Ruhr-Universität Bochum Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dirk Nolte Dienstort: Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in München Nachuntersuchung der Erfolgsraten der Wurzelspitzenresektion in einer privaten Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnmedizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Tanja Fiedler aus Hannover 2013 Dekan: Prof. Dr. med. Klaus Überla Referent: Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dirk Nolte Koreferent: Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Martin Kunkel Tag der mündlichen Prüfung: 21.01.2014 Abstract Fiedler, Tanja Nachuntersuchung der Erfolgsraten der Wurzelspitzenresektion in einer privaten Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Problem: Ziel dieser Arbeit war die Feststellung der Erfolgsrate der Wurzelspitzenresektion in einer privaten Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und die Untersuchung des Einflusses verschiedener patienten- oder operationsbezogener Parameter auf diese. Die Ergebnisse sollten mit den in der Literatur beschriebenen Angaben und mit der Erfolgsrate von Implantaten als Alternative zur Wurzelspitzenresektion verglichen werden. Methode: Es erfolgte die retrospektive Auswertung der Patientenakten aller Patienten, bei denen zwischen dem 01.09.2005 und 31.07.2010 in der Praxisklinik eine Wurzelspitzenresektion durchgeführt wurde (1762 Zähne bei 1333 Patienten). In die Nachuntersuchungsauswertung wurden Zähne mit einer Nachuntersuchung nach mindestens sechs Monaten aufgenommen, bei denen sowohl ein direkt postoperatives Röntgenbild als auch eines des Nachuntersuchungsbefundes vorlagen (553 Zähne bei 417 Patienten). Ausgewertet wurden die Gesamterfolgsrate und der Erfolg in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, Zahngruppe, Güte der vorhandenen Wurzelfüllung, retrogradem Wurzelfüllmaterial, MAV, knöchernem Attachment, Laser, Rauchen und Behandler. Ergebnis: Es wurde eine mittlere Erfolgsrate von 67 Prozent für alle Patienten festgestellt. Bei der Auswertung des Erfolgs nach Patientenalter lag eine ausgeglichene Verteilung mit leicht erhöhter Erfolgsrate in den Altersgruppen 16 bis 25 und 46 bis 55 Jahren vor. Bei weiblichen Patienten lag die Erfolgsrate mit 65 Prozent leicht unter der beim männlichen Geschlecht mit 68 Prozent. Zwischen Ober- und Unterkiefer gab es keine Unterschiede, beim Vergleich der Zahngruppen wiesen die Prämolaren beider Kiefer die höchste Erfolgsrate auf. 6er und 7er hatten mit 62 bzw. 59 Prozent eine deutlich niedrigere Erfolgsrate als der Durchschnitt. Die Qualität der vor der OP vorhandenen Wurzelfüllung hatte kaum Einfluss auf den Erfolg. Das verwendete retrograde Wurzelfüllmaterial MTA lag mit 70 Prozent Erfolg leicht vor Super-EBA mit 66 Prozent. Ein Eingriff ohne intraoperative MAV hatte mit 68 zu 64 Prozent mit MAV eine etwas bessere Prognose. Bei der Auswertung des Einflusses des knöchernen Attachments wiesen die Gruppen mit 49 bis 60 Prozent und 71 bis 80 Prozent Attachment die höchsten Erfolgsraten auf. Erstaunlicherweise wurde bei Rauchern eine höhere Erfolgsrate ermittelt als bei Nichtrauchern. Zwischen den einzelnen Behandlern gab es kaum einen Unterschied in der Erfolgsrate. Statistisch signifikante Einflüsse der untersuchten Faktoren waren nicht nachweisbar. Diskussion: Im Vergleich zur in der Literatur angegebenen Erfolgsrate der Wurzelspitzenresektion (circa 82 Prozent) liegt das hier ermittelte Ergebnis deutlich niedriger. Das liegt vermutlich an den unterschiedlichen Designs der Studien. So gab es in dieser Studie keine Ausschlusskriterien bei der Auswahl der einbezogenen Zähne, eine hohe Anzahl an behandelten Molaren, eine geringe Recallrate und eine strenge Definition des Erfolges. Auch die in der Literatur beschriebenen Erfolgsraten für Implantate liegen mit circa 93 Prozent deutlich über der Quote der Wurzelspitzenresektion. Allerdings sprechen der übersichtlichere operative und prothetische Aufwand und die im Vergleich geringeren Wurzelspitzenresektion als Versuch des Zahnerhaltes. Kosten auch heute noch für die Meiner Familie Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 8 1.1 Definition 1.2 Historie 1.3 Symptome 1.4 Risikofaktoren 1.5 Indikationen 1.5.1 Absolute Indikation 1.5.2 Relative Indikation 1.6 Kontraindikationen 1.7 Operatives Vorgehen 8 8 9 9 10 10 11 11 12 1.7.1 Anästhesie 1.7.2 Schnittführung 1.7.3 Darstellen und Präparieren der Wurzelspitze 1.7.4 Wurzelfüllung 1.7.5 Postoperative Maßnahmen 1.8 Laseranwendung in der apikalen Chirurgie 1.9 Alternativen zur Wurzelspitzenresektion 12 13 14 15 16 17 17 2. Zielsetzung 18 3. Material und Methoden 20 3.1 Patienten 3.2 Behandlungsablauf 3.2.1 Aufklärungsgespräch 3.2.2 Anästhesie 3.2.3 Schnittführung 3.2.4 Darstellen der Wurzelspitze 3.2.5 Präparation und Füllung der Wurzel 3.2.6 Wundversorgung 3.2.7 Medikamente 3.2.8 Nachkontrolle 3.2.9 Röntgenbilder 3.3 Röntgenauswertung 3.3.1 Apikale Heilung 3.3.2 Knöchernes Attachment 1 20 21 21 21 22 22 23 23 24 24 24 25 25 27 3.4 Definition von Erfolg und Misserfolg 3.5 Beispielfälle 4. Ergebnisse 27 28 30 4.1 Charakterisierung des Patientenkollektivs 4.1.1 Geschlechterverteilung 4.1.2 Altersverteilung 4.1.3 Zahnverteilung 4.1.4 Operierte Zähne pro Patient 4.2 Analyse des nachuntersuchten Patientenkollektivs 4.2.1 Erfolg versus Misserfolg 4.2.2 Kaplan-Meier-Schätzer-Diagramm 4.2.3 Aufschlüsselung Misserfolg 4.2.4 Erfolg in Abhängigkeit vom Alter 4.2.5 Erfolg in Abhängigkeit vom Geschlecht 4.2.6 Erfolg in Abhängigkeit von Zahngruppen 4.2.7 Erfolg in Abhängigkeit von der Wurzelfüllung 4.2.8 Erfolg in Abhängigkeit vom verwendeten retrograden Wurzelfüllmaterial 4.2.9 Erfolg in Abhängigkeit von MAV 4.2.10 Erfolg in Abhängigkeit vom knöchernen Attachment 4.2.11 Erfolg in Abhängigkeit vom Laser 4.2.12 Erfolg in Abhängigkeit vom Rauchen 4.2.13 Erfolg in Abhängigkeit vom Behandler 5. Diskussion 30 30 31 33 35 36 36 37 38 39 40 41 44 45 46 47 48 49 50 51 5.1 Durchgeführte Behandlungen 51 5.2 Vergleich der Ergebnisse mit der Literatur 53 5.3 Einflussfaktoren auf den Erfolg 58 5.4 Vergleich mit den Erfolgsraten von Implantaten 62 6. Zusammenfassung 65 7. Literaturverzeichnis 67 2 Abkürzungsverzeichnis 6er 7er Abb. bzw. cw-Modus d.h. Er:YAG-Laser erste Molaren zweite Molaren Abbildung beziehungsweise continuous wave-Modus das heißt Erbium-dotierter Yttrium-Aluminium-Granat-Laser und andere et cetera Wasserstoffperoxid et al. etc. H2O2 IRM kg kV LL-Laser m mA MAV mg Mio. MKG mm MTA N Nd:YAG-Laser Intermediate Restorative Material Kilogramm Kilovolt Low Level-Laser männlich Milliampere Mund-Antrum-Verbindung Milligramm Millionen Mund-, Kiefer-, Gesicht Millimeter Mineral Trioxide Aggregat Fallzahl Neodym-dotierter Yttrium-Aluminium-Granat-Laser Nanometer Oberkiefer Operation Orthopantomogramm orthograd periapical Index Signifikanzwert sogenannt nm OK OP OPG ortho PAI P-Wert sog. 3 Super-EBA Zinkoxid-Eugenol-haltiger Zement (Ethoxybenzoic acid) u.a. UK w WF z.B. und andere Unterkiefer weiblich Wurzelfüllung zum Beispiel 4 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Verschiedene Studien zur Erfolgsrate von Wurzelspitzenresektionen mit Autor, Jahr der Veröffentlichung, Anzahl der untersuchten Zähne, Zeitraum der Nachuntersuchung, ermittelter Erfolgsrate und untersuchter Zahnart 54 Tabelle 2: Verschiedene Studien zur Erfolgsrate von Implantaten mit Autor, Jahr der Veröffentlichung, Anzahl der untersuchten Implantate, Zeitraum der Nachuntersuchung, ermittelter Erfolgsrate und untersuchtem Kieferabschnitt nach Zahnbereichen 62 5 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Graphische Darstellung der Klassifikation der apikalen Heilung in vier Stadien nach Molven [83] 26 Abbildung 2: Beispielfall1:Röntgenbefund des Zahnes 35 28 Beispielfall 2: Röntgenbefund des Zahnes 46 29 Beispielfall 3: Röntgenbefund der Zähne 21, 22 und 23 29 Gesamtes untersuchtes Patientenkollektiv, dargestellt nach Geschlecht 30 Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Patientenkollektiv, das die Einschlusskriterien der Studie erfüllte, dargestellt nach Geschlecht 31 Abbildung 7: Gesamtpatientenkollektiv, dargestellt nach Altersgruppen 31 Abbildung 8: Nachuntersuchtes Patientenkollektiv, dargestellt nach Altersgruppen 32 Zahnverteilung der untersuchten Zähne nach Ober- und Unterkiefer 33 Abbildung 9: Abbildung 10: Darstellung nach Zahngruppenverteilung der untersuchten Zähne 34 Abbildung 11: Anzahl der operierten Zähne pro Patient 35 Abbildung 12: Erfolg und Misserfolg der nachuntersuchten Zähne 36 Abbildung 13: Kaplan-Meier-Schätzer-Diagramm 37 6 Abbildung 14: Aufschlüsselung des Misserfolgs 38 Abbildung 15: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von der Altersgruppe39 Abbildung 16: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit vom Geschlecht 40 Abbildung 17: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit des Kiefers 41 Abbildung 18: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von Zahngruppen 42 Abbildung 19: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von Ober- und Unterkiefer 6er 42 Abbildung 20: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von Ober- und Unterkiefer 7er 43 Abbildung 21: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von der vorhandenen orthograden Wurzelfüllung 44 Abbildung 22: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von der intraoperativen Wurzelfüllung 45 Abbildung 23: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von einer MAV 46 Abbildung 24: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit vom knöchernen Attachment 47 Abbildung 25: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit vom Laser 48 Abbildung 26: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit vom Rauchen 49 Abbildung 27: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit vom Behandler 50 7 1. Einleitung 1.1 Definition Bei der Wurzelspitzenresektion wird die Wurzelspitze nach Osteotomie des bedeckenden Knochens operativ gekürzt und das infizierte periapikale Gewebe entfernt. In diesem Zusammenhang sollte auch eine Wurzelfüllung erfolgen. Ziel der Operation ist es, einen bakteriendichten Verschluss des apikalen Bereiches zu erreichen. Dazu werden apikal circa 3-4 mm der Wurzel entfernt und damit der Bereich mit den meisten Ramifikationen und kleinen Seitenkanälen. Die Operation besteht demnach aus der Abtragung der Wurzelspitze, der Kanalaufbereitung und einer dichten Wurzelfüllung [108]. Ziel ist es, dass die apikalen pathologischen Veränderungen (apikale Parodontitis, Zyste) komplett ausheilen und der Zahn weiter beschwerdefrei in Funktion verbleiben kann [63]. 1.2 Historie Die Wurzelspitzenresektion, wie wir sie kennen, gibt es seit circa Mitte des 19. Jahrhunderts. Ähnliche Eingriffe sind allerdings schon vorher dokumentiert. So findet man zum Beispiel im Lehrbuch der Chirurgie von Lorenz Heister 1724 eine Operationsmethode beschrieben, die darin bestand, dass bei Fisteln das Granulationsgewebe entfernt wurde und gegebenenfalls auch die Wurzelspitze. Eine Wurzelfüllung war nicht vorgesehen [61]. Von Emile Magitot ist überliefert, dass er 1865 Wurzelspitzenresektionen extraoral an extrahierten Zähnen durchführte, die er nach der Operation wieder replantierte [115]. Der Amerikaner Smith beschrieb 1871 zum ersten Mal genauer einen Fall, bei dem er bei einem schmerzhaften Zahn vom Vestibulum aus die Wurzelspitze mitsamt des infizierten Knochens dieser Region entfernte [62]. Ebenfalls im 19. Jahrhundert führte Farrar Untersuchungen zu periapikalen Entzündungen durch und versuchte mit Knochenbohrungen zur Wurzelspitze, ohne diese zu entfernen, fistelnde Zähne zu erhalten. Am Anfang war der Eingriff auf Front- und vordere Seitenzähne beschränkt, erstmalig wagte sich Grayston 1887 auch an Molaren. Systematisiert wurde das Verfahren der Wurzelspitzenresektion aber erst durch Carl Partsch seit 1890. Partsch etablierte einen systematischen 8 Operationsablauf und führte den nach ihm benannten sogenannten Bogenschnitt nach Partsch ein, der auch heute noch als Standardzugang bei der Wurzelspitzenresektion gelten kann [115]. In der Folgezeit wurde der grobe Ablauf der Operation kaum noch verändert. Als immer wichtiger wurde aber der bakteriendichte Verschluss des Wurzelkanals angesehen. Verschiedene Verfahren wurden eingeführt, von der intraoperativen orthograden Füllung bis zur retrograden Abfüllung mit Silberoder Titanstiften und verschiedensten anderen Materialien [20, 104, 107]. Auch sind inzwischen neben der konventionellen mechanischen retrograden Aufbereitung des Wurzelkanals die Ultraschallpräparation oder die Entfernung der Wurzelspitze mittels Laser möglich [47]. Außerdem kommen immer häufiger vergrößernde Sehhilfen, wie Lupenbrillen, Endoskope oder Operationsmikroskope zum Einsatz [26, 132]. 1.3 Symptome Radiologisch fällt eine apikale Parodontitis durch einen verbreiterten Parodontalspalt oder einer apikale Aufhellung, die in Größe und Ausdehnung variieren kann, auf. Desweiteren muss klinisch bei horizontaler und vertikaler Perkussionsempfindlichkeit und bei ausbleibender Reaktion auf die Sensibilitätsprobe mit einem apikalen pathologischen Geschehen gerechnet werden. Auch Schmerzen oder Druckgefühl im Bereich des betroffenen Zahnes sind typisch. Weiter fortgeschritten ist die Entzündung bereits, wenn es zu intraoder extraoralen Fisteln kommt oder sogar zur Abszessbildung [63]. 1.4 Risikofaktoren Beim Vorliegen bestimmter Risikofaktoren oder Befunden, die zu einer verringerten Wahrscheinlichkeit des Gelingens der Operation beitragen, muss der Nutzen des Eingriffs besonders kritisch abgewogen werden. So wird die Erfolgswahrscheinlichkeit, z.B. durch akut bestehende Entzündungen mit Fistelung, extreme Wurzelanomalien, Obliteration des Wurzelkanals, interne Resorptionen und persistierende apikale Ostitiden, die bereits operiert wurden, vermindert. Auch bei Zähnen mit einer engen Lagebeziehung zu den Nachbarzähnen oder zum Nervus alveolaris inferior, mit Parodontopathien, insbesondere mit tunnelierenden Defekten, mit abgebrochenen Wurzelfeilen oder während der konservativen endodontischen Behandlung perforierten Zähnen kann die Erfolgsaussicht gering sein. Natürlich stellen auch schwere 9 Erkrankungen des Patienten ein Risiko dar, insbesondere wenn die Wundheilung durch die Erkrankung oder Medikamente gestört ist [63]. 1.5 Indikationen Zunächst einmal ist als Voraussetzung für einen operativen Eingriff ein adäquater Allgemeinzustand des Patienten zu sehen, der es zulässt, sich einer Operation in lokaler oder allgemeiner Anästhesie zu unterziehen. So stellen zum Beispiel eine laufende Chemotherapie, Stoffwechselstörungen, Immunsuppression, Zustand nach Bestrahlung oder die Einnahme von Bisphosphonaten einschränkende Kriterien dar. Gerade dann müssen sorgfältig die Alternativen, wie eine alleinige endodontische Behandlung oder die Extraktion mit anschließender kieferorthopädischer, implantologischer oder prothetischer Versorgung, abgewogen werden [108]. 1.5.1 Absolute Indikation Als absolute Indikation für eine Wurzelspitzenresektion ist die Überfüllung des Wurzelkanales mit Überstopfung des Wurzelfüllmaterials in die Kieferhöhle oder den Kanal des Nervus alveolaris inferior zu nennen. Tritt Material in den Kanal des Nervus alveolaris inferior über, kommt es häufig zu Hyp-, Par- oder Anästhesien im Versorgungsgebiet des Nervs. Deshalb ist eine schnellstmögliche Entfernung im Zuge einer Wurzelspitzenresektion immer indiziert, insbesondere wenn Wurzelfüllmaterialien, sog. Sealer, verwendet wurden, die eine neurotoxische Wirkung haben können. Bei Vorhandensein von zinkoxidhaltigem Material in der Kieferhöhle kann dies zu einer Aspergillose führen, so dass auch hier das Material in jedem Fall entfernt werden sollte. Das Vorhandensein einer radikulären Zyste stellt ebenfalls eine absolute Indikation für eine Wurzelspitzenresektion dar, wobei dies klinisch und röntgenologisch nicht sicher nachweisbar ist. Man geht aber davon aus, dass es sich bei periradikulären Osteolysen, die größer als 5 mm sind, häufiger um radikuläre Zysten handelt. Diese Zysten sollten im Zuge der Operation vollständig entfernt und histologisch aufbereitet werden [108]. Korrosive Schädigungen des periapikalen Gewebes erfordern ebenso eine Wurzelspitzenresektion. Dabei kommt es zu apikalen Osteolysen aufgrund der Korrosion von metallischen Materialen wie Amalgam oder Silberstiften. Da diese Materialien heute aber kaum noch als Wurzelfüllmaterial genutzt werden, hat dies eher historischen Wert [46]. 10 1.5.2 Relative Indikation Zu den relativen Indikationen für eine Wurzelspitzenresektion gehört unter anderem die persistierende apikale Parodontitis mit klinischen Symptomen oder zunehmender apikaler Osteolyse. Dies gilt, wenn bereits eine Revision der orhograden Wurzelfüllung erfolgte, aber ohne Erfolg blieb, oder aus anderen Gründen keine Revision möglich ist, wie z. B. ein inserierter Wurzelstift. Außerdem kommt eine Wurzelspitzenresektion in Frage, wenn aufgrund der Wurzelmorphologie keine konventionelle Wurzelfüllung möglich ist. Auch in Apexnähe abgebrochene Wurzelkanalfeilen, die von orthograd nicht entfernt werden können, stellen eine mögliche Indikation dar. Bei apikalen Osteolysen größer als 5 mm ist immer auch über eine konventionelle Wurzelfüllung in Verbindung mit einer Wurzelspitzenresektion nachzudenken, da es sich auch um eine radikuläre Zyste handeln kann. Weitere relative Indikationen sind: Via falsa in Apexnähe, Wurzelfrakturen im apikalen Drittel, Verletzung oder Freilegung der Wurzel bei anderen chirurgischen Eingriffen, anhaltende Schmerzen bei sonst einwandfreier Wurzelfüllung sowie persistierende apikale Osteolyse bei Zähnen, die bereits reseziert wurden [108]. 1.6 Kontraindikationen Zu den allgemeinen Kontraindikationen gehören alle schwerwiegenden medizinischen Gründe, die einen operativen Eingriff unmöglich machen. Auch Erkrankungen, die die lokale Wundheilung oder Regenerationsfähigkeit einschränken, beispielsweise Störungen der Blutgerinnung, Immunsuppression u.a. gehören dazu. Wenn die vorliegenden Kontraindikationen nur temporär bestehen, kann der Eingriff zeitlich verschoben werden. Außerdem kann möglicherweise z.B. eine medikamentöse Therapie oder eine Umstellung der Medikation eine Operation ermöglichen. Spezielle Kontraindikationen liegen vor, wenn die Erhaltungswürdigkeit des Zahnes generell fragwürdig ist. Gründe hierfür können z.B. die fragliche prothetische Wertigkeit, eine therapieresistente Parodontopathie oder eine sehr schlechte Mundhygiene sein. Zudem muss immer bedacht werden, dass durch den Eingriff Knochen verloren geht, der für eine eventuell im Folgenden nötig werdende Implantation von großer Bedeutung ist [46]. Auch wenn die Wurzelspitze in unmittelbarer Nähe von gefährdeten Strukturen, wie z.B. Nachbarzähnen, Kieferhöhle oder dem Kanal des Nervus alveolaris inferior liegt, müssen die Risiken sorgfältig gegen den Nutzen einer Operation abgewogen werden [96]. 11 1.7 Operatives Vorgehen Zuerst ist immer eine eingehende klinische Untersuchung angezeigt, bei der besonders der parodontale Zustand des Zahnes untersucht wird, aber auch der Gesamthygienezustand des Gebisses. Ein Sensibilitätstest sollte an dem zu behandelnden Zahn und zusätzlich an den Nachbarzähnen durchgeführt werden. Ein Test auf Perkussionsempfindlichkeit und ein Abtasten der apikalen Region des Zahnes ist ebenfalls durchaus sinnvoll. Zudem ist ein aktuelles beurteilbares Röntgenbild obligatorisch, auf dem die apikale Region, Lage und Verlauf der Wurzeln gut zu sehen ist sowie die Lagebeziehung zu den Wurzeln der Nachbarzähne. Hierfür kommen Zahnfilmaufnahmen oder ein Orthopantomogramm in Frage. In besonderen Fällen kann auch eine Computertomografie oder eine digitale Volumentomographie indiziert sein, um eventuelle akzessorische Kanäle oder nicht entdeckte Wurzelfrakturen diagnostizieren zu können. Mindestens 24 Stunden vor dem Eingriff muss eine ausführliche Aufklärung über mögliche Komplikationen der Operation erfolgen. Hierzu zählen die Beschädigung von Nachbarzähnen, das Luxieren der Wurzelspitze in benachbarte Strukturen, z.B. in die Kieferhöhle oder Nasenhöhle, eine Fraktur der Wurzel oder eine Nervschädigung, besonders des Nervus alveolaris inferior. Postoperative Infektionen sind ebenso möglich wie Knochennekrosen und eine persistierende Symptomatik. Auch bestehende Alternativen, wie z. B. die Extraktion des Zahnes mit anschließenden Ersatzmaßnahmen, sollten mit dem Patienten ausführlich besprochen werden [63, 108]. 1.7.1 Anästhesie Im Normalfall wird eine Wurzelspitzenresektion in Lokalanästhesie durchgeführt. Nur in Ausnahmefällen, wenn z.B. der Eingriff in mehreren Quadranten gleichzeitig durchgeführt wird, große Zysten entfernt werden sollen oder bei psychischen Problemen, wie z.B. Zahnarztphobie, kann eine Intubationsnarkose indiziert sein. Auch dann sollte eine Lokalanästhesie im Operationsgebiet erfolgen, um die vasokonstriktorische Wirkung des Adrenalins im Lokalanästhetikum für ein blutärmeres Operieren zu nutzen. Deshalb macht es auch Sinn, bei einer Leitungsanästhesie zusätzlich ein weiteres Depot des Anästhetikums an die Wurzelspitze zu setzen [108]. Das Lokalanästhetikum sollte einen Katecholaminzusatz von 1:100000 enthalten, bei Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen kann auch auf einen Zusatz von 1:200000 ausgewichen werden [46]. 12 Im Oberkiefer reicht in der Regel eine vestibuläre Infiltrationsanästhesie, gegebenenfalls in Kombination mit einer palatinalen Anästhesie. Bei großen Zysten kann auch eine Betäubung des gesamten Nervus infraorbitalis sinnvoll sein. Im Unterkiefer wird die Leitungsanästhesie durch eine vestibuläre Infiltrationsanästhesie ergänzt [96]. 1.7.2 Schnittführung Normalerweise wird im Ober- und Unterkiefer der Zugang von vestibulär gewählt. Nur wenn bei Oberkiefermolaren die palatinale Wurzel mit operiert werden soll und dies über den vestibulären Zugang nicht möglich ist, wird ein zusätzlicher palatinaler Zugang nötig. Besonders wichtig ist eine ausreichende Größe des Schnittes, um eine gute Übersicht über die gesamte apikale Region zu gewährleisten. Nerven und Gefäße, wie der Nervus alveolaris inferior am Foramen mentale und die Arteria palatina, müssen immer sicher geschont werden. Auch eine ausreichende Blutversorgung des gebildeten Lappens muss sichergestellt sein. Als klassische Standardschnittführungen gelten der Bogenschnitt nach Partsch, der Winkelschnitt nach Reinmöller und der Zahnfleischrandschnitt. Sowohl beim Bogenschnitt als auch beim Winkelschnitt liegt die horizontale Inzision ungefähr an der Mukogingivalgrenze, so dass noch mindestens 5 mm befestigte Gingiva verbleiben, um eine ausreichende Blutversorgung zu gewährleisten. Beim Winkelschnitt fällt beim Adaptieren der Wundränder die Zuordnung leichter, weswegen er für Anfänger einfacher zu handhaben ist. Die vertikale Inzision liegt anterior auf Höhe des mesialen Nachbarzahnes. Auch der Bogenschnitt nach Partsch verläuft etwa bis zur Mitte der Nachbarzähne. Die Hauptindikation des Zahnfleischrandschnittes liegt insbesondere bei großen apikalen Defekten, weil dann bei den anderen zwei Schnittführungen die knöcherne Unterlage im Bereich des Schnittes nicht sichergestellt ist. Im Frontzahnbereich sollte diese Schnittführung allerdings nach Möglichkeit vermieden werden, da es zu störenden Änderungen der Ästhetik durch Rezessionen kommen kann. Immer genutzt wird der Zahnfleischrandschnitt bei palatinalen Zugängen, wobei auf Entlastungsschnitte verzichtet werden sollte, um die Arteria palatina zu schonen. Deswegen wird der Schnitt bis etwa zur Eckzahnregion ausgeweitet. Bei jedem Schnitt ist darauf zu achten, dass Schleimhaut und Periost glatt durchtrennt werden, damit dann mit einem Raspatorium der Mukogingivallappen vom Knochen gelöst werden kann, ohne das Periost zu verletzten [108]. 13 Es ist vorteilhaft, als Bildgebung eine Panoramaschichtaufnahme des Kiefers vorliegen zu haben, um die Beziehung der Wurzel zur Kieferhöhle und dem Canalis mandibularis und die Ausmaße des knöchernen Defekts genau beurteilen zu können und danach den passenden Zugangsschnitt auszuwählen. Im Unterkieferprämolarenbereich sollte der Zugang großzügiger gestaltet werden, um den Nerv sicher darstellen und schonen zu können. Eher selten finden der Schnitt nach Escici und der Schnitt nach Lindorf Anwendung, die beide lateral der Wurzel platziert werden und vertikal verlaufen, was zu geringer Narbenbildung führt, aber nur bei kleinen knöchernen Defekten genutzt werden kann [46]. 1.7.3 Darstellen und Präparieren der Wurzelspitze Wenn die apikale Osteolyse bereits die bukkale Knochenlamelle erreicht hat, ist das Auffinden der Wurzelspitze recht einfach. Ansonsten sollte man sich am Verlauf der Wurzeln bzw. an den Juga alveolaria orientieren. Mit einer Fräse wird der bedeckende Knochen vorsichtig abgetragen, die Wurzelspitze selbst dann mit einem kleineren Rosenbohrer freipräpariert. Eine ausreichende Kühlung ist obligat, um den Knochen durch Überhitzung nicht zu schädigen. In manchen Fällen ist es sinnvoll, nach der Knochendeckelmethode vorzugehen. Dabei wird aus der Cortikalis ein Knochendeckel präpariert, der nach erfolgter Wurzelspitzenresektion wieder reponiert werden kann, um den Knochendefekt so klein wie möglich zu halten. Besonders im Unterkiefermolarenbereich ist dies häufig indiziert, weil hier der Knochen über den Wurzeln sehr dick ist und die vollständige Entfernung des bedeckenden Knochens einen großen Defekt schafft, der die Heilungschancen vermindern kann [57, 67]. Das entzündliche periapikale Gewebe muss gründlich, z.B. mit einem scharfen Löffel entfernt und zur histologischen Aufbereitung an ein pathologisches Institut geschickt werden. Das Abtrennen der Wurzelspitze erfolgt mit einer Lindemannfräse etwa 3-4 mm koronal der Wurzelspitze. Wenn die Wurzelspitze vollständig abgetrennt wurde, lässt sie sich leicht nach außen entfernen. Es sollte eine leichte Anschrägung von circa 30-40 Grad nach vestibulär erfolgen, um eine bessere Sicht auf den Wurzelquerschnitt und die Kanäle zu haben. Allerdings sollte die Anschrägung nicht zu stark sein, da sonst mehr Dentinkanäle angeschnitten werden, durch die das Risiko einer Reinfektion steigt [108]. Inzwischen wird sogar von einigen Autoren propagiert, ganz auf eine Anschrägung zu verzichten oder sie auf circa 10 Grad zu reduzieren, da dies aufgrund der neuesten mikrochirurgischen 14 Instrumente und Vergrößerungshilfen nicht mehr nötig ist und durch die Anschrägung nur eine zusätzliche Schwächung der Wurzel induziert wird. So kann auch die Resektionshöhle kleiner gehalten werden und es resultiert ein geringerer postoperativer knöcherner Defekt [59]. Die Resektionsfläche kann nun inspiziert werden, am besten unter Zuhilfenahme einer Vergrößerungshilfe, wie z.B. Lupenbrille, Endoskop oder Mikroskop. Besondere Aufmerksamkeit sollte auf eventuelle Frakturlinien, akzessorische Wurzelkanäle, Isthmusverbindungen zwischen den Kanälen und die Dichtigkeit der vorhandenen Wurzelfüllung gelegt werden [108]. 1.7.4 Wurzelfüllung Eine orthograde Wurzelfüllung kann entweder prä- oder intraoperativ erfolgen. Die intraoperative Füllung hat den Vorteil, dass man den apikalen Abschluss durch die Vergrößerungshilfen und die direkte Sicht auf den apikalen Wurzelquerschnitt sehr gut kontrollieren kann. Nachteilig ist jedoch eine verlängerte Operationszeit. Als Wurzelkanalfüllmaterial gilt als Standard Guttapercha in Verbindung mit einem Sealer. Konfektionierte Wurzelfüllstifte aus Titan oder Keramik finden kaum mehr Anwendung, weil sie in Ihrer Form starr und nicht an die eigentliche Form des Wurzelkanals anpassbar sind. Eine orthograde Füllung ist in jedem Fall immer obligat, es sei denn, eine Aufbereitung oder ein Auffinden der Kanäle ist durch vollständige Obliteration von koronal nicht möglich. Für die retrograde Aufbereitung stehen heutzutage Ultraschallinstrumente zur Verfügung. Mit ihnen lassen sich die apikalen circa 3 mm des Kanals sehr gut aufbereiten, wobei auch anatomische Besonderheiten wie Isthmen etc. gut auszuschachten sind [108]. Mit den Ultraschallspitzen, die entweder diamantiert oder undiamantiert erhältlich sind, lässt sich eine saubere Aufbereitung mit guten Erfolgsaussichten bewerkstelligen. Die Gefahr einer Perforation ist im Vergleich zu konventionellen Bohrern stark verringert [23, 72, 97, 127]. Andererseits wurde in mehreren Studien eine erhöhte Anzahl von Mikrorissen der Wurzeln nach Ultraschallpräparation festgestellt. Allerdings war ihr Auftreten abhängig von den verwendeten Aufsätzen und der verwendeten Ultraschallfrequenz, weswegen bei der Geräteeinstellung auf die höchste Intensitätsstufe zu verzichten ist [1, 56, 59]. Eine neue Studie zeigt, dass mit diamantierten Spitzen mehr Mikrorisse induziert werden, die Frequenz aber keinen Einfluss hat [98]. 15 Zur retrograden Wurzelfüllung werden immer neue Materialien entwickelt. Im Moment gelten als Materialien erster Wahl die zwei auf Zinkoxid-Eugenol basierenden Zemente Super-EBA und IRM, MTA und Glasionomerzemente [59, 127]. Zum Einbringen dieser Materialien von retrograd gibt es spezielle Instrumente zum Applizieren und Verdichten. Ein retrograder Verschluss sollte immer vorgenommen werden, wenn die vorhandene orthograde Füllung nicht randständig und homogen ist oder wenn sich weitere Seitenkanäle darstellen [108]. Das früher verwendete Amalgam als retrogrades Füllungsmaterial wird aufgrund seiner Korrosionsanfälligkeit, der Gewebetoxizität, der ungenügenden Abdichtung und dem Auftreten von Amalgamtätowierungen nicht mehr so häufig verwendet. Auch konfektionierte Silberstifte gibt es kaum noch. Sie wurden abgelöst von Titan- oder Zirkonoxidkeramikstiftsystemen [96]. Es folgt die Reinigung der Resektionshöhle. Ein Vollbluten ist erwünscht, damit sich ein Koagulum und daraus neuer Knochen bilden kann. Knochenersatzmaterialien sind nur bei sehr großen Knochenhöhlen, die z.B. durch ausgedehnte Zysten entstanden sind, sinnvoll [108]. Die Technik der transdentalen Fixation, bei der ein Stift von koronal bis über den Apex in den Knochen gesetzt wird, um den Zahn nach der Wurzelspitzenresektion zu verlängern und zu stabilisieren, findet heute kaum noch Anwendung. Sie wurde vor allem bei gelockerten Zähnen mit geringem knöchernen Attachment als letzte Rettungsmöglichkeit genutzt. Allerdings war die Gefahr einer Wurzelsprengung recht groß und heute wird in solchen Fällen eher eine Extraktion und die nachfolgende Insertion eines enossalen Implantats bevorzugt [46]. 1.7.5 Postoperative Maßnahmen Nach Versorgung der Weichgewebswunde durch Adaptation und Naht des Mukoperiostlappens sollte nach der Operation ein Röntgenbild erfolgen, um die Vollständigkeit der Resektion und die Qualität der Wurzelfüllung zu beurteilen, so dass bei Bedarf sofort nachgebessert werden kann. Bei Eröffnung der Kieferhöhle oder bei Besonderheiten des Allgemeinzustandes ist eine perioperative Antibiotikaprophylaxe sinnvoll, die eine Stunde vor der Operation begonnen wird. In mehreren Studien konnte allerdings kein Vorteil einer Antibiotikaprophylaxe nachgewiesen werden, so dass es keine allgemeine Empfehlung zur systemischen Antibiotikagabe gibt [63, 73, 94, 108, 117]. Der Patient sollte die betroffene Stelle gut kühlen, um die Schwellung so gering wie möglich zu halten, und ein leichtes Schmerzmittel mit bekommen [108]. Die Naht kann in der Regel nach sechs bis acht Tagen entfernt werden. Für diesen 16 Zeitraum sollte der Bereich der Wunde bei der Zahnpflege ausgespart bleiben, Chlorhexidinspülungen sind aber empfehlenswert [46]. Mit einer prothetischen Versorgung sollte bis mindestens sechs Monate, besser zwölf Monate, nach der Operation gewartet werden [108]. 1.8 Laseranwendung in der apikalen Chirurgie Laserstrahlen zeichnen sich durch monopolares Licht, große Kohärenz und Energie sowie hohe Parallelität der Strahlen aus. Es gibt sie in Wellenlängen von 100 nm bis 1 mm. In der Zahnmedizin finden Kohlendioxidlaser, Nd:YAGLaser, Er:YAG-Laser, Diodenlaser und LL-Laser in verschiedensten Indikationsgebieten Anwendung. In der Endodontie und der apikalen Chirurgie werden der Nd:YAG-Laser und der Diodenlaser aufgrund ihrer dekontaminierenden Wirkung bevorzugt eingesetzt, weil so viele Bakterien in Seitenkanälen unschädlich gemacht werden können, die mit einer rein chemisch- manuellen Reinigung nicht erfasst werden könnten. Außerdem ist es mittlerweile möglich, die Wurzelspitze mittels des Er:YAG- Lasers schonend abzutragen [59, 108]. 1.9 Alternativen zur Wurzelspitzenresektion Erste Wahl zur Verhinderung einer Operation sollte bei geringsten Zweifeln an der Qualität der vorhandenen Wurzelfüllung immer eine Revision sein mit dem Ziel, alle vorhandenen Kanäle zu finden und dicht abzufüllen. Wenn nötig, ist dies in einer auf Endodontie spezialisierten Praxis und unter Zuhilfenahme eines Mikroskops durchzuführen [46]. Wenn es sich allerdings bei der apikalen Veränderung um eine echte Zyste handelt, die keine Öffnung zur Wurzelspitze aufweist, wird durch eine Revision keine Verbesserung erreicht. Desweiteren ist die apikale Kanalanatomie so komplex, dass man mit konventioneller Therapie niemals eine 100-prozentige Erfolgsquote erreichen wird [59]. Studien berichten von zunächst höheren Erfolgsraten bei chirurgischem Vorgehen, die sich nach mehreren Jahren aber im Vergleich zur Revision aufheben oder sogar umkehren [65, 121, 124]. Ist bei mehrwurzeligen Zähnen nur eine Wurzel betroffen, besteht die Möglichkeit einer Hemisektion, wobei vor allem bei Unterkiefermolaren die befallene Wurzel inklusive des zugehörigen Kronenanteils entfernt wird und ein einwurzeliger Zahn bestehen bleibt, der prothetisch dann mit einer Krone versorgt werden sollte. Wird nur die Wurzel ohne den entsprechenden Kronenanteil entfernt, spricht man von einer Wurzelamputation [96]. 17 Wenn der letzte Erhaltungsversuch in Form der Wurzelspitzenresektion vom Patienten nicht gewünscht ist, so ist die ultima ratio natürlich immer die Extraktion des erkrankten Zahnes. Je nach Position des fehlenden Zahnes, Zustand des Restgebisses und Wunsch des Patienten kann die Lücke festsitzend oder herausnehmbar prothetisch versorgt werden. Auch eine Versorgung der Lücke mit einem enossalen Implantat ist möglich. Hier muss in der Regel aber ein Zeitraum von mehreren Monaten nach der Extraktion abgewartet werden, um eine ausreichende Abheilung der Knochenwunde zu gewährleisten. Ob eine Implantation überhaupt möglich ist oder vorherige knochenaugmentative Maßnahmen notwendig sind, hängt individuell von der Gebiss- und Knochensituation des jeweiligen Patienten ab [108]. Eine weitere Option, die heute aber kaum noch durchgeführt wird, stellt die intentionelle Replantation dar. Hierunter wird die geplante Replantation eines therapeutisch entfernten Zahnes verstanden, der extraoral endodontisch behandelt und gegebenenfalls wurzelreseziert wurde. Eine Indikation für eine intentionelle Replantation stellen Unterkiefermolaren mit enger Beziehung zum Gefäßnervenbündel dar, wobei wegen der großen Knochendicke der Linea obliqua durch eine intraorale Resektion ein unverhältnismäßig großer Knochendefekt gesetzt werden müsste. Auch tiefe parodontale Taschen können in diesem Zusammenhang gut mit einem extraoralen Scaling und gleichzeitiger Reinigung des Knochenfachs von infiziertem Gewebe behandelt werden [10, 25]. Voraussetzung für eine erfolgreiche Replantation ist, dass der Zahn unter Erhalt des Knochenfachs schonend entfernt werden kann, die Erhaltung des Desmodonts sowie die Ruhigstellung des Zahnes nach der Replantation durch Schienung [96]. Studien berichten von Erfolgsraten von 7280,6 Prozent [10, 95]. 18 2. Zielsetzung Ziel dieser Arbeit ist es, die Erfolgsrate der Wurzelspitzenresektion in einer Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zu ermitteln und diese im Vergleich zu den in der Literatur beschriebenen Erfolgsraten zu werten. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, ob verschiedene patienten- und operationsbezogene Parameter einen statistisch relevanten Einfluss auf die Erfolgsrate haben. Hierbei soll der Einfluss von Alter und Geschlecht der Patienten untersucht werden, weiterhin die Abhängigkeit des Erfolges von der operierten Zahngruppe, der Güte der vorhandenen Wurzelfüllung, des retrograden Wurzelfüllmaterials, der intraoperativen MAV, des knöchernen Attachments, der Laserverwendung, des Rauchens und des Behandlers. Desweiteren soll herausgefunden werden, ob es in Bezug auf die Erfolgsrate sinnvoll ist, im Molarenbereich, ganz besonders im Bereich der zweiten Molaren, Wurzelspitzenresektionen durchzuführen. Zudem soll das Ergebnis der Erfolgsraten dieser Zähne im Vergleich zu den Erfolgsraten von Implantationen in der Praxisklinik und in der Literatur verglichen werden. 19 3. Material und Methoden 3.1 Patienten Vom 01.09.2005 bis zum 31.07.2010 wurden in einer privaten Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in München insgesamt 1762 Wurzelspitzenresektionen an 1333 Patienten durchgeführt. Alle Eingriffe wurden von den drei behandelnden Ärzten der Praxisklinik vorgenommen. Mithilfe der Praxiskliniksoftware Evident® konnten anhand der Abrechnungspositionen alle Patienten herausgesucht werden, die einen derartigen Eingriff in diesem Zeitraum erhalten haben. Die Informationen aus den digitalen Karteikarten wurden mithilfe des Programms Microsoft Excel 2007® erfasst. Hierzu gehörten die folgenden Parameter: Patientennummer, Name, Vorname, Geburtsdatum, Adresse, Telefonnummer, Geschlecht, Behandler, Überweiser, Zahn, Anzahl der Kanäle, Art der Wurzelfüllung, Material der retrograden Wurzelfüllung, Datum des präoperativen Röntgenbildes, klinischer Befund, radiologischer Befund, Anamnese, Datum der Operation, Furkationsbefall ja/nein, Komplikationen während OP, Knochenersatzmaterial ja/nein, Datum des postoperativen Röntgenbildes, Schmerzmittel, Antibiotikum, Diodenlaser ja/nein, Besonderheiten bei der Nachbehandlung. Zur Auswertung der Röntgenbilder wurden nur diejenigen Zähne erfasst, bei denen eine klinische und röntgenologische Untersuchung mindestens sechs Monate nach der Operation vorlagen. Ausnahme waren Fälle, die nur eine klinische Untersuchung nach mindestens sechs Monaten aufwiesen, bei denen der Zahn aber im weiteren Verlauf entfernt werden musste, so dass ein weiteres Röntgenbild nicht mehr nötig war. Diese Zähne wurden mit in die Studie eingeschlossen. Ausgeschlossen wurden allerdings Zähne ohne postoperatives Röntgenbild, weil dann die Messung des knöchernen Attachments nicht möglich war. Diesen Kriterien entsprachen letztlich insgesamt 553 Zähne der 1762 resezierten Zähne. Die statistische Auswertung der erhobenen Daten und Ergebnisse wurde mit Hilfe der Programme Microsoft Excel 2007® und IBM SPSS Statistics Standard® Version 20 durchgeführt. Die statistisch signifikanten Unterschiede 20 zwischen den Gruppen wurden mit SPSS® auf Normalverteilung getestet und in Abhängigkeit davon entweder mit dem T-Test oder dem Mann-Whitney-U-Test erfasst. Das Signifikanzniveau wurde bei P<0.05 festgelegt. 3.2 Behandlungsablauf Alle Operationen wurden von den drei Behandlern der Praxisklinik durchgeführt. Es wurde mit Lupenbrille mit integriertem Licht unter standardmäßigen MKGchirurgischen Bedingungen mit steriler Abdeckung operiert. 3.2.1 Die Aufklärungsgespräch meisten Patienten waren Überweisungsfälle niedergelassener zahnärztlicher Kollegen mit der Bitte um eine Wurzelspitzenresektion an einem oder mehreren Zähnen. In den überwiegenden Fällen wurde dann das Aufklärungsgespräch geführt und im Anschluss ein neuer Termin für den operativen Eingriff vereinbart. Im Aufklärungsgespräch wurde der operative Ablauf ausführlich erklärt und auf alle möglichen Risiken wie Schmerzen, Schwellung, Nachblutung, Infektionen, Nervschädigung, Kieferhöhleneröffnung, Rezidiv etc., abhängig von der individuellen Lage und Situation des Zahnes und des Patienten, eingegangen. Die vollständige Dokumentation erfolgte mittels eines standardisierten Fragebogens. 3.2.2 Anästhesie In den meisten Fällen wurde der Eingriff in Lokalanästhesie durchgeführt. Nur in Ausnahmefällen, wie z.B. bei extremer Zahnarztangst oder im Falle anderweitiger oder größerer Eingriffe in derselben Operation, erfolgte die Operation in allgemeiner Anästhesie. Teilweise wurde dem Patienten bei Angstoder Unruhezuständen vor dem Eingriff Midazolam per orem (1mg/kg Körpergewicht) verabreicht im Sinne einer perioperativen Sedierung. Zur Lokalanästhesie Adrenalinzusatz von wurde ausschließlich 1:100000 verwendet, Ultracain® um eine D-S forte mit ausreichende Schmerzfreiheit und Blutleere im Operationsgebiet zu erreichen. Nur bei Kontraindikationen gegen Adrenalin wurde eine reduzierte Dosis von 1: 200000 UD-S verwendet. 21 Im Oberkiefer wurde eine Infiltrationsanästhesie bukkal und palatinal eine Leitungsanästhesie durchgeführt, im UK-Frontzahnbereich wurde ebenfalls mit einer Infiltration anästhesiert sowohl vestibulär als auch lingual. Im Unterkieferseitenzahngebiet wurde neben einer Leitungsanästhesie des Nervus alveolaris inferior und des Nervus lingualis zusätzlich noch bukkal eine Infiltration verabreicht. 3.2.3 Schnittführung Standardmäßig wurde der Bogenschnitt nach Partsch als Zugang zum Operationsfeld gewählt. Bei parodontal fraglich geschädigten Zähnen oder Zähnen, die potentiell extraktionswürdig erschienen, wurde hingegen ein Marginalschnitt mit Entlastung gewählt, um so eine mögliche Paro-Endo-Läsion gleich mit behandeln bzw. den Zahn gegebenenfalls extrahieren und die Wunde plastisch decken zu können. Wurde im Oberkiefermolarenbereich die palatinale Wurzel durch einen separaten Zugang mit operiert, so erfolgte auch hier ein Marginalschnitt von regio 3 bis 7, wenn nötig mit einer kleinen Entlastung im anterioren Bereich. 3.2.4 Nach Darstellen der Wurzelspitze schonender Abpräparation des Mukoperiostlappens mit einem Rasparatorium wurde die ungefähre Lage der Wurzelspitze aufgesucht. Das Freipräparieren der Wurzel im Knochen erfolgte mit einer Hartmetallfräse in Kugelform unter Wasserkühlung. In Einzelfällen wurde auch vor allem im Unterkiefermolarenbereich ein kortikaler Knochendeckel präpariert und nach der Wurzelfüllung reponiert (sog. Knochendeckel-Methode). Das Abtrennen der Wurzelspitze geschah mit einer Kugelfräse oder mit einer Walze. Es wurden die apikalen 3 mm der Wurzelspitze abgetrennt, nur in Ausnahmefällen, wie z.B. bei einem ausgedehnten zystischen Prozess, wurde die Wurzel bis weiter koronal gekürzt. Die Wurzel wurde leicht angeschrägt, um eine gute Sicht auf den Querschnitt und die Kanäle zu erzielen. Entzündungsgewebe wurde mit einem scharfen Löffel entfernt und in den meisten Fällen zur histologischen Aufbereitung an ein pathologisches Institut versandt. 22 3.2.5 Präparation und Füllung der Wurzel Im Normalfall erfolgte nach Inspektion des dargestellten Wurzelquerschnitts die Aufbereitung aller sichtbaren Kanäle mit Ultraschall unter Wasserkühlung. Auch bei bestehenden Wurzelfüllungen wurde zusätzlich eine retrograde Präparation und Wurzelfüllung durchgeführt. Nur in Ausnahmefällen mit einwandfreier Kondensation und Dichtigkeit der vorhandenen Wurzelfüllungen wurde darauf verzichtet. Zur retrograden Aufbereitung kamen Ultraschallsysteme zur Anwendung, entweder das SonicSys®-System der Firma KaVo oder alternativ ein Piezotom der Firma Mectron. In beiden Fällen wurden diamantierte Aufsätze zur Präparation benutzt. Die Aufbereitung erfolgte bis ca. 3 mm koronal des Neoapex. Von 2005 bis April 2009 wurde fast ausschließlich Super-EBA der Firma ESPE zur retrograden Wurzelfüllung verwendet, danach fast nur noch Pro Root MTA® der Firma Dentsply. Das Material wurde jeweils mit Spezialapplikationsinstrumenten in die Kavität eingebracht und mit Stopfinstrumenten von apikal her dicht kondensiert. 3.2.6 Wundversorgung Vor der retrograden Wurzelfüllung wurde das gesamte Wundbett mit H2O2 gereinigt. Bei Eröffnung der Kieferhöhle wurde diese ausgiebig mit Kochsalzlösung gespült. Im Anschluss an die Wurzelkanalaufbereitung und Füllung erfolgte in den meisten Fällen eine zusätzliche Dekontamination der Wundoberfläche im periapikalen Bereich mit dem Diodenlaser für 20-30 Sekunden (Ora-Laser Jet®, Firma Oralia) im cw-Modus bei einer Leistung von 1 Watt und einer Wellenlänge von 810 nm. Es folgte eine plastische Deckung mit resorbierbarem geflochtenem Nahtmaterial aus Vicryl der Stärke 4.0 (Firma Ethicon) mit Rückstich- oder Einzelknopfnähten. Häufig wurde zum Abschluss der Behandlung noch ein dexamethasonhaltiges Präparat auf das Wundgebiet appliziert. Der Patient erhielt Instruktionen zum Verhalten nach der Operation und wurde dann entlassen. Nach einer Behandlung in allgemeiner Anästhesie oder mit Midazolam wurde der Patient nur in Begleitung einer anderen Person entlassen. 23 3.2.7 Medikamente Zur Schmerzbehandlung erhielten die Patienten postoperativ ein Rezept über ein Schmerzmittel, in der Regel Ibuprofen 600 mg, in manchen Fällen auch Präparate mit den Wirkstoffen Paracetamol, Codein, Tramadol, Metamizol oder Diclophenac. In kritischen Fällen oder nach größeren Eingriffen wurde zusätzlich ein Antibiotikum verschrieben, entweder Penicillin, allein oder in Kombination mit Clavulansäure, Lincosamid, Cephalosporin oder Tetrazyclin. Im Falle einer MAV wurde immer ein Antibiotikum zusammen mit Nasentropfen verschrieben. 3.2.8 Nachkontrolle Meistens konnte am Tag nach der Operation eine kurze Nachkontrolle durchgeführt werden. Die Nahtentfernung erfolgte am siebten Tag postoperativ. Termine zur weiteren Kontrolle wurden nach sechs und zwölf Monaten angestrebt, um einen neuen klinischen und röntgenologischen Befund zu erstellen. 3.2.9 Röntgenbilder Lag präoperativ kein Röntgenbild oder nur ein Zahnfilm vor, wurde routinemäßig eine Panoramaschichtaufnahme gemacht, um einen Überblick über die in der Nähe des Zahnes befindlichen Strukturen und Risiken, wie z.B. Nervenbezug, Kieferhöhleneröffnung etc., zu bekommen und eventuelle Nebenbefunde auszuschließen. Postoperativ erfolgte im Normalfall ebenfalls die Anfertigung eines OPGs oder Halbseiten-OPGs, um die Lage und Dichtigkeit der intraoperativ gelegten Wurzelfüllung zu beurteilen. Außerdem wurden bei den Verlaufskontrollen gleichartige Röntgenbilder gemacht, um den Zustand des Knochens und den Verlauf der Reossifikation der apikalen Resektionshöhle vergleichbar beurteilen zu können. Alle in der Praxisklinik gemachten OPGs und Halbseiten-OPGs erfolgten mit dem Orthophos XG Plus® (Firma Sirona) mit Einstellungen von 64-73 kV und 8-15 mA je nach Alter, Größe und Konstitution des Patienten. 24 3.3 Röntgenauswertung Röntgenologisch wurden alle in die Studie aufgenommenen Zähne ausgewertet (N=553 Zähne) (siehe Punkt 2.1). 3.3.1 Apikale Heilung Zur Beurteilung der apikalen Heilung wurde auf eine von Molven [83] und Rud [100] beschriebene Klassifikation zurückgegriffen, die eine Einteilung in vier Gruppen vorsieht, jeweils im Vergleich zum apikalen Befund direkt nach der OP (siehe auch Abb. 1): 1. Komplette Heilung: vollständige Verknöcherung im apikalen Bereich mit normalem oder nur leicht verbreitertem Parodontalspalt, minimale Aufhellung im Bereich der retrograden Wurzelfüllung möglich, sowie minimal geringere Dichte des neugebildeten Knochens; 2. Inkomplette Heilung: deutlich erkennbare Ossifikation im Bereich der Resektionshöhle, aber noch keine vollständige knöcherne Durchbauung; 3. Unsichere Heilung: geringfügige Verkleinerung der Resektionshöhle ohne Anzeichen einer fortschreitenden Reossifikation; 4. Keine Heilung: keine Größenveränderung oder Zunahme der apikalen Aufhellung. 25 Situation postoperativ Situation bei Nachkontrolle 1. 2. 3. 4. Abb. 1: Graphische Darstellung der Klassifikation der apikalen Heilung in vier Stadien nach Molven [83] 26 3.3.2 Knöchernes Attachment Die Attachmentmessungen an den Röntgenbildern wurden alle mit dem Programm IrfanView® in Originalgröße mit der integrierten Messfunktion bestimmt. Zur Bestimmung der knöchernen Tasche erfolgte jeweils mesial und distal die Messung des Abstandes von der Schmelzzementgrenze bis zum marginalen Knochen. Von beiden Strecken wurde der Mittelwert berechnet. War die Schmelzzementgrenze aufgrund einer bestehenden Restauration nicht zu bestimmen, diente als Ersatzpunkt der marginale Restaurationsrand, wie schon in anderen Arbeiten beschrieben [2, 29, 30, 55]. Außerdem wurde die Gesamtwurzellänge gemessen, und zwar bei einwurzeligen Zähnen auf Höhe des Wurzelkanals von der Schmelzementgrenze, die als Tangente an den mesialen und distalen Referenzpunkt konstruiert wurde bis zum Neoapex. Bei mehrwurzeligen Zähnen wurde in der Mitte der Wurzeln gemessen mit koronalem Referenzpunkt analog zu den einwurzeligen Zähnen. Zum Auffinden des apikalen Punktes wurde wiederum eine Tangente an die Neoapices der beiden Wurzeln gelegt und als Referenz die Hälfte der Strecke zwischen den Wurzeln benützt. Bei Oberkiefermolaren konnte die palatinale Wurzel aufgrund von sehr unterschiedlichen Projektionen nicht mit bewertet werden, sondern nur die bukkalen Wurzeln. Von der Gesamtwurzellänge wurde die knöcherne Taschentiefe subtrahiert und anschließend der Quotient aus reduzierter Wurzellänge und Gesamtwurzellänge berechnet. Die Berechnung eines Quotienten war nötig, um einen vergleichbaren Wert zu haben, da die Größe der Röntgenbilder aufgrund des Vorliegens von OPGs und Halbseiten-OPGs nicht immer übereinstimmte. 3.4 Definition von Erfolg und Misserfolg Beurteilt wurden nur Zähne, bei denen eine klinische und röntgenologische Nachuntersuchung nach mindestens sechs Monaten durchgeführt werden konnte (siehe Punkt 2.1). Der kürzeste berücksichtigte Nachuntersuchungsabstand lag demnach bei sechs Monaten, der längste betrug 62,3 Monate (circa 5 Jahre). Als Mittelwert ergab sich ein Beobachtungszeitraum von 18,6 Monaten (circa 1,5 Jahre). Es gab nur die Unterscheidung in Erfolg und Misserfolg. 27 Klinischer Erfolg war bei Beschwerdefreiheit und unauffälligem klinischen Befund der Weichgewebe gegeben. Bei klinischen Beschwerden, wie z.B. akute oder chronische Schmerzen, Klopfempfindlichkeit, apikaler Druckschmerz oder anderen Auffälligkeiten, wie erhöhte Lockerung, Pusaustritt, Fistel, Schwellung, wurde der Zahn als Misserfolg eingestuft. Desweiteren wurde die Extraktion eines behandelten Zahnes ebenfalls als Misserfolg gewertet. Die Definition des röntgenologischen Erfolges war die vollständige oder unvollständige knöcherne apikale Heilung, also Stadium 1 oder 2 nach Molven und Rud (siehe Punkt 2.3.1). Insgesamt wurden klinischer und röntgenologischer Befund zusammen betrachtet und nur, wenn sowohl nach klinischen als auch nach röntgenologischen Kriterien ein Erfolg vorlag, wurde der Zahn als Erfolg gewertet. Alle anderen Befunde fielen in die Gruppe der Misserfolge. 3.5 Beispielfälle Die folgenden Abbildungen zeigen drei Beispielfälle mit jeweils präoperativem, direkt postoperativem sowie dem Röntgenbefund bei der Nachuntersuchung und ihre Einordnung als Erfolg bzw. Misserfolg. Abbildung 2 zeigt den Röntgenbefund des Zahnes 35. Der Zahn wurde nach 22 Monaten aufgrund des Röntgen- und klinischen Befundes als Misserfolg eingestuft und wenig später extrahiert. a) b) c) Abb.2: Beispielfall 1: Röntgenbefund des Zahnes 35 a) präoperativ b) direkt postoperativ c) 22 Monate postoperativ 28 Abbildung 3 stellt den röntgenologischen Befund des Zahnes 46 dar, der aufgrund röntgenologisch einwandfreier apikaler Verhältnisse und völliger Beschwerdefreiheit als Erfolg eingestuft wurde. a) b) c) Abb.3: Beispielfall 2: Röntgenbefund des Zahnes 46 a) präoperativ b) direkt postoperativ c) 24 Monate postoperativ Die Abbildung 4 zeigt den Röntgenbefund der Zähne 21, 22 und 23, wobei 21 und 22 aufgrund des einwandfreien Röntgenbefundes und der klinischen Beschwerdefreiheit als Erfolg eingestuft wurden. Zahn 23 hingegen musste trotz unauffälligem Röntgenbefund aufgrund klinischer Beschwerden in die Misserfolgsgruppe eingeordnet werden. a) b) c) Abb.4: Beispielfall 3: Röntgenbefund der Zähne 21, 22 und 23 a) Präoperativ b) direkt postoperativ c) 12 Monate postoperativ 29 4. Ergebnisse 4.1 Charakterisierung des Patientenkollektivs Insgesamt wurden in der Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie im untersuchten Zeitraum 1762 Wurzelspitzenresektionen an 1333 Patienten durchgeführt. Das nach mindestens 6 Monaten nachuntersuchte Kollektiv bestand dann noch aus 417 Patienten, bei denen 553 Zähne durch eine Wurzelspitzenresektion operiert wurden. 4.1.1 Geschlechterverteilung Von den insgesamt 1333 Patienten waren 791 weiblich und 542 männlich. Das entspricht einem prozentualen Verhältnis von w:m = 59:41 mit deutlichem Übergewicht auf der weiblichen Seite (Abb. 5). 542 weiblich männlich 791 Abb. 5: Gesamtes untersuchtes Patientenkollektiv, dargestellt nach Geschlecht (N=1333 Patienten) Im nachuntersuchten Kollektiv sieht die Verteilung ähnlich aus, allerdings tendenziell mit einem noch größeren weiblichen Anteil. So konnten von den insgesamt 417 Patienten, die die Einschlusskriterien der Studie erfüllten, 258 weibliche und 159 männliche nachuntersucht werden, so dass ein prozentuales Verhältnis w:m von 62:38 resultiert (Abb. 6). 30 159 weiblich männlich 258 Abb. 6: Patientenkollektiv, das die Einschlusskriterien der Studie erfüllte, dargestellt nach Geschlecht (N= 417 Patienten) 4.1.2 Altersverteilung Anzahl der Patienten Im Gesamtkollektiv von 1333 Patienten war der jüngste Patient zum Zeitpunkt der Operation 8 Jahre, der älteste 88 Jahre alt, bei einem Mittelwert von 45 Jahren. In Abbildung 7 erkennt man, dass im Alters-Intervall 36 bis 40 Jahre eine deutliche Häufung vorliegt, dieser Wert ist mehr als dreimal so hoch wie der darauf folgende nächst kleinere. 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 465 136 100 118 1 5 18 84 85 48 68 64 75 42 15 Patientenalter in Jahren Abb. 7: Gesamtpatientenkollektiv, dargestellt nach Altersgruppen (N= 1333 Patienten) 31 7 2 Im nachuntersuchten Kollektiv von 417 Patienten ist ein solch deutlicher Peak nicht mehr zu erkennen, was auf die statistische Ungenauigkeit des kleineren Kollektivs zurückgeführt werden dürfte. Hier liegt die größte Anzahl in den Altersgruppen von 26 bis 70 Jahren, und zwar relativ gleichmäßig verteilt mit einem leichten Peak in der Altersgruppe von 41 bis 45 Jahren. Auch in diesem Kollektiv war der jüngste Patient zum Zeitpunkt der Operation 8 Jahre, der älteste 85 Jahre alt, mit einem Mittelwert von 46 Jahren (Abb. 8). 60 Anzahl der Patienten 56 50 50 49 40 36 35 38 30 34 32 25 20 20 10 0 16 10 1 9 3 3 0 Patientenalter in Jahren Abb. 8: Nachuntersuchtes Patientenkollektiv, dargestellt nach Altersgruppen (N= 417 Patienten) 32 4.1.3 Zahnverteilung Beim Vergleich der wurzelresezierten Zähne von Oberkiefer und Unterkiefer des Gesamtkollektivs fällt ein deutliches Übergewicht zugunsten des Oberkiefers von 62:38 auf. Ähnlich sieht es im nachuntersuchten Kollektiv mit einem prozentualen Verhältnis OK:UK von 61:39 aus (Abb. 9). 38% 39% OK 62% UK OK 61% a) UK b) Abb. 9: Zahnverteilung der untersuchten Zähne nach Ober- und Unterkiefer a) Gesamtkollektiv (N= 1762 Zähne); b) nachuntersuchtes Kollektiv (N= 553 Zähne) Vergleicht man die einzelnen Zahngruppen miteinander, so ergeben sich folgende Abstufungen: in beiden Kollektiven wurden die Oberkieferprämolaren am häufigsten im Sinne einer Wurzelspitzenresektion operiert (22 Prozent bzw. 23 Prozent), dicht gefolgt von den Unterkiefermolaren (jeweils 22 Prozent), auch die Oberkiefermolaren (20 Prozent bzw. 19 Prozent) und Oberkieferfrontzähne (20 Prozent bzw. 19 Prozent) wurden häufig reseziert. Die Unterkieferprämolaren stellen eher einen geringeren Anteil der Operationen dar (11Prozent bzw. 13 Prozent). Am wenigsten wurde der Eingriff an Unterkieferfrontzähnen vorgenommen (5 Prozent bzw. 4 Prozent) (Abb. 10). 33 450 Anzahl der Zähne 400 386 381 358 357 350 300 250 197 200 OK 150 UK 83 100 50 0 Frontzähne a) Prämolaren Molaren Zahngruppen 140 126 121 120 106 Anzahl der Zähne 105 100 80 73 60 OK 40 UK 22 20 0 Frontzähne Prämolaren Molaren Zahngruppen b) Abb. 10: Darstellung nach Zahngruppenverteilung der untersuchten Zähne a) Gesamtkollektiv (N= 1762 Zähne) ; b) nachuntersuchtes Kollektiv (N= 553 Zähne) 34 4.1.4 Operierte Zähne pro Patient Betrachtet man in beiden Kollektiven, wie viele Zähne pro Patient operiert wurden, so zeigt sich eindeutig, dass in den meisten Fällen pro Patient nur ein Zahn reseziert wurde (jeweils 76 Prozent). Relativ häufig ließen die Patienten auch zwei Wurzelspitzenresektionen durchführen (jeweils 18 Prozent). Drei bis sechs Zähne pro Patient wurden nur zu geringen Anteilen operiert (0,2 Prozent bis 4 Prozent) (Abb. 11). 1200 1016 Anzahl der Patienten 1000 800 600 400 239 200 54 16 6 2 3 Zähne 4 Zähne 5 Zähne 6 Zähne 0 1 Zahn 2 Zähne Zähne pro Patient a) 350 317 Anzahl der Patienten 300 250 200 150 100 76 50 16 5 2 1 3 Zähne 4 Zähne 5 Zähne 6 Zähne 0 1 Zahn 2 Zähne Zähne pro Patient b) Abb. 11: Anzahl der operierten Zähne pro Patient a) Gesamtkollektiv (N=1762 Zähne); b) nachuntersuchtes Kollektiv (N=553 Zähne) 35 Diese deskriptive Statistik der beiden Kollektive zeigt, dass das nachuntersuchte Teilkollektiv (N=553 Zähne bei 417 Patienten) in allen untersuchten Fällen ähnliche Verteilungstendenzen in Geschlechts-, Alters- und Zahn-Verteilung aufweist wie das Gesamtkollektiv (N= 1762 Zähne bei 1333 Patienten) und damit als eine repräsentative Stichprobe gelten kann. 4.2 Analyse des nachuntersuchten Patientenkollektivs 4.2.1 Erfolg versus Misserfolg Von den 553 nachuntersuchten Patienten konnten aufgrund der unter Punkt 2.4 definierten Kriterien 368 Zähne als Erfolg eingestuft werden und 185 als Misserfolg. Das entspricht einer Erfolgsquote von 67 Prozent (Abb. 12). 400 (67%) 350 368 Anzahl der Zähne 300 250 200 (33%) 150 185 100 50 0 Erfolg Misserfolg Abb. 12: Erfolg und Misserfolg der nachuntersuchten Zähne (N=553) 36 4.2.2 Kaplan-Meier-Schätzer-Diagramm Aus dem Kaplan-Meier-Schätzer-Diagramm (Abb. 13) ergibt sich, dass die „Überlebenskurve“ (die in diesem Fall einer Misserfolgseinstufung entspricht) nach dem Beginn der Auswertung nach sechs Monaten abfällt, im ersten Abschnitt relativ stark bis circa 20 Monate von 100 Prozent auf circa 75 Prozent. Danach wird die Kurve flacher und nähert sich quasi asymptotisch der ermittelten Erfolgsrate von 67 Prozent nach fünf Jahren an. Daraus kann man ableiten, dass die meisten der in die Studie eingeschlossenen Zähne, die als Misserfolg eingestuft werden mussten, im Zeitraum zwischen sechs und 20 Monaten einzuordnen sind. Im weiteren Zeitraum bis 60 Monate wurden vergleichsweise weniger Zähne als Misserfolg eingestuft. Das lässt den Schluss zu, dass nach 20 Monaten klinisch und radiologisch unauffällige Zähne eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen fortdauernden Verbleib im Mund haben. N= 553 Prozent N= 154 N=44 N=2 Monate nach Operation Abb. 13: Kaplan-Meier-Schätzer-Diagramm 37 4.2.3 Aufschlüsse selung Misserfolg Betrachtet man die Gründe, G warum ein Zahn jeweils als Mis isserfolg eingestuft werden musste, entfä fällt der größte Anteil (84 Zähne) auf Zäh ähne, die aufgrund von Beschwerden od der anderen Gründen extrahiert worden en sind. 40 Zähne wurden aufgrund des es Röntgenbefundes als Misserfolg eing gestuft, 36 Zähne aufgrund des klinisch chen Befundes, röntgenologisch und klin linisch wurden 25 Zähne in die Misserfol olgsgruppe eingeordnet (Abb. 14). röntgenologisch & klinisch 14% Extraktion 45% Erfolg 67% klinisch Misserfolg 19% 33% 22% röntgenologisch nologisch Abb. 14: Aufschlüsselung ng des Misserfolgs 38 4.2.4 Erfolg in Abhängigkeit vom Alter Erfolg/Misserfolg in Prozent Betrachtet man den Erfolg in Abhängigkeit vom Patientenalter zum Zeitpunkt der Operation, so ergibt sich eine relativ ausgeglichene Verteilung (Abb. 15). In den Altersgruppen 16 bis 25 und 46 bis 55 Jahren ist die höchste Erfolgsrate zu beobachten (jeweils 69 Prozent) dicht gefolgt von den Altersgruppen 26 bis 35 und 56 bis 65 Jahren (jeweils 68 Prozent). Am niedrigsten ist die Erfolgsrate (60 Prozent) in der Altersgruppe der 5 bis 15-Jährigen, wobei hier allerdings angemerkt werden muss, dass die Fallzahl (N=5) sehr klein ist. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen konnten nicht festgestellt werden. 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 - Erfolg N=35 N=115 N=5 69 68 N=145 40 31 32 16 - 25 26 - 35 N=94 36 36 - 45 N=82 N=65 69 64 60 5 - 15 Misserfolg 68 67 65 31 32 46 - 55 56 - 65 N=12 35 33 66 - 75 76 -85 Alter in Jahren Abb. 15: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von der Altersgruppe (N= 553 Zähne bei 417 Patienten) 39 4.2.5 Erfolg in Abhängigkeit vom Geschlecht Schlüsselt man den Erfolg in Abhängigkeit vom Geschlecht der operierten Patienten auf, so ergibt sich eine ähnliche Tendenz zwischen Männern und Frauen; in der männlichen Gruppe mit einer leicht höheren Erfolgsquote von 68 Prozent im Vergleich zu 65 Prozent bei den weiblichen Patienten (P-Wert= 0,47) (Abb. 16). Erfolg/Misserfolg in Prozent 80 n=212 n=341 70 60 68 65 50 40 30 35 32 20 10 0 Männer Frauen Erfolg Misserfolg Abb. 16: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit vom Geschlecht (N= 553 Zähne bei 417 Patienten) 40 4.2.6 Erfolg in Abhängigkeit von Zahngruppen Betrachtet man den Erfolg in Abhängigkeit vom operierten Kiefer, so ergibt sich eine identische Erfolgsverteilung (jeweils 67 Prozent) im Ober- als auch im Unterkiefer (P-Wert= 0,89) (Abb. 17). 80 Erfolg/Misserfolg in Prozent 60 N=216 N=337 70 67 67 50 Erfolg 40 30 Misserfolg 33 33 OK gesamt UK gesamt 20 10 0 Abb. 17: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit des Kiefers (N= 553 Zähne bei 417 Patienten) Die Detail-Betrachtung der einzelnen Zahngruppen ergibt die in Abbildung 18 dargestellte Verteilung. Es fällt auf, dass im Ober- und Unterkiefer die Prämolaren die höchste Erfolgsrate aufweisen, im Unterkiefer sogar mit 77 Prozent noch etwas höher als im Oberkiefer mit 71 Prozent. Die Erfolgsquote bei den Oberkieferfrontzähnen liegt mit 67 Prozent genau im Bereich der Gesamterfolgsquote. Die Erfolgswerte der Oberkiefer- und Unterkiefermolaren liegen mit 61 (bzw. 62 Prozent) deutlich unter dem Durchschnitt, die niedrigste Erfolgsquote mit 59 Prozent findet man bei den Unterkieferfrontzähnen, wobei hier allerdings die Fallzahl N=22 sehr gering ist. Auch hier besteht kein signifikanter Unterschied. 41 Erfolg/Misserfolg in Prozent 90 N=73 80 70 60 N=126 N=105 N=106 71 67 61 50 77 N=22 N=121 62 59 40 30 39 33 41 38 29 20 Erfolg Misserfolg 23 10 0 Abb. 18: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von Zahngruppen (N= 553 Zähne bei 417 Patienten) Im Vergleich der ersten Molaren des Ober- und Unterkiefers fällt auf, dass die Erfolgsrate hier mit 62 Prozent wesentlich geringer ausfällt als die Gesamterfolgsrate von 67 Prozent. Es ist wiederum kein Unterschied zwischen Ober- und Unterkiefer feststellbar (Abb. 19). 70 Erfolg/Misserfolg in Prozent 60 N= 84 62 N= 94 62 50 40 38 38 30 Erfolg Misserfolg 20 10 0 OK 6er UK 6er Abb. 19: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von Ober- und Unterkiefer 6er (N= 174 Zähne) 42 Geht man genauer auf die 7er ein, findet man sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer eine Erfolgsrate von 59 Prozent, also auch deutlich unter der Gesamterfolgsquote (Abb. 20). Allerdings muss man auch hier die geringen Fallzahlen von N=22 (bzw. N=27) in die Bewertung mit einbeziehen. Es konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede weder zwischen Ober- und Unterkiefer noch zwischen 6ern und 7ern gefunden werden (P-Wert= 0,98 bzw. 0,99). 70 N=22 N=27 Erfolg/Misserfolg in Prozent 60 59 59 50 40 41 41 30 Erfolg Misserfolg 20 10 0 OK 7er UK 7er Abb. 20: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von Ober- und Unterkiefer 7er (N=49 Zähne) 43 4.2.7 Erfolg in Abhängigkeit von der Wurzelfüllung In der Abbildung 21 ist der Erfolg in Abhängigkeit von der Qualität der vor der Operation vorhandenen orthograden Wurzelfüllung dargestellt. Der Erfolg der Gruppe der röntgenologisch als gut eingestuften vorhandenen Wurzelfüllungen ist mit einer Erfolgsrate von 67 Prozent nur gering höher als in der Gruppe mit der als unzulänglich eingestuften Wurzelfüllung mit 66 Prozent. Auch hier liegt mit einem P-Wert von 0,98 keine statistische Signifikanz vor. 70 Erfolg/Misserfolg in Prozent 60 N=371 67 N=182 66 50 40 Erfolg 30 34 33 Misserfolg 20 10 0 gute WF unzulängliche WF Abb. 21: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von der vorhandenen orthograden Wurzelfüllung (N= 553 Zähne bei 417 Patienten) 44 4.2.8 Erfolg in Abhängigkeit vom verwendeten retrograden Wurzelfüllmaterial Vergleicht man den Erfolg in Abhängigkeit des verwendeten retrograden Wurzelfüllmaterials und den Erfolg in Abhängigkeit von keiner intraoperativ durchgeführten retrograden Füllung, ergibt sich der in Abbildung 22 dargestellte Zusammenhang. Die Gruppe der retrograd mit MTA gefüllten Zähne weist mit 70 Prozent eine leicht höhere Erfolgsquote auf als die Gruppe der retrograd mit Super-EBA gefüllten Zähne (66 Prozent). Die Gruppe der intraoperativ nur von orthograd gefüllten Zähne schneidet mit einer Erfolgsrate von 62 Prozent am schlechtesten ab, wobei diese Gruppe aber auch die niedrigste Fallzahl (N=34) aufweist. Auch hier finden sich keine statistische signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. 80 Erfolg/Misserfolg in Prozent 70 N=373 N=146 N=34 70 60 66 62 50 40 30 Erfolg 38 34 Misserfolg 30 20 10 0 Super-Eba MTA nur ortho WF Abb. 22: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von der intraoperativen Wurzelfüllung (N= 553 Zähne bei 417 Patienten) 45 4.2.9 Erfolg in Abhängigkeit von MAV Im Oberkieferseitenzahngebiet von den Eckzähnen bis zu den zweiten Molaren ist eine Mund-Antrum-Verbindung eine relativ häufige Komplikation. Abbildung 23 verdeutlicht den Einfluss einer intraoperativ entstandenen MAV auf die Erfolgsrate. Für diese Betrachtung wurden nur die Oberkiefer-Eckzähne bis 7er ausgewertet (N=273). In 44 Prozent der Fälle kam es während der Wurzelspitzenresektion dieser Zähne zu einer Verbindung mit der Kieferhöhle. Die Erfolgsrate in der Gruppe ohne MAV liegt mit 68 Prozent leicht höher als in der Vergleichsgruppe mit MAV (64 Prozent). Eine statistisch signifikanter Unterschied lässt sich aber nicht nachweisen (P-Wert=0,46). 80 N=154 N=119 Erfolg/Misserfolg in Prozent 70 60 68 64 50 40 30 Erfolg 36 Misserfolg 32 20 10 0 keine MAV MAV Abb. 23: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit von einer MAV (N=273 Zähne) 46 4.2.10 Erfolg in Abhängigkeit vom knöchernen Attachment In Abbildung 24 ist der Erfolg in Abhängigkeit des röntgenologisch ausgemessenen vorhandenen knöchernen Attachments dargestellt. Die höchsten Erfolgsquoten findet man in den Gruppen 49 bis 60 Prozent und 71 bis 80 Prozent Attachment mit 71 bzw. 70 Prozent, wobei die Fallzahl in der ersten Gruppe mit N=14 sehr gering ist. Die Gruppen mit 61 bis 70 Prozent und 81 bis 90 Prozent Attachment weisen mit 64 Prozent die gleiche Erfolgsrate auf. Am geringsten ist paradoxerweise die Erfolgsrate in der Gruppe mit 91 bis 100 Prozent Attachment mit 57 Prozent, wobei auch hier eine sehr geringe Fallzahl mit N=7 vorliegt. Eine statistisch signifikanter Unterschied lässt sich auch in diesem Fall nicht belegen. Erfolg/Misserfolg in Prozent 80 N=14 70 N=215 N=59 N=258 71 N=7 70 60 64 64 57 50 40 43 36 30 20 36 30 29 Erfolg Misserfolg 10 0 49-60 61-70 71-80 81-90 91-100 Attachment in Prozent Abb. 24: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit vom knöchernen Attachment (N= 553 Zähne bei 417 Patienten) 47 4.2.11 Erfolg in Abhängigkeit vom Laser Betrachtet man den Erfolg in Abhängigkeit vom Gebrauch des intraoperativ zur Dekontamination verwendeten Lasers, so ergibt sich das überraschende Ergebnis, dass die mit Laser behandelte Gruppe mit 65 Prozent eine deutlich niedrigere Erfolgsrate aufweist als die Vergleichsgruppe ohne Laser (76 Prozent). Allerdings muss hier die sehr unterschiedliche Fallzahl von N=495 im Vergleich zu N=58 mit berücksichtigt werden (Abb. 25). Auch in diesem Fall lässt sich mit einem P-Wert von 0,11 nicht von einem statistisch signifikanten Unterschied sprechen. N=58 80 Erfolg/Misserfolg in Prozent 70 60 N=495 76 65 50 Erfolg 40 Misserfolg 30 35 20 24 10 0 Laser kein Laser Abb. 25: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit vom Laser (N= 553 Zähne bei 417 Patienten) 48 4.2.12 Erfolg in Abhängigkeit vom Rauchen Bei der Betrachtung der Erfolgsquoten in Abhängigkeit vom Risikofaktor Rauchen ergibt sich das Ergebnis, dass die Erfolgsrate in der Nichtrauchergruppe mit 66 Prozent deutlich geringer ist als in der Rauchergruppe mit 77 Prozent (Abb. 26). Allerdings unterscheiden sich auch hier die jeweiligen Fallzahlen sehr stark mit N=510 zu N= 43. Statistisch ist der Unterschied zwischen den beiden Gruppen mit einem P-Wert von 0,14 nicht signifikant. 90 N=43 Erfolg/Misserfolg in Prozent 80 N=510 70 60 77 66 50 Erfolg 40 Misserfolg 30 34 20 23 10 0 Nichtraucher Raucher Abb. 26: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit vom Rauchen (N= 553 Zähne bei 417 Patienten) 49 4.2.13 Erfolg in Abhängigkeit vom Behandler Geht man genauer auf die Erfolgsraten der einzelnen Behandler ein, so gibt es kaum Unterschiede (Abb. 27). Behandler 1 und 2 unterscheiden sich mit einem Prozent in der Erfolgsquote, Behandler 3 liegt mit circa 68 Prozent knapp vor den beiden anderen. Da Behandler 3 aber nur mit 22 Fällen in der Statistik vertreten ist, ist dieser Unterschied nicht aussagekräftig. 80.0 Erfolg/Misserfolg in Prozent N=195 N=22 N=200 70.0 60.0 65.6 68.2 64.5 50.0 40.0 30.0 Erfolg 34.4 35.5 31.8 Misserfolg 20.0 10.0 0.0 1 2 3 Behandler Abb. 27: Erfolg und Misserfolg in Abhängigkeit vom Behandler (N= 553 Zähne bei 417 Patienten) 50 5. Diskussion 5.1 Durchgeführte Behandlungen Im Jahr 2009 wurden laut der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung 7,48 Millionen Wurzelkanalfüllungen durchgeführt. Im gleichen Zeitraum wurden 715.300 abgerechnete Wurzelspitzenresektionen erfasst. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von 9,56, d.h. ungefähr jeder zehnte Zahn musste nach einer konservativen endodontischen Behandlung wurzelreseziert werden [54]. Auch in der Literatur finden sich ähnliche Werte (3,8-31,2 Prozent) bei endodontisch behandelten Zähnen, bei denen radiologisch eine einwandfreie Wurzelkanalbehandlung vorlag, es aber trotzdem zu einer apikalen Aufhellung kam. Auf die Gesamtzahl aller Zähne bezogen werden Werte von 1,5 bis 7 Prozent mit apikalen Veränderungen angegeben [59, 63]. Vom 01.09.2005 bis zum 31.07.2010 wurden in der Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie insgesamt 1762 Wurzelspitzenresektionen an 1333 Patienten durchgeführt, wovon nach mindestens sechs Monaten 417 Patienten mit 553 Zähnen nachuntersucht werden konnten. Dies entspricht einer Wiedervorstellungsquote von 31,3 Prozent der Patienten. Über die Gründe des Ausbleibens einer Nachuntersuchung liegen keine Informationen vor. Neben Verzug, Ableben oder fehlendem Interesse der Patienten an einer Nachuntersuchung kommt natürlich auch subjektive Beschwerdefreiheit als weiterer Grund in Frage. Andererseits können auch eine bereits andernorts durchgeführte Extraktion des betreffenden Zahnes oder Unzufriedenheit mit der Behandlung mögliche Gründe sein. Vergleicht man die Rücklaufquote mit der Literatur, ergeben sich größtenteils höhere Werte. So berichten z.B. Zuolo, Wang , Testori und Song von Rücklaufquoten von 76- 89 Prozent, von Arx sogar von über 98 Prozent [111, 122, 131, 135, 141]. Einige Studien wie z.B. von Cordes oder August sprechen allerdings nur von 27,2 bzw. 19 Prozent [6, 20]. Da diese Studien aber fast alle an Universitätskliniken durchgeführt wurden, teilweise prospektiv angelegt waren und die Patienten häufig vor den jeweiligen Terminen schriftlich oder telefonisch erinnert wurden, lassen sich die Rücklaufquoten nur bedingt vergleichen. Insgesamt beruht daher die statistische Auswertung dieser Studie auf 553 nachuntersuchten Zähnen. Im Vergleich zu anderen Studien ist das eine relativ hohe Zahl. So schließen nur wenige Arbeiten eine vergleichbare oder höhere Zahl an untersuchten Zähnen ein, wie z.B. Rud mit 520 oder Wesson mit 790 Zähnen (vergleiche auch Tabelle 1 unter Punkt 4.2) [102, 137]. 51 59 Prozent der Patienten mit Wurzelspitzenresektion waren weiblich. Im nachuntersuchten Kollektiv waren sogar 62 Prozent Frauen. Zum einen gibt es laut statistischem Bundesamt für das Jahr 2009 in der deutschen Bevölkerung einen leichten Frauenüberschuss von 41,7 Mio. zu 40,1 Mio. Männern [114]. Dies erklärt allerdings nicht den deutlichen Unterschied in dieser Studie. Jornung fand in seiner Arbeit über den Stellenwert einer guten dentalen Ästhetik heraus, dass Frauen deutlich mehr Wert auf ihr äußeres Erscheinungsbild bezüglich ihrer Zähne legen als Männer, so dass sie sich auch mehr um die Erhaltung dieser kümmern [53]. Man findet den deutlich größeren Anteil weiblicher Patienten auch in anderen Studien wieder. So wird bei Barone, von Arx und Filippi von Werten von 53 bis 55 Prozent berichtet [7, 31, 130]. Weitere Studien von Maddalone, Penarrocha und Ortega-Sanchez geben sogar noch höhere Werte (63-70 Prozent) an [76, 87, 91]. Park beschreibt allerdings in seiner Studie eine gegenteilige Verteilung von männlich:weiblich von 65:35 Prozent [89]. Es wurden Patienten im Alter von acht bis 88 Jahren operiert, wobei das Durchschnittsalter bei 45 Jahren lag. Die meisten Patienten waren im Gesamtkollektiv zum Zeitpunkt der Operation zwischen 36 und 40 Jahren alt, im nachuntersuchten Kollektiv mit 41 bis 45 Jahren geringfügig älter, wobei die Verteilung von 26 bis 70 Jahren recht homogen war. Das deckt sich weitestgehend mit den Angaben des statistischen Bundesamtes, das für 2009 für die Altersgruppe 25-45 mit 21,8 Mio. und die Altersgruppe 45-65 mit 22,8 Mio. die anteilsmäßig größten Bevölkerungsgruppen angibt [114]. Auch die Studien von Park und Saunders geben an, dass die meisten Patienten zwischen 40 und 60 Jahren alt waren [89, 103]. Das Durchschnittsalter wird in den meisten Studien mit 40 bis 50 Jahren angegeben [31, 76, 102, 130], das entspricht den Angaben dieser Arbeit. Der Grund, warum eher Menschen mittleren Alters diesen Eingriff durchführen lassen, liegt wohl überwiegend darin, dass bei jüngeren Patienten erst eine konventionelle endodontische Behandlung versucht wird und bei Misserfolg dann erst in späteren Jahren eventuell eine Wurzelspitzenresektion als Nachbehandlung durchgeführt werden muss. Patienten mittleren Alters haben außerdem noch viele Lebensjahre vor sich, so dass es ihnen lohnenswert erscheint, ihre Zähne durch derartige Maßnahmen noch möglichst lange zu erhalten. Im Oberkiefer wurden mit 62 Prozent im Gesamtkollektiv (bzw. 61 Prozent im nachuntersuchten Kollektiv) mehr Zähne operiert als im Unterkiefer. Das spiegelt sich auch in der Literatur wieder. So geben z.B. Wang und Barone sogar noch höhere Differenzen zwischen Ober- und Unterkiefer von 76 bzw. 77 52 Prozent zugunsten des Oberkiefers an [7, 135]. Dies könnte an der schwierigeren Operationssituation im Unterkiefer liegen, die durch den kompakten Knochen und das darin verlaufende Gefäßnervenbündel des Nervus alveolaris inferior gegeben ist. Oberkieferprämolaren und Unterkiefermolaren wurden in dieser Studie am häufigsten behandelt, dicht gefolgt von Oberkiefermolaren und Frontzähnen. In der Literatur findet man häufig die höchsten Operationsraten für Oberkieferfrontzähne, z.B. bei Saunders oder von Arx [103, 130]. Dies liegt sicher auch daran, dass den Patienten aus ästhetischer Sicht viel an diesen Zähnen gelegen ist und sie deshalb eher bereit sind, eine Operation auf sich zu nehmen. Es finden sich aber auch Studien, z.B. bei August, bei denen die Oberkieferprämolaren anteilsmäßig führend waren, oder bei Jensen und Penarrocha die Unterkiefermolaren [6, 51, 92], was sich wiederum mit dieser Studie deckt. Am häufigsten wurde nur ein Zahn pro Patient im Sinne einer Wurzelspitzenresektion operiert (76 Prozent) gefolgt von Eingriffen an zwei Zähnen pro Patient (18 Prozent). Der Rest ist vernachlässigbar klein. Durchschnittlich wurden 1,3 Zähne pro Patient behandelt. In der Literatur findet man Werte von 1,1 bis 1,3 operierten Zähnen pro Patient [126, 133, 135]. In einigen Studien, z.B. bei Zuolo, wird nur ein Zahn pro Patient in der Betrachtung zugelassen [141]. 5.2 Vergleich der Ergebnisse mit der Literatur Als Ergebnis dieser Studie konnte eine Gesamterfolgsrate der Wurzelspitzenresektion von 67 Prozent ermittelt werden. Im Vergleich mit Literaturangaben befindet sich dieses Ergebnis eher im unteren Bereich der angegeben Erfolgswerte. So reichen die beschriebenen Werte für die Erfolgsrate der Wurzelspitzenresektion von 44,1 bis 93 Prozent [36, 120]. Die Auswertung der Tabelle 1 ergibt, dass nur vier Studien eine geringere Erfolgsrate aufweisen [17, 34, 91, 137]. Alle anderen 35 Studien weisen zum Teil erheblich höhere Werte von bis zu über 90 Prozent auf. Zwei neuere Metaanalysen zum Thema Erfolgsraten in der periradikulären Chirurgie, die nicht in Tabelle 1 erfasst sind, von Tsesis 2009 und von Friedman 2011, geben Werte von 91,6 bzw. 93,5 Prozent an [35, 125]. 53 Tab.1: Verschiedene Studien zur Erfolgsrate von Wurzelspitzenresektionen mit Autor, Jahr der Veröffentlichung, Anzahl der untersuchten Zähne, Zeitraum der Nachuntersuchung, ermittelter Erfolgsrate und untersuchter Zahnart Autor Jahr Anzahl Zeitraum Erfolgsquote Zähne/Wurzeln in Jahren in Prozent Zahnart Altonen [5] 1976 46 1-6 71 Molaren August [6] 1996 23 11-23,5 82,6 Alle Basten [9] 1996 49 2-23 92 Molaren Buhler [13] 1988 28 10 68 Alle Cheung [17] 1993 32 0,5 62 Molaren Lange 2007 290 1 80,5 Alle Filippi [31] 2006 110 1 91,8 Alle Friedman 1991 103 0,5-8 44,1 Prämolaren+ de [23] [36] Gagliani Molaren 2005 162 5 86 Alle 2008 106 1 75 OK- [38] Garcia [39] Prämolaren +Molaren Gath [40] 1995 298 1,5 73,5 Frontzähne + Prämolaren Grung [42] 1990 477 1-8 87 Alle Jensen [51] 2002 122 1 73 Alle Jesslen [52] 1995 67 5 85 Alle Kim [58] 2008 190 2 95,2 Alle Maddalone 2003 120 1-3 92,5 Alle 2005 71 1 84,2 Alle [76] MartiBowen [79] 54 Park [89] 2009 342 10 71,2 Molaren Penarrocha 2008 278 1 62,1 Alle 2007 333 1-10 73,9 Alle 2002 59 5-7 91,5 Alle Rud [102] 2001 520 0,5-12,5 92 UK-Molaren Saunders 2008 276 0,5-6 88,8 Alle 1995 112 0,5-1,5 85 Alle Song [111] 2011 42 1-2 92,9 Alle Sumi [116] 1996 157 0,5-3 92,4 Alle Taschieri 2009 43 2 90,7 Alle 2007 28 1 93 Alle 130 1-6 85 Alle 2006 88 0,5 91,1 Alle Arx 2003 54 1 88,9 Alle Arx 2001 25 1 88 Molaren 2007 191 1 83,8 Alle Arx 2010 339 1 85,5 Alle 55 1-1,5 80 Alle [91] Penarrocha [92] Rubinstein [99] [103] SchultzeMosgau [107] [119] Taschieri [120] Testori [122] 1999 Tsesis [126] Von [128] Von [129] Von Arx[131] Von [130] Walivaara 2007 [134] 55 2011 153 1 82 Alle Wang [135] 2004 155 4-8 74 Alle Wesson 2003 790 5 57 Molaren 2000 102 1-4 91,2 Alle Walivaara [133] [137] Zuolo [141] Allerdings sind die verschiedenen Studien aufgrund ihres teilweise sehr unterschiedlichen Studiendesigns nicht ohne weiteres vergleichbar. In der vorliegenden Studie wurden alle in der privaten Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie behandelten Zähne in die Betrachtung mit einbezogen, die nach mindestens sechs Monaten nachuntersucht werden konnten und bei denen die nötigen Röntgenbilder zur Auswertung vorhanden waren. Ansonsten erfolgten keine Ausschlusskriterien. Andere Studien berichten von strengeren Kriterien, wie z.B. Taschieri oder Gagliani, bei deren Studie beispielsweise inadequat endodontisch gefüllte Zähne oder Zähne mit akuten Symptomen ausgeschlossen wurden [38, 119]. Wenn allerdings von vorneherein Zähne mit höherem Risiko aus der Betrachtung ausgeschlossen werden, ist eine vermeintlich höhere Erfolgsrate die unmittelbare Folge. Auch die Recallraten und die Anzahl der behandelten Zähne sind zwischen den verschiedenen Studien sehr unterschiedlich (siehe Punkt 4.1). Betrachtet man die vier Studien mit den niedrigsten Erfolgsraten, so fällt auf, dass drei davon nur mit Molaren bzw. Prämolaren und Molaren durchgeführt wurden. Der schwierige Zugang und das Vorhandensein mehrerer Wurzeln könnten somit ausschlaggebend für ein schlechteres Erfolgsergebnis sein. Auch in diese Studie wurden verhältnismäßig viele Molaren (41 Prozent) und Prämolaren (36 Prozent) mit einbezogen. Der Nachuntersuchungszeitraum schwankt zwischen den einzelnen Studien beträchtlich, und zwar von sechs Monaten bis 23,5 Jahren [6, 17]. Einerseits zeigt diese Studie, dass in den ersten sechs bis 20 Monaten die meisten Misserfolge auftreten (siehe Punkt 3.2.2), andererseits ist es möglich, dass sich die Knochenstruktur im Röntgenbild aufgrund langsamer Knochenregeneration erst später so verändert, dass die Behandlung als Erfolg gewertet werden kann. Mead berichtet in seiner Arbeit, dass im Allgemeinen ein Nachuntersuchungszeitraum von einem Jahr ausreichend ist, auch wenn in 56 diesem Zeitraum noch nicht in allen Fällen von einer vollständigen knöchernen Regeneration ausgegangen werden kann [81]. Zum anderen findet man in der Literatur Angaben dazu, dass eine Bewertung von radiologischen Bildern sehr subjektiv ist und sogar derselbe Betrachter nicht selten bei zwei Bewertungen desselben Bildes zu unterschiedlichen Urteilen kommt. Deswegen wäre es vorteilhaft, wenn es mehrere Auswerter gäbe, im optimalen Fall inklusive eines Radiologen mit standardisierten Röntgenaufnahmen, wenn nicht sogar mit neuen Methoden, wie der digitalen Subtraktionsradiographie [81, 82, 85]. In der vorliegenden Studie wurden die Röntgenbilder nur von einer Person ausgewertet, und zwar ohne weitere digitale Hilfsmittel, so dass die radiologische Auswertung als subjektiv einzustufen ist. Desweiteren sind alle aufgeführten Studien schon allein wegen des unterschiedlichen Operationsablaufes schwer vergleichbar. Die älteren Studien bedienen sich hauptsächlich der konventionellen Operationstechnik [9, 42, 51], neuere wurden hingegen häufig mit mikrochirurgischen Techniken [38, 58, 76] und modernsten Vergrößerungshilfen [31, 99, 128] durchgeführt. Andere Studien wiederum sagen gar nichts über das angewendete chirurgische Vorgehen und die verwendeten Materialien aus [36, 89]. Auch das verwendete Wurzelfüllmaterial variiert stark, von der retrograden Amalgamfüllung [6, 39, 91], über Füllungen mit IRM [23, 58, 126], SuperEBA [31, 58, 99], Komposit [51, 102, 130], Glasionomerzementen [51, 52] und MTA [103, 111, 130]. Weitere Unterschiede finden sich bei den verwendeten Erfolgskriterien. Teilweise unterscheidet sich schon das zur Verfügung stehende Untersuchungsmaterial. In manchen Studien werden beispielsweise für die radiologische Erfolgsbestimmung Zahnfilme ausgewertet [38, 107], anderen Untersuchungen liegt ein Orthopantomogramm zugrunde [79, 91]. Bei Song werden sogar mehrere Zahnfilme mit unterschiedlichen Projektionen untersucht [111]. Viele Studien unterscheiden, ebenso wie die hier vorliegende, nur in Erfolg und Misserfolg mit ähnlichen Erfolgskriterien, die auf einer radiologischen und einer klinischen Befunderhebung beruhen [103, 130, 141]. Andere nehmen eine Unterteilung in Erfolg, unsicheren Erfolg und Misserfolg vor [39, 51, 128]. Wangs radiologische Auswertung beruht auf dem periapikalen Index (PAI) [135]. Taschieri definiert Erfolg als Funktionalität, d.h. wenn der Zahn symptomlos und in Funktion ist, hat der radiologische apikale Status keinen Einfluss auf die Erfolgsbewertung [119]. Eine solche Analyse würde in der hier vorgelegten Arbeit eine Erfolgsrate von 74,3 Prozent (röntgenologische Misserfolge ohne klinische Beschwerden heraus gerechnet) ergeben und damit 57 deutlich näher im Bereich der „erfolgreicheren“ Studien liegen. In dieser Studie wurde aber der „unsichere Erfolg“ in jedem Fall als Misserfolg gewertet, was eine weitere Erklärung für die Erfolgsrate von 67 Prozent ausmachen dürfte. Abschließend kann man sagen, dass aufgrund der beschriebenen, teilweise großen Unterschiede ein Vergleich der in dieser Arbeit ermittelten Erfolgsrate und der in der Literatur angegebenen nur bedingt möglich ist. Eine denkbare Erklärung, warum die Erfolgsrate mit 67 Prozent im Vergleich zu anderen Studien relativ niedrig ist, mag an der hohen Anzahl an behandelten Molaren, der geringen Recallrate, sowie an der hier gewählten strengen ErfolgsDefinition liegen und an dem Umstand, dass alle Zähne ohne Ausschlusskriterien einbezogen wurden und nur ein Betrachter die röntgenologische Auswertung vornahm. Desweiteren ist diese Studie rein retrospektiv, so dass sich die Auswertung der Informationen der teilweise dürftigen und unvollständigen Dokumentation oft als schwierig erwies. Insgesamt dürfte jedoch das Ergebnis dieser Studie als repräsentativ und realistisch für die in der täglichen Praxis zu erwartenden Erfolgsraten gelten, da hier keine studienbedingte Selektion des Patientenkollektivs stattgefunden hat. 5.3 Einflussfaktoren auf den Erfolg Bei der Auswertung des Erfolges in Abhängigkeit vom Alter konnte kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den einzelnen Gruppen gefunden werden. Die Verteilung war sehr ausgeglichen, lediglich die Altersgruppen 16 bis 35 und 46 bis 65 Jahre wiesen eine leicht erhöhte Erfolgsrate auf. Vergleicht man dies mit den Angaben der Literatur, so beschreibt z.B. Barone eine signifikant höhere Erfolgsrate bei Patienten über 45 [7]. Friedman hingegen beschreibt bei Patienten im Alter ab 41 Jahren eine geringere Erfolgsrate, was aufgrund der verminderten Regenerationsfähigkeit des Körpers im Alter einleuchtend erscheint [36]. Die meisten Arbeiten konnten ebenfalls keinen signifikanten Unterschied beim Einfluss des Alters auf den Erfolg feststellen, wobei für jüngere Patienten häufig eine leicht höhere Erfolgsrate feststellbar war [131, 141], bei Marti-Bowen war diese sogar statistisch signifikant [79]. Operierte Zähne von männlichen Patienten ergaben eine höhere Erfolgsrate von 68 Prozent im Vergleich zu 66 Prozent bei weiblichen Patienten, statistisch signifikant war der Unterschied allerdings nicht. Andere Studien konnten ebenfalls keinen signifikanten Zusammenhang feststellen [89, 125, 131]. Friedman stellte jedoch, ebenso wie die vorliegende Studie, eine leicht erhöhte Erfolgsrate bei Männern fest [36], während Zuolo von besserem Operationserfolg bei Frauen berichtet [141]. Marti-Bowen konnte nur nach 6 58 Monaten eine signifikant höhere Erfolgsrate bei Männern feststellen, die nach einem Jahr aber aufgehoben war [79]. Beim Vergleich der Erfolgsraten von Ober- zu Unterkiefer konnte keine Differenz festgestellt werden, beide lagen bei 67 Prozent. In vielen Studien konnte ebenfalls kein signifikanter Unterschied zwischen den Untersuchungsergebnissen beider Kiefer festgestellt werden [131, 141]; Testori stellte eine leichte Abweichung von Ober- zu Unterkiefer von 88 zu 66 Prozent fest [122]. Unterkieferprämolaren wiesen beim Vergleich der einzelnen Zahngruppen die höchste Erfolgsrate auf, gefolgt von den Oberkieferprämolaren. Am schlechtesten schnitten Molaren in beiden Kiefern und Unterkieferfrontzähne ab. Statistisch konnte kein signifikanter Unterschied ermittelt werden. Die gleiche Tendenz beschrieb auch Zuolo in seiner Studie, wobei dort die Oberkieferfrontzähne auch eine sehr hohe Erfolgsrate hatten [141]. Filippi und Maddalone berichten ebenfalls von einer höheren Erfolgsrate bei Prämolaren als bei Molaren [31, 76]. Von Arx hingegen beschreibt die höchste Erfolgsrate bei Unterkieferfrontzähnen und eine höhere Quote bei Molaren als bei Prämolaren [131]. Sowohl 6er als auch 7er wiesen eine erkennbar schlechtere Erfolgsrate als der Durchschnitt auf, die 7er mit nur 59 Prozent noch schlechter als die 6er mit 62 Prozent. Zwischen Ober- und Unterkiefer gab es jeweils keine Unterschiede. Die meisten Studien zeigen eine höhere Misserfolgsrate bei Molaren [99, 141]. In den Studien von Park und Wesson zeigt sich bei den zweiten Molaren eine noch höhere Misserfolgsrate als bei den ersten Molaren, wie auch in dieser Studie belegt [89, 137]. Außerdem fanden sie eine leicht erhöhte Misserfolgsrate im Unterkiefer, was auch Walivaara mit Oberkiefer zu Unterkiefer von 85 zu 71 Prozent beschreibt [134]. Die niedrigere Erfolgsrate von Molaren lässt sich sicherlich durch den erschwerten Zugang und die schlechtere Sicht auf das Operationsgebiet erklären. Desweiteren ist die Dicke des Manibularknochens im Bereich der Molaren sehr ausgeprägt und der Kanal des Nervus alveolaris inferior oft in unmittelbarer Umgebung. Hinzu kommt, dass die Wurzelkanalmorphologie dieser Zähne meist nicht einfach ist. Oberkiefermolaren haben häufig einen zusätzlichen mesiobukkalen Kanal und nicht selten findet man in Wurzeln mit zwei Kanälen zwischen diesen einen Isthmus, der die Schwierigkeit einer dichten Wurzelfüllung erhöht [27, 59, 118]. Die Auswertung des Einflusses der Qualität der vorhandenen Wurzelfüllung ergab nur einen geringen Unterschied von einem Prozent zugunsten der Zähne mit präoperativ röntgenologisch einwandfreier Wurzelfüllung, wobei dies wieder 59 nicht statistisch signifikant war. Drei Studien mit ähnlichem Untersuchungsansatz zeigen im Gegensatz hierzu eine erhöhte Erfolgsrate bei Zähnen mit inadäquater präoperativer Wurzelfüllung von 84-86 Prozent im Vergleich zu 68-81 Prozent bei Zähnen mit guter Wurzelfüllung, wobei bei zwei Studien das Ergebnis statistisch signifikant war [7, 110, 135]. Zähne, die retrograd mit MTA gefüllt wurden, wiesen mit 70 Prozent eine höhere Erfolgsquote auf als retrograd mit Super-EBA gefüllte Zähne (66 Prozent) und Zähne ohne zusätzliche Füllung von retrograd (62 Prozent). Allerdings konnte auch hier statistisch kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Kim fand bei einem Literaturvergleich heraus, dass es mit einer zusätzlichen retrograden Wurzelfüllung zu einer besseren Erfolgsrate der Wurzelspitzenresektion kommt [26, 59]. In vielen Studien wird MTA als sehr gutes retrogrades Wurzelkanalfüllmaterial hervorgehoben [11, 88, 130]. Es wird über eine hervorragende Biokompatibilität, eine sehr gute Abdichtungsfähigkeit und die Fähigkeit zur Induktion der vermehrten Bildung von periradikulärem Gewebe wie Knochen und Zement berichtet [28, 32, 41, 59]. In vitro konnte die Anheftung von Osteoblasten an MTA und ihre Stimulation zur Knochenreparation nachgewiesen werden [140]. Chong und Fogel konnten zwar mit MTA als retrogrades Füllmaterial hohe Erfolgsraten feststellen, jedoch keinen signifikanten Unterschied zwischen MTA und den Zinkoxid-EugenolZementen IRM und Super-EBA [18, 33]. Mehrere andere Studien belegen jedoch, dass MTA feuchtigkeitsunempfindlicher, dichter und besser biokompatibel ist als Super-EBA [32, 59, 78, 106]. Von Arx fand 2007 in einer klinischen Studie eine signifikant höhere Erfolgsrate von retrograd mit MTA gefüllten Zähnen im Vergleich zu mit Super-EBA gefüllten Zähnen von 90,2 zu 76,4 Prozent [131]. Bei 44 Prozent der operierten Oberkieferseitenzähne trat intraoperativ eine MAV auf. Diese Zähne hatten mit 64 Prozent eine leicht reduzierte Erfolgsrate im Vergleich zu Zähnen ohne MAV mit 68 Prozent, wobei auch dies nicht statistisch signifikant war. Fink und Oberli berichten in ihren Studien, dass in rund 10 Prozent aller Fälle eine MAV intraoperativ im Oberkiefer auftrat [32, 86], Rud spricht von 50 Prozent bei operierten 6ern im Oberkiefer [101]. In der Studie von Garcia findet man eine leicht erhöhte Misserfolgsrate bei Zähnen in unmittelbarer Nähe zur Kieferhöhle als mit einem etwas größeren Abstand zur selbigen [39]. Kim hingegen berichtet von einer sogar leicht erhöhten Erfolgsrate bei Zähnen mit intraoperativer MAV [59]. Auch das vorhandene knöcherne Attachment hatte statistisch keinen Einfluss auf die Erfolgsrate. Es konnten leicht höhere Erfolgsraten für die Gruppen mit 60 49-60 und 71-80 Prozent Attachment gezeigt werden. Mehrere andere Studien wiesen ebenfalls keinen signifikanten Einfluss des Attachments auf die Erfolgsrate nach [42, 48, 49]. Setzer, Blomlof und Park hingegen konnten eine höhere Erfolgsrate bei größerem vorhandenen knöchernen Attachment zeigen, so wie man das erwarten würde [12, 89, 109]. Das Problem der vorliegenden Untersuchung besteht in der Ungenauigkeit der Messung des knöchernen Attachments auf den Röntgenbildern, da es sich um OPGs handelte und die Messung nur von einer Person durchgeführt wurde und somit subjektiv ist. Hinzu kommen Überlagerungen anderer Strukturen, die eine genaue Messung stark erschweren. Zudem fand Eickholz heraus, dass auf Röntgenbildern der Attachmentverlust im Vergleich zur klinischen Messung mit geeigneten Sonden unterschätzt wird [29]. Stassen et al. fanden heraus, dass bei Zähnen mit apikaler Parodontitis eine erhöhte Zahl an marginalen Knochendefekten zu finden ist [113]. Mit dem Diodenlaser zur Bakteriendekontamination behandelte Zähne wiesen seltsamerweise eine niedrigere Erfolgsrate als nicht Laser-behandelte Zähne auf, was statistisch jedoch nicht signifikant war. Es existieren einige Studien, die ex vivo die bakterizide Wirkung des Diodenlasers nachgewiesen haben [64, 84, 93]. Es wurde sogar bewiesen, dass dieser Effekt bis in tiefere Dentinschichten (bis 0,5mm) wirksam ist [43, 105]. Eine bessere Abdichtung von retrograden MTA-Wurzelfüllungen nach Laserbehandlung konnte jedoch nicht gezeigt werden [24]. Die Anwendung des Diodenlasers hat trotz einer gewissen Temperaturerhöhung keine negativen thermalen oder mechanischen Effekte auf das Pulpen- oder periodontale Gewebe [21, 69, 123]. Beim Vergleich zwischen Nichtrauchern und Rauchern war paradoxerweise ein höheres Erfolgsniveau für Raucher das Ergebnis, allerdings ohne Signifikanz. In dieser Studie gaben 8 Prozent der Patienten an, Raucher zu sein, in anderen Studien liegt der Raucheranteil mit 27- 48 Prozent Rauchern deutlich höher [51, 89, 131]. Trotz der bekannten reduzierten Heilungstendenz aufgrund schlechterer Durchblutung und des erhöhten Risikos für Parodontitis bei Rauchern konnte in anderen Studien ein signifikanter Unterschied der Erfolgsraten nicht festgestellt werden [89, 131]. Ein Unterschied in der Erfolgsrate der einzelnen Behandler war nicht feststellbar. In einigen Studien gibt es nur einen Operateur, der die Behandlung durchführt [38, 39, 92], in anderen mehrere Operateure [23], in vielen Studien wird es gar nicht erwähnt. Lustmann fand in einer Studie heraus, dass mehrere Behandler unterschiedliche Ergebnisse liefern, dass der Erfolg dabei allerdings nicht vom Erfahrungsgrad abhängt [75]. In der hier vorliegenden Arbeit handelt 61 es sich um drei ähnlich erfahrene Behandler, die nach dem nahezu gleichen Operationsprotokoll arbeiteten, deswegen ist der geringe Unterschied in den Erfolgsraten nicht verwunderlich. 5.4 Vergleich mit den Erfolgsraten von Implantaten Implantate nehmen in der modernen Zahnheilkunde einen immer höheren Stellenwert ein, weil es so möglich ist, sowohl Einzelzähne zu ersetzen als auch im zahnlosen Kiefer einen besseren Halt von Prothesen oder sogar eine festsitzende prothetische Lösung zu erreichen. So gibt es eine Vielzahl verschiedener Hersteller dentaler Implantatsysteme, unterschiedliche Konzepte zum richtigen Implantationszeitpunkt und der Dauer bis zu seiner Belastung, der Einheilungsart, des Materials oder dessen Oberfläche [108]. In der Literatur werden für Implantate Erfolgsraten von 81,6 bis 100 Prozent angegeben, die Mehrheit der Studien beschreibt eine Quote von über 90 Prozent (siehe Tabelle 2). Auch in systematischen Reviews von Clementini und Lang wird dies mit über 90 bzw. 98,4 Prozent Erfolg nachgewiesen [19, 66]. Tab.2: Verschiedene Studien zur Erfolgsrate von Implantaten mit Autor, Jahr der Veröffentlichung, Anzahl der untersuchten Implantate, Zeitraum der Nachuntersuchung, ermittelter Erfolgsrate und untersuchtem Kieferabschnitt nach Zahnbereichen Autor Jahr Anzahl Zeitraum in Erfolgsquote Kieferregion Implantate Jahren in Prozent Albrektsson [3] 1988 440 5-8 92 Alle Alsaadi [4] 2008 1514 2 93,7 Alle Barter [8] 2012 22 2 90,1 Alle Buser [14] 2012 511 10 97 Alle Cabezas-Mojon 2012 3975 ? 94,3 OK Charyeva [16] 2012 108 6 94,3 Alle Dahlin [22] 2011 590 1 97,8 Alle Fugazzotto [37] 2001 1472 15 97 Molaren [15] 62 Hayacibara [44] 2012 74 2-8 100 UK-Molaren Henry [45] 1996 86 5 98,3 Alle Jemt [50] 1995 150 5 81,6 Alle Lee [68] 2012 541 5 98,1 Alle Lekholm [70] 2006 69 20 91,3 Alle Lindh [74] 1998 2116 6-7 93,6 Alle Malevez [77] 1996 84 5 97,6 Alle Mazzocchi [80] 2007 736 0,5 96,2 Alle Patel [90] 2012 27 1 84 Alle Spiekermann 1995 300 5 >90 UK-Front Weibrich [136] 2001 515 5 85 Alle Zafiropoulos 2009 36 4 89 Molaren 2011 341 4 96,5 Alle [112] [139] Zupnik [142] Auch diese Studien unterscheiden sich stark voneinander bezüglich der untersuchten Kieferregion, in der implantiert wurde, des Nachuntersuchungszeitraumes und der Anzahl der durchgeführten Implantationen. Desweiteren wurden verschiedene Implantatsysteme verwendet und der Erfolg teilweise nach uneinheitlichen Erfolgskriterien bewertet. In manchen Studien werden Einzelzahnimplantate untersucht [22, 45, 77], in anderen Implantate in teilbezahnten Kiefern [14, 70, 74], in wieder anderen Studien Implantate im zahnlosen Kiefer, die mit implantatgetragenen Prothesen versorgt wurden [50, 68, 112]. Eine ausschließliche Betrachtung des Implantaterfolges der Praxisklinik, in der auch die vorliegende Arbeit durchgeführt wurde, ist nur bedingt möglich, da nur eine Studie zu Implantaten dieser Praxisklinik vorhanden ist, deren Schwerpunkt aber nicht die Ermittlung der Erfolgsrate von Implantaten war, sondern die Bewertung einer Auswertungssoftware und ob diese zur Durchführung eines praxisinternen Qualitätsmanagements in Bezug auf Implantate sinnvoll ist. In der erwähnten Studie wurden die Implantationen und Explantationen im Zeitraum von einem Jahr erfasst. So wurden 515 Implantate 63 bei 189 Patienten inseriert und es kam zu 13 Explantationen von Implantaten, die in der Praxisklinik gesetzt wurden, sowie von 2 alio loco gesetzten Implantaten. Daraus ließ sich eine Erfolgsrate von 97 Prozent ableiten, die allerdings aufgrund des kurzen Beobachtungszeitraumes von nur einem Jahr nur beschränkte Aussagekraft hat [71]. Insgesamt kann man festhalten, dass Implantate heutzutage eine sehr gute Erfolgsrate aufweisen, im Durchschnitt der in Tabelle 2 erfassten Studien von ungefähr 93 Prozent. Die für die Praxisklinik ermittelte Quote von circa 97 Prozent ist damit in vergleichbarer Höhe angesiedelt. Vergleicht man die 93 Prozent nun mit dem Ergebnis dieser Studie über die Erfolgsrate der Wurzelspitzenresektion von nur 67 Prozent, erscheint das Resultat zunächst ernüchternd. Allerdings muss das relativ niedrige Ergebnis, wie schon unter Punkt 4.2 beschrieben, unter dem Aspekt des ungleichen Studienaufbaus interpretiert werden, der eine relativ hohe Anzahl an behandelten Molaren beinhaltet, eine geringe Recallrate, eine strenge Erfolgsdefinition und die Einbeziehung aller Zähne ohne Ausschlusskriterien. Auch im Vergleich mit der gemittelten Erfolgsquote für Wurzelspitzenresektionen in der Literatur (Tabelle 1) von circa 82 Prozent schneidet die Implantation mit 93 Prozent besser ab. In einem direkten Vergleich von Wurzelspitzenresektionen an Molaren und Implantaten an Molarenposition fand Fugazzotto allerdings heraus, dass die Erfolgsrate der Wurzelspitzenresektion mit durchschnittlich 96,8 Prozent ähnlich effektiv war wie die Implantation (circa 97,8 Prozent). Außerdem stellte er eine erhöhte Misserfolgsrate von beiden Therapievarianten an 7ern und endständigen Zähnen fest, was sich mit den hier sowie in der Literatur gezeigten Ergebnissen zur schlechteren Erfolgsrate bei Molaren deckt [37]. In einer anderen Studie vergleicht Kim die Kosteneffektivität von endodontischer Mikrochirurgie und Implantaten in der Kieferregion der ersten Molaren und kommt zu dem Ergebnis, dass die Wurzelspitzenresektion ein deutlich besseres PreisLeistungs-Verhältnis bietet als die Implantation [60]. Desweiteren ergibt sich bei Implantationen in der Oberkieferfrontregion immer das Problem einer adäquaten Ästhetik, da durch die vorhergegangene Extraktion häufig eine Traumatisierung des Hart- und Weichgewebes nicht ganz verhindert werden kann. Zudem muss in der Übergangszeit ein Provisorium getragen werden sowie mit einer schnellen Resorption des dünnen bukkalen Knochens in der Zeit zwischen Extraktion und Implantation gerechnet werden, was wiederum zu ästhetischen Abstrichen führen kann [138]. Bei der Wurzelspitzenresektion hingegen kommt es kaum zu ästhetischen Einschränkungen, da es nach dem 64 Eingriff keine Übergangszeit ohne Zahn gibt und die unauffällige Narbe durch den chirurgischen Zugang zur Wurzelspitze meist im nicht sichtbaren Bereich liegt. Abschließend kann man festhalten, dass die Wurzelspitzenresektion auch heute noch eine gute und häufig angewendete Therapieoption für den Zahnerhalt ist. Wegen des nicht allzu aufwendigen operativen Eingriffs und der deutlich günstigeren Kosten für den Patienten gegenüber Implantaten wird die Wurzelspitzenresektion wohl trotz der etwas niedrigeren Erfolgsaussichten auch weiterhin eine oft genutzte Möglichkeit des Zahnerhaltes bleiben. Allerdings sollte man vor dem Hintergrund der sehr guten Erfolgsrate von Implantaten und der Ergebnisse dieser Arbeit, gerade bei Zähnen mit reduzierter Prognose, bereits frühzeitig eine Extraktion und nachfolgende Implantation in Erwägung ziehen, um dem Patienten eine zusätzliche Operation zu ersparen. 6. Zusammenfassung Ziel dieser Arbeit war die Feststellung der Erfolgsrate der Wurzelspitzenresektion in einer privaten Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und die Untersuchung des Einflusses verschiedener patienten- oder operationsbezogener Parameter auf diese. Die Ergebnisse wurden mit den in der Literatur beschriebenen Angaben und mit der Erfolgsrate von Implantaten als Alternative zur Wurzelspitzenresektion verglichen. Dazu erfolgte die retrospektive Auswertung der Patientenakten aller Patienten, bei denen zwischen dem 01.09.2005 und 31.07.2010 in der Praxisklinik eine Wurzelspitzenresektion durchgeführt wurde. In die Auswertung des nachuntersuchten Kollektivs wurden Zähne mit einer Nachuntersuchung von mindestens sechs Monaten aufgenommen, bei denen ein postoperatives Röntgenbild und eines bei der Nachuntersuchung vorlagen. Im untersuchten Zeitraum wurden in der Praxisklinik 1762 Zähne bei 1333 Patienten wurzelreseziert, von denen 553 Zähne von 417 Patienten nach den gewählten Kriterien in die Nachuntersuchung einbezogen wurden. Insgesamt wurde eine Erfolgsrate von 67 Prozent festgestellt. Statistisch signifikante Einflüsse der untersuchten Faktoren Alter, Geschlecht, Zahngruppe, Güte der vorhandenen Wurzelfüllung, retrogrades Wurzelfüllmaterial, MAV, knöchernes Attachment, Laser, Rauchen und Behandler waren zwischen den Gruppen nicht nachweisbar. 65 Das im Vergleich zur Erfolgsrate in der Literatur von Wurzelspitzenresektionen (circa 82 Prozent) niedrigere Ergebnis lässt sich sicherlich teilweise aufgrund unterschiedlicher Studiendesigns erklären. So gab es in dieser Studie eine hohe Anzahl an behandelten Molaren, eine geringe Recallrate, eine strenge Definition des Erfolges, wobei alle operierten Zähne ohne Ausschlusskriterien in die Studie einbezogen wurden. Auch die in der Literatur beschriebenen Erfolgsraten für Implantate liegen mit circa 93 Prozent über der Rate für die Wurzelspitzenresektion im Allgemeinen und speziell in dieser Studie. Allerdings sprechen der übersichtliche operative und prothetische Aufwand und die im Vergleich geringeren Kosten gegenüber der Implantation auch heute noch für die Wurzelspitzenresektion als Versuch des Zahnerhaltes. Die vorliegende Studie soll als Anregung verstanden werden, die Vorgänge in der täglichen Praxis weiter im Sinne eines Qualitätsmanagements zu optimieren, um den Erfolg der Wurzelspitzenresektion so hoch zu halten, wie er in der Literatur nach elektiven Kriterien postuliert wird. Weiterhin kann gefolgert werden, dass die Implantation, besonders bei Zähnen mit eingeschränkter Prognose und bei zweiten Molaren, im Zweifelsfall als das Mittel der ersten Wahl gelten sollte. 66 7. Literaturverzeichnis [1] Abedi, H. R., Van Mierlo, B. L., Wilder-Smith, P., Torabinejad, M. (1995). Effects of ultrasonic root-end cavity preparation on the root apex. Oral surgery, oral medicine, oral pathology, oral radiology, and endodontics 80,207-213 [2] Adyani-Fard, D., Kim, T. S., Eickholz, P. (2011). Interproximal bone loss at contra-lateral teeth with and without root canal filling in periodontitis patients. Journal of clinical periodontology 38,269-275 [3] Albrektsson, T., Dahl, E., Enbom, L., Engevall, S., Engquist, B., Eriksson, A. R., Feldmann, G., Freiberg, N., Glantz, P. O., Kjellman, O. (1988). Osseointegrated oral implants. A Swedish multicenter study of 8139 consecutively inserted Nobelpharma implants. 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Meiner Familie und insbesondere meinen Eltern Dagmar und Rainer Fiedler möchte ich für die mehrmalige orthographische Kontrolle der Arbeit danken und dafür, dass sie mich während meines ganzen Studiums und der Erstellung der Dissertation sowohl mental als auch finanziell unterstützt haben und mir so manches Mal die Motivation zum Weitermachen gegeben haben. Außerdem danke ich meiner Familie dafür, dass sie auch in schwierigen Situationen immer für mich da ist und ich mich voll auf sie verlassen kann. Ganz herzlich bedanke ich mich auch bei meiner guten Freundin Eva Berger, die immer ein offenes Ohr und einen guten Rat für mich hat. Im Besonderen gilt mein Dank außerdem Moritz Berger, ohne dessen Unterstützung bei statistischen und organisationstechnischen Problemen diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Für die Hilfestellung bei unzähligen Computerproblemen danke ich Florian Feller, Marco Nazet und Sebastian Ohnmacht. Lebenslauf Name: Tanja Fiedler Geburtsdatum: 29.12.1985 Staatsangehörigkeit: deutsch Familienstand: ledig Schule: 1992-1996: Grundschule Wasserkampstraße in Hannover 1996-1998: Orientierungsstufe Luerstraße in Hannover 1998-2005: Kaiser-Wilhelm- und Ratsgymnasium (KWRG) Hannover 06/2005: Abitur Ausbildung: 10/2005 - 03/2006 Studium der Medizin an der medizinischen Universität Graz 2006 – 2011 Studium der Zahnmedizin an der Ludwig-MaximiliansUniversität München 07/2011 Zahnärztliche Prüfung 07/2011 Zahnärztliche Approbation 11/2011-01/2012: Assistenzzahnärztin in der Zahnarztpraxis Dres. Wolf in Haar Seit 05/2012 Assistenzzahnärztin in der Zahnarztpraxis Dr. Schneider in München