Schattenspiele am Himmel Beobachtung von Sternbedeckungen Ing. Erich Weber Burgenländische Amateurastronomen Mai 2002 http://www.astronomie.at/burgenland?schatten Alles dreht sich, alles bewegt sich – so könnte man die Hauptaktivitäten in unserem Sonnensystem auf einfache Weise beschreiben. Eine der Folgen dieser zahlreichen Bewegungen sind gegenseitige Bedeckungen der einzelnen Objekte. Die Beobachtung solcher Bedeckungen von der Erde aus gehört zu den interessantesten Tätigkeiten für Sternfreunde überhaupt, denn wo sonst kann man die Raumbewegung der einzelnen Himmelskörper so unmittelbar erleben. Dieser Vortrag bietet zunächst einen Überblick über die verschiedenen möglichen Bedeckungen und behandelt im Anschluß Sternbedeckungen im Detail. Inhalt 1 BEDECKUNGEN UNSERER SONNE ...................................................................................................... 2 1.1 1.2 1.3 MERKURDURCHGANG ............................................................................................................................ 2 VENUSDURCHGANG................................................................................................................................ 3 SONNENFINSTERNIS ................................................................................................................................ 3 2 MONDFINSTERNIS ................................................................................................................................... 4 3 BEDECKUNGEN DURCH UNSEREN MOND........................................................................................ 5 3.1 3.2 4 BEDECKUNGEN VON STERNEN................................................................................................................ 5 BEDECKUNGEN VON PLANETEN ............................................................................................................. 5 BEDECKUNGEN DURCH PLANETARE KÖRPER.............................................................................. 6 4.1 4.2 BEDECKUNGEN DURCH PLANETEN ......................................................................................................... 6 STERNBEDECKUNGEN DURCH KLEINPLANETEN...................................................................................... 6 5 BEDECKUNGEN IN MONDSYSTEMEN ANDERER PLANETEN..................................................... 6 6 BEDECKUNGSVERÄNDERLICHE STERNE........................................................................................ 7 7 BEOBACHTUNG VON STERNBEDECKUNGEN ................................................................................. 7 7.1 BEOBACHTUNGSINSTRUMENT ................................................................................................................ 7 7.2 EXAKTE ZEIT .......................................................................................................................................... 7 7.3 EXAKTE KOORDINATEN DES BEOBACHTUNGSORTES ............................................................................. 8 7.4 VORAUSDATEN ....................................................................................................................................... 8 7.5 BEOBACHTUNG....................................................................................................................................... 9 7.5.1 Totale Bedeckungen .......................................................................................................................... 9 7.5.2 Streifende Bedeckungen .................................................................................................................... 9 7.5.3 Kleinplaneten .................................................................................................................................. 10 8 WEITERLEITUNG DER DATEN ........................................................................................................... 10 9 ERFAHRUNGSBERICHTE ..................................................................................................................... 10 10 WISSENSCHAFTLICHER NUTZEN................................................................................................. 12 11 QUELLEN .............................................................................................................................................. 13 11.1 11.2 11.3 12 LITERATUR ........................................................................................................................................... 13 ONLINE ................................................................................................................................................. 13 SOFTWARE ........................................................................................................................................... 13 RESÜMEE.............................................................................................................................................. 13 1 Bedeckungen unserer Sonne 1.1 Merkurdurchgang Der sonnennächste Planet Merkur kreist innerhalb der Erdbahn. Dabei steht er im Mittel alle 116 Tage zwischen Erde und Sonne (untere Konjunktion). Doch genau so, wie es nicht bei jedem Neumond eine Sonnenfinsternis gibt, steht auch Merkur nicht bei jeder unteren Konjunktion genau genug zwischen uns und der Sonne, daß wir uns in seinem Schatten aufhalten würden. Nur wenn Merkur bei einer unteren Konjunktion maximal wenige Tage zuvor oder danach auch die Ebene der Erdbahn durchstößt, also durch einen seiner beiden Bahnknoten läuft, trifft der Merkurschatten die Erde. Der Kernschattenkegel des Merkur ist nur ca. 200000 km lang. Die Erde ist jedoch bei der unterer Konjunktion zwischen 80 und 100 Mio. km entfernt. Deshalb durchqueren wir nur den Halbschatten und den Bereich der ringförmigen Sonnenfinsternis des Merkurschattens. Merkur kann also nur partielle und ringförmige Sonnenfinsternisse auf der Erde verursachen. Doch darf man das Ereignis nicht mit einer durch unseren Mond verursachten Sonnenfinsternis vergleichen. Die Anwendung des Begriffs Sonnenfinsternis ergibt sich aus einer streng geometrischen Interpretation und weniger aus dem, was man sich allgemein darunter vorstellt. Während der Mond an unserem Firmament etwa gleich groß erscheint wie die Sonne, ist der Planet Merkur für das bloße Auge nur ein Stern. Erst ein Amateurfernrohr zeigt Merkur als kleine Scheibe. Bei der unteren Konjunktion ist das Merkurscheibchen nur bis maximal 13 Bogensekunden groß. Die Sonne mißt jedoch ca. 1800 Bogensekunden im Durchmesser. Deshalb ist Merkur bei einem Vorübergang nicht mehr als ein kleiner runder Fleck auf der Sonne. Ein sehr erfahrener Sonnenbeobachter hat einmal erzählt, er habe Merkur mit einem mit nur einer Finsternisbrille bewaffnetem Auge vor der Sonne erkennen können. Doch für alle andern gilt, daß man zur Verfolgung eines Merkurtransits ein für die Sonnenbeobachtung ausgerüstetes Amateurteleskop braucht (Objektivfilter oder Projektion des Sonnenbildes) . Können Sie mit Ihrem Teleskop gut Sonnenflecken beobachten, sind Sie auch für einen Merkurtransit gerüstet. Ein Merkurtransit beginnt wie bei einer (normalen) Sonnenfinsternis mit dem 1. Kontakt. Merkur berührt die Sonnenscheibe von außen. Ein paar Minuten später folgt der zweite Kontakt, wenn Merkur vollständig in die Sonnenscheibe eingedrungen ist. Läuft Merkur zentral über die Sonne, so kann es fast 8 Stunden dauern, bis Merkur den gegenüberliegenden Rand der Sonnenscheibe erreicht. Möchte man das Ereignis in voller Länge beobachten, muß man den Beobachtungsstandort so wählen, daß die Sonne nicht während des Transits untergeht oder erst aufgeht, wenn Merkur schon ein gutes Stück auf der Sonnenscheibe zurückgelegt hat. Oben sehen wir den Merkurdurchgang vom 9. Mai 1970, aufgenommen von Eckhard Kosin mit dem 12-Zoll-Bamberg-Refraktor der Wilhelm-Foerster-Sternwarte in Berlin. Der Planet ist als dunkler Punkt vor der hellen Sonnenscheibe zu sehen. Auf dem linken Teilbild ist Merkur der dunkle runde Fleck näher zum Zentrum der Sonne; er bewegt sich innerhalb der 1,5 Stunden, die zwischen den beiden Aufnahmen vergangen sind, nach rechts (zum Sonnenrand) hin. Der Vorübergang kann über 5 Stunden dauern und an der Größe des Punktes erkennt man, daß er (und damit der Merkur) kleiner ist als die ebenfalls sichtbaren Sonnenflecken. Wie bereits erwähnt, muß sich Merkur bei der unteren Konjunktion auch nahe seiner Bahnknoten aufhalten. Im Gegensatz zu den Mondknoten, die in 18 Jahren einmal den ganzen Tierkreis durchlaufen, bewegen sich die Bahnknoten des Merkurs mit einer Winkelgeschwindigkeit von nur 1,2 Grad pro Jahrhundert nur sehr langsam. Deshalb stehen die Bahnknoten des Merkurs immer zur gleichen Jahreszeit vor der Sonne. Der absteigende Knoten des Merkurs (die Merkurbahn durchstößt die Erdbahnebene von Norden nach Süden) befindet sich ca. am 9. Mai, der aufsteigende Knoten befindet sich am 11. November vor der Sonne. An diesem Tag würde Merkur zentral vor der Sonne vorüberziehen. Findet die untere Konjunktion früher oder später statt, so läuft Merkur immer weiter vom Mittelpunkt der Sonnenscheibe entfernt, bis schliesslich die Sonnenscheibe ganz verfehlt wird. Nur wenn die untere Konjunktion zwischen dem 6. und 11. Mai oder zwischen dem 6. und 15. November Schattenspiele am Himmel Seite 2 Ing. Erich Weber stattfindet, erscheint Merkur vor der Sonnenscheibe. Diese eher kurzen Zeiträume machen Merkurvorübergänge zu einem seltenen Ereignis. Nur etwa alle 7 Jahre zeigt sich der Planet als schwarzer Punkt vor der Sonne. Das nächste Mal passiert der Merkur die Sonne am 7. Mai 2003. Um 7:11:26 Uhr berührt an diesem Tag das Merkurscheibchen mit einem scheinbaren Durchmesser von nur 12" den Sonnenrand und befindet sich ab 7:15:52 Uhr bis 12:27:59 Uhr vollständig vor der Sonnenscheibe. Um 12:32:24 Uhr verläßt das Merkurscheibchen wieder endgültig den Sonnenrand. 1.2 Venusdurchgang Der Planet Venus kreist ebenfalls innerhalb der Erdbahn. Dabei steht sie im Mittel alle 584 Tage zwischen Erde und Sonne (untere Konjunktion). Doch genau so, wie es nicht bei jedem Neumond eine Sonnenfinsternis gibt, steht die Venus nicht bei jeder unteren Konjunktion genau genug zwischen uns und der Sonne, daß wir uns in ihrem Schatten aufhalten würden. Der Kernschattenkegel der Venus ist nur knapp. 1 Mio. km lang. Die Erde ist jedoch bei der unterer Konjunktion etwa 40 Mio. km entfernt. Deshalb durchqueren wir den Halbschatten und den Bereich der ringförmigen Sonnenfinsternis des Venusschattens. Es gilt also Ähnliches wie bei Merkurdurchgängen. Nur wenn die untere Konjunktion der Venus in der Nähe der Bahnknoten (Ort, wo die Venusbahn durch die Erdbahnebene stößt) stattfindet, zeigt sich Venus vor der Sonnenscheibe. Venusvorübergänge sind sehr seltene Ereignisse. Sie folgen sich in regelmäßigen Abständen von 8 – 105,5 – 8 – 121,5 – 8 – 105,5 – 8 – 121,5 – 8, ... Jahren. Diese Regel gilt von der Mitte des 2. Jahrtausends bis zum Beginn des 4. Jahrtausends. Im 20. Jahrhundert fand nie ein Venustransit statt. Die letzten Transite fanden am 9. Dezember 1874 und 6. Dezember 1882 statt. Wobei von Mitteleuropa aus gesehen nur der letzte Transit teilweise bei Tag stattfand. Er begann um 15 Uhr. Bis zum Sonnenuntergang nach 16 Uhr hatte sich die Venus bereits ein Stück in die Sonne hinein bewegt. Zum Zeitpunkt des Transitendes nach 21 Uhr war es längst Nacht. Der Amerikanische Kontinent lag günstiger, dort konnte der Transit in seiner vollen Länge von gut 6 Stunden beobachtet werden. Bei der gegenwärtigen Lebenserwartung werden wir während unseres Lebens genau zwei Chancen haben, einen Venusdurchgang zu sehen, nämlich im Jahr 2004 und 2012. Nur der erste findet für Europa in voller Länge bei Tage statt. Für den zweiten ist für uns Europäer eine lange Flugreise nach Fernost angesagt, will man sich nicht mit der letzten Stunde des Transits nach Sonnenaufgang begnügen. (Rendering von Arnold Barmettler, www.calsky.com) Der kommende Venustransit vom 8. Juni 2004 (siehe Bild oben in einer Simulation von Arnold Barmettler) wird für Europa und Afrika am Morgen stattfinden. Die Venus mit einem scheinbaren Durchmesser von nur 58“ wird die Sonnenscheibe 1 Stunde und 20 Minuten nach Sonnenaufgang um 7:20 Uhr zum ersten Mal wieder nach 121 Jahren 6 Monaten und 2 Tagen berühren. Dies nennt man den ersten Kontakt eines Venustransits. Um 13:23 Uhr verläßt die Venus wieder endgültig den Sonnenrand. Die nächsten beiden Ereignisse am 6. Juni 2012 und 11. Dezember 2117 bleiben in Mitteleuropa unbeobachtbar. Erst wieder am 8. Dezember 2125 besteht in südwestlichen Teilen Europas die Möglichkeit zur Beobachtung eines Venusdurchgangs. 1.3 Sonnenfinsternis Sonnenfinsternisse gehören zu den wohl eindrucksvollsten astronomischen Ereignissen. Nur durchschnittlich zweimal pro Jahr wirft unser Mond einen Schatten auf die Erde. Sonnen- und Mondfinsternisse haben schon vor langer Zeit die Menschen fasziniert. Bereits vor 4000 Jahren wurden Finsternisse beobachtet und im alten Griechenland konnten diese vorhergesagt werden. Der Mond bewegt sich in etwa 28 Tagen einmal um die Erde. Wenn sich der Mond genau zwischen Erde und Sonne befindet (also jeweils bei Neumond) und dabei seinen Schatten auf die Erde wirft, kann es zu einer SonSchattenspiele am Himmel Seite 3 Ing. Erich Weber nenfinsternis kommen. Da jedoch die Mondbahn unter einem Winkel zur Erdbahn steht, gibt es nicht bei jedem Neumond eine Sonnenfinsternis, sondern nur dann, wenn der Mond gleichzeitig auch in einem der zwei Kreuzungspunkte (den sog. „Knoten“) der beiden Bahnen steht. Ist dies nicht der Fall, so verfehlt der Schatten des Mondes die Erde. Wie alle Planetenbahnen, so ist auch die Mondbahn um die Erde kein Kreis, sondern eine Ellipse. Dadurch ändert sich immer der Abstand des Mondes zur Erde. Ist er näher bei der Erde, so erscheint er größer und kann somit bei einer Sonnenfinsternis die komplette Sonne bedecken. Falls er jedoch gerade weiter weg ist, schafft er dies nicht, und es bleibt ein Stück der Sonne sichtbar. Die totale Sonnenfinsternis vom 11. August 1999 aufgenommen vom Autor dieses Skriptums Der Schatten, den der Mond auf die Erde wirft, besteht aus einem dunklen, sogenannten Kernschatten sowie einem nicht ganz so dunklen Halbschatten. Diese unterschiedlichen Schattentypen kann man sich ganz einfach selbst einmal vor Augen führen: Betrachten wir dazu einmal den Schatten unserer Hand, den diese z.B. durch eine Lampe bedingt auf einen Tisch wirft. Je näher wir uns mit unserer Hand der Tischplatte nähern, desto kräftiger und deutlicher wird der Schatten der Hand auf dem Tisch zu sehen sein. Befindet sich unsere Hand jedoch in größerer Entfernung zum Tisch, so erreicht nur ihr Halbschatten die Tischoberfläche. Der Schatten erscheint dann heller und ziemlich diffus. Je nach Abdeckungsgrad werden Sonnenfinsternisse in partielle (der Mond bedeckt die Sonne nur teilweise), ringförmige (bei der Mitte der Finsternis bleibt noch ein Ring von der Sonne übrig) und totale (die Sonne wird komplett bedeckt) Finsternisse unterteilt. 2 Mondfinsternis Mondfinsternisse sind ein Spezialfall hinsichtlich von „Bedeckungen“, denn von der Erde aus gesehen, wird dabei eigentlich kein Himmelskörper bedeckt. Dennoch spielt eine Bedeckung eine große Rolle, nämlich die Bedeckung der Sonne durch die Erde, gesehen von unserem Mond aus. Der Schatten der Erde ist ein Kegel, der von der Erde ausgeht und 1,4 Mio. km von der Erde weit entfernt in einer Spitze zusammenläuft. Der Mond zieht seine Bahn viel näher an der Erde und sollte deshalb bei Vollmond in den Kernschatten der Erde eintauchen. Doch bewegt sich der Mond auf seiner Bahn so, daß er bei Vollmond bis über 37000 km oberhalb oder unterhalb der Verbindungslinie Erde – Sonne, die ja auch die Achse des Schattenkegels darstellt, vorbeizieht. Der Erdschatten ist in der Mondentfernung acht mal kleiner. Deshalb verfehlt der Vollmond meistens den Kernschatten der Erde. Etwa zwei mal jährlich findet der Vollmond in für eine Mondfinsternis ausreichender Nähe des Erdschattens statt (und damit steht auch entweder der Neumond 2 Wochen davor oder der Neumond danach günstig für eine Sonnenfinsternis). Eine Mondfinsternis beginnt mit der ersten Berührung des Halbschattens durch den Mond. Für einen Beobachter auf der Nachtseite der Erde ändert sich der Anblick des Vollmondes nicht. Zu unbedeutend ist dabei der Sonnenlichtverlust an irgend einem Punkt am östlichen Rand der Mondscheibe. Mit einer Geschwindigkeit von einem Kilometer pro Sekunde taucht in der folgenden Stunde der Mond tiefer und tiefer in den Halbschatten der Erde ein. Vielleicht nach einer halben oder besser 3/4 Stunde kann man ein Helligkeitsgefälle der Mondscheibe von Osten nach Westen erkennen (entlang der Ekliptik betrachtet). Ist der Mond vollständig im Halbschatten eingedrungen, so ist der dem Kernschatten nächste Teil der Mondscheibe nun deutlich bräunlich verfärbt. Ein paar Minuten später berührt der Mond den Kernschatten der Erde. Dies nennt man den ersten Kontakt. Die ersten Gebiete der Mondoberfläche erleben nun eine totale Sonnenfinsternis. Wir auf der Erde sehen nach dem ersten Kontakt eine ziemlich scharfe Grenze zwischen dem noch im Sonnenlicht stehenden und schon im Erdschatten befindlichen Gebieten langsam über den Mond ziehen. Während dieser Zeit erlebt man eine partielle Schattenspiele am Himmel Seite 4 Ing. Erich Weber Mondfinsternis. Der Teil, der sich bereits im Kernschatten befindet, schimmert in einer kupferroten Farbe. Während die Mondfinsternis der Totalität entgegen geht, wird der Nachthimmel dunkler. Immer schwächere Sterne werden sichtbar. Die totale Mondfinsternis beginnt, wenn der Mond vollständig in den Kernschatten eintaucht. Dies nennen die Astronomen den dritten Kontakt. Die Gebiete des Mondes, die gerade eben noch im Sonnenlicht waren, leuchten nun kupferrot. Gegen die Mitte des Kernschattens läßt dieses Licht nach und geht in ein schwaches Dunkelrot bis Braungrau über. Deshalb sind die Stellen des Mondes, die besonders tief im Schatten liegen, manchmal nur noch schwer zu erkennen. Dies hängt jedoch davon ab, wieviel Licht von der Erdatmosphäre in den Kernschatten gestreut wird, denn dieses Licht sorgt dafür, daß der Mond nicht unsichtbar wird. Wenn der Mond durch die Mitte des Kernschattens läuft, kann die totale Mondfinsternis mehr als eindreiviertel Stunden dauern. Berührt der Mond den Rand des Kernschattens von innen her kommend, endet mit dem dritten Kontakt die totale Mondfinsternis. Nun vergeht ca. eine weitere Stunde, bis der Mond den Kernschatten beim 4. Kontakt ganz verlassen hat. Während dieser Zeit kehrt allmählich die übliche Helligkeit einer Vollmondnacht wieder zurück, und besonders bei leichtem Dunst verschwinden die Sterne wieder bis auf die hellsten. Verläßt auch der letzte Fleck auf dem Mond den Kernschatten, endet die partielle Mondfinsternis mit dem 4. Kontakt. Nur noch ein bald verblassendes diffuses, dunkleres Gebiet am Ort des 4. Kontakts zeigt, daß der Vollmond noch den Halbschatten verlassen muß, bevor nach einer weiteren Stunde die Mondfinsternis definitiv vorüber ist. Alles zusammengerechnet kann eine Mondfinsternis bis zu sechs Stunden dauern. 3 Bedeckungen durch unseren Mond Bei seinem Lauf durch den Tierkreis (er kann sich bis zu 5° nördlich und südlich von der Ekliptik entfernen) bedeckt der Mond des öfteren andere Himmelskörper, wie unsere Sonne (siehe 1.3), Planeten, Planetenmonde, Kleinplaneten, Sterne, Sternhaufen, Nebeln und Galaxien. Solche Bedeckungen können manchmal mit freiem Auge, meist aber mit einem Teleskop beobachtet werden. Der helle Stern Spica in der Jungfrau streift den Nordpol unseres Mondes (aufgenommen am 30. November 1994 von Motomaru Shirao). 3.1 Bedeckungen von Sternen Die mit Abstand häufigsten Bedeckungen durch unseren Mond werden an Sternen beobachtet. Infolge des Fehlens einer Mondatmosphäre verschwindet der punktartig erscheinende Stern plötzlich am linken (östlichen) Mondrand und taucht ebenso unvermittelt am gegenüberliegenden rechten (westlichen) Mondrand wieder auf. Bedeckungen von Sternen bis zur 6. Größenklasse kommen im Durchschnitt pro Jahr über 50 mal vor. Von den hellen Sternen 1. Größe (und heller) können auf Grund der scheinbaren Mondbahn nur folgende gelegentlich bedeckt werden: Aldebaran, Regulus, Spica und Antares. 3.2 Bedeckungen von Planeten Bedeckungen von Planeten durch den Mond sind gar nicht so selten. Dies liegt daran, daß die Planeten und der Mond in derselben Ebene liegen. Ähnlich wie sich Langstreckenläufer im Stadion immer auf der Laufbahn bewegen und nicht kreuz und quer die Treppen rauf- und runterlaufen, sind nämlich auch der Mond und die Planeten in ihrem Aufenthaltsort eingeschränkt. Die Ebene, in der die Sonne sich scheinbar durch den Sternenhimmel bewegt, nennt man Ekliptik und die Bahnen des Mondes und der Planeten sind nur wenig von dieser Ebene verschieden. Schattenspiele am Himmel Seite 5 Ing. Erich Weber Durch die geringen Abweichungen kommt es nicht jeden Monat zu Bedeckungen aller Planeten. Meist geht der Mond um einige Grad über oder unter den Planeten vorbei. Da sich (speziell die äußeren) Planeten nur langsam am Himmel bewegen, kommt ihnen der Mond dadurch einmal pro Monat bei seinem Umlauf um die Erde mehr oder weniger Nahe. Die echten Bedeckungen sind dabei immer wieder ein interessantes Ereignis für einen Beobachter. Anders als bei Sternbedeckungen, die praktisch „augenblicklich“ sind und dem Beobachter so erscheinen, als hätte jemand eine Lampe ausgeknippst, kann die Bedeckung eines Planeten über eine Minute dauern. Streifende Bedeckungen der Venus von einer halben Stunde Eintrittsdauer und auch partielle Bedeckungen sind beobachtet worden. Für die Forschung haben diese Ereignisse jedoch nicht die gleiche Bedeutung wie Sternbedeckungen. 4 Bedeckungen durch planetare Körper 4.1 Bedeckungen durch Planeten Sternbedeckungen durch Planeten gehören zu den seltensten Himmelserscheinungen überhaupt. Bedeckungen durch die Venus sind noch am häufigsten, spielen sich aber leider oft am hellen Tag- oder Dämmerungshimmel ab. So findet für Österreich im Zeitraum von 1900 bis 2100 für Sterne 3. Größe nur ein einziges, gut beobachtbares Ereignis statt (17. November 1981, Bedeckung von s Sgr durch die Venus). Gegenseitige Bedeckungen von Planeten finden extrem selten statt. Das letzte Ereignis dieser Art war am 3. Jänner 1818. Damals bedeckte die Venus den Jupiter. Die nächste Bedeckung findet erst am 22. November 2065 statt. Hier wird die Venus ebenfalls den Jupiter bedecken 4.2 Sternbedeckungen durch Kleinplaneten Kleinplaneten gelten als Überreste der Planetenbildung und sind meist wenige Kilometer groß - die größten aber durchaus schon mal gute 500 km. Der Schatten eines solch „kleinen“ Felsbrockens erreicht die Erde trotz mehrerer Millionen Kilometer Entfernung, weil das Licht eines Sternes in einigen Lichtjahren Abstand zu uns fast parallel im Sonnensystem ankommt (in der Umkehrung ist das der Grund, daß wir Sterne selbst mit Großteleskopen nur als Lichtpunkte sehen). Aus der Parallelität des Lichts folgt, daß ein Kleinplanetenschatten auf der Erde nur wenige hundert Kilometer groß ist. Demzufolge kann etwa ein Beobachter in Antau über eine Finsternis jubeln, während sein Kollege in Jennersdorf nichts mitbekommt. Die Chance, eine Sternbedeckung durch einen Kleinplaneten zu erleben, hat ein ortsfester Beobachter etwa ein halbes Dutzend Mal im Jahr. 5 Bedeckungen in Mondsystemen anderer Planeten Das wohl bekannteste und von Amateurastronomen am meisten beobachtete Mondsystem eines anderen Planeten ist das des Jupiters. Auf Jupiter findet fast täglich eine Sonnen- oder Mondfinsternis statt. Die großen vier Monde werfen einen auch mit kleineren Fernrohren gut zu beobachtenden Schatten auf Jupiter. Ihr Auftauchen und Verschwinden im Jupiterschatten (=Mondfinsternis) gehört zu den ersten großen Himmelsereignissen, die ein frisch gebackener Amateur durch sein neues Fernrohr sieht. Schatten des größten Jupitermondes Ganymed am Jupiter aufgenommen am 8. September 1998 mit einem Takahashi TSC 225 und einer Starlight Xpress HX516 von Robin Casady Viel seltener sind Bedeckungen und Verfinsterungen eines Mondes durch einen anderen Mond. Da die Jupitermonde durch Amateurteleskope mehr als Stern denn als Scheibchen gesehen werden können, beschränkt sich die Beobachtung solcher Phänomene auf die Messung oder Beobachtung eines Lichtabfalls, wenn ein Mond oder ein Teil davon im Schatten eines anderen für ein paar wenige Minuten verschwinden. Schattenspiele am Himmel Seite 6 Ing. Erich Weber Die Galileischen Monde umkreisen den Planeten Jupiter in guter Näherung in der Bahnebene des Jupiters um die Sonne. Da die Jupiterbahn selbst nur wenig gegen die Bahnebene der Erde um die Sonne geneigt ist, blicken wir somit immer mehr oder weniger flach auf die Bahnen der Jupitermonde. Deshalb erscheint die Bewegung der Jupitermonde dem irdischen Beobachter eher als ein Pendeln um Jupiter denn als Kreisen. Die geringe Bahnneigung der Monde macht es auch möglich, daß Sonnen- und Mondfinsternisse auf Jupiter alltägliche Dinge sind. Das Faszinierende daran ist, daß diese Phänomene schon mit kleineren Teleskopen zu beobachten sind. 6 Bedeckungsveränderliche Sterne Die einzige Art von Bedeckungen außerhalb unseres Sonnensystems, die wir in diesem Skriptum behandeln wollen, sind bedeckungsveränderliche Sterne. Dabei handelt es sich um Doppel- und Mehrfachsternsysteme, dessen Komponenten sich in solch einem Winkel um ihr gemeinsames Schwerkraftzentrum bewegen, daß sie sich - von der Erde aus beobachtet - gegenseitig verdecken und damit Helligkeitsschwankungen zeigen. Beckungsveränderliche werden nach der Form ihrer Lichtkurven klassifiziert. Helligkeitsverlauf von Algol (Bild © 1998 Sky Publishing Corp.) Bei Algol-ähnlichen Systemen sind die Komponenten deutlich voneinander getrennt und fast kreisförmig. Daher ist die Lichtkurve zwischen den Bedeckungen fast konstant. Die Perioden erstrecken sich vom Bruchteil eines Tages bis zu vielen Jahren. Beta Lyrae-Doppelsterne bestehen aus durch Gravitation verzerrte ellipsenförmige Komponenten. Sie haben ungleiche Helligkeiten. Ihre Lichtkurve verändert sich kontinuierlich mit Amplituden < 2m. Die Perioden sind typischerweise größer als einen Tag. W Ursae Majoris-Sterne zeigen kontinuierlich ändernde Lichtkurven. Ihre Amplitude liegt bei 1m oder weniger. Die Komponenten sind stark verzerrte Zwergsterne, die (fast) in Kontakt miteinander stehen und sich in der Regel in weniger als einem Tag umkreisen. 7 Beobachtung von Sternbedeckungen Nachdem wir nun alle möglichen Bedeckungen und Finsternisse kennengelernt haben, wollen wir uns auf die Beobachtung von Sternbedeckungen durch den Mond und durch Kleinplaneten konzentrieren. 7.1 Beobachtungsinstrument Sternbedeckungen können schon mit Fernrohren ab 5 cm Öffnung erfolgreich beobachtet werden, doch viele Bedeckungen sind selbst für größte Instrumente schwierig oder zu schwierig. Der Schwierigkeitsgrad für ein vorhandenes Fernrohr ist daher reizvoll groß und als Regel kann gelten, daß man sich nur auf jene Bedeckungen konzentrieren sollte, die für das betreffende Instrument noch leicht erreichbar sind. Es kommt ja nicht darauf an, eine ganz bestimmte oder gar alle Bedeckungen zu erfassen, sondern sichere und korrekte Ergebnisse zu erzielen und gerade schwierige Bedeckungen führen meist zu unsicheren Ergebnissen. 7.2 Exakte Zeit Viel wichtiger als die Art des Teleskops ist jedoch die genaue Zeitnehmung. Bei totalen Sternbedeckungen durch den Mond und durch Kleinplaneten darf der Fehler nicht größer als 0,1 Sekunden sein (im Zeitalter von Hipparcos und Clementine ist dieser Fehler sogar noch zu groß, dazu aber mehr unter 10), bei streifenden Sternbedeckungen reicht eventuell auch eine Genauigkeit von 0,5 Sekunden. In Österreich gibt es zwei gute Möglichkeiten zur genauen Zeit zu gelangen, eine ist die Wiener Telefonnummer 01/1505, was jedoch einen Festnetzanschluß bei der Beobachtung notwendig macht, denn bei Handys kann es nicht unerhebliche Abweichungen geben, die die Ergebnisse unbrauchbar machen. Die zweite Möglichkeit ist der deutsche Langwellensender DCF, der auf der Frequenz 77 kHz exakte Zeitsignale abstrahlt. Diese können mit einem entsprechenden Empfänger gehört werden, untauglich sind jedoch die zahlreichen DCF-Funkuhren, da diese meist nur stündlich synchronisieren und somit eine Ungenauigkeit möglich ist. Zur genauen Zeitmessung gibt es verschiedene Möglichkeiten: Schattenspiele am Himmel Seite 7 Ing. Erich Weber ? Auge/Ohr-Methode: Der Beobachter hört während der Bedeckung ein Zeitsignal, zählt die Sekunden mit und schätzt den Erscheinungsmoment im Kopf in das betreffende Sekundenintervall ein. Diese Methode benötigt die geringsten Hilfsmittel, erfordert jedoch eine gewisse Übung. ? Stoppuhr-Methode: Der Beobachter löst die stehende Stoppuhr so rasch als möglich nach der Wahrnehmung der Erscheinung aus und hält sie möglichst bald danach bei der Sekunde 0 eines Zeitsignals an. Die Uhrzeit der Bedeckung ergibt sich durch Subtraktion der Stoppuhrlaufzeit von der Uhrzeit der vollen Signalminute. Dabei kommt es auf die Verläßlichkeit der Stoppuhr an (Genauigkeit der Stoppuhr unter Beobachtungsbedingungen kontrollieren!). ? Tonband-Methode: Der Beobachter nimmt während der Beobachtungsperiode ein Zeitsignal und ein von ihm im Erscheinungsmoment ausgelöstes Signal (nach Möglichkeit ein künstlich erzeugtes Signal und kein Schrei oder ähnliches, ausgenommen bei streifenden Bedeckungen) auf das selbe Tonband auf. Später wird das Band beliebig oft zur genauen Ermittlung des Erscheinungszeitpunktes abgehört. Man entgeht so den Fehlern der Stoppuhr. Alternativ zum Abhören kann man die Aufzeichnung auch auf einem PC digitalisieren und mit einfachen Programmen vermessen. Bei der Zeitmessung muß auch die „persönliche Gleichung“ berücksichtigt werden. Darunter versteht man den zeitlichen Unterschied zwischen dem Ereignis und der Auslösung von dessen Registrierung durch den Beobachter. Sie beträgt 0,1 bis 1 Sekunde oder mehr, ist für verschiedene Beobachter und Ereignisse unterschiedlich und kann im groben Durchschnitt zu 0,3 Sekunden angenommen werden. Man kann die persönliche Gleichung messen, indem man ein zeitlich genau fixiertes Ereignis, etwa das Aufleuchten eines Lämpchens, überraschend dem Beobachter darbietet und das Zeitintervall mißt, das zwischen dem Ereignis und dem vom Beobachter daraufhin ausgelösten Signal liegt. Auch einige PC-Programme (z.B. „Lunar Occultation Workbench“) können bereits die Gleichung ermitteln. Bei der Stoppuhr-Methode wird der Einfluß der persönlichen Gleichung etwas gemildert. Vollkommen ausschalten kann man die persönliche Gleichung durch Verwendung von Aufnahmegeräten, die die Bedeckung selber und ein Zeitsignal gleichzeitig aufnehmen können. Lichtempfindliche Videokameras, die es bereits kostengünstig gibt, bieten sich dafür an. Diese Art der Beobachtung wird in Zukunft auf Grund der damit erreichbaren Genauigkeit (Genauigkeit: 1/25 Sekunde) die einzige Methode bei totalen Bedeckungen mit wissenschaftlichem Wert sein. 7.3 Exakte Koordinaten des Beobachtungsortes Genauso wichtig wie die exakte Zeit ist die exakte Position des Beobachters. Die beste und genaueste Messung ist wertlos, wenn man seine Position nicht auf 30 Meter genau kennt. Dabei ist auch das für die Ortsbestimmung verwendete Bezugssystem, also das sog. „geodätische Datum“ (z.B. GPS oder Bessel-Ellipsoid) zu berücksichtigen. Nähere Infos dazu gibt’s sicherlich im zuständigen Vermessungsamt bzw. auch bei den Burgenländischen Amateurastronomen. Für totale Sternbedeckungen verwendet man im Normalfall immer den gleichen Ort mit bekannten Koordinaten, problematisch wird die Sache bei streifenden Bedeckungen, denn dafür ist mitunter eine Fahrt in eine unbekannte Gegend notwendig. Dennoch sind auch für diese Beobachtungen die genauen Koordination wichtig. Eine Möglichkeit dabei ist die Auswahl des Beobachtungsplatzes nach markanten Punkten, die man auch zu einem späteren Zeitpunkt jederzeit wieder exakt finden kann und die nach Möglichkeit auch in einer Karte leicht zu finden sind (z.B. Kreuzungen von Feldwegen). Seit Mai dieses Jahres (da wurde ein aus militärischen Gründen künstlich generierter Fehler im GPS entfernt) kann auch GPS zur Ortsbestimmung verwendet werden. 7.4 Vorausdaten Woher weiß man nun, wann man was beobachten soll? Nun, es gibt mehrere Wege zu diesen Vorausdaten. Die vielleicht einfachste Methode ist das Nachschauen im „österreichischen Himmelskalender“ (herausgegeben von Hermann Mucke). Das Problem dabei ist einerseits, daß die Daten dort nur für Wien und Innsbruck berechnet sind und man außerdem seine eigenen Charakteristika (z.B. die Daten des Teleskops) nicht berücksichtigen kann. Eine Alternative zum Himmelskalender – de facto aus der gleichen Quelle – sind die Computerausdrucke des Astronomischen Büros Wien, die exakt für den jeweiligen Beobachtungsort erstellt werden. Diese Ausdrucke werden bei entsprechend aktiver Mitarbeit kostenlos zugesandt. In der heutigen Zeit, wo fast jeder Amateurastronom auch einen PC sein Eigen nennt, liegt natürlich die Verwendung eines Rechners zur Vorausberechnung von Bedeckungen nahe. Im Internet gibt es zwei mehr oder weniger kostenlose Programme (siehe 11.3), die diese Aufgabe recht gut erfüllen. Von vielen Leuten wird das Programm „Occult“ von David Heralds verwendet. Mir persönlich gefällt aber das Programm „Lunar Occultation Workbench“ von Eric Limburg besser, denn dieses Programm ermöglicht auch die grafische Darstellung der Bedeckung, was die Orientierung mitunter erleichtert. Beide Programme können in Abhängigkeit von zahlreichen einstellbaren Parametern (Teleskop, Erfahrung des Beobachters, Grenzhelligkeit, ...) Sternbedeckungen durch den Mond (inkl. streifender) berechnen und die Ergebnisse der Beobachtungen verwalten sowie im richti- Schattenspiele am Himmel Seite 8 Ing. Erich Weber gen Format für die Weiterleitung ausgeben. „Occult“ kann zusätzlich noch Bedeckungen durch Kleinplaneten berechnen. 7.5 Beobachtung Hat man nun die Vorausdaten zur Verfügung kann man zur eigentlichen Beobachtung schreiten. 7.5.1 Totale Bedeckungen An Hand der Vorausdaten weiß man nicht nur wann welcher Stern bedeckt werden wird, sondern auch genau wo dieser Stern hinter dem Mond verschwinden bzw. wieder auftauchen wird. Darüber gibt der sog. Positionswinkel Auskunft, das ist der Winkel vom Himmelsnordpol zum Bedeckungsstern im Augenblick des Ereignisses (Bedeckung Beginn/Ende), gemessen vom Mittelpunkt der Mondscheibe (Norden = 0°, O = 90°, S = 180°, W = 270°). Dabei ist zu beachten, daß der Nordpol des Mondes seine Ausrichtung laufend ändert und daher daraus nicht die Richtung zum Himmelsnordpol abgeleitet werden kann. Der Mondnordpol hat also seinen eigenen Positionswinkel. Der nächste wichtige Faktor ist die Art des Ereignisses, handelt es sich also um den Beginn einer Bedeckung oder das Ende, findet das Ereignis am beleuchteten oder am dunklen Mondrand statt. Prinzipiell ist ein Eintritt am dunklen Mondrand besonders leicht zu beobachten: ? Der Stern ist vorher zu sehen. ? Der Stern ist am dunklen Mondrand leicht zu sehen, da der Kontrast gut ist Ein Austritt am hellen Mondrand ist nur bei sehr hellen Sternen überhaupt beobachtbar: ? Der Stern ist nicht vorher zu sehen. Daher muß man anhand der Vorhersage versuchen, an die richtige Stelle am Mondrand zu schauen. ? Der Kontrast zwischen hellem Mondrand und Stern ist gering. Ein heller Stern, ein gutes Fernrohr mit hoher Vergrößerung und ruhige, klare Luft sind Voraussetzungen für einen Erfolg. Bei abnehmendem Mond ist es umgekehrt: ? Eintritte sind am hellen Rand ? Austritte sind am dunklen Rand Austritte am dunklen Rand sind immer noch schwieriger als Eintritte, aber auch ohne Riesenfernrohr und lange Praxis erfolgversprechend. Übrigens sind Beobachtungen von Austritten sehr gefragt, da sie seltener beobachtet werden (Nicht, weil sie schwieriger wären, nein; Austritte müssen meist in der zweiten Nachthälfte beobachtet werden ...). Mindestens zehn Minuten vor der verausberechneten Zeit soll das Fernrohr beobachtungsbereit sowie Uhrzeitquelle überprüft sein. Wenn man die Beobachtung nicht mit Hilfe einer Videokamera durchführt, so sollte man sich möglichst bequem und entspannt hinsetzen und sich an den Anblick des Mondes im Fernrohr gewöhnen. Bei Bedeckungsenden wird nochmals die Austrittsstelle am Mondrand aufgesucht bzw. abgeschätzt. Im Erscheinungszeitpunkt wird dann die Zeit gemessen (siehe 7.2). Das war’s! 7.5.2 Streifende Bedeckungen Recht selten gelangt ein hellerer Stern - für einen festen Standort auf der Erde - in die unmittelbare Nähe des nördlichen oder südlichen Mondrandes. Es hängt dann wegen der relativ geringen Entfernung des Mondes von der Erde davon ab, wo genau der Beobachter sich auf der Erde befindet, ob er eine kurze „streifende“ Bedeckung oder einen nahen Vorübergang am Mondrand sieht. Je nach Verteilung der Berge und Täler auf dem Mond („Mondrandprofil“) und genauem Standort des Beobachters verschwindet der Stern bei einer streifenden Sternbedeckung unter Umständen mehrmals hinter Bergen, um zwischendurch in Tälern kurzzeitig wieder sichtbar zu werden. Beobachter an verschiedenen, etwa wenige 100 m bis wenige km auseinanderliegenden Standorten sehen einen jeweils anderen Schnitt durch das Mondrandprofil. Beobachtungen von streifenden Sternbedeckungen erfordern also das Aufstellen von mehreren Beobachtern entlang eines ziemlich kleinen Gebietes. Es ist daher meist notwendig, seinen angestammten Beobachtungsort zu verlassen, um solche Erscheinungen beobachten zu können. Die folgende Liste soll bei der Koordination behilflich sein: ? Die Stationen sollten ausreichend lange vor dem Ereignis besichtigt und festgelegt werden. ? Die Beobachter melden bis einige Tage vor dem Ereignis ihre Teilnahme und ihre Ausrüstung (Fahrzeug, Teleskop, Zeitmessungseinrichtung, Art der Datenaufzeichnung) um eine Aufteilung entlang der Finsternislinie festlegen zu können. ? Die Beobachter treffen sich ausreichend lange vor dem Ereignis (z.B. 2 Stunden) an einem festgelegten Treffpunkt und teilen sich anschließend auf die geplanten Beobachtungsplätze auf. ? Es sollte mit möglichst vielen Beobachtern in verschiedenen Gruppen (z.B. 10) von verschiedenen Stationen aus beobachtet werden. Schattenspiele am Himmel Seite 9 Ing. Erich Weber ? Jede Station muß über ein Teleskop, einen Zeitzeichenempfänger (DCF77, GPS) oder Ähnliches (z.B. genau justierte Zeit in der Videokamera) und ein Datenaufzeichnungsgerät (Tonband, Kassettenrecorder, Videokamera) verfügen. Der Zeitzeichenempfänger sollte ein akustisches Signal von sich geben, das zusammen mit den gesprochenen Kommentaren des Beobachters auf Tonband oder die Tonspur des Videobandes aufgenommen wird. Einige Spezialisten besitzen Zusatzgeräte, mit denen das Zeitzeichen im Bild eingeblendet wird. Ideal ist die Aufnahme des Ereignisses am Teleskop auf Videoband. Möglich ist aber auch die Beobachtung mit dem Auge am Teleskop, wobei der Beobachter das Gesehene zur Aufnahme auf Tonband beschreibt (kurze präzise Kommentare wie "Stern zu sehen", "weg!", "da!", "Wolke", Schätzung der Reaktionszeit bei einem Ereignis etc.). Der Ablauf der Beobachtung soll möglichst detailliert protokolliert werden. ? Nach dem Ereignis treffen sich alle Beobachter wieder an einem Punkt. Dabei werden die aufgezeichneten Daten zur Auswertung eingesammelt. 7.5.3 Kleinplaneten Zum Unterschied von Sternbedeckungen durch den Mond sind bei Kleinplaneten, diese meist nicht zu sehen, da sie viel zu dunkel sind. Das einzige was man also sieht, ist der Stern, der von dem Kleinplaneten bedeckt werden soll. Kommt es zu einer Bedeckung, so verschwindet dieser Stern plötzlich. Da ein Kleinplanet meist ein ziemlich kleines Objekt ist, sind für eine genaue Vorhersage, ob es zu einer Bedeckung kommt oder nicht, die exakten Bahnelemente des Kleinplaneten und die exakte Sternposition notwendig. Da beide Werte allerdings mit Fehlern behaftet sein können (und meist auch sind – wenn auch in geringem Ausmaß), kann nie ganz sicher vorhergesagt werden, ob es tatsächlich zu einer Bedeckungen kommen wird. Es kann also passieren, daß man auf eine Bedeckung am Fernrohr wartet und nichts passiert. Aber auch solche negativen Ergebnisse sollten unbedingt weitergeleitet werden. Eine solche Beobachtung sollte nicht nur auf die Minute genau erfolgen sondern in einem Zeitfenster von mindestens fünf Minuten davor und danach. Während dieser Zeit muß man den Stern immer im Auge behalten, was eine erhebliche Konzentrationsübung darstellt. Zur Beobachtung braucht man eine relativ geringe technische Ausrüstung: ? ein Teleskop mit dem man den kritischen Stern sehen kann ? ein Datenaufzeichnungsgerät (Tonband, Kassettenrecorder, Videokamera), mit dem man die Beobachtung dokumentiert ? ein Zeitzeichengeber. 8 Weiterleitung der Daten Früher wurden die Ergebnisse von Sternbedeckungen durch den Mond mittels eines von der ILOC (International Lunar Occultation Centre) in Tokio entworfenen Formulars an diese weitergeschickt. In der heutigen Zeit geschieht das natürlich hauptsächlich via eMail. Auch hierfür gibt es ein genau definiertes Format. Die beiden weiter oben (siehe 7.4) erwähnten Programme können automatisch Dateien in diesem Format erzeugen. Es wird daher empfohlen nach Möglichkeit diese Programme zu verwenden. Wer ein Interesse an dem Aufbau dieser Dateien hat, kann sich eine Beschreibung über die Homepage der IOTA (siehe 11.2) besorgen. Sternbedeckungen durch planetare Körper können zwar ebenfalls in dem erwähnten ILOC-Format weitergeleitet werden, jedoch gibt es dafür auch ein eigenes, einfacheres Formular der IOTA. Die Daten sollen nach der richtigen Formatierung an die folgenden Adressen weitergeleitet werden: ? Streifende Sternbedeckungen: Dr. Mitsuru Sôma, V.P. for Grazing Occultation Services, National Astronomical Observatory, Osawa Mitaka-shi, Tokyo 181, Japan, eMail: [email protected] ? Totale Sternbedeckungen und (in Kopie) streifende Sternbedeckungen: International Lunar Occultation Centre (ILOC), Geodesy and Geophysics Division, Hydrographic Department, Tsukiji-5, Chouku, Tokyo, 104, Japan, eMail: [email protected] ? Sternbedeckungen durch planetare Körper: Jan Manek, IOTA V.P. for Planetary Occultation Services, Stefanik Observatory, Petrin 205, 118 46 Praha 1, Tschechien, eMail: [email protected] 9 Erfahrungsberichte Anhand von einigen Beispielen aus seiner 20jährigen Beobachtungserfahrung beleuchtet Thomas Weiland aus Wien in den folgenden Absätzen einige interessante Aspekte von Sternbedeckungen. Besten Dank dafür! Je nach Helligkeit des bedeckten Sternes sowie der jeweiligen Mondphase ergibt sich für jedes Fernrohr ein reizvoll großer Schwierigkeitsbereich, der ausgelotet werden muß. Grundsätzlich gilt, daß bei vergleichbaren astronomischen Randbedingungen, wie z. B. Höhe des Sternes, Stand der Dämmerung etc., Bedeckungsanfänge am sichtbaren dunklen Rand am leichtesten, Bedeckungsenden am hellen Rand hingegen am schwierigsten zu Schattenspiele am Himmel Seite 10 Ing. Erich Weber beobachten sind. Unter Umständen können jedoch Erscheinungen am dunklen Rand auch bei kleiner Mondphase schwierig zu beobachten sein, wenn z. B. die Bedeckungsstelle unmittelbar im Bereich einer Hornspitze liegt. Beobachtungsbeispiele: 1983 01 08, 11 B Lib, +7,1mag, Mond zu 30% beleuchtet, dunkler Rand sichtbar, Bedeckungsstelle nahe der südlichen Hornspitze und 1989 05 09, 52 Gem, +6,0mag, Mond zu 24% beleuchtet, dunkler Rand sehr gut sichtbar, Bedeckungsstelle zwischen zwei beleuchteten Mondbergen nahe Südpol. In beiden Fällen war bei 45-facher Vergrößerung die Grenze der Leistungsfähigkeit des Newton-Spiegels erreicht. Bedeckungen bei Mondfinsternissen nehmen insofern eine Sonderstellung ein, als auch relativ schwache Sterne, die ansonsten bei Vollmond absolut unsichtbar wären, beobachtet werden können. Dies gilt jedoch nur, wenn sich der betreffende Stern im Bereich des Kernschattens der Erde befindet. Beobachtungsbeispiel: 1989 08 17, 44 Cap, +6,0mag, 14 Minuten vor Beginn der Totalität, Bedeckung am gut sichtbaren verfinsterten Rand. Gute Sicht kann ungünstige astronomische Randbedingungen, wie z. B. geringe Höhe des Sternes, nahezu wettmachen. Beobachtungsbeispiel: 1997 10 05, ? Lib, +5,5mag, Mond zu 15% beleuchtet, dunkler Rand sehr gut sichtbar, Höhe des Sternes 6°, klare Sicht. Für Bedeckungen bei großer Mondphase ist dies von untergeordneter Bedeutung, da die Überstrahlung des Sternes durch den Mond eine größere Rolle spielt. Bedeckungsstellen in geringem Abstand zum Terminator (bei fast vollem Mond bzw. polnahen Bedeckungen) und solche am hellen Rand verlangen nach entsprechender Definition des Bildes, gutes Seeing ist also Voraussetzung. Beobachtungsbeispiel: 1996 12 26, ? Gem, +3,6mag, Mond zu 98% beleuchtet, -9° C, Luftunruhe für das Nichterfassen ausschlaggebend. Um zusätzliche Störungen durch Tubusturbulenzen zu vermeiden, ist bei tiefen Temperaturen eine ausreichende Angleichung des Fernrohres an die Außentemperatur wichtig (bei der o. g. Bedeckung wäre eine längere Anpassungszeit günstig gewesen). Bedeckungen von offenen Sternhaufen bieten die Möglichkeit, in einer einzigen Nacht zahlreiche Ereignisse zu erfassen. Für kleine Geräte sind derartige Beobachtungen nur bei helleren Objekten (Plejaden, Hyaden, eventuell Praesepe) lohnenswert. Beobachtungsbeispiele: 1982 03 06, ? Cnc, +6,3mag (hellster Stern in der Praesepe), Mond zu 90% beleuchtet, schwächere Mitglieder überstrahlt. 1990 07 18, Bedeckung der Plejaden (17, 23, 24, ? , 27 und 28 Tau), Mond zu 22% beleuchtet, dunkler Mondrand (sehr) gut sichtbar, Erscheinungen in ? 8° Höhe, Sterne bis zu +6,3mag einwandfrei erfaßt. Streifende Bedeckungen verlangen im allgemeinen hohe Konzentration und sind selbst für große Instrumente oft zu schwierig. Außerdem sollte man bereits ein gewisses Maß an Erfahrung mitbringen und sich gut im Gelände orientieren können. Erscheinungen am hellen Rand sind, ebenso wie Beobachtungen am Tage, nur bei Sternen 1. Größe und guten Bedingungen zu empfehlen. Beobachtungsbeispiel: Streifende Bedeckung ? Tau, 1998 02 05: Bei Durchsicht des Himmelskalenders 1998 fiel mir auf, daß am frühen Abend der Stern 275 B Tau, +6,5mag, bedeckt werden sollte. Aus Erfahrung wußte ich, daß etwa 1 bis 2 Stunden später der Mond knapp an Aldebaran vorbeiziehen oder ihn sogar bedecken würde. Doch weder für Wien noch für Innsbruck war eine Bedeckung von ? Tau angegeben. Dadurch neugierig geworden, sah ich mir die Sache mit Uraniastar 1.1 näher an. Es zeigte sich, daß für meinen Beobachtungsort der Mond knapp südlich an Aldebaran vorbeizog. Die nördliche Grenzlinie mußte sich also südlich von Wien befinden (dies läßt sich mit der ausgestreckten Hand leicht nachvollziehen). Weiteres Suchen ergab auch für Eisenstadt keine Bedeckung, für Graz und Klagenfurt hingegen schon. Der Grenzlinienverlauf wurde schließlich durch genaue Berechnung, welche Herr Prof. Mucke dankenswerterweise vornahm, ermittelt. Am Tag der Bedeckung herrschte nahezu wolkenloses, windstilles Wetter, und so machte ich mich in Richtung Seewinkel auf. Als Beobachtungsort wählte ich eine Straßenkreuzung 1,5 km nördlich der Gemeinde Tadten bzw. 330 m südlich der nördlichen Grenzlinie gelegen. Zwecks Angleichung an die Außentemperatur wurde der Newton-Spiegel etwa 20 Minuten vor dem berechneten Zeitpunkt beobachtungsbereit gemacht. Die elektronische Stoppuhr mit Mehrfach-Stoppmodus war bereits zuvor in einem nahegelegenen Gasthaus an das Zeitsignal des BEV angeschlossen worden. Gegen 18h 30m UT - Aldebaran hatte sich bereits deutlich der Nordpolregion des Mondes genähert - wuchs die Spannung. Knapp 8 Minuten später wurde er schließlich vom hellen Rand bedeckt. Danach blieb er für etwa 2 Minuten verborgen, und es kam in mir der Verdacht auf, doch zu weit südlich gegangen zu sein. Aber ich wurde eines Besseren belehrt, als mit dem Erscheinen des Sternes ein dramatisches „Blinkfeuer“ begann. Dies ging Schattenspiele am Himmel Seite 11 Ing. Erich Weber alles so schnell (5 Zeiten innerhalb von 10 Sekunden!), daß ich keine Gelegenheit hatte, die persönliche Gleichung zu bestimmen. Ich nahm sie jedoch im Mittel zu 0,4s an. Das Seeing war an diesem Abend überdurchschnittlich gut. Bedeckungen am Taghimmel gehören zu den schwierigsten Beobachtungen überhaupt, da es gerade hierbei auf gute atmosphärische Bedingungen ankommt. Brauchbare Ergebnisse sind, von der Zeit kurz nach Sonnenauf- / vor Sonnenuntergang abgesehen, nur bei Sternen 1. Größe zu erzielen. Beobachtungsbeispiel: 1997 07 02, ? Tau, +1,1mag, Mond zu 7% beleuchtet, Abstand zur Sonne 31°, Höhe des Sternes 23°, Sonne 7° über dem Horizont, klare Sicht und gutes Seeing sowie abgedunkelter Beobachtungsplatz für das Erfassen ausschlaggebend. Es ist also ratsam, aus dem Schatten heraus zu beobachten, um Tubusturbulenzen durch direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden, und man achte gegebenenfalls auf ausreichenden Schutz vor Wind. Im Gegensatz zu Nachtbeobachtungen lassen sich bei Tage Erscheinungen am hellen Rand leichter verfolgen, da dieser Umstand zur besseren Auffindbarkeit des Sternes beiträgt, eine etwaige Überstrahlung durch den Mond aber keine Rolle spielt. Beobachtungen mit freiem Auge lassen sich im allgemeinen nur bei Sternen 1. Größe und guter Sicht verfolgen. Bei großer Mondphase (Beleuchtung > 50%) kann die Abdeckung des hellen Mondteiles durch einen entfernten Gegenstand, wie z. B. ein Gebäude, einen Baum etc., erforderlich werden. Beobachtungsbeispiel: Bedeckung ? Tau, 1999 03 22: Dieses Ereignis bot für Österreich die letzte Gelegenheit bis 2015, eine Bedeckung Aldebarans durch den Mond, noch dazu mit freiem Auge, zu beobachten. Erfreulicherweise hielt sich das Wetter nicht an die Prognose, und so konnte ich mit meinem Maksutov-Newton den Eintritt am gut sichtbaren dunklen Mondrand, nahe dem Krater Grimaldi, in einer etwa 25° x 25° großen Wolkenlücke einwandfrei beobachten (persönliche Gleichung 0,2s). Da Aldebaran vor dem Eintritt auch ohne optische Hilfsmittel sehr gut zu erkennen war, konnte ich meinen Bruder Stefan dazu motivieren, die Bedeckung mit freiem Auge zu verfolgen und - wenn möglich - zu stoppen. Dies gelang ihm auch, sein Ergebnis wich jedoch um 0,4s von meinem ab. Bedenkt man aber die Tatsache, daß mein Bruder noch nie eine Sternbedeckung gesehen, geschweige denn mit freiem Auge gestoppt hat, so ist seine daraus resultierende persönliche Gleichung von 0,6s durchaus vertretbar. Meiner Ansicht nach ist eine derartige Beobachtung als solche auch höher einzuschätzen als deren Ergebnis. Damit kann nämlich bestätigt werden, daß in der Antike Bedeckungen von Sternen 1. Größe am dunklen Rand - wie in diesem Falle bei einer Beleuchtung < 50 % auch ohne Abdeckung des hellen Mondteiles - leicht mit freiem Auge gesehen werden konnten. Für den Austritt am hellen Rand hatte ich mir schon in bewährter Weise den Anblick der Bedeckungsstelle, nahe dem Krater Langrenus, mit Hilfe von Uraniastar 1.1 eingeprägt. Leider herrschte - bedingt durch dünne Wolken - etwas schlechteres Seeing als beim Eintritt. Eine deutlich längere Reaktionszeit von 0,4s war die Folge. Durch weitere Zunahme der Bewölkung blieb die erstmalige Sichtbarkeit nahe dem hellen Rand mit freiem Auge unbeobachtbar. Was das Wetter in Mitteleuropa betrifft, so verlasse man sich nicht zu sehr auf die Prognose. Schon manch eine „bewölkte“ Nacht hat zu schönen Beobachtungsergebnissen geführt. Umgekehrt kann es aber auch passieren, daß trotz guter atmosphärischer Bedingungen zum Zeitpunkt der Bedeckung eine einzige Wolke den Blick zum Mond versperrt. Grundsätzlich haben sich die Monate August bis Oktober als klimatisch günstigste Zeit für die Beobachtung von Sternbedeckungen erwiesen. Eine annähernd gleich hohe Ausbeute ist von Februar bis April möglich. Allerdings schwankt die Gesamtzahl der beobachteten Ereignisse von Jahr zu Jahr deutlich (zwischen 5% und 25% der im Himmelskalender angegebenen Bedeckungen). Im Durchschnitt ist mit etwa 15% zu rechnen. 10 Wissenschaftlicher Nutzen Totale Sternbedeckungen werden in Zukunft nur mehr mit hohen Genauigkeiten (möglich z.B. durch den Einsatz von Videokameras) einen wissenschaftlichen Nutzen (Korrektur von Fehlern in der Theorie der Mondbahn, im Sternort und in der Theorie der Erddrehung) haben. Die bisherigen Genauigkeiten von 0,1 Sekunden reichen nicht mehr aus, denn die Daten, die man von Hipparcos und Clementine bekommen hat, sind bereits wesentlich genauer. Streifende Sternbedeckungen dienen zur Bestimmung des tatsächlichen „Mondrandprofils“ (Verteilung der Berge und Täler auf dem Mond). Das ist eine durchaus sinnvolle Arbeit, denn das Mondrandprofil ist auch heute noch nicht mit hinreichender Sicherheit bekannt (es reicht im Prinzip eine Genauigkeit von 0,5 Sekunden). Der genaue Verlauf der Grenzlinie bei einer totalen Sonnenfinsternis bzw. das sogenannte Perlschnurphänomen ("Bailey's beads") kann wegen der Unsicherheit im Mondrandprofil noch nicht mit gewünschter Genauigkeit vorausgesagt werden. Schattenspiele am Himmel Seite 12 Ing. Erich Weber Sternbedeckungen durch planetare Körper ermöglichen prinzipiell, Durchmesserbestimmungen der bedeckten Objekte mit extrem hoher Präzision - wie sie anders kaum erreichbar ist - als auch Aussagen über die Form (Asteroiden), Oberfläche (Fixsterne) und Atmosphäre (Planeten/Monde) zu gewinnen. 11 Quellen 11.1 Literatur ? dtv-Atlas Astronomie, Joachim Herrmann; DTV, München ? Der Sternenbote 9/86, Astronomische Monatsschrift des Astronomischen Büros Wien ? Handbuch für Sternfreunde, G.D.Roth; Springer Verlag Berlin Heidelberg 11.2 Online ? ? ? ? ? ? ? ? IOTA: http://lunar-occultations.com/iota/iotandx.htm astro!nfo Finsternisse: http://eclipse.astronomie.info Sky & Telescope, Occultation Page: http://www.skypub.com/sights/occultations/occultations.shtml EAON: http://www.xcom.it/cana/EAON/ Archenhold-Sternwarte: http://home.snafu.de/astw/ag_seite/sternbed.htm VdS-Fachgruppe Sternbedeckungen: http://www.vds-astro.de/fachgruppen/inh_9stb.htm Astro-AG Heuchelheim: http://wwwstud.uni-giessen.de/~s608/2_98/klein.html Sternfreunde Breisgau: http://www.kis.uni-freiburg.de/~ps/SFB/bedeckung.html 11.3 Software ? Programm „Occult“: http://lunar-occultations.com/iota/winocc.htm ? Programm „Lunar Occultation Workbench“: http://lunar-occultations.com/iota/low.htm ? Online-Programm „calsky.com“: http://www.calsky.com 12 Resümee Dieser Vortrag bzw. dieses Skriptum soll einerseits eine Übersicht über die verschiedenen Bedeckungen und Finsternisse bieten und andererseits zum Mitmachen bei der Beobachtung von Sternbedeckungen animieren. Falls jemand Interesse an dieser Tätigkeit hat, so ist er herzlich eingeladen mit dem Autor via eMail in Kontakt zu treten ([email protected]). Schattenspiele am Himmel Seite 13 Ing. Erich Weber