Helmut Kasper / Wolfgang Mayrhofer / Michael Meyer* Managerhandeln – nach der systemtheoretisch-konstruktivistischen Wende** Entscheidung; Intervention; Kommunikation; Management; Neue Systemtheorie trale Elemente des Handelns von Managern – Analyse interner und externer Umwelt, Leitung – sich aus systemtheoretisch-konstruktivistischer Perspektive verändern. Er plädiert für ein verändertes Verständnis der Ausformung und Funktion von Managerhandeln in Organisationen und skizziert Möglichkeiten und Grenzen einer solchen Konzeption. H. Kasper W. Mayrhofer Theoretische Entwicklungen in den Bereichen der sozialwissenschaftlichen (›neueren‹) Systemtheorie und des Konstruktivismus und ihre zunehmende organisationstheoretische Rezeption legen es nahe, auch Managerhandeln aus diesen Perspektiven zu diskutieren. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, wie zen- * Prof. Dr. Helmut Kasper, Leiter der Abteilung für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre/Personal, Führung und Organisation; Prof. Dr. Wolfgang Mayrhofer, Leiter der Interdisziplinären Abteilung für Verhaltenswissenschaftlich Orientiertes Management; Dr. Michael Meyer, Assistent an der Interdisziplinären Abteilung für Verhaltenswissenschaftlich Orientiertes Management, alle Wirtschaftsuniversität Wien, Augasse 2–6, A-1090 Wien. ** Wir danken unseren Kollegen, Herrn Prof. Dr. Werner Nienhüser, Universität-GH-Essen, und a. o. Univ. Prof. Dietmar Rössl, Wirtschaftsuniversität Wien, für kritische und hilfreiche Anregungen. DBW 58 (1998) 5 1. Problemstellung und Ausgangsüberlegungen Management ist wichtig für Organisationen, und Manager [1] sind es auch – trotz ihrer Nähe zur Trivialität ist diese Aussage der Ausgangspunkt unserer Analyse. In die Nähe der Trivialität rückt sie deswegen, weil es zu den wohl weithin akzeptierten Einsichten gehört, daß Management, verstanden sowohl im funktionalen Sinn als die in arbeitsteiligen Organisationen entstehenden Prozesse und Funktionen (z. B. Planung, Führung, Kontrolle) als auch im institutionalen Sinn als Personen bzw. Personengruppen im Zusammenhang mit diesen Prozessen und Funktionen [2], zentraler Teil des Geschehens in Organisationen und seiner Analyse ist [3]. Ausgangspunkt unserer Analyse ist diese Aussage allerdings deswegen, da zentrale Felder des Managements im Lichte jüngerer theoretischer Entwicklungen neu zu bewerten sind. Das gilt es näher zu erläutern. Die von der einschlägigen Literatur als Kern603 Helmut Kasper / Wolfgang Mayrhofer / Michael Meyer gebiete des Managements bezeichneten Felder enthalten – oft an zentraler Stelle – regelmäßig ›Information‹ und ›Entscheidung‹ [4]. Auf dem Gebiet der Information wird dem Management eine Schlüsselrolle bezüglich der Sammlung, Verarbeitung und Weitergabe von Informationen im Hinblick auf interne und externe Beobachtungsfelder und Adressaten zugewiesen. Gleichfalls zentral mit Management verbunden sind Entscheidungen. Managen heißt (auch) entscheiden, d. h. Willensbildung und Willensdurchsetzung nach vorhandenen Vorstellungen zu formen. Planung, Realisation und Kontrolle von Entscheidungen in wichtigen organisationalen Teilgebieten unterliegen so direkt oder indirekt dem Management [5]. Auf den offensichtlich engen gegenseitigen Zusammenhang zwischen Information und Entscheidung sei hier lediglich hingewiesen [6]. Bedeutsame theoretische Entwicklungen der jüngeren Zeit in den Feldern ›Konstruktivismus‹ und ›Neuere Systemtheorie‹ legen es nahe, an das tradierte Wissen vom Management insbesondere in den Bereichen Information und Entscheidung neue Fragen zu stellen und damit die Chance für neue Einsichten und Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen. Die implizite Grundannahme für den Umgang mit Informationen durch das Management ist üblicherweise, daß Informationen grundsätzlich ›da‹, verfügbar und auswertbar sind. Zwar wird – die oft ausgefeilten Instrumente zur Informationssammlung, -verarbeitung und -weitergabe belegen dies – nicht davon ausgegangen, daß der Zugang einfach ist. Nichtsdestotrotz gilt: Informationen sind als externe Qualität per se vorhanden, gleichsam ein (Produktions-)Faktor, der – ähnlich anderen Produktionsfaktoren wie Rohstoffen, Maschinen, Menschen – objektiv existiert [7]. Aus konstruktivistischer Sicht wird eine andere Position eingenommen. Informationen existieren nicht an sich, sondern werden im Zug des Beobachtens vom Beobachter (und nur von ihm) erzeugt. Information ist nicht ›draußen‹ und muß gesammelt werden, sondern wird ›in-formiert‹, im ›Inneren‹ geformt und erzeugt. Damit aber ergeben sich an die Managementaufgabe ›Information‹ neue Fragen wie etwa: Nach welchen Regeln werden Informationen konstruiert – und nicht mehr: 604 Wie werden Informationen gesammelt? Wie werden Informationen über Informationen gebildet – und nicht mehr: Wie werden Informationen – möglichst gut – übertragen? Die Auseinandersetzung mit dem Managementbereich Entscheidung setzt üblicherweise die mögliche Beeinflußbarkeit von Organisationen voraus. Vor dem Hintergrund einer sich praktisch-normativ verstehenden Betriebswirtschaftslehre ist das in gleichem Maß zentral wie wenig verwunderlich: Manager sollen und können Organisationen mit Hilfe unterschiedlicher Instrumente und in Richtung auf unterschiedliche Maßgrößen steuern [8]. Diese Steuerung ist -auch hier legt die Zahl existierender Management- und Führungskonzeptionen, -instrumente und -modelle beredtes Zeugnis ab – zwar schwierig, aber möglich: Als (Wirtschafts-)Kapitäne sind Manager in der Lage, ihr (Unternehmens-)Schiff zum gewünschten Ziel zu steuern. Aus der Sicht der sozialwissenschaftlichen Systemtheorie wird eine andere Position eingenommen. Die Vorstellung von Organisationen als nicht mehr offenen, sondern in den Basisprozessen geschlossenen sozialen Systemen ohne unmittelbaren Kontakt zur Umwelt und die Ansiedlung von Personen und damit auch Managern außerhalb des Systems ist nicht vereinbar mit den skizzierten ›üblichen‹ [9] Steuerungsvorstellungen. An die Stelle eines – wenngleich bisweilen fein differenzierten – Machertums tritt die ›Kunst der Intervention‹: Organisationen können ›lediglich‹ mittels Interventionen zu Eigenaktivitäten angeregt werden, ein direkter Durchgriff ist prinzipiell nicht möglich. Damit aber ergeben sich an die Managementaufgabe Entscheidung neue Fragen wie etwa: Wie kann es Management überhaupt gelingen, geschlossene Systeme anzuregen – und nicht mehr: Wie setzen Manager ihre Tools im Unternehmen möglichst effizient ein? Welche Möglichkeiten verbleiben (außenstehenden) Managern, Organisationen zu Selbständerungen anzuregen – und nicht mehr: Wie steuern Manager möglichst zielbezogen und punktgenau? Vor diesem Hintergrund stellt der folgende Beitrag die Frage: Was heißt Managementhandeln im Bereich von Information und Entscheidung vor dem Hintergrund einer konstruktiviDBW 58 (1998) 5 Managerhandeln – nach der systemtheoretisch-konstruktivistischen Wende Abschnitt 3 Abschnitt 2 Manager als Informationsverarbeiter und Entscheidungsträger In-Formation G. Spencer Brown Autopoiesis H. Maturana Kommunikation als dreifache Selektivität N. Luhmann Offenheit und Geschlossenheit N. Luhmann vom Analysieren zum Konstruieren vom Leiten zum Anregen Abb. 1: Theorie-Innovationen und Konsequenzen für das Managerhandeln stisch-systemtheoretischen Perspektive? Um die Argumentation nicht noch weiter zu komplizieren, beschränken wir uns auf das Handeln von Managern im Sinne des ›managerial roles approach‹ und gehen dabei wie folgt vor (vgl. Abbildung 1): In einem ersten Schritt werden die für eine Neuanalyse von Managerhandeln in den Bereichen Information und Entscheidung herangezogenen theoretischen Grundlagen aus dem Bereich des Konstruktivismus und der neueren Systemtheorie aufgezeigt (Abschnitt 0). Daran schließt sich eine Analyse von Zuschreibungen an das Managerhandeln an (Abschnitt 0). Zum Abschluß werden Konsequenzen für das Managerhandeln zur weiteren Diskussion gestellt (Abschnitt 0). Zielsetzung dieses Beitrages ist es somit, einige grundsätzliche Theorieinnovationen aus der neueren Systemtheorie vorzustellen und ihre Konsequenzen für das Managerhandeln zu diskutieren, wobei wir uns durchaus einer selektiven und vereinfachenden Darstellung bedienen. Im Sinne der in diesem Beitrag angesprochenen grundsätzlichen Problematik der Steuerbarkeit von Organisationen durch Management, des ausgebauten systemtheoretischen und konstruktivistischen Gedankengebäudes und der umfangmäßigen Beschränkung entsteht die Schwierigkeit, daß viele wichtige Argumentationsstränge nur angedeutet oder stillschweigend vorausgesetzt werden. Im Sinne DBW 58 (1998) 5 von pars pro toto versucht dieser Beitrag, an einem Bereich die Relevanz der zugrundeliegenden Gedanken zu zeigen. Nichtsdestoweniger handelt es sich um einen konzeptionell angelegten Beitrag, der nicht in erster Linie praktische Gestaltungsempfehlungen, sondern theoretische Umstellungen deutlich zu machen sucht. 2. Theoretischer Hintergrund 2.1. Informationen und Kommunikationen Alle Vorstellungen betriebswirtschaftlicher Rationalität bauen auf Informationen auf. [10] Demzufolge liegt die Unvollkommenheit der Manager allein in der Beschränktheit ihrer Informationsverarbeitungskapazität. Um Prozesse, egal ob im Markt oder im Unternehmen selbst, zu steuern und zu kontrollieren, muß der Manager Zusammenhänge modellieren, um Ursachen von Wirkungen zu unterscheiden und dann über den passenden Einsatz von Instrumenten Verhalten zu steuern. Jedenfalls dringen Informationen von außen auf Manager ein, die sie in ihrer Funktion als ›humane Expertensysteme‹ auf Basis ihrer Erfahrungen verarbeiten. [11] 605 Helmut Kasper / Wolfgang Mayrhofer / Michael Meyer Form (2) Bezeichnung [3] Innen (1) Treffen einer Unterscheidung [3] Außen Abb. 2: Operation der Unterscheidung Völlig anders gelagert ist die Auffassung von Information vor dem Hintergrund der Neueren Systemtheorie: Information ist ein Unterschied, der einen Unterschied macht. [12] Daten, die vorerst unstrukturiert, gleichförmig, quasi als ›Rauschen‹ auftreten, werden erst durch eine Unterscheidung strukturiert, portioniert und beobachtbar gemacht. »Draw a distinction« lautet die erste Anweisung G. SpencerBrowns. [13] Eine Unterscheidung ist notwendig, um aus der Flut der Marktdaten jene auszuwählen, die für die Werbeplanung berücksichtigt werden, um aus der Unzahl möglicher Personaldaten jene zu selegieren, die in ein Personalbeurteilungssystem einfließen sollen. Information bedeutet damit Selektion. Ein Unterschied, der einen Unterschied macht: Erst dadurch werden Daten zu Informationen, die etwas verändern, zu neuem Wissen verhelfen und/oder zu andersartigen Entscheidungen motivieren. Am Beginn jeglicher Beobachtung steht die Unterscheidung, das Markieren eines vorerst ›unmarked space‹, das Ziehen einer Linie. Die Anweisung »Draw a distinction« umfaßt drei Komponenten [14]: das Ziehen einer Grenze, das Markieren einer Seite und das Benennen einer Seite. Damit entsteht eine Form, worunter SpencerBrown einen durch die Unterscheidung geteilten Raum versteht. (vgl. Abbildung 2). Folgt man dieser Konzeption, so zeigt sich das Spezifische dieses Informations-Begriffes: In-Forma606 tion heißt dann, in Form bringen, eine Innenseite von einer Außenseite unterscheiden, und die Innenseite bezeichnen. In-Formation bringt eine Unterscheidung in unmarkierte Daten und beruht immer auf einer Operation des Beobachters, der eine Grenze zieht und eine Seite bezeichnet. Diese Operation benötigt Zeit und ist unumkehrbar. Beobachtet ein Manager bspw. im Zuge der Erstellung einer Portfolio-Analyse unterschiedliche strategische Geschäftsfelder (SGF), so zieht er zuerst eine Grenze (1), markiert bzw. bezeichnet eine Seite [2] und benennt sie. Ergebnis dieses Prozesses ist dann [3] ein einzelnes SGF, welches von anderen (auf der Außenseite) unterschieden wird. Schon das Abgrenzen der Geschäftsfelder erfordert also Unterscheidungen, Bezeichnungen und Benennungen. Gerade Techniken wie die Portfolio-Analyse bieten eine Reihe weiterer Unterscheidungsarrangements: Marktwachstum und Marktanteil, Marktattraktivität und Wettbewerbsvorteile, etc. Oft bleibt aber die Außenseite [3] unbenannt: So kann ein Manager – aufbauend auf der Differenzierung strategischer Geschäftsfelder – eine weitere Grenze ziehen (1), eine Seite markieren, bezeichnen [2] und als ›Kernkompetenzen‹ benennen [3]; die Konsequenzen für die Außenseite (›Randkompetenzen‹?) bleiben vorerst offen. Gleichzeitig mit der Unterscheidung zwischen Kern- und Randkompetenzen kann keine andere Unterscheidung getroffen werden. In jeder Bezeichnung wird also eine Unterscheidung mitaktualisiert. [15] Spricht man von einer Form, impliziert man bereits einen Beobachter. [16] Über ›motives‹, ›contents‹ und ›values‹ [17] werden Beobachter in die unendlichen Unterscheidungs-Arrangements eingebaut: »Es kann keine Unterscheidung ohne ein Motiv geben, das heißt, ohne daß verschiedene Werte in den unterschiedenen Inhalten gesehen werden. Es ist also eine Bewertung des Beobachters, die bestimmt, wo eine Unterscheidung vorgenommen wird und welche Inhalte bezeichnet werden.« [18] Spencer-Brown will eine Erkenntnistheorie entwickeln, die sich um den Beobachter und die Medien seiner Wahrnehmung zentriert. [19] Diese Differenz- und In-Formationstheorie impliziert folgende Annahmen: (a) UnterscheidunDBW 58 (1998) 5 Managerhandeln – nach der systemtheoretisch-konstruktivistischen Wende gen sind asymmetrisch, nur eine Seite wird bezeichnet (z. B. ›Kernkompetenzen‹). (b) Beim Anlaß der Beobachtung der Form der Unterscheidung ist das Unterschiedene ununterscheidbar: Wenn mit der Form ›Kompetenz‹ zwischen den ›Kern-‹ und Randkompetenzen eines Unternehmens unterschieden wird, ist es gleichzeitig unmöglich, jenen ›blinden Fleck‹ – etwa Chancen oder Potentiale – zu sehen, der durch ebendiese Form ausgeschlossen wird. Unterscheidungen im Management-Alltag setzen meist unendliche Differenzarrangements voraus. So müssen Manager vielerlei Unterscheidungen gelernt haben, um beispielsweise einen Gemeinkostenanstieg als Gemeinkostenanstieg zu unterscheiden: Kosten von Aufwand und hinsichtlich ihrer Zurechenbarkeit, Ursachen von Wirkungen, Anstieg von Rückgang oder Stagnation, Zukunft von Vergangenheit, das Unternehmen von seiner Umwelt, eine Abteilung von einer anderen usw. ›Einfache‹ betriebswirtschaftliche Beobachtungen erweisen sich so als höchst voraussetzungsvoll. Festzuhalten bleibt, daß In-Formationen auf Unterscheidungen beruhen, die von Beobachtern getroffen werden und eine Seite der Form benennen, an die dann angeschlossen wird. [20] Folgen wir diesem Konzept, so gibt es kein Zurück zu traditionellen Vorstellungen, die Kommunikation als Informationstransfer zwischen Personen verstehen. Wer aber den Gedanken der Beobachterabhängigkeit jeglicher Wahrnehmung konsequent zu Ende denkt, läuft Gefahr, ›blankem Subjektivismus‹ zu verfallen [21] – keine sehr erbauliche Aussicht für verständigungs- und gestaltungsorientierte Manager. Dem setzt Luhmann seine Fassung des Kommunikationsbegriffes entgegen, der das Soziale nicht mehr auf Basis des Individuums konstruiert, sondern das Individuum mit Referenz auf soziale Systeme als soziales Konstrukt behandelt. Kommunikation wird dann als eine emergente Ebene sui generis konstruiert und läßt sich nicht mehr ausschließlich subjekt- bzw. handlungsbezogen begreifen. Eine Zurechnung auf einen Akteur kann dann nur mehr eine Verlegenheitslösung sein: »Nur die Kommunikation kann kommunizieren, und erst im Netzwerk der Kommunikation wird das erzeugt, was wir Subjekt bzw. Handlung zu nennen pflegen.« [22] DBW 58 (1998) 5 Nicht mehr das Übertragungsmodell – Kommunikation als Informationstransfer im SenderEmpfänger-Regelkreis –, sondern die Selektivität von Kommunikation rückt jetzt in den Mittelpunkt. Sie wird als dreistelliger Selektionsprozeß verstanden, bestehend aus den Komponenten Information, Mitteilung und Verstehen. [23] Information zeigt sich dabei als eine Selektion aus einem (bekannten oder unbekannten) Repertoire von möglichen Themen, ein Unterschied, der einen Unterschied macht. Daraufhin muß jemand ein Verhalten wählen, welches Information mitteilt; es erfolgt eine (zweite Auswahl) aus dem weiten Spektrum möglicher Mitteilungsformen. Die dritte Selektion, das Verstehen, bringt eine Zustandsänderung des Empfängers, unterscheidet zwischen Information und Mitteilung und wählt eine von vielen Möglichkeiten. Kommunikation bedeutet also die Einheit einer dreifachen Selektivität, nämlich jener der Information selbst, jener der Mitteilung und jener der Erfolgserwartung, der Erwartung einer Annahmeselektion. Ohne Verstehen gibt es keine Kommunikation. [24] Erfolgreich ist Kommunikation dann, wenn ihr selektiver Inhalt – die Information – als Prämisse für folgende Selektionen übernommen wird, wenn also angeschlossen wird und damit zukünftige Selektionen verstärkt werden. [25] Der Kommunikation geht es also nicht um »Stimmigkeit, Begründbarkeit, Wahrheit oder Rationalität, sondern um Anschlußfähigkeit, und diese muß die Kommunikation jenseits der Verständigungsbereitschaft der Individuen erzeugen, denn Kommunikation bezieht sich immer nur auf Kommunikation. . . . Alle Sinngehalte, die in der Kommunikation Resonanz erzeugen, die kommuniziert werden, erzeugt die Kommunikation selbst.« [26] Menschen verlieren in dieser Konzeption ihren Platz als Bestandteil von Organisationen, um im selben Zug eine zentrale Rolle in der Organisationsumwelt zu gewinnen. Menschen – präziser: ihre Bewußtseine – werden wichtige Anregungsquellen für die Organisation. Die Komplexität psychischer Systeme, die Gedanken aus Gedanken produzieren und damit für Bewußtsein sorgen, wird unabdingbare Voraussetzung für soziale Systeme [27]: Organisationen und alle anderen sozialen Systeme werden 607 Helmut Kasper / Wolfgang Mayrhofer / Michael Meyer damit zwar ›menschenleer‹, bleiben aber ohne Menschen undenkbar. Obwohl alle sozialen Systeme nur beschränkten Zugriff auf den Menschen nehmen können, dominiert eine ›Rhetorik der Inklusion‹ [28]: Personen werden als Adressen der Zurechnung von Verantwortung im positiven wie im negativen Fall vereinnahmt, Erfolge und Mißerfolge werden Organisationsmitgliedern zugeschrieben. Dann zeigen sich Kommunikationssysteme dem Beobachter als Handlungssysteme, aus der dreistelligen Einheit wird die Mitteilungskomponente – das einzig Sichtbare, dem dann Information unterstellt wird – besonders markiert und mit Personen verbunden. Ohne Zurechnung bleibt nämlich Kommunikation unsichtbar, Handlungen sind ein Ergebnis solcher Zurechnung. In Organisationen werden nun Handlungen regelmäßig als Entscheidungen verstanden: Für das Erleben einer Handlung genügt die Zurechnung auf einen Träger, das Erleben von Entscheidungen erfordert eine (oft auch implizit-latente) Zurechnung auf Alternativenwahl: »Entscheidungen können nur kommuniziert werden, wenn auch die abgelehnten Möglichkeiten mitkommuniziert werden, denn anders würde es nicht verständlich werden, daß es sich überhaupt um eine Entscheidung handelt.« [29] 2.2. Offenheit und Geschlossenheit 2.2.1. Operative Schließung Die Eigendynamik und prinzipiell undurchschaubare Operationslogik sozialer Systeme wird in der Neueren Systemtheorie aus dem Randbereich ins Rampenlicht geholt, die Grenzen der Systeme werden für Beobachter und sonstige beteiligte Personen (Systeme) geschlossen. Komplexe soziale Systeme handeln und beobachten sich dabei selbst. [30] Sie reproduzieren ihre Einheit, ihre Strukturen und Elemente kontinuierlich und in einem operativ geschlossenen Prozeß mit Hilfe der Elemente, aus denen sie bestehen: Vorgelagerte Selektionen ermöglichen und bedingen nachfolgende Selektionen, eine Kommunikation (Handlung, Entscheidung) produziert damit die andere. Auch Organisationen kontrollieren ihre Rea608 litätsannahmen in diesem Sinne rekursiv durch Beobachtungen ihrer Beobachtungen. Die Entscheidungen, aus denen Organisationen bestehen, werden nur durch die Entscheidungen der Organisation produziert, sie verweisen rekursiv aufeinander und kondensieren, sofern sie erwartbar werden, zu Strukturen. Selbstreferentielle Systeme sind in ihrer Tiefenstruktur geschlossene Systeme. Dieses Konzept der operativen Geschlossenheit erweist sich als besonders mißverständlich und sperrig. Wenn nämlich behauptet wird, daß soziale Systeme und damit auch Organisationen geschlossen sind, so widerspricht dies nicht nur den konkurrierenden Theoriekonzepten, sondern steht auch dem common sense diametral entgegen. Wie kann man Geschlossenheit behaupten, wenn man doch auf den ersten Blick sieht, daß Organisationen durch vielfältige Beziehungen an ihre Umwelten bzw. Umweltsysteme, an Lieferanten und Abnehmer, an den Staat, an Kapital- und Personalmärkte etc. gekoppelt sind? Wurden hier nicht die neurobiologischen und physiologischen Analogien überzogen? Was dabei vielfach übersehen wird, ist das notwendige Zusammenspiel zwischen Offenheit und Geschlossenheit: Erst die Geschlossenheit auf der Ebene der (Re)Produktion der Systemelemente ist es, die in anderen Bereichen, bspw. hinsichtlich des Personal-, Material-, Energieund Informationsbedarfes, eine Offenheit des Systems ermöglicht; und erst die Offenheit des Systems gegenüber seiner Umwelt sorgt für den Stoff, aus dem die Elemente der Organisation (re)produziert werden. Geschlossenheit bedeutet also keineswegs Unabhängigkeit oder gar Autarkie. Dies würde nicht nur Widerstand gegen ›harte‹ Empirie und Beobachtungen der Umweltabhängigkeit von Systemen, sondern auch gegen die Logik der Systemtheorie bedeuten: Systeme ohne Umwelt sind undenkbar, erst durch die Abgrenzung von Umwelt und durch die Aufrechterhaltung dieser Grenzen können sich Systeme etablieren. Organisationen sind an Märkte gekoppelt, die die Zufuhr von Rohstoffen, Energie, Kapital und Personen sicherstellen. Diese Form der Umweltabhängigkeit bleibt theoretisch banal und unbestritten. Auf einer ›basalen‹ Ebene aber, in ihrer Tiefenstruktur, DBW 58 (1998) 5 Managerhandeln – nach der systemtheoretisch-konstruktivistischen Wende die die permanente Produktion der Elemente – die Auswahl und Verkoppelung von Entscheidungen etwa – steuert, verschließen sich Systeme in ihrer Eigenlogik einer direkten Beeinflußbarkeit. Wie gehen Systeme mit Umweltabhängigkeit um? Abgesehen von engen Abhängigkeiten, deren Nichtbeachtung zur Katastrophe führen, also einen »schnellen Weg zur Entropie« [31] bedeuten würde, zeigen sich beachtliche Spielräume: Während die eine Organisation die Zunahme von Kundenbeschwerden als Alarmsignal wertet und mit Entscheidungen reagiert, gilt für die andere ›business as usual‹, ohne daß dies postwendend zu Sanktionen mangels Angepaßtheit führt. Anscheinend verfügen Systeme über die Möglichkeit, ihre Umweltabhängigkeit in weiten Bereichen selbst zu bestimmen, also zu selegieren, welche Abhängigkeiten überhaupt wahrgenommen werden. 2.2.2. Strukturelle Kopplung Das Verhältnis zwischen System und Umwelt kann mit dem Begriff der strukturellen Kopplung beschrieben werden [32], was nichts anderes heißt als »Indifferenz gegenüber fast allem bei Kanalisierung spezifischer Abhängigkeiten, die aber nicht strukturdeterminierend wirken können.« [33] So zeigt sich ein Unternehmen gegenüber fast allen Entscheidungen des Finanzamtes indifferent, es sei denn, es geht um Steuerbescheide oder die Anordnung von Betriebsprüfungen. Vorerst bedeutet Umwelt für die Organisation bloßes Rauschen. Erst durch einen Unterschied, der etwas selegiert und im Umwelt-Bild der Organisation einen Unterschied macht, wird daraus In-Formation. Stehen keine etablierten Muster zur Verfügung, beobachtet die Organisation mit der Differenz ›neu/bekannt‹ und fühlt sich irritiert. Irritation ist ein Aspekt struktureller Kopplung und bezeichnet einen systeminternen Zustand, für den keine Bearbeitungsroutinen zur Verfügung stehen, und der sowohl intern (auf die eigenen Strukturen) als auch extern (auf Umwelt/-systeme) zugerechnet werden kann. Die unerwartet hohe Steuervorschreibung wird bspw. einem politisch motivierten Angriff auf das freie Unternehmertum, der InDBW 58 (1998) 5 kompetenz des Steuerberaters oder aber der eigenen Nachlässigkeit bei der Ausnützung von Abschreibungsmöglichkeiten zugeschrieben. Organisationen verfügen aber über Gedächtnis [34], welches ihnen im Umgang mit Irritationen zwei Möglichkeiten eröffnet: Zu vergessen oder zu erinnern. Wenn die Irritation als einmalig und durch die spezifische Situation bedingt eingeschätzt wird, wird ihr Vergessen erleichtert. Wenn mit Wiederholung gerechnet wird, kann Gewöhnung eintreten. [35] Dabei hat Vergessen Priorität, erinnert und gelernt wird nur ausnahmsweise und hochselektiv. Erinnern und Gewöhnung an Irritationen wird deren Bewertung ändern. Kundenbeschwerden bspw. irritieren die Marketingabteilung nicht mehr, sondern werden nach ›standard operational procedures‹ abgearbeitet. Jede Organisation verfügt in ihrem Wahrnehmungsraster über ein Set von Ereignissen, auf die quasi programmgemäß mit Entscheidungen reagiert werden kann. Strukturelle Kopplung wird dann zur Routine. Organisationen arbeiten jeweils mit einer Reihe etablierter Differenzschematismen, sie legen durch Entscheidung fest, welche Umwelten für sie wie relevant sind: Es wird bspw. zwischen Personen inner- und außerhalb der Organisation, zwischen freundlich und feindlich gesinnten Umweltorganisationen etc. unterschieden, wobei sich diese Differenzierungen je nach Kommunikationszusammenhang (z. B. in unterschiedlichen Abteilungen, bei unterschiedlichen Themen) verschieben. Wenn ein irritierendes oder erwartetes Ereignis der Intention eines Akteurs oder einer Umweltorganisation zugeschrieben wird, sieht man sich einer Intervention ausgesetzt. Die strukturelle Kopplung zwischen Systemen ist eng, wenn durch die Elemente des einen Systems – Kommunikationen, Handlungen, Entscheidungen – die Spielräume des anderen Systems stark eingeschränkt werden. Sie ist lose, wenn die Relation zwischen den Systemen die Spielräume nur geringfügig einschränkt. [36] Die Form der strukturellen Kopplung beschreibt demzufolge das Ausmaß der Orientierung der Erwartungen an Umweltsystemen. Abgesehen von materiellen und energetischen Abhängigkeiten konditionieren sich Systeme anhand unterschiedlichster Umwelt-Beobachtungen 609 Helmut Kasper / Wolfgang Mayrhofer / Michael Meyer selbst: Die ›shareholder‹-orientierte Organisation ist eng an Entwicklungen auf Aktien- und Derivatenmärkten gekoppelt, der motivationszentrierte Manager an Entwicklungen im Innenleben seines Assistenten. Ein Beobachter, der es gewöhnt ist, zwischen Ursachen und Wirkungen zu unterscheiden, wird dann die Aktionen der Systeme als durch die Umwelt verursacht konstruieren. [37] Folgt man der Annahme autopoietischer Geschlossenheit, so definieren Systeme autonom, welche Schnittstellen sie zu ihren Umwelten offenhalten und wie sie auf den ›Input‹ reagieren. Es würde nicht nur die Entscheidungskapazität jeder Organisation überfordern, allen Umwelteinflüssen gegenüber aufnahmebereit zu sein, es würde auch die Aufrechterhaltung der eigenen Grenzen verunmöglichen. Offenheit bedeutet damit systemtheoretisch immer Selektivität, die Auswahl ›relevanter‹ Umwelten bei gleichzeitiger Nichtbeachtung anderer. Organisationen lernen beispielsweise, gesamtwirtschaftliche und politische Entwicklungen zu beobachten und zu entscheiden, welche davon in der strategischen Planung zu berücksichtigen sind. Die Umwelt einer Organisation wird erst durch die permanente (Re)produktion der Grenzen – durch die Entscheidung darüber, was dazugehört und was nicht – konstituiert und durch die Differenzschemata und Wahrnehmungsraster der Organisation konstruiert. Organisationen reiben und bestätigen sich ständig an ihrer Umwelt, sie grenzen sich von Personen, anderen Organisationen, aber auch Funktionssystemen wie Wirtschaft und Politik ab. Organisationen werden damit durch ihre Strukturen determiniert und nicht durch die Umwelt. Ihre Zustände können niemals von außen, sondern nur durch die eigenen Strukturen, d. h. durch Erwartungen, die durch Entscheidungen generiert, ständig erneuert und durch andere ersetzt werden, festgelegt werden. Wenn eine Organisation einmal auf verschärften Wettbewerb mit Outsourcing reagiert und in der Buchhaltung Personal abgebaut hat, werden in ähnlichen Situationen ähnliche Entscheidungen erwartbar. Gerade wegen ihrer operativen Schließung sind Organisationen in der Lage, sich von ihrer Umwelt zu unterscheiden, ihre Grenzen auf610 rechtzuerhalten und sich dazu laufend selbst (im Unterschied zur Umwelt) zu beobachten. Erst aufgrund operativer Schließung, also nur dann, wenn die Organisation auf dieser Ebene keinen Kontakt mit der Umwelt hat, ist Kognition möglich. [38] Die Organisation kann Umwelt nur dann ›erkennen‹, wenn keine Vermengung von Elementen besteht, wenn also klar ist, wem die Entscheidungen zuzuordnen sind. So versuchen bspw. Beratungsunternehmen über interne Strukturen zu verhindern, ihre Beratergruppen an die Klienten-Organisationen zu verlieren: Strenge Karriereregeln (›Up or Out‹), die Etablierung selbstbezüglicher Kommunikation (›Strategieseminare‹) und die Rechtsform der ›Partnerships‹ (verbunden mit Strategie-, Kontroll- und Gewinnverteilungsentscheidungen) sorgen für eine regelmäßige Thematisierung der Einheit in spezifischen Entscheidungen und damit für die durch den Klientenkontakt gefährdete Selbstreferenz. [39] Zusammengefaßt: Sowohl auf operativer wie auch auf struktureller Ebene sind Organisationen geschlossen. Nur sie selbst entscheiden (über) ihre Entscheidungen, (über) ihre Strukturen und (über) ihre Systemzustände. Strukturelle Kopplung bedeutet einerseits wechselseitige Abhängigkeit und Selektivität. Andererseits kann strukturelle Kopplung auch zur Erweiterung des Potentials einer Organisation führen, indem Umweltsysteme, beispielsweise Menschen (psychische Systeme) oder Gruppen (Interaktionssysteme) der Organisation ihre Komplexität zur Verfügung stellen (vice versa). [40] Durch strukturelle Kopplungen können Organisationen, wenn sie external/konstant zuschreiben und erinnern, dauerhaft ›irritiert‹ werden. Beobachter der Organisation und damit auch die Organisation in ihrer Selbstbeobachtung können dann ›Kausalität‹ konstatieren: »Der Entscheidungsprozeß erfordert einen ständigen Nachschub von Informationen und Gründen, die aber nur im System selbst erzeugt werden können.« [41] DBW 58 (1998) 5 Managerhandeln – nach der systemtheoretisch-konstruktivistischen Wende Objektive Rationalität Intendierte Rationalität Objektive Umwelten Wahrgenommene Umwelten Das Feld von Objekten und Ereignissen Die Annahmen des Managers Abb. 3: Von der objektiven zur ›intendierten‹ Rationalität 3. Zuschreibungen an das Managerhandeln Nimmt man die skizzierten theoretischen Festlegungen ernst, zeigen sich folgende Implikationen für das Managerhandeln: Zum einen ist ein Verständnis von Managern als Analytiker nicht mehr angebracht (3.1), zum anderen wird es problematisch, ihnen eine Leitungsrolle in Organisationen zuzuschreiben (3.2). 3.1. Zwischen Analyse und Konstruktion In der Perspektive der Neueren Systemtheorie verwandeln sich psychische Systeme wie Manager und soziale Systeme wie Organisationen, Abteilungen, Teams, etc. von Analytikern zu Konstrukteuren. Die Informationssuche und -sammlung in Organisationen läuft anders ab, als dies die Theorie rationalen Entscheidens [42] postuliert. Spätestens seit Ende der fünfziger Jahr gelten mit den Arbeiten von Cyert, March und Simon [43] Theorieansätze als überholt [44], die ›pure‹ (objektive) Rationalität des Entscheiders zur Erklärung von organisationalen Prozessen heranziehen. Diese Forschergruppe hielt allerdings am – wenngleich nicht objektiven – Rationalitätsbegriff fest. Sie ersetzte die objektive durch eine subjektive bzw. sogenannte ›intendierte‹ Rationalität und konzentrierte sich dabei vor allem auf die Frage, welche individualen und sozialen HinDBW 58 (1998) 5 dernisse der Realisierung von objektiver Rationalität im Wege stehen (vgl. Abbildung 3). [45] Seit Cohen, March, Olsen sowie Weick [46] den Schwerpunkt in Richtung intepretative Ansätze verlagert haben, nehmen auch in der Managementforschung Abhandlungen auf dieser Basis zu. [47] Das Neue: Bei der Beschreibung von Entscheidungsprozessen kommt es vor allem darauf an, wie der Akteur bzw. das soziale System in einer bestimmten Situation Realität wahrnimmt, definiert und interpretiert bzw. ›gestaltet‹ (enacts). Entscheidungen werden diesem Verständnis nach nicht ›produziert‹, sondern konstruiert. [48] Die graphische Darstellung in Abbildung 4 zeigt den Perspektivenwechsel: Ereignisse und Objekte werden aufgrund von Annahmen, die auf Lebenserfahrungen, Sozialisationsprozessen, individueller Disposition, Interessen, Perspektiven etc. basieren, ›erfunden‹. In der neueren Systemtheorie wird ähnlich argumentiert: Demnach geht es – auf den Managementbereich übertragen und grob vereinfacht ausgedrückt – auch in Organisationen darum, wie der Manager in einer bestimmten sozialen Situation die Wirklichkeit durch Beobachtung, die ihrerseits von unterschiedlichen Annahmen bestimmt sind, für wahr-nimmt, versteht und interpretiert (=konstruiert). Entscheidungen werden nicht auf der Grundlage von objektiv gegebenen Tatbeständen und analytischen Fähigkeiten getroffen, sondern vielmehr aufgrund (sozialer) Konstruktionen (= ›Erfindungen‹, besser: ›enactment‹ [49]) der Manager. Die Perspektive der Systemtheorie zwingt dem 611 Helmut Kasper / Wolfgang Mayrhofer / Michael Meyer Das Feld von Objekten und Ereignissen Die Annahmen des Managers "Gestaltete" Umwelten Abb. 4: Enacted Environment Manager einen grundlegenden Rollenwechsel auf: er mutiert vom Analytiker zum Konstrukteur. (1) Der Manager als Analytiker Dem traditionellen Ideal wissenschaftlicher Objektivität entsprechend wird eine klare Trennung zwischen Subjekt (dem Beobachter) und Objekt (dem Beobachtungsgegenstand) der Beobachtung stillschweigend vorausgesetzt, also eine deutliche Trennung zwischen Beobachter und beobachtetem System. Verbunden damit ist ein Denken in Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Systeme sind in ihrem Verhalten vorhersagbar und determiniert. »Wer mit solchen Systemen umgeht, braucht nur bis zwei zählen zu können: von Input zu Output, von ›Ursache‹ zu ›Wirkung‹«. [50] Dieses ›Modell der trivialen Maschine‹ mit der Möglichkeit, seine Wirkungsfunktionen genau zu kennen, Berechenbarkeit und Beherrschbarkeit, mit determinierten, stabilen Wirkungsverläufen, etc. dominiert, wiewohl theoretisch längst kritisiert, die einschlägige Fachliteratur der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre. Manager sind unter diesem Blickwinkel Akteure (rationale, können aber – menschlicherweise – auch durchaus irrationale sein!), denen die Diagnose von Umwelt wie beispielsweise der ›Markt‹, die Konkurrenzunternehmungen, die Kunden etc. obliegt. Ob sie diese Analyse erfolgreich durchführen, liegt einzig allein an ihnen, der umfassenden Be612 rücksichtigung aller (!) relevanten Daten und der richtigen (!) Wahrnehmung durch Beobachtung und richtigen Entscheidung. (2) Der Manager als Konstrukteur Managen im systemtheoretischen Sinne heißt dagegen zuerst einmal beobachten, dann beschreiben und konstruieren: Beobachtung und Erklärung sind für Manager zentrale Operationen. Was tun Beobachter, also auch Manager, wenn sie beobachten? Sie treffen zunächst eine Unterscheidung im Sinne von Spencer-Brown (vgl. Abschnitt 2.1.). Und wenn man wie Maturana davon überzeugt ist, daß wir »die Welt in der wir leben, buchstäblich dadurch erzeugen, daß wir sie leben« [51], dann besteht Verschiedenheit in der Beobachtung nicht in der unterschiedlichen Bearbeitung einer unabhängigen Realität, sondern im Aufbau unterschiedlicher Wirklichkeitsmodelle. Was in einer Organisation beobachtet wird, ist von den benutzten Rastern, also den Differenzenschematismen derjenigen abhängig, die beobachten; kurzum, welche Unterscheidungen der Beobachter anlegt. Beobachten kann entweder ein soziales System (die Organisation) oder ein physisches System (ein Manager, ein Organisationsmitglied). Das, was beim Anfertigen solcher Differenzen herauskommt, ist das Resultat eines Prozesses, der in Organisationen tagtäglich und kontinuierlich abläuft und permanent Unterscheidungen wie die folgenden hervorbringt: Heute haben wir eine bessere, aktuellere, spannendere Zeitung produziert als unsere einschlägige Konkurrenz. Oder: Die neue Imagekampagne läuft besser als die letzte. Oder: Der ständig nörgelnde Abteilungsleiter ist heute sichtlich zufriedener als sonst. [52] Mit derartigen Differenzschematismen werden somit Bezeichnungen fixiert und Festlegungen getroffen. Mit anderen Worten, mit ihrer Hilfe werden innerhalb eines Systems Informationen generiert. Die Spannbreite der in einem System erzeugten Informationen umfaßt sowohl Informationen über das System selbst (»Der ständig nörgelnde . . .«) als über seine Umwelt (»Wir haben die bessere Zeitung produziert als . . .«). Auf Grundlage der neu gewonnenen Informationen treffen Organisationen Entscheidungen, die dann von der Organisation (oder aber auch vom einzelnen OrganisationsDBW 58 (1998) 5 Managerhandeln – nach der systemtheoretisch-konstruktivistischen Wende mitglied als psychisches System) neuerlich zur Informationsgewinnung benutzt werden können. So setzt sich der Kreislauf von Differenzschema-Informationsgewinnung-Entscheidungsfindung innerhalb einer Organisation unaufhörlich fort. Aus diesem Ablauf ergibt sich in aller Deutlichkeit, daß Informationen keineswegs als etwas Feststehendes, Objektives, Unveränderbares oder gar Fixes angesehen werden können. Sie sind nicht als eine Art Gegenstand handelbar, die irgendwo und womöglich auch noch fix verpackt abgeholt oder ins Haus geliefert werden können. Man kann sie daher auch nicht eins zu eins von einer Organisation in eine andere transferieren. Informationen können nur in Eigenregie, im System selbst entstehen. Voraussetzung dafür ist, daß es der Organisation gelingt, ihr Unterscheidungsvermögen zu aktivieren. Die Wahl dieser oder jener Unterscheidungen, die das Beobachtete markiert, ist nie durch die Umwelt vorgegeben, wird nicht durch sie diktiert sondern ist immer eine eigene Konstruktion des Systems. [53] Jeder Manager ist als Beobachter zunächst immer erst einmal mit irgendwelchen Phänomenen konfrontiert, die er zu unterscheiden und zu beschreiben hat. Personen wie soziale Systeme orientieren sich in ihren verschiedenen Realitätsbereichen, indem sie diese mit Hilfe von Unterscheidungen gleichsam abtasten. Mit Hilfe von solchen Differenzschemata und den dadurch ermöglichten Bezeichnungen und Festlegungen erzeugen beobachtende Systeme Informationen. Bereits hier steht der Manager vor der Notwendigkeit, eine Auswahl vorzunehmen und bestimmte Wahrnehmungen zu benennen (beschreiben). Durch vollzogene Unterscheidungen und Benennungen werden immer andere ausgeblendet und vernachlässigt. Schon jetzt erhebt sich die Frage, welche Beschreibung für seine Zwecke die nützlichste ist. [54] Eine Möglichkeit, (s)eine Organisation zu verstehen, ist der Versuch, die Selbstbeschreibungen des Systems zu verstehen. Wünschenswert wäre, auf der Ebene der individuellen Wirklichkeitskonstruktionen ein möglichst hohes Maß an Abstimmung der Bezugsrahmen zu erreichen. Dazu zählt: Das Teilen gemeinsamer Erfahrungen, ein stimmiges Bild der unmittelbaren Zukunft, ähnliche Konstellationen, Wissen DBW 58 (1998) 5 von gegenseitigen Vorlieben/Neigungen, Stärken/Schwächen, Ahnen von Verhaltensweisen, ohne zu kommunizieren und die Vorhersage wahrscheinlicher Aktionen und Reaktionen des anderen sowie das Vertrauen, daß die wechselseitigen Erwartungen zu einem hohen Prozentsatz erfüllt werden. Das alles hilft, die Komplexität der Situation auf ein handhabbares Maß zu reduzieren. Voraussetzung dafür ist eine hinreichend lange, gemeinsame Geschichte und die Entwicklung eines funktionierenden Systems direkter Kommunikation und gemeinsamer Sinnstiftung. [55] Damit sind die Wahlmöglichkeiten des Beobachters/Beschreibers noch nicht erschöpft. Er muß die von ihm beschriebenen Phänomene bewerten, wenn er aus ihnen Handlungsanleitungen gewinnen will. Je nachdem, ob solch eine Bewertung positiv oder negativ ausfällt, werden ihm andere Maßnahmen als sinnvoll erscheinen. Wenn es aber um das Bewerten geht, muß man sich über Werte auseinandersetzen. »Jeder Beobachter braucht [1] einen Bewertungsmaßstab, ob bestimmte, von ihm unterschiedene und bezeichnete Phänomene für ihn erstrebenswert oder besser zu vermeiden sind; und [2] er muß Modellvorstellungen darüber entwickeln, nach welchen Spielregeln die Welt funktioniert und wie er sich einmischen und mitspielen kann. Er kann es nicht bei der Beschreibung von sinnlich wahrgenommenen Phänomenen belassen, sondern er muß [3] Erklärungen für das Entstehen der von ihm erstrebten oder befürchteten Ereignisse konstruieren« [56], wenn er sich in die Prozesse des Entstehens oder der Beseitigung der von ihm beschriebenen und bewerteten Phänomene einmischen will. Nur wenn der Manager eine Erklärung konstruiert, also Ursachen von Wirkungen unterscheidet, kann er selbst zielgerichtet tätig werden und andere veranlassen, das Nötige zu tun und das Schädliche zu lassen. 3.2. Zwischen Leiten und Anregen Manager managen, d. h. sie üben Autorität aus, disziplinieren, formulieren Ziele, planen, entscheiden, organisieren, kontrollieren etc. [57] – so zumindest will es die klassische Manage613 Helmut Kasper / Wolfgang Mayrhofer / Michael Meyer mentlehre (sehen). Auf dieser Basis wird ein mehr oder minder ausgefeilter Instrumentenkasten entwickelt, der Manager bei der Leitung von Organisationen als ihrer Kernaufgabe unterstützt. Organisationen werden dabei – und das gehört zu den unverzichtbaren Kernsätzen einer sich praktisch-normativ verstehenden Betriebswirtschaftslehre [58] – als zielgerichtet beeinflußbar aufgefaßt. Die sich aus der Spezialisierung und Differenzierung ergebenden Koordinations- und Steuerungsprobleme sind – wenngleich nicht ganz einfach – durch den Einsatz entsprechender technokratischer (z. B. Planung, Formalisierung) und personeller (z. B. Sozialisation, persönliche Weisung) Steuerungsinstrumente zu lösen. Es wird somit davon ausgegangen, daß – bei allen Unwägbarkeiten und Störgrößen – durch den Einsatz entsprechender Steuerungsinstrumente eine kalkulierbare Wirkung prinzipiell erzielbar ist. [59] Die oben beschriebene Vorstellung von Unternehmen als operativ geschlossenen sozialen Systemen hat erhebliche Konsequenzen für die Steuerbarkeit sozialer Systeme – und damit auf das, was Manager in ihrem Manager-Sein tun (sollen bzw. können). Die Geschlossenheit auf der Ebene sozialer Systeme macht Leitung im bisherigen Verständnis unmöglich. Stattdessen geht es auf der Ebene der Steuerungsversuche durch Manager nunmehr um Anregung. Damit stellen sich bei der Diskussion um die Steuerung von Organisationen zwei zentrale Probleme: [1] (Wie) Überwinden Manager bei ihren Steuerungsbemühungen die Grenze zwischen sich und der Organisation und [2] (wie) lassen sich autopoietisch geschlossene Organisationen individuell absichtsvoll beeinflussen? (1) Überwindung von Systemgrenzen Managern ist es wohlvertraut, daß ihre Beeinflussungsversuche mitunter ihre Zielgruppen gar nicht erreichen. Der theoretische und praktische Erfahrungsschatz etwa aus dem Bereich der Organisationsentwicklung [60] und dem Change Management [61] ist dafür ein gutes Beispiel und versieht diesen Sachverhalt mit Etiketten wie Veränderungswiderstand, Systemträgheit oder Beharrungsvermögen. Konzeptionell bleibt aber mit Rückgriff auf die Of614 fenheit von Systemen stets klar, daß mit einem entsprechenden Instrumentarium der Widerstand umgangen oder aufgelöst, die Trägheit überwunden und das Beharrungsvermögen verwandelt werden kann. Die sozialwissenschaftliche Systemtheorie gibt auf die Frage nach den Möglichkeiten einer Überwindung der Systemgrenzen eine klare Antwort, allerdings in eine andere Richtung: Auf Grund der operativen Geschlossenheit ist eine solche Grenzüberschreitung prinzipiell unmöglich. Das heißt selbstverständlich nicht, daß das System nicht auf die Umwelt reagieren kann, nur: Eine direkte, unmittelbare Einflußnahme wird ausgeschlossen. Damit rückt Intervention als ». . . eine zielgerichtete Kommunikation zwischen psychischen und/oder sozialen Systemen . . ., welche die Autonomie des intervenierten Systems respektiert . . .«, [62] in den Vordergrund. Wenn Systeme auf Interventionsversuche aus ihrer Umwelt reagieren, dann tun sie es im Rahmen ihrer eigenen Operationslogik. Dabei ist es nicht selbstverständlich, daß sie überhaupt reagieren. Das meiste, was im Rahmen von Umweltrauschen an Systeme herangetragen wird, bleibt unbeachtet. Streng selektiv wird durch die Herausbildung spezieller ›Grenzeinheiten‹ festgelegt, wie auf Irritationen in der Umwelt mit systeminternen Operationen reagiert wird. Kurzum: Das System ist somit eigenwillig und eigensinnig. Der veränderte theoretische Ausgangspunkt zwingt auch dazu, die Managern wohlvertraute Frage nach den Überwindungsmöglichkeiten von Systemgrenzen neu zu stellen: Wie können Manager Bedingungen für die Möglichkeit schaffen, daß soziale Systeme ihre aus der Umwelt stammenden Interventionen in interne Operationen umwandeln? Eine solche Fokussierung nimmt Abschied von einer Übertragungsmetapher und macht die beschränkten Möglichkeiten einer Aktivierung sozialer Systeme von Seiten der Manager deutlich. Allerdings bedeutet eine Anerkennung dieser eingeschränkten Möglichkeiten der Einflußnahme durch Manager nicht, daß keine Spielräume bestehen. Zwei Schlüsselelemente erfolgreicher, d. h. mit Folgen verbundener Intervention, sind die Hervorbringung anschlußfähiger Anregungen und Irritationen und die DBW 58 (1998) 5 Managerhandeln – nach der systemtheoretisch-konstruktivistischen Wende Nutzung vorhandener Kopplungsmechanismen zwischen System und Umwelt. Umweltrauschen wird dann leichter vom System ›entdeckt‹ auf und in systeminterne Operationen umgesetzt, wenn die Interventionen des Managers anschlußfähig sind. Anschlußfähigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, ›passende‹ Annahmen über die Operationslogik des Systems zu entwickeln und die Intervention von der Art her daran auszurichten. Fußballtrainer versuchen, die Sprache der Spieler zu sprechen, um Erfolg zu haben; Investmentbanker versuchen, Finanzmärkte nicht (nur) durch mantraartige Beschwörungsformeln zu beeindrucken, sondern vertrauen auf geldliche Transaktionen; Berater holen Gruppen dort ab, wo sie stehen – solche wohlbekannten Sachverhalte illustrieren die Notwendigkeit, Umweltwünsche auf eine Art zu formulieren, die vom intervenierten System aufgegriffen werden kann. Um zu ermöglichen, daß Interventionen vom System registriert werden, müssen die spezifischen Kopplungsmechanismen zwischen System und Umwelt genutzt werden. Damit sind konkret durchaus unterschiedliche Sachverhalte angesprochen. Ein in sozialen Systemen prominenter Kopplungsmechanismus sind Personen (genauer: psychische Systeme). Psychische und soziale Systeme sind strukturell gekoppelt, d. h., über psychische Systeme sind soziale Systeme tendenziell bereit, sich beeindrucken zu lassen. [63] (2) Beeinflussung sozialer Systeme Die Kernaufgabe von Managern – die zielgerichtete Beeinflussung der jeweiligen sozialen Systeme – ist alles andere als trivial. Das oftmalige Scheitern von Steuerungsbemühungen, z. T. selbst bei gutem Willen aller Beteiligten, macht deutlich, daß soziale Systeme eine Eigenlogik entwickeln. Mehr vom Gleichen, d. h. ein stärkeres Mühen um die ›richtigen‹ Interventionsinstrumente, verspricht hier kaum Abhilfe. Zielführender scheint es daher, die solchen Überlegungen zugrundeliegende Vorstellung aufzugeben und die prinzipiell nicht gegebene unmittelbare Steuerbarkeit sozialer Systeme anzuerkennen. Ähnlich wie bei der Frage nach der ÜberDBW 58 (1998) 5 windung der Systemgrenzen wird daher mit der durch die sozialwissenschaftliche Systemtheorie vorgenommenen theoretischen Radikalisierung die Frage nach der zielorientierten Beeinflussung sozialer Systeme in ihrem ursprünglichen Sinn obsolet. Die theoretische Aussage ist klar: Steuerung sozialer Systeme kann auf Grund der autopoietischen Geschlossenheit immer nur Selbststeuerung sein. Externe Irritationen werden – s. o. – gegebenfalls in interne Operationen umgewandelt, die weitere Operationen nach sich ziehen. Systeme reagieren also i. e. S. ausschließlich auf sich selbst, d. h.: Wie das System auf die Irritation durch die Umwelt reagiert, wie die Operationen weiter verarbeitet werden, entzieht sich der Hoheit des intervenierenden Systems (hier etwa: des Managers). Manager sind damit (auch) in ihrem Führungshandeln von autonomen, von ihnen nicht erzwingbaren Prozessen der intervenierten Systeme wie etwa Unternehmen, Abteilungen etc. abhängig. Wird diese theoretische Position akzeptiert, so stellt sich nicht mehr die klassische Frage nach der zielorientierten Beeinflußbarkeit. Vielmehr lautet das Problem: Wie können Manager Bedingungen für die Möglichkeit schaffen, daß sich das System mittels Selbststeuerung (wie sonst?) in die ›richtige‹ Richtung bewegt? Die mit dieser Problemstellung vorgenommene Fokussierung heißt wiederum nicht, daß Manager nichts mehr tun können oder unwichtig sind. Vielmehr rücken für das Managementhandeln zwei Gesichtspunkte in den Vordergrund: kontextuelle Interventionen und die rekursive Beziehung zwischen autopoietischen Operationen und Strukturen. Mit Hilfe von kontextueller an Stelle von direkter Intervention wird versucht, Systemveränderungen über eine entsprechende Gestaltung des Umweltrauschens herbeizuführen. Über verschiedene Kopplungsmechanismen wandelt das System selbst dieses Umweltrauschen in interne Operationen um. Managen im Sinne des Auslösens kontextueller Intervention bedeutet aus diesem Blickwinkel das Herantragen dosierter Diskrepanzen an das System. Die über kontextuelle Intervention angebotenen alternativen Sichtweisen können vom System noch verstanden und in die systeminterne Ope615 Helmut Kasper / Wolfgang Mayrhofer / Michael Meyer rationsweise übernommen werden. [64] Dem Wirklichen, also dem derzeit im System Realisierten, wird Mögliches gegenübergestellt, das derzeit noch keine Möglichkeit für das System ist, es aber werden könnte. [65] Wenn Änderungen im System auf der Basis von Selbststeuerung geschehen, dann gewinnen diejenigen Strukturen an Bedeutung, welche die internen Prozesse des Systems steuern. Strukturen in sozialen Systemen bestimmen, was als Entscheidung anzusehen ist, die zugelassenen Relationen und überbrücken die Distanz von Entscheidung zu Entscheidung (Autopoiesis in Organisationen heißt ja zentral: Eine Entscheidung produziert die nächste). In sozialen Systemen sind Strukturen als Erwartungen zu denken. Erwartungen transformieren Kommunikationen bzw. Handlungen in Entscheidungen. Wenn unter Erwartungsdruck gehandelt wird, dann entstehen Entscheidungen (unabhängig davon, ob der einzelne sein Handeln als Entscheidung für oder gegen eine Erwartung interpretiert sehen möchte). Damit verändert sich für Manager der Fokus bei ihren Steuerungsbemühungen in doppelter Weise. Erstens geht es um Entscheidungen und nicht isoliert um eine Schnittstelle, einen Prozeß, den Menschen o. ä. Zweitens stehen nicht mehr einzelne Elemente, sondern Relationen im Vordergrund. Damit wird das Augenmerk auf das Ganze, auf Muster gelenkt. [66] 4. Schlußfolgerungen und Konsequenzen Es bieten sich vielfältige Möglichkeiten, Beobachtung und Wirklichkeitskonstruktion unterschiedlich zu strukturieren. Wie ein Manager seine Wirklichkeit konstruiert, ist somit ein zentraler Bestandteil seines Führungshandelns. Es bestimmt, wie er – als dominante Managementfunktion – kommuniziert und es trägt entscheidend dazu bei, wie sich die Unternehmung organisiert. Das eigene Führungsverständnis, die im Laufe der eigenen Lebensgeschichte aufgebaute ›subjektive Theorie von Führung‹ spielt dabei eine zentrale Rolle. Der Bezugspunkt aller Wahrnehmungen (Be616 obachtungen) ist nun einmal das Individuum selbst, und der Bezug ist auch geprägt durch die spezifische Sozialisation. In der Konstruktion ist dieser eigene Bezugspunkt das Maß, wie beobachtet wird, nach dem Motto »Überall wo ich hinschaue, sehe ich mich selbst« oder wie der Wiener Volksschauspieler Helmut Qualtinger seinen Freundeskreis karrikierte »Ollas so klasse Buaschen wie I!« Dabei beeinflußt das Individuum das System, das es beschreibt. Aber: »Wie sorgt er (der Manager, Anm. d. A.) dafür, daß er – möglicherweise – in seinen Erkenntnis- und Analysebemühungen immer wieder die von ihm selbst versteckten Ostereier findet?« [67] Um Mißverständnissen hinsichtlich der individuellen Möglichkeiten von Wirklichkeitskonstruktion vorzubeugen: Unentbehrlich ist dabei immer die Interaktion mit anderen, um zu einer akzeptablen Sichtweise der Wirklichkeit zu kommen. Zur Konstruktion braucht man die anderen, man ist nicht frei, sich zu konstruieren, was man will. So verbringen Menschen in Organisationen viel Zeit damit, untereinander eine annehmbare Darstellung dessen, was vor sich geht, auszuhandeln, um eine Einigung darüber zu erzielen, was Wirklichkeit ist, was (wirklich) gilt, oder besser zu gelten hat. [68] Neben dem mehr oder weniger gemeinsamen Sinnesapparat sind es die gemeinsamen zwischenmenschlichen Erfahrungen, die Spielregeln über soziale Prozesse und deren Interpretationen, die zur »konsensuellen Validierung« [69] führen. Dieser Prozeß des Aushandelns, des Sinngebens von Wirklichkeit ist nicht (immer) konfliktfrei, sondern machtdurchdrungen, widersprüchlich, da es gilt, (Macht-)Positionen zu sichern, Komplexität zu reduzieren, interessenbezogen vorzugehen, etc. Dabei wird Wirklichkeit oftmals buchstäblich herbeigeredet. Selbst wenn dabei so bezeichnete ›objektive‹ Fakten und Zahlen bei der Interpretation der Wirklichkeit als Argumente eingesetzt werden, bleibt das Geschehen letztlich immer subjektiv konstruiert, weil es ja darauf ankommt, wessen Daten es sind, wessen Argumente sie stützen etc. Die für die Praxis des Managements wichtige Erkenntnis des Konstruktivismus bzw. der neueren Systemtheorie ist demnach, daß die Qualität von Wirklichkeitskonstruktionen nicht DBW 58 (1998) 5 Managerhandeln – nach der systemtheoretisch-konstruktivistischen Wende nach ihrer Wahrheit oder Falschheit zu beurteilen ist, sondern danach, ob sie einerseits zu den jeweils beschriebenen Phänomenen paßt und andererseits, ob sie für denjenigen, der sie verwendet, nützlich oder schädlich ist. [70] Es gibt daher auch keine ›richtige‹ oder ›wahre‹ Beschreibung der Wirklichkeit, sondern sehr viele verschiedene, je nachdem, welche (Unterscheidungs)Kriterien, welche Bedeutungszuschreibung und Bewertung der Beobachter für die Auswahl seiner Informationen anlegt. Folgt man diesen Annahmen und den hier vorgestellten In-Formationsverständnis, so stellen sich für die Beobachter von Managerhandeln und damit für die empirische Managementforschung (aber auch die Beratung) folgende Fragen: 1. Wenn von Managern (oder Organisationen) Unterscheidungen angewendet werden, was ist dann die jeweils andere, die ausgeschlossene Seite? Alles, was unterschieden wird, hat eine ausgeblendete Seite. Was versteckt sich im ›unmarked‹ Bereich? Wofür ist die Unterscheidung blind? 2. Ist die In-Formation anschlußfähig? Wenn eine Unterscheidung und eine Bezeichnung gefallen ist, gibt es nur mehr Innen- und Außenseite. Wenn auf eine dieser Seiten nicht (mit Entscheidungen) angeschlossen werden kann, ist eine zweite Unterscheidung vonnöten, die dritte Selektionsleistung (im dreistufigen Prozeß der Kommunikation) ist nicht gelungen. 3. Wird reflektiert? Wie? Das Treffen einer Unterscheidung schließt eine gleichzeitige Beobachtung aus, die Form fällt dem Unterscheider nicht auf, sondern nur dem Beobachter. Dieser Beobachter kann auch das (später) sein eigenes früheres Handeln und Entscheiden beobachtende System, also der Selbstbeobachter sein. Was sind die Bedingungen für die Reflexion der eigenen Unterscheidungs- bzw. Anschlußpraxis? Zusammenfassend: Managen heißt beobachten, konstruieren (und intervenieren). Ziele des Managens sind: Sinn zu schaffen (Sinngrenzen zu vergrößern/verändern), Bedeutungen zuzuschreiben, Aufbau und Abbau von Komplexität, Unterschiede anzubieten (die einen Unterschied DBW 58 (1998) 5 machen) und Veränderungen zu unterstützen. [71] Bezogen auf die Verantwortung des einzelnen Managers heißt dies: Er hat Einfluß und Wirkung, und dennoch kann er nicht determinieren, wie sein eigenes Schicksal und das des sozialen Systems verläuft. Er muß die Herausforderung annehmen und die Komplexität des Systems akzeptieren. Mit Komplexität ist aber kein mythischer Entschuldigungsmechanismus für Nichtstun, kein Anlaß zur Resignation gemeint. Komplexität heißt nur, daß wir es in Systemen fast immer mit der Wechselbeziehung von mehr als zwei Variablen oder Interaktionsteilnehmern zu tun haben, die wir bei unseren Verstehens- und Erklärungsversuchen nicht ohne Strafe ausblenden dürfen. Deshalb müssen wir lernen, mindestens bis drei zu zählen und vernetzte Abläufe zu erfassen. Systemisch zu berücksichtigen ist: Die Beobachtungslogik (und im Anschluß dann auch die Interventionslogik) des Managers kann eine andere sein als die Prozeßlogik des Systems. Dies dürfte im übrigen den Unterschied zwischen einen ›guten‹ (effizienten, erfolgreichen) Manager und einem ›schlechten‹ (für soziale und systemische Prozesse unreflektierten) Manager ausmachen. Es kommt auf die Anschlußfähigkeit an, ob das Managerhandeln ›paßt‹. Die Überlegungen zu Möglichkeiten und Grenzen des Managementhandelns zur Steuerung sozialer Systeme im gewählten theoretischen Rahmen machen eine Neueinschätzung des Managerhandelns notwendig. Manager sind in der hier vertretenen Sichtweise weder ohnnoch allmächtig. Sie haben nach wie vor eine bedeutsame Rolle – aber eben eine andere als bisher üblich. Das kann gleichermaßen enttäuschend wie auch befreiend wirken. Für Enttäuschung gibt es mehrere Quellen. (All-)Machtphantasien, welche Manager in die Nähe von souveränen Heroen rücken, die mit umsichtiger Hand das Unternehmensschiff zuverlässig leiten (können), wird die theoretische Grundlage entzogen. Gleichsam als Gegenstück erweisen sich die Geborgenheitssehnsüchte, die das Arbeiten mit und unter ›mächtigen‹ Managern stillen könnte, als notwendigerweise unbefriedigbare Illusion und weichen einer ganzheitlicheren Sichtweise, in der die stets kontingente, niemals völlig durchschaubare Eigenlo617 Helmut Kasper / Wolfgang Mayrhofer / Michael Meyer gik von Systemen eine prominente Rolle spielt. Vertraute und oft entlastend wirkende personalisierte Zurechnungsmuster – und damit auch die Verteilung von Schuldzuweisungen – müssen zugunsten einer differenzierteren Sichtweise aufgegeben werden, in der zwar die strukturelle Kopplung psychischer und sozialer Systeme, aber auch die prinzipielle Autonomie der internen Operationen sozialer Systeme anerkannt werden. Aber auch für Befreiung liefert eine solche Sichtweise genug Gründe. Sie lenkt den Blick vom einzelnen Element auf das ganze System und bietet so die auch konzeptionell adäquate Möglichkeit, Managementhandeln über das sprichwörtliche Stochern im Nebel hinauszuheben. Auch befreit sie von einer Überverantwortung, die einzelnen Managern das Wohl und Wehe ganzer sozialer Systeme aufbürdet und damit das Unmögliche möglich machen will. Schließlich wird hier der einzelne Manager nicht in die Rolle des Reisenden durch die Unendlichkeit der Psyche gedrängt, sondern als Interventions- und Anregungskünstler aufgefaßt, der die Autonomie der intervenierten Systeme grundsätzlich respektieren muß. [72] Anmerkungen [1] Skepsis gegenüber großen I’s, Schräg- oder Bindestrichketten sowie eine einschlägige sprachliche Sozialisation führen dazu, daß neben dem Bemühen um eine geschlechtsneutrale Formulierung dort, wo es ›leicht‹ möglich ist, überwiegend die männliche Form benutzt wird. Gemeint sind stets beide Geschlechter in gleichem Maß. [2] Staehle 1994, S. 78. [3] Indizien dafür finden sich in Fülle. Von einem Teilgebiet des Management wird etwa behauptet: »Führung gab es zu allen Zeiten und in allen Kulturen.« (Wunderer/Grunwald 1980, S. 5); die unübersehbare Fülle praktischer und praxisnaher Ratschläge zur Erreichung von Unternehmenserfolg beziehen sich in der Regel zentral auf verschiedene Aspekte des Managements; Praktikerzeitschriften sehen in Managern den Erfolgsfaktor für Unternehmen; die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Management für Organisationen reicht allein in diesem Jahrhundert zeitlich von den Schriften Taylors zum Scientific Management (Taylor 1911, dt. 618 [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [20] 1917) bis hin zu jüngsten Konzepten wie Lean Management, Total Quality Management (vgl. etwa Dietzel/Seitschek 1993) oder Business Process Reengineering (vgl. etwa Hammer/Champy 1993) – die Liste ließe sich beliebig erweitern. Vgl. dazu aus institutioneller Perspektive etwa Mintzberg 1973; Mahoney/Jerdee/Carroll 1965; Schirmer 1992; aus funktionaler Perspektive Staehle 1994, S. 78 ff und die dort zitierte Literatur. Einzelne Ansätze wie etwa der entscheidungsorientierte Ansatz von Heinen (1967) sind grundlegend auf dieses Phänomen aufgebaut. So formuliert etwa Heinen (1978, S. 55) in seinem zentral auf Entscheidungen abstellenden Konzept der Betriebswirtschaftslehre: Es stehen ». . . stets Informationen im Mittelpunkt der einzelnen Phasen des Entscheidungsprozesses. In allen Phasen werden Informationen gewonnen, verarbeitet und weitergegeben. . . . Dieser Prozeß der Gewinnung und Verarbeitung von Informationen setzt sich fort, bis . . . neue Entscheidungsprobleme abgeleitet werden.« (Hervorhebung im Original). Die Diskussion um die Rolle von Informationen in der seit den technischen Entwicklungen rund um die Mikroprozessoren sich entwickelnden Informationswirtschaft fordert folgerichtig, Informationen als einen weiteren Produktionsfaktor zu behandeln (vgl. z. B. Heinrich 1993). Darin sind sich selbst z. B. im Hinblick auf andere Grundannahmen, Ansatzpunkte und Zielsetzungen durchaus unterschiedliche Vertreter der Betriebswirtschaft wie Wöhe (z. B. 1996), Welge (z. B. 1985) oder Staehle (z. B. 1994) durchaus einig. Eine Ausnahme bildet hier etwa Schreyögg 1996. Besonders deutlich wird dies im Controlling, wo Informationsversorgungssystemen zentraler Stellenwert zukommt (vgl. bspw. Horvath 1986, S. 352 ff). So zumindest die nicht nur praxis-, sondern in der BWL einigerorts auch wissenschaftsgängige Vorstellung, die aber keineswegs den generellen epistemologischen Reflexionsstand der Disziplin widerspiegelt. Bateson 1992, S. 488. Spencer-Brown 1979, S. 3; eine aktuelle Übersetzung eines früheren Werkes findet sich in Spencer-Brown 1996; zur Differenztheorie Spencer-Browns vgl. auch Baecker 1993a und 1993b. Vgl. Baecker 1993c, S. 17 ff, Simon 1993b, S. 44 ff. Vgl. Luhmann 1990, S. 707. Nur bei der allerersten Unterscheidung tut man sich hier schwer, diese findet gleichsam im Nichts statt. Vgl. Spencer-Brown 1979, S. 5, S. 20, S. 42. Simon 1993a, S. 59. Vgl. Simon 1993a, S. 55. Ein früherer Ansatz, Wahrnehmung auf Unterscheidungen bzw. Dichotomien zurückzuführen, DBW 58 (1998) 5 Managerhandeln – nach der systemtheoretisch-konstruktivistischen Wende [21] [22] [23] [24] [25] [26] [27] [28] [29] [30] [31] [32] [33] [34] [35] [36] [37] findet sich in den ›persönlichen Konstrukten‹ Kellys (1955, S. 59 ff). Vgl. Bardmann 1994, S. 85. Bardmann 1994, S. 102; vgl. zum Überblick auch Luhmann 1995c, 113 ff. Vgl. Luhmann 1984a, S. 193 ff. Vgl. Luhmann 1984a, S. 195 f.; Luhmann (1984a, 196) orientiert sich bei seinem Kommunikationskonzept am Organon-Modell Karl Bühlers (vgl. Bühler 1965, S. 24 ff.), der zwischen Darstellungs-, Ausdrucks- und Appellfunktion der Sprache unterscheidet, vermeidet jedoch dessen handlungstheoretische Begriffsfassung (vgl. Bardmann 1994, S. 103). Vgl. Luhmann 1981, S. 26. Bardmann 1994, S. 106 f. Dafür verwendet Luhmann den Begriff Interpenetration: »Interpenetration liegt entsprechend dann vor, . . . wenn also beide Systeme sich wechselseitig dadurch ermöglichen, daß sie in das jeweils andere ihre vorkonstituierte Eigenkomplexität einbringen.« (Luhmann 1984a, S. 290) Soziale Systeme sind ohne psychische Systeme undenkbar vice versa. Kommunikation benötigt Bewußtsein vice versa. Der Zusammenhang ist bloß nicht mehr als Input/Output oder als Teil/ Ganzes denkbar. Vgl. Bardmann 1995, S. 253. Luhmann 1995a, S. 46; an anderer Stelle beschreibt Luhmann Entscheidungen als Handlungen, die auf eine an sie gerichtete Erwartung reagieren (vgl. Luhmann 1984b, S. 594). Vgl. Luhmann 1988a, S. 95. So beschreibt Luhmann 1984a, S. 477, Katastrophen. Übrigens ein Begriff, den Luhmann von Maturana (bspw. 1987, S. 102) übernimmt. Luhmann 1995a, S. 61. Wie alle strukturdeterminierten Systeme, weil sie sonst nicht auf die Determiniertheit ihrer eigenen Strukturen reagieren können; vgl. Luhmann 1995a, S. 62; vgl. zum Gedächtnis und zum semantischen Speicher der Organisation auch Kasper 1990, S. 338 ff.; 1991, S. 47 ff. Diese Vermutung läßt sich attributionstheoretisch reformulieren: Zurechnung auf instabile Ursache fördert Vergessen, Zurechnung auf stabile Ursachen Lernen und/oder Gewöhnung. Vgl. Weick 1976, Weick 1985, S. 163 ff.; im Unterschied zu Weick gehen wir aber bei Kopplungen nicht von »gemeinsamen Variablen« aus, da die Elemente Kommunikationen/Handlungen/Entscheidungen nur jeweils einem System zugehörig sein können. »Operative Schließung schließt selbstverständlich kausale Interdependenzen zwischen System und Umwelt nicht aus.« (Luhmann 1995a, S. 61) Das Feststellen von Kausalität setzt allerdings einen Beobachter voraus, der eine Selektion vornimmt und Ursachen von Wirkungen unterscheidet. In neueren Arbeiten charakterisiert Luhmann DBW 58 (1998) 5 [38] [39] [40] [41] [42] [43] [44] [45] [46] [47] [48] [49] [50] [51] [52] [53] [54] [55] [56] [57] [58] [59] [60] [61] [62] [63] [64] [65] (1995a, S. 76 ff., 1995b, S. 12 ff) Kausalität als Medium, innerhalb dessen Unterscheidungen möglich sind, und gleichzeitig als die Form, die Ursachen von Wirkungen unterscheidet. Vgl. Luhmann 1995a, S. 61. Vgl. de Vries 1995. Dieses wechselseitige Zurverfügungstellen von Eigenkomplexität zur Komplexitätssteigerung des anderen Systems wird auch als Interpenetration bezeichnet (vgl. Luhmann 1984a, S. 286 ff), womit insbesondere das Zusammenspiel von psychischen und sozialen Systemen neu beleuchtet wird. Luhmann 1995a, 53. Siehe dazu Schreyögg 1984, S. 151 ff. March/Simon 1958; Cyert/March 1963. Siehe Reber 1985, S. 489. Siehe Reber 1973, S. 297 ff. und 1985, S. 489; Abb. 3 und 4 entstanden in Anlehnung an Morgan (1989, S. 92), der seinerseits die Abbildungen aus einem unveröffentlichten Manuskript von Smircich/Stubbart (1985) adaptiert hat. Cohen/March/Olsen 1972; March/Olsen 1976; Weick 1979. neuerdings insbesondere Morgan 1986 und Senge 1990. Vgl. Schreyögg 1984, S. 201 f. Weick 1979, S. 130 f., jüngst Weick 1995, S. 30 ff. Simon 1995b, S. 80. Maturana 1982, S. 269. Vgl. auch Wimmer 1996, S. 251. Wimmer 1996, S. 252; ähnlich mit Bezug auf organisationale Karrierelogiken (OIKLs) in international tätigen Unternehmen Mayrhofer 1997. Simon 1995a, S 18. Simon 1994, S. 6. Simon 1995a, S. 17. Fayol 1949, zit. n. Pugh 1985, S. 135; Staehle 1994, S. 78 ff. Vgl. dazu etwa Raffée 1974, S. 69 ff. Zu den Möglichkeiten und Grenzen des Managerhandelns im Umgang mit Managementproblemen gibt es in der BWL verschiedene Standpunkte; so z. B. unterscheidet Kirsch (1978) zwischen Problemlösung und Problemhandhabung. Vgl. etwa French/Bell 1982. Vgl. etwa Reiß u. a. 1997. Willke 1987, S. 333. Klarerweise nicht: punktgenau zu reagieren. Die prominente Stellung psychischer Systeme (und damit: von ›Personen‹) in der Theoriekonzeption läßt den Vorwurf mancher Kritiker, die sozialwissenschaftliche Systemtheorie wäre in- bzw. ahuman, unverständlich erscheinen. Willke 1987, S. 352 f. Willke 1987, S. 356; damit wird auch deutlich, daß es bei Interventionen im vorliegenden Sinne keineswegs darum geht (und im Sinne einer notwendigen Entwicklung auch gar nicht gehen kann), jeweils nur ›gleiches‹ an das System heranzutragen (wie vielleicht die Ausführungen über 619 Helmut Kasper / Wolfgang Mayrhofer / Michael Meyer [66] [67] [68] [69] [70] [71] [72] die Anschlußfähigkeit hätten gedeutet werden können). Luhmann 1988b, S. 172 ff. Simon 1995b, S. 80. Dazu ausführlich Weick 1985. Weick 1985, S. 12. Simon 1994, S. 7. Zur Funktion von Zielen aus systemtheoretischer Perspektive vgl. Meyer 1994. Als Faktum, wohlgemerkt, und nicht aus humanistischen etc. Gründen. Verzeichnis der zitierten Literatur Baecker, Dirk (Hrsg.) (1993a): Kalkül der Form, Frankfurt 1993. Baecker, Dirk (Hrsg.) (1993b): Probleme der Form, Frankfurt 1993. Backer, Dirk (1993c): Im Tunnel. In: Baecker, Dirk (Hrsg.): Kalkül der Form, Frankfurt 1993, S. 12–37. Bardmann, Theodor M. 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