 1411 Zahlpartitionen Pn,k gibt die Anzahl der Partitionen der n-elementigen Multimenge {|1, 1, . . . , 1|} (s. Folie 631) in k nichtleere Klassen an. Intuitiv gibt Pn,k die Anzahl der Möglichkeiten, n als Summe von k Summanden aus N darzustellen. Beispiel Es gibt genau 4 3-Partitionen über {|1, 1, 1, 1, 1, 1, 1|}: {|{|1|} , {|1|} , {|1, 1, 1, 1, 1|}|} , {|{|1|} , {|1, 1|} , {|1, 1, 1, 1|}|} , {|{|1|} , {|1, 1, 1|} , {|1, 1, 1|}|} , {|{|1, 1|} , {|1, 1|} , {|1, 1, 1|}|} . Bzw. kurz: 7 = 1 + 1 + 5 = 1 + 2 + 4 = 1 + 3 + 3 = 2 + 2 + 3. Also ist P7,3 = 4. 709 / 1411 Quizfragen 1. Was ist P6,4 ? 2. Was ist P6,5 ? 3. Was ist P7,2 ? 4. Was ist P8,3 ? 5. Was ist Pn,0 für n ∈ N? 6. Was ist Pn,1 für n ∈ N? 7. Was ist Pn,2 für n ∈ N? 8. Was ist Pn,n−1 für n ∈ N? 9. Was ist Pn,n für n ∈ N0 ? 710 / 1411 Antworten 1. P6,4 = 2. 2. P6,5 = 1. 3. P7,2 = 3. 4. P8,3 = 5. 5. Pn,0 = 0. 6. Pn,1 = 1. 7. Pn,2 = n 2 . 8. Pn,n−1 = 1. 9. Pn,n = 1. 711 / 1411 Info Die Werte von Pn,k können in folgendem Dreieck abgelesen werden. k 0 n 1 2 3 4 5 6 0 1 1 0 1 2 0 1 1 3 0 1 1 1 4 0 1 2 1 1 5 0 1 2 2 1 1 6 0 2 3 3 2 1 1 7 0 1 3 4 3 2 1 7 8 z.B. P5,3 = 2 1 712 / 1411 Erste Rekursive Berechnung Die Zahlpartition Pn,k genügt für alle n, k ∈ N mit k ≤ n die Rekursion Pn,k = k X Pn−k,i = Pn−k,0 + Pn−k,1 + Pn−k,2 + . . . + Pn−k,k i=0 mit P0,0 = 1, Pn,0 = 0 und Pn,n = 1 für alle n ∈ N. 713 / 1411 Intuition Man möchte n 1en in k Klassen so verteilen, dass keine Klasse leer bleibt. Man kann als erstes in jede Klasse zuerst genau eine 1 hinzufügen, so dass wir nur noch n − k übrig haben. Dann gilt: I entweder wir fügen alle restlichen n − k 1en in keine Klasse hinzu (Pn−k,0 = 0 Möglichkeiten, falls n − k 6= 0 bzw. Pn−k,0 = 1 Möglichkeit, falls n − k = 0) I oder wir fügen alle restlichen n − k 1en in eine Klasse hinzu (Pn−k,1 Möglichkeiten) I oder wir verteilen sie auf zwei Klassen (Pn−k,2 Möglichkeiten) I oder wir verteilen sie auf drei Klassen (Pn−k,3 Möglichkeiten) I ... I oder wir verteilen sie auf alle k Klassen (Pn−k,k Möglichkeiten) 714 / 1411 Zweite rekursive Berechnung Aus der ersten Formel folgt: Pn−1,k−1 = k−1 i=0 Pn−k,i . Ersetzt man nun die ersten P k − 1 Summanden der Summe ki=0 Pn−k,i durch Pn−1,k−1 erhält man folgende äquivalente Aussage für alle n, k ∈ N: P Pn,k = Pn−1,k−1 + Pn−k,k wieder mit P0,0 = 1, Pn,0 = 0 und Pn,n = 1 für alle n ∈ N. 715 / 1411 Intuition Entweder es gibt mindestens eine Klasse mit nur einer 1 oder nicht. I Falls eine Klasse nur eine 1 hat, dann muss man lediglich die restlichen n − 1 1en auf die restlichen k − 1 Klassen verteilen (Pn−1,k−1 Möglichkeiten) I Falls alle Klassen mindestens zwei 1en haben so kann man sich von jeder Klasse eine 1 „wegdenken“ und nur n − k 1en auf die k Klassen verteilen. 716 / 1411 Rechenregeln für Zahlpartitionen Folgende Rechenregeln sind für Zahlpartitionen wichtig. Es gilt für n, k ∈ N0 : k X 1 ≤ n, k (Erste rekursive Berechnung) Pn,k = Pn−1,k−1 + Pn−k,k , 1 ≤ n, k (Zweite rekursive Berechnung) Pn,0 = 0 , 1≤n Pn,1 = 1 , n Pn,2 = , 2 Pn,n−1 = 1 , 1≤n Pn,k = Pn−k,i , i=0 1≤n 1≤n Pn,n = 1 Diese Rechenregeln kann man sehr schön am Dreieck für Zahlpartitionen erkennen! 717 / 1411 Vergleich: sn,k vs. Sn,k vs. Pn,k Mit sn,k , Sn,k und Pn,k zählen wir die Möglichkeiten irgendwelche Elemente in nicht unterscheidbaren Zyklen bzw. Klassen zu verteilen. I Bei sn,k sind die Elemente alle verschieden und die Reihenfolge der Elemente innerhalb eines Zykels spielt eine Rolle. I Bei Sn,k sind die Elemente, wie bei sn,k , alle verschieden, aber die Reihenfolge der Elemente innerhalb einer Klasse ist irrelevant. I Bei Pn,k sind die Elemente alle gleich (das heißt es spielt keine Rolle welches wo landet) und die Reihenfolge der Elemente innerhalb einer Klasse ist ebenfalls irrelevant. 718 / 1411 Übersichtlicher als Tabelle: Zählkoeffizient sn,k Sn,k Pn,k Elemente verschieden verschieden gleich Reihenfolge der Elemente Zyklus irrelevant irrelevant Reihenfolge der Klassen irrelevant irrelevant irrelevant Deswegen gilt für alle n, k ∈ N0 : Pn,k ≤ Sn,k ≤ sn,k . 719 / 1411 Beispiel s4,2 = 11 S4,2 = 7 P4,2 = 2 (1)(2, 3, 4) (1)(2, 4, 3) (2)(1, 3, 4) (2)(1, 4, 3) (3)(1, 2, 4) (3)(1, 4, 2) (4)(1, 2, 3) (4)(1, 3, 2) (1, 2)(3, 4) (1, 3)(2, 4) (1, 4)(2, 3) {{1}, {2, 3, 4}} {|{|1|} , {|1, 1, 1|}|} {{2}, {1, 3, 4}} {{3}, {1, 2, 4}} {{4}, {1, 2, 3}} {{1, 2}, {3, 4}} {{1, 3}, {2, 4}} {{1, 4}, {2, 3}} {|{|1, 1|} , {|1, 1|}|} 720 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.3.5. Binomialkoeffizienten Stirling-Zahlen erster Art Stirling-Zahlen zweiter Art Zahlpartitionen Sonstige Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 721 / 1411 Fixpunkte Seien M eine Menge, f : M → M eine Funktion und x ∈ M ein beliebiges Element. x ist ein Fixpunkt von f , falls f (x ) = x gilt. Die Menge aller Fixpunkten von f bezeichnen wir mit fix(f ). Beispiele I Für f : Z → Z mit f (x ) = x 2 gilt fix(f ) = {0, 1}. I Für g : Z → Z mit g(x ) = x + 1 gilt fix(g) = ∅. I Für h : Z → Z mit h(x ) = x gilt fix(h) = Z. I Für die Permutation p = (1, 3)(2)(4, 6, 5)(7) gilt fix(p) = {2, 7} I Für die Permutation id[n] = (1)(2)(3) . . . (n) gilt fix(id[n] ) = [n]. 722 / 1411 Rencontres-Zahlen Dn,k gibt die Anzahl der Permutationen einer n-elementigen Menge an, die genau k Fixpunkte besitzen. Beispiel Es gibt genau 6 Permutationen über [4] mit genau 2 Fixpunkten: (1, 2)(3)(4), (1, 3)(2)(4), (1, 4)(2)(3), (1)(2, 3)(4), (1)(2, 4)(3), (1)(2)(3, 4). Also ist D4,2 = 6. 723 / 1411 Noch ein Beispiel Es gibt genau 3! = 6 Permutationen über [3]. Für diese gilt: p fix(p) | fix(p)| (1)(2)(3) (1,2)(3) (1,3)(2) (1)(2,3) (1,2,3) (1,3,2) {1, 2, 3} {3} {2} {1} ∅ ∅ 3 1 1 1 0 0 Also gilt: D3,0 = 2, D3,1 = 3, D3,2 = 0 und D3,3 = 1. 724 / 1411 Info Die Werte von Dn,k können in folgendem Dreieck abgelesen werden. k 0 n 1 2 3 4 5 6 0 1 1 0 1 2 1 0 1 3 2 3 0 1 4 9 8 6 0 1 5 44 45 20 10 0 1 6 265 264 135 40 15 0 1 7 1854 1855 924 315 70 21 0 7 8 z.B. D5,3 = 10 1 725 / 1411 Kronecker-Delta δn,k gibt einfach an, ob n = k gilt oder nicht. ( δn,k = 1 falls n = k 0 falls n = 6 k Das Dreieck für δn,k ist entsprechend kompliziert. k 0 n 1 2 3 0 1 1 0 1 2 0 0 1 3 0 0 0 1 4 0 0 0 0 4 5 1 726 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 3.4.1. Goldene Tabelle 3.4.2. Leere Urnen und Zwischenräume 727 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 3.4.1. Goldene Tabelle 3.4.2. Leere Urnen und Zwischenräume 728 / 1411 Goldene Tabelle Wir zählen die Anzahl aller möglichen Verteilungen von k Bällen auf n Urnen. k Bälle → n Urnen A B C D Bälle unterscheidbar Urnen unterscheidbar Bälle gleich Urnen unterscheidbar Bälle unterscheidbar Urnen gleich Bälle gleich Urnen gleich 1 beliebig viele Bälle pro Urne („beliebig“) 2 höchstens ein Ball pro Urne („injektiv“) 3 mindestens ein Ball pro Urne („surjektiv“) 4 genau ein Ball pro Urne („bijektiv“) nk nk n n! · Sk,n k−1 k! k n−1 1 k+n−1 k Pn Sk,i 1 Sk,n 1 Pn Pk,i 1 Pk,n 1 i=0 i=0 729 / 1411 Infos I Damit die Verteilungen injektiv, surjektiv oder bijektiv sein können, muss entsprechend k ≤ n, k ≥ n oder k = n gelten, sonst ist die Anzahl solcher Verteilungen natürlich Null ;-) I Falls k = n gilt, dann liefern die Formeln für injektiv, surjektiv und bijektiv dieselben Ergebnisse. I Oft steht in den Musterlösungen I Falls Bälle und Urnen unterscheidbar sind, dann ist die Verteilung automatisch eine Funktion. I Dieses Modell ist eine Erweiterung des Modells auf Folie 639: mit Zurücklegen ohne Zurücklegen Reihenfolge relevant nk nk k+n−1 n Reihenfolge irrelevant k k nk k! statt k+n−1 . k 730 / 1411 Rezept Frage: Wie benutzt man die goldene Tabelle richtig? Methode: Man stellt sich für jede der gegebenen Mengen folgende zwei Fragen: Darf ein beliebiges Element aus dieser Menge mit 1. mehreren 2. Null Elementen aus der anderen Menge in Verbindung stehen? Hat eine der beiden Mengen auf beide Fragen nein als Antwort, dann sind das die Bälle! Für die andere Menge gilt dann: 1. Frage 2. Frage Verteilung ja ja beliebig nein ja injektiv ja nein surjektiv nein nein bijektiv Bei bijektiven Funktionen ist es dann egal was Bälle und was Urnen sind! ;-) 731 / 1411 Beispiele 1. Wir würfeln mit mehreren Würfeln gleichzeitig. Jeder Würfel zeigt eine von 6 verschiedenen Zahlen. I I Es kann nicht passieren, dass ein Würfel mehr als eine oder keine Zahl zeigt. Eine Zahl kann mehr als einmal oder auch Null mal vorkommen. Es gilt also: f : Würfeln → Zahlen (beliebig) 2. Wir verteilen ganze Schokoladen auf Studenten. I I Es gibt gierige Studenten die mehr als eine Schokolade essen und auch andere die auf Diät sind und gar keine essen. Schokoladen werden nicht geteilt und auch nicht weggeschmissen. Es gilt also: f : Schokoladen → Studenten (beliebig) 732 / 1411 3. Hühner legen bekanntlich Eier. I I Ein Huhn kann mehrere oder auch gar keine Eier legen. Ein Ei wird nicht von mehreren Hühnern gelegt und entsteht auch nicht von alleine. Es gilt also: f : Eier → Hühner (beliebig) 4. Wir spielen Lotto. Es werden Zahlen ohne zurücklegen gezogen. I I Eine Zahl kann nicht mehrmals gezogen werden, aber es kann schon passieren, dass sie nicht gezogen wird. In einer Ziehung kann man nicht mehr und auch nicht weniger als eine Zahl ziehen. Es gilt also: f : Ziehungen → Zahlen (injektiv) 733 / 1411 5. Informatikstudenten organisieren sich, um zusammen in Autos nach Garching zu fahren. I I Ein Student kann nicht in zwei Autos sein und bleibt auch nicht ohne Mitfahrgelegenheit. In einem Auto passen mehrere Studenten rein, aber das Auto kann nicht leer sein (noch fahren Autos nicht von alleine). Es gilt also: f : Informatikstudenten → Autos (surjektiv) 6. Jeder von 11 Fußballspieler zieht vor dem Spiel eins von 11 Trikots an. I I Kein Spieler trägt mehr oder weniger als ein Trikot. Kein Trikot wird von mehr oder weniger als ein Spieler getragen. Es gilt also: f : Fußballspieler → Trikots (bijektiv) f : Trikots → Fußballspieler (bijektiv) Oder auch: 734 / 1411 Quizfragen Eine Banane, ein Apfel, eine Orange und eine Pflaume werden auf 2 Körbe verteilt. Wie viele Verteilungsmöglichkeiten gibt es in jedem der folgenden Fälle? 1. Die Körbe sind unterscheidbar, 2. Die Körbe sind unterscheidbar und kein Korb darf leer bleiben, 3. Die Körbe sind unterscheidbar und jeder Korb soll genau 2 Obststücke bekommen, 4. Die Körbe sind nicht unterscheidbar, 5. Die Körbe sind nicht unterscheidbar und kein Korb darf leer bleiben, 6. Die Körbe sind nicht unterscheidbar und jeder Korb soll genau 2 Obststücke bekommen. Gib dein Ergebnis als Zahl und nicht als unausgewertetem mathematischen Ausdruck an. 735 / 1411 Antworten 1. Verteile 4 unterscheidbare Bälle auf 2 unterscheidbare Urnen beliebig: 24 = 16. 2. Verteile 4 unterscheidbare Bälle auf 2 unterscheidbare Urnen surjektiv: 2! · S4,2 = 2 · 7 = 14. 3. Für den ersten Korb wähle 2 Obststücke aus 4 und für den zweiten 2 aus 2: 4 2 · 2 2 = 6. 4. Verteile 4 unterscheidbare Bälle auf 2 gleiche Urnen beliebig: S4,1 + S4,2 = 1 + 7 = 8. 5. Verteile 4 unterscheidbare Bälle auf 2 gleiche Urnen surjektiv: S4,2 = 7. 6. Für den ersten Korb wähle 2 Obststücke aus 4 und für den zweiten 2 aus 2. Da die Körbe gleich sind, sind je zwei Verteilungen identisch und wir müssen durch 2 (4)·(2) dividieren: 2 2 2 = 3. 736 / 1411 Knifflige Quizfragen Der Weihnachtsmann hat dieses Jahr von 12 Informatikstudenten der TUM keinen Wunschzettel bekommen. (Es gibt tatsächlich Leute, die nicht an den Weihnachtsmann glauben!) Zu Hause am Nordpol hat er noch von Weihnachten 24 identische Socken übrig, die er jetzt großzügigerweise den Studenten nachträglich schenken möchte. Wie viele Verteilungsmöglichkeiten gibt es in jedem der folgenden Fälle? 1. Er verteilt alle 24 Socken irgendwie auf die 12 Studenten. 2. Er hält das für zu unpersönlich und entscheidet jede Socke mit einer unterschiedlichen Farbe zu färben und verteilt sie dann alle irgendwie. 3. Er möchte sparsamer mit seinen Socken umgehen und beschließt 12 der 24 gefärbten Socken irgendwie zu verteilen und 12 für sich zu behalten (für nächstes Jahr). 4. Er hält diese Idee für zu unfair und beschließt 12 der 24 gefärbten Socken fair zu verteilen (also eine Socke pro Student) und 12 für sich zu behalten. 5. Er merkt, dass man mit nur einer Socke nicht viel anfangen kann und beschließt aus den 24 gefärbten Socken 12 Paare zu bilden und diese fair zu verteilen. 737 / 1411 Antworten 1. Verteile 24 gleiche Bälle auf 12 unterscheidbare Urnen beliebig: 24+12−1 24 = 35 24 . 2. Verteile 24 unterscheidbare Bälle auf 12 unterscheidbare Urnen beliebig: 1224 . 3. Wähle zuerst 12 aus 24 und verteile dann die restlichen 12 beliebig. 24 12 · 1212 . 12 24 12 4. Wie 4., aber bijektiv: 24 12 · 12! = 12! · 12! = 24 . Alternativ: verteile die Studenten injektiv auf die Socken. 5. Wähle für Student 2 aus 24 Socken für Student 1, dann 2 aus 22 für Student 2, 24 22 20 2 24! dann 2 aus 20 für Student 3, usw.: 2 · 2 · 2 · . . . · 2 = (2!) 12 . 738 / 1411 Themenübersicht 3. Kombinatorik 3.1. Ziehen von Elementen aus einer Menge 3.2. Kombinatorische Beweisprinzipien 3.3. Fundamentale Zählkoeffizienten 3.4. Bälle und Urnen 3.4.1. Goldene Tabelle 3.4.2. Leere Urnen und Zwischenräume 739 / 1411 Wir betrachten jetzt Aufgaben die etwa so aussehen: m verschiedene Urnen stehen nebeneinander. Nun werden n Bälle so auf die Urnen geworfen, dass in jeder Urne höchstens ein Ball landet und jede Urne, in der ein Ball landet, benachbarte Urnen beeinflusst. Die Anzahl an Verteilungsmöglichkeiten ermittelt man nicht, indem man Bälle auf Urnen verteilt, sondern leere Urnen auf Zwischenräume. Das Rezept dazu steht auf der nächsten Folie. 740 / 1411 Rezept Frage: Wie verteilt man leere Urnen auf Zwischenräume? Methode: Zähle die Anzahl der Möglichkeiten für folgende Schritte und multipliziere sie zusammen. 1. Stelle die Bälle in eine Reihe (eindeutig, falls alle Bälle gleich sind bzw. n! Möglichkeiten, falls alle unterschiedlich sind). 2. Von den m Urnen sind n belegt und m − n leer. Verteile einige der leeren Urnen so auf die n + 1 Zwischenräume neben den Bällen, dass alle notwendigen Bedingungen erfüllt werden. 3. Verteile schließlich die restlichen leeren Urnen auf die Zwischenräume. Die Urnen werden dabei als gleich betrachtet. Ihre Nummerierung ergibt sich dann aus der Verteilung. 741 / 1411 Beispiel Aufgabe: Wir betrachten ein Parkhaus mit 12 nebeneinander stehenden Parkplätzen ◦◦◦◦◦◦◦◦◦◦◦◦ und drei gleiche Monstertrucks, die dort parken wollen. Aufgrund ihrer absurden Größe, belegen die Mostertrucks jeweils zwei benachbarte Parkplätze. Außerdem soll links und rechts von jedem Monstertruck mindestens ein Parkplatz zum Rangieren freigehalten werden. Eine Parkmöglichkeit wäre beispielsweise: ◦◦••◦◦••◦••◦ Wie viele solche Parkmöglichkeiten gibt es? 742 / 1411 Lösung: Wir modellieren belegte Parkplätze mit • und freie Parkplätze mit ◦ und verteilen dann freie Parkplätze auf Zwischenräume wie folgt. 1. Weil die Monstertrucks alle gleich sind, gibt es nur eine Möglichkeit sie in eine Reihe anzuordnen: ∪••∪••∪••∪ 1 2 3 4 2. Weil links und rechts von jedem Monstertruck ein freier Platz sein muss, werden von den 6 freien Parkplätzen 4 auf die Zwischenräume verteilt (jeweils 1). Hierfür gibt es auch nur eine Möglichkeit: ◦ ◦ ◦ ◦ 1 2 3 4 ∪••∪••∪••∪ 3. Die übrigen 2 freien Parkplätze werden beliebig auf die 4 unterscheidbaren 2+4−1 Zwischenräume verteilt. Hierfür gibt es genau = 52 = 10 Möglichkeiten. 2 743 / 1411 Das sind die 10 Parkmöglichkeiten: 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) ◦••◦••◦••◦◦◦ ◦••◦••◦◦••◦◦ ◦••◦••◦◦◦••◦ ◦••◦◦••◦••◦◦ ◦••◦◦••◦◦••◦ ◦••◦◦◦••◦••◦ ◦◦••◦••◦••◦◦ ◦◦••◦••◦◦••◦ ◦◦••◦◦••◦••◦ ◦◦◦••◦••◦••◦ 744 / 1411 Quizfragen Wir betrachten wieder ein Parkhaus mit 40 nebeneinander stehenden Parkplätzen. Wieder wollen Monstertrucks parken, die jeweils zwei Parkplätze belegen. Wie viele Parkmöglichkeiten gibt es in den folgenden Szenarien? 1. Es sind 12 gleiche Monstertrucks. 2. Es sind 9 verschiedene Monstertrucks und zwischen je zwei Monstertrucks muss mindestens ein Parkplatz frei bleiben. 3. Es sind 3 Snakebites, 2 Ghostriders und ein Bigfoot. Außerdem müssen zwischen je zwei Monstertrucks mindestens drei Parkplätze frei bleiben. 745 / 1411 Antworten 1. Bei 12 gleichen Monstertrucks ist die Reihenfolge eindeutig. Weil zwischen ihnen keine Parkplätze frei bleiben müssen, werden keine freien Parkplätze im Voraus verteilt: ∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪••∪ 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Schließlich werden die übrigen 16 freienParkplätze beliebig auf 13 Zwischenräume verteilt. Hierfür gibt es 16+13−1 = 28 16 16 Möglichkeiten. Das ist auch die Gesamtanzahl an Parkmöglichkeiten. 746 / 1411 2. Bei 9 verschiedenen Monstertrucks gibt es 9! verschiedene Reihenfolgen. Von den 22 freien Parkplätzen werden 8 zwischen den Monstertrucks verteilt (1 pro Zwischenraum). ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 2 3 4 5 6 7 8 9 ∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • • ∪ • •∪ 1 10 Schließlich werden die übrigen 14 freienParkplätze beliebig auf 10 Zwischenräume verteilt. Hierfür gibt es 14+10−1 = 23 14 14 Möglichkeiten. Insgesamt gibt es also 23 9! · 14 Parkmöglichkeiten. 747 / 1411 6! 3. Bei 3 Snakebites, 2 Ghostriders und einem Bigfoot gibt es 3!·2!·1! = 60 verschiedene Reihenfolgen. Von den 28 freien Parkplätzen werden 15 zwischen den Monstertrucks verteilt (3 pro Zwischenraum). ◦◦◦ ◦◦◦ ◦◦◦ ◦◦◦ ◦◦◦ 2 3 4 5 6 ∪•• ∪ •• ∪ •• ∪ •• ∪ •• ∪ ••∪ 1 7 Schließlich werden die übrigen 13 freien Parkplätze beliebig auf 7 Zwischenräume 19 verteilt. Hierfür gibt es 13+7−1 = Möglichkeiten. Insgesamt gibt es also 13 13 19 60 · 13 verschiedene Parkmöglichkeiten. 748 / 1411 Quizfragen 7 Studenten bekommen am Tag der DS Klausur Sitzplätze in der ersten Reihe des Hörsaales zugewiesen. Diese besitzt 24 Sitzplätze. Wie viele mögliche Verteilungen gibt es in den folgenden Szenarien? 1. Damit sie nicht voneinander abschreiben können, sollen zwischen je zwei Studenten mindestens zwei Sitzplätze frei bleiben. 2. 3 der 7 Studenten kommen zu früh in die Klausur und legen sich auf den Sitzplätzen zum Schlafen hin. Dabei belegt jeder genau 5 Sitzplätze. 3. Nun erscheinen für die Klausur doppelt so viele Studenten wie angemeldet waren. Das heißt, dass 14 Studenten sich nun die erste Reihe teilen müssen. Dabei dürfen die äußeren zwei Sitzplätze nicht frei bleiben. Weil die Studenten alle voneinander abschreiben wollen, soll es zwischen je zwei Studenten höchstens einen freien Platz geben. Hinweis: Natürlich sind Studenten unterscheidbar! ;-) 749 / 1411 Antworten Wir modellieren freie Sitzplätze mit ◦ und belegte Sitzplätze mit •. 1. Bei 7 Studenten gibt es 7! Reihenfolgen. Von den 17 freien Sitzplätzen werden 12 zwischen den Studenten verteilt: ◦◦ ◦◦ ◦◦ ◦◦ ◦◦ ◦◦ 2 3 4 5 6 7 ∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪ 1 8 Schließlich werden die übrigen 5 freien Sitzplätze beliebig auf 8 Zwischenräume verteilt. Hierfür gibt es 5+8−1 = 12 5 5 Möglichkeiten. Insgesamt gibt es also 12 7! · 5 Verteilungsmöglichkeiten. 750 / 1411 2. Bei 3 Studenten gibt es 3! Reihenfolgen. Weil jeder von ihnen 5 Sitzplätze belegt, gibt es 9 frei Sitzplätze. Weil zwischen den Studenten keine Sitzplätze frei bleiben müssen, werden keine freien Sitzplätze im Voraus verteilt: ∪•••••∪•••••∪•••••∪ 1 2 3 4 Schließlich werden die9 freien Sitzplätze beliebig auf 4 Zwischenräume verteilt. 9+4−1 12 Hierfür gibt es = 9 Möglichkeiten. Insgesamt gibt es also 3! · 12 9 9 Verteilungsmöglichkeiten. 751 / 1411 3. Bei 14 Studenten gibt es 14! Reihenfolgen. Weil zwischen den Studenten keine Sitzplätze frei bleiben müssen, werden keine freien Sitzplätze im Voraus verteilt: •∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪•∪• 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Weil die äußeren Sitzplätze nicht frei sein dürfen, gibt es nur die 13 inneren Zwischenräume. Die übrigen 10 freien Sitzplätze werden also so auf 13 Zwischenräume, dass jeder Zwischenraum höchstens einen freien Platz bekommt (injektiv). Hierfür gibt es 13 Möglichkeiten. Insgesamt gibt es also 14! · 13 10 10 Verteilungsmöglichkeiten. 752 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.2. Bäume 4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise 4.4. Planarität und Färbung 4.5. Matchings 753 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.1.1. Wichtige Begriffe 4.1.2. Wichtige Klassen von Graphen 4.1.3. Sonstige Arten von Graphen 4.2. 4.3. 4.4. 4.5. Bäume Euler-Touren und Hamilton-Kreise Planarität und Färbung Matchings 754 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.1.1. Wichtige Begriffe 4.1.2. Wichtige Klassen von Graphen 4.1.3. Sonstige Arten von Graphen 4.2. 4.3. 4.4. 4.5. Bäume Euler-Touren und Hamilton-Kreise Planarität und Färbung Matchings 755 / 1411 Graphen Sei V2 = {M ⊆ V | |M| = 2} die Menge aller 2-elementigen Teilmengen von V . Ein Graph G = (V , E ) besteht aus einer Menge V von Knoten und einer Menge E ⊆ V2 von Kanten. Beispiel G = (V , E ) mit V = [5] und E = {{1, 2}, {2, 4}, {2, 5}, {3, 5}}: 1 2 4 3 5 Erinnerung: [n] = {1, . . . , n}. 756 / 1411 Infos I Nicht irritieren lassen! „ V2 “ ist nur eine Schreibweise und kein Binomialkoeffizient! Es gilt beispielsweise: {a, b, c} = {a, b}, {a, c}, {b, c} . 2 Analog dazu wählt man z.B. „2M “ für die Potenzmenge von M oder „B A “ für die Menge aller Funktionen f : A → B damit gilt: M 2 = 2|M| , B A = |B||A| , V = |V | . 2 2 Aber wie gesagt: Dies sind nur Schreibweisen! Es heißt nicht, dass man einfach so Mengen in Potenzen oder Binomialkoeffizienten einsetzen darf, als wären sie normale Zahlen. I Graphen sind ungerichtet, d.h. die Kanten zeigen in keine der beiden Richtungen. Deswegen zeichnet man sie als Striche und nicht als Pfeile. Die Begriffe Graph, ungerichteter Graph und einfacher Graph sind bei uns Synonyme. 757 / 1411 Quizfragen 1. Kann ein Graph Schlingen haben? 2. Kann ein Graph Mehrfachkanten haben? 3. Wie viele Graphen mit Knotenmenge V = [5] gibt es? Hinweise: I Eine Schlinge ist eine Kante von einem Knoten zu sich selbst. I Eine Mehrfachkante ist eine Kante, die mehrmals vorkommt. I Erinnerung: [n] = {1, . . . , n}. 758 / 1411 Antworten 1. Nein! Kanten sind 2-elementige Mengen, d.h. es kann keine Duplikate geben. 2. Auch nicht! Die Kanten sind in einer Menge E enthalten, d.h. wieder sind keine Duplikate erlaubt. 3. V gibt es insgesamt 2 ist die Menge aller „potentiellen“ Kanten. Davon 5 V 5·4 ist, 2 = 2·1 = 10 Stück. Da jede Teilmenge von 2 eine mögliche Kantenmenge V entspricht die Anzahl an Graphen genau der Anzahl an Teilmengen von 2 , d.h.: P V 2 !! V 5 = 2|( 2 )| = 2(2) = 210 = 1024. 759 / 1411 Nachbarschaften, Grade, Gradfolge und k-Regularität Sei G = (V , E ) ein Graph. I Die Nachbarschaft Γ(v ) („Gamma“) von einem Knoten v ist die Menge aller Knoten die mit v durch eine Kante verbunden sind, also: Γ(v ) := {w ∈ V | {v , w } ∈ E } . Die Knoten in Γ(v ) werden Nachbarn von v genannt. I Der Grad deg(v ) eines Knotens v ist die Anzahl der Knoten, die mit v durch eine Kante verbunden sind, also: deg(v ) := |Γ(v )|. I Sei V = {v1 , . . . , vn }. Dann heißt (deg(v1 ), . . . , deg(vn )) eine Gradfolge von G. I ∆(G) := max {deg(v ) | v ∈ V } ist der Maximalgrad von G. I δ(G) := min {deg(v ) | v ∈ V } ist der Minimalgrad von G. I Besitzt G die Gradfolge (k, k, . . . , k), so heißt G k-regulär. 760 / 1411 Beispiel Sei G = (V , E ) folgender Graph: 1 2 3 4 Es gilt: I Γ(1) = {3}, Γ(2) = {}, Γ(3) = {1, 4} und Γ(4) = {3}. I deg(1) = 1, deg(2) = 0, deg(3) = 2 und deg(4) = 1. I Eine Gradfolge von G ist (0, 1, 1, 2). I Der Maximalgrad von G ist ∆(G) = 2. I Der Minimalgrad von G ist δ(G) = 0. I G ist nicht k-regulär. 761 / 1411 Noch ein Beispiel Sei G = (V , E ) folgender Graph: 1 4 2 3 Es gilt: I Γ(1) = {2, 3, 4}, Γ(2) = {1, 3, 4}, Γ(3) = {1, 2, 4} und Γ(4) = {1, 2, 3}. I deg(1) = 3, deg(2) = 3, deg(3) = 3 und deg(4) = 3. I Die einzige Gradfolge von G ist (3, 3, 3, 3). I Der Maximalgrad von G ist ∆(G) = 3. I Der Minimalgrad von G ist δ(G) = 3. I G ist 3-regulär. 762 / 1411 Info Manchmal wird gefordert, dass eine Gradfolge auf- oder absteigend sortiert sein soll. Dies ist bei uns nicht der Fall. Insbesondere kann ein Graph also verschiedene Gradfolgen haben. Beispielsweise besitzt der Graph 1 2 3 4 vier verschiedene Gradfolgen: (1, 1, 1, 3), (1, 1, 3, 1), (1, 3, 1, 1) und (3, 1, 1, 1). 763 / 1411 Wege, Pfade und Kreise Sei G = (V , E ) ein Graph. I Ein Weg der Länge k ist eine nichtleere Folge (v0 , v1 , v2 , . . . , vk ) von k + 1 Knoten mit {v0 , v1 }, {v1 , v2 }, . . . , {vk−1 , vk } ∈ E . | {z k paarweise benachbarte Kanten } I Ein Pfad der Länge k ist ein Weg (v0 , . . . , vk ), in dem alle Knoten v0 , . . . , vk paarweise verschieden sind. I Ein Kreis der Länge k ist ein Weg (v0 , . . . , vk ), in dem alle Knoten v0 , . . . , vk−1 paarweise verschieden sind und v0 = vk gilt. Info Graphen, die keine Kreise besitzen, nennt man kreisfrei oder azyklisch. 764 / 1411 Beispiel Sei G = (V , E ) folgender Graph: 1 2 4 3 5 I (1, 2, 4, 5, 2, 3) ist ein Weg der Länge 5, der weder Pfad noch Kreis ist. I (1, 2, 3) ist ein Pfad der Länge 2. I (2, 4, 5, 2) ist ein Kreis der Länge 3. 765 / 1411 Erreichbarkeit und Zusammenhangskomponenten Sei G = (V , E ) ein Graph. I Der Knoten w ist vom Knoten v aus erreichbar, falls ein Pfad (v , . . . , w ) in G existiert. I Die Erreichbarkeit ist eine reflexive, symmetrische und transitive Relation auf Knoten, d.h. eine Äquivalenzrelation. I Die Menge aller Knoten, die sich untereinander erreichen können, bilden eine Äquivalenzklasse und werden eine Zusammenhangskomponente von G gennant. I Besitzt G genau eine Zusammenhangskomponente, dann nennt man G zusammenhängend. 766 / 1411 Beispiel Sei G = (V , E ) folgender Graph: 1 4 2 5 3 6 7 I G hat genau 3 Zusammenhangskomponenten: {4}, {1, 2, 5, 6} und {3, 7}. I G ist nicht zusammenhängend. 767 / 1411 Noch ein Beispiel Sei G = (V , E ) folgender Graph: 1 4 2 5 3 6 7 I G hat nur eine Zusammenhangskomponente: {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7}. D.h. jeder Knoten ist von jedem anderen aus erreichbar. I G ist also zusammenhängend. 768 / 1411 k-partite Graphen Sei G = (V , E ) ein Graph und k ∈ N0 . G heißt k-partit, falls es eine k-Partition P der Knotenmenge V gibt, so dass keine Kante vollständig in eine der Klassen enthalten ist. D.h.: ∀u, v ∈ V , A ∈ P : {u, v } ∈ E =⇒ {u, v } 6⊆ A . Infos I Was eine k-Partition war kann auf Folie 43 aufgefrischt werden. I 2-partite Graphen heißen bipartit und 3-partite tripartit. I Dass ein Graph mehrere solcher k-Partitionen besitzt heißt nicht, dass es mehrere verschiedene k-partite Graphen sind. 769 / 1411 Beispiel Der folgende Graph ist bipartit. 3 2 4 1 5 6 1 2 3 4 5 6 In der rechten Zeichnung wurden die Knoten umgeordnet und die zugrundeliegende Bipartition P = {{1, 3, 5}, {2, 4, 6}} eingezeichnet. 770 / 1411 Noch ein Beispiel Der folgende Graph ist tripartit. 1 1 2 4 3 5 4 5 3 6 2 6 In der rechten Zeichnung wurden die Knoten umgeordnet und die zugrundeliegende Tripartition P = {{1, 5}, {2, 6}, {3, 4}} eingezeichnet. 771 / 1411 Ein letztes Beispiel Der folgende Graph ist 4-partit. 2 1 2 3 4 1 3 4 In der rechten Zeichnung wurden die Knoten umgeordnet und die zugrundeliegende 4-Partition P = {{1}, {2}, {3}, {4}} eingezeichnet. 772 / 1411 Quizfragen 1. Ist jeder k-partite Graph G = (V , E ) mit |V | > k auch (k + 1)-partit? 2. Ist jeder k-partite Graph G = (V , E ) mit k > 1 auch (k − 1)-partit? 3. Wann ist ein Graph G = (V , E ) 1-partit? 773 / 1411 Antworten 1. Ja! Wenn keine Kante innerhalb einer Knotenteilmenge Vi verläuft, dann kann man Vi beliebig in zwei weitere Mengen aufteilen und innerhalb von diesen wird ebenfalls keine Kante verlaufen. Somit ist jeder Graph G = (V , E ) automatisch |V |-partit. 2. Nein! Die Graphen aus den letzten drei Beispielen können als Gegenbeispiel benutzt werden. Der Graph auf Folie 770 ist bipartit, aber nicht 1-partit, der auf Folie 771 ist tripartit, aber nicht bipartit und der auf Folie 772 ist 4-partit, aber nicht tripartit. Wäre diese Aussage auch wahr, dann wäre jeder Graph G = (V , E ) automatisch 1-, 2-, 3-, . . . und |V |-partit, was echt seltsam wäre. 3. Wenn V 6= ∅ und E = ∅. Gäbe es eine Kante {u, v } in E , dann könnten u und v nicht in derselben Klasse sein und G wäre nicht 1-partit. Andererseits, falls V = ∅, dann ist nach Folie 43 P = {} die einzige mögliche Partition der Knotenmenge V und G wäre dann 0-partit. 774 / 1411 Teilgraphen und induzierte Teilgraphen Sei G = (V , E ) ein Graph. V 0 2 gilt. 0 und E 0 = E ∩ V2 I H = (V 0 , E 0 ) heißt Teilgraph von G, falls V 0 ⊆ V und E 0 ⊆ E ∩ I H = (V 0 , E 0 ) heißt induzierter Teilgraph von G, falls V 0 ⊆ V gilt. Erinnerung V 0 2 enthält alle möglichen Kanten über der neuen Knotenmenge V 0 . 775 / 1411 Beispiel Seien G = (V , E ) und H = (V 0 , E 0 ) folgende Graphen: 1 2 3 4 G 1 3 4 H H ist ein Teilgraph von G, aber kein induzierter Teilgraph, da {1, 3} ∈ / E0 776 / 1411 Quizfrage Was ist an folgender Überlegung falsch? Möchte man zu G = (V , E ) einen Teilgraph H = (V 0 , E 0 ) konstruieren, so hat man |P(V )| = 2|V | verschiedene Möglichkeiten für V 0 und |P(E )| = 2|E | für E 0 . G hat also 2|V | · 2|E | = 2|V |+|E | verschiedene Teilgraphen. 777 / 1411 Antwort Das ist nur eine obere Schranke. Es gibt zwar genau 2|V |+|E | Möglichkeiten ein Tupel (V 0 , E 0 ) zu konstruieren, aber im Allgemeinen sind einige davon keine Graphen, beispielsweise wenn {vi , vj } ∈ E 0 aber vi , vj ∈ / V 0. Deswegen kann man nur sagen, dass G höchstens so viele Teilgraphen besitzt. 778 / 1411 Graphenisomorphie Zwei Graphen G = (V , E ) und H = (V 0 , E 0 ) sind genau dann isomorph zueinander (G ∼ = H), wenn es eine Bijektion h : V → V 0 gibt, so dass für alle u, v ∈ V gilt: {u, v } ∈ E ⇐⇒ {h(u), h(v )} ∈ E 0 . Intuitiv sind also G und H isomorph zueinander, wenn man die Knoten von G so umbenennen kann, dass G und H identisch sind. Infos I Die Funktion h wird Isomorphismus genannt. I Isomorphe Graphen haben dieselbe „Form“. I Die Isomorphie ist eine Relation über Graphen. Sie ist reflexiv, symmetrisch und transitiv, also eine Äquivalenzrelation. 779 / 1411 Beispiel Seien G = (V , E ) und H = (V 0 , E 0 ) folgende Graphen 1 2 4 3 5 4 1 5 G 2 3 H Mögliche Isomorphismen h1 , h2 : V → V 0 wären: h1 : 1 7→ 4, 2 7→ 1, 3 7→ 2, 4 7→ 5, 5 7→ 3 und h2 : 1 7→ 5, 2 7→ 1, 3 7→ 2, 4 7→ 4, 5 7→ 3. 780 / 1411 Wichtige Aussagen zu Graphen 1. Handshaking-Theorem. In jedem Graph G = (V , E ) gilt: P v ∈V deg(v ) = 2|E |. 2. Satz von Havel-Hakimi. Seien d1 , . . . , dn ∈ N0 mit d1 ≤ . . . ≤ dn , dann gibt es genau dann einen Graph G mit Gradfolge (d1 , . . . , dn ), wenn es einen Graph G 0 gibt mit Gradfolge (d1 , . . . , dn−dn −1 , dn−dn − 1, . . . , dn−1 − 1). {z } | {z } | n − dn − 1 gleich dn mit „−1“ 3. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt: I I Es gibt eine Zusammenhangskomponente in G mit mindestens ∆(G) + 1 Knoten. Jede Zusammenhangskomponente in G besitzt mindestens δ(G) + 1 Knoten. 4. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt: G zusammenhängend G kreisfrei G kreisfrei G kreisfrei G bipartit ∆(G) + δ(G) + 1 ≥ |V | =⇒ |V | ≤ |E | + 1 =⇒ |V | ≥ |E | + 1 =⇒ |{v ∈ V | deg(v ) = 1}| ≥ 2 (falls |V | ≥ 2) =⇒ G bipartit (falls |E | ≥ 1) =⇒ 4|E | ≤ |V |2 =⇒ G zusammenhängend (folgt aus 3.) 781 / 1411 Quizfragen 1. Gibt es für jedes n ∈ N einen 3-regulären Graph G mit n Knoten? 2. Gibt es einen Graph G mit Gradfolge (1, 2, 3, 3, 3, 4, 4)? 3. Gibt es einen Graph G mit Gradfolge (2, 4, 4, 6, 6, 6, 7, 7)? 4. Gibt es einen zusammenhängenden Graph G mit Gradfolge (1, 1, 1, 1, 1, 1, 2, 2, 2, 3, 3)? 5. Ist jeder Graph G mit Gradfolge (2, 2, 3, 3, 4, 4, 6) zusammenhängend? 6. Ist jeder Graph G mit Gradfolge (2, 2, 2, 3, 4, 5, 5, 6, 6, 7, 8) zusammenhängend? 782 / 1411 Antworten 1. Nein! Aus dem Handshaking-Theorem folgt, dass die Summe aller Grade gerade sein muss. Für n ungerade gibt es also keinen solchen Graph. 2. Ja! Aus dem Satz von Havel-Hakimi folgt, dass G genau dann existiert, wenn ein Graph mit Gradfolge (0, 0, 0) (3 Knoten, keine Kanten) existiert. Schritt 1 2 3 4 Gradfolge von G (1, 2, 3, 3, 3, 4, 4) (1, 2, 2, 2, 2, 3) (1, 1, 1, 1, 2) (0, 0, 1, 1) Gradfolge von G 0 (1, 2, 2, 2, 2, 3) (1, 3, 1, 1, 1) (1, 1, 0, 0) (0, 0, 0) Alternative Schreibweise: HH HH sort. (1, 2, 3, 3, 3, 4, 4) −→ (1, 2, 2, 2, 2, 3) −→ (1, 2, 1, 1, 1) −→ (1, 1, 1, 1, 2) HH sort. HH −→ (1, 1, 0, 0) −→ (0, 0, 1, 1) −→ (0, 0, 0) 783 / 1411 3. Nein! Aus dem Satz von Havel-Hakimi folgt, dass G genau dann existiert, wenn ein Graph mit Gradfolge (0, −1, −1) existiert, was unmöglich ist. Schritt 1 2 3 4 5 Gradfolge von G (2, 4, 4, 6, 6, 6, 7, 7) (1, 3, 3, 5, 5, 5, 6) (0, 2, 2, 4, 4, 4) (0, 1, 1, 3, 3) (0, 0, 0, 2) Gradfolge von G 0 (1, 3, 3, 5, 5, 5, 6) (0, 2, 2, 4, 4, 4) (0, 1, 1, 3, 3) (0, 0, 0, 2) (0, −1, −1) Alternative Schreibweise: HH HH (2, 4, 4, 6, 6, 6, 7, 7) −→ (1, 3, 3, 5, 5, 5, 6) −→ (0, 2, 2, 4, 4, 4) HH HH HH −→ (0, 1, 1, 3, 3) −→ (0, 0, 0, 2) −→ (0, −1, −1, ) 784 / 1411 4. Nein! Für G = (V , E ) würde gelten: |V | = 11 und |E | = 3+3+2+2+2+1+1+1+1+1+1 = 9. Wegen |V | > |E | + 1 kann G nicht 2 zusammenhängend sein. 5. Ja! Für G = (V , E ) gilt |V | = 7 und ∆(G) = 6, d.h. G besitzt eine Zusammenhangskomponente, die so groß ist, wie die Anzahl an Knoten. 6. Ja! Wegen ∆(G) = 8 besitzt G = (V , E ) eine Zusammenhangskomponente mit mindestens 9 Knoten. Wegen δ(G) = 2 hat jede Zusammenhangskomponente mindestens 3 Knoten. Damit G aus mindestens zwei Zusammenhangskomponenten besteht, müsste |V | ≥ 9 + 3 = 12 gelten, was nicht stimmt. Deswegen gilt die Implikation: ∆(G) + δ(G) + 1 ≥ |V | =⇒ G zusammenhängend. 785 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.1.1. Wichtige Begriffe 4.1.2. Wichtige Klassen von Graphen 4.1.3. Sonstige Arten von Graphen 4.2. 4.3. 4.4. 4.5. Bäume Euler-Touren und Hamilton-Kreise Planarität und Färbung Matchings 786 / 1411 Wichtige Klassen von Graphen Es gibt Graphen, die immer wieder vorkommen. Diese werden auf den nächsten Folien vorgestellt. 787 / 1411 Pfade Pn Sei n ∈ N. Der Graph G = (V , E ) mit V = [n] und ( E= {u, v } ∈ V 2 ! ) v = u + 1 heißt Pfad Pn . 788 / 1411 Beispiele 5 4 4 3 3 3 2 2 2 2 1 1 1 1 1 P1 P2 P3 P4 P5 789 / 1411 Quizfrage Wie viele Kanten besitzt Pn ? 790 / 1411 Antwort Eine weniger als es Knoten gibt. D.h.: |E | = n − 1. 791 / 1411 Kreise Cn Sei n ∈ N eine natürliche Zahl mit n ≥ 3 und V = {v0 , . . . , vn−1 } eine beliebige n-elementige Menge. Der Graph G = (V , E ) mit ( E= {vi , vj } ∈ V 2 ! ) j = (i + 1) mod n heißt Kreis Cn . 792 / 1411 Beispiele 1 1 1 1 2 2 2 5 6 3 5 4 3 3 C3 2 C4 3 4 C5 4 C6 793 / 1411 Quizfrage Wie viele Kanten besitzt Cn ? 794 / 1411 Antwort So viele, wie es Knoten gibt. D.h.: |E | = n. 795 / 1411 Vollständige Graphen Kn Sei n ∈ N eine natürliche Zahl und V = {v0 , . . . , vn−1 } eine beliebige n-elementige Menge. Der Graph G = (V , E ) mit E= V 2 ! heißt vollständiger Graph Kn . Info In Kn ist also jeder Knoten mit jedem anderen durch eine Kante verbunden. 796 / 1411 Beispiele v1 v1 v2 v1 v2 v0 v0 K1 v1 v0 K2 v2 v3 v3 K3 v0 v0 K4 v4 K5 797 / 1411 Quizfrage Wie viele Kanten besitzt Kn ? 798 / 1411 Antwort So viele, wie es Möglichkeiten gibt, 2 Knoten aus den n zu wählen. D.h.: ! V |E | = = 2 n 2 ! = n(n − 1) . 2 799 / 1411 Vollständige bipartite Graphen Km,n Seien m, n ∈ N natürliche Zahlen und U = {u0 , . . . , um−1 } bzw. V = {v0 , . . . , vn−1 } beliebige m- bzw. n-elementige Mengen. Der bipartite Graph G = (U, V , E ) mit ( E= {vi , vj } ∈ U ∪V 2 ! ) vi ∈ U und vj ∈ V heißt vollständiger bipartiter Graph Km,n . Info In Km,n ist also jeder Knoten aus U mit jedem aus V verbunden. 800 / 1411 Beispiele v2 u2 v2 v1 u1 v1 v0 u0 v0 u1 v1 u0 u0 u0 v0 K1,1 v0 K1,2 K2,3 K3,3 801 / 1411 Quizfrage Wie viele Kanten besitzt Km,n ? 802 / 1411 Antwort So viele, wie es Möglichkeiten gibt, jedes der m Knoten aus U mit jedem der n Knoten aus V zu verbinden. D.h.: |E | = m · n. 803 / 1411 Gittergraphen Mm,n Seien m, n ∈ N natürliche Zahlen und V = {vi,j | i ∈ {0, . . . , m − 1 und j ∈ {0, . . . , n − 1}} eine beliebige (n · m)-elementige Menge. Graph G = (V , E ) mit ( E= {vi,j , vk,l } ∈ V 2 ! ) |i − k| + |j − l| = 1 heißt Gittergraph Mm,n . Info vi,j und vk,l sind also genau dann verbunden, wenn entweder i und k gleich sind und j und l sich um genau 1 unterscheiden oder j und l gleich sind und i und k sich um genau 1 unterscheiden. 804 / 1411 Beispiele v0,2 v1,2 v0,1 v0,1 v1,1 v0,1 v1,1 v2,1 v3,1 v0,0 v0,0 v0,0 v1,0 v0,0 v1,0 v2,0 v3,0 M1,1 M1,2 M2,3 M4,2 805 / 1411 Quizfrage Wie viele Kanten besitzt Mm,n ? 806 / 1411 Antwort Es gibt n(m − 1) „horizontale“ und m(n − 1) „vertikale“ Kanten. D.h.: |E | = n(m − 1) + m(n − 1) = 2mn − m − n. Alternativ: Es gibt I 4 Knoten mit zwei Grad 2 (die Knoten an den Ecken), I 2(m − 2) + 2(n − 2) Knoten mit Grad 3 (die Knoten an den Seiten) und I (m − 2)(n − 2) Knoten mit Grad 4 (die inneren Knoten). Mit dem Handshaking-Theorem erhalten wir: |E | = 2 · 4 + 3 · (2(m − 2) + 2(n − 2)) + 4 · (m − 2)(n − 2) = 2mn − m − n. 2 807 / 1411 Binäre Hyperwürfel Qn Sei n ∈ N0 eine natürliche Zahl. Der Graph G = (V , E ) heißt n-dimensionaler binärer Hyperwürfel Qn , falls V = {0, 1}n und ( E= {u, v } ∈ V 2 ! ) d(u, v ) = 1 gelten. Der Hamming-Abstand d(u, v ) von u und v gibt die Anzahl der Stellen an, an denen sich u und v unterscheiden. Info Für Wörter u = u1 . . . un und v = v1 . . . vn gilt: d(u, v ) = n X |ui − vi |, i=1 Beispiele: d(0010, 0010) = 0, d(0011, 0110) = 2 und d(1011, 0100) = 4. 808 / 1411 Beispiele 110 10 11 111 010 011 100 Q0 0 1 Q1 00 01 Q2 101 000 001 Q3 809 / 1411 Quizfrage Wie viele Kanten besitzt Qn ? 810 / 1411 Antwort Es gibt 2n Knoten und jeder Knoten hat genau Grad n. Mit dem Handshaking-Theorem erhält man: |E | = n · 2n = n · 2n−1 . 2 811 / 1411 Überblick: Wichtige Klassen von Graphen Hier ist eine kleine Zusammenfassung der Antworten der letzten Quizfragen: Graph Parameter Name Knoten Kanten Pn Cn Kn Km,n Mm,n Qn n≥1 n≥3 n≥1 m, n ≥ 1 m, n ≥ 1 n≥0 Pfad Kreis Vollständiger Graph Vollständiger bipartiter Graph Gittergraph Binärer Hyperwürfel n n n n+m nm 2n n−1 n n(n−1) 2 nm 2nm − n − m n2n−1 812 / 1411 Quizfragen 1. Für welche n und k ist Pn k-regulär? 2. Für welche n und k ist Cn k-regulär? 3. Für welche n und k ist Kn k-regulär? 4. Für welche m, n und k ist Km,n k-regulär? 5. Für welche m, n und k ist Mm,n k-regulär? 6. Für welche n und k ist Qn k-regulär? 813 / 1411 Antworten 1. Pn ist 0-regulär für n = 1 und 1-regulär für n = 2. Für n ≥ 3 ist Pn nicht k-regulär. 2. Cn ist 2-regulär für alle n ≥ 3. 3. Kn ist (n − 1)-regulär für alle n ≥ 1. 4. Km,n ist genau dann k-regulär, falls k = m = n gilt. 5. Mm,n ist nur dann k-regulär, wenn m, n ≤ 2 gilt. Für m = n = 2 ist Mm,n 2-regulär und für m = n = 1 0-regulär. Sonst ist Mm,n 1-regulär. 6. Qn ist n-regulär für alle n ≥ 0. 814 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.1.1. Wichtige Begriffe 4.1.2. Wichtige Klassen von Graphen 4.1.3. Sonstige Arten von Graphen 4.2. 4.3. 4.4. 4.5. Bäume Euler-Touren und Hamilton-Kreise Planarität und Färbung Matchings 815 / 1411 Verallgemeinerte Graphen Ein verallgemeinerter Graph G = (V , E ) besteht aus einer Menge V von Knoten und einer Multimenge E von 2-elementigen Multimengen über V . Man nennt solche Graphen auch Multigraphen. Beispiel G = (V , E ) mit V = [4] und E = {|{|1, 3|} , {|1, 3|} , {|1, 4|} , {|2, 2|} , {|2, 4|}|}: 1 3 2 4 816 / 1411 Infos I Bei verallgemeinerten Graphen haben Kanten keine Richtung. I Diesmal kann aber jede Kante beliebig oft vorkommen („Mehrfachkanten“). I Auch Kanten von einem Knoten zu sich selbst („Schlingen“) sind erlaubt. 817 / 1411 Gerichtete Graphen Ein gerichteter Graph G = (V , E ) besteht aus einer Menge V von Knoten und einer Menge E ⊆ V × V von gerichteten Kanten. Beispiel G = (V , E ) mit V = [5] und E = {(1, 2), (2, 4), (2, 5), (5, 3)}: 1 2 4 3 5 818 / 1411 Info Bei gerichteten Graphen haben Kanten eine Richtung. Deswegen zeichnet man sie als Pfeile. 819 / 1411 Hypergraphen Ein Hypergraph G = (V , E ) besteht aus einer Menge V von Knoten und einer Menge E ⊆ P(V ) von Hyperkanten. Beispiel G = (V , E ) mit V = [4] und E = {{1, 2}, {1, 3, 4}}: 1 3 2 4 820 / 1411 Infos I Bei Hypergraphen haben Kanten keine Richtung. I Eine Kante kann beliebig viele Knoten verbinden. 821 / 1411 Quizfragen 1. Wie viele Kanten kann ein Graph mit n Knoten maximal haben? 2. Wie viele Kanten kann ein gerichteter Graph mit n Knoten maximal haben? 3. Wie viele verschiedene Kanten kann ein verallgemeinerter Graph mit n Knoten maximal haben? 4. Wie viele Kanten kann ein Hypergraph mit n Knoten maximal haben? 822 / 1411 Antworten 1. So viele wie, es Möglichkeiten gibt, 2 aus n Elementen ohne Zurücklegen und ohne Beachtung der Reihenfolge zu ziehen, d.h.: n2 = n·(n−1) . 2 2. So viele wie, es Möglichkeiten gibt, 2 aus n Elementen mit Zurücklegen und mit Beachtung der Reihenfolge zu ziehen, d.h.: n2 . 3. So viele wie, es Möglichkeiten gibt, 2 aus n Elementen mit Zurücklegen und ohne (n+1)·n n+1 = = Betrachtung der Reihenfolge zu ziehen, d.h.: 2+n−1 . 2 2 2 4. So viele wie, es Teilmengen von V gibt, d.h.: 2n . 823 / 1411 Wichtig! Es gibt keine Beziehung zwischen Graphen, gerichteten Graphen und Hypergraphen. Graphen sind zwar ein Spezialfall von verallgemeinerten Graphen, aber weder ein Spezialfall noch eine Verallgemeinerung von gerichteten Graphen oder Hypergraphen. Die letzten zwei stehen auch untereinander in keiner Beziehung. Die Definitionen und Aussagen bis Folie 812 beziehen sich nur auf normale (bzw. „ungerichtete“ oder „einfache“) Graphen! Für die gerichtete Graphen, verallgemeinerte Graphen und Hypergraphen müssten sie angepasst werden. Das wurde aber, soweit ich weiß, nicht in der Vorlesung gemacht :-) 824 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.2. Bäume 4.2.1. Wichtige Begriffe 4.2.2. Prüfer-Code 4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise 4.4. Planarität und Färbung 4.5. Matchings 825 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.2. Bäume 4.2.1. Wichtige Begriffe 4.2.2. Prüfer-Code 4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise 4.4. Planarität und Färbung 4.5. Matchings 826 / 1411 Wälder und Bäume Sei G = (V , E ) ein Graph. I G heißt Wald, falls er kreisfrei ist. I G heißt Baum, falls er kreisfrei und zusammenhängend ist. I Bei Bäumen und Wäldern heißen Knoten mit Grad 1 Blätter. 827 / 1411 Beispiel Sei G = (V , E ) folgender Graph: 1 4 2 5 3 6 7 G ist ein Wald, aber kein Baum. Die Blätter sind 1, 3, 5, 6, 7. 828 / 1411 Noch ein Beispiel Sei G = (V , E ) folgender Graph: 1 2 4 3 5 G ist ein Baum mit Blättern 1, 3, 4. 829 / 1411 Spannbäume Ein Teilgraph T = (V 0 , E 0 ) von G = (V , E ) heißt Spannbaum von G, falls T ein Baum ist und V 0 = V gilt. 830 / 1411 Beispiel Sei G = (V , E ) folgender Graph: 1 4 3 2 Einige Spannbäume von G sind: 2 1 1 1 1 4 4 4 4 3 2 3 2 3 2 3 831 / 1411 Wichtige Aussagen zu Bäumen und Wäldern 1. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt: G zshgd. ⇐⇒ Je zwei Knoten sind in G durch mindestens einen Pfad verbunden G kreisfrei ⇐⇒ Je zwei Knoten sind in G durch höchstens einen Pfad verbunden 2. Charakterisierung von Bäumen. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt: G ist ein Baum ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ G ist kreisfrei und zusammenhängend G ist zusammenhängend und es gilt |V | = |E | + 1 G ist kreisfrei und es gilt |V | = |E | + 1 Je zwei Knoten sind in G durch genau einen Pfad verbunden 832 / 1411 3. Aus 2. folgt für jeden Graph G = (V , E ): G Baum =⇒ G kreisfrei G Baum =⇒ G zusammenhängend G Baum =⇒ |V | = |E | + 1 4. Ist T = (V , E ) ein Baum mit |V | ≥ 2 Knoten und v ∈ V ein Blatt, so ist der durch V \ {v } induzierte Graph ebenfalls ein Baum. 5. Jeder zusammenhängende Graph G = (V , E ) enthält mindestens einen Spannbaum. 6. Satz von Cayley. Es gibt genau nn−2 Bäume mit n Knoten. 833 / 1411 Achtung! Folgender logischer Schluss ist falsch: Für jeden Graph G = (V , E ) gelten folgende Äquivalenzen: G Baum ⇐⇒ G zusammenhängend und kreisfrei G Baum ⇐⇒ G zusammenhängend und |V | = |E | + 1 Daraus folgt: G kreisfrei ⇐⇒ |V | = |E | + 1 . Die letzte Äquivalenz gilt nur, falls G zusammenhängend ist! Übrigens: Jeder Baum besitzt alle drei Eigenschaften kreisfrei, zusammenhängend und |V | = |E | + 1. Es reicht aber nur zwei davon zu beweisen, dann folgt die dritte automatisch. Von diesen drei Eigenschaften kann ein Graph also entweder keine, genau eine oder alle drei besitzen, aber niemals genau zwei. 834 / 1411 Quizfrage Sei G = (V , E ) ein Wald mit n Knoten und genau k Komponenten. Wie viele Kanten enthält G? 835 / 1411 Antwort Jede der k Komponenten von G kann als Baum Gi = (Vi , Ei ) für i = 1, . . . , k betrachtet werden. Für jeden dieser Bäume gilt: |Vi | = |Ei | + 1. Daraus folgt: |E | = |E1 | + . . . + |Ek | = (|V1 | − 1) + . . . + (|Vk | − 1) = |V1 | + . . . + |Vk | − k = |V | − k = n − k. Ein Wald mit n Knoten und k Komponenten hat n − k Kanten. 836 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.2. Bäume 4.2.1. Wichtige Begriffe 4.2.2. Prüfer-Code 4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise 4.4. Planarität und Färbung 4.5. Matchings 837 / 1411 Prüfer-Code Sei n ∈ N mit n ≥ 2. Der Prüfer-Code c zu einem Baum T = ([n], E ) ist ein (n − 2)-Tupel c = (c1 , c2 , . . . , cn−2 ) mit c1 , c2 , . . . , cn−2 ∈ [n]. Dabei gilt: I Jeder Baum lässt sich durch genau einen Prüfer-Code darstellen. I Jeder Prüfer-Code stellt genau einen Baum dar. 838 / 1411 Rezept Frage: Wie kodiert und dekodiert man Bäume mit dem Prüfer-Code? Methoden: (1) Von Baum zu Code: 1. Solange der Baum mehr als 2 Knoten hat, wiederhole: 2. Entferne das kleinste Blatt vom Baum und füge seinen einzigen Nachbarn in den Code hinzu; 3. Die letzten zwei Knoten einfach ignorieren; (2) Von Code zu Baum: 1. Starte die Zeichnung mit allen Knoten die nicht im Code vorkommen; 2. Gehe den Code c = (c1 , c2 , . . . , cn−2 ) von links nach rechts durch und für jeden Eintrag ci wiederhole: 3. Von den von ci verschiedenen, noch unmarkierten Knoten im Baum, die nicht mehr im restlichen Code vorkommen, nimm den kleinsten, markiere ihn und verbinde ihn mit ci ; 4. Verbinde die letzten 2 unmarkierten Knoten miteinander; 839 / 1411 Beispiel 840 / 1411 Infos I Diese Methode stellt eine Bijektion zwischen der Menge aller Bäume mit n Knoten und der Menge [n]n−2 = [n] × [n] × . . . × [n] | {z (n−2) mal } aller (n − 2)-Tupel über [n] dar. I Daraus folgt der Satz von Cayley aus Folie 833. I Prüfer-Codes prüfen nichts. Sie wurden von Heinz Prüfer entwickelt! ;-) 841 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende Bäume T1 , T2 und T3 : 1. T1 = ([6], {{1, 2}, {1, 3}, {1, 4}, {1, 5}, {2, 6}}), 2. T2 = ([6], {{1, 3}, {1, 6}, {2, 6}, {3, 4}, {5, 6}}), 3. T3 = ([6], {{1, 2}, {2, 4}, {2, 5}, {3, 4}, {5, 6}}). Wie sieht der entsprechende Prüfer-Code ci zu jedem Baum Ti aus? 842 / 1411 Antworten 1. c1 = (1, 1, 1, 2). 2. c2 = (6, 3, 1, 6). 3. c3 = (2, 4, 2, 5). 843 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende Prüfer-Codes c1 , c2 und c3 : 1. c1 = (1, 3, 3, 1), 2. c2 = (6, 4, 2, 5), 3. c3 = (1, 1, 1, 1). Wie sieht der entsprechende Baum Ti zu jedem Prüfer-Code ci aus? 844 / 1411 Antworten 1. T1 = ([6], {{1, 2}, {1, 3}, {1, 6}, {3, 4}, {3, 5}}). 2. T2 = ([6], {{1, 6}, {2, 4}, {2, 5}, {3, 4}, {5, 6}}). 3. T3 = ([6], {{1, 2}, {1, 3}, {1, 4}, {1, 5}, {1, 6}}). Bemerkung: In der Regel wird nicht erwartet, dass man Graphen als Tupel (V , E ) darstellt. Eine Zeichnung reicht hier und in den meisten Fällen völlig aus :-) 845 / 1411 Quizfragen 1. Was ist der Prüfer-Code c1 zu folgendem Baum T1 ? 9 2 6 1 3 7 4 8 5 T1 2. Wie sieht der Baum T2 zu folgendem Prüfer-Code c2 graphisch aus? c2 = (1, 2, 3, 2, 1, 2, 3) 3. Was stellt man fest, wenn man die Bäume und Prüfer-Codes der letzten zwei Fragen miteinander vergleicht? 846 / 1411 Antworten 1. c1 = (6, 3, 8, 8, 3, 3, 6). 2. 4 5 1 8 2 7 6 3 9 T2 3. Dass man die Namen der Knoten im Baum vertauscht, heißt nicht, dass man einfach die Namen der Komponenten im Code entsprechend vertauschen kann. 847 / 1411 Wichtig! Weil das Thema Wurzelbäume bisher für die Übungsaufgaben irrelevant war, ist es auf diesen Folien nicht zu finden. Ihr findet es auf den Seiten 23-30 in den Vorlesungsfolien zum Thema Bäume. 848 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.2. Bäume 4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise 4.3.1. Euler-Touren 4.3.2. Hamilton-Kreise 4.4. Planarität und Färbung 4.5. Matchings 849 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.2. Bäume 4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise 4.3.1. Euler-Touren 4.3.2. Hamilton-Kreise 4.4. Planarität und Färbung 4.5. Matchings 850 / 1411 Euler-Touren Sei G = (V , E ) ein Graph. I Eine Tour ist eine nichtleere Folge (v0 , v1 , v2 , . . . , vk ) von Knoten mit {v0 , v1 }, {v1 , v2 }, . . . , {vk−1 , vk } ∈ E und v0 = vk . I Eine Tour in G, bei der jede Kante genau einmal benutzt wird, heißt Euler-Tour. I Falls G eine Euler-Tour besitzt, dann heißt er eulersch. Info Touren sind Verallgemeinerungen von Kreisen bei denen die Knoten v0 , . . . , vk−1 nicht notwendigerweise verschieden sein müssen. 851 / 1411 Beispiel Der folgende Graph ist eulersch: Eine mögliche Euler-Tour ist (a, b, c, d, e, a, c, e, b, d, a). 852 / 1411 Wichtige Aussage zu Euler-Touren Satz von Euler. Ein Graph Graph G = (V , E ) ist genau dann eulersch, wenn er zusammenhängend ist und alle Knoten in ihm geraden Grad haben. D.h.: G eulersch ⇐⇒ G zusammenhängend und ∀v ∈ V : deg(v ) gerade . Info Dieser Satz ist sowohl eine notwendige, als eine hinreichende Bedingung für Euler-Touren. 853 / 1411 Quizfragen 1. Gibt es einen eulerschen Graph G mit Gradfolge (2, 2, 3, 3, 4, 4)? 2. Gibt es einen eulerschen Graph G mit Gradfolge (2, 2, 2, 2, 2, 2)? 3. Ist jeder Graph G mit Gradfolge (2, 2, 2, 2, 2, 2) eulersch? 854 / 1411 Antworten 1. Nein! G besitzt Knoten mit Grad 3 (ungerade). 2. Ja! Ein Kreis mit 6 Knoten, d.h. der C6 . 3. Nein! Es gibt auch nicht-zusammenhängende Graphen mit Gradfolge (2, 2, 2, 2, 2, 2), z.B. zwei Kreise mit jeweils 3 Knoten. 855 / 1411 Quizfragen 1. Für welche n ist Pn eulersch? 2. Für welche n ist Cn eulersch? 3. Für welche n ist Kn eulersch? 4. Für welche m und n ist Km,n eulersch? 5. Für welche m und n ist Mm,n eulersch? 6. Für welche n ist Qn eulersch? 856 / 1411 Antworten Info: Alle 6 Graphen sind zusammenhängend. Es muss also nur überprüft werden, ob jeder Knoten einen geraden Grad besitzt. 1. Pn ist nur für n = 1 eulersch, weil er sonst mindestens einen Knoten mit Grad 1 besitzt. 2. Cn ist für alle n ≥ 3 eulersch, da alle Knoten Grad 2 haben. 3. Jeder Knoten in Kn hat Grad n − 1. Kn ist also genau dann eulersch, wenn n ungerade ist. 4. Die Knoten in Km,n haben Grad n oder m. Km,n ist also genau dann eulersch, wenn m und n gerade sind. 5. Mm,n ist nur für m = n = 1 oder m = n = 2 eulersch, sonst gibt es Knoten mit Grad 1 oder 3. 6. Jeder Knoten in Qn hat Grad n. Qn ist also genau dann eulersch, wenn n gerade ist. 857 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.2. Bäume 4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise 4.3.1. Euler-Touren 4.3.2. Hamilton-Kreise 4.4. Planarität und Färbung 4.5. Matchings 858 / 1411 Hamilton-Kreise Sei G = (V , E ) ein Graph. I Ein Kreis in G, bei dem jeder Knoten genau einmal besucht wird, heißt Hamilton-Kreis. I Falls G einen Hamilton-Kreis besitzt, dann heißt er hamiltonsch. 859 / 1411 Beispiel Der folgende Graph ist hamiltonsch: Ein möglicher Hamilton-Kreis ist (a, b, c, d, e, f , g, h, i, j, a). 860 / 1411 Quizfrage Gegeben seien folgende Graphen: G1 G2 G3 G4 Welche davon sind eulersch und welche hamiltonsch? 861 / 1411 Antworten eulersch 3 hamiltonsch 3 eulersch 3 hamiltonsch 7 eulersch 7 hamiltonsch 3 eulersch 7 hamiltonsch 7 862 / 1411 Wichtige Aussagen zu Hamilton-Kreisen 1. Kriterium von Ore. Jeder zusammenhängende Graph G = (V , E ) mit |V | ≥ 3, bei dem die Summe der Grade je zwei nicht-benachbarter Knoten mindestens |V | ist, ist hamiltonsch. 2. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt: δ(G) ≥ |V2 | G hamiltonsch =⇒ G hamiltonsch (folgt aus 1.) =⇒ ∀v ∈ V : deg(v ) ≥ 2 (ist logisch ;-)) 3. Für jeden bipartiten Graph G = (V1 , V2 , E ) gilt: G hamiltonsch =⇒ |V1 | = |V2 | (folgt aus TA 11.2) Info Das Kriterium von Ore ist, im Gegensatz zum Satz von Euler, nur eine hinreichende Bedingung. Ein Graph kann insbesondere hamiltonsch sein, ohne diese Bedingung zu erfüllen! 863 / 1411 Quizfragen 1. Für welche n ist Pn hamiltonsch? 2. Für welche n ist Cn hamiltonsch? 3. Für welche n ist Kn hamiltonsch? 4. Für welche m und n ist Km,n hamiltonsch? 864 / 1411 Antworten 1. Pn ist nur für n = 1 hamiltonsch. 2. Cn ist für alle n ≥ 3 hamiltonsch. 3. Kn ist für alle n ≥ 1 hamiltonsch (jede Anordnung (v1 , . . . , vn ) der Knoten ist ein Hamilton-Kreis). 4. Km,n ist nur für m, n ≥ 2 und m = n hamiltonsch. Dass Km,n für m ≤ 1, n ≤ 1 oder m 6= n nicht hamiltonsch sein kann, erkennt man leicht. Für n ≥ 2 enthält Kn,n genau 2n Knoten mit jeweils Grad n. Somit ist die Summe der Grade zweier beliebiegen Knoten mindestens 2n und der Graph ist nach dem Kriterium von Ore hamiltonsch. 865 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.2. Bäume 4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise 4.4. Planarität und Färbung 4.4.1. Planarität 4.4.2. Färbung 4.5. Matchings 866 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.2. Bäume 4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise 4.4. Planarität und Färbung 4.4.1. Planarität 4.4.2. Färbung 4.5. Matchings 867 / 1411 Planarität von Graphen Ein Graph ist planar bzw. eben, falls man ihn auf einer Ebene zeichnen kann, so dass sich keine Kanten überschneiden. Info Man darf Knoten beliebig positionieren und Kanten verbiegen! 868 / 1411 Rezept Frage: Wie zeigt man, dass ein Graph planar ist? Methode: Durch eine schöne Zeichnung :-) 869 / 1411 Beispiel Der folgende Graph ist planar. 1 2 1 2 2 1 3 4 3 4 3 4 870 / 1411 Satz von Kuratowski I Ein Graph ist genau dann nicht planar, wenn er einen Teilgraph H besitzt, der eine Unterteilung des K5 oder des K3,3 ist. K5 I K3,3 Eine Unterteilung eines Graphen G ist ein Graph, der dadurch entsteht, in dem Kanten von G durch Pfade ersetzt werden. 871 / 1411 Infos I Jeder Graph ist ein Teilgraph von sich selbst. I Jeder Graph ist eine Unterteilung von sich selbst. 872 / 1411 Rezept Frage: Wie zeigt man, dass ein Graph G nicht planar ist? Methode: Man findet einen Teilgraph H von G, der eine Unterteilung des K5 oder des K3,3 ist. (Der Graph H kann auch genau K5 oder K3,3 sein.) 873 / 1411 Beispiel Der folgende Graph G ist nicht planar, weil er einen Teilgraph H besitzt, der eine Unterteilung des K3,3 ist. 5 5 Teilgraph Unterteilung 10 1 4 6 1 4 9 7 6 8 2 7 3 G 1 4 6 9 9 8 2 3 H 2 3 K3,3 Die Partitionsklassen des K3,3 sind hier {1, 3, 9} und {2, 4, 6}. 874 / 1411 Quizfrage Ist der folgende Graph G planar? 5 10 1 4 6 9 11 7 8 2 3 G 875 / 1411 Antwort Der Graph G ist nicht planar, weil er einen Teilgraph H besitzt, der eine Unterteilung des K5 ist. 5 5 Teilgraph 10 5 Unterteilung 10 1 4 6 1 4 9 6 1 4 9 11 7 8 2 7 3 G 8 2 3 H 2 3 K5 876 / 1411 Quizfrage Ist der folgende Graph G planar? 8 1 2 7 9 10 3 11 6 5 4 G 877 / 1411 Antwort G ist planar, weil man den mittleren Knoten auch woanders zeichnen kann. 8 1 2 7 9 11 3 6 10 5 4 G 878 / 1411 Quizfrage Ist der folgende Graph G planar? 8 1 7 2 6 3 5 4 G 879 / 1411 Antwort Der Graph G ist nicht planar, weil er einen Teilgraph H besitzt, der eine Unterteilung des K3,3 ist. Teilgraph Unterteilung 8 1 8 7 2 1 6 3 5 1 7 2 6 3 5 4 4 G H 7 2 6 3 5 K3,3 Die Partitionsklassen des K3,3 sind h {1, 3, 6} und {2, 5, 7}. 880 / 1411 Quizfrage Ist der folgende Graph G planar? 6 1 5 2 4 3 G 881 / 1411 Antwort Der Graph G ist nicht planar, weil er einen Teilgraph H besitzt, der eine Unterteilung des K5 ist. Teilgraph Unterteilung 6 1 5 1 5 1 5 2 4 2 4 2 4 3 3 3 G H K5 In diesem Fall sind H und K5 gleich. 882 / 1411 Quizfrage Ist der folgende Graph G planar? 4 1 5 2 6 3 7 G 883 / 1411 Antwort Der Graph G ist nicht planar, weil er einen Teilgraph H besitzt, der eine Unterteilung des K3,3 ist. Teilgraph Unterteilung 4 1 1 1 5 2 5 5 2 2 6 3 4 4 6 6 3 3 7 G H K3,3 In diesem Fall sind H und K3,3 gleich. Die Partitionsklassen des K3,3 sind hier {1, 2, 3} und {4, 5, 6}. 884 / 1411 Eulersche Polyederformel Sei G = (V , E ) ein planarer Graph. I Falls G zusammenhängend ist, dann gilt: |R| = |E | − |V | + 2 . I Falls G genau k Zusammenhangskomponenten besitzt, dann folgt daraus: |R| = |E | − |V | + k + 1 . R ist die Menge aller Gebiete (engl. regions). Info Ein Gebiet ist einfach ein Stück Zeichenfläche, das von Kanten eingeschlossen wird. Das „äußere“ Gebiet zählt auch mit! 885 / 1411 Beispiel Sei G wieder folgender Graph: Für die Anzahl |R| der Gebiete in G gilt: |R| = |E | − |V | + 2 = 14 − 10 + 2 = 6. 886 / 1411 Wichtige Aussagen zur Planarität von Graphen 1. Eulersche Polyederformel. Für die Anzahl |R| der Gebiete eines zusammenhängenden planaren Graphen G = (V , E ) gilt: |R| = |E | − |V | + 2. 2. Für jeden Graph G = (V , E ): G planar =⇒ |E | ≤ 3 · |V | − 6 (falls |V | ≥ 3) G planar =⇒ ∃v ∈ V : deg(v ) ≤ 5 G kreisfrei =⇒ G planar 3. Satz von Kuratowski. Ein Graph G = (V , E ) ist genau dann nicht planar, wenn er einen Teilgraph besitzt, der eine Unterteilung von K5 oder K3,3 ist. Daraus folgt: | {v ∈ V | deg(v ) ≥ 4} | < 5 und | {v ∈ V | deg(v ) ≥ 3} | < 6 =⇒ G planar | {z Anzahl der Knoten mit mindestens Grad 4 } | {z Anzahl der Knoten mit mindestens Grad 3 } 887 / 1411 Quizfragen 1. Gibt es einen planaren Graph G mit Gradfolge (6, 6, 6, 6, 6, 6, 7, 7, 8, 8, 8)? 2. Gibt es einen nicht-planaren Graph G mit Gradfolge (1, 2, 2, 2, 3, 4, 4, 4, 4)? 3. Wie viele Gebiete besitzt ein planarer Graph G = (V , E ) mit k Zusammenhangskomponenten in Abhängigkeit von |V |, |E | und k? 888 / 1411 Antworten 1. Nein! Kein Knoten v hat Grad deg(v ) ≤ 5 bzw. es gilt: |E | = 37 > 27 = 3 · |V | − 6. 2. Nein! Damit G einen Teilgraph enthält, der eine Unterteilung von K5 oder K3,3 sollte er mindestens 5 Knoten mit mindestens Grad 4 oder mindestens 6 Knoten mit mindestens Grad 3. Dies ist nicht der Fall. 3. G besteht aus k planeren Graphen Gi = (Vi , Ei ) mit |Ri | Gebieten für i = 1, . . . , k. Das „äußere Gebiet“ ist das einzige Gebiet, was sie alle gemeinsam haben. Daraus folgt: |R| = (|R1 | − 1) + . . . + (|Rk | − 1) + 1 = |R1 | + . . . + |Rk | − k + 1 = (|E1 | − |V1 | + 2) + . . . + (|Ek | − |Vk | + 2) − k + 1 = |E1 | + . . . + |Ek | − |V1 | − . . . − |Vk | + 2k − k + 1 = |E | − |V | + k + 1. 889 / 1411 Quizfragen 1. Für welche n ist Pn planar? 2. Für welche n ist Cn planar? 3. Für welche n ist Kn planar? 4. Für welche m und n ist Km,n planar? 5. Für welche m und n ist Mm,n planar? 890 / 1411 Antworten 1. Pn ist für alle n ≥ 1 planar. 2. Cn ist für alle n ≥ 3 planar. 3. Kn ist nur für n ≤ 4 planar. 4. Km,n ist nur für m, n ≤ 2 planar. 5. Mm,n ist für alle m, n ≥ 1 planar. 891 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.2. Bäume 4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise 4.4. Planarität und Färbung 4.4.1. Planarität 4.4.2. Färbung 4.5. Matchings 892 / 1411 Färbung von Graphen Eine Knotenfärbung eines Graphen G = (V , E ) mit k Farben ist eine Abbildung c : V → [k], so dass keine benachbarte Knoten dieselbe Farbe haben. Es gilt also für alle Knoten v1 , v2 ∈ V : {v1 , v2 } ∈ E =⇒ c(v1 ) 6= c(v2 ). Die chromatische Zahl χ(G) („Chi von G“) von G ist die minimale Anzahl an Farben, die für eine Knotenfärbung von G benötigt werden. Infos I Statt {blau, rot, gelb, . . .} ist unsere Farbpalette [k] = {1, . . . , k}. I Der Ausdruck c(v ) gibt die Farbe des Knotens v an. I Der chromatische Index χ0 (G) war bis 2005 Teil des DS-Stoffes. Er gibt die minimale Anzahl an Farben für eine Kantenfärbung von G an. In einer Kantenfärbung dürfen keine zwei benachbarten Kanten dieselbe Farbe haben, d.h. für alle e1 , e2 ∈ E : e1 ∩ e2 6= ∅ =⇒ c(e1 ) 6= c(e2 ). 893 / 1411 Beispiel Sei G = (V , E ) wieder folgender Graph: 1 2 4 3 5 6 G kann wie folgt gefärbt werden: c(1) = 1 , c(2) = 2 , c(3) = 3 , c(4) = 3 , c(5) = 1 , c(6) = 2. Man könnte ihn auch mit 4, 5 oder 6 Farben färben. Weil aber G Dreiecke enthält, ist das mit weniger als 3 Farben unmöglich. Die chromatische Zahl von G ist also χ(G) = 3. 894 / 1411 Quizfragen 1. Was ist χ(Pn ) in Abhängigkeit von n? 2. Was ist χ(Cn ) in Abhängigkeit von n? 3. Was ist χ(Kn ) in Abhängigkeit von n? 4. Was ist χ(Km,n ) in Abhängigkeit von m und n? 5. Was ist χ(Mm,n ) in Abhängigkeit von m und n? 6. Was ist χ(Qn ) in Abhängigkeit von n? 895 / 1411 Antworten ( 1, falls n = 1 2, sonst ( 2, falls n gerade 3, sonst 1. χ(Pn ) = 2. χ(Cn ) = 3. χ(Kn ) = n. 4. χ(Km,n ) = 2. ( 5. χ(Mm,n ) = ( 6. χ(Qn ) = 1, falls n = 1 und m = 1 2, sonst 1, falls n = 1 2, sonst 896 / 1411 Wichtige Aussagen zur Färbbarkeit von Graphen 1. Für jeden Graph G = (V , E ) mit |V | ≥ k gilt: G ist k-partit ⇐⇒ G ist k-färbbar ⇐⇒ χ(G) ≤ k . 2. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt: G planar =⇒ χ(G) ≤ 4 (Vier-Farben-Satz) G Baum =⇒ χ(G) = 2 (falls |V | ≥ 2) 3. Greedy-Färbung. Für jeden Graph G gilt: χ(G) ≤ ∆(G) + 1. 897 / 1411 Themenübersicht 4. Graphentheorie 4.1. Grundlagen Graphen 4.2. Bäume 4.3. Euler-Touren und Hamilton-Kreise 4.4. Planarität und Färbung 4.5. Matchings 898 / 1411 Matchings Sei G = (V , E ) ein Graph. Ein Matching M ist eine Menge M ⊆ E von paarweise disjunkten Kanten. Ein Matching ist perfekt, falls jeder Knoten zu genau einer Kante von M gehört, d.h. falls gilt: |V | |M| = . 2 899 / 1411 Beispiel Sei G = (V , E ) wieder folgender Graph: 1 2 4 3 5 6 I M1 = {{1, 2}, {2, 5}, {3, 6}} ist kein Matching, weil die Kanten {1, 2} und {2, 5} nicht disjunkt sind. I M2 = {{1, 2}, {5, 6}} ist ein Matching, aber kein perfektes Matching, weil die Knoten 3 und 4 in M2 nicht vorkommen. I M3 = {{1, 4}, {2, 5}, {3, 6}} ist ein perfektes Matching. 900 / 1411 Heiratssatz von Hall Für einen bipartiten Graphen G = (V1 , V2 , E ) gibt es genau dann ein Matching M der Kardinalität |V1 |, wenn gilt: ∀X ⊆ V1 : |Γ(X )| ≥ |X |. Hierbei ist Γ(X ) die Menge der Nachbarn aller Knoten aus X . Info Eine sehr sehr wichtige Folgerung von diesem Satz ist, dass jeder bipartite, k-reguläre Graph G ein perfektes Matching hat. D.h.: G bipartit und k-regulär =⇒ G hat perfektes Matching . 901 / 1411 Beispiel Sei G = (V1 , V2 , E ) folgender bipartite Graph: 4 1 5 2 6 3 7 V1 X Γ(X ) {} {1} {2} {3} {1, 2} {1, 3} {2, 3} {1, 2, 3} {} {4} {4, 5, 6} {6, 7} {4, 5, 6} {4, 6, 7} {4, 5, 6, 7} {4, 5, 6, 7} V2 Da für alle X ⊆ V1 die Ungleichung |X | ≤ |Γ(X )| gilt, gibt es ein Matching M mit |M| = |V1 | = 3, z.B.: M = {{1, 4}, {2, 5}, {3, 6}}. 902 / 1411 Wichtig! Weil das Thema Stabile Heiraten sehr selten in Übungsaufgaben vorkommt, ist es auf diesen Folien nicht zu finden. Falls das Thema im aktuellen Semester relevant ist, solltet ihr euch unbedingt die Vorlesungsfolien dazu anschauen. 903 / 1411 Wichtige Aussagen zu Matchings 1. Heiratssatz von Hall. Für einen bipartiten Graphen G = (V1 , V2 , E ) gibt es genau dann ein Matching M der Kardinalität |V1 |, wenn gilt: ∀X ⊆ V1 : |Γ(X )| ≥ |X |. 2. Für jeden Graph G = (V , E ) gilt: G hat perfektes Matching =⇒ |V | ist gerade 3. Für jeden bipartiten Graph G = (V1 , V2 , E ) gilt: G ist k-regulär =⇒ G hat perfektes Matching (folgt aus 1.) G hat perfektes Matching =⇒ |V1 | = |V2 | 904 / 1411 Quizfragen 1. Für welche n besitzt Pn ein perfektes Matching? 2. Für welche n besitzt Cn ein perfektes Matching? 3. Für welche n besitzt Kn ein perfektes Matching? 4. Für welche m und n besitzt Km,n ein perfektes Matching? 5. Für welche m und n besitzt Mm,n ein perfektes Matching? 6. Für welche n besitzt Qn ein perfektes Matching? 905 / 1411 Antworten 1. Pn besitzt genau dann ein perfektes Matching, wenn n gerade ist. 2. Cn besitzt genau dann ein perfektes Matching, wenn n gerade ist. 3. Kn besitzt genau dann ein perfektes Matching, wenn n gerade ist. 4. Km,n besitzt genau dann ein perfektes Matching, wenn m = n gilt. 5. Mm,n besitzt genau dann ein perfektes Matching, wenn m oder n gerade sind. 6. Qn besitzt für alle n ≥ 1 ein perfektes Matching. 906 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.3. Endliche Körper 5.4. RSA-Verfahren 907 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.3. Endliche Körper 5.4. RSA-Verfahren 908 / 1411 Operatoren I Ein Operator ◦ über einer Menge A mit Arität (oder Stelligkeit) n ist eine Funktion ◦ : An → A. I Eine Menge B ⊆ A heißt in ◦ abgeschlossen, falls für alle a1 , . . . , an ∈ A gilt: a1 , . . . , an ∈ B =⇒ ◦(a1 , . . . , an ) ∈ B . 909 / 1411 Beispiele Folgende sind Operatoren über R: Operator Symbol Arität Addition Subtraktion Multiplikation Maximum Minimum Negation + − · max min − 2 2 2 2 2 1 Die Division : ist ein Operator über R \ {0} mit Stelligkeit 2. Sie ist kein Operator über R, weil man durch Null nicht dividieren darf. 910 / 1411 Mehr Beispiele Für eine beliebige Menge A sind folgende Operatoren über P(A): Operator Symbol Arität Schnitt Vereinigung Differenz Symmetrische Differenz Komplement ∩ ∪ \ 4 2 2 2 2 1 P(B) ist für jede Menge B ⊆ A in ∩, ∪, \ und 4 abgeschlossen. Nur P(A) ist in abgeschlossen. 911 / 1411 Quizfrage Für eine beliebige Menge A ist die Komposition von Funktionen ◦ ein Operator mit Arität 2 über der Menge AA aller Funktionen f : A → A. Welche interessanten Teilmengen von AA sind in ◦ abgeschlossen? 912 / 1411 Antwort Einige coole Teilmengen von AA , die in ◦ abgeschlossen sind, sind: I die Menge aller injektiven Funktionen f : A → A, I die Menge aller surjektiven Funktionen f : A → A, I die Menge aller bijektiven Funktionen f : A → A. Erinnerung: Im Abschnitt „Beweismethoden“ haben wir bewiesen, dass die Komposition von zwei injektiven (bzw. surjektiven) Funktionen wieder injektiv (bzw. surjektiv) ist. 913 / 1411 Infos I Operatoren mit Stelligkeit 1 heißen unär, mit Stelligkeit 2 binär und mit Stelligkeit 3 ternär. I Für unäre Operatoren ◦ schreiben wir oft a (z.B. beim Komplement) oder ◦a (z.B. bei der Negation). I Für binäre Operatoren ◦ schreiben wir oft a ◦ b. Man nennt diese Schreibweise Infixnotation. ◦ 914 / 1411 Algebren I Eine Algebra (A, ◦1 , . . . , ◦n ) besteht aus einer Trägermenge A und beliebig vielen Operatoren ◦1 , . . . , ◦n , so dass A in ihnen abgeschlossen ist. I Eine Algebra (A, ◦) mit einem binären Operator ◦ heißt kommutativ oder abelsch, falls ◦ kommutativ ist, d.h.: ∀a, b ∈ A : a ◦ b = b ◦ a. I (B, ◦) heißt Unteralgebra von (A, ◦), falls B ⊆ A gilt und (B, ◦) selber eine Algebra ist. 915 / 1411 Infos I A kann eine beliebige Menge sein und ◦1 , . . . , ◦n beliebige Operatoren über diese Menge. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt ;-) I Das Symbol ◦ (oft auch •, ∗, oder ⊕) ist nur ein Platzhalter für einen beliebigen Operator und nicht notwendigerweise das Relationenprodukt oder die Komposition von Funktionen! 916 / 1411 Beispiele Einige Algebren über Zahlen sind: I (Q, +, −, ·, min, max), I (Z, +, −, ·, min, max), I (N0 , +, ·, min, max), I (N, +, ·, min, max). Für eine beliebige Menge M sind auch I (P(M) , ∩, ∪, \, 4, ) und I (M M , ◦) Algebren 917 / 1411 Gegenbeispiele I (Z, :), (N, :) und (N0 , :) sind keine Algebren, da beispielsweise 1 : 2 = 0, 5 gilt und 0, 5 in keine der drei Mengen enthalten ist. I (Q, :)ist keine Algebra, da die Division durch 0 nicht definiert ist. I (Q \ {0}, :) ist eine Algebra. (Z \ {0}, :) und (N \ {0}, :) dagegen nicht, da beispielsweise 1 : 2 weder in Z noch in N enthalten ist. I (N0 , −) und (N, −) sind keine Algebren, da beispielsweise 1 − 2 keine natürliche Zahl ist. 918 / 1411 Halbgruppen Eine Algebra (A, ◦) mit genau einem binären Operator ◦ : A × A → A heißt Halbgruppe, falls sie assoziativ ist, d.h. wenn gilt: ∀a, b, c ∈ A : (a ◦ b) ◦ c = a ◦ (b ◦ c). 919 / 1411 Beispiele Aus den Algebren aus Folie 917 lassen sich folgende Halbgruppen gewinnen. I Über Zahlenmengen: (Q, +), (Z, +), (N0 , +), (N, +), I (Q, ·), (Z, ·), (N0 , ·), (N, ·), (Q, min), (Z, min), (N0 , min), (N, min), (Q, max), (Z, max), (N0 , max), (N, max). Über einer beliebigen Menge M: (P(M) , ∩), (P(M) , ∪), (P(M) , 4), (M M , ◦). Alle hier aufgelisteten Halbgruppen sind, mit (M M , ◦) als einzige Ausnahme, kommutativ. 920 / 1411 Gegenbeispiele I (P(M) , ) ist für keine Menge M eine Halbgruppe, da das Komplement binär ist. nicht I (Q \ {0}, :) ist keine Halbgruppe, da die Division : nicht assoziativ ist. Es gilt beispielsweise: (8 : 4) : 2 = 1 6= 4 = 8 : (4 : 2). I (Z, −) ist keine Halbgruppe, da die Subtraktion − nicht assoziativ ist. Es gilt beispielsweise: (5 − 3) − 2 = 0 6= 4 = 5 − (3 − 2). I (P(M) , \) ist nur für M = ∅ eine Halbgruppe. Für |M| ≥ 1 ist die Differenz \ nicht assoziativ. Beispielsweise gilt: ({1} \ ∅) \ {1} = ∅ = 6 {1} = {1} \ (∅ \ {1}). 921 / 1411 Quizfragen n o Sei Q = pq p ∈ Z, q ∈ N die Menge aller rationalen Zahlen und x ◦ y der Mittelwert von x und y , d.h.: x +y . x ◦ y := 2 1. Ist (Q, ◦) eine Algebra? 2. Ist (Q, ◦) eine Halbgruppe? 3. Ist (Q, ◦) kommutativ? 922 / 1411 Antworten 1. Ja! ◦ ist ein Operator über Q, da der Mittelwert zweier Brüche wieder ein Bruch ist. Für beliebige p, r ∈ Z und q, s ∈ N gilt: p r ◦ = q s p q + 2 r s = ps + qr . 2qs 2. Nein! ◦ ist nicht assoziativ. Beispielsweise gilt: (9 ◦ 5) ◦ 1 = 4 6= 6 = 9 ◦ (5 ◦ 1). 3. Ja! ◦ ist kommutativ, da für alle x , y ∈ Q gilt: x ◦y = x +y y +x = = y ◦ x. 2 2 923 / 1411 Monoide Eine Halbgruppe (A, ◦) heißt Monoid, falls sie ein Element e ∈ A mit folgender Eigenschaft besitzt: ∀a ∈ A : a ◦ e = a = e ◦ a. Dieses Element wird neutrales Element genannt. 924 / 1411 Infos I Ein Element e ∈ A heißt linksneutral, falls für alle a ∈ A gilt: e ◦ a = a und rechtsneutral, falls für alle a ∈ A gilt: a ◦ e = a. I Man nennt das neutrale Element e oft auch Einselement 1. I Existiert ein neutrales Element e, dann kann man auch (A, ◦, e) statt nur (A, ◦) schreiben. I Es gibt in A entweder nur linksneutrale Elemente, nur rechtsneutrale Elemente oder genau ein neutrales Element. 925 / 1411 Beispiele Folgende Halbgruppen aus aus Folie 920 sind Monoide. I Mit neutralem Element 0: (Q, +), (Z, +), (N0 , +), (N0 , max). I Mit neutralem Element 1: (Q, ·), (Z, ·), (N0 , ·), (N, ·), (N, max). Alle hier aufgelisteten Monoide sind kommutativ. 926 / 1411 Gegenbeispiele Keine Monoide sind: (Q, min), (Z, min), (N0 , min), (N, min), (Q, max), (Z, max), (N, +). 927 / 1411 Quizfragen Sei A eine beliebige Menge. Was ist in folgenden Monoiden das neutrale Element? 1. (P(A) , ∩), 2. (P(A) , ∪), 3. (P(A) , 4), 4. (AA , ◦). Hinweise: I Welche Mengen sind für jedes A in P(A) enthalten? I Welche Funktion ist für jedes A in AA enthalten? 928 / 1411 Antworten 1. Das neutrale Element ist A, da für alle X ∈ P(A) gilt: X ∩ A = X = A ∩ X. 2. Das neutrale Element ist ∅, da für alle X ∈ P(A) gilt: X ∪ ∅ = X = ∅ ∪ X. 3. Das neutrale Element ist ∅, da für alle X ∈ P(A) gilt: A4∅ = A = ∅4A. 4. Das neutrale Element ist die Identitätsfunktion idA , da für alle Funktionen f ∈ AA und alle x ∈ A gilt: (f ◦ idA )(x ) = f (idA (x )) = f (x ) = idA (f (x )) = (idA ◦f )(x ). 929 / 1411 Gruppen Ein Monoid (A, ◦) mit neutralem Element e heißt Gruppe, falls es für jedes Element a ∈ A ein Element a−1 ∈ A gibt mit: a ◦ a−1 = e = a−1 ◦ a. a−1 wird inverses Element von a genannt und kann in manchen Fällen a selbst sein. 930 / 1411 Infos I Ein Element a−1 ∈ A heißt linksinvers zu a ∈ A, falls gilt: a−1 ◦ a = e und rechtsinvers, falls gilt: a ◦ a−1 = e. I Existiert ein neutrales Element e, dann kann man auch (A, ◦, e) statt nur (A, ◦) schreiben. I a−1 ist nur eine Schreibweise und bedeutet nicht unbedingt 1a . I Ein Element a ∈ A besitzt entweder nur linksinverse Elemente, nur rechtsinverse Elemente oder genau ein inverses Element. 931 / 1411 Beispiele Die einzigen Monoide aus Folie 926, die Gruppen sind, sind: (Q, +) und (Z, +). Außerdem ist auch (Q \ {0}, ·) eine Gruppe. Alle drei Gruppen sind kommutativ. 932 / 1411 Gegenbeispiele I (N0 , +) und (N0 , max) sind keine Gruppen, weil nur die 0 ein inverses Element besitzt (nämlich die 0 selber). I (N0 , ·), (N, ·), (N, max) und (Z, ·) sind keine Gruppen, weil nur die 1 ein inverses Element besitzt (nämlich die 1 selber). I (Q, ·) ist keine Gruppe, weil die 0 kein inverses Element besitzt. 933 / 1411 Philosophische Quizfrage Ist (∅, ◦) mit dem leeren Operator ◦ : ∅ × ∅ → ∅ eine Gruppe? 934 / 1411 Antwort Nö! Weil es keine Elemente gibt, gibt es insbesondere kein neutrales Element. Also ist (∅, ◦) zwar eine Halbgruppe, aber kein Monoid und somit auch keine Gruppe. 935 / 1411 Info Für jede Menge A und jeden binären Operator ◦ gilt: Gruppe 3. A besitzt ein neutrales Element bezüglich ◦ Monoid Halbgruppe 2. Die Einschränkung von ◦ auf A ist assoziativ ∀a, b, c ∈ A : (a ◦ b) ◦ c = a ◦ (b ◦ c) Algebra 1. A ist in ◦ abgeschlossen ∀a, b ∈ A : a ◦ b ∈ A ∃e ∈ A : ∀a ∈ A : a ◦ e = a = e ◦ a 4. Jedes Element aus A besitzt ein inverses Element bezüglich ◦ ∀a ∈ A : ∃a−1 ∈ A : a ◦ a−1 = e = a−1 ◦ a Daraus folgt folgende Hierarchie: (A, ◦) Gruppe =⇒ (A, ◦) Monoid =⇒ (A, ◦) Halbgruppe =⇒ (A, ◦) Algebra. 936 / 1411 Beispiele Aus den letzen Beispielen ergibt sich folgende Hierarchie: 1. Gruppen sind: (Q, +), (Z, +), (Q \ {0}, ·). 2. Monoide, aber keine Gruppen sind: (N0 , +), (N0 , max), (N0 , ·), (N, ·), (N, max), (Z, ·), (Q, ·). 3. Halbgruppen, aber keine Monoide sind: (Q, min), (Z, min), (N0 , min), (N, min), (Q, max), (Z, max), (N, +). 4. Algebren, aber keine Halbgruppen sind: (Q \ {0}, :), (Z, −), (P(M) , \). 937 / 1411 Quizfragen Sei Σ = {a, b, c} ein Alphabet und Σ∗ die Menge aller Wörter über Σ. Ist Σ∗ zusammen mit der Konkatenation von Wörtern . . . 1. eine Algebra? 2. eine Halbgruppe? 3. ein Monoid? 4. eine Gruppe? 5. kommutativ? Erinnerung: Das leere Wort ist auch in Σ∗ enthalten! 938 / 1411 Antworten 1. Ja! Die Konkatenation zweier Wörter aus Σ∗ ergibt wieder ein Wort aus Σ∗ . 2. Ja! Die Konkatenation ist assoziativ, denn für beliebige Wörter u, v , w ∈ Σ∗ gilt (uv )w = uvw = u(vw ) (es ist egal welche zwei man zuerst „aneinander klebt“). 3. Ja! Das leere Wort ist das neutrale Element, denn für ein beliebiges Wort u ∈ Σ∗ gilt u = u = u. 4. Nein! Kein Wort u hat ein Inverses u −1 . Dieses müsste nämlich eine negative Länge haben, damit uu −1 = bzw. u −1 u = gilt. 5. Nein! Nicht für beliebige Wörter u, v ∈ Σ∗ gilt uv = vu, z.B. für u = ab und v = bc. 939 / 1411 Quizfragen (G, ◦) bildet mit G = Q \ {−1} und x ◦ y := x + y + xy eine abelsche Gruppe. 1. Wieso ist G in ◦ abgeschlossen? 2. Wieso ist ◦ assoziativ? 3. Was ist das neutrale Element in (G, ◦)? 4. Besitzt jedes Element a ∈ Q \ {−1} ein Inverses a−1 ? 5. Was ist das inverse Element x −1 zu x = 43 ? 6. Wieso ist (G, ◦) kommutativ? Hinweis zu 1.: Da für beliebige a, b ∈ Q \ {−1} offensichtlich a ◦ b ∈ Q gilt, muss nur a, b ∈ Q \ {−1} =⇒ a ◦ b 6= −1 gezeigt werden. Zeige dies mit einem Widerspruchsbeweis: Nimm a, b ∈ Q \ {−1} und a ◦ b = −1 an und leite daraus einen Widerspruch her. 940 / 1411 Antworten 1. Seien a, b ∈ Q \ {−1} beliebig mit a ◦ b = −1. Dann gilt: a ◦ b = −1 =⇒ a + b + ab = −1 =⇒ a + ab = −1 − b =⇒ a(1 + b) = −(1 + b) −(1 + b) = −1 =⇒ b = −1 oder a = 1+b ` 2 941 / 1411 2. Seien a, b, c ∈ Q \ {−1} beliebig. Dann gilt: (a ◦ b) ◦ c = (a + b + ab) ◦ c = (a + b + ab) + c + (a + b + ab)c = a + b + c + ab + ac + bc + abc , a ◦ (b ◦ c) = a ◦ (b + c + bc) = a + (b + c + bc) + a(b + c + bc) = a + b + c + ab + ac + bc + abc. Somit gilt (a ◦ b) ◦ c = a ◦ (b ◦ c). 942 / 1411 3. Sei e das neutrale Element. Dann gilt für ein beliebiges a ∈ Q \ {−1}: a ◦ e = a ⇐⇒ a + e + ae = a ⇐⇒ e + ae = 0 ⇐⇒ e(1 + a) = 0 ⇐⇒ e = 0. Das neutrale Element ist e = 0. 943 / 1411 4. Sei a ∈ Q \ {−1} beliebig. Dann gilt: a ◦ a−1 = e ⇐⇒ a + a−1 + aa−1 = 0 ⇐⇒ a−1 + aa−1 = −a ⇐⇒ a−1 (1 + a) = −a −a . ⇐⇒ a−1 = 1+a Somit ist für jedes a das inverse Element 5. Das Inverse zu a = 3 4 ist a−1 = − 43 1+ 43 −a 1+a in der Menge Q \ {−1} enthalten. = − 73 . 6. Seien a, b ∈ Q \ {−1} beliebig. Dann gilt: a ◦ b = a + b + ab = b + a + ba = b ◦ a. 944 / 1411 Verknüpfungstafeln Eine Algebra (A, ◦) über einer endlichen Menge A = {a1 , . . . , an } und einem binären Operator ◦ über A lässt sich sehr schön mit einer sogenannten Verknüpfungstafel oder Multiplikationstafel darstellen. Jedes Element aus A bekommt eine bestimmte Zeile und Spalte einer Tabelle. Dann verknüpft man jedes Element mit jedem und trägt das Ergebnis in der entsprechenden Zelle ein. 945 / 1411 Beispiel Sei (G, ◦) eine kommutative Gruppe über einer 4-elementige Menge G = {a, b, c, d} mit folgender Verknüpfungstafel für ◦: ◦ a b c d a b c d b a d c a b c d d c a b c d b a Woran erkennt man anhand der Verknüpfungstafel, dass (G, ◦) eine kommutative Gruppe ist? 946 / 1411 1. G ist abgeschlossen in ◦, da in der Tabelle nur Elemente aus G vorkommen. 2. G ist assoziativ. Hierfür muss man alle Kombinationen ausprobieren. Zum Beispiel: c ◦ (d ◦ a) = c ◦ c = a = b ◦ a = (c ◦ d) ◦ a Es sind insgesamt |S|3 = 43 = 64 solche Rechnungen. Nehmen wir einfach mal an, dass wir alle 64 überprüft haben ;-) 3. b ist das neutrale Element in (G, ◦). 4. Jedes Element besitzt ein Inverses: a−1 = a, b −1 = b, c −1 = d, d −1 = c. 5. (G, ◦) ist kommutativ. Dies erkennt man an der diagonalen Spiegelachse. 947 / 1411 Info Bis auf die Assoziativität, kann man alle Eigenschaften endlicher Algebren an der Verknüpfungstafel erkennen. Die Assoziativität des Operators muss leider mit brute force überprüft oder allgemein bewiesen werden. 948 / 1411 Quizfragen Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e und folgender Verknüpfungstafel: ◦ e x y z e e x y z x x e z y y y z e x z z y x e 1. Was ist das inverse Element a−1 von jedem a ∈ G? 2. Ist (G, ◦) kommutativ? 949 / 1411 Antworten 1. Es gilt: e −1 = e, x −1 = x , y −1 = y , z −1 = z. 2. Ja! Das erkennt man an der diagonales Spiegelachse in der Verknüpfungstafel. 950 / 1411 Quizfragen Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e und folgender Verknüpfungstafel: ◦ e a b c d e a b c d e a b c d a c d b e b d a e c c b e d a d e c a b 1. Was ist das inverse Element a−1 von jedem a ∈ G? 2. Ist (G, ◦) kommutativ? 951 / 1411 Antworten 1. Es gilt: e −1 = e, a−1 = d, b −1 = c, c −1 = b, d −1 = a. 2. Ja! Das erkennt man an der diagonales Spiegelachse in der Verknüpfungstafel. 952 / 1411 Quizfragen Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e und folgender Verknüpfungstafel: ◦ e p q r s t e e p q r s t p p e s t q r q r s t q r s t t s r q e t p r s e q p r p t e p q e s 1. Was ist das inverse Element a−1 von jedem a ∈ G? 2. Ist (G, ◦) kommutativ? 953 / 1411 Antworten 1. Es gilt: e −1 = e, p −1 = p, q −1 = q, r −1 = r , s −1 = t, t −1 = s. 2. Nein! Es gilt beispielsweise: p ◦ q = t 6= s = q ◦ p. 954 / 1411 Quizfrage ¯ und ∨ ¯ nun als Operatoren Wir betrachten die logischen Junktoren ∧, ∨, →, ↔, ⊗, ∧ B × B → B für B = {0, 1} und bilden Algebren mit folgenden Verknüpfungstafeln: ∧ 0 1 0 1 0 0 0 1 ⊗ 0 1 ∨ 0 1 0 1 0 1 1 0 0 1 0 1 1 1 ¯ ∧ 0 1 → 0 1 0 1 1 1 1 0 0 1 1 1 0 1 ↔ 0 1 ¯ ∨ 0 1 0 1 1 0 0 0 0 1 1 0 0 1 Wo sind diese Algebren in der Hierarchie einzuordnen? Hinweis: Mit Wahrheitstafeln kann man überprüfen, dass nur ∧, ∨, ↔ und ⊗ assoziativ sind. 955 / 1411 Antwort I Algebren sind sie alle, weil sie alle abgeschlossen sind. I Halbgruppen sind: (B, ∧), (B, ∨), (B, ↔), (B, ⊗). I Monoide sind: (B, ∧), (B, ∨), (B, ↔), (B, ⊗). I Gruppen sind: (B, ↔), (B, ⊗). I Kommutativ sind: ¯ ), (B, ∨ ¯ ). (B, ∧), (B, ∨), (B, ↔), (B, ⊗), (B, ∧ 956 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.2.1. 5.2.2. 5.2.3. 5.2.4. 5.2.5. 5.2.6. Wichtige Begriffe Additive Gruppe modulo n Multiplikative Gruppe Modulo n Symmetrische Gruppe Inneres Produkt Gruppenisomorphismus 5.3. Endliche Körper 5.4. RSA-Verfahren 957 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.2.1. 5.2.2. 5.2.3. 5.2.4. 5.2.5. 5.2.6. Wichtige Begriffe Additive Gruppe modulo n Multiplikative Gruppe Modulo n Symmetrische Gruppe Inneres Produkt Gruppenisomorphismus 5.3. Endliche Körper 5.4. RSA-Verfahren 958 / 1411 Eigenschaften von Gruppen Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e. Dann gelten folgende Rechenregeln: 1. Eindeutigkeit des neutralen Elements. Es gibt genau ein neutrales Element e. 2. Eindeutigkeit der inversen Elemente. Jedes Element a ∈ G besitzt ein inverses Element a−1 . 3. Involutionsgesetz. Für jedes a ∈ G gilt: (a−1 )−1 = a 4. Kürzungsregel. Für alle a, b, c ∈ G gilt: a ◦ c = b ◦ c ⇐⇒ a = b c ◦ a = c ◦ b ⇐⇒ a = b 5. Eindeutige Lösung linearer Gleichungen. Für alle a, b, x ∈ G gilt: a ◦ x = b ⇐⇒ x = a−1 ◦ b x ◦ a = b ⇐⇒ x = b ◦ a−1 959 / 1411 Infos I Weil Gruppen assoziativ sind, können wir die Klammern oft weglassen. Beispielsweise können wir a ◦ b ◦ c statt (a ◦ b) ◦ c oder a ◦ (b ◦ c) schreiben. I Weil wir bei Gruppen nur einen Operator zur Verfügung haben, können wir diesen auch einfach weglassen und ab statt a ◦ b schreiben. 960 / 1411 Quizfrage Sei (G, ◦) eine beliebige, nicht notwendigerweise kommutative Gruppe mit neutralem Element e und seien a, b, x ∈ G beliebige Elemente. Was ist die Lösung der Gleichung b ◦ (a ◦ x )−1 = b ◦ a nach x ? 961 / 1411 Antwort Weil ◦ assoziativ ist, können Klammern weggelassen werden. b ◦ (a ◦ x )−1 = b ◦ a ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ b −1 ◦ b ◦ (a ◦ x )−1 = b −1 ◦ b ◦ a e ◦ (a ◦ x )−1 = e ◦ a (a ◦ x )−1 = a ((a ◦ x )−1 )−1 = a−1 a ◦ x = a−1 a−1 ◦ a ◦ x = a−1 ◦ a−1 e ◦ x = a−1 ◦ a−1 x = a−1 ◦ a−1 962 / 1411 Kürzungsregel Die Kürzungsregel.besagt, dass für alle a, b, c ∈ G gilt: a ◦ c = b ◦ c ⇐⇒ a = b c ◦ a = c ◦ b ⇐⇒ a = b Intuitiv heißt das, dass es in jeder Zeile und Spalte der Verknüpfungstafel jedes Element genau einmal vorkommt. Info Man nennt diese Regel auch Sudoku-Regel ;-) 963 / 1411 Quizfrage Sei (G, ◦) eine Gruppe mit G = {a, b, c, d, e, f } und folgender (unvollständigen) Verknüpfungstafel: ◦ a b c d e f a b c d f e d e f a c c b d Wie sieht die eindeutige, vollständige Verknüpfungstafel von (G, ◦) aus? Hinweis: (G, ◦) ist eine Gruppe, d.h.: I es gilt die Kürzungsregel, I es gibt ein eindeutiges neutrales Element und I ◦ ist assoziativ, z.B.: f ◦ b = (c ◦ b) ◦ b = c ◦ (b ◦ b) = c ◦ d = c 964 / 1411 Antwort Wegen c ◦ d = c ist d das neutrale Element. Wir erhalten: ◦ a b c d e f a a c b b c d f b e c d a b c d e f e f a e f d 965 / 1411 Mit der Kürzungsregel folgt: ◦ a b c d e f a b c f d f b a e a c b c d a b c d e f e f c a e f d 966 / 1411 Aus der Assoziativität von ◦ folgt: f ◦ b = (c ◦ b) ◦ b = c ◦ (b ◦ b) = c ◦ d = c. ◦ a b c d e f a b c f d f b a c e a c b c d a b c d e f e f c a e f d 967 / 1411 Mit der Kürzungsregel folgt: ◦ a b c d e f a d f e a c b b e d f b a c c e c d a b c d e f e c e f c a b f d e 968 / 1411 Aus der Assoziativität von ◦ folgt: a ◦ c = a ◦ (f ◦ b) = (a ◦ f ) ◦ b = c ◦ b = f . ◦ a b c d e f a d f e a c b b e d f b a c c f e c d a b c d e f e c e f c a b f d e 969 / 1411 Mit der Kürzungsregel folgt: ◦ a b c d e f a d f e a c b b e d f b a c c f e c b d a b c d e f e b c e f f c a b f d e 970 / 1411 Aus der Assoziativität von ◦ folgt: c ◦ c = c ◦ (a ◦ f ) = (c ◦ a) ◦ f = e ◦ f = d. ◦ a b c d e f a d f e a c b b e d f b a c c f e d c b d a b c d e f e b c e f f c a b f d e 971 / 1411 Mit der Kürzungsregel folgt die fertige Verknüpfungstafel: ◦ a b c d e f a d f e a c b b e d f b a c c f e d c b a d a b c d e f e b c a e f d f c a b f d e 972 / 1411 Potenzen von Elementen Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e. Für ein beliebiges Element a ∈ G und n ∈ N gilt: a0 := e, an := an−1 ◦ a und a−n := (a−1 )n . Info Intuitiv heißt das: an = |a ◦ a ◦{z. . . ◦ a} und a−n = a| −1 ◦ a−1{z◦ . . . ◦ a−1} . genau n as genau n a−1 s 973 / 1411 Ordnung von Elementen Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e und a ∈ G. Dann ist ord(a) := min {n ∈ N | an = e} die Ordnung von a in (G, ◦) Infos I Es gilt min ∅ := ∞, d.h. dass ord(a) = ∞ gesetzt wird, wenn kein n ∈ N mit an = e existiert. I Das einzige Element mit Ordnung 1 ist das neutrale Element. I Nicht verwechseln: Die Ordnung eines Elements x ist ord(x ). Die Ordnung der Gruppe ist |G|. I Diese Definition könnte auch auf Monoide erweitert werden, obwohl das in DS nicht explizit gemacht wird. 974 / 1411 Beispiel Sei (G, ◦) eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel: ◦ e x y z e e x y z x x e z y y y z x e z z y e x Es gilt: e ◦x x −→ e ◦y ◦y ◦y y −→ x −→ z −→ e ◦z ◦z ◦z z −→ x −→ y −→ e ; ; ; ; ord(e) = 1, ord(x ) = 2, ord(y ) = 4, ord(z) = 4. 975 / 1411 Noch ein Beispiel Sei (G, ◦) eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel: ◦ e p q r s t e e p q r s t p p e s t q r q q t e s r p r r s t e p q s s r p q t e t t q r p e s Es gilt: e ◦p p −→ e ◦q q −→ e ◦r r −→ e ◦s ◦s s −→ t −→ e ◦t ◦t t −→ s −→ e ; ; ; ; ; ; ord(e) = 1, ord(p) = 2, ord(q) = 2, ord(r ) = 2, ord(s) = 3, ord(t) = 3. 976 / 1411 Zwei unendliche Beispiele I In der Gruppe (Z, +) gilt: ( ord(x ) = I 1 ∞ falls x = 0 sonst In der Gruppe (Q \ {0}, ·) gilt: 1 falls x = 1 ord(x ) = 2 falls x = −1 ∞ sonst 977 / 1411 Erzeugnisse Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e. Für ein a ∈ G wird die Menge hai := {an | n ∈ Z} . Erzeugnis von a genannt. Info n o I Ist ord(a) < ∞, dann gilt: hai = a, a2 , . . . , aord(a) . I Für alle a ∈ G gilt: ord(a) = |hai|. 978 / 1411 Zyklische Gruppen Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e. I Ein Element a ∈ G heißt Erzeuger oder Generator von (G, ◦), falls hai = G gilt. I Besitzt G einen Erzeuger, so heißt G zyklisch. Infos I Falls G endlich ist, dann ist (G, ◦) genau dann zyklisch, wenn ein Element a ∈ G die Ordnung ord(a) = |G| hat. I Jede zyklische Gruppe ist kommutativ, aber nicht jede kommutative Gruppe ist zyklisch. 979 / 1411 Beispiel Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel: ◦ e x y z e e x y z x x e z y y y z x e z z y e x (G, ◦) ist zyklisch, weil sie von y und z generiert wird: e ◦x x −→ e ◦y ◦y ◦y y −→ x −→ z −→ e ◦z ◦z ◦z z −→ x −→ y −→ e ; ; ; ; hei = {e}, hx i = {x , e}, hy i = {y , x , z, e}, hzi = {z, x , y , e}. 980 / 1411 Noch ein Beispiel Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel: ◦ e p q r s t e e p q r s t p p e s t q r q q t e s r p r r s t e p q s s r p q t e t t q r p e s (G, ◦) ist nicht zyklisch, weil sie von keinem Element generiert wird: e ◦p p −→ e ◦q q −→ e ◦r r −→ e ◦s ◦s s −→ t −→ e ◦t ◦t t −→ s −→ e ; ; ; ; ; ; hei = {e}, hpi = {p, e}, hqi = {q, e}, hr i = {r , e}, hsi = {s, t, e}, hti = {t, s, e}. 981 / 1411 Drei unendliche Beispiele I In der Gruppe (Z, +) generiert jedes Element alle Vielfachen von sich selbst. Beispielsweise gilt: h0i h1i h2i h3i = = = = .. . {0}, {. . . , −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . .}, {. . . , −6, −4, −2, 0, 2, 4, 6, . . .}, {. . . , −9, −6, −3, 0, 3, 6, 9, . . .}, Für ein beliebiges k ∈ Z gilt: hki = {k · n | n ∈ Z}. Somit ist das einzige Element, was endlich viele Elemente erzeugt, die 0. I In der Gruppe (Q \ {0}, ·) gibt es zwei Elemente, die endlich viele Elemente generieren: 1 und -1. Es gilt: h1i = {1} und h−1i = {−1, 1}. I Die Gruppe (Z, +) ist zyklisch, da sie sowohl von der 1 als auch von der -1 generiert wird. Die Gruppe (Q \ {0}, ·) ist nicht zyklisch. 982 / 1411 Quizfragen Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit neutralem Verknüpfungstafel: ◦ e x e e x x x e y y z z z y Element e und folgender y y z e x z z y x e 1. Was ist das Erzeugnis hai und die Ordnung ord(a) von jedem a ∈ G? 2. Ist (G, ◦) zyklisch? 983 / 1411 Antworten 1. Als sogenannte Erzeugnistafel: a e x y z hai ord(a) {e} 1 {x , e} 2 {y , e} 2 {z, e} 2 2. Nein! Kein Element hat Ordnung 4. 984 / 1411 Quizfragen Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit neutralem Element e und folgender Verknüpfungstafel: ◦ e a b c d e e a b c d a a c d b e b b d a e c c c b e d a d d e c a b 1. Was ist das Erzeugnis hai und die Ordnung ord(a) von jedem a ∈ G? 2. Ist (G, ◦) zyklisch? 985 / 1411 Antworten 1. Als Erzeugnistafel: a e a b c d hai ord(a) {e} 1 {a, c, b, d, e} 5 {b, a, d, c, e} 5 {c, d, a, b, e} 5 {d, b, c, a, e} 5 2. Ja! (G, ◦) wird von a, b, c und d erzeugt. 986 / 1411 Quizfragen Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit Verknüpfungstafel: ◦ e p q r s t neutralem Element e und folgender e e p q r s t p p e r q t s q r s t q r s t r q t s s t p e t s e p p e r q e p q r 1. Was ist das Erzeugnis hai und die Ordnung ord(a) von jedem a ∈ G? 2. Ist (G, ◦) zyklisch? 987 / 1411 Antworten 1. Als Erzeugnistafel: a e p q r s t hai ord(a) {e} 1 {p, e} 2 {q, s, p, r , t, e} 6 {r , s, e} 3 {s, r , e} 3 {t, r , p, s, q, e} 6 2. Ja! (G, ◦) wird von q und t erzeugt. 988 / 1411 Quizfrage Die imaginäre Einheit i ∈ C besitzt die Eigenschaft i 2 = −1. Wie sehen die Erzeugnisse hii und h−ii in der Gruppe (C \ {0}, ·) aus? 989 / 1411 Antwort ·i ·i ·i i −→ −1 −→ −i −→ 1 ·(−i) ·(−i) ·(−i) ; hii = {i, −1, −i, 1}, −i −→ −1 −→ i −→ 1 ; h−ii = {−i, −1, i, 1}. 990 / 1411 Untergruppen Sei (G, ◦) eine Gruppe mit neutralem Element e. (H, ◦) ist eine Untergruppe von (G, ◦), falls H ⊆ G und (H, ◦) selber eine Gruppe ist. Infos I Damit eine Teilmenge von G mit ◦ eine Gruppe bilden kann, muss sie das neutrale Element enthalten. I (G, ◦) und ({e}, ◦) sind immer Untergruppen von (G, ◦). Diese werden triviale Untergruppen genannt. I Für jedes a ∈ G ist (hai, ◦) eine zyklische Untergruppe von (G, ◦). I Ist (G, ◦) endlich, dann ist jede Unteralgebra (A, ◦) von (G, ◦) eine Untergruppe. D.h. man muss nur auf die Abgeschlossenheit von (A, ◦) achten. 991 / 1411 Beispiel Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel: ◦ e x y z e e x y z x x e z y y y z x e z z y e x Folgende Mengen bilden mit ◦ Untergruppen von (G, ◦): {e}, {e, x }, {e, x , y , z}. 992 / 1411 Noch ein Beispiel Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel: ◦ e p q r s t e e p q r s t p p e s t q r q q t e s r p r r s t e p q s s r p q t e t t q r p e s Folgende Mengen bilden mit ◦ Untergruppen von (G, ◦): {e}, {e, p}, {e, q}, {e, r }, {e, s, t}, {e, p, q, r , s, t}. 993 / 1411 Mehr Beispiele I Für jedes k ∈ Z ist (T , +) mit T = {k · n | n ∈ Z} eine Untergruppe von (Z, +). Beispielsweise ist T für k = 2 die Menge aller geraden Zahlen. Die einzige endliche Untergruppe von (Z, +) ist ({0}, +). I Die Gruppe (Q \ {0}, ·) hat genau zwei endliche Untergruppen: ({1}, ·) und ({−1, 1}, ·). 994 / 1411 Quizfrage Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit neutralem Verknüpfungstafel: ◦ e x e e x x x e y y z z z y Element e und folgender y y z e x z z y x e Welche der folgenden Teilmengen von S bilden mit ◦ eine Untergruppe? {e}, {e, x }, {e, z}, {e, x , y }, {e, y , z}, {e, x , y , z}. 995 / 1411 Antwort Weil G endlich ist, müssen wir nur auf die Abgeschlossenheit der Teilmenge achten. Untergruppen sind dann: {e}, {e, x }, {e, z}, {e, x , y , z}. 996 / 1411 Quizfrage Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit neutralem Element e und folgender Verknüpfungstafel: ◦ e a b c d e e a b c d a a c d b e b b d a e c c c b e d a d d e c a b Welche der folgenden Teilmengen von S bilden mit ◦ eine Untergruppe? {e}, {e, a}, {e, a, c}, {e, b, d}, {e, a, b, c}, {e, a, b, c, d}. 997 / 1411 Antwort Weil G endlich ist, müssen wir nur auf die Abgeschlossenheit der Teilmenge achten. Untergruppen sind dann: {e}, {e, a, b, c, d}. 998 / 1411 Quizfrage Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit Verknüpfungstafel: ◦ e p q r s t neutralem Element e und folgender e e p q r s t p p e r q t s q r s t q r s t r q t s s t p e t s e p p e r q e p q r Welche der folgenden Teilmengen von S bilden mit ◦ eine Untergruppe? {e}, {e, p}, {e, q}, {e, q, s}, {e, s, r }, {e, p, q, r , s, t}. 999 / 1411 Antwort Weil G endlich ist, müssen wir nur auf die Abgeschlossenheit der Teilmenge achten. Untergruppen sind dann: {e}, {e, p}, {e, s, r }, {e, p, q, r , s, t}. 1000 / 1411 Quizfragen Welche der folgenden Mengen T1 , T2 , T3 ⊆ Z bilden mit + eine Untergruppe von (Z, +)? 1. T1 = {0} 2. T2 = {2n | n ∈ Z} 3. T3 = {2n + 1 | n ∈ Z} 4. T4 = N 5. T5 = N0 1001 / 1411 Antworten 1. Ja! T1 enthält nur das neutrale Element und ist somit eine der trivialen Untergruppen. Sie ist sogar die einzige endliche Untergruppe von (Z, +). 2. Ja! T2 ist abgeschlossen, enthält das neutrale Elemente und alle inversen Elemente. T2 ist die durch 2 bzw. −2 erzeugte Untergruppe. 3. Nein! T3 enthält alle ungeraden Zahlen und ist deswegen nicht abgeschlossen. Außerdem enthält T2 nicht das neutrale Element 0. 4. Nein! T4 ist zwar abgeschlossen, aber enthält nicht das neutrale Element 0. Außerdem enthält sie keine inverse Elemente. 5. Nein! T5 ist zwar abgeschlossen und enthält das neutrale Element 0, aber die 0 ist das einzige Element was ein Inverses in T5 besitzt. 1002 / 1411 Nebenklassen Sei (G, ◦) eine Gruppe und (H, ◦) eine Untergruppe von (G, ◦). Für jedes a ∈ G definieren wir: H ◦ a := {b ◦ a | b ∈ H} (rechte Nebenklasse von (H, ◦) zu a) a ◦ H := {a ◦ b | b ∈ H} (linke Nebenklasse von (H, ◦) zu a) Info Die Menge der rechten bzw. linken Nebenklassen bildet eine Partition von G. 1003 / 1411 Beispiel Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel: ◦ e x y z e e x y z x x e z y y y z x e z z y e x a e x y z {e, x } ◦ a {e, x } {x , e} {y , z} {z, y } a ◦ {e, x } {e, x } {x , e} {y , z} {z, y } Die Untergruppe ({e, x }, ◦) besitzt folgende rechte Nebenklassen: {e, x }, {y , z}. Diese stimmen mit den linken Nebenklassen überein. 1004 / 1411 Noch ein Beispiel Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel: ◦ e p q r s t e e p q r s t p p e s t q r q q t e s r p r r s t e p q s s r p q t e t t q r p e s a e p q r s t {e, p} ◦ a {e, p} {p, e} {q, t} {r , s} {s, r } {t, q} a ◦ {e, p} {e, p} {p, e} {q, s} {r , t} {s, q} {t, r } Die Untergruppe ({e, p}, ◦) besitzt die rechten Nebenklassen {e, p}, {q, t}, {r , s} und die linken Nebenklassen {e, p}, {q, s}, {r , t}. 1005 / 1411 Der Satz von Lagrange Sei (G, ◦) eine endliche Gruppe mit neutralem Element e. Dann gilt für jede Untergruppe (H, ◦) von (G, ◦): |H| teilt |G|. Info Eine sehr wichtige Folgerung ist, dass die Ordnung ord(a) aller Elemente a ∈ G auch die Gruppenordnung |G| teilen muss. Sonst wäre (hai, ◦) eine Untergruppe, deren Ordnung |hai| die Gruppenordnung |G| nicht teilt. 1006 / 1411 Quizfragen Sei (G, ◦) eine Gruppe mit G = [307], neutralem Element 6 ∈ G und einer hochkomplizierten Operation ◦, die kein Mensch versteht. 1. Wie viele verschiedene Untergruppen besitzt (G, ◦)? 2. Welche Ordnung hat das Element 28 ∈ G? Erinnerung: [307] = {1, 2, . . . , 307}. Info: 307 ist prim und Lagrange toll. 1007 / 1411 Antworten 1. Weil |G| = 307 prim ist, kann die Anzahl der Elemente einer Untergruppe nach dem Satz von Lagrange nur 1 oder 307 sein. Das sind genau die zwei trivialen Untergruppen (G, ◦) und ({6}, ◦). Es gibt also genau zwei Untergruppen. 2. Weil |G| = 307 prim ist, muss ord(28) nach dem Satz von Lagrange entweder 1 oder 307 sein. Ordnung 1 hat nur das neutrale Element 6, d.h. 28 muss die Ordnung ord(28) = 307 haben. 1008 / 1411 Quizfrage Gibt es eine nicht-zyklische Gruppe (G, ◦) mit |G| prim? 1009 / 1411 Antwort Nein! Für jede Gruppe (G, ◦) mit |G| prim gilt nach dem Satz von Lagrange, dass alle Elemente in G entweder 1 oder |G| als Ordnung haben. Da das neutrale Element das einzige Element mit Ordnung 1 ist, haben alle andere Ordnung |G|. G enthält also |G| − 1 verschiedene Erzeuger und ist somit automatisch zyklisch. 1010 / 1411 Wichtige Aussagen zu Gruppen 1. Sind (H1 , ◦) und (H2 , ◦) Untergruppen von (G, ◦), dann auch (H1 ∩ H2 , ◦). 2. (hai, ◦) ist für jedes a ∈ G eine zyklische Untergruppe von (G, ◦). 3. Die Menge der rechten bzw. linken Nebenklassen einer Untergruppe (H, ◦) von (G, ◦) bildet eine Partition von G. 4. Jede Untergruppe einer zyklischen Gruppe (G, ◦) ist auch zyklisch. 5. Jede zyklische Gruppe ist kommutativ. 6. Für jedes Element a einer Gruppe gilt: ord(a) = |hai|. 1011 / 1411 Wichtige Aussagen zu endlichen Gruppen 1. Jede Unteralgebra einer endlichen Gruppe ist eine Untergruppe. 2. Satz von Lagrange: Für jede Untergruppe (H, ◦) einer endlichen Gruppe (G, ◦) gilt: |H| teilt |G|. 3. Satz von Lagrange (Folgerung): Für alle Elemente a ∈ G einer endlichen Gruppe (G, ◦) gilt: ord(a) teilt |G|. 4. Wenn |G| prim ist, dann ist (G, ◦) zyklisch. 5. Für jede endliche Gruppe (G, ◦) gilt: (G, ◦) zyklisch ⇐⇒ ∃a ∈ G : ord(a) = |G| . 6. NEU: Für jedes Element a einer Gruppe (G, ◦) gilt: a−1 = a|G|−1 . 1012 / 1411 Rezept Frage: Wie findet man alle Untergruppen einer Gruppe (G, ◦)? Methode: Bestimme für jedes a ∈ G das Erzeugnis hai und die Ordnung ord(a). Die Menge aller Erzeugnisse ist genau die Menge aller zyklischen Untergruppen. Dann: 1. Ist (G, ◦) zyklisch, so gibt es keine weitere Untergruppen mehr. 2. Sind alle nichttrivialen Teiler von |G| (also alle außer 1 und |G|) prim, so gibt es nur triviale und zyklische Untergruppen. 3. Für jeden nichttrivialen Teiler k von |G|, der nicht prim ist, versuche eine Untergruppe mit k Elementen durch Ausprobieren zu konstruieren. Die Ordnungen dieser Elemente sollen alle k teilen! 1013 / 1411 Beispiel Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit Verknüpfungstafel: ◦ e p q r s t neutralem Element e und folgender e e p q r s t p p e r q t s q r s t q r s t r q t s s t p e t s e p p e r q e p q r 1014 / 1411 (G, ◦) besitzt folgende Erzeugnistafel: a e p q r s t hai ord(a) {e} 1 {p, e} 2 {q, s, p, r , t, e} 6 {r , s, e} 3 {s, r , e} 3 {t, r , p, s, q, e} 6 Die Gruppe ist zyklisch, weil sie von q bzw. t erzeugt wird. D.h. es gibt nur zyklische Untergruppen: {e}, {e, p}, {e, r , s}, {e, p, q, r , s, t}. 1015 / 1411 Noch ein Beispiel Sei (G, ◦) wieder eine Gruppe mit neutralem Verknüpfungstafel: ◦ e x e e x x x e y y z z z y Element e und folgender y y z e x z z y x e 1016 / 1411 (G, ◦) besitzt folgende Erzeugnistafel: a e x y z hai ord(a) {e} 1 {x , e} 2 {y , e} 2 {z, e} 2 Die Gruppe ist zwar nicht zyklisch, aber der einzige nichttriviale Teiler von |G| = 4 ist 2, also prim. Die Untergruppen sind also alle zyklisch oder trivial: {e}, {e, x }, {e, y }, {e, z}, {e, x , y , z}. 1017 / 1411 Ein letztes Beispiel Sei (G, ◦) eine Gruppe mit folgender Verknüpfungstafel: ◦ 1 2 3 4 5 6 7 8 1 1 2 3 4 5 6 7 8 2 2 4 1 3 6 8 5 7 3 3 1 4 2 7 5 8 6 4 4 3 2 1 8 7 6 5 5 5 6 7 8 1 2 3 4 6 6 8 5 7 2 4 1 3 7 7 5 8 6 3 1 4 2 8 8 7 6 5 4 3 2 1 1018 / 1411 (G, ◦) besitzt folgende Erzeugnistafel: a 1 2 3 4 5 6 7 8 hai ord(a) {1} 1 {2, 4, 3, 1} 4 {3, 4, 2, 1} 4 {4, 1} 2 {5, 1} 2 {6, 4, 7, 1} 4 {7, 4, 6, 1} 4 {8, 1} 2 (G, ◦) ist nicht zyklisch und |G| = 8 besitzt den nicht-trivialen Teiler 4. D.h. es könnte nicht-zyklische Untergruppen mit 4 Elementen geben. 1019 / 1411 Für diese Untergruppen kommen nur Elemente infrage, deren Ordnung kleiner oder gleich 4 ist (sonst wären sie zyklisch), aber 4 teilt (laut Lagrange). In diesem Fall ist {1, 4, 5, 8} die einzige Kandidatin für eine solche Untergruppe. Stellt man eine Verknüpfungstafel für sie auf, so stellt man fest, dass sie eine Unteralgebra und somit auch eine Untergruppe von (G, ◦) bildet: ◦ 1 4 5 8 1 1 4 5 8 4 4 1 8 5 5 5 8 1 4 8 8 5 4 1 Die Untergruppen von (G, ◦) sind also: {1}, {1, 4}, {1, 5}, {1, 8}, {1, 2, 3, 4}, {1, 4, 6, 7}, {1, 4, 5, 8}, {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8} . | {z zyklische Untergruppen } | {z nicht-zyklische Untergruppen } 1020 / 1411 Quizfrage Welche der folgenden Kongruenzen sind richtig? Streiche bei den falschen das Symbol ≡n durch. −7 ≡3 8, 7 ≡5 −11, 2 ≡6 8, −10 ≡11 22, 3 ≡12 27, 6 ≡4 18, −4 ≡7 −11, 15 ≡3 −13, 11 ≡1 −5, −4 ≡2 108. Hinweis: Was die Kongruenzrelation modulo n ist, muss bestimmt wieder aufgefrischt werden! Die Definition und ein paar Beispiele gibt es auf Folie 158. 1021 / 1411 Antwort −7 2 3 −4 11 ≡3 ≡6 ≡12 ≡7 ≡1 8, 8, 27, −11, −5, 7 −10 6 15 −4 6≡ 5 6 11 ≡ ≡4 6≡ 3 ≡2 −11, 22, 18, −13, 108. 1022 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.2.1. 5.2.2. 5.2.3. 5.2.4. 5.2.5. 5.2.6. Wichtige Begriffe Additive Gruppe modulo n Multiplikative Gruppe Modulo n Symmetrische Gruppe Inneres Produkt Gruppenisomorphismus 5.3. Endliche Körper 5.4. RSA-Verfahren 1023 / 1411 Die Modulo-Operation Modulo kann auch als Operation mod : Z × N → N0 . aufgefasst werden. Für beliebige a ∈ Z und n ∈ N gilt: a · n. a mod n := a − n Info bx c := max {m ∈ Z | m ≤ x } rundet den Wert von x ab. 1024 / 1411 Die Modulo-Operation (Alternative Definition) Die Modulo-Operation wird auch wie folgt definiert werden. Für beliebige a ∈ Z und n ∈ N gilt: a mod n = r :⇐⇒ a ≡n r und 0 ≤ r ≤ n . Diese Definition ist äquivalent zur ersten. Erinnerung Aus Folie 158 wissen wir: a mod n = r ⇐⇒ ∃k ∈ Z : a = kn + r ⇐⇒ (a − r ) | n 1025 / 1411 Beispiele I Bei großen Zahlen benutzt man am besten die Formel: 437 437 mod 7 = 437 − · 7 = 437 − 62 · 7 = 3 7 −245 · 9 = −245 − (−28) · 9 = 7 −245 mod 9 = −245 − 9 I Bei kleinen Zahlen benutzt man am besten die Kongruenz modulo n: 29 ≡5 24 ≡5 19 ≡5 14 ≡5 9 ≡5 4 −13 ≡3 −10 ≡3 −7 ≡3 −4 ≡3 −1 ≡3 2 ; ; 29 mod 5 = 4 −13 mod 3 = 2 1026 / 1411 Quizfragen 1. Was ist 35 mod 6? 2. Was ist 3 mod 7? 3. Was ist (−5) mod 11? 4. Was ist (−17) mod 6? 5. Was ist 38 mod 2? 6. Was ist 75 mod 9? 7. Was ist (−36) mod 9? 8. Was ist 5 mod 1? 9. Was ist (n2 − 1) mod (n + 1) für ein beliebiges n ∈ N? 10. Was ist n2 mod (n + 1) für ein beliebiges n ∈ N? 1027 / 1411 Antworten 1. 35 mod 6 = 5. 2. 3 mod 7 = 3. 3. −5 mod 11 = 6. 4. −17 mod 6 = 1. 5. 38 mod 2 = 0. 6. 75 mod 9 = 3. 7. −36 mod 9 = 0. 8. 5 mod 1 = 0. 9. n2 − 1 mod (n + 1) = (n + 1)(n − 1) mod (n + 1) = 0. 10. n2 mod (n + 1) = ((n + 1)2 − 2(n + 1) + 1) mod (n + 1) = 1. 1028 / 1411 Rechenregeln für Modulo Für beliebige a, b, n ∈ N gilt: 1. (a + b) mod n = (a mod n) + (b mod n) mod n, 2. (a · b) mod n = (a mod n) · (b mod n) mod n, 3. (a · b) mod (a · n) = a · (b mod n). 1029 / 1411 Quizfragen 1. Was ist 2168 mod 3? 2. Was ist 2201 mod 3? 3. Was ist 10099 mod 9? 4. Was ist 23600 mod 31? 5. Was ist (1085 + 563 + 1247 ) mod 3? Taschenrechner sind verboten! ;-) 1030 / 1411 Antworten 1. 4 (also 22 ) ergibt 1 modulo 3: 2168 mod 3 = (22 )84 mod 3 = 484 mod 3 = 184 mod 3 = 1. 2. 4 (also 22 ) ergibt 1 modulo 3: 2201 mod 3 = ((22 )100 · 2) mod 3 = (1 · 2) mod 3 = 2. 3. 100 ergibt 1 modulo 9: 10099 mod 9 = 199 mod 9 = 1. 4. 32 (also 25 ) ergibt 1 modulo 31: 2500 mod 31 = (25 )100 mod 31 = 32100 mod 31 = 1100 mod 31 = 1. 5. 10, 52 und 12 ergeben entsprechend 1, 1 und 0 modulo 3: (1085 + 563 + 1247 ) mod 3 = (1085 + (52 )31 · 5 + 1247 ) mod 3 = (1085 +2531 ·5+1247 ) mod 3 = (185 +131 ·5+047 ) mod 3 = (1+5+0) mod 3 = 0. 1031 / 1411 Die Ganzzahlige Division a ÷ n ist das ganzzahlige Ergebnis der Division von a ∈ Z durch n ∈ N. Es gilt: a − (a mod n) a a ÷ n := = . n n 1032 / 1411 Beispiele Es gilt: 12 − (12 mod 5) 12 − 2 10 = = =2 5 5 5 −11 − (−11 mod 3) −11 − 1 −12 −11 ÷ 3 = = = = −4 3 3 3 12 ÷ 5 = bzw. 12 = b2, 4c = 2 5 −11 −11 ÷ 3 = = b−3, 666 . . .c = −4 3 12 ÷ 5 = 1033 / 1411 Quizfragen 1. Was ist 7 ÷ 3? 2. Was ist 23 ÷ 6? 3. Was ist 38 ÷ 7? 4. Was ist −15 ÷ 4? 5. Was ist −8 ÷ 5? 6. Was ist −10 ÷ 4? 7. Was ist −n ÷ 1 für ein beliebiges n ∈ N? 8. Was ist −2n ÷ 2 für ein beliebiges n ∈ N? 1034 / 1411 Antworten 7−(7 mod 3) = 2. 3 23 ÷ 6 = 23−(236mod 6) = 3. 38 ÷ 7 = 38−(387mod 7) = 5. mod 4) −15 ÷ 4 = −15−(−15 = −4. 4 −8−(−8 mod 5) = −2. −8 ÷ 5 = 5 mod 4) −10 ÷ 4 = −10−(−10 = −3. 4 2 2 2 −n2 ÷ 1 = −n −(−n1 mod 1) = −n1−0 = −n. mod 2) = −2n−0 = −n. −2n ÷ 2 = −2n−(−2n 2 2 1. 7 ÷ 3 = 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 1035 / 1411 Additive Gruppe Modulo n Seien n ∈ N, Zn := {0, . . . , n − 1} die Menge aller möglichen Reste einer Division durch n und +n die Addition modulo n mit a +n b := (a + b) mod n. Dann ist (Zn , +n ) für alle n ∈ N eine Gruppe. Info Weil wir Zn immer nur in Kombination mit +n betrachten werden, schreiben wir oft einfach Zn statt (Zn , +n ). 1036 / 1411 Beispiel (Z3 , +3 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge Z3 = 0, 1, 2 und folgender Verknüpfungstafel: +3 0 1 2 0 0 1 2 1 1 2 0 2 2 0 1 z.B. 1 +3 2 = (1 + 2) mod 3 = 0 1037 / 1411 Noch ein Beispiel (Z4 , +4 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge Z4 = 0, 1, 2, 3 +4 0 1 2 3 3 3 0 1 2 und folgender Verknüpfungstafel: 0 0 1 2 3 1 1 2 3 0 2 2 3 0 1 z.B. 2 +4 3 = (2 + 3) mod 4 = 1 1038 / 1411 Ein letztes Beispiel (Z5 , +5 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge Z5 = 0, 1, 2, 3, 4 und folgender Verknüpfungstafel: +5 0 1 2 3 4 0 0 1 2 3 4 1 1 2 3 4 0 2 2 3 4 0 1 3 3 4 0 1 2 4 4 0 1 2 3 z.B. 3 +5 4 = (3 + 4) mod 5 = 2 1039 / 1411 Eigenschaften von (Zn , +n ) Die Gruppe Zn besitzt für jedes n ∈ N folgende Eigenschaften: I |Zn | = n. I Das neutrale Element ist die 0. I Das inverse Element von m ∈ Zn ist m−1 = (−m) mod n. I (Zn , +n ) ist kommutativ und zyklisch. I Die Elemente 1 und n − 1 sind immer Erzeuger der Gruppe. Es können aber mehr als die zwei sein! I Die Ordnung von m ∈ Zn ist ord(m) = n ggT(m,n) . 1040 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.2.1. 5.2.2. 5.2.3. 5.2.4. 5.2.5. 5.2.6. Wichtige Begriffe Additive Gruppe modulo n Multiplikative Gruppe Modulo n Symmetrische Gruppe Inneres Produkt Gruppenisomorphismus 5.3. Endliche Körper 5.4. RSA-Verfahren 1041 / 1411 ggT und kgV Seien m, n ∈ N0 . Der größte gemeinsame Teiler ggT(m, n) von m und n ist die größte natürliche Zahl, die sowohl m als auch n teilt. Das kleinste gemeinsame Vielfache kgV(m, n) von m und n ist die kleinste natürliche Zahl, die sowohl von m als auch von n geteilt wird. Infos I Wie die Teilbarkeitsrelation funktioniert kann auf Folie 150 nachgelesen werden. I Es gilt: kgV(m, n) = I m·n . ggT(m, n) Falls ggT(m, n) = 1 bzw. kgV(m, n) = m · n gilt, dann sagt man, dass m und n teilerfremd oder koprim zueinander sind. 1042 / 1411 3·5 Beispiele 1. Für m = 14 und n = 15 gilt: 2·7 ggT(14, 15) = 1 und kgV(14, 15) = 210. 22 · 3 · 5 2·3·5·7 2. Für m = 24 und n = 60 gilt: 23 · 3 ggT(24, 60) = 12 und kgV(24, 60) = 120. 22 · 3 23 · 3 · 5 3. Für m ∈ {0, 1} und n ∈ N0 beliebig gilt: ggT(0, n) = n, kgV(0, n) = 0, ggT(1, n) = 1 und kgV(1, n) = n. 1043 / 1411 Euklidischer Algorithmus Für zwei beliebige natürliche Zahlen m, n ∈ N0 mit m ≤ n berechnet der euklidische Algorithmus den größten gemeinsamen Teiler ggT(m, n) aus n und m. Dazu setzt er r0 = n und r1 = m und füllt systematisch mit den Formeln ri−1 mod ri = ri+1 und ri−1 ÷ ri = si folgende Tabelle von oben nach unten aus ri n m r2 r3 .. . si − s1 s2 s3 .. . rk−1 0 sk−1 − bis rk = 0 ist. Dann gilt: ggT(m, n) = rk−1 1044 / 1411 Beispiel Wir bestimmten ggT(21, 100) mit dem euklidischen Algorithmus. ri 100 21 16 5 1 0 si − 4 1 3 5 − Es gilt: ggT(21, 100) = 1. 1045 / 1411 Noch ein Beispiel Wir bestimmten ggT(28, 74) mit dem euklidischen Algorithmus. ri si 74 − 28 2 18 1 10 1 8 1 2 4 0 − Es gilt: ggT(28, 74) = 2. 1046 / 1411 Quizfragen 1. Was ist ggT(28, 76)? 2. Was ist ggT(96, 129)? 3. Was ist ggT(46, 53)? 4. Was ist ggT(41, 94)? Hinweis: Benutze den euklidischen Algorithmus! 1047 / 1411 Antworten Antworten ohne Rechnungen: 1. ggT(28, 76) = 4. 2. ggT(96, 129) = 3. 3. ggT(46, 53) = 1. 4. ggT(41, 94) = 1. 1048 / 1411 Die Menge Z∗n Für jedes n ∈ N enthält die Menge Z∗n := {m ∈ Zn | ggT(m, n) = 1} alle Zahlen aus Zn , die zu n teilerfremd sind. Infos I Sind m und n klein, dann kann man sie in Primfaktoren zerlegen und überprüfen, ob sie mindestens einen gemeinsamen Primfaktor haben (ggT(m, n) > 1) oder nicht (ggT(m, n) = 1). I Hat man keine Lust zu Faktorisieren, dann kann man ggT(m, n) mit dem euklidischen Algorithmus berechnen. I Erinnerung: Für alle n ∈ N0 gilt ggT(0, n) = n und ggT(1, n) = 1. 1049 / 1411 Beispiel 12 besitzt die Primteiler 2 und 3. Somit enthält Z∗12 alle Elemente aus Z12 , die weder 2 als auch 3 als Primteiler besitzen. Daraus folgt: ggT(0, 12) = 12 32 2·3 ∗ , 11} = {1, 5, 7, 11}. Z12 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 22 · 3 2 3 22 23 2·5 1050 / 1411 Quizfragen 1. Was ist Z∗1 extensional? 2. Was ist Z∗2 extensional? 3. Was ist Z∗3 extensional? 4. Was ist Z∗4 extensional? 5. Was ist Z∗5 extensional? 6. Was ist Z∗6 extensional? 7. Was ist Z∗7 extensional? 8. Was ist Z∗8 extensional? 9. Was ist Z∗9 extensional? 10. Was ist Z∗10 extensional? 11. Was ist Z∗18 extensional? 12. Was muss für n gelten, damit Z∗n = Zn \ {0} gilt? 1051 / 1411 Antworten 1. Z∗1 = {0} (wegen ggT(0, 1) = 1, s. Infos auf Folie 1049), 2. Z∗2 = {0, 1} = {1}, 3. Z∗3 = {0, 1, 2} = {1, 2}, 4. Z∗4 = {0, 1, 2, 3} = {1, 3}, 5. Z∗5 = {0, 1, 2, 3, 4} = {1, 2, 3, 4}, 6. Z∗6 = {0, 1, 2, 3, 4, 5} = {1, 5}, 7. Z∗7 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6} = {1, 2, 3, 4, 5, 6}. 8. Z∗8 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7} = {1, 3, 5, 7}. 9. Z∗9 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8} = {1, 2, 4, 5, 7, 8}. 10. Z∗10 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9} = {1, 3, 7, 9}. 11, 13, 17} = {1, 5, 7, 11, 13, 17}. 11. Z∗18 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 14, 15, 16, 12. n muss teilerfremd zu 1, 2, 3, . . . , n − 1 sein, d.h. n muss prim sein. Info: 0 ∈ Z∗n gilt nur falls n = 1. 1052 / 1411 Eulersche Phi-Funktion Die eulersche Phi-Funktion gibt die Anzahl der Elemente in Z∗n an. Es gilt: ϕ(n) := |Z∗n |. Ist die Primfaktorzerlegung n = p1e1 · p2e2 · . . . · pkek von n bekannt, dann kann man den Wert von ϕ(n) ganz einfach mit folgender Formel berechnen: ϕ(n) = p1e1 −1 · (p1 − 1) · p2e2 −1 · (p2 − 1) · . . . · pkek −1 · (pk − 1). 1053 / 1411 Beispiel Für 400 gilt: ϕ(400) = 24−1 · (2 − 1) · 52−1 · (5 − 1) = 8 · 20 = 160. 24 · 52 1054 / 1411 Quizfragen 1. Was ist ϕ(36)? 2. Was ist ϕ(64)? 3. Was ist ϕ(72)? 4. Was ist ϕ(210)? 5. Was ist ϕ(1000)? 6. Ist ϕ monoton wachsend? Info: Eine Funktion f heißt monoton wachsend, wenn für alle m, n im Definitionsbereich gilt: m ≤ n =⇒ f (m) ≤ f (n) . 1055 / 1411 Antworten 1. ϕ(36) = 22−1 · (2 − 1) · 32−1 · (3 − 1) = 12. 2. ϕ(64) = 26−1 · (2 − 1) = 32. 3. ϕ(72) = 23−1 · (2 − 1) · 32−1 · (3 − 1) = 24. 4. ϕ(210) = 21−1 · (2 − 1) · 31−1 · (3 − 1) · 51−1 · (5 − 1) · 71−1 · (7 − 1) = 1 · 2 · 4 · 6 = 48. 5. ϕ(1000) = 23−1 · (2 − 1) · 53−1 · (5 − 1) = 4 · 100 = 400. 6. Nö! Es gilt 64 ≤ 72, aber ϕ(64) > ϕ(72). 1056 / 1411 Multiplikative Gruppe Modulo n Seien n ∈ N und ·n die Multiplikation modulo n mit a ·n b := (a · b) mod n. Dann ist (Z∗n , ·n ) eine Gruppe. Infos I Die Menge Zn (ohne Stern) bildet mit ·n ein Monoid, aber nicht immer eine Gruppe. I Z∗n enthält genau die Elemente aus Zn , die ein Inverses bezüglich ·n besitzen. I Weil wir Z∗n immer nur in Kombination mit ·n betrachten werden, schreiben wir oft einfach Z∗n statt (Z∗n , ·n ). 1057 / 1411 Beispiel (Z∗6 , ·6 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge Z∗6 = 1, 5 und folgender Verknüpfungstafel: ·6 1 5 1 5 1 5 5 1 z.B. 5 ·6 5 = (5 · 5) mod 6 = 25 mod 6 = 1 1058 / 1411 Noch ein Beispiel (Z∗10 , ·10 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge Z∗10 = 1, 3, 7, 9 und folgender Verknüpfungstafel: ·10 1 3 7 9 1 1 3 7 9 3 3 9 1 7 7 7 1 9 3 9 9 7 3 1 z.B. 7 ·10 9 = (7 · 9) mod 10 = 63 mod 10 = 1059 / 1411 Ein letztes Beispiel (Z∗18 , ·18 ) ist eine Gruppe mit Trägermenge Z∗18 = 1, 5, 7, 11, 13, 17 und folgender Verknüpfungstafel: ·18 1 5 7 11 13 17 1 5 7 1 5 7 5 7 17 7 17 13 11 1 5 13 11 1 17 13 11 11 11 1 5 13 17 7 13 13 11 1 17 7 5 17 17 13 11 7 5 1 z.B. 11 ·18 17 = (11 · 17) mod 18 = 1 1060 / 1411 Quizfragen 1. Wie sieht die Verknüpfungstafel von (Z∗8 , ·8 ) aus? 2. Wie sieht die Verknüpfungstafel von (Z∗12 , ·12 ) aus? 1061 / 1411 Antworten 1. Wir hatten bereits: Z∗8 = {1, 3, 5, 7}. Die Verknüpfungstafel von (Z∗8 , ·8 ) ist dann: ·8 1 3 5 7 1 1 3 5 7 3 3 1 7 5 5 5 7 1 3 7 7 5 3 1 1062 / 1411 2. Wir hatten bereits: Z∗12 = {1, 5, 7, 11}. Die Verknüpfungstafel von (Z∗12 , ·12 ) ist dann: ·12 1 5 7 11 1 5 7 11 1 5 7 11 5 1 11 7 7 11 1 5 11 7 5 1 1063 / 1411 Lemma von Bézout Für zwei beliebige natürliche Zahlen m, n ∈ N0 existieren ganze Zahlen a, b ∈ Z mit: a · m + b · n = ggT(m, n). Sei o.B.d.A. m ≤ n. Um a und b zu bestimmen wird der euklidische Algorithmus ausgeführt und die Tabelle um eine Spalte ti erweitert. Diese wird dann von unten nach oben mit den Formeln tk−1 = 0 tk−2 = 1 und ti−1 = ti+1 − ti · si ausgefüllt. Dieser Algorithmus wird erweiterte euklidische Algorithmus genannt. Nach der Ausführung gilt a = t0 und b = t1 . 1064 / 1411 Infos I Die Tabelle des erweiterten euklidischen Algorithmus hat dann immer folgende Gestalt: ri si ti n a r0 − t0 m r1 s1 t1 b .. .. .. . . . ggT(m, n) rk−2 sk−2 rk−1 sk−1 0 − 1 0 − I Es gibt immer unendlich viele Möglichkeiten a und b für das Lemma von Bézout zu wählen. Der erweiterte euklidische Algorithmus liefert nur eine davon. I Wir könnten die Definition von ggT(m, n) und das Lemma von Bézout auf ganze Zahlen m, n ∈ Z verallgemeinern, aber das ist für uns in DS irrelevant. 1065 / 1411 Beispiel Für n = 100 und m = 21 erhalten wir ri 100 21 16 5 1 0 si − 4 1 3 5 − ti − 19 4 −3 1 0 − Es folgt ggT(100, 21) = 1 und (−19) · 21 + 4 · 100 = 1. 1066 / 1411 Beispiel Für n = 100 und m = 21 erhalten wir ri si ti 100 − −19 21 4 4 16 1 −3 5 3 1 1 5 0 0 − − Es folgt ggT(100, 21) = 1 und ( -19 ) · 21 + 4 · 100 = 1 . 1067 / 1411 Info Am besten merkt man sich die Formeln intuitiv. I Für die ersten zwei Spalten gilt: „ oben durch mitte gleich rechts , Rest unten .“ I Für die letzte Spalte gilt: „ unten minus .. . .. . .. . ri−1 si−1 ti−1 ri si ti ri+1 si+1 ti+1 .. .. .. . . . mitte mal links .. . gleich oben .“ .. . .. . ri−1 si−1 ti−1 ri si ti ri+1 si+1 ti+1 .. .. .. . . . 1068 / 1411 Noch ein Beispiel Für n = 74 und m = 28 gilt: ri si ti 74 − 8 28 2 −3 18 1 2 10 1 −1 8 1 1 2 4 0 0 − − Es folgt ggT(28, 74) = 2 und 8 · 28 + ( -3 ) · 74 = 2 . 1069 / 1411 Quizfrage Für welche a, b ∈ Z gilt die gegebene Gleichung? 1. a · 33 + b · 51 = 3. 2. a · 53 + b · 89 = 1. 3. a · 38 + b · 62 = 2. 4. a · 14 + b · 45 = 1. 5. a · 55 + b · 79 = 5. Achtung: fiese Falle! 1070 / 1411 Antwort (ohne Rechnungen) Die Lösung auf diese Frage ist nicht eindeutig (s. Folie 1065). Folgende Werte wurden mit dem erweiterten euklidischen Algorithmus berechnet. 1. a = −3, b = 2. 2. a = 42, b = −25. 3. a = −13, b = 8. 4. a = −16, b = 5. 5. a = 115, b = −80. Info zu 5.: Hier liefert der erweiterte euklidische Algorithmus die Gleichung 23 · 55 + (−16) · 79 = 1. Multipliziert man beide Seiten mit 5, so erhält man die neue Gleichung 115 · 55 + (−80) · 79 = 5. 1071 / 1411 Inverse Elemente in (Z∗n , ·n ) Um das inverse Element von m ∈ Z∗n zu bestimmen, führt man den erweiterten euklidischen Algorithmus mit n und m aus. So erhält man ganze Zahlen a, b mit: a · m + b · n = 1. Nimmt man beide Seiten der Gleichung modulo n, so erhält man wegen (a · m + b · n) mod n = (a · m) mod n = ((a mod n) · m) mod n = (a mod n) ·n m die Gleichung (a mod n) ·n m = 1. Daraus folgt: m−1 = a mod n. 1072 / 1411 Beispiel Der Verknüpfungstafel auf Folie 1060 können wir entnehmen, dass 13 das multiplikative Invere von 7 in Z∗18 ist. Wir überprüfen dies mit dem erweiterten euklidischen Algorithmus. ri si ti 18 − −5 7 2 2 4 1 −1 3 1 1 1 5 0 0 − − Dann gilt 18 · 2 + 7 · (−5) = 1 und daher: 7 −1 = -5 mod 18 = 13. 1073 / 1411 Noch ein Beispiel Gesucht ist das inverse Element 21−1 zu 21 bezüglich Z∗100 . Aus dem Beispiel auf Folie 1067 haben wir folgende Ausführung des erweiterten euklidischen Algorithmus: ri si ti 100 − −19 21 4 4 16 1 −3 5 3 1 1 5 0 0 − − Dann gilt 100 · 4 + 21 · (−19) = 1 und daher: 21 −1 = -19 mod 100 = 81. 1074 / 1411 Infos I Erinnerung: m besitzt genau dann ein multiplikatives Inverses bezüglich ·n , wenn ggT(m, n) = 1 gilt. I Das multiplikative Inverse zu einer Zahl m ∈ Z∗n wird immer an derselben Position in der Tabelle zu finden sein! :-) 1075 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende Zahlenpaare m, n mit n ∈ N und m ∈ Z∗n : 1. m = 81, n = 128. 2. m = 73, n = 215. 3. m = 32, n = 91. 4. m = 41, n = 106. 5. m = 157, n = 432. 6. m = 73, n = 255. Was ist das Inverse m−1 zu m in Z∗n ? 1076 / 1411 Antworten (ohne Rechnungen) 1. In Z∗128 gilt: 81−1 = 49. 2. In Z∗215 gilt: 73−1 = 162. 3. In Z∗91 gilt: 32−1 = 37. 4. In Z∗106 gilt: 41−1 = 75. 5. In Z∗432 gilt: 157−1 = 421. 6. In Z∗255 gilt: 73−1 = 7. 1077 / 1411 Eigenschaften von (Z∗n , ·n ) Die Gruppe Z∗n besitzt für jedes n ∈ N mit n ≥ 2 folgende Eigenschaften: I |Z∗n | = ϕ(n) I Das neutrale Element ist die 1. I Inverse Elemente bestimmt man mit dem erweitertem euklidischen Algorithmus I (Z∗n , ·n ) ist kommutativ, aber nicht immer zyklisch. I Die Ordnung ord(m) von m ∈ Z∗n muss man leider durch systematisches Ausprobieren bestimmen (s. nächste Folie). Für n = 1 ist (Z∗n , ·n ) identisch zu (Zn , +n ). Für die Eigenschaften siehe Folie 1040. 1078 / 1411 Beispiel Wir bestimmen die Ordnung von 7 in Z∗22 . Wegen |Z∗22 | = ϕ(22) = 21−1 · (2 − 1) · 111−1 · (11 − 1) = 10 muss nach Lagrange ord(m) ∈ {1, 2, 5, 10} für alle m ∈ Z∗22 gelten. 7 mod 22 = 7 6= 1 ; ord(7) 6= 1 72 mod 22 = 5 6= 1 ; ord(7) 6= 2 75 mod 22 = 21 6= 1 ; ord(7) = 6 5 Daraus folgt sofort: ord(7) = 10. 1079 / 1411 Satz von Euler Sind a, n ∈ N zueinander teilerfremd, dann gilt: aϕ(n) ≡n 1. Daraus folgt: am mod n = am mod ϕ(n) mod n. 1080 / 1411 Beispiel Da 3 und 4 teilerfremd sind, gilt: 361 mod 4 = 361 mod 2 mod 4 = 31 mod 4 = 3. ϕ(4) = 2 1081 / 1411 Noch ein Beispiel Auf 573 mod 110 kann der Satz von Euler nicht direkt angewendet werden, da 5 und 110 nicht teilerfremd sind. Es gilt nämlich ggT(5, 110) = 5. Mithilfe der dritten Rechenregel auf Folie 1029 erhalten wir: 573 mod 110 = 5 · (572 mod 22) = 5 · (572 mod 10 mod 22) = 5 · (52 mod 22) = 5 · 3 = 15. ϕ(22) = 10 1082 / 1411 Quizfrage Was ist 2308 mod 250? 1083 / 1411 Antwort 2308 mod 250 = 2 · (2307 mod 125) = 2 · (2307 mod 100 mod 125) = 2 · (27 mod 125) = 6. ϕ(125) = 100 1084 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.2.1. 5.2.2. 5.2.3. 5.2.4. 5.2.5. 5.2.6. Wichtige Begriffe Additive Gruppe modulo n Multiplikative Gruppe Modulo n Symmetrische Gruppe Inneres Produkt Gruppenisomorphismus 5.3. Endliche Körper 5.4. RSA-Verfahren 1085 / 1411 Rechnen mit Permutationen Im Abschnitt Relationen und Abbildungen haben wir gelernt, was Permutationen sind (s. ab Folie 333). Im Abschnitt Fundamentale Zählkoeffizienten haben wir die Zyklenschreibweise für Permutationen kennengelernt (s. ab Folie 683). Weil Permutationen Funktionen über eine Menge A sind, kann man Permutationen p1 , p2 mit der Komposition von Funktionen ◦ verknüpfen und eine neue Permutation p3 = p1 ◦ p2 erhalten. Dann gilt für alle x ∈ A: p3 (x ) = (p1 ◦ p2 )(x ) = p1 (p2 (x )). 1086 / 1411 Beispiele: I Matrixschreibweise: ! ! 1 2 3 4 1 2 3 4 ◦ 3 2 1 4 4 1 3 2 I ! = 1 2 3 4 4 3 1 2 Zyklenschreibweise: (1, 3)(2)(4) ◦ (1, 4, 2)(3) = (1, 4, 2, 3) 1087 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende Permutationen p1 , p2 und p3 über [6] in Zyklendarstellung: 1. p1 = (1, 4)(2, 6, 3)(5), 2. p2 = (3, 2, 4, 1, 5, 6), 3. p3 = (1, 4)(2, 5)(3, 6). Wie sehen die Umkehrfunktionen p1−1 , p2−1 und p3−1 in Zyklendarstellung aus? 1088 / 1411 Antworten Einfach die Zyklen umdrehen! 1. p1−1 = (1, 4)(2, 3, 6)(5), 2. p2−1 = (1, 4, 2, 3, 6, 5), 3. p3−1 = (1, 4)(2, 5)(3, 6). Bei den Zyklen wurde außerdem so lange geshiftet, bis die kleinste Zahl links steht. Das ist aber nicht nötig. 1089 / 1411 Quizfragen Was sind die Ergebnisse in Zyklendarstellung folgender Kompositionen? 1. (2, 6)(3, 1, 4, 5) ◦ (1)(3, 2, 4, 6)(5), 2. (6, 3, 4)(2, 5, 1) ◦ (6, 2, 4, 3, 1, 5), 3. (3, 1)(5, 4)(2, 6) ◦ (4, 6)(2, 3, 1)(5). 1090 / 1411 Antworten 1. (1, 4, 2, 5, 3, 6). 2. (1)(2, 6, 5, 3)(4). 3. (1, 6, 5, 4, 2)(3). 1091 / 1411 Quizfrage Was ist (1, 3, 5, 4)(2, 6) ◦ (1, 4)(2, 5, 6)(3) ◦ (1, 5, 6)(2, 4, 3) in Zyklenschreibweise? Hinweis: Für alle Permutationen p, q, r über A und alle x ∈ A gilt: (p ◦ q ◦ r )(x ) = p(q(r (x ))). D.h. die eingesetzte Zahl x „wandert von rechts nach links“. 1092 / 1411 Antwort (1, 3, 5, 4)(2, 6) ◦ (1, 4)(2, 5, 6)(3) ◦ (1, 5, 6)(2, 4, 3) = (1, 2, 3, 4, 5, 6). 1093 / 1411 Quizfragen Seien p und q Permutationen über [6] mit p= 1 2 3 4 5 6 3 2 5 6 1 4 ! und q = (1, 4, 3)(2, 6, 5). 1. Was ist p in Zyklenschreibweise? 2. Was ist q in Matrixschreibweise? 3. Was ist p ◦ q in Matrixschreibweise? 4. Was ist q ◦ p in Zyklenschreibweise? 5. Was ist p −1 in Matrixschreibweise? 6. Was ist q −1 in Zyklenschreibweise? 1094 / 1411 Antworten 1. p = (1, 3, 5)(2)(4, 6). ! 2. q = 1 2 3 4 5 6 . 4 6 1 3 2 5 ! 3. p ◦ q = 1 2 3 4 5 6 . 6 4 3 5 2 1 4. q ◦ p = (1)(2, 6, 3)(4, 5). ! 5. p −1 = 1 2 3 4 5 6 . 5 2 1 6 3 4 6. q −1 = (1, 3, 4)(2, 5, 6). 1095 / 1411 Symmetrische Gruppe Seien n ∈ N, Sn die Menge aller Permutationen über [n] und ◦ die Komposition von Funktionen. Dann ist (Sn , ◦) für alle n ∈ N eine Gruppe. Infos I Weil wir Sn immer nur in Kombination mit ◦ betrachten werden, schreiben wir oft einfach Sn statt (Sn , ◦). I Obwohl (Sn , ◦) Symmetrische Gruppe heißt, hat ihre Verknüpfungstafel nichts mit Symmetrie zutun. (S1 , ◦) und (S2 , ◦) sind zwar kommutativ, aber (S3 , ◦), (S4 , ◦), (S5 , ◦), (S6 , ◦), (S7 , ◦), . . . alle nicht! 1096 / 1411 Beispiel (S1 , ◦) ist eine Gruppe mit S1 = {(1)} und folgender Verknüpfungstafel: ◦ (1) (1) (1) Beispielsweise gilt: (1) ◦ (1) = (1). 1097 / 1411 Noch ein Beispiel (S2 , ◦) ist eine Gruppe mit S2 = {(1)(2), (1, 2)} und folgender Verknüpfungstafel: ◦ (1)(2) (1, 2) (1)(2) (1)(2) (1, 2) (1, 2) (1, 2) (1)(2) Beispielsweise gilt: (1, 2) ◦ (1, 2) = (1)(2). 1098 / 1411 Ein letztes Beispiel (S3 , ◦) ist eine Gruppe mit S3 = {(1)(2)(3), (1, 2)(3), (1, 3)(2), (1)(2, 3), (1, 2, 3), (1, 3, 2)} und folgender Verknüpfungstafel: ◦ (1)(2)(3) (1, 2)(3) (1, 3)(2) (1)(2, 3) (1, 2, 3) (1, 3, 2) (1)(2)(3) (1)(2)(3) (1, 2)(3) (1, 3)(2) (1)(2, 3) (1, 2, 3) (1, 3, 2) (1, 2)(3) (1, 2)(3) (1)(2)(3) (1, 3, 2) (1, 2, 3) (1)(2, 3) (1, 3)(2) (1, 3)(2) (1, 3)(2) (1, 2, 3) (1)(2)(3) (1, 3, 2) (1, 2)(3) (1)(2, 3) (1)(2, 3) (1)(2, 3) (1, 3, 2) (1, 2, 3) (1)(2)(3) (1, 3)(2) (1, 2)(3) (1, 2, 3) (1, 2, 3) (1, 3)(2) (1)(2, 3) (1, 2)(3) (1, 3, 2) (1)(2)(3) (1, 3, 2) (1, 3, 2) (1)(2, 3) (1, 2)(3) (1, 3)(2) (1)(2)(3) (1, 2, 3) Beispielsweise gilt: (1, 2, 3) ◦ (1, 3)(2) = (1)(2, 3). 1099 / 1411 Quizfrage Wie viele Elemente enthält Sn für ein allgemeines n ∈ N? 1100 / 1411 Antwort |Sn | = n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · 1 = n! 1101 / 1411 Quizfragen Seien p = (1, 2, 3, 4), q = (1, 3)(2, 4), r = (1, 4, 3, 2) und id = (1)(2)(3)(4) vier Permutationen über [4] und (G, ◦) eine Untergruppe der symmetrischen Gruppe (S4 , ◦) mit G = {id, p, q, r }. 1. Wie sieht die Verknüpfungstafel von (G, ◦) aus? 2. Was ist das inverse Element a−1 von jedem a ∈ G? 3. Was ist die Ordnung ord(a) von jedem a ∈ G? 4. Ist (G, ◦) zyklisch? 1102 / 1411 Antworten 1. Die Verknüpfungstafel von (G, ◦) ist: ◦ id p q r id p q r id p q r p q r id q r id p r id p q 2. id−1 = id, p −1 = r , q −1 = q, r −1 = p. 3. ord(id) = 1, ord(p) = 4, ord(q) = 2, ord(r ) = 4. 4. Ja! p und r sind Erzeuger. 1103 / 1411 Eigenschaften von (Sn , ◦) Die Gruppe Sn besitzt für jedes n ∈ N folgende Eigenschaften: I |Sn | = n!. I Das neutrale Element ist die Identitätsfunktion id = (1)(2) . . . (n). I Das inverse Element p −1 von p ∈ Sn ist einfach die Umkehrfunktion von p. I (Sn , ◦) ist kommutativ (abelsch) und zyklisch für n = 1 und n = 2, ansonsten ist sie weder kommutativ noch zyklisch. I Die Ordnung ord(p) von einem Element p ∈ Sn ist das kleinste gemeinsame Vielfache kgV{l1 , l2 , . . . , lk } der Zyklenlängen l1 , l2 , . . . , lk , z.B. gilt in S9 : ord (1, 7, 4, 3) (2, 8, 6) (5, 9) | {z Länge 4 = kgV{4, 3, 2} = 12 } | {z } | {z } Länge 3 Länge 2 1104 / 1411 Quizfragen Welche Ordnung besitzen folgende Permutationen aus (S9 , ◦)? 1. p = (4, 6, 2, 5)(3, 1, 9)(7, 8) 2. q = (1, 6)(5)(3, 8, 2)(4)(9, 7) 3. r = (3, 5, 7)(9, 1, 2)(8, 4, 6) 4. s = (5, 9)(1, 3)(2, 7)(4, 6, 8) 1105 / 1411 Antworten 1. ord(p) = kgV{4, 3, 2} = 12. 2. ord(q) = kgV{2, 1, 3, 1, 2} = 6. 3. ord(r ) = kgV{3, 3, 3} = 3. 4. ord(s) = kgV{2, 2, 2, 3} = 6. 1106 / 1411 Quizfragen 1. Für welche Permutation p ∈ S9 gilt ord(p) = 15? 2. Für welche Permutation q ∈ S9 gilt ord(q) = 9? 3. Für welche Permutation r ∈ S9 gilt ord(r ) = 5? 4. Für welche Permutation s ∈ S9 gilt ord(s) = 14? Gib jeweils ein Beispiel an. 1107 / 1411 Antworten 1. p muss Zyklen der Längen 1, 3 und 5 haben, z.B. p = (1)(2, 3, 4)(5, 6, 7, 8, 9). 2. q muss einen Zyklus der Länge 9 haben, z.B. q = (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9). 3. r muss vier Zyklen der Länge 1 und einen der Länge 5 haben, z.B. r = (1)(2)(3)(4)(5, 6, 7, 8, 9). 4. s muss einen Zyklus der Länge 2 und einen der Länge 7 haben, z.B. s = (1, 2)(3, 4, 5, 6, 7, 8, 9). 1108 / 1411 Überblick* : Eigenschaften der Gruppen (Zn , +n ), (Z∗n , ·n ) und (Sn , ◦) Gruppenordnung Neutrales Element Inversenbildung Kommutativ Zyklisch Elementenordnung * (Zn , +n ) (Z∗n , ·n ) (Sn , ◦) n 0 durch Negation und Modulobildung m−1 = −m mod n immer immer n ord(m) = ggT(m,n) ϕ(n) 1 mit dem erweiterten euklidischen Algorithmus: m−1 = a mod n immer manchmal ausprobieren n! id = (1)(2) . . . (n) durch Bildung der Umkehrfunktion p −1 von p nur falls n ≤ 2 nur falls n ≤ 2 ord(p) = kgV{l1 , l2 , . . . , lk } Siehe Folien 1040, 1078 und 1104. 1109 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.2.1. 5.2.2. 5.2.3. 5.2.4. 5.2.5. 5.2.6. Wichtige Begriffe Additive Gruppe modulo n Multiplikative Gruppe Modulo n Symmetrische Gruppe Inneres Produkt Gruppenisomorphismus 5.3. Endliche Körper 5.4. RSA-Verfahren 1110 / 1411 Inneres Produkt Seien (A, ◦) und (B, •) beliebige Algebren. Dann heißt (A, ◦) × (B, •) := (A × B, ◦ × •) mit (a, b)(◦ × •)(c, d) = (a ◦ c, b • d) das innere Produkt (oder direkte Produkt) aus (A, ◦) und (B, •). 1111 / 1411 Beispiel Seien (A, ◦) und (B, •) mit A = {a, b, c}, B = {d, e} und: ◦ a b c (A, ◦) : a a b c b b c a c c a b • d e (B, •) : d d e e e d Dann besitzt (A, ◦) × (B, •) folgende Verknüpfungstafel: ◦ו (a, d) (a, e) (b, d) (b, e) (c, d) (c, e) (a, d) (a, d) (a, e) (b, d) (b, e) (c, d) (c, e) (a, e) (a, e) (a, d) (b, e) (b, d) (c, e) (c, d) (b, d) (b, d) (b, e) (c, d) (c, e) (a, d) (a, e) z.B.: (b, d)(◦ × •)(c, e) = (b ◦ c, d • e) = (a, e) (b, e) (b, e) (b, d) (c, e) (c, d) (a, e) (a, d) (c, d) (c, d) (c, e) (a, d) (a, e) (b, d) (b, e) (c, e) (c, e) (c, d) (a, e) (a, d) (b, e) (b, d) 1112 / 1411 Mehr Beispiele Seien (Z2 , +2 ) und (Z2 , ·2 ) mit folgenden Verknüpfungstafeln: (Z2 , +2 ) : I +2 0 1 0 0 1 1 1 0 ·2 0 1 (Z2 , ·2 ) : 0 0 0 1 0 1 (Z2 , +2 ) × (Z2 , ·2 ) besitzt folgende Verknüpfungstafel: +2 × · 2 (0, 0) (0, 1) (1, 0) (1, 1) (0, 0) (0, 0) (0, 0) (1, 0) (1, 0) (0, 1) (0, 0) (0, 1) (1, 0) (1, 1) (1, 0) (1, 0) (1, 0) (0, 0) (0, 0) (1, 1) (1, 0) (1, 1) (0, 0) (0, 1) 1113 / 1411 Eigenschaften des inneren Produkts (A, ◦) × (B, •) Für Algebren (A, ◦) und (B, •) gilt immer: I (A, ◦) × (B, •) besitzt |G| · |T | Elemente. I (A, ◦) × (B, •) ist nur dann assoziativ, wenn A und B jeweils assoziativ sind. I (A, ◦) × (B, •) hat nur dann ein neutrales Element (eA , eB ), wenn A und B jeweils neutrale Elemente eA ∈ G und eB ∈ T haben. I In (A, ◦) × (B, •) haben alle Elemente (x , y ) ∈ G × T ein Inverses (x , y )−1 = (x −1 , y −1 ) nur, wenn jedes x ∈ G ein Inverses x −1 in A und jedes y ∈ T ein Inverses y −1 in B besitzen. I (A, ◦) × (B, •) ist nur dann kommutativ, wenn A und B jeweils kommutativ sind. 1114 / 1411 Quizfrage Ist die Aussage „Für beliebige zyklische Gruppen A und B ist auch (A, ◦) × (B, •) zyklisch“ wahr oder falsch? 1115 / 1411 Antwort Falsch! (Z2 , +2 ) ist zyklisch (ord(1) = 2 = |Z2 |), aber (Z2 × Z2 , +2 × +2 ) nicht. Es gilt nämlich |Z2 × Z2 | = 4, aber kein Element hat Ordnung 4: +2 × +2 (0, 0) (0, 1) (1, 0) (1, 1) ord((0, 0)) = 1 (0, 0) (0, 0) (0, 1) (1, 0) (1, 1) ord((0, 1)) = 2 (0, 1) (0, 1) (0, 0) (1, 1) (1, 0) (1, 0) (1, 0) (1, 1) (0, 0) (0, 1) (1, 1) (1, 1) (1, 0) (0, 1) (0, 0) ord((1, 0)) = 2 ord((1, 1)) = 2 1116 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.2.1. 5.2.2. 5.2.3. 5.2.4. 5.2.5. 5.2.6. Wichtige Begriffe Additive Gruppe modulo n Multiplikative Gruppe Modulo n Symmetrische Gruppe Inneres Produkt Gruppenisomorphismus 5.3. Endliche Körper 5.4. RSA-Verfahren 1117 / 1411 Isomorphismus bei Algebren Für beliebige Algebren (A, ◦) und (B, •) gilt (A, ◦) ∼ = (B, •) genau dann, wenn es eine bijektive Funktion h : A → B mit der Homomorphieeigenschaft ∀x , y ∈ A : h(x ◦ y ) = h(x ) • h(y ) gibt. Eine solche Funktion h wird Isomorphismus genannt. Infos I I Für (A, ◦) ∼ = (B, •) sagen wir „(A, ◦) und (B, •) sind isomorph zueinander“. Ein Homomorphismus ist eine Verallgemeinerung des Isomorphismus, bei dem h nicht notwendigerweise bijektiv sein muss. 1118 / 1411 Info Intuitiv heißt das, dass (A, ◦) und (B, •) zwar unterschiedliche Objekte mit unterschiedlichen Namen sind, aber dieselbe „Struktur“ haben und somit auch dieselben Eigenschaften: (A, ◦) : ◦ .. . x .. . ··· ··· y .. . x ◦y .. . ··· ··· (B, •) : • .. . h(x ) .. . ··· ··· h(y ) .. . h(x ◦ y ) .. . ··· ··· D.h. man kann die linke Verknüpfungstafel nehmen, die Elemente in ihr nach h unbenennen und man würde die rechte Tabelle erhalten (mit eventuellen Zeilen- bzw. Spaltenvertauschungen). 1119 / 1411 Beispiel Seien (A, ◦) und (B, •) zwei Algebren mit A = {a, b, c} und B = {r , s, t} und h : {a, b, c} → {r , s, t} eine Funktion wie folgt: ◦ a b c (A, ◦) : a a b c b b c a c c a b • r s t (B, •) : r s t t r s r s t s t r x a b c h: h(x ) s r t h ist ein Isomorphismus zwischen (A, ◦) und (B, •). Intuitiv heißt das, dass wir durch die Umbenennung h der Elemente in (A, ◦) wir genau (B, •) erhalten. D.h., dass (A, ◦) und (B, •) bis auf Unbenennung der Elemente gleich sind (dieselbe „Struktur“ haben). ◦ a b c a a b c b b c a c c a b umbenennen ; • s r t s s r t r r t s t t s r umordnen ; • r s t r t r s s r s t t s t r 1120 / 1411 Formal muss die Homomorphieeigenschaft gezeigt werden. Wir müssen also h(x ◦ y ) = h(x ) • h(y ) für alle x , y ∈ {a, b, c} zeigen. Weil (A, ◦) und (B, •) beide endlich sind kann man einfach alle 32 = 9 Gleichungen getrennt überprüfen. 1121 / 1411 (A, ◦) : ◦ a b c a a b c b b c a c c a b (B, •) : • r s t r t r s s r s t t s t r h: x a b c h(x ) s r t Beweis mit Brute Force: h(a ◦ a) = h(a) =s = s • s = h(a) • h(a) h(a ◦ b) = h(b) =r = s • r = h(a) • h(b) h(a ◦ c) = h(c) =t = s • t = h(a) • h(c) h(b ◦ a) = h(b) =r = r • s = h(b) • h(a) h(b ◦ b) = h(c) =t = r • r = h(b) • h(b) h(b ◦ c) = h(a) =s = r • t = h(b) • h(c) h(c ◦ a) = h(c) =t = t • s = h(c) • h(a) h(c ◦ b) = h(a) =s = t • r = h(c) • h(b) h(c ◦ c) = h(b) =r = t • t = h(c) • h(c) 1122 / 1411 Noch ein Beispiel Die Gruppen Z∗8 und Z∗12 besitzen folgende Verknüpfungstafeln: Z∗8 : ·8 1 3 5 7 1 1 3 5 7 3 3 1 7 5 5 5 7 1 3 7 7 5 3 1 Z∗12 : ·12 1 5 7 11 1 5 7 11 1 5 7 11 5 1 11 7 7 11 1 5 11 7 5 1 Hier erkennt man sofort, dass folgende Funktion h : Z∗8 → Z∗12 ein Isomorphismus ist: h(1) = 1, h(3) = 5, h(5) = 7, h(7) = 11. 1123 / 1411 Letztes Beispiel Für die Gruppen (R, +) und (R+ , ·) gilt (R, +) ∼ = (R+ , ·), d.h. sie sind isomorph zueinander. Ein möglicher Isomorphismus ist h : R → R+ mit: h(x ) = e x h ist (offensichtlich ;-)) bijektiv und es gilt für beliebige x , y ∈ R: h(x + y ) = e x +y = e x · e y = h(x ) · h(y ) 2 1124 / 1411 Infos I Es ist einfach zu beweisen, dass eine gegebene Funktion h ein Isomorphismus ist. I Am schwierigsten ist es aber, einen Isomorphismus selber zu finden. 1125 / 1411 Rezept Frage: Wie kann man ein Gruppenisomorphismus finden? Methode: Bei Gruppenisomorphismen h gilt folgende Implikation: h(x ) = y =⇒ ord(x ) = ord(y ) Daraus entsteht folgende Strategie: 1. Liste die Ordnungen aller Elemente beider Gruppen auf. 2. Verbinde diejenigen Elemente, deren Ordnung nur einmal vorkommen (z.B. neutrale Elemente). 3. überlege, wie der Rest aussehen könnte (eventuell durch ausprobieren!) . 4. Beweise, ob die entstandene Funktion tatsächlich ein Isomorphismus ist. 1126 / 1411 Info Bei der Konstruktion von Isomorphismen gibt es drei wichtige Spezialfälle, die für uns in DS völlig ausreichend sind: I Sind die Gruppen unterschiedlich groß, dann können sie nicht isomorph sein. I Stellt man fest, dass die Ordnungen beider Gruppen anders sind, dann sind sie automatisch nicht isomorph. I Sind beide Gruppen zyklisch, so kann man einen beliebigen Erzeuger der einen Gruppe mit einem beliebigen Erzeuger der anderen verbinden und sich den Rest systematisch konstruieren :-) 1127 / 1411 Beispiel Für die Gruppen Z6 und Z∗7 gilt: Z6 : x ord(x ) 0 1 2 3 4 5 1 6 3 2 3 6 Z∗7 : x ord(x ) 1 2 3 4 5 6 1 3 6 3 6 2 Z6 und Z∗7 sind beide zyklisch. Mögliche Erzeuger sind 1 ∈ Z6 und 3 ∈ Z∗7 . Z6 wird wie folgt von 1 erzeugt: + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 · 3 · 3 6 6 6 6 6 1 −→ 2 −→ 3 −→ 4 −→ 5 −→ 0 Analog wird Z∗7 wird wie folgt von 3 erzeugt: · 3 · 3 · 3 7 7 7 7 7 3 −→ 2 −→ 6 −→ 4 −→ 5 −→ 1 1128 / 1411 Wir setzen also z.B. h : Z6 → Z∗7 mit h(1) = 3 und berechnen die restlichen Werte von h systematisch: h(2) = h(1 +6 1) = h(1) ·7 h(1) = 3 ·7 3 = 2 h(3) = h(1 +6 2) = h(1) ·7 h(2) = 3 ·7 2 = 6 h(4) = h(1 +6 3) = h(1) ·7 h(3) = 3 ·7 6 = 4 h(5) = h(1 +6 4) = h(1) ·7 h(4) = 3 ·7 4 = 5 h(0) = h(1 +6 5) = h(1) ·7 h(5) = 3 ·7 5 = 1 Man kann an folgendem Diagramm sehr schön erkennen wieso das funktioniert: + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 · 3 · 3 · 3 · 3 · 3 6 6 6 6 6 1 −→ 2 −→ 3 −→ 4 −→ 5 −→ 0 h: ↓ ↓ ↓ ↓ ↓ ↓ 7 7 7 7 7 3 −→ 2 −→ 6 −→ 4 −→ 5 −→ 1 1129 / 1411 Quizfrage Seien S2 = {id, p} mit id = (1)(2) und p = (1, 2), ↔: B × B → B mit B = {0, 1} und folgende Verknüpfungstafeln von (S2 , ◦) und (B, ↔) gegeben: (S2 , ◦) : ◦ id p id p id p p id (B, ↔) : ↔ 0 1 0 1 1 0 0 1 Wieso sind (S2 , ◦) und (B, ↔) isomorph zueinander? Überlege dir, wie ein Isomorphismus h : S2 → B aussehen könnte und überprüfe die Homomorphieeigenschaft von h: h(id ◦ id) h(id ◦p) h(p ◦ id) h(p ◦ p) = h(id) ↔ h(id) = h(id) ↔ h(p) = h(p) ↔ h(id) = h(p) ↔ h(p) 1130 / 1411 Antwort Es gibt nur zwei bijektive Funktionen h : S2 → B: h(id) = 0, h(p) = 1 und h(id) = 1, h(p) = 0. Weil id und 1 jeweils die neutralen Elemente sind (bzw. p und 0 jeweils die Erzeuger), entscheiden wir uns für die zweite Variante. Beweis der Homomorphieeigenschaft: h(id ◦ id) h(id ◦p) h(p ◦ id) h(p ◦ p) = h(id) = 1 = = h(p) = 0 = = h(p) = 0 = = h(id) = 1 = 0↔0 0↔1 1↔0 1↔1 = h(id) ↔ h(id) = h(id) ↔ h(p) = h(p) ↔ h(id) = h(p) ↔ h(p) 3 3 3 3 Info: Wir dürfen hier beispielsweise „1 = 0 ↔ 0“ statt „true ≡ false ↔ false“ schreiben, weil wir ↔ als Operation ↔: B × B → B über B = {0, 1} definiert haben. 1131 / 1411 Quizfrage Sei ⊗ : B × B → B mit B = {0, 1} und folgende Verknüpfungstafeln von (Z2 , +2 ) und (B, ⊗) gegeben: (Z2 , +2 ) : +2 0 1 0 1 0 1 1 0 (B, ⊗) : ⊗ 0 1 0 1 0 1 1 0 Wieso sind (Z2 , +2 ) und (B, ⊗) isomorph zueinander? Überlege dir wieder, analog zur letzten Quizfrage, wie ein Isomorphismus h : Z2 → B aussehen könnte und überprüfe die Homomorphieeigenschaft von h. 1132 / 1411 Antwort Es gibt nur zwei bijektive Funktionen h : Z2 → B: h(0) = 0, h(1) = 1 und h(0) = 1, h(1) = 0. Weil 0 und 0 jeweils die neutralen Elemente sind (bzw. 1 und 1 jeweils die Erzeuger), entscheiden wir uns für die erste Variante. Beweis der Homomorphieeigenschaft: h(0 +2 0) h(0 +2 1) h(1 +2 0) h(1 +2 1) = = = = h(0) h(1) h(1) h(0) = = = = 0 1 1 0 = = = = 0⊗0 0⊗1 1⊗0 1⊗1 = = = = h(0) ⊗ h(0) h(0) ⊗ h(1) h(1) ⊗ h(0) h(1) ⊗ h(1) 3 3 3 3 Info: Auch hier dürfen wir beispielsweise „0 = 0 ⊗ 0“ statt „false ≡ false ⊗ false“ schreiben, weil wir ⊗ als Operation ⊗ : B × B → B über B = {0, 1} definiert haben. 1133 / 1411 Quizfrage Seien (G, ◦) und (H, •) zwei Gruppen mit folgenden Verknüpfungstafeln: G: ◦ 1 2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3 H: • 4 5 6 4 6 4 5 5 4 5 6 6 5 6 4 Es gilt (G, ◦) ∼ = (H, •). Welche Isomorphismen zwischen (G, ◦) und (H, •) gibt es? 1134 / 1411 Antwort Die Erzeugnistafeln beider Gruppen sind: (G, ◦) : a 1 2 3 hai ord(a) {1, 2, 3} 3 {2, 1, 3} 3 {3} 1 (H, •) : a 4 5 6 hai ord(a) {4, 6, 5} 3 {5} 1 {6, 4, 5} 3 Dies ergibt, analog zum Beispiel auf Folie 1128, folgende Isomorphismen h1 , h2 : {1, 2, 3} → {4, 5, 6}: h1 (1) = 4, h1 (2) = 6, h1 (3) = 5 und h2 (1) = 6, h2 (2) = 4, h2 (3) = 5. 1135 / 1411 Quizfrage Welche Isomorphismen gibt es zwischen Z6 und Z∗9 ? 1136 / 1411 Antwort Die Erzeugnistafeln beider Gruppen sind: Z6 : a 0 1 2 3 4 5 hai ord(a) {0} 1 {1, 2, 3, 4, 5, 0} 6 {2, 4, 0} 3 {3, 0} 2 {4, 2, 0} 3 {5, 4, 3, 2, 1, 0} 6 Z∗9 : a 1 2 4 5 7 8 hai ord(a) {1} 1 {2, 4, 8, 7, 5, 1} 6 {4, 7, 1} 3 {5, 7, 8, 4, 2, 1} 6 {7, 4, 1} 3 {8, 1} 2 Dies ergibt, analog zum Beispiel auf Folie 1128, folgende Isomorphismen h1 , h2 : Z6 → Z∗9 : h1 (0) = 1, h1 (1) = 2, h1 (2) = 4, h1 (3) = 8, h1 (4) = 7, h1 (5) = 5. und h2 (0) = 1, h2 (1) = 5, h2 (2) = 7, h2 (3) = 8, h2 (4) = 4, h2 (5) = 2. 1137 / 1411 Quizfrage Gegeben seien folgende Gruppen: Z4 , Z6 , Z∗5 , Z∗7 , Z∗8 , S3 . 1. Wie viele Elemente besitzt jede Gruppe? 2. Welche Gruppen sind zyklisch? 3. Welche Gruppen sind isomorph zueinander und welche nicht? 1138 / 1411 Antworten 1. Es gilt Z∗5 = {1, 2, 3, 4}, Z∗7 = {1, 2, 3, 4, 5, 6} und Z∗8 = {1, 3, 5, 7}. Daraus folgt: |Z4 | = 4, |Z6 | = 6, |Z∗5 | = 4, |Z∗7 | = 6, |Z∗8 | = 4, |S3 | = 3! = 6. 2. Zn ist für jedes n ∈ N zyklisch. Sn ist nur für n ≤ 2 zyklisch. Für Z∗5 , Z∗7 und Z∗8 gilt: Z∗5 : a 1 2 3 4 ord(a) 1 4 4 2 Z∗7 : a 1 2 3 4 5 6 ord(a) 1 3 6 3 6 2 Z∗8 : a 1 3 5 7 ord(a) 1 2 2 2 Somit sind nur Z4 , Z6 , Z∗5 und Z∗7 zyklisch und Z∗8 und S3 nicht. 1139 / 1411 3. Für die Gruppen mit 4 Elementen gilt Z4 ∼ = Z∗5 Z∗8 , da Z4 und Z∗5 zyklisch sind und Z∗8 nicht. Für die Gruppen mit 6 Elementen gilt: Z6 ∼ = Z∗7 S3 , da Z6 und Z∗7 zyklisch sind und S3 nicht. Keine der 4-elementigen Gruppen ist isomorph zu einer der 6-elementigen Gruppen, weil isomorphe Gruppen gleich viele Elemente besitzen müssen. 1140 / 1411 Wichtige Aussagen zur Isomoprhie von Gruppen 1. Jede zyklische Gruppe (G, ◦) mit |G| = ∞ ist isomorph zu (Z, +). 2. Jede zyklische Gruppe (G, ◦) mit |G| = n ist isomorph zu (Zn , +n ). 3. Zwei zyklische Gruppen mit gleich vielen Elementen sind isomorph zueinander. 4. Alle zyklischen Gruppen sind automatisch auch kommutativ, da (Z, +) und (Zn , +n ) beide abelsch (kommutativ) sind. 5. Sind (G, ◦) und (H, •) zwei isomorphe Gruppen und h : G → H ein Isomorphismus, dann gilt: h(a) = b h(a) = b (G, ◦) abelsch (G, ◦) zyklisch =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ ord(a) = ord(b), h(a−1 ) = b −1 , (H, •) abelsch, (H, •) zyklisch. 1141 / 1411 Quizfragen 1. Gibt es eine Gruppe mit 724 Elementen? 2. Gibt es eine kommutative Gruppe mit 535 Elementen? 3. Gibt es eine nicht-kommutative Gruppe mit 6 Elementen? 4. Gibt es eine nicht-kommutative Gruppe mit 7 Elementen? 5. Gibt es eine nicht-kommutative Gruppe mit 12 Elementen? 6. Gibt es eine zyklische Gruppe mit 793 Elementen? 7. Gibt es eine nicht-zyklische Gruppe mit 24 Elementen? 8. Gibt es eine zyklische Gruppe, die nicht kommutativ ist? 9. Gibt es nicht-isomorphe Gruppen mit 23 Elementen? 10. Gibt es nicht-isomorphe Gruppen mit 24 Elementen? 11. Gibt es eine Gruppe mit 21 Elementen, die ein Element mit Ordnung 5 enthält? 12. Gibt es eine Gruppe mit 36 Elementen, die eine Untergruppe mit 8 Elementen besitzt? 1142 / 1411 Antworten 1. Ja! Z724 . Erinnerung: Zn ist für alle n ∈ N eine Gruppe. 2. Ja! Z535 . Erinnerung: Zn ist für alle n ∈ N eine kommutative Gruppe. 3. Ja! S3 . 4. Nein! 7 ist prim und somit ist jede Gruppe mit 7 Elementen zyklisch und kommutativ. 5. Ja! Das innere Produkt S3 × Z2 besitzt |S3 × Z2 | = 6 · 2 = 12 Elemente und ist nicht kommutativ, da S3 es nicht ist. 6. Ja! Z793 . Erinnerung: Zn ist für alle n ∈ N eine zyklische Gruppe. 1143 / 1411 7. Ja! S4 . Erinnerung: Sn besitzt n! Elemente und ist nur für n ≤ 2 zyklisch und kommutativ. Für n ≥ 3 ist Sn weder kommutativ noch zyklisch. 8. Nein! Jede Zyklische Gruppe ist kommutativ. 9. Nein! 23 ist prim, d.h. alle Gruppen mit 23 Elementen sind zyklisch und somit isomorph zueinander. 10. Ja! Z24 und S4 haben beide 24 Elemente, aber sind sind nicht isomorph zueinander, weil Z24 zyklisch ist und S4 nicht. 11. Nein! 5 teilt nicht die 21. 12. Nein! 8 teilt nicht 36. 1144 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.3. Endliche Körper 5.3.1. Wichtige Begriffe 5.3.2. Polynomringe 5.4. RSA-Verfahren 1145 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.3. Endliche Körper 5.3.1. Wichtige Begriffe 5.3.2. Polynomringe 5.4. RSA-Verfahren 1146 / 1411 Ringe Eine Algebra (A, ⊕, ) mit zwei Operatoren heißt Ring, falls folgendes gilt: 1. (A, ⊕) ist eine kommutative Gruppe mit neutralem Element 0 ∈ A (additive Gruppe) 2. (A, ) ist ein Monoid mit neutralem Element 1 ∈ A (multiplikatives Monoid) 3. ⊕ und sind distributiv, d.h. für alle a, b, c ∈ A gilt: (a ⊕ b) c = (a c) ⊕ (b c) a (b ⊕ c) = (a b) ⊕ (a c) Falls (A, ) ein kommutatives Monoid ist, dann nennt man (A, ⊕, ) einen kommutativen Ring. 1147 / 1411 Körper Eine Algebra (A, ⊕, ) mit zwei Operatoren heißt Körper, falls folgendes gilt: 1. (A, ⊕) ist eine kommutative Gruppe mit neutralem Element 0 ∈ A (additive Gruppe) 2. (A \ {0}, ) ist eine kommutative Gruppe mit neutralem Element 1 ∈ A (multiplikative Gruppe) 3. ⊕ und sind distributiv, d.h. für alle a, b, c ∈ A gilt: (a ⊕ b) c = (a c) ⊕ (b c) Info Weil kommutativ ist, braucht man bei Körpern nur eine Distributivität. Die andere folgt aus ihr ;-) 1148 / 1411 Hierarchie Es gilt: (A, ⊕, ) Körper =⇒ (A, ⊕, ) Ring =⇒ (A, ⊕, ) Algebra d.h. jeder Körper ist ein Ring und jeder Ring ist eine Algebra. 1149 / 1411 Infos I A kann eine beliebige Menge sein, endlich oder unendlich I ⊕ und können beliebige Operatoren sein. I 0 und 1 sind nicht unbedingt die Zahlen 0 und 1. I Man nennt die 0 Nullelement und die 1 Einselement. I −a ist das additive Inverse von a, entsprechend ist a−1 das multiplikative Inverse von a. I Möchte man verdeutlichen, welche Elemente neutrale Elemente sind, dann kann man auch (A, ⊕, , 0, 1) statt (A, ⊕, ) schreiben. 1150 / 1411 Beispiele I Der bekannteste unendliche Ring ist: (Z, +, ·). I Die bekanntesten unendlichen Körper sind: (Q, +, ·), (R, +, ·), (C, +, ·). 1151 / 1411 Quizfrage Wieso ist (Z, +, ·) kein Körper? 1152 / 1411 Antwort (Z \ {0}, ·) ist keine Gruppe, weil nur 1 und −1 multiplikative Inverse besitzen. 1153 / 1411 Restklassenringe Für eine beliebige natürliche Zahl n ∈ N ist (Zn , +n , ·n ) ein kommutativer, endlicher Ring und wird Restklassenring Z modulo n genannt. Zusätzlich gilt: (Zn , +n , ·n ) ist ein Körper ⇐⇒ n ist prim . Infos I Da (Z∗n , ·n ) für alle n ∈ N eine kommutative Gruppe ist und Z∗n = Zn \ {0} gilt, falls n prim ist, ist (Zn \ {0}, ·n ) für alle Primzahlen n eine kommutative Gruppe. I Auch hier ist es üblich, dass man nur Zn statt (Zn , +n , ·n ) schreibt. 1154 / 1411 Beispiele I (Z1 , +1 , ·1 ) ist ein kommutativer, endlicher Ring, aber kein Körper, da Z1 \ {0} = ∅ gilt und jeder Körper mindestens ein Element braucht. +1 0 I ·1 0 0 0 0 0 (Z2 , +2 , ·2 ) ist ein endlicher Körper. +2 0 1 0 0 1 1 1 0 ·2 0 1 0 0 0 1 0 1 1155 / 1411 I (Z3 , +3 , ·3 ) ist ein endlicher Körper. +3 0 1 2 I 0 0 1 2 1 1 2 0 ·3 0 1 2 2 2 0 1 0 0 0 0 1 0 1 2 2 0 2 1 (Z4 , +4 , ·4 ) ist ein kommutativer, endlicher Ring, aber kein Körper. +4 0 1 2 3 0 0 1 2 3 1 1 2 3 0 2 2 3 0 1 3 3 0 1 2 ·4 0 1 2 3 0 0 0 0 0 1 0 1 2 3 2 0 2 0 2 3 0 3 2 1 1156 / 1411 I (Z5 , +5 , ·5 ) ist ein endlicher Körper. +5 0 1 2 3 4 0 0 1 2 3 4 1 1 2 3 4 0 2 2 3 4 0 1 3 3 4 0 1 2 4 4 0 1 2 3 ·5 0 1 2 3 4 0 0 0 0 0 0 1 0 1 2 3 4 2 0 2 4 1 3 3 0 3 1 4 2 4 0 4 3 2 1 1157 / 1411 I (Z6 , +6 , ·6 ) ist ein kommutativer, endlicher Ring, aber kein Körper. +6 0 1 2 3 4 5 0 0 1 2 3 4 5 1 1 2 3 4 5 0 2 2 3 4 5 0 1 3 3 4 5 0 1 2 4 4 5 0 1 2 3 5 5 0 1 2 3 4 ·6 0 1 2 3 4 5 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 2 3 4 5 2 0 2 4 0 2 4 3 0 3 0 3 0 3 4 0 4 2 0 4 2 5 0 5 4 3 2 1 1158 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende endlichen Ringe: 1. (Z7 , +7 , ·7 ), 2. (Z9 , +9 , ·9 ), 3. (Z11 , +11 , ·11 ), 4. (Z13 , +13 , ·13 ), 5. (Z15 , +15 , ·15 ), 6. (Z17 , +17 , ·17 ), 7. (Z19 , +19 , ·19 ), 8. (Z21 , +21 , ·21 ), 9. (Z23 , +23 , ·23 ), 10. (Z1624 , +1624 , ·1624 ). Welche davon sind auch Körper? 1159 / 1411 Antworten Erinnerung: n prim ⇐⇒ (Zn , +n , ·n ) Körper . 1. Körper. 2. Kein Körper. 3. Körper. 4. Körper. 5. Kein Körper. 6. Körper. 7. Körper. 8. Kein Körper. 9. Körper. 10. Kein Körper. 1160 / 1411 Nullteiler Sei (R, ⊕, ) ein Ring. Ein Element x ∈ R mit x 6= 0 heißt Nullteiler, falls ein y ∈ R mit y 6= 0 existiert mit: x y =0 Infos I y ist dann auch ein Nullteiler. I Falls R keine Nullteiler besitzt, nennt man R nullteilerfrei. 1161 / 1411 Beispiele I (Z, +, ·), (Q, +, ·), (R, +, ·) und (C, +, ·) sind nullteilerfrei. I (Z3 , +3 , ·3 ) ist nullteilerfrei. I (Z4 , +4 , ·4 ) besitzt den Nullteiler 2: 2 ·2 2 = 0. I Der Körper (Z5 , +5 , ·5 ) ist nullteilerfrei. I Der Ring (Z6 , +6 , ·6 ) besitzt die Nullteiler 2, 3 und 4: 2 ·6 3 = 0 3 ·6 2 = 0 3 ·6 4 = 0 4 ·6 3 = 0 1162 / 1411 Quizfrage Ist jeder kommutative, nullteilerfreie Ring ein Körper? 1163 / 1411 Antwort Nö! (Z, +, ·) ist ein kommutativer, nullteilerfreie Ring, aber kein Körper. 1164 / 1411 Ringe vs. Körper Für jeden Ring (also auch für jeden Körper) (R, ⊕, ) gilt: ∀a ∈ R : a 0 = 0 = 0 a Die wesentlichen Unterschiede zwischen Ringen und Körpern sind: 1. Alle Elemente eines Körpers (außer die 0) haben Inverse bzgl. , die eines Ringes nur manchmal. 2. ist bei Körpern immer kommutativ, bei Ringen nur manchmal. 3. Körper sind immer nullteilerfrei, Ringe nur manchmal. 1165 / 1411 Verknüpfungstafeln von Ringen neutrales Element neutrales Element nur Nullen neutrales Element ⊕ 0 1 a b c .. . 0 1 a b c ··· 0 1 a b c ··· 1 a b c .. . ? kürzbar und kommutativ neutrales Element nur Nullen 0 1 a b c .. . 0 0 0 0 0 0 .. . 1 a b c ··· 0 0 0 0 ··· 1 a b c ··· a b c .. . ? nicht notwendigerweise kürzbar, nullteilerfrei oder kommutativ 1166 / 1411 Verknüpfungstafeln von Körpern neutrales Element neutrales Element nur Nullen neutrales Element ⊕ 0 1 a b c .. . 0 1 a b c ··· 0 1 a b c ··· 1 a b c .. . ? kürzbar und kommutativ neutrales Element nur Nullen 0 1 a b c .. . 0 0 0 0 0 0 .. . 1 a b c ··· 0 0 0 0 ··· 1 a b c ··· a b c .. . ? kürzbar, nullteilerfrei und kommutativ 1167 / 1411 Infos I Bei Algebren mit einem Operator kann man die Assoziativität leider nicht an der Verknüpfungstafel ablesen. I Bei Algebren mit zwei Operatoren kann man die Distributivitäten leider nicht an den Verknüpfungstafeln ablesen. D.h. entweder man weiß, dass der Operator (bzw. die Operatoren) assoziativ (bzw. distributiv) sind (z.B. + und · oder +n und ·n ) oder man muss es extra beweisen :-( 1168 / 1411 Monoide vs. Gruppen vs. Ringe vs. Körper Was kann man in jeder der Strukturen machen? 1. Monoide: addieren 2. Gruppen: addieren und subtrahieren 3. Ringe: addieren, subtrahieren und multiplizieren 4. Körper: addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren Deswegen sind Körper so schön zum Rechnen! :-) Infos I „subtrahieren “ heißt nichts anderes als „addieren mit dem additiven Inversen“. I „dividieren“ heißt nichts anderes als „multiplizieren mit dem multiplikativen Inversen“. 1169 / 1411 Primitive Elemente Sei (K , ⊕, ) ein Körper. Ein Element a ∈ K heißt primitiv, falls es ein Erzeuger der multiplikativen Gruppe (K \ {0}, ) ist. Erinnerung Für jede endliche Gruppe (G, ◦) und jedes x ∈ G gilt: x ist Erzeuger von G ⇐⇒ ord(x ) = |G| . Beispiele I 2 ist primitiv in (Z3 , +3 , ·3 ), da ord·3 (2) = 2. I 2 und 3 sind primitiv in (Z5 , +5 , ·5 ), da ord·5 (2) = 4 und ord·5 (3) = 4. I 3 und 5 sind primitiv in (Z7 , +7 , ·7 ), da ord·7 (3) = 6 und ord·7 (5) = 6. 1170 / 1411 Isomorphie Seien (A, ⊕, ) und (B, , ) zwei Algebren mit jeweils zwei Operatoren. A und B sind isomorph zueinander, falls folgendes gilt: I Es gibt eine Funktion h : A → B mit: ∀x , y ∈ A : h(x ⊕ y ) = h(x ) h(y ), ∀x , y ∈ A : h(x y ) = h(x ) h(y ), I h ist bijektiv. Info Die Isomorphie von Algebren mit zwei Operatoren funktioniert analog zu der von Algebren mit nur einem Operator (s. Folie 1118). 1171 / 1411 Beispiel Seien (A, ⊕, ) und (B, , ) zwei Algebren mit A = {0, 1, 2, 3}, B = {♣, ♠, ♥, ♦} und folgenden Verknüpfungstafeln: A: B: ⊕ 0 1 2 3 0 1 2 3 0 1 2 3 0 1 2 3 1 2 3 0 2 3 0 1 3 0 1 2 0 1 2 3 0 0 0 0 0 1 2 3 0 2 0 2 0 3 2 1 ♣ ♠ ♥ ♦ ♣ ♣ ♣ ♣ ♣ ♠ ♥ ♦ ♣ ♥ ♣ ♥ ♣ ♦ ♥ ♠ ♣ ♠ ♥ ♦ ♣ ♠ ♥ ♦ ♣ ♠ ♥ ♦ ♠ ♥ ♦ ♣ ♥ ♦ ♣ ♠ ♦ ♣ ♠ ♥ ♣ ♠ ♥ ♦ Ein Isomorphismus h : A → B ist: h(0) = ♣ h(1) = ♠ h(2) = ♥ h(3) = ♦ 1172 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.3. Endliche Körper 5.3.1. Wichtige Begriffe 5.3.2. Polynomringe 5.4. RSA-Verfahren 1173 / 1411 Polynome Sei (R, ⊕, ) ein beliebiger kommutativer Ring (endlich oder unendlich). I Ein Polynom p über R in der Unbekannten x ist ein Ausdruck der Gestalt p = an x n + an−1 x n−1 + . . . + a1 x + a0 , wobei a0 , . . . , an ∈ R gilt. I deg(p) = n ist der Grad und a1 , . . . , an sind die Koeffizienten von p. Für alle i > n definieren wir ai := 0. I R[x ] ist die Menge aller Polynome mit Koeffizienten aus R. I Jedes Polynom p induziert eine Funktion fp : R → R mit fp (x ) = (an x n ) ⊕ (an−1 x n−1 ) ⊕ . . . ⊕ (a1 x ) ⊕ a0 für alle x ∈ R. I Ein Element x0 ∈ R mit fp (x0 ) = 0 heißt Nullstelle von p. 1174 / 1411 Infos I Für ein Polynom p kann man auch p(x ) schreiben und für die Unkenannte x auch X . I In einem Polynom werden Teilasudrücke der Form 1x i durch x i ersetzt und Teilausdrücke der Form 0x i werden weggelassen. I Das Polynom p = 0 hat per Definition den Grad deg(p) = −∞. I R[x ] wird „R adjungiert x “ gelesen. I Polynome aus R[x ] kann man sich als Wörter über dem Alphabet Σ = R ∪ {+, x ,2 ,3 ,4 , . . .} vorstellen. Zwei Polynome sind also gleich, wenn sie identisch aussehen. I Ein Polynom induziert zwar eine Funktion, ist aber selber keine. Insbesondere können zwei verschiedene Polynome dieselbe Funktion induzieren! I Weil Jeder Körper ein Ring ist, können die Koeffizienten des Polynoms auch aus einem Körper stammen. I Polynome könnten auch als Tupel (a0 , a1 , . . . , ad ) bzw. Folgen (a0 , a1 , . . .) definiert werden, aber das würde das Rechnen mit ihnen viel weniger intuitiv machen. 1175 / 1411 Beispiel Sei p ∈ R[x ] ein Polynom über dem Körper (R, +, ·) mit p = x 3 + 3x 2 + x + 2. Für ein beliebiges x ∈ R gilt dann: fp (x ) = x 3 + 3 · x 2 + x + 2. Weil fp in diesem Fall eine Funktion fp : R → R ist, kann sie als Kurve in einem Koordinatensystem dargestellt werden: 1176 / 1411 Noch ein Beispiel Sei p ∈ R[x ] ein Polynom über dem endlichen Ring (Z6 , +6 , ·6 ) mit p = x 3 + 3x 2 + x + 2. Für ein beliebiges x ∈ Z6 gilt dann: fp (x ) = x 3 +6 3 ·6 x 2 +6 x +6 2 Daraus folgt: x fp (x ) 0 1 2 3 4 5 2 1 0 5 5 3 Diesmal ist fp keine Funktion fp : R → R. D.h. sie kann nicht als Kurve in einem Koordinatensystem dargestellt werden! 1177 / 1411 Quizfrage Welche Nullstellen besitzen folgende Polynome aus Z2 [x ]? 0 x x +1 x 3 x +1 x +x 2 x +x +1 x 4 x +1 4 x +x 2 4 3 3 x +x +x 2 x +x +x +1 x 5 x +1 5 x +x 2 x +x +1 5 3 x +x +1 3 2 x +x +x +1 3 x +x 4 x +x 5 x +x +x 3 x +x 3 x +x x +x +x 4 x +x 4 3 3 2 x +x +x +x 5 x +x 4 3 3 2 x +x +x 3 x +x +x 3 2 x +x +x +x x +x +x +1 3 x +x +x +1 4 3 2 5 3 3 2 x +x +x +1 4 x +x +x +x +1 5 x +x +1 2 5 3 x +x +x +1 3 2 x +x +x +x +1 5 4 4 2 x +x +x +x 5 4 3 x +x +x +x 4 3 2 x +x +x +x +1 4 5 5 5 4 5 4 2 5 4 3 4 3 2 5 x +x +x +x +x 2 x +x +x +1 5 x +x +x 5 2 x +x +x +1 5 5 4 4 x +x +1 4 x +x +x 4 2 5 x +x +x +x 2 2 x +x +x +1 x +x +x x +x +1 5 4 5 4 3 x +x +1 3 4 2 2 x +x +1 2 4 5 x +x +x 3 x +x +1 5 2 3 x +x +1 4 x +1 2 2 4 x +x +x x 2 5 x +x 5 1 2 5 3 3 2 5 4 4 2 x +x +x +1 5 x +x +x +x +1 5 4 3 4 3 2 x +x +x +x +1 5 x +x +x +x +x +1 1178 / 1411 Antwort Für die Nullstellen (NS) kommen nur Elemente aus Z2 infrage und es wird in Z2 gerechnet. 1 (NS: −) 0 (NS: 0, 1) 2 x + 1 (NS: 1) 3 x + 1 (NS: 1) x (NS: 0) x (NS: 0) 3 2 3 4 x + x (NS: 0, 1) 2 2 4 3 4 2 4 3 3 2 x + x + x + 1 (NS: 1) 5 5 4 3 2 x + x + x (NS: 0) x (NS: 0) 5 2 x + x + 1 (NS: −) 5 3 x + x + 1 (NS: −) 3 2 5 4 5 3 4 2 3 2 5 4 3 4 3 2 x + x + x + x + 1 (NS: −) 5 x + x + 1 (NS: −) x + x + x (NS: 0) 3 x + x + x (NS: 0) 3 2 5 4 5 4 2 5 2 x + x + x + 1 (NS: 1) 5 3 x + x + x + 1 (NS: 1) 3 2 5 4 5 4 2 5 4 3 5 4 3 4 3 2 4 3 2 5 5 3 3 2 5 4 5 4 2 5 4 3 4 3 2 x + x + x + x + 1 (NS: −) x + x + x + x + 1 (NS: −) x + x + x + x (NS: 0, 1) 5 2 5 x + x + x + 1 (NS: 1) x + x + x + x (NS: 0, 1) x + x + x + x + x (NS: 0) 5 x + x + x + x + 1 (NS: −) x + x + x (NS: 0) x + x + x + 1 (NS: 1) 5 2 5 x + x + x + x (NS: 0, 1) x + x + x + 1 (NS: 1) x + x + x + x + 1 (NS: −) 3 3 x + x (NS: 0, 1) x + x + 1 (NS: −) x + x + x (NS: 0) 2 4 x + x + x + 1 (NS: 1) 4 x + x + x + x (NS: 0, 1) x + x + x + 1 (NS: 1) x + x + x (NS: 0) 4 x + x + x + 1 (NS: 1) x + x + x (NS: 0) 2 x + x (NS: 0, 1) x + x + x + x (NS: 0, 1) 4 5 5 x + x + x (NS: 0) 4 x + x + 1 (NS: −) 2 x + x + x (NS: 0) 4 2 x + x + x + 1 (NS: 1) x + x (NS: 0, 1) 5 x + x (NS: 0, 1) 3 4 x + 1 (NS: 1) x + x (NS: 0, 1) 3 x + x + 1 (NS: −) 2 4 x + x + 1 (NS: −) x + x (NS: 0, 1) x + x + 1 (NS: −) x + x + x (NS: 0) x + x + 1 (NS: −) x + x (NS: 0, 1) 5 3 x + 1 (NS: 1) 4 2 3 4 x (NS: 0) 5 x + x (NS: 0) 3 x + 1 (NS: 1) 2 x + x + 1 (NS: −) x + x (NS: 0, 1) 4 x (NS: 0) 2 5 x + x + x + x + x + 1 (NS: 1) 1179 / 1411 Polynomaddition Für zwei Polynome a, b ∈ R[x ] über einem kommutativen Ring (R, ⊕, ) mit a = an x n + an−1 x n−1 + . . . + a1 x + a0 , b = bm x m + bm−1 x m−1 + . . . + b1 x + b0 definieren wir: a + b := cr x r + cr −1 x r −1 + . . . + c1 x + c0 mit r = max(n, m) und ci := ai ⊕ bi für alle i = 0, . . . , r . Erinnerung Wir hatten ai = 0 für i > n und bi = 0 für i > m definiert. 1180 / 1411 Beispiele I Seien a, b ∈ Z[x ] folgende Polynome über dem Ring (Z, +, ·): a = 2x 3 + x 2 − 3x + 3, b = −3x 2 + 4x + 2. Dann gilt: a + b = 2x 3 − 2x 2 + x + 5. I Seien a, b ∈ Z4 [x ] folgende Polynome über dem Ring (Z4 , +4 , ·4 ): a = x 3 + x 2 + 1, b = 3x 3 + x 2 + 3x + 2. Dann gilt: a + b = 2x 2 + 3x + 3. 1181 / 1411 Polynomsubtraktion Für zwei Polynome a, b ∈ R[x ] über einem kommutativen Ring (R, ⊕, ) mit a = an x n + an−1 x n−1 + . . . + a1 x + a0 , b = bm x m + bm−1 x m−1 + . . . + b1 x + b0 definieren wir: a − b := cr x r + cr −1 x r −1 + . . . + c1 x + c0 mit r = max(n, m) und ci := ai ⊕ (−bi ) für alle i = 0, . . . , r . Erinnerungen I −bi ist das additive Inverse von bi in (R, ⊕, ). I Wir hatten ai = 0 für i > n und bi = 0 für i > m definiert. 1182 / 1411 Beispiele I Seien a, b ∈ Z[x ] folgende Polynome über dem Ring (Z, +, ·): a = 2x 3 + x 2 − 3x + 3, b = −3x 2 + 4x + 2. Dann gilt: a − b = 2x 3 + 4x 2 − 7x + 1. I Seien a, b ∈ Z4 [x ] folgende Polynome über dem Ring (Z4 , +4 , ·4 ): a = x 3 + x 2 + 1, b = 3x 3 + x 2 + 3x + 2. Dann gilt: a − b = 2x 3 + x + 3. 1183 / 1411 Polynommultiplikation Für zwei Polynome a, b ∈ R[x ] über einem kommutativen Ring (R, ⊕, ) mit a = an x n + an−1 x n−1 + . . . + a1 x + a0 , b = bm x m + bm−1 x m−1 + . . . + b1 x + b0 definieren wir: a · b := cr x r + cr −1 x r −1 + . . . + c1 x + c0 mit r = n + m und ci = Li j=0 (aj bi−j ) für alle i = 0, . . . , r . Info Der Ausdruck i M (aj bi−j ) = (a0 bi ) ⊕ (a1 bi−1 ) ⊕ (a2 bi−2 ) ⊕ . . . ⊕ (ai b0 ) j=0 entsteht durch das Ausmultiplizieren, Sortieren und Zusammenfassen der Koeffizienten. 1184 / 1411 Beispiele I Seien a, b ∈ Z[x ] folgende Polynome über dem Ring (Z, +, ·): a = x 2 − 2x + 3, b = 3x + 1. Dann gilt: a · b = 3x 3 − 5x 2 + 7x + 3. I Seien a, b ∈ Z4 [x ] folgende Polynome über dem Ring (Z4 , +4 , ·4 ): a = x 2 + 3x + 2, b = 2x + 3. Dann gilt: a · b = 2x 3 + x 2 + x + 2. 1185 / 1411 Info Mit Polynomen aus Zn [x ] rechnet man einfach wie mit Polynomen aus Z[x ], mit dem Unterschied, dass am Schluss alle Koeffizienten modulo n genommen werden. Kein Koeffizient darf negativ oder größer oder gleich n sein! 1186 / 1411 Polynomdivision Für gegebene Polynome a, b ∈ K [x ] über einem Körper (K , ⊕, ) liefert die Polynomdivision von a durch b eindeutige Polynome r und s, so dass gilt: a =b·s +r und 0 ≤ deg(r ) < deg(b) Analog zur ganzzahligen Division in Z definieren wir s := a ÷ b und r := a mod b Auf diese Weise können wir den Euklidischen Algorithmus und seine Erweiterung auch auf Polynome anwenden! 1187 / 1411 Beispiel Seien a, b ∈ Q[x ] mit a = 3x 4 − 7x 3 − 6x 2 + 8x − 1 und b = x 2 − 3x + 1: (3x 4 −(3x 4 −7x 3 −9x 3 2x 3 −(2x 3 −6x 2 +8x −1) : (x 2 − 3x + 1) = 3x 2 + 2x − 3 +3x 2 ) −9x 2 +8x −6x 2 +2x ) −3x 2 +6x −1 −(−3x 2 +9x −3) −3x +2 Es gilt dann a = b · s + r mit: s = 3x 2 + 2x − 3 und r = −3x + 2. 1188 / 1411 Quizfragen Seien p, q ∈ Q[x ] zwei Polynome mit p = x 4 − 7x 2 + 6x und q = x 3 − 8x + 3. 1. Was ist ggT(p, q)? 2. Für welche Polynome a, b ∈ Q[x ] gilt die Gleichung a · q + b · p = ggT(p, q)? Hinweis: Führe den erweiterten Euklidischen Algorithmus mithilfe der Polynomdivision mit p und q durch. 1189 / 1411 Antworten Die Tabelle des erweiterten Euklidischen Algorithmus sieht wie folgt aus: ri − 7x 2 + 6x x 3 − 8x + 3 x 2 + 3x x +3 0 x4 si ti 2 − x − 3x + 1 x −x + 3 x −3 1 x 0 − − Daraus folgt: 1. ggT(p, q) = x + 3. 2. a = x 2 − 3x + 1, b = −x + 3. 1190 / 1411 Polynomdivision über Zn Sei n eine Primzahl, d.h. Zn ein Körper. Eine Polynomdivision mit Polynomen über Zn (d.h. mit Koeffizienten aus Zn ) funktioniert analog zu einer Polynomdivision über Q oder R mit zwei wesentlichen Unterschieden: I statt Zahlen zu dividieren, multipliziert man mit Inversen I nach jeder Multiplikation und Subtraktion nimmt man das Ergebnis, falls es nicht in Zn ist, modulo p 1191 / 1411 Beispiel Seien a, b ∈ Z5 [x ] mit a = 3x 4 + x 3 + 3x 2 + 4x + 1 und b = 2x 2 + x + 4. (3x 4 −(3x 4 +x 3 +3x 2 +4x +1) : (2x 2 + x + 4) = 4x 2 + x + 3 +4x 3 +x 2 ) 2x 3 +2x 2 +4x −(2x 3 +x 2 +4x ) x2 +1 2 −(x +3x +2) 2x +4 In Z5 gilt 2−1 = 3, da 2 ·5 3 = 6 mod 5 = 1. Anstatt also jedesmal durch 2x 2 zu dividieren multipliziert man (modulo 5) mit (2x 2 )−1 = 3x −2 , d.h.: 3x 4 · 3x −2 = (3 ·5 3)x 2 = 4x 2 , 2x 3 · 3x −2 = (2 ·5 3)x = x , x 2 · 3x −2 = 1 ·5 3 = 3. 1192 / 1411 Quizfragen Sei n eine Primzahl und a, b ∈ Zn [x ] zwei Polynome über Zn . Welche Polynome r , s ∈ Zp [x ] mit 0 ≤ deg(r ) < deg(b) erfüllen für folgende a, b und n die Gleichung a = b · s + r? 1. a = x 3 + 1, b = x 2 + x , n = 2, 2. a = x 3 + x 2 + 1, b = x 2 + x + 1, n = 2, 3. a = x 3 + x 2 + x , b = x 2 + 1, n = 2, 4. a = x 3 + x 2 + 2, b = 2x 2 + 1, n = 3, 5. a = x 3 + x + 2, b = x 2 + 2x + 2, n = 3, 6. a = 2x 3 + 3x + 1, b = 3x 2 + x + 2, n = 5, 7. a = x 3 + 2x 2 + 4, b = 4x 2 + 3x + 1, n = 5, 8. a = 3x 3 + 4x + 5, b = 4x 2 + 5x , n = 7. Hinweis: Benutze Polynomdivision! 1193 / 1411 Antworten 1. (x 3 +1) : (x 2 +x ) 3 2 − (x +x ) x2 +1 − (x 2 +x ) x +1 = x +1 Daraus folgt: r = x + 1 und s = x + 1. 2. (x 3 +x 2 +1) : (x 2 +x 3 2 − (x +x +x ) x +1 +1) = x Daraus folgt: r = x + 1 und s = x . 1194 / 1411 3. (x 3 +x 2 +x ) : (x 2 3 − (x +x ) x2 − (x 2 +1) 1 +1) = x +1 Daraus folgt: r = 1 und s = x + 1. 4. (x 3 +x 2 +2) : (2x 2 3 − (x +2x ) x2 +x +2 2 − (x +2) x +1) = 2x +2 Daraus folgt: r = x und s = 2x + 2. 1195 / 1411 5. (x 3 +x +2) : (x 2 +2x 3 2 − (x +2x +2x ) x2 2x +2 2 − (x +2x +2) 0 +2) = x +1 Daraus folgt: r = 0 und s = x + 1. 6. (2x 3 +3x +1) : (3x 2 +x 3 2 − (2x +4x +3x ) x2 +1 2 − (x +2x +4) 3x +2 +2) = 4x +2 Daraus folgt: r = 3x + 2 und s = 4x + 2. 1196 / 1411 7. (x 3 +2x 2 +4) : (4x 2 +3x − (x 3 +2x 2 +4x ) x +4 +1) = 4x Daraus folgt: r = x + 4 und s = 4x . 8. (3x 3 +4x +5) : (4x 2 +5x ) 3 2 − (3x +2x ) (5x 2 +4x +5) − (5x 2 +x ) 3x +5 = 6x +3 Daraus folgt: r = 3x + 5 und s = 6x + 3. 1197 / 1411 Polynomringe Für jeden kommutativen Ring R bildet R[x ] mit der Polynomaddition und -multiplikation aus den Folien 1180 und 1184 wieder einen kommutativen Ring. Polynome können aber auch benutzt werden, um das Konzept von Restklassenringen zu verallgemeinern. Sei K ein Körper und p ∈ K [x ] ein Polynom mit Grad deg(p) = n. Dann bildet die Menge K [x ]p = {q ∈ K [x ] | deg(q) < deg(p)} aller Polynome aus K [x ] mit kleinerem Grad als p zusammen mit den Operationen a +p b := (a + b) mod p und a ·p b := (a · b) mod p. einen kommutativen Ring. Dieser wird Restklassenring K [x ] modulo p genannt. Info Für jeden endlichen Körper gilt: |K [x ]p | = |K |deg(p) , z.B.: |Z3 [x ]x 4 +1 | = 34 = 81 1198 / 1411 Beispiel Sei p ∈ Z2 [x ] mit p = x 2 + 1. Dann bildet Z2 [x ]p = {0, 1, x , x + 1} mit +p und ·p einen kommutativen Ring mit folgenden Verknüpfungstafeln: +p 0 1 x x +1 0 1 x x +1 0 1 x x +1 1 0 x +1 x x x +1 0 1 x +1 x 1 0 ·p 0 1 x x +1 0 0 0 0 0 x 1 0 1 x +1 x x x +1 0 0 x x +1 1 x +1 +1 0 Es gilt z.B.: I (x + 1) +p x = ((x + 1) + x ) mod p = 1 I (x + 1) ·p x = ((x + 1) · x ) mod p = (x 2 + x ) mod p = x + 1 1199 / 1411 Infos Man benutzt bei Restklassenringen oft verschiedene Schreibweisen: I Bei Restklassenringen Z modulo n schreibt man oft (Z/(n), +, ·) bzw. (Z/nZ, +, ·) statt (Zn , +n , ·n ), weil die zwei Ringe zueinander isomorph sind. I Bei Restklassenringen K [x ] modulo p schreibt man analog auch (K /(q), +, ·) oder auch (K [x ]deg(p) , +p , ·p ) statt (K [x ]p , +p , ·p ). Erinnerung: Isomorphie heißt nicht Gleichheit! Dass zwei Algebren isomorph sind heißt nur, dass sie dieselbe Struktur besitzen. In DS machen wir aber ein Auge zu und dürfen sorglos das eine durch das andere ersetzen ;-) 1200 / 1411 Quizfragen Welche Elemente sind in folgenden Mengen enthalten? 1. Z2 [x ]x 2 +1 , 2. Z5 [x ]x +4 , 3. Z2 [x ]x 3 +x , 4. Z3 [x ]x 2 +2 , 5. Z2 [x ]x 4 +x +1 . Hinweis: |Zn [x ]p | = |Zn |deg(p) = ndeg(p) . 1201 / 1411 Antworten 1. Z2 [x ]x 2 +1 = {0, 1, x , x + 1}. 2. Z5 [x ]x +4 = {0, 1, 2, 3, 4}. 3. Z2 [x ]x 3 +x = {0, 1, x , x + 1, x 2 , x 2 + 1, x 2 + x , x 2 + x + 1}. 4. Z3 [x ]x 2 +2 = {0, 1, 2, x , x + 1, x + 2, 2x , 2x + 1, 2x + 2}. 5. Z2 [x ]x 4 +x +1 = {0, 1, x , x + 1, x 2 , x 2 + 1, x 2 + x , x 2 + x + 1, x 3 , x 3 + 1, x 3 + x , x 3 + x + 1, x 3 + x 2 , x 3 + x 2 + 1, x 3 + x 2 + x , x 3 + x 2 + x + 1}. 1202 / 1411 Quizfragen Sei p = x 2 + 1 ein Polynom über Z2 und R = (Z2 [x ]p , +p , ·p ) ein Restklassenring modulo p. 1. Wie sieht der folgende Ausschnitt der multiplikativen Verknüpfungstafel von R aus? ·p 0 1 x x +1 x +1 2. Woran erkennt man, dass R kein Körper ist? 1203 / 1411 Antworten 1. Es gilt: ·p x +1 0 1 x x +1 0 x +1 x +1 0 2. R ist nicht nullteilerfrei, da (x + 1) ·p (x + 1) = 0. Außerdem gilt die Kürzungsregel nicht, da (x + 1) ·p 1 = (x + 1) ·p x . 1204 / 1411 Quizfragen Sei p = x 2 + x ein Polynom über Z2 und R = (Z2 [x ]p , +p , ·p ) ein Restklassenring. 1. Wie sieht der folgende Ausschnitt der multiplikativen Verknüpfungstafel von R aus? ·p 0 1 x x +1 x +1 2. Woran erkennt man, dass R kein Körper ist? 1205 / 1411 Antworten 1. Es gilt: ·p x +1 0 1 x x +1 0 x +1 0 x +1 2. R ist nicht nullteilerfrei, da (x + 1) ·p x = 0. Außerdem gilt die Kürzungsregel nicht, da (x + 1) ·p 1 = (x + 1) ·p (x + 1). 1206 / 1411 Quizfragen Sei p = 2x 2 + x ein Polynom über Z3 und R = (Z3 [x ]p , +p , ·p ) ein Restklassenring. 1. Wie sieht der folgende Ausschnitt der multiplikativen Verknüpfungstafel von R aus? ·p 0 1 x x + 1 x 2. Wie sieht der folgende Ausschnitt der multiplikativen Verknüpfungstafel von R aus? ·p x +1 x +2 2x 2x + 1 3. Woran erkennt man, dass R kein Körper ist? 1207 / 1411 Antworten 1. Es gilt: ·p x 0 1 x 0 x x x +1 2x 2. Es gilt: ·p 2x 2x + 1 x +1 x +2 x 0 2x + 1 x + 2 3. R ist nicht nullteilerfrei, da 2x ·p (x + 2) = 0. Außerdem gilt die Kürzungsregel nicht, da x ·p 1 = x ·p x . 1208 / 1411 Faktorisierung von Polynomen Sei K ein Körper. Das Ziel der Faktorisierung von Polynomen ist es zu einem gegebenen Polynom p ∈ K [x ] Polynome p1 , . . . , pn ∈ K [x ] zu finden, so dass p = p1 · . . . · pn gilt. Es gilt außerdem: x0 ist Nullstelle von p ⇐⇒ (x − x0 ) ist ein Faktor von p . D.h., dass Polynome pi mit deg(pi ) = 1 sehr leicht abgespalten werden können, indem man eine Nullstelle x0 von p durch „scharfes Hinschauen“ errät (d.h. durch Ausprobieren) und dann p durch (x − x0 ) teilt. Infos I Analog zur Primfaktorzerlegung ganzer Zahlen, ist die Faktorisierung von Polynomen über einem Körper eindeutig. I Weil K ein Körper ist, ist es nullteilerfrei und es gilt für alle p1 , . . . , pn ∈ K [x ]: deg(p1 · . . . · pn ) = deg(p1 ) + . . . + deg(pn ). 1209 / 1411 Beispiele I In R[x ] gilt: x 3 − 6x 2 + 11x − 6 = (x − 1)(x − 2)(x − 3). 1210 / 1411 I I I In Z2 [x ] gilt: In Z3 [x ] gilt: In Z5 [x ] gilt: x 4 + x 2 = x 2 (x + 1)2 . x 4 + x 2 + 1 = (x + 1)2 (x + 2)2 . x 3 + 2x 2 + 4x + 3 = (x + 1)(x + 2)(x + 4). 1211 / 1411 Quizfragen Gegeben seien folgende Polynome über verschiedene Körper: 1. a = 2x 3 + 10x 2 + 6x − 18 mit a ∈ R[x ], 2. b = 3x 3 + 6x 2 − 3x − 6 mit b ∈ R[x ], 3. c = x 4 + x 2 + 1 mit c ∈ Z3 [x ], 4. d = x 5 + x mit d ∈ Z2 [x ], 5. e = x 3 + 2x 2 + 4x + 3 mit e ∈ Z5 [x ]. Wie sieht die eindeutige Faktorisierung von a, b, c, d und e aus? 1212 / 1411 Antworten 1. a = 2(x − 1)(x + 3)2 . 2. b = 3(x − 1)(x + 1)(x + 2). 3. c = (x + 1)2 (x + 2)2 . 4. d = x (x + 1)4 . 5. e = (x + 1)(x + 2)(x + 4). 1213 / 1411 Irreduzibilität von Polynomen Sei K ein Körper. Ein Polynom p ∈ K [x ] heißt reduzibel wenn zwei Polynome p1 , p2 ∈ K [x ] existieren mit deg(p1 ), deg(p2 ) ≥ 1 und p = p1 · p2 . Polynome, die nicht reduzibel sind, nennt man irreduzibel. Info Die Irreduzibilität von Polynomen ist das Analogon zur Primheit von Zahlen. 1214 / 1411 Beispiel Das Polynom p = x 2 + 1 ist irreduzibel über R, Q oder Z3 , da keine Polynome aus R[x ], Q[x ] oder Z3 [x ] existieren in denen sich p zerlegen lässt. Dagegen lässt sich p über andere Körper zerlegen, z.B.: I Falls p ∈ C[x ]: (x + i)(x − i) = x 2 − i 2 = x 2 − (−1) = x 2 + 1 I I Falls p ∈ Z2 [x ]: Falls p ∈ Z5 [x ]: (x + 1)(x + 1) = x 2 + 2x + 1 = x 2 + 1 (x + 2)(x + 3) = x 2 + 5x + 6 = x 2 + 1 1215 / 1411 Quizfrage Sei K ein Körper. Wieso sind Polynome p ∈ K [x ] mit Grad 0 oder 1 immer irreduzibel? 1216 / 1411 Antwort Aus deg(p1 · p2 ) = deg(p1 ) + deg(p2 ) (s. Folie 1209), können keine zwei Polynome p1 , p2 ∈ K [x ] mit deg(p1 ), deg(p2 ) ≥ 1 gefunden werden mit p = p1 · p2 . 1217 / 1411 Quizfrage Sei K ein Körper. Wieso sind Polynome p ∈ K [x ] mit Grad 2 oder 3 genau dann irreduzibel, wenn sie keine Nullstellen besitzen? 1218 / 1411 Antwort Aus Folie 1209 wissen wir: deg(p1 · p2 ) = deg(p1 ) + deg(p2 ). Außerdem gilt: I Falls deg(p) = 2, dann kann p nur in zwei Polynome p1 , p2 ∈ K [x ] zerfallen mit deg(p1 ), deg(p2 ) = 1. I Falls deg(p) = 3, dann kann p nur in zwei Polynome p1 , p2 ∈ K [x ] zerfallen mit deg(p1 ) = 1 und deg(p2 ) = 2 oder deg(p1 ) = 2 und deg(p2 ) = 1. In beiden Fällen enthält p ein Faktor von Grad 1. Aus x0 ist Nullstele von p ⇐⇒ (x − x0 ) ist ein Faktor von p folgt die Aussage. 1219 / 1411 Quizfrage Sei K ein Körper. Wieso kann ein Polynom p ∈ K [x ] mit deg(p) ≥ 4 reduzibel sein, obwohl es keine Nullstellen besitzt? 1220 / 1411 Antwort p könnte beispielsweise in nullstellenfreie Faktoren p1 , . . . , pn mit deg(p1 ), . . . , deg(pn ) ≥ 2 zerfallen. Beispielsweise gilt für p ∈ Q[x ] mit p = x 4 + 2x 2 + 1: p = (x 2 + 1) · (x 2 + 1). Somit ist p reduzibel, obwohl es keine Nullstellen besitzt. 1221 / 1411 Wichtige Aussagen zur Irreduzibilität von Polynomen Für alle Polynome p ∈ K [x ] gilt: 1. Falls deg(p) = 0 oder deg(p) = 1, dann ist p immer irreduzibel. 2. Falls deg(p) = 2 oder deg(p) = 3, dann gilt: p irreduzibel ⇐⇒ p besitzt keine Nullstelle . 3. Falls deg(p) ≥ 4, dann gilt: p irreduzibel =⇒ p besitzt keine Nullstelle . 1222 / 1411 Quizfragen Welche der folgenden Polynome sind irreduzibel? 1. x 3 + x 2 + 2 ∈ Z3 [x ], 2. x 3 + 2x + 2 ∈ Z5 [x ], 3. x 3 + 2x + 2 ∈ Z3 [x ], 4. x 3 + x + 1 ∈ Z2 [x ], 5. x 3 + x 2 + x + 1 ∈ Z2 [x ], 6. x 3 + 2x + 1 ∈ Z3 [x ], 7. x 3 + x 2 + x ∈ Z5 [x ], 8. x 2 + x + 1 ∈ Z2 [x ]. 1223 / 1411 Antworten Erinnerung: Ein Polynom von Grad 2 oder 3 ist genau dann irreduzibel, wenn es keine Nullstellen hat. 1. Irreduzibel (keine Nullstellen). 2. Reduzibel (Nullstellen: 1 und 3). 3. Irreduzibel (keine Nullstellen). 4. Irreduzibel (keine Nullstellen). 5. Reduzibel (Nullstelle: 1). 6. Irreduzibel (keine Nullstellen). 7. Reduzibel (Nullstelle: 0). 8. Irreduzibel (keine Nullstellen). 1224 / 1411 Quizfrage Aus der Quizfrage auf Folie 1178 wissen wir, dass folgende Polynome p ∈ Z2 [x ], die einzigen mit 2 ≤ deg(p) ≤ 5 sind, die keine Nullstellen besitzen: Grad Grad Grad Grad 2: 3: 4: 5: x2 + x x3 + x x4 + x x5 + x + 1, + 1, x 3 + x 2 + 1, + 1, x 4 + x 2 + 1, x 4 + x 3 + 1, + 1, x 5 + x 2 + 1, x 5 + x 3 + 1. x 5 + x 4 + 1 Welche davon sind irreduzibel? 1225 / 1411 Antwort x 2 + x + 1, x 3 + x + 1 und x 3 + x 2 + 1 sind alle irreduzibel, weil sie Grad 2 oder 3 haben und keine Nullstellen besitzen. Damit ein Polynom von Grad 4 reduzibel ist, obwohl es keine Nullstellen besitzt, muss es in zwei nullstellenfreie Polynome von jeweils Grad 2 zerfallen. Die einzige Kombination hierfür ist: (x 2 + x + 1) · (x 2 + x + 1) = x 4 + x 2 + 1. D.h., dass x 4 + x 2 + 1 reduzibel ist und x 4 + x + 1 und x 4 + x 3 + 1 irreduzibel. 1226 / 1411 (Fortsetzung) Damit ein Polynom von Grad 5 reduzibel ist, obwohl es keine Nullstellen besitzt, muss es in zwei nullstellenfreie Polynome mit Graden 2 und 3 zerfallen. Die einzigen Kombinationen hierfür sind: (x 2 + x + 1) · (x 3 + x + 1) = x 5 + x 4 + 1, (x 2 + x + 1) · (x 3 + x 2 + 1) = x 5 + x + 1. D.h., dass x 5 + x 4 + 1 und x 5 + x + 1 reduzibel sind und x 5 + x 2 + 1 und x 5 + x 3 + 1 irreduzibel. 1227 / 1411 Endliche Körper Wir wissen nun, dass (Zn [x ]p , +p , ·p ) für jede natürliche Zahl n ∈ N und jedes Polynom p ∈ Zn [x ] mit Grad deg(p) = d ein kommutativer endlicher Ring mit nd Elementen ist. Zusätzlich gilt: (Zn [x ]p , +p , ·p ) ist ein Körper ⇐⇒ p ist irreduzibel und n prim . Man nennt solche Körper Galois-Körper (engl. Galois Field) und bezeichnet sie mit GF(nd ). 1228 / 1411 Beispiel Sei p = x 2 + x + 1 ein Polynom aus Z2 [x ]. Da p keine Nullstellen in Z2 besitzt, ist es irreduzibel. Z2 [x ]2 = {0, 1, x , x + 1} bildet also mit +p und ·p einen Galois-Körper mit folgenden Verknüpfungstafeln: +p 0 1 x x +1 0 1 x x +1 0 1 x x +1 1 0 x +1 x x x +1 0 1 x +1 x 1 0 ·p 0 1 x x +1 0 0 0 0 0 x 1 x x +1 0 0 0 1 x x +1 x x +1 1 +1 1 x Es gilt z.B.: I (x + 1) +p x = ((x + 1) + x ) mod p = 1 I (x + 1) ·p x = ((x + 1) · x ) mod p = (x 2 + x ) mod p = 1 1229 / 1411 Quizfragen 1. Ist (Z3 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 4 + x 2 + 1 ein Körper? 2. Ist (Z9 [x ]p , +p , ·p ) mit p = 8x 2 + 3x + 6 ein Körper? 3. Ist (Z3 [x ]p , +p , ·p ) mit p = 2x 2 + 2 ein Körper? 4. Ist (Z4 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 2 + x + 3 ein Körper? 5. Ist (Z3 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 3 + 2x + 1 ein Körper? 6. Ist (Z2 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 3 + x + 1 ein Körper? 7. Ist (Z6 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 2 + 3x + 2 ein Körper? 8. Ist (Z2 [x ]p , +p , ·p ) mit p = x 3 + x 2 + x + 1 ein Körper? 1230 / 1411 Antworten Erinnerung: Damit (Zn [x ]p , +p , ·p ) ein Körper ist, müssen n prim und p irreduzibel sein. 1. Nein! p ist reduzibel, weil es die Nullstelle 2 besitzt. 2. Nein! 9 ist nicht prim. 3. Ja! 4. Nein! 4 ist nicht prim. 5. Ja! 6. Ja! 7. Nein! 6 ist nicht prim. 8. Nein! p ist reduzibel, weil es die Nullstelle 1 besitzt. 1231 / 1411 Infos I Eine natürliche Zahl k für die natürliche Zahlen d, n ∈ N mit n prim und k = nd existieren, nennt man eine Primzahlpotenz. I Für jede Primzahlpotenz nd prim gibt es einen Galois-Körper GF(nd ) mit nd Elementen. I Alle endlichen Körper sind Galois-Körper und je zwei Galois-Körper mit gleich vielen Elementen sind isomorph zueinander I Die Körper der Form (Zn , +n , ·n ) sind Spezialfälle der Körper (Zn [x ]p , +p , ·p ) für deg(p) = 1. I Falls deg(p) = 0, dann gilt Zn [x ]p = {0}, da 0 das einzige Polynom mit negativem Grad ist (s. Folie 1175). I Wäre p = p1 · p2 reduzibel, dann sind alle Polynome, die p1 oder p2 als Faktor besitzen, Nullteiler in (Zn [x ]p , +p , ·p ). 1232 / 1411 Quizfragen 1. Gibt es einen Körper mit 5 Elementen? 2. Gibt es einen Körper mit 8 Elementen? 3. Gibt es einen Körper mit 9 Elementen? 4. Gibt es einen Körper mit 15 Elementen? 5. Gibt es einen Körper mit 21 Elementen? 6. Gibt es einen Körper mit 27 Elementen? 7. Gibt es einen Körper mit 32 Elementen? 8. Gibt es einen Körper mit 48 Elementen? 9. Gibt es einen Körper mit 100 Elementen? 10. Gibt es einen Körper mit 121 Elementen? 11. Gibt es einen Körper mit 124 Elementen? 1233 / 1411 Quizfragen 1. Ja! 5 ist eine Primzahl und somit eine Primzahlpotenz: 5 = 51 . 2. Ja! 8 ist eine Primzahlpotenz: 8 = 23 . 3. Ja! 9 ist eine Primzahlpotenz: 9 = 32 . 4. Nein! 15 ist keine Primzahlpotenz: 15 = 3 · 5. 5. Nein! 21 ist keine Primzahlpotenz: 21 = 3 · 7. 6. Ja! 27 ist eine Primzahlpotenz: 27 = 33 . 7. Ja! 32 ist eine Primzahlpotenz: 32 = 25 . 8. Nein! 48 ist keine Primzahlpotenz: 48 = 3 · 24 . 9. Nein! 100 ist keine Primzahlpotenz: 100 = 22 · 52 . 10. Ja! 121 ist eine Primzahlpotenz: 121 = 112 . 11. Nein! 124 ist keine Primzahlpotenz: 124 = 22 · 31. 1234 / 1411 Quizfragen 1. Ist GF(11) isomorph zu (Z11 , +11 , ·11 )? 2. Ist GF(27) isomorph zu (Z27 , +27 , ·27 )? 3. Ist GF(13) isomorph zu (Z13 , +13 , ·13 )? 4. Ist GF(9) isomorph zu (Z9 , +9 , ·9 )? 5. Ist GF(5) isomorph zu (Z5 , +5 , ·5 )? 6. Ist GF(16) isomorph zu (Z16 , +16 , ·16 )? 7. Ist GF(7) isomorph zu (Z7 , +7 , ·7 )? 8. Ist GF(25) isomorph zu (Z25 , +25 , ·25 )? 1235 / 1411 Antworten GF(n) ist für jede Primzahlpotenz n ein Körper und ist ansonsten nicht definiert. GF(n) ist isomorph zu (Zn , +n , ·n ) genau dann, wenn n prim ist. Wenn n keine Primzahl ist, dann ist (Zn , +n , ·n ) kein Körper und kann demnach nicht isomorph zu GF(n) sein. 1. Ja! 11 ist prim. 2. Nein! 27 = 33 ist nicht prim. 3. Ja! 13 ist prim. 4. Nein! 9 = 32 ist nicht prim. 5. Ja! 5 ist prim. 6. Nein! 16 = 24 ist nicht prim. 7. Ja! 7 ist prim. 8. Nein! 25 = 52 ist nicht prim. 1236 / 1411 Quizfragen Sei p ∈ Z5 [x ] ein Polynom mit p = x 3 + 4x 2 + 3x + 2. 1. Wie viele Elemente enthält Z5 [x ]p ? 2. Wie sieht die eindeutige Faktorisierung von p aus? 3. Welche der folgenden Polynomen a, b, c ∈ Z5 [x ] sind Nullteiler in (Z5 [x ]p , +p , ·p )? a = 2x 2 + 1, b = x 2 + 3x + 2, c = x 2 + x + 3. 1237 / 1411 Antworten 1. |Z5 [x ]3 | = 53 = 125. 2. Nullstelle 1 raten und p durch (x + 4) dividieren (x − 1 = x + 4 in Z5 ). Wir erhalten p : (x + 4) = x 2 + 3, was nicht weiter faktorisierbar ist, weil es keine Nullstellen besitzt. Es folgt: p = (x + 4)(x 2 + 3). 3. Es gilt: a = 2x 2 + 1 = 2(x 2 + 3), b = x 2 + 3x + 2 = (x + 1)(x + 2), c = x 2 + x + 3 = (x + 2)(x + 4). Die Polynome a und c haben einen gemeinsamen Faktor mit p und sind somit Nullteiler in (Z5 [x ]p , +p , ·p ). 1238 / 1411 Charakteristik Die Charakteristik char(K ) eines Körpers K = (S, ⊕, ) ist die additive Ordnung des multiplikativen neutralen Elements: char(K ) := ord⊕ (1). Die Charakteristik eines endlichen Körpers ist immer eine Primzahl! Info Die Notation „ord⊕ “ dient dazu, die Ordnung eines Elements in (S, ⊕) von der in (S \ {0}, ) zu unterscheiden. Beispielsweise gilt: I ord⊕ (0) = 1, da 0 das neutrale Element bezüglich ⊕ ist, I ord (1) = 1, da 1 das neutrale Element bezüglich ist, und I ord (0) = ∞, weil kein n ∈ N mit 0n = 1 existiert (s. Folie 974). 1239 / 1411 Beispiele Seien d, n ∈ N mit n prim. I Die Charakteristik von (Zn , +n , ·n ) ist n. I Die Charakteristik von GF(nd ) ist ebenfalls n. 1240 / 1411 Quizfragen Welche Charakteristik besitzen folgende Körper? 1. GF(4). 2. GF(9). 3. GF(25). 4. GF(8). 5. GF(27). 6. GF(7). 7. GF(3). 8. GF(16). 9. GF(5). 10. GF(32). 11. GF(2). 1241 / 1411 Quizfragen 1. char(GF(4)) = char(GF(22 )) = 2. 2. char(GF(9)) = char(GF(32 )) = 3. 3. char(GF(25)) = char(GF(52 )) = 5. 4. char(GF(8)) = char(GF(23 )) = 2. 5. char(GF(27)) = char(GF(33 )) = 3. 6. char(GF(7)) = char(GF(71 )) = 7. 7. char(GF(3)) = char(GF(31 )) = 3. 8. char(GF(16)) = char(GF(24 )) = 2. 9. char(GF(5)) = char(GF(51 )) = 5. 10. char(GF(32)) = char(GF(25 )) = 2. 11. char(GF(2)) = char(GF(21 )) = 2. 1242 / 1411 Themenübersicht 5. Algebraische Strukturen 5.1. Algebren 5.2. Gruppen 5.3. Endliche Körper 5.4. RSA-Verfahren 1243 / 1411 RSA Kryptoverfahren Ziel: Bob (B) möchte Alice (A) eine geheime Nachricht m senden. 1244 / 1411 Infos I Die Nachricht m (engl. message) stellt in der Regel ein einziges Zeichen dar, welches als Zahl kodiert wurde (z.B. mit ASCII, ANSI, Unicode oder UTF-8). I Die verschlüsselte Nachricht c (engl. cypher text) wird Geheimtext oder Chiffrat genannt. I (n, e) ist der öffentliche Schlüssel von Alice. I d ist der private Schlüssel von Alice. I fe : Zn → Zn mit fe (x ) = x e mod n ist die Verschlüsselungsfunktion. I fd : Zn → Zn mit fd (x ) = x d mod n ist die Entschlüsselungsfunktion. I e und d heißen auf Englisch encryption key und decryption key. 1245 / 1411 I Die Werte von n und e stehen Alice, Bob und allen anderen Gesprächsteilnehmern zur Verfügung. I Wer die Primfaktoren p und q von n kennt, kann sehr leicht ϕ(n) = (p − 1)(q − 1) berechnen. Mit ϕ und e kommt man mithilfe des erweiterten euklidischen Algorithmus sehr einfach auf d. I Jeder, der den Wert von d kennt, könnte die Nachrichten entziffern, die an Alice addressiert worden sind. I Jeder Teilnehmer hat verschiedene Werte für n, e und d. Möchte Alice also auf Bobs Nachricht antworten, so muss sie dafür den öffentlichen Schlüssel von Bob benutzen. I Dieses Verfahren ist sicher, solange man die Zahl n so gigantisch groß wählt, dass man aus n nicht so einfach auf die Primfaktoren p und q schließen kann. 1246 / 1411 Beispiel Sei (n, e) = (22, 7) der öffentliche Schlüssel von Alice und d = 3 ihr privater Schlüssel. Bob möchte ihr eine als Zahl m = 13 kodierte Nachricht schicken. Folgende Fragen sind wichtig: 1. Ist n = 22 zulässig? 2. Ist e = 7 zulässig? 3. Ist d = 3 zulässig? 4. Wie verschlüsselt Bob seine Nachricht m? 5. Wie entschlüsselt Alice den Geheimtext c? 1247 / 1411 1. n = 22 ist zulässig, weil 22 aus genau zwei Primfaktoren besteht: p = 2 und q = 11. Es folgt: ϕ(22) = (2 − 1)(11 − 1) = 10. 2. e = 7 ist zulässig, weil 10 und 7 teilerfremd sind. Es gilt also ggT(10, 7) = 1 und somit 7 ∈ Z∗10 (s. nächste Folie). 3. d = 3 ist zulässig, weil 3 das multiplikative inverse Element von 7 in (Z∗10 , ·10 ) ist (s. nächste Folie). 4. Bob verschlüsselt seine Nachricht m = 13 wie folgt: c = me mod n = 137 mod 22 = 7. 5. Alice entschlüsselt die Nachricht c = 7 wie folgt: m = c d mod n = 73 mod 22 = 13. 1248 / 1411 Für die Beantwortung der Fragen 2. und 3. sind der euklidische Algorithmus und seine Erweiterung hilfreich: ri 10 7 3 1 0 si 1 2 3 - ti 3 -2 1 0 - Dann gilt 10 · (−2) + 7 · 3 = 1 und daher 7−1 = 3 mod 10 = 3. 1249 / 1411 Quizfrage Alice benutzt den öffentlichen Schlüssel (n, e) = (85, 43) und empfängt von Bob den Geheimtext c = 5. Was war die ursprüngliche Nachricht m? 1250 / 1411 Antwort 85 enthält die Primfaktoren p = 5 und q = 17. Daraus folgt: ϕ(85) = (5 − 1)(17 − 1) = 4 · 16 = 64. Wir benutzen den erweiterten euklidischen Algorithmus, um den privaten Schlüssel d = e −1 zu bestimmen: ri 64 43 21 1 0 si 1 2 21 - ti 3 -2 1 0 - Das inverse Element zu e = 43 ist somit d = 3 mod 64 = 3 und die ursprüngliche Nachricht lautet: m = c d mod n = 53 mod 85 = 125 mod 85 = 40. 1251 / 1411 Eindeutigkeit der Verschlüsselung Die Verschlüsselungsfunktion fe ist bijektiv und somit eine Permutation über Zn . Dies ist sehr wichtig für das Verfahren, denn nur so kann eine Entschlüsselungsfunktion fd mit fd = fe−1 überhaupt existieren. Wäre fe nicht bijektiv, dann wäre die Entschlüsselung m einer verschlüsselten Nachricht c nicht eindeutig. 1252 / 1411 Beispiel (nochmal) Sei (22, 7) wieder der öffentliche Schlüssel von Alice und d = 3 ihr privater Schlüssel. Wir wollen überprüfen, dass fe (x ) = x e mod n tatsächlich eine Permutation ist und dass fd (x ) = x d mod n die Umkehrfunktion von fe ist. 1253 / 1411 Für fe (x ) = x e mod n erhält man: f (0) f (1) f (2) f (3) f (4) f (5) f (6) f (7) f (8) f (9) f (10) = 07 = 17 = 27 = 37 = 47 = 57 = 67 = 77 = 87 = 97 = 107 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 = = = = = = = = = = = 0 1 18 9 16 3 8 17 2 15 10 f (11) f (12) f (13) f (14) f (15) f (16) f (17) f (18) f (19) f (20) f (21) = = = = = = = = = = = 117 127 137 147 157 167 177 187 197 207 217 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 = = = = = = = = = = = 11 12 7 20 5 14 19 6 13 4 21 1254 / 1411 Als Permutation: ! fe = 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 0 1 18 9 16 3 8 17 2 15 10 11 12 7 20 5 14 19 6 13 4 21 1255 / 1411 Für fd (x ) = x d mod n erhält man: f (0) f (1) f (2) f (3) f (4) f (5) f (6) f (7) f (8) f (9) f (10) = 03 = 13 = 23 = 33 = 43 = 53 = 63 = 73 = 83 = 93 = 103 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 = = = = = = = = = = = 0 1 8 5 20 15 18 13 6 3 10 f (11) f (12) f (13) f (14) f (15) f (16) f (17) f (18) f (19) f (20) f (21) = = = = = = = = = = = 113 123 133 143 153 163 173 183 193 203 213 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 mod 22 = = = = = = = = = = = 11 12 19 16 9 4 7 2 17 15 21 1256 / 1411 Als Permutation: ! fd = 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 0 1 8 5 20 15 18 13 6 3 10 11 12 19 16 9 4 7 2 17 14 21 1257 / 1411 fd ist tatsächlich die Umkehrfunktion von fe : ! fe = 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 0 1 18 9 16 3 8 17 2 15 10 11 12 7 20 5 14 19 6 13 4 21 fd = 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 0 1 8 5 20 15 18 13 6 3 10 11 12 19 16 9 4 7 2 17 14 21 ! 1258 / 1411 Du hast es geschafft! DS ♥ dich sehr :-) 1259 / 1411 Themenübersicht Nicht klausurrelevant Diskrete Analysis Rekursionsgleichungen Graphenalgorithmen Fouriertransformation 1260 / 1411 Themenübersicht Nicht klausurrelevant Diskrete Analysis Wichtige Begriffe Partielle Summation Rekursionsgleichungen Graphenalgorithmen Fouriertransformation 1261 / 1411 Themenübersicht Nicht klausurrelevant Diskrete Analysis Wichtige Begriffe Partielle Summation Rekursionsgleichungen Graphenalgorithmen Fouriertransformation 1262 / 1411 Wichtige Operatoren Sei CZ die Menge aller Funktionen von Z nach C. Die Operatoren E , ∆, ∇, I : CZ → CZ operieren auf solche Funktionen, d.h. sie erwarten eine Funktion von Z nach C als Argument und liefern ebenfalls eine Funktion von Z nach C. Für eine beliebige Funktion f : Z → C gilt: E f (x ) := f (x + 1), I f (x ) := f (x ), ∆ f (x ) := f (x + 1) − f (x ), ∇ f (x ) := f (x ) − f (x − 1). 1263 / 1411 Infos I Die Funktion f bildet nur auf C ab, damit sie möglichst allgemein gehalten wird. Das heißt nicht unbedingt, dass sie von diesen bösen imaginären Zahlen heimgesucht wird! I ∆ heißt „Delta“ und ∇ „Nabla“. I E und I sind umkehrbar. Es gilt: E −1 f (x ) = f (x − 1) I und I −1 f (x ) = f (x ) ∆ und ∇ sind nicht umkehrbar, weil sie nicht bijektiv sind. Es gilt z.B.: ∆ 3x − 2 = (3(x + 1) − 2) − (3x − 2) = 3 ∆ 3x + 5 = (3(x + 1) + 5) − (3x + 5) = 3 1264 / 1411 Mehr Infos Für beliebige Funktionen f , g und Zahlen n ∈ N0 und a ∈ C gibt es folgende Abkürzungen: I (f + g)(x ) = f (x ) + g(x ) I (f − g)(x ) = f (x ) − g(x ) I (af )(x ) = a · f (x ) I (fg)(x ) = (f ◦ g)(x ) = f (g(x )) I f n (x ) = (f| ◦ f ◦{z. . . ◦ f})(x ) n mal Weil ∆, ∇, E und I auch Funktionen sind, funktionieren diese Abkürzungen auch für sie. 1265 / 1411 Beispiele I ∆ x (x + 1) = (x + 1)(x + 2) − x (x + 1) = x 2 + 3x + 2 − x 2 − x = 2x + 2 I E 3 5x = E E E 5x = E E 5x +1 = E 5x +2 = 5x +3 I E ∇ x 2 = E (x 2 − (x − 1)2 ) = (x + 1)2 − x 2 = 2x + 1 I (3E −1 + I)(2x ) = 3E −1 (2x ) + I(2x ) = 3(2(x − 1)) + 2x = 8x − 6 Erinnerung E f (x ) := f (x + 1), I f (x ) := f (x ), ∆ f (x ) := f (x + 1) − f (x ), ∇ f (x ) := f (x ) − f (x − 1). 1266 / 1411 Quizfragen Was ergeben folgende Operationen? 1. ∆(2x + 1), 2. ∇(x + 3), 3. ∆(x 2 − x ), 4. ∇(x 2 − x ), 5. ∆(x 2 + x ), 6. ∇(x 2 + x ), 7. E (x 2 ) − I(2x ), 8. E 3 1. 1267 / 1411 Antworten 1. ∆(2x + 1) = (2(x + 1) + 1) − (2x + 1) = 2, 2. ∇(x + 3) = (x + 3) − ((x − 1) + 3) = 1, 3. ∆(x 2 − x ) = ((x + 1)2 − (x + 1)) − (x 2 − x ) = 2x , 4. ∇(x 2 − x ) = (x 2 − x ) − ((x − 1)2 − (x − 1)) = 2x − 2, 5. ∆(x 2 − x ) = ((x + 1)2 + (x + 1)) − (x 2 + x ) = 2x + 2, 6. ∇(x 2 − x ) = (x 2 + x ) − ((x − 1)2 + (x − 1)) = 2x , 7. E (x 2 ) − I(2x ) = (x + 1)2 − 2x = x 2 + 1, 8. E 3 1 = E (E (E (1))) = E (E (1)) = E (1) = 1. 1268 / 1411 Noch eine Quizfrage Sei f : Z → C mit ( f (x ) = 3 − x falls x gerade x − 3 sonst. Was ist ∆ f (x )? 1269 / 1411 Antwort Falls x gerade, dann ist x + 1 ungerade und es gilt ∆ f (x ) = f (x + 1) − f (x ) = (x + 1) − 3 − (3 − x ) = 2x − 5. Falls x ungerade, dann ist x + 1 gerade und es gilt ∆ f (x ) = f (x + 1) − f (x ) = 3 − (x + 1) − (x − 3) = 5 − 2x . Daraus folgt: ( ∆ f (x ) = 2x − 5 5 − 2x falls x gerade sonst. Alternativ kann man f (x ) = (−1)x · (3 − x ) schreiben. Daraus folgt: ∆ f (x ) = f (x + 1) − f (x ) = (−1)x +1 · (3 − (x + 1)) − (−1)x · (3 − x ) = (−1)x · (2x − 5). 1270 / 1411 Mehr Quizfragen Sei f : Z → C eine beliebige Funktion. 1. Gilt (E ◦ ∇)(f (x )) = ∆(f (x ))? 2. Gilt (E ◦ ∆)(f (x )) = ∇(f (x ))? 3. Gilt (E ◦ ∆)(f (x )) = (∆ ◦ E )(f (x ))? 4. Gilt (E ◦ ∇)(f (x )) = (∇ ◦ E )(f (x ))? 5. Gilt (∆ ◦ ∇)(f (x )) = (∇ ◦ ∆)(f (x ))? 1271 / 1411 Mehr Antworten 1. Ja. 2. Nein. 3. Ja. 4. Ja. 5. Ja. 1272 / 1411 Erinnerung aus der Schule Die Ableitung d dx f (x ) bzw. f 0 (x ) einer Funktion f : R → C war: d f (x + h) − f (x ) f (x ) = lim . h→0 dx h äquivalent dazu ist der Ausdruck d f (x ) − f (x − h) f (x ) = lim . h→0 dx h Hier kann man h gegen 0 laufen lassen, weil der Abstand zwischen zwei reellen Zahlen d beliebig klein sein kann. Man nennt dx Differentialoperator. 1273 / 1411 Diskrete Ableitung In Z ist der kleinste Abstand zwischen zwei Zahlen 1. Setzt man also h = 1 so bekommt man für f : Z → C zwei diskrete Analoga zur Ableitung, nämlich ∆ und ∇: f (x + 1) − f (x ) f (x + h) − f (x ) = = f (x + 1) − f (x ) = ∆ f (x ), h→1 h 1 f (x ) − f (x − h) f (x ) − f (x − 1) lim = = f (x ) − f (x − 1) = ∇ f (x ). h→1 h 1 lim Man nennt ∆ Vorwärts- und ∇ Rückwärts-Differenzenoperator. 1274 / 1411 n-te Ableitung Für eine beliebige Funktion f : Z → C gilt: ∆n f (x ) = n X ! n f (x + k) k (−1)n−k k=0 Beispiel Für f : Z → C mit f (x ) = x 3 gilt: 2 3 ∆ x = 2 X ! 2−k (−1) k=0 2 (x + k)3 k ! = (−1)2−0 ! ! 2 2 2 (x + 0)3 + (−1)2−1 (x + 1)3 + (−1)2−2 (x + 2)3 0 1 2 = x 3 − 2(x + 1)3 + (x + 2)3 = 6x + 6. 1275 / 1411 Fallende und steigende Faktorielle (ausführlicher) Sei n ∈ N beliebig. Aus Folie 622 wissen wir: x 0 := 1, x n := x · (x − 1) · (x − 2) · . . . · (x − n + 1), x 0 := 1, x n := x · (x + 1) · (x + 2) · . . . · (x + n − 1). D.h. es gelten folgende Zusammenhänge: x n = (x − n + 1)n , x n = (x + n − 1)n . 1276 / 1411 Für negative Exponenten gilt: x −n := 1 1 = , n (x + 1) (x + n)n x −n := 1 1 = . n (x − 1) (x − n)n Daraus folgt, dass für ein beliebiges k ∈ Z gilt: (x − k) · x k = x k+1 , (x + k) · x k = x k+1 . Das schöne hier ist: k kann (im Gegensatz zu n) auch negativ sein! 1277 / 1411 Erinnerung aus der Schule Eine reellwertige Funktion F mit schrieben immer: d dx F (x ) = f (x ) hieß Stammfunktion von f und wir Z F (x ) = f (x ) dx , wobei oft auch ein c ∈ C dazu addiert wurde. Außerdem galt immer: Z b f (x ) dx = F (b) − F (a). a Dies entsprach der Fläche unterhalb von f (x ) zwischen a und b. 1278 / 1411 Summation Eine Funktion F : Z → C mit ∆ F (x ) = f (x ) nennt man Summation (auch diskrete Stammfunktion) von f (x ) und wir schreiben analog zur normalen Stammfunktion: F (x ) = X f (x ), wobei oft auch ein c ∈ C dazu addiert wird. Außerdem gilt: b X f (x ) = F (b + 1) − F (a). x =a Dies entspricht einer gewöhnlichen Summe f (a) + f (a + 1) + f (a + 2) + . . . + f (b). 1279 / 1411 Info Falls ∆ F (x ) = f (x ) gilt, so ist F (x ) nicht die diskrete Stammfunktion von f (x ), sondern lediglich eine diskrete Stammfunktion, denn für jedes c ∈ C ist F (x ) + c eine mögliche diskrete Stammfunktion von f (x ). Meistens ist es egal, welche diskrete Stammfunktion man verwendet. Deswegen dürfen wir das blöde c oft einfach weglassen! 1280 / 1411 Diskrete Ableitungs- und Stammfunktionsregeln Für die Funktionen x n , x n , ax und x m ∆ x n = n · x n−1 (n ∈ Z), ∆ x n = n · (x + 1)n−1 (n ∈ Z), ∆ ax = ax (a − 1) (a ∈ C), x ∆ m ! ! = x m−1 (m ∈ N), gibt es folgende Rechenregeln: x n+1 n+1 X (x − 1)n+1 xn = n+1 X ax x a = a−1 ! ! X x x = m m+1 X xn = (n ∈ Z \ {−1}), (n ∈ Z \ {−1}), (a ∈ C), (m ∈ N). Nicht vergessen P f (x ) ist nicht die einzige diskrete Stammfunktion von f (x ), sondern nur eine mögliche! 1281 / 1411 Beispiel Wir bestimmen die Lösung (in Abhängigkeit von n) der Summe n X x 2 = 2 + 6 + 12 + 20 + . . . + n(n + 1). x =1 Zuerst bestimmen wir eine Stammfunktion F (x ) für f (x ) = x 2 : F (x ) = X x2 = (x − 1)2+1 (x − 1)3 = . 2+1 3 Dann setzen wir die Grenzen ein: n X x =1 x 2 = F (n + 1) − F (1) = n 3 03 n(n + 1)(n + 2) − = . 3 3 3 1282 / 1411 Quizfragen Was sind die Ergebnisse folgender Summen in Abhängigkeit von n? 1. Pn+1 x =0 x (x P x 2. n−1 x =0 3 , Pn x 3. x =0 9 − 1), . 1283 / 1411 Antworten 1. Info: x (x − 1) = x 2 . P 2 3 x = x3 2. 3. Pn+1 2 (n+2)3 x =0 x (x − 1) = x =0 x = 3 P x x 3x 3 = 3−1 = 32 P 3n 30 3n −1 x ; n−1 x =0 3 = 2 − 2 = 2 . P x x x = 10 9 = 9+1 P n+1 0 ; nx =0 x9 = n+1 10 − 10 = 10 . ; Pn+1 − 03 3 = (n+2)(n+1)n . 3 1284 / 1411 Themenübersicht Nicht klausurrelevant Diskrete Analysis Wichtige Begriffe Partielle Summation Rekursionsgleichungen Graphenalgorithmen Fouriertransformation 1285 / 1411 Erinnerung aus der Schule Eine der beliebtesten Integrationsregeln war immer die partielle Integration: Z u(x ) · v 0 (x ) dx = u(x ) · v (x ) − Z u 0 (x ) · v (x ) dx . Mit Grenzen: Z b a u(x ) · v 0 (x ) dx = [u(x ) · v (x )]ba − Z b u 0 (x ) · v (x ) dx , a wobei [h(x )]ba = h(b) − h(a). 1286 / 1411 Partielle Summation Unsere beliebteste Summationsregel wird die Partielle Summation sein: X u(x ) · ∆ v (x ) = u(x ) · v (x ) − X E v (x ) · ∆ u(x ). Mit Grenzen: b X u(x ) · ∆ v (x ) = [u(x ) · v (x )]ab+1 − x =a b X E v (x ) · ∆ u(x ). x =a wobei [h(x )]ba = h(b) − h(a). 1287 / 1411 Tipp Bei der partiellen Summation sollte man die Funktion u(x ) so wählen, dass sie nach dem Ableiten einfacher wird oder sogar komplett verschwindet. 1288 / 1411 Beispiel Wir bestimmen mithilfe der partiellen Summation das Ergebnis der Summe n X x · 2x . x =1 Dazu haben wir zwei Möglichkeiten. Entweder: 1. Wir definieren u(x ) := x und ∆ v (x ) := 2x und bestimmen zuerst eine mögliche Stammfunktion von f (x ) = x · 2x mithilfe der partiellen Summation: F (x ) = X x · 2x = x · X 2x 2x +1 − 2x +1 · 1 = x · 2x − = (x − 2) · 2x . 2−1 2−1 Danach setzen wir die Grenzen ein und erhalten: n X x · 2x = F (n + 1) − F (1) = (n − 1) · 2n+1 − (−1) · 21 = (n − 1) · 2n+1 + 2. x =1 1289 / 1411 Oder: 2. Wir definieren u(x ) := x und ∆ v (x ) := 2x und bestimmen den Wert von Pn x x =1 x · 2 direkt mithilfe der partiellen Summation mit Grenzen: n X x · 2x = [x · 2x ]n+1 − 1 x =1 n X 2x +1 · 1 x =1 " = [x · 2x ]1n+1 2x +1 − 2−1 n+1 = ((n + 1)2 #n+1 1 − 2) − (2n+2 − 22 ) = (n − 1) · 2n+1 + 2. 1290 / 1411 Quizfragen Was sind die Ergebnisse folgender Summen? 1. 2. 3. Pn k k=1 k2 , Pn k k=1 9k4 , Pn k=1 k(k − 1)3k . Benutze die partielle Summation. 1291 / 1411 Antworten k 2 k2k = k 2−1 − k 2 E ( 2−1 )((k + 1) − k) = k2k − P k+1 P 2 · 1 = k2k − 2 2k = 1. P 2. 2 = (k − 2)2k k2k − 2 · 2−1 Pn ; k=1 k2k = (((n + 1) − 2)2n+1 ) − ((1 − 2)21 ) = (n − 1)2n+1 + 2. 3. 3k4k − 3 44−1 = 3k4k − 4k+1 = (3k − 4)4k P ; nk=1 9k4k = ((3(n + 1) − 4)4n+1 ) − ((3 · 1 − 4)41 ) = (3n − 1)4n+1 + 4. P k P k 4 − 9k4k = 9k 4−1 P k 4 E ( 4−1 )(9(k + 1) − 9k) = 3k4k − P 4k+1 3 ·9= k+1 k k+1 k k(k − 1)3k = k(k − 1) 32 − 2k 3 2 = k(k − 1) 32 − k3k+1 P k+1 P k+2 k+1 k+1 k+2 k3 = k 3 2 − 13 2 = k 3 2 − 3 4 P k k+1 k+2 ; k(k − 1)3k = k(k − 1) 32 − k 3 2 + 3 4 = 12 (k(k − 4) + 29 )3k Pn ; k=1 k(k − 1)3k = ( 12 ((n + 1)(n − 3) + 29 )3n+1 ) − ( 12 (1(1 − 4) + 29 )31 ) = 1 2 3 n+1 − 49 . 2 (n − 2n + 2 )3 P P P 1292 / 1411 Vektor-Matrix-Multiplikation Seien A ∈ Rm×m eine Matrix mit m Zeilen und m Spalten und u, v ∈ Rm zwei Vektoren der Länge m. Es gilt: A·u =v ⇐⇒ ∀n ∈ [m] : vn = m X an,k · uk k=1 Beispiel Beispielsweise gilt für m = 3: a1,1 a1,2 a1,3 u1 a1,1 u1 + a1,2 u2 + a1,3 u3 a2,1 a2,2 a2,3 · u2 = a2,1 u1 + a2,2 u2 + a2,3 u3 . a3,1 a3,2 a3,3 u3 a3,1 u1 + a3,2 u2 + a3,3 u3 | {z A∈R3×3 } | {z } u∈R3 | {z v ∈R3 } 1293 / 1411 Inverse Matrizen Seien A, B ∈ Rm×m zwei m × m-Matrizen. Fall A · B = Im gilt, nennt man B die Inverse Matrix von A und schreibt: A−1 = B Dabei ist Im ∈ Rm×m die Einheitsmatrix: 1 0 ··· 0 0 1 · · · 0 Im = . . . . . ... .. .. 0 0 ··· 1 Im ist sowas wie das Einselement der m × m-Matrizen und A und B multiplikative inverse Elemente voneinander 1294 / 1411 Infos I Auch unendliche Matrizen können Inverse Matrizen besitzen. Die unendliche Einheitsmatrix wird durch das Kronecker-Delta dargestellt (s. Folie 726). I Ob man die Indizierung der Komponenten eines Vektors oder einer Matrix mit 1 oder mit 0 beginnt, ist völlig irrelevant. Die Formel wird entsprechend angepasst. 1295 / 1411 Bimomialinversion Für beliebige Folgen u = (u0 , u1 , u2 , . . .) und v = (v0 , v1 , v2 , . . .), bzw. Vektoren unendlicher Länge,