46 BZB März 12 Wissenschaft und Fortbildung Lückenhalter und Kinderprothesen Sicherung des Platzangebotes für die bleibende Dentition E i n B e i t r a g v o n D r. Ve r e n a B ü r k l e , S a l z b u r g / Ö s t e r r e i c h Lückenhalter und Kinderprothesen sind immer dann indiziert, wenn mit einem Platzverlust in der kieferorthopädischen Stützzone zu rechnen ist beziehungsweise durch frühzeitig verloren gegangene Milchzähne die normale Entwicklung von Sprache, Kaufunktion und Ästhetik gefährdet ist. Eine gute Compliance seitens der Patienten ist für den Therapieerfolg jedoch unerlässlich. Die Entwicklung des Gesichtsschädels beim Kind sowie einer regelrechten Verzahnung im Milch- und später im jugendlichen bleibenden Gebiss hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Betrachtet man das Wachstum des Kiefers und des Schädels allgemein, so muss zwischen genetischen und Umwelteinflüssen, aber auch denen der Ernährung oder gewissen pathologischen Faktoren unterschieden werden. Das Kieferwachstum beeinflussende Syndrome wie etwa das Crouzon- oder Francheschetti-Syndrom sind eher Ausnahmen. Auch bei der Entwicklung der Dentition spielen diese Einflüsse eine Rolle. Zu den häufiger gesehenen Umwelteinflüssen gehören zum Beispiel gewisse Habits wie das Daumenlutschen (Abb. 1 und 2), ein falsches Schluckmuster, Mundatmung oder der vermehrte beziehungsweise verlängerte Gebrauch eines Schnullers. Ursachen und Folgen des Platzmangels Dass es durch den frühzeitigen Verlust beziehungsweise das Fehlen von Milchzähnen zu einem Platz- Abb. 1: Asymmetrisch lutschoffener Biss im Wechselgebiss verlust in der kieferorthopädischen Stützzone kommen kann, wurde bereits in den 1880er-Jahren von Davenport [3] und Hutchinson [5] beschrieben. So können spätere Fehlstellungen und kieferorthopädische Behandlungen begünstigt werden, die andernfalls eventuell gar nicht nötig gewesen wären [12]. Am häufigsten führt immer noch die Karies zum Zahnverlust. Weitere Ursachen für das Fehlen von Milchzähnen können Traumata, Nichtanlagen oder eine unterminierende Resorption sein. Grundsätzlich konnte durch präventive Maßnahmen in den letzten Jahren und Jahrzehnten ein Kariesrückgang bei Kindern und Jugendlichen verzeichnet werden. Gleichzeitig trat jedoch eine zunehmende Polarisierung auf. Viele Kinder haben wenig Karies, dafür haben einige wenige Kinder sehr viel Karies. Ist es erst einmal zur Karies gekommen, so ist gerade bei Kleinkindern der Sanierungsgrad eher schlecht und je mehr Karies ein Kind aufweist, desto schlechter ist in der Regel der Versorgungsgrad. Je nach Region sind bei Vorschulkindern bis zu 60 Prozent der kariösen Milchzähne nicht versorgt [9]! Macht der Zahn erst einmal Beschwerden, folgt nicht selten die Extraktion. In Extremfällen kann es sogar zur Extraktion aller Milchzähne kommen (Abb. 3). Eine besonders aggressive Form der Karies ist die sogenannte „Early Childhood Caries“ (ECC), früher auch „Fläschchenkaries“ genannt. Man unterscheidet verschiedene Typen und Schweregrade. Bei Typ 2, der klassischen Form, gehen üblicher- Abb. 2: Häufig ist der am offenen Biss „schuldige“ Daumen leicht zu erkennen. Wissenschaft und Fortbildung BZB März 12 Abb. 3: Vollständige kariöse Zerstörung aller Milchzähne im Oberkiefer Abb. 4: Kleinkind mit „Early Childhood Caries“ (ECC) weise gerade bei kleinen Kindern die oberen Schneidezähne verloren, gefolgt von den ersten Milchmolaren, während die Karies an den restlichen Zähnen meist erst später auftritt (Abb. 4). Bei den älteren Kindern ab etwa viereinhalb Jahren und mit engen Approximalkontakten bildet in der Regel die Approximalkaries das größte Problem. Sie wird ohne Röntgendiagnostik nicht selten übersehen und schreitet rasch zur Pulpa voran (Abb. 5). Aufgrund der großen Ausdehnung der Pulpa und der geringen Hartsubstanzdicke treten bei Milchzähnen Pulpitiden, Abszesse oder Fisteln rascher auf als bei Erwachsenen. Ein wichtiges Augenmerk kommt daher der Prävention zu. Das bedeutet vor allem die Instruktion der Eltern zur richtigen Ernährung und Mundhygiene sowie die Vermeidung schädlicher Gewohnheiten von klein auf. Ist es erst einmal zu Schäden an den Milchzähnen gekommen, so steht ihre adäquate Versorgung mit Füllungen oder Stahlkronen im Vordergrund, um sie als Platzhalter für die bleibenden Zähne langfristig zu erhalten. Gelingt dies nicht und müssen Zähne aufgrund von Schmerzen oder Entzündungen frühzeitig extrahiert werden, so kann es zu Folgeschäden kommen. Wann spricht man nun von einem „frühzeitigen Zahnverlust“? Dieser ist dann gegeben, wenn · die zu erwartende Standzeit des Zahnes größer als ein Jahr gewesen wäre, · die Dicke des Alveolarknochens über dem Zahnkeim größer als ein Millimeter ist und · die Wurzellänge des bleibenden Zahnes weniger als zwei Drittel der endgültigen Wurzellänge beträgt (Stellungnahme der DGZMK 2004). Abb. 5: Typische Approximalkaries, die trotz ihrer bereits fortgeschrittenen Ausdehnung oft nur per Röntgenbild diagnostiziert werden kann. Im Röntgenbild ist oft auch deutlich zu erkennen, dass nicht nur ein vorzeitig verloren gegangener Milchzahn zu Platzverlust führen kann, sondern dass es auch infolge einer ausgeprägten Approximalkaries zur Aufwanderung der Nachbarzähne kommen kann. In Abhängigkeit von der Lage und Größe der Lücke sowie dem Alter des Kindes kann es in diesen Fällen zu Änderungen im wachsenden Kiefer beziehungsweise zu Platzverlusten für die bleibenden Zähne kommen. Bei den Molaren geht es hauptsächlich um das Sichern der Lücken, um dieselben offen zu halten, während es sich in der Front eher um ein ästhetisches und funktionelles Problem handelt. Diagnostik Um abschätzen zu können, wo beziehungsweise wie die bleibenden Zahnkeime liegen und wann mit deren Durchbruch zu rechnen ist, sind Röntgenbilder unerlässlich. So können auch etwaige Nichtanlagen oder sonstige Störungen der Zahnentwicklung ausgeschlossen werden. Des Weiteren sollten die Bisslage und die Zahnstellung im Milchgebiss beurteilt werden. Physiologisch ist ein lückig stehendes Milchgebiss. Je enger die Milchzähne stehen, desto eher ist auch ohne vorzeitigen Milchzahnverlust mit einem Platzmangel für die blei- 47 48 BZB März 12 Wissenschaft und Fortbildung Abb. 6: Massiver Platzmangel nach unilateraler Milchzahnextraktion ohne Lückensicherung benden Zähne zu rechnen. Eine stabile Verzahnung kann in manchen Fällen auch bei entstandener Lücke ein Aufwandern der Nachbarzähne verhindern. Ein hohes Risiko für eine Lückeneinengung ist bei Verlust mehrerer Zähne in einem Quadranten gegeben. Indikationen für Lückenhalter Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass ein vollständiges, gesundes Milchgebiss mit einer regelrechten Verzahnung die besten Voraussetzungen für die Entstehung einer gesunden, eugnathen bleibenden Dentition schafft. Die Angaben in der Literatur zum Ausmaß des Platzverlustes bei vorzeitigem Verlust der ersten und/oder zweiten Milchmolaren sind nicht eindeutig, ebenso wie die daraus resultierenden Empfehlungen für die Eingliederung von Lückenhaltern. Lin et al. etwa kommen in einer Untersuchung aus dem Jahr 2011 zu dem Schluss, dass es beim Verlust eines oberen ersten Milchmolars zwar zum Platzverlust kommt, dieser jedoch hauptsächlich durch Distalwanderung des Milcheckzahnes und nicht durch Mesialdrift oder Rotation des zweiten Milchmolars entsteht [7,8]. Platzhalter seien somit nur in Ausnahmefällen nötig. Cuoghi et al. empfehlen hingegen bei einem Milchzahnverlust im Unterkiefer sofort einen Lückenhalter anzufertigen, da es sonst zur Mittellinienverschiebung komme [2]. Rönnermann kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass der Platzverlust in Abhängigkeit vom Alter zu sehen ist. So entwickelten Kinder mit frühzeitigem Milchzahnverlust vor einem Alter von siebeneinhalb Jahren mehr Platzmangel als solche, die zwar immer noch frühzeitig, aber erst ab siebeneinhalb Jahren aufwärts einen oder mehrere Zähne verloren [10]. Tunison et al. finden einen durchschnittlichen Platzverlust von 1,5 mm im Unterkiefer und 1 mm im Oberkiefer. Es wird aber darauf verwiesen, dass nur die wenigsten Studien zur Verwendung von Lückenhaltern den Anforderungen an eine gute klinische Studie entsprechen [13]. Im klinischen Behandlungsalltag sind häufig Einengungen von Lücken diagnostizierbar. Zusammenfassend stellt die Literaturstudie von Laing E. et al. aus dem Jahr 2009 fest, dass es eingeschränkte Evidenz sowohl für als auch gegen die Verwendung von Lückenhaltern gibt. Es solle im Einzelfall abgewogen werden zwischen dem Nutzen des Lückenhalters bei der Gefahr eines Platzverlustes und dem möglichen Schaden durch Plaqueakkumulation am Lückenhalter bei schlechter Mundhygiene oder ungenügender Compliance [6]. Zu demselben Ergebnis kommt auch Brothwell in den kanadischen Guidelines für den Gebrauch von Lückenhaltern [1]. Indikationen für die Versorgung mit Lückenhaltern in der Front sind deren positiver Einfluss auf die Ästhetik, Sprachentwicklung und Funktion von Lippen, Zunge und Wangen sowie die Vermeidung von Dysfunktionen. Im Molarenbereich dagegen steht die Platzhalterfunktion für die bleibenden Zähne und somit die Vermeidung von Fehlstellungen und Engstand im Vordergrund (Abb. 6). Eine Kontraindikation für Lückenhalter ist immer dann gegeben, wenn die natürliche Exfoliation des Zahnes unmittelbar bevorgestanden wäre und der bleibende Zahn somit kurz vor dem Durchbruch steht, oder auch dann, wenn die kieferorthopädische Behandlung bereits geplant ist. Vorgehen Lückenhalter können sowohl herausnehmbar als auch festsitzend konstruiert werden. Festsitzende Lückenhalter eignen sich für Einzelzahnlücken, während herausnehmbare Lückenhalter für multiple Lücken verwendet werden. Verlust eines einzelnen ersten Milchmolars Der Verlust eines einzelnen ersten Milchmolars ist sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer relativ einfach auszugleichen. Früher wurden Molarenbänder an den endständigen Zahn angepasst, darüber eine Teilabformung mit Alginat genommen und anschließend anhand des Modells im Labor ein Drahtbogen angelötet. Der Lückenhalter wurde dann in einer zweiten Sitzung zementiert. Nachteil dieser Methode ist, dass zwei Behandlungstermine nötig werden und dass zusätzlich Laborkosten ent- Wissenschaft und Fortbildung BZB März 12 Abb. 7: Laborgefertigter, festsitzender Lückenhalter Abb. 8: Angepasstes Band mit Hülsen. Das Gegenstück wird auf die entsprechende Länge gekürzt und einprobiert. Dann kann der in einer Sitzung hergestellte, festsitzende Lückenhalter zementiert werden. Abb. 9: Festsitzender Lückenhalter mit Auflage, um ein Absinken in die Gingiva zu verhindern Abb. 10: Behinderung des Durchbruchs des bleibenden Zahnes durch den Lückenhalter bei schlechter Compliance stehen (Abb. 7). Die schnellste und einfachste Versorgung besteht in sogenannten „Band and Loop“Platzhaltern (Denovo oder Space Maintainers). Diese können als „Stecksystem“ im Set fertig gekauft und direkt angepasst werden. Dazu wird ein Band entsprechender Größe mit angelöteten Hülsen auf den Zahn aufgesetzt und ein Gegenstück auf die Länge der Lücke angepasst, mittels Zange arretiert und so zementiert. Dies ist in maximal zehn Minuten Arbeitszeit in einer einzigen Sitzung zu bewältigen und der Lückenhalter kann auch im Falle einer Zahnsanierung in Narkose direkt einzementiert werden (Abb. 8). Die Bänder können sowohl über den natürlichen Zahn als auch über eine Stahlkrone zementiert werden. Es sind auch Gegenstücke mit Auflage erhältlich, welche ein Absinken des Lückenhalters in die Gingiva verhindern (Abb. 9). Von Kinderkronen mit bereits angelöteten Steckhülsen für Lückenhalter ist eher abzuraten, da diese schlecht passen, falls der Zahn rotiert steht. Da bei Verlust von Milchzähnen durch Karies auch weiterhin mit einem erhöhten Kariesrisiko zu rech- nen ist, ist es wichtig, die Eltern darüber aufzuklären, dass sie sich bei einer Lockerung des Bandes sofort zum Rezementieren des Lückenhalters in der Praxis einfinden sollen, da sonst die Gefahr einer erneuten Karies unter dem Band besteht. Weitere Komplikationen bei schlechter Compliance sind das Abrutschen des Bandes in die Gingiva durch Lockerung oder der Durchbruch des bleibenden Zahnes, der von den Eltern nicht rechtzeitig bemerkt wird (Abb. 10) Verlust eines einzelnen zweiten Milchmolars Geht ein zweiter Milchmolar vor Durchbruch des ersten bleibenden Molars verloren, besteht die einzige Versorgungsmöglichkeit mit einem sogenannten „Distal Shoe“-Lückenhalter, der direkt nach der Extraktion eingesetzt werden muss, was einiges an Kooperation seitens des kleinen Patienten erfordert. Hier wird ebenfalls ein Band auf den noch vorhandenen ersten Milchmolar aufgepasst und eine Führungsschlaufe an die distale Alveolenwand oder den Zahnkeim des ersten bleibenden Molars gesetzt, was dessen Mesialwanderung ver- 49 50 BZB März 12 Wissenschaft und Fortbildung Abb. 11: Angepasster und zusammengesteckter festsitzender Lückenhalter mit „Distal Shoe“; Überprüfung des korrekten Sitzes Abb. 12: Festsitzender Lückenhalter, ein sogenannter „Flipper“, auf dem Gipsmodell hindert. Vor dem Zementieren ist unbedingt ein Kontrollröntgenbild anzufertigen, um den korrekten Sitz des Lückenhalters zu überprüfen (Abb. 11). Nach Durchbruch des ersten bleibenden Molars müssen diese Lückenhalter abgenommen und durch „normale“ Band and Loop-Lückenhalter ersetzt werden. Deshalb ist hier besonders auf eine gute Compliance zu achten. Die „Distal Shoe“-Ansätze werden automatisch im gleichen Lückenhalter-Set wie die anderen Ansätze mitgeliefert. Wachstum und den Durchbruch der bleibenden Zähne nicht zu behindern und somit einen größeren Schaden als Nutzen zu bewirken. Verlust mehrerer Milchzähne Festsitzender Lückenhalter Hierbei handelt es sich eher um eine Ausnahme oder um Sondersituationen. Dazu gehört der bei Verlust mehrerer Milchfrontzähne anwendbare sogenannte „Flipper“ (Abb. 12). An die endständigen Zähne werden Bänder angepasst und eine Alginatabformung des gesamten Kiefers genommen. Auf dem Gipsmodell werden vom Techniker Drahtverbindungen angebracht, auf denen wiederum die Zähne aufgestellt werden können. Die Vorrichtung wird fest zementiert. Vorteil dieser Methode ist, dass diese Lückenhalter von den Kindern nicht herausgenommen werden können und sich so gerade auch für kleinere Kinder eignen. Zu den Vorteilen gehört auch, dass die Lückenhalter relativ grazil gestaltet werden können und die Beweglichkeit der Zunge nicht durch eine Kunststoffplatte am Gaumen eingeschränkt wird. Zu den Nachteilen gehören sicherlich die unvermeidlichen Plaqueretentionsnischen und das damit erhöhte Kariesrisiko für die verbliebenen Zähne. Daher erfordert diese Art der Versorgung eine große Compliance seitens der Eltern. Regelmäßige Kontrollen sind unerlässlich, um etwaige Mängel rechtzeitig zu beheben oder um im Zahnwechsel das natürliche Herausnehmbarer Lückenhalter Bei Verlust mehrerer Milchzähne – ob Molaren oder Frontzähne – wird in der Regel ein herausnehmbarer Platzhalter angefertigt, welcher mit Adamsklammern an den verbliebenen Zähnen befestigt wird. Für den Halt hat sich hier bewährt, die Klammern nicht nur an den zweiten Milchmolaren, sondern auch an den Milcheckzähnen anzubringen. Für den Ersatz der Zähne sind spezielle Milchzahngarnituren, sogenannte „Bambino Zähne“ (Bambino Teeth, American Tooth Industries, Oxnard, California, USA), erhältlich. Die Farbe der Basis des Platzhalters darf vom Kind selbst ausgesucht werden, was die Kooperation in der Regel deutlich erhöht. Ziel ist es, bei den Molaren eine Sicherung der kieferorthopädischen Stützzone zu erreichen sowie eine Abstützung der Antagonisten zu gewährleisten, um deren Elongation zu verhindern. In der Front dient der Ersatz ästhetischen Zwecken, der Vermeidung von Zungenfehlfunktionen sowie der Unterstützung einer regelrechten Sprachentwicklung (Abb. 13). Im Kindergartenalter finden keine nennenswerten transversalen Wachstumsvorgänge statt, dennoch kann es in manchen Fällen sinnvoll und zweckmäßig sein, Schrauben oder andere Vorrichtungen in den abnehmbaren Lückenhalter zu integrieren, sodass kleinere kieferorthopädische Maßnahmen wie etwa das Überstellen eines Kreuzbisses gleich miterledigt werden können. Auch bereits verengte Lücken können mittels Distalisationsschraube wieder geöffnet werden. Dabei ist das Prinzip „actio gleich reactio“ zu beachten, weshalb ein gewisser Einfluss der Dista- Wissenschaft und Fortbildung BZB März 12 Abb. 13: Kinderprothese, die Klammern an den Eckzähnen sind zu erkennen. Die steile und lückige Zahnaufstellung unterscheidet sich deutlich von der in der Erwachsenenprothetik. Außerdem ist keine vestibuläre Zahnfleischschürze aus Kunststoff angebracht, da diese oft zu Druckstellen führt, wenn die bleibende Front kurz vor dem Durchbruch steht. Abb. 14: Abnehmbarer Lückenhalter mit Dehnschraube und Distalisationsschraube Abb. 15: Das gleiche Kind nach Durchbruch der ersten bleibenden Molaren. Nun wird auch die mediane Dehnschraube langsam geöffnet, um dem transversalen Kieferwachstum Rechnung zu tragen. Abb. 16: Totalprothese im Oberkiefer lisierung auf die Front nicht außer Acht gelassen werden darf (Abb. 14 und 15). these eventuellen Wachstumsvorgängen anzupassen, Druckstellen einzuschleifen und Sitz und Sauberkeit der Prothese zu kontrollieren. Dabei sollte auch der Entwicklungsstand der nachfolgenden Zähne mittels Panoramaröntgenaufnahmen überprüft werden. Nach Schopf finden vor dem sechsten Lebensjahr keine nennenswerten Wachstumsvorgänge in der Sagittalen und Transversalen statt. Danach werden jedoch Maßnahmen wie Ausschleifen der Basis oder Unterfütterung, Einarbeiten einer Dehnschraube oder eventuell sogar die Neuanfertigung nötig. Kinderprothesen Der Übergang von Lückenhaltern zu Kinderprothesen ist fließend. Je mehr es in Richtung Prothese geht, desto weniger ist eine Lückenhalterfunktion gegeben. In Einzelfällen können auch Totalprothesen notwendig sein (Abb. 16). Die Herstellung sollte grundsätzlich in enger Zusammenarbeit von Zahnarzt und Zahntechniker geschehen, da das Vorgehen im Wesentlichen dem in der Erwachsenenprothetik entspricht. Nach Herstellung von individuellen Löffeln wird die vertikale und sagittale Dimension durch Wachswälle sowie Wachseinproben ermittelt. Je nach Kooperation des Kindes ist eine Kieferrelationsbestimmung mit Übertragungsbogen wünschenswert, aber nicht immer möglich. Regelmäßige Kontrollen sind unumgänglich, um die Pro- Korrespondenzadresse: Dr. Verena Bürkle Präsidentin Österreichische Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde Innsbrucker Bundesstrasse 35 5020 Salzburg/Österreich [email protected] www.kinderzahn.at Literatur bei der Verfasserin 51