Herausforderungen für die Umsetzung der SDG der UN und der

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Herausforderungen für die Umsetzung der SDG der UN
und der Beitrag der ILO
Beitrag von Kolping international zur 104. Sitzung der Internationalen Arbeitskonferenz 1.-13. Juni 2015 in
Genf, vorbereitet von Dr. Hildegard Hagemann, Kolping International/Deutsche Kommission Justitia et Pax
Sehr geehrte Vorsitzende,
sehr geehrte Delegierte und Beobachter,
Zunächst bedanke ich mich ausdrücklich für die Möglichkeit, eine Position vorzustellen, die das Ergebnis mehrjähriger
Zusammenarbeit von Kolping international und anderen katholischen Organisationen mit Konsultativstatus bei den
Vereinten Nationen ist, die sich für menschenwürdige Arbeit engagieren. Kolping international ist ein Verband, der ca.
450.000 Mitglieder in 5.300 Kolpingfamilien in über 60 Ländern vereint. Menschenwürdige Arbeit ist für den Verband ein
Arbeitsschwerpunkt, vor allem bezüglich seiner Umsetzung in der informellen Wirtschaft.
Die internationale Staatengemeinschaft wird im kommenden September mit der neuen Nachhaltigen Entwicklungsagenda
entscheidende Weichenstellungen für die internationale Zusammenarbeit beschließen, die bis zum Jahr 2030 gelten werden.
So sind gerade die nächsten Jahre entscheidend für die Festlegung konkreter Maßnahmen und Indikatoren zur
Zielerreichung. Die Pfeiler des ILO- Konzeptes für menschenwürdige Arbeit können maßgeblich zur Orientierung beitragen,
wobei der Einfluss des Konzeptes sich nicht nur auf das vorgeschlagene Ziel ‚Nachhaltiges Wirtschaftswachstum und
menschenwürdige Arbeit‘ reduzieren darf. Menschenwürdige Arbeit ist die Voraussetzung auch für die Erreichung der
anderen vorgeschlagenen Ziele.
Denn, meine Damen und Herren, wie soll man z.B. den Hunger bekämpfen, ohne die Arbeit, die der Erzeugung,
Verarbeitung und Verteilung von Lebensmitteln dient, zu bedenken?
Armut kann nur überwunden werden, wenn die Menschen mit ihrer täglichen Arbeit genug Einkommen für ein
menschenwürdiges Leben erwirtschaften. Die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen führt zu der Anerkennung der
vielfältigen Tätigkeiten von Frauen, die eine Gesellschaft erhalten. Gesundheits- und Bildungseinrichtungen funktionieren
nur mit gut ausgebildeten und motivierten Fachkräften. Arbeitsleistungen zum Erhalt der Bewohnbarkeit von Städten und
dem Aufbau nachhaltiger Infrastruktur sind überlebenswichtig.
Menschenwürdige Arbeit und ihre Pfeiler Rechte bei der Arbeit, Beschäftigung, Soziale Sicherung, Sozialer Dialog, tragen
dazu bei, die Ungleichheit innerhalb und zwischen Staaten auszugleichen, friedliche und inklusive Gesellschaften
aufzubauen und Partizipation, Partnerschaft und Demokratie zu stärken.
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Daher begrüßen wir die Ausführungen des Generaldirektors der ILO in seinem Bericht ‚Die Zukunft der Arbeit- Jahrhundert
Initiative‘ und in seinem Programm- und Budgetvorschlag für die Jahre 2016-2017. Es werden wichtige Maßnahmen zur
Erreichung der Ergebnisse, vor allem Ergebnis 5 Menschenwürdige Arbeit in ländlicher Wirtschaft, 6 Formalisierung
informeller Wirtschaft, 7 Förderung der Einhaltung der Gesetze am Arbeitsplatz durch Arbeitsinspektion und 9 Förderung
von fairen und effizienten Migrationspolitik für Wanderarbeit, vorgeschlagen. Sie haben das Potential, die Situation der
Millionen in der informellen Wirtschaft arbeitenden und besonders verletzlichen Menschen wie Wanderarbeiter, Frauen und
Jugendliche sowohl im ländlichen als auch im städtischen Raum zu verbessern. Voraussetzung für den Erfolg des
vorgeschlagenen Programmes ist der Wille aller Sozialpartner. Vor allem aber sind die Regierungen in der Verantwortung,
die ILO bei der Umsetzung zu unterstützen, da sie die Aufgabe haben, die Rechte aller Arbeitenden zu schützen, deren
Einhaltung zu sichern und den sozialen Dialog zu ermöglichen.
Die Initiative und das Programm der ILO für die Jahre 2016 und 2017 greifen die relevanten Problemfelder auf und eröffnet
damit Möglichkeiten, der Nachhaltigkeitsagenda wichtige Impulse zu geben. Diese sind besonders auf die aktuellen
Herausforderungen in der globalen Arbeitswelt auszurichten, die die prekären Gruppen in der informellen Wirtschaft
betreffen.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir besonders die Verhandlungen zur Transformation informeller Wirtschaft in formelle
Wirtschaft, die in dieser ILC zu einem Abschluss in Form einer Empfehlung gebracht werden. Wir erwarten, dass die ILO den
Ländern, in denen Informelle Wirtschaft den Hauptanteil Arbeitender umfasst, Unterstützung bei der Umsetzung der
Empfehlung anbietet. Allianzen mit Akteuren aus der informellen Wirtschaft und mit Akteuren internationaler
Entwicklungszusammenarbeit sind hilfreich.
Wanderarbeit ist in der heutigen Zeit globalisierter Wertschöpfungsketten und Handelswege, wie der Generaldirektor zu
Recht in seinem Bericht darstellt, ein Querschnittsthema. Dabei gehören nicht nur transnationale Wanderarbeiter zur Gruppe
der verletzlichen Arbeitskräfte. Auch für Binnenmigranten gibt es in vielen Ländern Lücken und Defizite in der Gesetzgebung,
in Bezahlungssystemen, im Zugang zu und Übertragbarkeit sozialer Sicherungsleistungen, zu Gerichtsbarkeit. Diese Defizite
müssen bei der Weiterentwicklung der SDG, vor allem der Entwicklung von Indikatoren berücksichtigt werden. Auch hier ist
die ILO gefordert, die Rechte von Wanderarbeitern zu unterstützen, zumal ILO Ü 143 über Wanderarbeiter 40 Jahre und die
UN Wanderarbeiterkonvention 25 Jahre nach Verabschiedung keine große Anerkennung der internationalen
Staatengemeinschaft erfahren.
Die Gewährleistung von Menschenrechten und die Einhaltung von Gesetzen im Arbeitsbereich ist Aufgabe der
Arbeitsinspektion. Nicht nur in Ländern mit hohem Formalisierungsgrad der Beschäftigungswelt kann man beobachten, dass
in vielen Wirtschaftssektoren Arbeitsverhältnisse prekarisiert werden und auf vulnerable Gruppen zurückgegriffen wird, sei es
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in der Landwirtschaft, haushaltsnahen Dienstleistungen, Nahrungsmittelverarbeitung, Bauwesen, Tourismus. Die
Arbeitsinspektion sieht sich entsprechend komplexeren Aufgaben gegenüber, für die sie besser ausgestattet werden muss.
Nicht die Arbeitenden dürfen kriminalisiert werden sondern diejenigen, die Rechte der Arbeitenden verletzen. Wir begrüßen,
dass die ILO die Arbeitsinspektion thematisieren will.
Eine weitere Herausforderung ist die Institutionalisierung eines gehalts- und wirkungsvollen sozialen Dialogs. Sozialer Dialog
ist ein Instrument Regierungsführung lokal und global zu verbessern und notwendig für eine faire Globalisierung. Er ist
außerdem zum Erhalt friedlicher Gesellschaften dringend notwendig - ein weiteres Nachhaltiges Entwicklungsziel.
Besorgniserregend und den sozialen Frieden bedrohend ist z. B. ist die Zunahme der Fremdenfeindlichkeit angesichts
ausweitender Wanderarbeit. Daher müssen wir den über den klassischen Dialog der Sozialpartner hinausgehenden Dialog
fördern. Er muss in das Bildungssystem hineinreichen, um Xenophobie so früh wie möglich entgegenzuwirken. Zudem
müssen existierende Ansätze weiterentwickelt, vor allem verbreitet und gefördert werden. Auch hier unterstützen wir ILOInitiativen z.B. für interreligiösen Dialog.
Katholische Organisationen, wie Kolping International, einige arbeitnehmer- andere arbeitgeberorientiert, aber gemeinsam
bei der ILO aktiv, sind sich einig darin, dass die Rechte der Arbeitenden geschützt werden müssen. Denn das dient dem
Gemeinwohl und einer Gesellschaft, die die Würde des Menschen und seine unteilbaren Rechte achtet, sie in prekären
Situationen schützt und ihre Verantwortung nachkommenden Generationen gegenüber wahrnimmt.
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