RECHTLICHE ASPEKTE DER ARCHIVIERUNG IM DETAIL

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RECHTLICHE ASPEKTE DER ARCHIVIERUNG IM DETAIL
(Mittelfränkische Wirtschaft, September 1996)
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Der Einsatz optischer Archivsysteme verfolgt klare Ziele. Die Bewältigung der Papierflut ist das Hauptziel. Reduzieren des
Verwaltungsaufwandes, erhöhte Auskunftsbereitschaft und somit schnellere Reaktionszeiten sind dann der Erfolg. Dies greift
jedoch nur, wenn keine Originale aufbewahrt werden müssen.
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Damit tauchen rechtliche Fragen auf nach
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der prinzipiellen Zulässigkeit von optischen Speichermedien in der Buchhaltung.
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der Erfüllung der gesetzlichen Aufbewahrungspflichten .
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der Beweiskraft opto-elektronisch aufbewahrter Unterlagen im Zivilprozess.
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Rechtliche Anforderungen an das Aufbewahrungsverfahren
Optische Archive sind grundsätzlich weder genehmigt noch verboten. Der Gesetzgeber schreibt keine Speichertechnik vor,
sondern stellt bestimmte Anforderungen an das Aufbewahrungsverfahren, z. B. vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet.
Sind diese Anforderungen erfüllt, handelt es sich um ein zulässiges Verfahren, auch wenn es auf einer neuen Technologie
basiert.
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Zulässigkeit optischer Speichermedien
Nach § 257 Abs. 3 HGB und § 147 Abs. 2 AO sind für die Speicherung aufbewahrungspflichtiger Unterlagen alle Medien
zulässig, auf denen Daten fixiert werden können. Laut den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) können
Dokumente mit Ausnahme von Jahres- und Konzernabschlüssen und Eröffnungsbilanzen auch auf "anderen Datenträgern"
aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsgemäßer Speicherbuchführung (GoS) entspricht. Hierunter fallen
auch opto-elektronische Speichermedien, da die Belege digital aufgezeichnet werden und somit nur maschinell darstellbar sind.
RECHTLICHE ASPEKTE DER ARCHIVIERUNG IM DETAIL
(Mittelfr änkische Wirtschaft, September 1996)
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Die nur einmal beschreibbaren CD-R - und WORM-Medien sind empfehlenswert, da Löschen oder nachträgliche Manipulation
technisch ausgeschlossen sind. Die Information wird mittels Laser auf das Medium "gebrannt", d.h. die Aufzeichnung erfolgt
durch physische Veränderung der Oberfläche. Dieser hohe Grad an Fälschungssicherheit trägt den sog. "Radierparagraphen"
§§ 239 Abs. 2 HGB und 147 Abs. 4 AO besonders Rechnung.
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Vollständige und richtige Transformation
Bei der Aufzeichnung von Dokumenten und Daten wird Information von einer Speicherform in eine andere transformiert. Soll
das bisherige Medium anschließend vernichtet oder gelöscht werden, muss gewährleistet sein, dass die spätere Wiedergabe
mit dem ursprünglichen Dokument übereinstimmt. Abgesandte Handelsbriefe oder interne Buchungen müssen nur inhaltlich,
empfangene Handelsbriefe und Belege auch bildlich übereinstimmen.
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Aufzeichnung durch Scannen
Gescannt werden im Regelfall nur im Unternehmen eingehende Schriftstücke. Scannen gewährleistet bildliche und inhaltliche
Übereinstimmung. Damit sind die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, sofern folgende Punkte beachtet werden:
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Die Aufzeichnung ist durch Kontrollprogramme oder Vorkehrungen (z.B. Kontrollmonitor zum Abgleich mit dem Original)
zu überprüfen.
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Durch Indexierung der aufgezeichneten Dokumente muss ein gezielter Informationszugriff ermöglicht werden.
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Nach dem Scannen ist ein Protokoll zu erstellen, das entsprechend den Mikrofilm-Grundsätzen eine unterschriebene
Erklärung über Vollständigkeit und Richtigkeit des Aufzeichnungsvorgangs enthalten muss.
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(Mittelfr änkische Wirtschaft, September 1996)
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Direkte Übernahme von Daten des EDV-Systems
Die Aufzeichnung von Daten (z.B. abgesandte Handelsbriefe oder interne Buchungen) auf optischen Speichermedien wird als
COLD-Verfahren (Computer Output on Laser Disk) bezeichnet. Dabei wird kein Papierdokument aufgezeichnet, wie es die
Mikrofilm-Grundsätze voraussetzen.
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Das im Ausgabeprinzip gleiche COM-Verfahren (Computer Output on Mikrofilm) wurde vielmehr in einem Anwendungserlass zu
§ 147 Abs. 2 AO zugelassen. Dessen Zulässigkeit lässt sich ohne weiteres auf COLD übertragen.
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Aufbewahrungspflicht und Verfügbarkeit
Ausgangspunkt einer ordnungsgemäßen Speicherbuchführung ist eine vollständige schriftliche Verfahrensbeschreibung, die es
einem sachkundigen Dritten ermöglicht, in angemessener Zeit sowohl einzelne Geschäftsvorfälle als auch das Verfahren zu
überprüfen. Während der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen muss der Archivbestand jederzeit verfügbar sein. Neben den
Medien, auf denen die Dokumente aufgezeichnet sind, sind also auch die entsprechenden Systeme mit Hard- und Software
vorzuhalten. Die Einhaltung des Verfahrens ist durch geeignete Kontrollen, für die sich ein internes Kontrollsystem (IKS)
anbietet, zu gewährleisten.
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Wiedergabe der Dokumente
Die Recherche der Dokumente erfolgt in der Datenbank des optischen Archivs. Anhand der Indexbegriffe - wie Beleg,
Rechnungs- oder Lieferantennummern - wird auf die Dokumente zugegriffen. Die Lesbarmachung erfolgt an Bildschirmen, die
originalgetreue bildliche Wiedergabe ist bei Bedarf über Laserdrucker-Ausgabe gewährleistet.
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(Mittelfr änkische Wirtschaft, September 1996)
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Zivilrechtliche Beweiskraft elektronischer Dokumente
Opto-elektronisch gespeicherte Daten und Wiedergaben sind keine Urkunden im Sinne der Zivilprozessordnung. Dem
Datenträger fehlt die erforderliche Schriftlichkeit. Sowohl der Datenträger als auch ein schriftlicher Ausdruck k önnen daher nur
Gegenstand einer Augenscheinnahme des Gerichts im Sinne der §§ 371 ff. ZPO sein. Sie unterliegen der freien richterlichen
Beweiswürdigung. Bei nachgewiesener Einhaltung der Verfahrensbeschreibung durch ein IKS liegt der Beweiswert von CD-R
und WORM-Medien allerdings hoch, da sie körperlich fälschungssicher sind.
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Zusammenfassung
Optische Archivierung ist steuer- und handelsrechtlich zulässig, wenn das Aufbewahrungsverfahren den GoB und GoS
entspricht. Der überwiegende Teil der ursprünglichen Dokumente und Daten kann nach der Aufzeichnung vernichtet werden.
Welche Unterlagen im Hinblick auf zivilrechtliche Schriftformerfordernis noch herkömmlich aufzubewahren sind, ist für das
einzelne Unternehmen gesondert festzustellen, um den rechtlichen Besonderheiten der jeweiligen Branche gerecht zu werden.
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Bei der Einführung eines elektronischen Archivs ist keine Einzelfallzulassung durch die Finanzbehörden erforderlich. Es ist aber
zu empfehlen, die Einführung mit dem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer abzustimmen, da die Ordnungsmäßigkeit des
Systems im Rahmen einer Betriebsprüfung kontrolliert wird.
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Dieser Beitrag ist erschienen im Monatsmagazin der Industrie- und Handelskammer Nürnberg "Mittelfränkische Wirtschaft"
September 1996.
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