Modelle betrieblicher Altersversorgung - Hans-Böckler

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Werkstattbericht
zum
explorativen Forschungsprojekt
mit dem Titel:
Modelle betrieblicher Altersversorgung
Nr. 2004 – 581 – 4
gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung
vorgelegt von:
Sven Chr. Dietrich
Frankfurt am Main, 20. Juli 2004
Gliederung des Abschlußberichts
Der Abschlußbericht gliedert sich in sechs Teile:
Der erste Teil thematisiert in knapper Form den Kontext der Kurzstudie und stellt die Zielsetzung, die
forschungsleitende Fragestellung, die Wahl des Untersuchungsfeldes und die angewendeten Untersuchungsmethoden vor.
Der zweite Teil beinhaltet die in Grundzügen aufgezeichnete Struktur der bAV in Deutschland, die zugleich als Ordnungsrahmen für die nachfolgende Ergebnisdarstellung dient.
Im dritten Teil werden die Ergebnisse der Materialaufbereitung hinsichtlich der Gestaltungsvielfalt
Arbeitgeber-finanzierter bAV dargelegt. Neben der Darstellung ausgewählter Strukturmerkmale werden ebenso vorgefundene Entwicklungstendenzen aufgezeigt. Die Zielsetzung des Kapitels liegt im
Aufzeigen eines ersten modellhaften Einblicks in die Verfasstheit traditioneller, betrieblicher Vorsorgesysteme.
Der vierte Teil bietet einen Überblick zum gegenwärtigen Stand bzw. Zustand der bAV in der Metallund Elektroindustrie. Hierbei wird in AG-finanzierter und AN-finanzierter bAV differenziert. Die dargestellten Ergebnisse resultieren auf einer Betriebsräte-Befragung.
Der fünfte Teil rückt die bAV als Handlungsarena des Betriebsrats in den Mittelpunkt. Die Durchdringung der Mitbestimmung als auch Konfliktfelder werden angesprochen. Anhand eines Beispiels wird
ferner die Fortschreibungspraxis von bAV-Regelungen thematisiert.
Im abschließenden sechsten Teil werden die Ergebnisse der einzelnen, vorangegangenen Kapitel mit
dem Ziel einer vorläufigen Zustandsbeschreibung der bAV in der Metall- und Elektroindustrie (Werkstattbericht) zusammengeführt.
Inhaltsverzeichnis
Seite
I.
Teil: Einleitung – Kontext – Zielsetzung – Untersuchungsfeld ........................................... 1
I.1
Einleitung.................................................................................................................................... 1
I.2
Kontext - Problemlage ................................................................................................................ 1
I.3
Fragestellung, Untersuchungsfeld und Zielsetzung ................................................................... 2
I.4
Untersuchungsmethoden ........................................................................................................... 3
II.
Teil: Grundstruktur der bAV in Deutschland ......................................................................... 4
III.
Teil: Ausgesuchte Strukturelemente AG-finanzierter bAV-Systeme .................................. 6
III.1
AG-finanzierter bAV: Darstellung ausgewählter Strukturmerkmale ........................................... 6
III.2
Leistungsberechnung ................................................................................................................. 7
III.2.1 Dienstzeitbezogene Festbetragspläne ....................................................................................... 9
III.2.2 Entgeltabhängige Pläne............................................................................................................ 10
III.2.3 Versorgungs- (renten-/pensions-) fähiges Entgelt.................................................................... 11
III.2.4 Anrechnungsfähige Dienstzeit .................................................................................................. 11
III.3
Kreis der Versorgungsberechtigten.......................................................................................... 12
III.4
Leistungsvoraussetzungen - Wartezeit .................................................................................... 13
III.5
Renteneintrittsalter und vorgezogener Bezug der Betriebsrente ............................................. 14
III.6
Hinterbliebenenleistungen/-schutz ........................................................................................... 16
IV.
Teil: Stand und Zustand der bAV am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie ............. 17
IV.1
bAV-Grunddaten: Stand der Erhebung (Befragung) ................................................................ 17
IV.2
Arbeitgeber-finanzierte betriebliche Altersversorgung ............................................................. 21
IV.2.1 Verteilungsstruktur: Unternehmen nach Größenklassen und bAV-Zustände .......................... 23
IV.2.2 Zeitliche Verteilung: Schließung und Öffnung von Versorgungseinrichtungen ........................ 24
IV.2.3 Schließungsgründe AG-finanzierter Versorgungssysteme....................................................... 25
IV.2.4 Verteilung der Durchführungswege (Finanzierungswege) ....................................................... 26
IV.3
Arbeitnehmer-finanzierte betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung) ....................... 27
IV.3.1 Angebotene Durchführungswege der Entgeltumwandlung (Verbreitung) ................................ 27
IV.3.2 Möglichkeit der Entgeltumwandlung vor 2002.......................................................................... 29
IV.3.3 Beteiligung an der Entgeltumwandlung (Inanspruchnahme).................................................... 29
IV.3.4 Verbreitung der Entgeltumwandlung nach Unternehmensgröße ............................................. 30
IV.3.5 Häufigkeitsverteilung der Beteiligungsquoten nach Unternehmensgröße ............................... 32
IV.3.6 Riester-Rente auf betrieblicher Ebene...................................................................................... 34
IV.3.7 Zusätzliche Arbeitgeber-Zuwendungen .................................................................................... 34
IV.3.8 Entgeltumwandlung: Ursachen unterschiedlicher Beteiligungsquoten..................................... 38
IV.4
Versorgungswerk MetallRente ................................................................................................. 42
V.
Teil: Betriebliche Altersversorgung als Handlungsarena des Betriebsrats..................... 43
V.1.1 Konfliktfeld: AG-finanzierte bAV ............................................................................................... 44
V.1.2 Komplexität von Versorgungsregelungen: Gebot der Transparenz ......................................... 46
VI.
Teil: bAV am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie...................................................... 48
Verzeichnis der verwendeten Betriebsvereinbarungen .................................................................. 56
Literatur und Web-Quellen ................................................................................................................. 56
Tabellenverzeichnis
Seite
Tabelle 1:
Tabelle 2:
Tabelle 3:
Tabelle 4:
Tabelle 5:
Tabelle 6:
Tabelle 7:
Tabelle 8:
Tabelle 9:
Tabelle 10:
Tabelle 11:
Tabelle 12:
Tabelle 13:
Tabelle 14:
Zusageformen AG-finanzierter bAV
Zusagen nach Plangestaltung
Stand der Betriebsräte-Befragung zum 25. Juni 2004
Unternehmen nach Wirtschaftszweigen
Verteilung der Unternehmen nach Unternehmensgröße (Arbeitnehmerzahl)
bAV-Zustände nach Anzahl der Unternehmen und Beschäftigten
Definierte bAV-Zustände nach Unternehmensgröße
Zeitliche Verteilung: Schließung AG-finanzierter bAV-Systeme
Durchführungswege AG-finanzierter bAV
Angebotene Durchführungswege der Entgeltumwandlung
Durchschnittliche Beteiligungsquoten
Durchschnittliche Beteiligungsquoten nach Unternehmensgröße
Häufigkeitsverteilung: Beteiligungsquoten differenziert nach Unternehmensgröße
Systeme der Arbeitgeber-Zuwendungen
8
9
18
19
20
22
24
25
26
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29
31
33
37
Modelle betrieblicher Altersversorgung
I. Teil:
Einleitung – Kontext – Zielsetzung – Untersuchungsfeld
I.1
Einleitung
Das Phänomen der Schließung von Versorgungseinrichtungen ist zu Beginn diesen Jahres mit Nachdruck durch den Fall Gerling und noch viel stärker durch die Politik des Commerzbank-Vorstandes in das
Bewusstsein von Politik, Verbände und der breiten Öffentlichkeit getreten.
Nicht allein der Umstand der beschlossenen Schließung von Versorgungseinrichtungen und der zusätzlichen Kürzungen von Betriebsrenten, sondern vielmehr die große Zahl der betroffenen Versorgungsanwärter (Gerling: ca. 5.000 und Commerzbank: ca. 26.000 Arbeitnehmer/Deutschland) lässt rückblickend
die unerwartet hohe Aufmerksamkeit und Sensibilität in der Öffentlichkeit erklären. Zukünftig ist zu erwarten, dass weitere Unternehmen mit ähnlichen Zielsetzungen (Realisierung bilanziell wirkender Einsparungspotentiale) folgen. Auf der Tagesordnung der Versorgungsanwärter hingegen steht eine immerwährende Unsicherheit, eine zusätzliche Versorgungslücke aus der AG-finanzierten bAV schließen zu müssen, um im Alter den erworbenen Lebensstandard aufrecht erhalten zu können.
Festgehalten werden muss: Es handelt sich hierbei nicht um ein neues Phänomen in der bAV-Politik (der
Arbeitgeber). Vielmehr ist das Reduzieren von Leistungen und das Schließen von Versorgungseinrichtungen einer traditionell auf AG-Finanzierung beruhenden bAV in Deutschland zu einem fast alltäglichen
und von der Öffentlichkeit fast unbemerkten, schleichenden Prozess geworden. Anders als bei der Commerzbank gelang bislang anderen Unternehmen der Ausstieg aus zum Teil großzügig dotierten bAVSystemen meist lautlos im Einvernehmen mit den Betriebsräten. Scheinbar einzig und allein das Ausmaß, das in beiden o.g. Fällen ein Vielfaches von den überwiegend Existierenden (im Bereich der KMU
und mittelgroßen Unternehmen) darstellt, hob Commerzbank und Gerling aus der Masse heraus und
mobilisierte eine breite Öffentlichkeit wider dieser Unternehmenspolitik.
I.2
Kontext - Problemlage
Die bAV in Deutschland ist bis 2001 wenig entwickelt. Dies dürfte einerseits auf das relativ hohe Leistungsniveau der Gesetzlichen Rentenversicherung und andererseits darauf zurückzuführen sein, dass in
Deutschland nicht-staatliche Altersvorsorge traditionell nicht verbindlich vorgegeben ist. Es gibt keine
private Vorsorgepflicht und bis zur Rentenreform 2001 war der Arbeitgeber nicht verpflichtet, eine bAV
anzubieten. Erst massive Finanzierungsprobleme der Gesetzlichen Rentenversicherung - ein heute
grundlegendes und zentrales Hauptproblem des deutschen Sozialstaates - rückten die bAV ins erneute
Blickfeld des politischen und sozialen Interesses.
Die Altersversorgung in Deutschland erfährt als Folge der Rentenreform 2001 wahrscheinlich ihre nachhaltigste Veränderung seit 1957. Die verbreitete Ansicht, dass die Altersversorgung von Staats wegen
mittels der gesetzlichen Rentenversicherung gesichert wird, wird durch die Auffassung verdrängt, dass
zukünftig die betriebliche und private, durch Eigeninitiative aufzubauende Altersversorgung nun integraler
Bestandteil der Altersicherung werden muss. Dieser grundlegende Paradigmenwechsel ist mit dem Inkrafttreten des Altersvermögensgesetzes (zum 1. Januar 2002) eingeleitet: Kapitaldeckung und Eigenverantwortung treten neben das Umlageverfahren und den Solidargedanken.
Mit der Rentenreform 2001 ist erstmals in der jüngeren Geschichte ein Konzept vorgelegt worden, das als
Ergebnis alle drei Säulen integrativ in ein öffentlich-privates Sicherungskonzept einbindet und die kapitalfundierte Altersversorgung mehr Gewicht erhalten soll. Der bAV wird hierbei die Funktion eines Kompensationsinstrumentes zur Schließung der Versorgungslücke aus der gesetzlichen Rente zugewiesen.
Um die Notwendigkeit der Eigeninitiative zur selbstorganisierten Altersversorgung zu stärken, wurden
verschiedene Anreizsysteme installiert. So können Arbeitnehmer nun durch Inanspruchnahme des
Rechtsanspruchs auf Entgeltumwandlung sich an der Finanzierung der bAV beteiligen. Bisher wurde die
bAV nahezu vollständig durch die Arbeitgeber auf Basis, freiwilliger betrieblicher Sozialleistungen finanziert (traditionelle Form der bAV). Neu hingegen ist, dass durch das Altersvermögensgesetz der Arbeitgeber nun verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer ein Angebot (Durchführungsweg) zur bAV zu unterbreiten,
sofern dieser seinen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung geltend macht. Unabhängig von diesem
Rechtsanspruch bestehen bisherige Regelungen der AG-finanzierten bAV fort.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
Prekär ist die Situation im Hinblick auf die gegenläufigen Entwicklungslinien der bAV: Einerseits wird der
Ausbau der neuen Formen der bAV durch staatliche Förderungen (Steuer-/ Sozialversicherungsfreiheit
und Zulagenförderung) flankiert, andererseits versuchen Unternehmen, potentielle Kosten und vor allem
die Risiken, die sich aus der Zusage von bestehenden, traditionellen bAV-Systemen ergibt, abzubauen
bzw. auf die Arbeitnehmer abzuwälzen.
Ein tiefer Riss zeichnet sich in der Gesamtlandschaft der bAV ab, der einmal mehr die Unterschiedlichkeit
von arbeitgeberfinanzierten, betrieblichen Versorgungssystemen, ihren Strukturen und Leistungen aufzeigt, und diese dem seit 2002 bestehenden Rechtsanspruch auf eine arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung gegenübersteht.
Statt einer bestimmten Höhe der Versorgungsleistung (leistungsorientiertes bAV-System) wird stattdessen von Arbeitgebern nur noch eine bestimmte Beitragsaufwendung (beitragsorientiertes bAV-System) in
ein Versorgungssystem zugesagt. Dies zeigen insbesondere die abändernden Betriebsvereinbarungen
von u.a. Bosch und Siemens. Hier stellt sich die Frage nach der zukünftigen Rolle der Arbeitgeber, die
sich zunehmend aus ihrer Verantwortung der einmal gegebenen Versorgungszusagen durch Kündigung,
Kürzung bzw. Schließung der Versorgungssysteme entziehen bzw. zu entziehen versuchen.
Welches Ausmaß von Rückbau, von Kürzungen und Schließungen in den Versorgungssystemen der bAV
vorherrschen, kann gegenwärtig weder genau bestimmt noch beschrieben werden. Noch weniger sind
Aussagen über die Bedeutung solcher Maßnahmen für die Arbeitnehmer in quantitativer wie qualitativer
Hinsicht möglich. Die vorliegende Empirie gibt daher nur näherungsweise den fieberkurvenartigen Verlauf
über Verbreitung und Deckung der betrieblichen Altersversorgung wieder. Abgeleitete hoch-aggregierte,
quantitative Erkenntnisse lassen hierbei nur in unzureichenden Maße qualitative Aussagen über den gegenwärtigen Ist-Zustand der bAV und ihren Strukturen zu.
Es existiert also ein Wissensdefizit in doppelter Gestalt: Nicht nur über die neu eingeführten Systeme
arbeitnehmerfinanzierter bAV sind Wissenslücken festzuhalten, sondern diese beziehen sich gleichermaßen auch auf die bereits vor dem Stichdatum 1. Januar 2002 bestehenden und wenig etablierten ANfinanzierten Systeme sowie auf die arbeitgeberfinanzierten (traditionellen) bAV-Systeme. Damit einhergehend ist nicht eindeutig prognostizierbar, welche Entwicklungslinien für die bAV realistisch erscheinen.
Insbesondere die Kenntnisse über die strukturprägenden Merkmale wie bspw. die Art des Betriebsrentenkonzepts/-systems, das zu Grunde liegende Sicherungsziel, der institutionelle Aufbau, die personellen
Reichweiten, die Aufbringung der Beiträge/Aufwendungen, die Leistungsarten, die Leistungsfortschreibung (Dynamik) oder das erreichte Versorgungsniveaus hüllen sich in einen Schleier des Unbekannten
und Ungewissen.
Die Kenntnis quantitativer und qualitativer Fakten sind aber nicht nur eine grundlegende Voraussetzung
für eine sozial austarierte Weiterentwicklung der bAV im Gesamten, sondern auch notwendig für jeden,
der sachverständig und konstruktiv an der Diskussion über die Lösung der Alterssicherungsfrage(n) beabsichtig teilzunehmen, um die Neujustierung der sozialen Sicherung in Deutschland zukunftsfähig voranzubringen.
I.3
Fragestellung, Untersuchungsfeld und Zielsetzung
Ausgehend von der These, dass traditionell arbeitgeberfinanzierte bAV-Systeme in der Privatwirtschaft
einem Prozess der Differenzierung und Erosion ausgesetzt sind, konzentrierte sich das dreimonatigen
Forschungsprojekt auf die Fragestellung: In welchem Zustand befindet sich die bAV in der Privatwirtschaft? Dabei gilt es im Rahmen der Kurzstudie überblickartig die Identifizierung, Beschreibung und Analyse grundlegender bAV-Modelle und Gestaltungsvariationen anhand strukturprägender Merkmale der
bAV sowie die Entwicklungen in Bezug auf die deutschen Mitbestimmungsträger zu erfassen. Eingeschlossen sind hierbei nicht nur die erkennbaren Zustände und Entwicklungen traditioneller, AG-finanzierter bAV-Systeme, sondern ebenso die 2002 neu eingeführte und folglich nun auf gesetzlichem
Anspruch beruhende (AN-finanzierte) Entgeltumwandlung.
Die Zielsetzung des Forschungsvorhabens ist klar definiert auf das Treffen von quantitativen und qualitativen Zustands-Aussagen zur bAV, insbesondere durch das Einschließen von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) 1, von mittelgroßen (250-499 Arbeitnehmer) und Großunternehmen (ab 500
1
Die herausragende Bedeutung der KMU sowie mittelgroßer Unternehmen ist durch ihren Anteil von ca. 98 % an allen umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen in Deutschland begründet. (Unter Zugrundelegung der Umsatzgrößenklassen des Instituts für Mittelstandsforschung beträgt der Anteil der Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Mio. Euro lediglich 0,24 Prozent aller
Unternehmen in Deutschland. Vgl. Umsatzsteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes, 2003.)
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
Arbeitnehmer).2 Dabei kann die Kurzstudie nur einen ersten Aufschlag zur Beantwortung der Fragen
nach dem aktuellen Stand sowie nach den grundlegenden Bedingungen und Zuständen der bAV darstellen. Ferner wird sie nur eine sehr begrenzte Übertragbarkeit der Ergebnisse erlauben. Die Zielsetzung
der Untersuchung und damit die vorliegenden Ergebnisse können und dürfen daher nicht als abschließend betrachtet werden.
Aufbauend auf diesen grundlegenden Vorarbeiten der Kurzstudie ist mit dem bereits beantragten FolgeForschungsvorhaben eine deutlich tiefergehende und nachvollziehbare Aufarbeitung der bAV-Entwicklung und ihres Ist-Zustandes im gewählten Untersuchungsfeld beabsichtigt.
Exemplarisch konzentriert sich die Untersuchung auf die bAV der Metall- und Elektroindustrie. Ihre Eignung als Referenzbranche ist zum einen durch die herausragende Bedeutung (Wertschöpfung/BIP, Beschäftigtenzahl) für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Westdeutschlands begründet. Zum anderen
empfiehlt sie sich durch ihre nahezu gleichmäßig verteilte, heterogene Struktur von Groß-, Mittel- und
Kleinbetrieben und unterscheidet sich so merklich von anderen Branchen wie Energie oder Chemie. Innerhalb der Branche bestehen darüber hinaus traditionell bedeutsame Einrichtungen der betrieblichen
Altersversorgung. Ein weiterer Beweggrund macht die gewählte Referenzbranche äußerst interessant:
Die IG Metall verfügt über einen umfassenden und bisher un-erforschten unternehmensbezogenen Akten-/Dokumentenbestand zu diesem Thema.
I.4
Untersuchungsmethoden
Methodisch setzte das explorative Forschungsprojekt auf die Aufarbeitung und Auswertung von unternehmensbezogenen Akten/Dokumenten zur bAV sowie einer Erhebung von bAV-Grunddaten in der Metall- und Elektroindustrie an.
Daraus ergeben sich folgende Arbeitsschritte der Untersuchung:
Erstens die Sichtung und Analyse der unternehmensbezogenen Dokumente (u.a. Betriebsvereinbarungen, Pensions-/Vorsorgeordnungen, Satzungen und Richtlinien sowie Stellungnahmen
und Aktennotizen) zur bAV,
zweitens eine Erhebung von bAV-Grunddaten mittels einer Befragung von Betriebsratsmitgliedern,
drittens Expertengespräche mit Sachverständigen aus der Praxis und
viertens ein Werkstattbericht, der die Ergebnisse zusammenfasst und qualitative Hinweise zum
Potential und den Problemen der bAV beinhaltet.
2
Die Einteilung nach Größenklassen erfolgt in der KMU-Definition der Empfehlung der EU-Kommission vom 3. Juni 2003
(2003/361/EG) an die Mitgliedstaaten und in Anlehnung an das Institut für Mittelstandsforschung (bezogen auf die Abgrenzung der
Größenklassen nach Beschäftigten). Andere, mögliche Kriterien zur Differenzierung nach Betriebsstätten, etwa die Höhe des Umsatzes, bleiben außer Betracht. Auf der Ebene von Betriebsstätten (Unternehmen) dürfte dieses Merkmal ohnehin häufig nicht zur
Verfügung stehen.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
II. Teil:
Grundstruktur der bAV in Deutschland
Wesentlich für eine Zustandsbeschreibung von bAV-Systemen ist die Zuordnung zu einzelnen Modellen.
Folglich ist die Kenntnis der maßgeblichen Grundstruktur der bAV in Deutschland hierzu Voraussetzung.
An dieser Stelle ist daher beabsichtigt, diese in verkürzter Form darzustellen, um somit zugleich den
Ordnungsrahmen für die nachfolgenden Ausführungen abzustecken.
Festzuhalten sind vier wesentliche Merkmale, die grundlegenden Charakter für die bAV in Deutschland
besitzen. Dabei ist es gleichgültig, ob AG-finanzierte oder AN-finanzierte bAV-Systeme identifiziert werden.
1. Die bAV-Systeme beziehen sich grundsätzlich nur auf abhängig Erwerbstätige (Arbeitnehmer),
insbesondere bei AG-finanzierten Systemen auf in einem unbefristeten Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis stehende Beschäftigte.
2. Die Finanzierung und Leistungsberechnung sind in der Regel einkommensbezogen. Bei den in
der Privatwirtschaft angewendeten Durchführungswegen werden die späteren Versorgungsleistungen durch Kapitalansammlung während des Erwerbslebens des unmittelbar Versorgungsberechtigten finanziert. Dabei werden mit Ausnahme der Unterstützungskasse Verfahren der Anwartschaftsdeckung angewendet.
3. Das Versicherungsprinzip überwiegt bei der Leistungsgestaltung deutlich gegenüber Elementen
des Solidarausgleichs. Letzter Punkt gilt sowohl für AG-finanzierte als auch AN-finanzierte bAVSysteme.
4. Weiterhin zeichnen sich die (am Finanzierungsweg zu unterscheidenden) Systeme darin aus,
dass für diese nur eine Rahmengesetzgebung besteht, deren Mindeststandards sich nicht direkt
auf die Leistungsseite beziehen. Durch das BetrAVG (1974) und das AVmG (2001) sind Rahmenbedingungen bzw. Mindeststandards normiert, die dann verbindlich sind, wenn eine Versorgungszusage erteilt wurde bzw. eine erste Beitragsleistung des Arbeitnehmers (sofortige Unverfallbarkeit) erfolgt ist. Der insbesondere im BetrAVG auf die Sicherung der Ansprüche von Arbeitnehmern ausgerichtete arbeitsrechtliche Teil wird ergänzend durch steuerrechtliche Bestimmungen, die Anreize zu einer verstärkten Verbreitung der bAV setzen (sollen). Die verbleibende Gestaltungsfreiheit zeigt sich in den einzelnen Durchführungswegen und den vielfältigen Varianten
der Leistungsberechnung in der bAV.
Als Träger der bAV kommen grundsätzlich vier verschiedene Formen (auch in Kombination) für die AGfinanzierte als auch AN-finanzierte bAV in Frage:
das Unternehmen selbst (interne/r Finanzierung/ Durchführungsweg)
eine rechtlich selbständige Kasse oder Pensionsfonds (externer Durchführungsweg) und
Versicherungsunternehmen oder Banken, mit denen Unternehmen oder Versorgungseinrichtungen die Erbringung von Alterssicherungsleistungen vertraglich vereinbaren (externer Durchführungsweg).
Die tarifvertragliche Variante der Trägergestaltung - bspw. Chemiepensionsfonds oder MetallRente (beides vornehmlich Versorgungseinrichtungen auf Branchenebene) - können in dieser
Unterteilung als vierte Variante ebenfalls dem externen Durchführungsweg (im Rahmen des Anspruchs auf Entgeltumwandlung) zugeordnet werden. Ihre Funktion besteht in der Koordination
und dem zielgerichteten Angebot von Altersversogungsprodukten (im Rahmen des Einkommensteuergesetzes) für die in den jeweiligen Branchen beschäftigten Arbeitnehmer. Die Erbringung
von Alterssicherungsleistungen selbst wird in der Regel durch Versicherungsunternehmen erbracht.
Es sind folgende fünf Durchführungswege nach dem Betriebsrenten-Gesetz (BetrAVG) anerkannt:
Bei einer Direktzusage handelt es sich um eine mittelbare Versorgungszusage des Arbeitgebers
(interner Durchführungsweg). Auf die zugesagte Leistungen besteht ein Rechtsanspruch. Um die
Versorgungsverpflichtung zu decken, werden im Unternehmen nach versicherungsmathematischen Regeln Pensionsrückstellungen gebildet und in der Bilanz ausgewiesen. Die Versorgungsverpflichtungen können bei einer Versicherungsgesellschaft ganz oder teilweise rückgedeckt werden. Die Regelungsgegenstände werden überwiegend in einer Versorgungsordnung
festgelegt. Ein auf einer Direktzusage basierenden System kann zusätzlich und bei Öffung auch
im Rahmen der Entgeltumwandlung angewendet werden (schon vor 2002 möglich). Hierbei ver-
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zichtet der Arbeitnehmer auf die Auszahlung eines Teiles seines Arbeitsentgelts/Barlohnes (in
der Regel variable Entgeltbestandteile) zugunsten einer Altersversorgungszusage durch das Unternehmen bzw. durch den Arbeitgeber.
Unterstützungskassen sind mit einem Sondervermögen ausgestattete, rechtsfähige Einrichtungen - meist in der Form eines eingetragenen Vereins oder einer GmbH, deren einziger Zweck die
Bereitstellung von Versorgungsleistungen ist. Neben der Satzung existiert meistens ein gesondert aufgestellter Leistungsplan, in dem alle die Leistungsbereitstellung betreffenden Sachverhalte geregelt werden. Sie können als Betriebs- oder Konzernkasse (oder als Gruppenkasse für Arbeitnehmer eines Wirtschaftszweiges) geführt werden. Sie gewähren die Leistungen ohne
Rechtsanspruch gegenüber dem Arbeitnehmer. Dem Arbeitnehmer steht die Möglichkeit der Entgeltumwandlung bei Öffnung für diesen zu/frei.
Pensionskassen sind selbständig rechtliche Einrichtungen in der Form eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG). Die wichtigste Grundlage für alle die Kassen betreffenden Regelungen ist die Satzung. Als Träger können betriebliche und überbetriebliche Pensionskassen
unterschieden werden. Die Zuwendungen des Arbeitgebers sind so zu bemessen, dass die Pensionskasse das zur Erfüllung der Zusagen errechnete/erforderliche Kapital nach versicherungsmathematischen Grundsätzen bilden kann. Es besteht ein Rechtsanspruch auf die zugesagten
Versorgungsleistungen. Arbeitnehmer können sich ihrerseits an der Finanzierung einer bAV
durch Entgeltumwandlung beteiligen.
Bei einer Direktversicherung schließt der Arbeitgeber einen Einzel- oder Gruppenversicherungsvertrag auf das Leben bzw. zu Gunsten des Arbeitnehmers (und seiner Hinterbliebenen) ab. Der
Arbeitgeber als Versicherungsnehmer trägt kein Versorgungsrisiko, da sich die Ansprüche des
Arbeitnehmers direkt gegen das Versicherungsunternehmen richten. Bei Gruppenversicherungen
werden eine Gruppe von Arbeitnehmern oder ganze Belegschaften nach einem einheitlichen
Plan versichert. Eine besondere Variante stellt die Direktversicherung durch Gehaltsumwandlung
dar, bei der ein Teil der Bezüge des Arbeitnehmers in einem Versicherungsbeitrag umgewandelt
werden. In diesem Fall wird in der Regel nur von einer mittelbaren bAV gesprochen, da bei vorzeitigen Ausscheiden die Versicherungsnehmereigenschaft auf diesen (vorzeitig und i.d.R. vollständig) übergeht.3
Der Pensionsfonds als neu eingeführter und fünfter Durchführungsweg (AVmG 2001) stellt eine
rechtlich selbständige Einrichtung dar, die gegen Zahlung von Beiträgen eine kapitalgedeckte
bAV bereitstellt. Im Unterschied zur Pensionskasse und/oder zur Unterstützungskasse besitzen
Pensionsfonds eine größere Flexibilität bei der Kapitalanlage (und folglich ein damit auch höheres Kapitalanlage-Risiko). Entsprechend hat der Gesetzgeber das planmäßig zuzurechnende
Versorgungskapital auf der Grundlage der eingezahlten Beiträge, jedoch mindestens die Summe
der zugesagten Beiträge, als Mindesthöhe des für die bAV zur Verfügung stehenden Kapitals unter die Haftung des Arbeitgebers (und insolvenzgesichert/PSVaG) gestellt.
Pensionskassen und Versicherungsunternehmen (Direktversicherung) unterliegen unmittelbar dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und wie auch der Pensionsfonds dem Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen (BaFin); die Unterstützungskasse und die Direktzusage nur mittelbar durch die Pflicht
zur Insolvenzsicherung (PSVaG).
Die Möglichkeit schon vor 2002 Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung durch Eigenbeiträge der
Arbeitnehmer aufzubauen, besteht in alle Durchführungswegen. Diese sind entweder einzelvertraglich
oder durch freiwillige Betriebsvereinbarungen normiert, so dass die Substituierbarkeit von Barlohn und
bAV bereits deutlich hervortritt.
Die zunehmende Bedeutung der Gehaltsumwandlung als eigenfinanzierte bAV des Arbeitnehmers wird
durch das AVmG (2001) Rechnung getragen, das nun jedem Beschäftigten bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen den normierten Anspruch auf eine (individuelle) bAV durch Entgeltumwandlung (§ 1a Abs.
1 S. 1 BetrAVG) zuspricht. Die Durchführung des Anspruchs wird durch eine Vereinbarung zwischen dem
Arbeitgeber und Arbeitnehmer geregelt. Zur Erfüllung dieses Anspruchs müssen die Unternehmen den
Arbeitnehmern mindestens ein Produktangebot unterbreiten, das nach dem Altersvermögensgesetz förderfähig ist. Entsprechend ist der Arbeitgeber zur Durchführung über die förderfähigen Wege eines Pensionsfonds, der Pensionskasse oder als Mindestmaß zum Angebot einer Direktversicherung (auf Grund
der Förderfähigkeit) verpflichtet (§ 1a BetrAVG).
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) räumt bei der AG-finanzierten bAV dem Betriebsrat Mitbestimmungsrechte u.a. bei der Aufstellung von Versorgungsgrundsätzen sowie bei der Verwaltung von selb3
Entscheidend ist, ob ein widerrufliches oder unwiderrufliches Bezugsrecht der AG-finanzierten Direktversicherung (für die Zeit vor
Erreichen der Unverfallbarkeit) vorliegt.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
ständigen Versorgungseinrichtungen (Pensionskasse und Unterstützungskasse) ein. Hinsichtlich der
Einrichtung einer AG-finanzierten bAV, des Personenkreises, der Durchführung und des finanziellen Umfangs der bAV hat das BAG in seiner Grundsatzentscheidung (12. Juni 1975) jedoch vier Bereiche herausgearbeitet, die per se als Freiheiten des Arbeitgebers und damit nicht der Mitwirkung wie auch der
Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen. Danach entscheidet der Arbeitgeber autonom über die
Frage, ob er finanzielle Mittel für eine bAV zur Verfügung stellt. Ebenso wenig hat der Betriebsrat Mitwirkungs-/-mitbestimmungsrechte über die Bestimmung des Umfangs und über die Wahl der Versorgungsform, des begünstigten Arbeitnehmerkreises, über die Festlegung der sog. abstrakten Abgrenzung des
Arbeitnehmerkreises (bspw. können Wartezeiten einseitig festgelegt werden) und je nach Handlungsspielraum über die kollektive Regelung der Leistungsseite (gilt auch für die Entgeltumwandlung). Der
Betriebsrat kann daher weder die Einführung einer AG-finanzierten bAV noch den Umfang ihrer Ausstattung erzwingen. Nicht das ob oder das ob nicht, sondern das wie ist mitbestimmungspflichtig. Damit sind
Initiativrechte des Betriebsrates auf Änderung mitbestimmungspflichtiger Regelungsgegenstände eingeschlossen: u.a. bei Leistungsplänen (Direktzusage, Direktversicherung, Pensionsfonds), der Aufstellung
von Versorgungsgrundsätzen und ihrer Gestaltung (Direktversicherung, Pensionsfonds), oder der Organisation von Sozialeinrichtungen (zwingende Mitbestimmung für Unterstützungskasse und Pensionskasse).
Als Sonderfall kann (muss) die Entgeltumwandlung auf der Grundlage der ab 2002 geltenden Gesetzgebung (und des Tarifvorrangs) gelten. Denn das BetrVG billigt dem Kollektiv der Arbeitnehmer eine Beteiligung an Entscheidungen des Arbeitgebers zu, nicht jedoch eine kollektive Kontrolle der Entscheidung
einzelner Arbeitnehmer. Ein teilweises Versagen herkömmlicher Grundsätze ist somit vorprogrammiert,
da der Arbeitnehmer nicht tolerieren muss, dass der Betriebsrat über die von ihm gewünschte Verwendung seines Entgelts mitredet bzw. mitbestimmt. Wie die Durchführung im Einzelnen gestaltet ist, überlässt das Gesetz den Vereinbarungen der Verhandlungsinstanzen in Form von Einzelarbeitsverträgen,
Betriebsvereinbarungen (i.S. des § 88 BetrVG) oder Tarifverträgen auf Grund des Tarifvorrangs (§ 77
Abs. 3 BetrVG).
Ein Mitbestimmungsrecht auf Betriebsebene kommt in den Fällen der Entgeltumwandlung meist nur in
engen Grenzen in Betracht. Möglich bleibt die freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG. Regelungsgegenstände könnten hier insbesondere die Koordinierung zwischen existierenden und neuen (arbeitgeber-/arbeitnehmerfinanzierten) Systemen der bAV sein; z.B. Anpassung der Betriebsvereinbarung
an den Entgeltumwandlungsanspruch oder an Entgeltumwandlungssysteme, die schon vor 2002 implementiert wurden. Ein Eingriff in das gesetzlich oder tariflich gesicherte Wahlrecht des Arbeitnehmers ist
jedoch nicht möglich. Die große Ausnahme kann in der abstrakten Regelung der Leistungsseite gesehen
werden, sofern das Gesetz oder die Tarifparteien oder der vom Arbeitgeber gewählten Anbieter einen
Regelungsspielraum läßt.
III. Teil:
Ausgesuchte Strukturelemente AG-finanzierter bAV-Systeme
Im Rahmen der Kurzstudie wird davon abgesehen, der Vielfalt möglicher Regelungsgegenstände und
ihre Formen in bAV-Systemen erschöpfend Rechnung zu tragen. Hingegen wird nachfolgend das Ziel
verfolgt, ausgewählte Strukturmerkmale exemplarisch herauszuarbeiten. Auf der Grundlage des Aktenund Datenmaterials bildet diese vorläufige Zusammenschau einen ersten modell-theoretischen Einblick in
die Verfasstheit AG-finanzierter bAV-Systeme in Deutschland.
III.1
AG-finanzierter bAV: Darstellung ausgewählter Strukturmerkmale
Nachfolgend werden modell-theoretisch und durch 14 vertragliche Regelungsbeispiele (u.a. Betriebsvereinbarungen, Versorgungsordnungen, Satzungen) veranschaulicht, ausgesuchte Strukturmerkmale AGfinanzierter bAV-Systeme vorgestellt.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
Im ersten Abschnitt wird der Komplex der Leistungsberechnung bzw. -gestaltung AG-finanzierter Systeme, nicht jedoch die Leistungshöhe4 im Einzelnen oder die gesetzliche Anpassungsprüfung5 thematisiert.
Im anschließenden Block wird der Kreises der Versorgungsberechtigten, die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen, Wartezeiten und die Gestaltung anrechnungsfähiger Dienstzeiten präsentiert. Der Abschluss bildet ein kurzer Überblick über die Gestaltung von Hinterbliebenenleistungen.
III.2
Leistungsberechnung
Die Grundsätze von Freiwilligkeit und Gestaltungsfreiheit bedingen bei AG-finanzierten bAV-Systemen,
dass in der Anwendungspraxis sehr unterschiedliche Versorgungsregelungen existieren. Neben Altersrenten werden Erwerbsminderungsrenten (Invalidität) und Hinterbliebenenrenten, zum Teil auch Familienstandszulagen (Ehegatten- und Kinderzulagen) von Unterstützungs- und Pensionskassen gewährt. Ein
Leistungsplan muss jedoch nicht alle diese Leistungsarten enthalten!
Ausnahmelos leisten die während der Kurzstudie untersuchten, jedoch in ihrer Durchführung unterschiedlich gestalteten bAV-Systeme sowohl Versorgungsleistungen im Alter, als auch bei Invalidität (Erwerbsminderung) des Versorgungsanwärters/-berechtigten sowie im Rahmen der Hinterbliebenenversorgung
Leistungen für Witwen/Witwer oder/und Waisen.
Als Folge der Gestaltungsfreiheit (des Arbeitgebers) ist eine Formenvielfalt bei der Leistungsberechung
zu finden. So können Leistungen entgelt- und/oder dienstzeitabhängig (also dienstzeit-bezogen) gestaltet
sein, aber auch völlig unabhängig von der Höhe des individuellen Einkommens und der Dauer der Betriebszugehörigkeit festgelegt werden. Bei entgeltbezogenen Plänen werden für die Leistungsberechung
entweder das gesamte Jahresentgelt oder nur bestimmte Teile wie das Grundgehalt (ohne Sonderzahlung/en) zu Grunde gelegt. Bei allen dienstzeitbezogenen Versorgungszusagen steht die Dienstzeit im
Vordergrund. Dabei werden auch Berufsjahre im Rahmen der Berufsausbildung (im betreffenden Unternehmen oder Unternehmensgruppe) anerkannt.
Hinsichtlich der Leistungsgestaltung können statische, teildynamische und volldynamische Zusagen unterschieden werden. Statische Zusagen lauten auf feste Beträge und weisen keine regelgebundene Anbindung an die Einkommens- und Preisentwicklung auf. Von teildynamischen Zusagen spricht man, wenn
die Anwartschaft auf eine Versorgungsleistung an die individuelle Einkommensentwicklung gekoppelt ist.
Wenn neben direkten Bezügen auf das jeweilige aktuelle Einkommen auch die Anpassung der laufenden
Renten an die Einkommens und/oder Preisentwicklung erfolgt, handelt es sich um volldynamische Zusagen.
Nach dem Betriebsrentengesetz bestehen für den Arbeitgeber drei Möglichkeiten, die Höhe der Versorgungsleistungen bei der Durchführung einer AG-finanzierten bAV festzulegen.6 Die verschiedenen Zusageformen können zusätzlich dem Prinzip nach unterschieden werden, ob es sich um (klassische) Leistungszusagen oder um beitragsorientierte (Leistungs-)Zusagen handelt.
Für die Vergangenheit ist festzuhalten, dass Leistungszusagen im Vordergrund standen, die dem Versorgungsanwärter (Arbeitnehmer) bei Eintritt des Versorgungsfalles eine bestimmte Leistung zuspricht. Der
Arbeitgeber legt dabei anhand einer oder mehrerer Kriterien die erreichbare Leistung unmittelbar in ihrer
Höhe fest. Häufig ist diese Leistung von der Anzahl der erbrachten/erdienten Dienstjahre abhängig
(dienstzeit-abhängige Leistungszusage) und/oder kann als absoluter Betrag, durch einen Prozentwert
vom letzten, versorgungsfähigen Einkommen oder in Abhängigkeit vom jeweiligen (Durchschnitts-) Gehalt (entgelt-/endgehalt-abhängige Leistungszusage) vor Eintritt des Versorgungsfalles definiert werden.
Mit der zum 1. Januar 1999 erfolgten Änderung des § 1 BetrAVG wurde klargestellt, dass auch die beitragsorientierte Leistungszusage zur bAV zählt. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG (i.d.F. vom 15.08.2003)
liegen Leistungen der bAV vor, "...wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln..." Demzufolge stehen
hier die vom Arbeitgeber aufzubringenden Beiträge im Vordergrund. Die Höhe des Aufwandes richtet sich
meist nach dem versorgungsfähigen Entgelt des Arbeitnehmers, wobei überwiegend nur das regelmäßig
erzielte Entgelt, nicht aber variable Vergütungsbestandteile berücksichtigt werden. Aus einer Verren4
Im Folge-Projekt ist beabsichtigt, ein Vergleich der Leistungshöhen (insb. Altersleistungen) mittels eines fiktiven Anwartschaftsträgers (Durchschnittseinkommensbeziehers) durchzuführen. Die Zielsetzung liegt in der Darstellung, der Analyse und dem Vergleich
unterschiedlicher bAV-Leistungsniveaus.
5
Die Analyse des komplexen Bereichs der Anpassung von Versorgungsleistungen nach den Vorschriften des § 16 BetrAVG erfolgt
erst im beantragten Folgeprojekt.
6
Zusätzlich besteht für den Arbeitgeber die Freiheit, die Gestaltung der Höhe durch die materiellen Wertigkeit zu bestimmen.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
tungstabelle (Transformationstabelle) lässt sich die Wertigkeit der Leistungsanwartschaft für jeden erdienten Versorgungsbeitrag in Abhängigkeit vom jeweiligen Alter (Altersfaktor/Zuteilungszeitpunkt) des Anwärters abtragen. Die Versorgungsleistung selbst ergibt sich letztlich durch Multiplikation aus der Summe
der erdienten Versorgungs-/Leistungsbausteine und dem jeweiligen Zugangsfaktor des Versorgungsberechtigten (hier wird auf das Alter des Versorgungsberechtigten abgestellt). Durch die Garantie dieser
Versorgungsleistung handelt es sich bei dieser Form um eine beitragsorientierte Leistungszusage.
Demgegenüber verpflichtete sich der Arbeitgeber bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung (§ 1 Abs.
2 Nr. 2 BetrAVG) nur dazu, als Leistung mindestens die Summe der zugesagten Beiträge zur Verfügung
zu stellen, die dem Aufbau zukünftiger Versorgungsleistungen dienen sollen. Bei der dritten Form der
Zusagengestaltung übernimmt der Arbeitgeber lediglich die Garantie, dass zum Eintritt des Versorgungsfalles mindestens die Summe der zugesagten Beiträge zur Verfügung steht; eine Verzinsung ist nicht zu
berücksichtigen. Diese Form der Zusage ist nur bei den Durchführungswegen Pensionskassen, Pensionsfonds und Direktversicherung zulässig und erfordert zugleich, dass erwirtschafteten Überschüsse der
Kapitalanlage zur Erhöhung der Versorgungsleistungen verwendet werden müssen.
In der Praxis ist es jedoch oftmals schwierig, zwischen den beiden ersten (Leistungs-) Zusagen zu unterscheiden, denn so oder so verbirgt sich hinter jeder Leistungszusage ein zu leistender Aufwand (Beitrag)
durch den Arbeitgeber. Diese Problematik/Unsicherheit der eindeutigen Bestimmung bzw. die Kenntnis
über die gegenwärtig in Anwendung befindliche Zusageart hat das telefonische Nachfassen bei Mitgliedern des Betriebsrats (im Rahmen der Erhebung von bAV-Grunddaten) bestätigt. Eine abschließende,
differenzierte Auswertung der Leistungszusagen kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgelegt werden.
Dennoch versucht die nachfolgende, nach Zusageformen differenzierte Übersicht (Tabelle 1) einen ersten Einblick in die Landschaft der Zusagegestaltungen.
Tabelle 1:
Stand: 31.12.2003
Zusageformen AG-finanzierter bAV
1
Anzahl der
Unternehmen
Anzahl der Unternehmen
43
in %
(Basis: 74 Unternehmen)
58,1
Beitragsorientierte Leistungszusage
2
31
41,9
Beitragszusage mit Mindestleistung
2
0
0,0
Insgesamt (Zwischensumme)
74
100,0
Nicht abschließend bestimmt 3
10
-
Insgesamt
84
-
(Klassische) Leistungszusage 2
Anmerkungen:
1
Auf Basis des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
2
Abgrenzung siehe Text.
3
Für 10 Unternehmen konnte die Zusageform während des Untersuchungszeitraums nicht eindeutig identifiziert werden.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung) und Auswertung des Aktenmaterials. Eigene Darstellung.
58 % der gegenwärtig bestimmten Zusageformen liegen der klassischen Leistungszusage zu Grunde. Im
Zeitablauf hat sich jedoch der Anteil beitragsorientierter Leistungszusagen auf annähernd 42 %
(31.12.2003) erhöht. Das vorliegende Aktenmaterial bestätigt damit eindrucksvoll den allgemeinen Trend
zum Übergang auf beitragsorientierte Leistungszusagen, die im Rahmen der Fortschreibungspraxis von
bAV-Systemen verstärkt zur Geltung kommen. Die fast gleichlautenden Begründungen, die in den Akten
stets vorgefunden werden, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: In der Vergangenheit war die
Entwicklung geprägt durch eine zunehmende Belastung der Unternehmen durch effektive Auszahlungen.
Der Wunsch der Arbeitgeberseite nach berechenbaren und in ihren Auswirkungen beherrschbaren Zusagen hat letztendlich den Wandel zur beitragsorientierten Leistungszusage, also beitragsorientierter Systeme begünstigt. Die 2002 in das BetrAVG aufgenommene Beitragszusagen mit Mindestleistung konnte
hingegen bei keinem der ausgewerteten bAV-Systeme identifiziert werden. (Vgl. Tabelle 1)
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
Tabelle 2:
Stand: 31.12.2003
Zusagen nach Plangestaltung
1
Anzahl der
Unternehmen
Anzahl der Unternehmen
-
Festbetrags-Pläne (Dienstzeit)
26
in %
31,0
-
Entgeltabhängige Pläne
51
60,7
7
8,3
84
100,0
-
Elemente beider Planarten
2
Insgesamt
Anmerkungen:
1
Auf Basis des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
2
Die Leistungsberechnung beinhaltet sowohl eine betragsmäßig festgelegte Grundleistung als auch eine variabel entgeltbezogene
Komponente.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung) und Auswertung des Aktenmaterials. Eigene Darstellung.
Sehr deutlich lässt sich die Dominanz von entgeltbezogenen Leistungsplänen mit einem Anteil an den
ausgewerteten Systemen von exakt 61 % erkennen. Die Höhe der Versorgungsleistung wird damit überwiegend durch die Entgeltabhängigkeit definiert. Bei größeren Unternehmen (über 500 Beschäftigte) sind
gehaltsabhängig Zusagen stärker vorzufinden als bei kleinen und mittleren Unternehmen. Lediglich 31 %
der Unternehmen wenden in unterschiedlicher Ausgestaltung dienstzeitbezogene Leistungspläne auf
Festbetragsbasis an. Hingegen können für 7 Unternehmen Pläne identifiziert werden, die sowohl entgeltabhängige als auch festbetragsbezogene Elemente aufweisen. Der Festbetragsanteil erfüllt hierbei eine
Art Sockelleistung, der auf die Gesamtleistung des bAV-Systems bezogen durch die Entgeltabhängigkeit
zusätzlich aufgewertet wird. (Vgl. Tabelle 2)
Nachfolgend werden die im Ansatz bereits charakterisierten Grundtypen der Plangestaltung – dienstzeitbezogene Festbetrags- und entgeltabhängige Pläne - tiefergehend durch Heranziehung ausgewählter
(, gültiger) Betriebsvereinbarungen vorgestellt, so dass eine modell-theoretische Beschreibung mit anwendungspraktischer Unterlegung einzelner Gestaltungsvariationen vorliegt.
III.2.1
Dienstzeitbezogene Festbetragspläne
In der einfachsten Form sagt diese eher statistisch zu beschreibende bAV-Systemkomponente auf Festbetragsbasis einen einheitlichen, vom individuellen Einkommen unabhängigen Versorgungsbetrag zu.
Bei Festbetragszusagen besteht i.d.R. ein direkter Zusammenhang zwischen Erwerbseinkommen und
Höhe der Betriebsrente nur in dem Maße, wie die Zusagen (einkommens- und) beschäftigungszeitabhängig gekoppelt/ausgestaltet sind. Im Extremfall spielt der individuelle Erwerbsverlauf für die Höhe der
Betriebsrente bei (einkommens- und) beschäftigungszeit-unabhängigen Festbetragssystemen keine Rolle.
In der vorliegenden Untersuchung sind insbesondere Versorgungssysteme auf Festbetragsbasis bei Unterstützungskassen vorfindbar. Demgemäss lässt sich dem Leistungsplan der 1973 gegründeten Unterstützungskasse Sozialwerk Schaeffler e.V. (der heutigen INA Schaeffler KG) bis 2002 entnehmen, dass
Versorgungsberechtigte für jedes abgeleistete Dienstjahr eine Festbetragszusage von DM 10,-- erhalten.
Die maximale, anrechenbare Dienstzeit ist dabei auf 30 Jahre (in der Unternehmensgruppe) begrenzt.
Erweitert werden kann dieses einfache Festbetragsmodell durch eine Zuordnung bzw. Differenzierung
nach unterschiedlichen Lohn- und Gehaltsgruppen, so dass eine Differenzierung der Festrente sowohl
dienstzeitabhängig als auch anhand der tariflichen Gruppenzugehörigkeit (Lohn/Gehalt) entsteht.
Ein solches, leistungsbezogenes bzw. gestaffeltes Festbetrags-System wendet das Unternehmen Kennametal Hertel AG an. In der gültigen Betriebsvereinbarung zur Neuregelung der Betrieblichen Altersversorgung (Juli 1996) werden entsprechend vier Lohn- und Gehaltgruppen (sog. Tarifgruppen) gebildet/gruppiert, denen jeweils vier unterschiedliche Versorgungsteilbeträge (in aufsteigender Wertigkeit/Höhe) gegenübergestellt bzw. zugeordnet sind: „Das Ruhegeld beträgt die Summe der für jedes anrechenbare Kalenderjahr festgestellten Versorgungsteilbeträge.“ (§ 8 1.a) Versorgungsordnung zur bAV
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
1996) Nur karrierebedingt7 wird es in diesem System zu Anspruchszuwächsen/Versorgungsleistung, also
durch den Aufstieg in eine höhere Versorgungsgruppe kommen. Das System ist damit (weitgehend) unabhängig von einer Einkommensdynamik.
Dagegen wendet das Unternehmen Dürkopp Adler AG eine konsequente Fortführung eines einheitlichen
Festbetrags auf die jeweilige Anzahl der geleisteten Dienstjahre (Betriebszugehörigkeit) an. In der Ruhegeldordnung (1990) werden nach Ablauf einer Wartezeit von 10 (ununterbrochen geleisteten,) anrechnungsfähigen Dienstjahren eine monatliche Betriebsrente mit DM 49,-- als Basis festgeschrieben. Die
Rentenleistung steigt mit jedem weiteren, anrechnungsfähigen Dienstjahr um monatlich DM 4,90 bis zur
Höchstrente von monatlich DM 245,--. Diese ist rechnerisch nach 50 Dienstjahren (DM 49,-- + (40 x DM
4,90) = DM 245,--) erreicht (§ 4 Ruhegeldordnung Dürkopp Adler AG, 1990).
Die Versorgungsleistungen von Festbetragssystemen differenzieren sowohl nach Dienstzeit als auch
nach der zuvor bezogenen Einkommenshöhe, wobei für bestimmte Einkommensklassen unterschiedliche
Festbeträge zugesagt werden können. Letztere ist als eine Art leistungsbezogene Festrente zu verstehen.
Der Vorteil von Festbetrags-Systemen liegt nicht nur in der Einfachheit der Berechnung von Versorgungsleistungen, sondern insbesondere auf der Seite des Leistungsverpflichteten: des Arbeitgebers. Die Dynamik der Leistung (Höhe der Leistung) ergibt sich i.d.R. aus dem sog. Steigerungsbetrag, der die Funktion eines Rentenwertes für jedes erdiente Dienstjahr besitzt (s.o.) und nur selten in Abhängigkeit des
bezogenen Einkommens steht.
Gegenüber entgeltbezogenen bAV-Systemen kann das Festbetrags-System tendenziell ein Entstehen
von sog. Minirenten durch den relativ geringen Versorgungswert des Steigerungsbetrages begünstigen.
Unter der Annahme von abnehmenden Dienstzeiten (Betriebszugehörigkeiten) - verursacht durch häufigeres Wechseln des Arbeitsplatzes - wird daraus folgen, dass die durchschnittliche, unverfallbare Betriebsrentenleistung tendenziell abnehmen wird oder bereits während der Erdienung verfallen.
III.2.2
Entgeltabhängige Pläne
Entgeltabhängige Leistungspläne können als teildynamische bezeichnet werden, weil sie sich auf das
individuelle Einkommen des Arbeitnehmers beziehen und in allerdings recht unterschiedlicher Weise
dessen Entwicklung im Zeitablauf der Betriebszugehörigkeit berücksichtigen.
Bemessungsgrundlage für den Entgeltfaktor ist das (tarifliche oder vereinbarte) Jahresentgelt. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, unterschiedliche Definitionen des maßgeblichen Entgelts vorzunehmen: Es
können das gesamte Entgelt oder nur bestimmte Teile des Lohnes/Gehalts zu Grunde liegen wie etwa
das (tarifliche oder vereinbarte) Grundgehalt ohne Sonderzahlungen. Ferner kann eine Abhängigkeit zum
letzten Erwerbseinkommen, ein im Durchschnitt der letzten oder der besten Jahre oder ein im gesamten
Erwerbsleben durchschnittlich erzieltes Einkommen als Basis der Leistungsbemessung dienen.
In Anlehnung der Beitragsbemessungsgrenze/BBG der Gesetzlichen Rentenversicherung können für
Teile des Einkommens, die unter oder über der festgelegten Grenze liegen, weitere Differenzierungen
hinsichtlich der Sicherungshöhe definiert werden, so dass eine große Variationsbreite der Leistungsbemessung möglich ist.8
Bei Endgehaltssystemen errechnet sich die Versorgungsleistung prozentual aus dem letzten, bezogenen
Entgelt in Abhängigkeit der erbrachten/erdienten Dienstzeit. Für eine 20jährige Dienstzeit werden bspw.
10 % des letzten Bruttoentgelts als Betriebsrente zugesagt; das entspricht einem dienstzeit-erdienten
Anteil von 0,5 % je geleistetem Dienstjahr. So liegen die Versorgungsleistungen von Cooper Power Tools
GmbH & Co. dieser Berechnungsgrundlage zu Grunde. Die Betriebsrente basiert auf dem pensionsfähigen Einkommen der dem Versorgungsfall vorangehenden 12 Monate und entspricht somit dem Charakter
eines endgehaltsbezogenen Versorgungsplanes. Die Versorgungsleistung selbst wird errechnet aus der
Summe, die sich aus der Multiplikation der anrechnungsfähigen Dienstjahre und den mit unterschiedlichen Prozentsätzen gewichteten Entgelt(an)teilen ergibt, die im letzten Jahr (vor Eintritt des Versorgungsfalles) über oder unter der gültigen Beitragsbemessungsgrenze der Gesetzlichen Rentenversicherung
7
Die Leistung pro Versorgungsgruppe liegen nach der zweiten Anpassung (2001) je anrechenbaren Kalenderjahr (Dienstjahr) ab
einschließlich 2001 bei DM 10,-- in Schritten von DM --,50 bis DM 11,50. Kennametal Hertel AG (2001): Mitteilung der Anpassung
der Leistungen der Altersversorgung vom 28.06.2001.
8
So betragen u.a. bei der Robert Bosch GmbH die Beiträge zum AG-finanzierten bAV-System für beitragsrelevante Einkommensteile bis zur Beitragsbemessungsgrenze 1,5 % und für Teile über der Beitragsbemessungsgrenze 9 %. Vgl. Robert Bosch GmbH
(2002): Betriebsvereinbarung zur Betrieblichen Altersversorgung Kapital Vorsorge Plan Nr. 2.2.1 und 2.2.2.
Seite 10
Modelle betrieblicher Altersversorgung
liegen. (Nr. 4.4 i.V.m. Nr. 3 Cooper Power Tools Altersvorsorge-Ordnung (AVO) 1988 i.d.F. von 1999).
Die Betriebsrentenhöhe ist vom Erwerbsverlauf des Versorgungsberechtigten weitgehend unabhängig.
Lediglich die Betriebszugehörigkeit und das letzte Jahresentgelt (der Erwerbsphase) entscheiden über
die Höhe der Versorgungsleistung, nicht aber das währenddessen erzielte oder durchschnittliche Einkommen. Die Höhe des individuellen Absicherungsniveaus ist durch die als Prozentsatz festgelegte Versorgungszusage (letzten Einkommen) zu jedem Zeitpunkt exakt bestimmbar.
Sog. Karrieredurchschnittspläne sind im Bezug auf die Einkommensentwicklung weniger dynamisch als
Endgehaltspläne. Für jedes Dienstjahr wird entsprechend ein einheitlicher Prozentsatz des in diesem
Jahr bezogenen Einkommens zugesagt und als Nominalbetrag (Steigerungsbetrag) festgeschrieben. Die
Betriebsrente ergibt sich folglich aus der Summe der Steigerungsbeträge. Im Ergebnis führen Einkommenserhöhungen nur anteilig zu einer Erhöhung der bereits erworbene Ansprüche, so dass auf die Erwerbsphase bezogen eine Glättung der Betriebsrentenhöhe erfolgt.
Das Unternehmen RUD Kettenfabrik Rieger & Dietz GmbH & Co. bestimmt entsprechend dieser Plangestaltung die zu erbringende Versorgungsleistung, in der lediglich das Bruttodurchschnittsgrundgehalt der
letzten 24 Monate vor Eintritt des Versorgungsfalles herangezogen wird (Nr. 4 RUD-AltersvorsorgeOrdnung 1993). Der Entgeltteil, der die Beitragsbemessungsgrenze zum Zeitpunkt des Renteneintritts
übersteigt, wird zusätzlich mit dem dreifachen Eckwert (hier: = Rentenwert; in Anlehnung an Festbetragspläne), der darunter liegende Teil nur mit dem einfachen Eckwert gewichtet/bewertet (Nr. 5.1 a) und
b) RUD-Altersvorsorge-Ordnung 1993).
Im Rahmen der Aktensichtung innerhalb der entgeltabhängigen bAV-Systeme keine bedarfsabhängigen
Korrekturen der betrieblichen Versorgungszusagen identifiziert worden. So besteht grundsätzlich die
Möglichkeit bei der Bestimmung des versorgungsfähigen Entgelts, Schicht- oder/und Akkordzulagen über
einen längeren Zeitraum einzubeziehen/zu berücksichtigen, um auf diese Weise Nachteile der gewerblichen gegenüber einer kaufmännischen Tätigkeit auszugleichen bzw. zu vermieden.
III.2.3
Versorgungs- (renten-/pensions-) fähiges Entgelt
Neben der Berechnungsmethodik von Versorgungsleistungen sind für bAV-Systeme die Bestimmung des
versorgungsfähigen Entgelts einer der wesentlichsten Bestandteile. Das versorgungsfähige Entgelt bestimmt nicht nur die Höhe der Aufwendungen des Arbeitgebers, es bestimmt ebenso - und mit gleicher
Nachhaltigkeit - bei Eintritt des Versorgungsfalls die zu erwartende Höhe der Versorgungsleistung.
Die Variation versorgungsfähiger Entgelte ist unter den ausgewerteten unternehmen mitunter erheblich
was die Hinzurechnung von Sonderzahlungen (u.a. Einmalzahlungen, aber auch steuerfreie Sonn- und
Feiertagszuschläge), etc. angeht. Maßgeblich wird das versorgungs- (renten-/pensions-)fähigen Entgelt
auf der Grundlage des (tariflichen) Grundgehalts definiert, wie die Auswertung zeigte.
Hinsichtlich der Gestaltung findet im Unternehmen Robert Bosch GmbH ein Anrechnungsmodus Anwendung, der bei keinem der anderen ausgewerteten Unternehmen vorgefunden werden kann. Hier gelten
als beitragsrelevant - und damit versorgungsrelevant - neben dem Bruttoarbeitsentgelt (Jahr) zusätzlich
steuerfreie Zuschläge für Sonntags,- Feiertags- oder Nachtarbeit sowie die Beiträge der ungeförderten
Entgeltumwandlung und zur pauschalbesteuerten Direktversicherung (Vgl. Nr. 2.2.1 und 2.2.2 Betriebsvereinbarung zur Betrieblichen Altersversorgung Kapital Vorsorge Plan, 2002). Mit anderen Worten: Die
Eigenleistung des Arbeitnehmers im Rahmen der ungeförderten Entgeltumwandlung (≠ Riester-Rente)
wird dem versorgungsrelevanten Jahreseinkommen hinzugerechnet. Folglich ergibt sich daraus ein direkt
vom Arbeitnehmer beeinflussbarer Arbeitgeberbeitrag zum AG-finanzierten bAV-System, der die Leistung
der Eigenvorsorge (Entgeltumwandlung) durch eine höhere Anwartschaft fördert. (Vgl. IV.3.7, S. 34)
III.2.4
Anrechnungsfähige Dienstzeit
Als anrechnungsfähige oder rentenfähige Dienstzeit gelten grundsätzlich die Jahre vom Eintritt in das
Unternehmen bis zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls, d.h. die Dienstzeit, in der ein ununterbrochenes
Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis bestanden hat. Vielfach findet ein bestehendes Mindestalter Anwendung, das altersmäßig die anrechnungsfähige Dienstzeit nach unten begrenzt. Die Höhe der Betriebsrente wird aus diesem Grund maßgeblich beeinflusst. Ebenso sind speziell Ausbildungs- und direkt
anschließende Betriebszugehörigkeitszeiten hiervon betroffen. So bestimmt u.a. die Betriebsvereinbarung von Westfalia Separator AG, das die Vollendung des 25. Lebensjahr vorzuliegen hat, um eine Anre-
Seite 11
Modelle betrieblicher Altersversorgung
chenbarkeit von Dienstjahren für das AG-finanzierte System zu gewährleisten (jeweils: § 10 Abs. 1 b) der
Versorgungsordnungen 1996 für Eintritte vor 31.12.1995 und für Eintritte nach dem 01.01.1996).
Die vertragliche Anrechnung von sog. Vordienstzeiten ist oftmals nur in Unternehmensgruppen üblich, in
der einzelne, rechtlich selbständige Unternehmen gegenseitig - bei abschließender Aufzählung - eine
Anrechnung von Dienstzeiten zulassen. (Vgl. u.a. Howaldtswerke – Deutsche Werft AG: § 12 Abs. 2e) BV
02 06 2002)
Die anrechnungsfähige Dienstzeit endet weitgehend einheitlich mit dem Erreichen der festen Altersgrenze - längstens bis zu Vollendung des 65. Lebensjahres - und beträgt bei den ausgewerteten bAVSystemen maximal 50 Dienstjahre (Ruhegeldordnung des Unternehmens Dürkopp Adler AG: § 4 Ruhegeldordnung 1990). Abweichungen von diesem Höchstfall sind die Regel. Das Unternehmen Kaba Benzing GmbH normiert in seiner Betriebsvereinbarung (1992) hierzu folgende Regelung: Die anrechnungsfähigen Dienstjahre sind auf 30 Jahre begrenzt. Bei darüber hinausgehender Dienstzeit werden grundsätzlich nur die letzten 30 Dienstjahre als Dienstzeitfaktor in die Berechnung der Leistungshöhe der betrieblichen Altersrente aufgenommen. Ähnliches lässt sich u.a. bei dem Unternehmen Benteler Stahl/Rohr
GmbH in der Konzernbetriebsvereinbarung (2003) zur Direktzusage wiederfinden.
III.3
Kreis der Versorgungsberechtigten
Damit Ansprüche an ein betriebliches Alterssicherungssystem erworben werden können, muss es zunächst überhaupt möglich sein, Mitglied in diesem System zu werden. Die Möglichkeit zur Teilnahme/habe hängt im Bereich der bAV vom Grundsatz der abhängigen Erwerbstätigkeit (§ 17 Abs. 1 BetrAVG)
ab. Betriebliche Versorgungseinrichtungen umfassen grundsätzlich deshalb nur diejenigen Personen, die
unbefristet beschäftigt sind; und im Falle der Hinterbliebenenversorgung nur deren Angehörige. Ein freiwilliger Beitritt anderer Personen ist nicht möglich.
In Unternehmen kann sich die Verpflichtung zur Gewährung einer bAV aus einer entsprechenden Betriebsvereinbarung ergeben. Zu beachten ist dabei, dass von einer solchen Zusage nur die unter das
Betriebsverfassungsgesetz fallenden Arbeitnehmer erfasst werden, insbesondere also leitende Angestellte ausgenommen sind. Es besteht auch die Möglichkeit, dass von Seiten des Arbeitgebers den Arbeitnehmern gegenüber einseitige Versorgungszusagen erklärt werden. Mit leitenden Angestellten (und außertariflichen Arbeitnehmern) werden vielfach einzelvertragliche Vereinbarungen getroffen.
Für die Vergangenheit lässt sich für die untersuchten bAV-Systeme feststellen, dass der einbezogene
Personenkreis sehr variiert. Eine Begründung kann aus dem Umstand abgeleitet werden, dass es sich
bei ausschließlich AG-finanzierten bAV-Systemen dem Grundsatz nach um eine freiwillige Sozialleistung
des Arbeitgebers handelt. Es steht dem Arbeitgeber hierbei frei, nur bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern im bAV-System zu berücksichtigen. Bei der Abgrenzung des Personenkreises ist zwar stets der
Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 BetrVG) zu beachten.9 Dies verbietet es allerdings nicht, Leistungen
für einzelne Gruppen von Arbeitnehmern zu gewähren, oder die Leistungsniveaus nach Beschäftigungsgruppen zu differenzieren. Ferner können Versorgungseinrichtungen [jederzeit einseitig vom Arbeitgeber]
geschlossen werden mit der Folge, nur solchen Arbeitnehmern Versorgungsleistungen bereitzustellen,
die vor einem bestimmten Stichtag in das Unternehmen eingetreten sind. Der Arbeitgeber kann ferner
einseitig oder mit Hilfe einer Betriebsvereinbarung die Versorgungszusage zeitlich aufschieben, in dem er
diese an bestimmte Voraussetzungen wie Mindestfristen (Betriebszugehörigkeit) oder an einem Mindestalter knüpft.
Das Unternehmen Cooper Power Tools GmbH & Co. hat in der gültigen Betriebsvereinbarung hierzu
folgenden Kriterienkatalog verankert: Teilnahmeberechtigt ist jeder Arbeitnehmer in einem ungekündigten
Arbeitsverhältnis. Als Mindestalter gilt die Vollendung des 35. Lebensjahres und eine anrechnungsfähige
Dienstzeit von 10 Jahren muss vorliegen und „... beim Eintritt in die Firma das 55. Lebensjahres noch
nicht überschritten...“ sein (Nr. 1.1 a) bis c) Cooper Power Tools Altersvorsorge-Ordnung (AVO) 1988
i.d.F. von 1999). Des weiteren schließt Cooper Power Tools nur die Arbeitnehmern in den Kreis der Versorgungsbegünstigten (Altersversorgungs-Ordnung (AVO)) ein, sofern „... zum Zeitpunkt der Teilnahmeberechtigung kein gesundheitlicher Hinderungsgrund besteht, den dienstlichen Obliegenheiten in vollem
Umfang nachzukommen; andernfalls kann die Firma die Aufnahme in die AVO von einer Gesundheitsprüfung abhängig machen.“ (Nr. 1.1 d) AVO 1988 i.d.F. von 1999) Diese definierte Voraussetzung versteht
Cooper Power Tools nicht als ausschließliche Leistungsvoraussetzung, sondern gleichermaßen auch als
Status-Voraussetzung für den personalen Geltungsbereich der Versorgungseinrichtung.
9
Kriterien wie Bedürftigkeit, Dauer der Betriebszugehörigkeit, oder Stellung im Betrieb sind als sachgerechte Abgrenzungskriterien
anerkannt. Der Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten verstößt jedoch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 BetrVG). Es
bestehen damit keine grundsätzlichen Versorgungsverpflichtungen gegenüber der Gesamtheit aller Beschäftigten im Unternehmen.
Seite 12
Modelle betrieblicher Altersversorgung
Der Ausschluss von Arbeitnehmern in befristeten Arbeits- und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen
stellt hingegen eine verbreitete Praxis dar. Auch schließt bspw. die Betriebsvereinbarung der Howaldtswerke - Deutsche Werft AG die Gruppe der Auszubildenden und die Studenten des Dualen Ausbildungssystems ausdrücklich von einer Versorgungszusage aus (§ 1 Abs. 2 e) Betriebsvereinbarung 02 06
2002).10
In der Vergangenheit wurde darüber hinaus der personale Geltungsbereich häufig durch das Unterscheidungsmerkmal Betriebsangehörigkeit konkretisiert, so dass vielfach der Bereich der Heimarbeit ausgeschlossen blieb. In 2/3 der ausgewerteten, gültigen Betriebsvereinbarungen ist dieses Unterscheidungsmerkmal in der Fortschreibungspraxis aufgehoben worden; Ausnahmen bestehen bis heute jedoch fort
wie die Versorgungsordnungen der Westfalia Separator AG zeigen (jeweils: § 2 Abs. 3 der Versorgungsordnungen 1996 für Eintritte vor 31.12.1995 und für Eintritte nach dem 01.01.1996).
Versorgungseinrichtungen, die zwischen Arbeitern und Angestellten differenzieren, sind fast vollständig
dazu übergegangen, einen einheitliche Arbeitnehmerbegriff zu verwenden; vielfach wird in Vertragstexten
auch sehr unbestimmt von (allgemeinen) Belegschaft gesprochen. Unter den untersuchten Unternehmenssystemen wurde lediglich für das Unternehmen Fröhlich & Klüpfel GmbH & Co. KG eine bis heute
aufrechterhaltene Unterscheidung vorgefunden, die sich in den 1984 vereinbarten und separat für Arbeiter und Angestellte abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen niederschlägt.
Die Untersuchung der Fortschreibungspraxis kollektivvertraglicher bAV-Verträge (seit Beginn der 90er
Jahre) hat ergeben, dass hinsichtlich der personalen Geltungsbereich ein schrittweiser, aber kontinuierlicher Übergang zur Anlehnung bzw. direkten Verweisung auf den in § 5 BetrVG normierten Personenkreis
zu finden ist. So sind alle in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmer im
Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes von der Einbeziehung in das AG-finanzierte bAV-System begünstigt: Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (§ 5 Abs.
1).11 Letztere Gruppe wird jedoch durch die Definition der Anrechenbarkeit von Dienstzeiten vielfältigen
Restriktionen unterworfen. Ausgenommen von dieser grundsätzlich festzustellenden Praxis sind alle einzelvertraglichen Versorgungszusagen. Hierbei handelt es sich fast ausschließlich um die Gruppe der
Leitenden Angestellten. Dreizehn befragte Betriebsräte geben dieses Ausschlusskriterium explizit an.
Dennoch kann eine sukzessive Aufgabe der Sonderstellung dieser im Rahmen der bAVFortschreibungspraxis über einen annähernd 15jährigen Zeitraum beobachtet werden. In 16 Unternehmen sind Leitende Angestellte in das allgemeine AG-finanzierte bAV-System einbezogen. Die in der
Kurzstudie beobachteten Veränderungen zeigen, dass eine langsam sich vollziehende Entwicklung (Tendenz) zur Angleichung bzw. Vereinheitlichung des Kreises der Versorgungsanwärter festzustellen ist.12
III.4
Leistungsvoraussetzungen - Wartezeit
Die Leistungsvoraussetzungen13 in der bAV sind ihrem Charakter als Ergänzungssicherung entsprechend
zumindest teilweise denen der Gesetzlichen Rentenversicherung angelehnt, zum Teil auch unmittelbar
angeglichen.
Auf Grund der Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers sind in der Praxis die Zahlungen von Versorgungsleistungen an den Versorgungsanwärter vielfach an sehr unterschiedliche Voraussetzungen gebunden,
die überwiegend durch die Form der Und-Verknüpfung kombiniert sind. Nachfolgend werden sehr verbreitete Ausprägungen und Bedingungen von Wartezeiten (als bestehende Leistungsvoraussetzungen)
überblickartig und in knapper Form dargelegt.
Leistungsvoraussetzung ist stets, dass der Sicherungsfall eintritt: eine bestimmte Altersgrenze (sog. feste
Altersgrenze) überschritten wird, Invalidität besteht oder der Versorgungsberechtigte stirbt und Hinterbliebene zurücklässt. Voraussetzung für den Bezug der Versorgungsleistung ist damit maßgeblich die
Beendigung der Erwerbstätigkeit. Im Gegensatz zur Gesetzlichen Rentenversicherung wird in der bAV
10
Eine Anrechnung der Ausbildungszeit erfolgt jedoch hier im Rahmen der Wartezeit (Satzung der Babcock Pensionskasse). In der
Regel findet die allgemeine Klausel Anwendung, dass weitere Dienstzeiten grundsätzlich Anerkennung finden können, sofern eine
schriftliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Versorgungsanwärter zu Stande kommt.
11
Eine fast gleichlautende Formulierung findet sich im § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG wieder. Im Verständnis der Definition von Mindeststandards durch das BetrAVG kann dies als grundlegender Orientierungsmaßstab angesehen werden.
12
Die Kurzstudie konzentriert sich im Weiteren auf die Erfassung des Standes und des Zustandes von bAV-Systemen für die allgemeine Belegschaft.
13
Die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in einer Versorgungseinrichtung ist grundsätzlich von den Voraussetzungen zu trennen, die darüber hinaus erfüllt sein müssen, damit Versorgungsleistungen aus dem bAV-System fließen.
Seite 13
Modelle betrieblicher Altersversorgung
primär auf die Beendigung des Arbeits- und/oder Beschäftigungsverhältnisses und erst in zweiter Linie
auf das Erreichen der Altersgrenze abgestellt.
Wartezeit
Von den Wartezeiten zu trennen sind sog. Unverfallbarkeitsfristen14 des BetrAVG (§ 1b BetrAVG). Sie
stellen keine zeitlichen Leistungsvoraussetzungen im engeren Sinne dar, sondern legen fest, unter welchen Umständen und Bedingungen erworbene Anwartschaften auf eine Versorgungsleistung nicht verfallen, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Erreichen der festen Altersgrenze bzw. vor dem Eintritt eines
Versorgungsfalles beendet wird. Grundsätzlich wird für die Erfüllung dieser Unverfallbarkeitsfrist eine
ununterbrochene Betriebszugehörigkeit vorausgesetzt. Zusagen können aber auf der Grundlage freier
Vertragsgestaltung (u.a. trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses) aufrechterhalten bleiben, etwa bei
Erziehungsurlaub.15 Die Einführung der gesetzlichen Unverfallbarkeit berührt damit grundsätzlich die
Wartezeitregelungen nicht. Damit sind auch Wartezeiten zulässig, die deutlich über die gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist hinausgehen.
Dagegen stellt die Wartezeit eine Leistungsvoraussetzung dar, die angibt, welche Mindestdienstzeit zurückgelegt oder welches Mindestalter ein im bAV-System erfasster Arbeitnehmer erreicht haben muss,
damit überhaupt ein Versorgungsanspruch entstehen kann. Diese Wartezeiten können bei Eintritt bestimmter Sicherungsfälle - z.B. im Todesfall oder bei einer Invalidität während des Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses - reduziert sein oder ganz entfallen, so dass mit Beginn der Versorgungsanwartschaft ein unmittelbarer Anspruch auf Versorgungsleistungen besteht. Bei Vorliegen eines Erwerbsminderungsfalles oder auf Grund der vorzeitigen Leistungserbringung gegenüber Hinterblieben verkürzt sich
bspw. gem. der Versorgungsordnung der Rieger & Dietz Kettenfabrik GmbH & Co. die Wartezeit auf 5
Jahre (Nr. 2.2 b) RUD-Altersvorsorge-Ordnung 1993).
Die überwiegende Zahl der untersuchten Vertragstexte bestimmt die leistungsvoraussetzende Wartezeit
anhand folgender Kriterien: Erstens muss der Versorgungsbegünstigte i.d.R. ein bestimmtes Mindestalter
vollendet haben und zweitens bei Eintritt des Versorgungsfalles eine ununterbrochene Mindestdauer des
Arbeits-/Beschäftigungsverhältnisses aufweisen können. Hinsichtlich des vollendeten Lebensjahres existiert eine Streuung zwischen dem vollendeten 25. und 35. Lebensjahr, bei der Beschäftigungsdauer liegt
das Mittel bei 10 Jahren.
So normieren die Unternehmen Lingl GmbH & Co. KG oder Kennametal Hertel AG die Wartezeiten anhand der Vollendung des 25. Lebensjahres und dem Bestehen eines 5jährigen, ununterbrochen Arbeitsund Berufsausbildungsverhältnisses. Weitere Voraussetzungen gilt es nicht zu erfüllen. (Vgl. § 5.1 S. 2
Lingl-Kap-VO-2002, § 4 Betriebsvereinbarung über die Neuordnung der bAV 1996/Kennametal). In der
abgelösten Betriebsvereinbarung von 1992 (Lingl) lagen hingegen die Leistungsvoraussetzungen
(Schwellenwerte) noch bei Vollendung des 30. Lebensjahres und einer 10jährigen, ununterbrochenen
und anrechnungsfähigen Dienstzeit (§ 4 Versorgungsordnung 1980 i.d.F. von 1992).
Wartezeiten von 20 und mehr ununterbrochen abzuleistende Dienstjahre gehören der Vergangenheit an.
Für den jedoch überwiegenden Teil der Unternehmen (Auswertungsgruppe) können sie bis in die siebziger Jahre dokumentiert werden. Somit ist in einer annähernd 2 Jahrzehnte umfassende Fortschreibungspraxis (seit den 80er Jahren) eine deutliche Absenkung der allgemeinen Wartezeiten als Entwicklungstrend feststellbar, wenn auch nicht überall auf das Niveau von Lingl und Kennametal (s.o.). Ein Unternehmen, das im Vergleich zu anderen Unternehmen dennoch durch eine relativ lange Wartezeit auffällt,
ist ABM Greiffenberger Antriebstechnik GmbH. In der Betriebsvereinbarung zur Direktzusage (1990) wird
eine leistungsvoraussetzende Betriebszugehörigkeit von 20 Dienstjahren als Wartezeit für die Leistungserbringung vorgeschrieben.
III.5
Renteneintrittsalter und vorgezogener Bezug der Betriebsrente
Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rentensache Barber sind seit 1990
unterschiedliche Altersgrenzen für Männe und Frauen in der bAV nicht mehr zulässig. Der EuGH sieht in
14
Ansprüche sind nach dem novellierten BetrAVG unverfallbar, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 30. Lebensjahr vollendet hat und die Versorgungszusage des Arbeitgebers für ihn entweder mindestens 5 Jahre
bestanden hat (§ 1b Satz 1 BetrAVG 2001). Die frühere Regelung sah eine Altersgrenze bei vollendetem 35. Lebensjahres und
einem 10jährigen Bestand der Versorgungszusage vor oder wenn der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens 12 Jahre zurücklag und die Versorgungszusage für den Arbeitnehmer mindestens 3 Jahre bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 BetrAVG i.d.F.v. 1999).
15
Eine leistungssteigernde Anrechnung von Erziehungszeiten ist in keinen der ausgewerteten Vereinbarungen/Versorgungsordnungen nachweisbar.
Seite 14
Modelle betrieblicher Altersversorgung
der Tatsache, dass Frauen eine betriebliche Versorgungsleistung zu günstigeren Konditionen/ Bedingungen als Männer erlangen können, einen Verstoß gegen das Lohngleichheitsgebot des Art. 141 (ehem.
119) EG-Vertrag. Diese günstigere Bedingung war für die bAV in Deutschland darin zu sehen, dass eine
überwiegende Zahl der Leistungspläne/Versorgungsordnungen gespreizte Altersgrenzenregelungen für
Männer und Frauen vorsahen.
Durch die EuGH-Entscheidung ausgelöst, kann anhand des bisher gesichteten Aktenmaterials ab 1991
eine kontinuierliche Angleichungspraxis (und Anhebung-) des Altersrentenbeginns auf das vollendete 65.
Lebensjahres (durchführungsweg-übergreifend) nachgewiesen werden. Die Möglichkeit, auch vor Vollendung des 65. Lebensjahres eine Betriebsrente zu beanspruchen, bleibt in der jeweils konkreten Ausgestaltung der Vereinbarung (gem. § 6 BetrAVG; vorzeitige Inanspruchnahme der bAV) davon unberührt.
Die Aktensichtung hat für die untersuchten Unternehmen zugleich ergeben, dass fast einheitlich in den
siebziger und achtziger Jahren die festen Altersgrenzen für den Bezug von Versorgungsleistungen für
Männer bei vollendeten 65. und für Frauen bei vollendeten 60. Lebensjahr lagen. Seltener sind eine einheitliche Regelungen - u.a. ab dem vollendeten 63. Lebensjahr - zu finden. In 4 von 5 untersuchten AGfinanzierten bAV-Systemen gilt heute als unabdingbare Voraussetzung die Vollendung des 65. Lebensjahres für die Gewährung der Versorgungsleistung. Die heutige Maschinenfabrik Bernhard Krone GmbH
kann bezüglich der Bezugsregelung (Alter) hierbei auf eine fast 30jährige, ununterbrochene Festschreibung (1976) des geschlechtsneutralen Bezugsalters - vollendetes 65. Lebensjahr - zurückblicken.
Neben den obligatorisch zu erbringenden Wartezeiten kann somit die Vollendung des 65. Lebensjahres
als sonstige Leistungsvoraussetzung - in Anlehnung an die Gesetzliche Rentenversicherung – angesehen werden. Dabei sehen diese regelmäßig vor, dass betriebliche Versorgungsleistungen nur beansprucht werden können, wenn entweder der Versorgungsberechtigte „das 65. Lebensjahr in den Diensten
der Firma vollendet“ hat, bei Ausscheiden vor Eintritt des Versorgungsfalles eine unverfallbare Anwartschaft besitzt, oder nach Anerkennung durch die Gesetzliche Rentenversicherung wegen Erwerbsminderung und vor Erreichen der festen Altersgrenze (bAV) das Arbeitsverhältnis beenden muss oder ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses invalide (erwerbsunfähig) ist. Das Ziel aller dieser Regelungen ist,
dass keine Rentenbezüge neben Aktiveinkommen geleistet werden. Bei Wegfall der Grundlage (Sozialversicherungsrente) wird ebenfalls die Zahlung der betrieblichen Versorgungsleistung eingestellt (§ 6 S. 2
BetrAVG).
Betriebsrente: Möglichkeit des vorgezogenen Bezugs
Bei der Möglichkeit des vorgezogenen Bezugs der Betriebsrente darf die Orientierung der bAV an der
Gesetzlichen Rentenversicherung nicht unterbewertet werden. Die Inanspruchnahme der Betriebsrente
ist nämlich fast ausnahmslos an den Bezug der Sozialversicherungsrente gebunden.
Mit der in § 6 BetrAVG getroffenen Regelung zur vorzeitigen Altersleistung hat der Gesetzgeber den Intentionen eines flexiblen Übergangs in den Ruhestand, der in der Gesetzlichen Rentenversicherung seit
1972 besteht, 1974 auch im Bereich der Betriebsrenten eingefügt. Durch die Rentenreformgesetze 1992
und 1999 (Einführung von Abschlägen/Rentenzugangsfaktoren) wirkt sich der Zusammenhang nun erstmals zwischen vorgezogenem Bezug der gesetzlichen und Versorgungsleistungen im Alter unmittelbar
auch auf die betrieblichen aus.
Aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme der bAV ist der Arbeitgeber berechtigt, eine Kürzung vorzunehmen, weil u.a. eine verkürzte Betriebszugehörigkeit auf Grund des vorzeitigen Ausscheidens berücksichtigt werden muss, sich eine längere Rentenlaufzeit ergibt, sich Zinsverluste auf Grund des vorzeitigen
Abrufs sowie Zusatzbelastungen aus der Anpassungsbestimmung des § 16 BetrAVG ergeben. Die Kürzung muss jedoch auf einer vertraglichen Regelung beruhen. Fehlt eine spezifische Kürzungsregelung
wie in der Betriebsvereinbarung von S. Siedle & Söhne (Nr. 9706 aus 1997), so kann lediglich nach Maßgabe des § 2 BetrAVG, d.h. pro rata temporis die Betriebsrente gekürzt werden.
In der betrieblichen Praxis finden sich Regelungen, nach denen die erdiente Anwartschaft für jeden Monat des vorzeitigen Bezugs - vor Vollendung des 65. Lebensjahres - auf die gesamte Bezugsdauer um
0,4 bis 0,7 % reduziert wird. Unter den ausgewerteten Versorgungsregelungen werden die Versorgungsleistungen in 17 Systemen dementsprechend monatlich um 0,4 % oder weniger, in 24 weiteren um 0,5 %,
sowie in 12 um 0,6% reduziert. Höhere Abschlagssätze konnten nicht identifiziert werden. Im Unternehmen Westfalia Separator AG gelten u.a. zwei unterschiedlich hohe Abschlagssätze auf Grund des gewährten Vertrauensschutzes gegenüber Einstellungen vor dem 1.1.1996 und nach dem 31.12.1995. So
werden für die erste Beschäftigtengruppe eine monatliche Kürzung der Betriebsrente von 0,25 % (§ 8 Nr.
5 Versorgungsordnung für Eintritte vor dem 1.1.1996 aus 1995) und für letztere eine Kürzung von 0,4 %
vorgesehen (§ 8 Nr. 4 Versorgungsordnung für Eintritte nach dem 31.12.1995 aus 09/1995).
Seite 15
Modelle betrieblicher Altersversorgung
Somit sind die Voraussetzungen klar definiert: Das BetrAVG schreibt in § 6 BetrAVG vor, dass Versorgungsberechtigten, die vor dem Erreichen des vollendeten 65. Lebensjahres eine Rente der Gesetzlichen
Rentenversicherung beziehen, auch die betriebliche Versorgungsleistung von Alters wegen (vorzeitig)
auszuzahlen ist, wenn die Wartezeit und weitere Anspruchsvoraussetzungen der Versorgungsordnung/des Leistungsplans, etc. erfüllt sind. Die Anhebung der gesetzlichen Altersgrenze und die Einführung versicherungsmathematischer Abschläge mittels Rentenzugangsfaktors in der Gesetzlichen Rentenversicherung erfordert daher keine Umstellungen der AG-finanzierten bAV-Systeme, weil eine vorgezogene Betriebsrente unter Hinnahme von Kürzungen zuvor bereits möglich war. Im umgekehrten Fall
können die Unternehmen auf eine Anhebung der Altersgrenzen in der Gesetzlichen Rentenversicherung
mit der Gewährung entsprechender Zuschläge reagieren.
III.6
Hinterbliebenenleistungen/-schutz
Insbesondere in Sicherungssystemen, die die Mitgliedschaft an die Erwerbstätigkeit knüpfen, spielt die
(Ab-)Sicherung von nichterwerbstätigen Familienangehörigen ein wichtige Rolle. Deren Sicherung erfolgt
durch abgeleitete Versorgungsansprüche: sog. Hinterbliebenenversorgung. Der Anspruch kann an spezifische Voraussetzungen wie an Altersgrenzen (Mindestalter), Mindestehezeiten oder/und eines abschlagfreien, maximal zulässigen Altersunterschiedes bei Ehepartnern gebunden sein.
Die aus dem Akten- und Vertragsmaterial zu entnehmenden Leistungensniveaus für Witwen/Witwer
betragen i.d.R. und in Anlehnung an die Gesetzliche Rentenversicherung 50 bzw. 60 % der Versorgungsleistung des (verstorbenen) Versorgungsberechtigten. Für Halbwaisenrenten werden einheitlich Hinterbliebenenleistungen in Höhe von 10 bis 15 % und für Vollwaisen in der Regel 20 % der Versorgungsleistung festgeschrieben.16 Auch lassen sich in den untersuchten bAV-Vereinbarungen sog. Höchstbegrenzungsregeln finden, wonach Hinterbliebenenleistungen in der Summe (Addition von Witwen-/Witwer- und
Waisenleistungen) nicht die Versorgungsleistung des verstorbenen Versorgungsberechtigten übersteigen
dürfen. In diesem Fall werden einheitlich die Waisenleistungen anteilig gekürzt (vgl. u.a. Kennametal
Hertel AG: § 9 Nr. 3 S. 3 Betriebsvereinbarung zur Neuregelung der bAV, 1996).
Die Witwen-/Witwerrente ruht in der Regel auch bei Wiederverheiratung, d.h. die Zahlung ist an eben
diesen Status gekoppelt. Meistens ist der witwen-/witwerseitige Leistungsanspruch zusätzlich an eine
sog. Mindestehezeit/-dauer von „mindestens 2 Jahre ohne Unterbrechung“ (u.a. Westfalia Separator AG:
§ 7 Nr. 1. Versorgungsordnung für Eintritte vor dem 1.01.1996 aus 1995) geknüpft oder/und setzt voraus,
dass „die Ehe vor dem vollendeten 60. Lebensjahr des Arbeitnehmers geschlossen wurde, es sei denn,
dass die Dienstzeit vor dem Tode mindestens 25 Jahre betragen“ hat (u.a. Rieger & Dietz Kettenfabrik
GmbH & Co.: Nr. 8.3 Altersvorsorge-Ordnung 1993).
Eine andere Vertragsklausel sieht vor, dass wenn „der hinterlassene Ehegatte jedoch mehr als 20 Jahre
jünger als der Verstorbene“ ist, „so wird die Witwen- bzw. Witwerrente für jedes weitere volle Jahr des
Altersunterschiedes um 3 % des vollen Betrages gekürzt“ (§ 9 Nr. 1 Betriebsvereinbarung zur Neuregelung der bAV von Kennametal Hertel AG, 1996). Bei Cooper Power Tools GmbH & Co. tritt diese Klausel
mit einem Leistungsabschlag von 2 % der zustehenden Versorgungsleistung bereits in Kraft, wenn der
Hinterbliebene (Ehepartner) 10 Jahre jünger ist (Nr. 7 und Nr. 8 Betriebsvereinbarung Nr. 58 i.d.F. von
1999).
Eine Reihe unterschiedlich gestalteter Spätehe-Klauseln sollen außerdem die sog. Totenbett-Ehe verhindern. Diese sind in unterschiedlichen Ausprägungen in annähernd einem 1/3 aller ausgewerteten AGfinanzierten Versorgungssystemen zu finden. So werden keine oder nur reduzierte Hinterbliebenenleistungen ausbezahlt, wenn bspw. die Ehe erst nach Vollendung des 60. oder 65. Lebensjahres geschlossen wird.
16
Das Unternehmen Cooper Power Tools GmbH & Co. schließt als einziges, der untersuchten Unternehmen eine Versorgungsleistung an Waisen ausdrücklich aus (Betriebsvereinbarung Nr. 58 i.d.F. von 1999).
Seite 16
Modelle betrieblicher Altersversorgung
IV. Teil:
Stand und Zustand der bAV
am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie
IV.1
bAV-Grunddaten: Stand der Erhebung (Befragung)
Die Zielsetzung der dreimonatigen Kurzstudie liegt insbesondere darin, eine erste, überblickartige Einschätzung zum gegenwärtigen Stand und Zustand der bAV in der Metall- und Elektroindustrie abzuleiten.
Die in den vergangenen Jahren durchgeführten Untersuchungen (u.a. Ifo-Institut/Ruppert 2000; Infratest
2003) zur Verbreitung der bAV können hierbei nur bedingt branchenbezogenen Informationen über die
bAV und somit ausreichende Informationsbasis für die Metall- und Elektroindustrie abbilden bzw. darstellen. Eine eigenständige Erhebung von unternehmensbezogenen Grunddaten erscheint daher notwendig
und zielorientiert. Schwerpunkt der Erhebung lag in erster Linie auf zeit-aktuelle unternehmensbezogene
Informationen und entsprechendes Vertragsmaterial (aktuelle, gültige Vertragstexte, Entwürfe, etc.) zum
Stand und Zustand der bAV.17
Für die halb-standardisierte Erhebung wurde ein kompakter Fragebogen entwickelt, der neben den unternehmensbezogenen Grunddaten auch den seit 2002 bestehenden Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung einbezog. 18 Dies ermöglichte im Fortgang der Untersuchung die Unterscheidung zwischen AGfinanzierter und AN-finanzierter bAV. Der schriftliche Fragebogen (siehe Anhang) gliedert sich in folgende
Teile:
in Basisdaten zum Unternehmen (u.a. Ansprechpartner/Betriebsrat für bAV, etc.),
in bAV-bezogene Basisdaten ...
o nach Durchführungswegen: Differenzierung nach AG-finanzierter und AN-finanzierter
bAV, Zusagearten, der Beteiligung an der Entgeltumwandlung und der Beilegung der aktuellen Versorgungsordnung(en) 19,
o nach Fragen zur Gestaltung der bAV-Regelung (mit/ohne Betriebsrat),
o nach dem Angebot von Altersvorsorge-Produkten der MetallRente und wenn ja, welche
sowie
nach betrieblichen Besonderheiten und den Eigentumsverhältnissen des Unternehmens.
Die vorgenommene Befragung richtete sich ausschließlich an Mitglieder des Betriebsrats der Unternehmen, die bereits in den zurückliegenden Jahrzehnten (seit den 60er Jahren) von Sachverständigen des
Funktionsbereichs Sozialpolitik (Vorstandsverwaltung der IG Metall) Beratungsleistungen zu Fragen und
Problemen bestehender bAV-Systeme erhalten haben. Hinsichtlich der Beantwortung des Fragebogens
(Zustands-/Sachstandsangaben; quantitativ und qualitativ) wurde das Stichdatum auf den 31. Dezember
2003 gelegt. 20
Die Erhebungsgesamtheit umfasst zum 27. Februar 2004: 730 Unternehmen. (Vgl. Tabelle 3) Seit dem
Umfragebeginn am 27. Februar 2004 ist eine Rücklaufquote21 von 21,2 Prozent (Auswertungsstichtag:
25. Juni 2004) zu verzeichnen.22 Hierbei gilt es zu beachten, dass die Befragung sich schätzungsweise
überwiegend an kleinere und mittlere Unternehmen (bzw. an deren Betriebsräte) richtete und bei diesen
tendenziell von einer geringeren Bereitschaft an der Teilnahme ausgegangen werden kann als bei Großunternehmen. Die Erfassung der Daten erfolgte in nicht-anonymisierter Weise. Ein telefonisches Nach17
Im Rahmen der Kurzstudie sind für das anstehende Forschungsprojekt damit grundlegende Vorarbeiten geleistet worden, die
nachfolgender Untersuchungen wesentlich erleichtern werden.
18
Der verhältnismäßig kleine Umfang der Erhebung zielte durch einen so gering wie möglich gehaltenen Bearbeitungsaufwand des
Erhebungsbogens auf eine breite Teilnahmebereitschaft der Betriebsräte ab.
19
Die befragten Unternehmen bzw. Betriebsräte wurde jedoch nicht zu einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung der bAV in
ihrem Unternehmen befragt. Dieses Versäumnis gilt es in dem Folge-Forschungsvorhaben zu beseitigen.
20
Zwecks Vergleichbarkeit des Datenmaterials wurde der 31.12.2003 als Stichdatum gewählt.
21
Bedingt durch die IG Metall-Organisationsstruktur konnte die Erhebung nicht direkt an die betreffenden Betriebsräte gesendet
werden, sondern erfolgte über die IG Metall-Verwaltungsstellen (und ihren Betriebsbetreuern). Die veranschlagte Erhebungsphase
wurde aus diesem Grund deutlich überschritten. Im Ergebnis liegt somit eine gestufte und zeitverzögerte Weitergabe (und Beantwortung) des Erhebungsbogens vor, da die Rücksendung in den überwiegenden Fällen ebenfalls über die Verwaltungsstellen erfolgte. Eine weitere Schwierigkeit, die den zügigen Fortgang der Untersuchung beeinträchtigte, musste in einer fehlenden digitalen
Erfassung der Unternehmensdaten gesehen werden.
22
Seit dem 25. Juni 2004 sind ca. 150 weitere Bögen eingegangen, so dass eine Rücklaufquote von 35 % (20. Juli 2004) zu verzeichnen ist.
Seite 17
Modelle betrieblicher Altersversorgung
fassen zur Vervollständigung des Datenmaterials, der Klärung sowie zur Gewinnung von Hintergrundinformationen wurde parallel durchgeführt.
Tabelle 3:
Stand der Betriebsräte-Befragung zum 25. Juni 2004
Abschlußbericht *
(Stand: 25. Juni 2004)
Ausgangspunkt
(Aktenlage/27.02.2004)
Datenbestand
155
730
Unternehmensliquidation
und Betriebsübergang
- 41
-
Unvollständige Datenlage
- 30
-
84
-
72.538
≥1 Mio.
(Schätzung;
inkl. u.a. DC, Ford, etc.)
West-Deutschland
Deutschland
Metall-Elektroindustrie;
WZ-2003-Code: 27-36
Metall-Elektro-Industrie;
WZ-2003-Code: 27-36
Auswertungsgesamtheit
(Anzahl der Unternehmen)
Beschäftigtenzahl
Räumlicher Geltungsbereich
Branchenzugehörigkeit
Anmerkungen:
* Auf Basis des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung). Eigene Darstellung.
Die Auswertungsgesamtheit für den Werkstattbericht ist auf der vorläufigen Grundlage der Erhebung
sowie des gegenwärtigen Sichtungsstandes des bAV-Aktenmaterials nach folgender Zielsetzung gefiltert:
Ziel: Erhebung grundlegender Informationen zur Beurteilung der bAV (zum 31.12.2003) in den ...
o AG-finanzierten Systemen:
ƒ Durchführungsweg/e und Zusageart/en,
ƒ bAV-Zustand: u.a. Schließung für Neuzugänge, etc.),
ƒ Vorliegen von Satzungen, Versorgungsordnungen, Leistungsplänen, etc.,
ƒ Aktenmaterial zur Veränderung und Entwicklung der bAV,
den
o AN-finanzierten Systemen:
ƒ Durchführungsweg/e der Entgeltumwandlung,
ƒ Information zur Beteiligung an der Entgeltumwandlung,
ƒ Vorliegen gültiger Betriebsvereinbarung/en und sonstiger Vertragsdokumente zur
Entgeltumwandlung
sowie ...
ƒ unternehmensbezogene Basisdaten: u.a. Ansprechpartner im Betriebsrat, Beschäftigtenzahl zum 31.12.2003, Wirtschaftszweig.
Für die vorliegenden Ergebnisse gilt es zu berücksichtigen: Die Auswahl der Unternehmen, die dem
Abschlußbericht der Kurzstudie zu Grunde liegen, erfolgte bewusst und nach vorgegebenen, absoluten
Merkmalen. Anhand der sachstands- und informationsorientierten Kriterien können 84 Unternehmen
(11,5 % der Befragungsgesamtheit) als Auswertungsgesamtheit der explorativen Kurzstudie definiert
werden. Sie sind den Wirtschaftszeigen der Metall- und Elektroindustrie zuzuordnen und umfassen rund
72.600 Arbeitnehmern ausschließlich in West-Deutschland. Es besteht für diese eine annähernde Vergleichbarkeit im Akten-/Daten-/Informationsstand (Vgl. Tabelle 3: grau hinterlegte Zellen). Für 30 Unternehmen liegen gegenwärtig nur lückenhafte Datenerhebungen vor, die auch durch telefonisches Nachfassen keine signifikanten Verbesserungen ergeben haben. Durch die unvollständig vorliegende Datenlage sind diese Unternehmen von der Auswertung ausgeschlossen.
Seite 18
Modelle betrieblicher Altersversorgung
Verteilung nach Wirtschaftszweigen und (Betriebs-) Unternehmensgrößen
Das Auswertungssample der 84 Unternehmen besteht überwiegend aus kleinen bis mittelgroßen Unternehmen der Metallzweige des Maschinenbaus, der Automobil- sowie Zuliefererindustrie, sowie stark unterrepräsentiert aus Unternehmen der Wirtschaftszweige der Elektroindustrie, Datenverarbeitungs- und
Mess- und Regelungstechnik. In der Gliederung nach einzelnen Wirtschaftszeigen (WZ-2003-Code) dominieren die Wirtschaftszweige des Metallbereichs (WZ 27-29) mit 76 % deutlich die des Fahrzeugbaus
(WZ 34-35) mit rund 14 % und der Elektrozweige (WZ 30-33) mit 9,5 %. Eine nach Wirtschaftszweigen
aufgeschlüsselte Darstellung ist der Tabelle 4 zu entnehmen.
Tabelle 4:
Stand: 31.12.2003
Metall
(63 3)
Elektro
(8 3)
Unternehmen nach Wirtschaftszweigen
1
WZ-2003Code2
Anzahl der
Unternehmen
Anzahl der
Unternehmen
(in %)
Metallerzeugung und -bearbeitung
27
4
4,8
Herstellung von Metallerzeugnissen
28
19
22,6
Maschinenbau
29
41
48,8
Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen
30
3
3,6
Herstellung von Geräten der
Elektrizitätserzeugung, -verteilung
31
3
3,6
Rundfunk- und Nachrichtentechnik
32
1
1,2
Medizin, Mess-, Steuer-,
Regelungstechnik
33
1
1,2
34
7
8,3
35
5
6,0
27 - 35
84
100,14
Herstellung von Kraftwagen
Fahrzeugbau und Kraftwagenteilen
3
(12 )
Sonstiger Fahrzeugbau
Insgesamt
Anmerkung:
1
Auf Basis des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
2
Statistisches Bundesamt: WZ-2003-Codes.
3
In Klammern: Anzahl der Unternehmen in der jeweiligen Gruppierung.
4
Abweichung von 100 % ist rundungsbedingt.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung). Eigene Darstellung.
Im Rahmen der Kurzstudie wird auf Grund der geringen Unternehmenszahl eine Berücksichtigung der
einzelnen Wirtschaftszweige nur erfolgen, wenn sich in der Darstellung von AG-finanzierten und ANfinanzierten bAV-Systemen signifikante Auffälligkeiten bzw. Besonderheiten, ableitbare Entwicklungstendenzen ergeben, sowie eine spezifische Tragweite für die Weiterentwicklung der bAV erwarten lassen.
Auf eine grundlegende wirtschaftszweigbezogenen Auswertung wird daher auf das nachfolgende Forschungsvorhaben verwiesen.
Eine wesentliche Zielsetzung des Forschungsvorhabens und der Erhebung von bAV-Grunddaten ist darin
zusehen, den Stand bzw. Zustand sowie die Verbreitung der bAV zu untersuchen.23 Unternehmen, die
Beschäftigtenzahlen von bis 500 bzw. 1.000 Arbeitnehmern aufweisen, gilt besonderes Interesse: nicht
nur auf Grund ihrer zahlenmäßigen Bedeutung (vgl. Fn. 1) sondern auch im Hinblick einer zukünftig steigenden Bedeutung für die Verbreitung und Weiterentwicklung der bAV in der Fläche.
Beide genannten Schwellenwerte (500 bzw. 1.000) liegen bereits über der allgemeingültigen Definition
von KMU, die im originären Verständnis nur Unternehmen (Betriebe) bis zu einer Größenordnung von
23
In Bezug auf das Folge-Forschungsvorhaben wird es notwendig sein, genaue Kenntnisse über eine nach Größenklassen differenzierte Statistik der Arbeitsstätten in der Metall- und Elektroindustrie zu erlangen.
Seite 19
Modelle betrieblicher Altersversorgung
maximal 249 Arbeitnehmern einschließt (vgl. Fn.2). Entsprechend wird eine Größeneinteilung angewendet, die eine differenzierte Betrachtung sowohl der Gruppe der KMU als auch darüber liegende Größenklassen ermöglicht.
Die Gruppe der KMU repräsentieren in der Auswertungsgesamtheit einen Anteil von etwas mehr als ¼,
der Anteil der mittelgroßen Unternehmen liegt exakt bei ¼. Beide Gruppen repräsentieren jedoch zusammengenommen knapp 15 % aller in der Untersuchung einbezogenen/erfassten Arbeitnehmer.
44 Unternehmen (52,4 %) fallen unter den Schwellenwert mittelgroßer Unternehmen (bis 499 Arbeitnehmer), 66 Unternehmen (78,6 %) unter den Schwellenwert von 1.000 Arbeitnehmern. Der dem Abschlußbericht zugrundeliegenden Größenverteilung ist eine deutliche Übergewichtung der Unternehmen zu
erkennen, die eine Beschäftigtenzahl von unter 1.000 Arbeitnehmer aufweisen.
Im Vergleich zu den KMU besteht für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigen ein reziprokes Verhältnis (Beschäftigtenzahl zu Unternehmen): Diese repräsentieren einen Arbeitnehmeranteil von 63 %;
dagegen nur einen 22 %tigen Anteil an allen analysierten Unternehmen. Tabelle 5 dokumentiert hierzu
entsprechend die nach Betriebs-/Unternehmensgröße24 differenziert dargestellten Unternehmen der
Auswertungsgesamtheit.
Tabelle 5:
Verteilung der Unternehmen nach Unternehmensgröße (Arbeitnehmerzahl)
Stand: 31.12.2003
1
Anzahl der
Unternehmen
Anzahl der
Unternehmen
in %
Anzahl der
Arbeitnehmer
Anzahl der
Arbeitnehmer
in %
10 - 49
5
6,0
194
0,3
50 - 249
18
21,4
2.878
4,0
250-499
21
25,0
7.281
10,0
500 - 999
22
26,2
16.239
22,4
1.000 – 1.999
4
4,8
6.213
8,6
2.000 – 2.999
9
10,7
20.982
28,9
3.000 u. mehr 2
5
6,0
18.751
25,8
84
100,0
72.538
100
Insgesamt
Anmerkungen:
1
Auf Basis des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
2
Die höchste Beschäftigtenzahl/Unternehmen liegt bei 6.194 Beschäftigten.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung). Eigene Darstellung.
Analog zur begrenzten Aussagefähigkeit nach Wirtschaftszweigen muss dies auch für eine Betrachtung
nach Unternehmensgrößenklassen und somit nach Beschäftigten selbst gelten. Hinsichtlich der Beschäftigtenrepräsentation bilden die in dem vorliegenden Untersuchungsbericht erfassten Arbeitnehmer einen
Anteil von 1,9 % (genau: 1,868) aller Beschäftigten der Wirtschaftszweige 27-35.25
In den nun anschließenden Kapiteln werden die vorläufigen Ergebnisse der Auswertung differenziert
nach AG-finanzierter und AN-finanzierter bAV vorgestellt.
Anzumerken bleibt an dieser Stelle, dass durch die geringe Anzahl der untersuchten bAV-Systeme nur
bedingt Aussagefähigkeiten und Korrelationspotentiale zu bspw. differenzierten bAV-Zuständen, personalen Geltungsbereichen, Durchführungswegen, Unternehmensgrößenklassen, Versorgungsleistungen, etc.
24
Eine nach Größenklassen gegliederte Zuordnung der Unternehmen bestand vor der Befragung nicht, da zu diesem Zeitpunkt
keine genauen Beschäftigzahlen den Akten zu entnehmen waren. Nach Sichtung des Aktenbestandes sowie anhand der Einschätzung der bAV-Sachverständigen der IG Metall Vorstandsverwaltung ist die Erhebungsgesamtheit dahingehend einzuschätzen, dass
2
rund /3 der Unternehmen in den Größenklassenbereich mit weniger als 1.000 Beschäftigten fallen.
25
In der Metall- und Elektroindustrie (Abschnitte WZ-DJ bis WZ-DM) waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im September 2003 ca. 3,88 Mio. Arbeitnehmer beschäftigt. Statistisches Bundesamt (2004) (Hrsg.): Genesis-Abfrage, 25. Mai 2004.
www-genesis-destatis.de.
Seite 20
Modelle betrieblicher Altersversorgung
vorliegen. Vielmehr ist beabsichtigt, mittels ausgewählter, schwerpunktmäßiger Darstellungen einen ersten Einblick in den Zustand/in die Verfasstheit der bAV in der Metall- und Elektroindustrie zu geben.
IV.2
Arbeitgeber-finanzierte betriebliche Altersversorgung
In der Vergangenheit wurden Leistungen der bAV fast ausschließlich vom Arbeitgeber (alleine) finanziert.
Nach stetigen Phasen der Expansion in den 50er und 60er Jahren folgte 1974 ein wichtiger Einschnitt
durch die gesetzliche Normierung der Rahmenbedingungen mit dem Betriebsrentengesetz (Gesetz zur
Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, BetrAVG), das u.a. die Unverfallbarkeit der Anwartschaften, die Anpassungsprüfung und Insolvenzsicherung regelt. Das Gesetz regelt damit die vom Arbeitgeber an Arbeitnehmern zugesagten Leistungen (Alters-, Hinterbliebenen- oder Invaliditätsleistungen)
aus Anlass eines Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses und bestimmt fortan maßgeblich die AGfinanzierte betriebliche Altersversorgung.
Die Zielsetzung der Kurzstudie ist, einen überblickartigen Zustandsbericht zur bAV zu geben. Somit konzentriert sich Untersuchungsteil zur AG-finanzierten bAV auf eine erste, grundlegende Darstellung des
Zustands dieser Systeme zum 31. Dezember 2003.
Um eine nähere Bestimmung zu ermöglichen, sind drei Zustände AG-finanzierter bAV-Systeme als Typologisierung definiert, die sich im Wesentlichen am Zustand fehlender oder reduzierter Beitragsaufwendung (des Arbeitgebers)26 unterscheiden lassen. D.h. die Zustände AG-finanzierter bAV bemessen sich
am Vorliegen bzw. Nicht-Vorliegen von Leistungseinschränkungen gegenüber den Versorgungsanwärtern (Arbeitnehmern27) und bilden somit das maßgebliche Unterscheidungsmerkmal.
In der Gesamtbetrachtung leiten sich Zustände ab, die wie folgt definiert sind28:
1. Zustand: Aufrechterhaltung der zugesagten Versorgungsleistung/des -niveaus; damit weitgehender/annähernder Status quo, der für alle erfassten Arbeitnehmer (vgl. Fn. 27) gilt,
2. Zustand: Schließung der Versorgungseinrichtung für Neuzugänge, d.h. es werden ab einem festgelegten Eintrittsdatum keine Versorgungsleistungen an Neuzugänge (Neueinstellungen) zugesagt; gleichzeitige Aufrechterhaltung der Versorgungsleistungen für bereits erfasste Beschäftigte
(die vor dem Stichdatum in das Unternehmen eingetreten sind), und
3. Zustand: Vorliegen von Kürzungen der zugesagten Versorgungsleistungen mit Wirkung für bereits erfasste Arbeitnehmer (u.a. Beendigung der AG-Dotierung, Einschränkung nach „sachlichen, triftigen oder zwingenden Gründen“) und gleichzeitiges Schließen der Versorgungseinrichtung für Neuzugänge.
In Abgrenzung zu den beiden ersten Zuständen soll nochmals der dritte Zustand verdeutlicht werden:
Maßgebliches Abgrenzungsmerkmal liegt im parallelen Vorliegen einer i.d.R. ungünstigen wirtschaftlichen
Entwicklung (u.a. erheblichen Verluste, Auflösung von Rücklagen, Aufzehrung des Eigenkapitals, Insolvenzanmeldung/-verfahren) und der daraus resultierenden Einschränkungen/Reduzierungen von Versorgungsleistungen während der Anwartschaftsphase für die vom bAV-System erfassten Arbeitnehmer.
Gleichzeitig liegt eine Schließung der Versorgungseinrichtung für Neuzugänge vor.
Gemäß dieser drei definierten bAV-Zustände ergibt sich folgendes Bild: Von 84 Unternehmen verfügen
zum 31.12.2003 lediglich 40 Unternehmen über einen annähernden Status quo der Versorgungsleistung(en), die in den jeweiligen Unternehmen zugleich allen Arbeitnehmern zugesagt sind. 33 Unternehmen weisen eine Schießung der Versorgungseinrichtung für Neuzugänge auf. 11 weitere Unternehmen
befinden/ befanden sich in einer ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung (Situation), die sowohl Leistungseinschränkungen der noch nicht und bereits erdienten Versorgungsleistungen betreffen als auch die
Schließung der Versorgungseinrichtung für Neuzugänge umfasst. (Vgl. Tabelle 6)
26
Maßgeblich ist die finanzielle Beitragsaufwendung des Arbeitgebers zum 31.12.2003.
Hier: in unbefristeten Arbeitsverhältnissen stehende Arbeitnehmer. Dieses Definition findet als Abgrenzung des personalen Geltungsbereiches in allen vorgefundenen Betriebs- als auch Versorgungsordnungen AG-finanzierter bAV Anwendung, gleichgültig ob
das bAV-System geschlossen wurde oder offen ist für neueintretende Arbeitnehmer. Nachfolgend wird immer dieser Typus Arbeitnehmer in den Ausführungen unterstellt.
28
Eine tiefergehende Analyse der einzelnen Zustände wird im Rahmen der Kurzstudie nicht weiter verfolgt. Zu untersuchen sind
deshalb in der Folgestudie, ob bspw. Eingriffe in erdiente oder/und noch nicht erdiente Dynamiken vorliegen, welche Höhe die
Reduzierung im Vergleich zum Ausgangsversorgungsniveau darstellt, und letztlich in welcher Art (Veränderung der Leistungsberechnung/Formel) die Eingriffe bestehen.
27
Seite 21
Modelle betrieblicher Altersversorgung
Tabelle 6:
Stand: 31.12.2003
bAV-Zustände nach Anzahl der Unternehmen und Beschäftigten
1
Anzahl der
Unternehmen
Anzahl der
Unternehmen
Anzahl der
Arbeitnehmer
in %
Aufrechterhaltung der zugesagten
Versorgungsleistung/des -niveaus
für alle Arbeitnehmer 2
Schließung der Versorgungseinrichtung und Aufrechterhaltung
des bAV-Systems für alle bereits
erfassten Arbeitnehmer 2
Anzahl der
Arbeitnehmer
in %
40
47,6
43.831
60,4
33
39,3
20.230 3
27,9
Einschränkung/Reduzierung zukünftiger/erdienter Versorgungsleistungen für Erfasste und
Schließung des bAV-Systems 2
11
13,1
8.477 3
11,7
Insgesamt
84
100,0
72.538
100,0
Anmerkung:
1
Auf der Grundlage des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
2
In der jeweiligen Abgrenzung (Definition): siehe Text.
Auf Grund fehlender Beschäftigtenzahlen (fehlende Zeitreihen über Zu- und Abgänge) kann eine tiefergehende Differenzierung
nach Personengruppen nicht aufgezeigt werden, die Auskunft gibt, wie hoch die Anteile der Arbeitnehmer sind, die durch die Neuzugangsregelung betroffen sind.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung) und Auswertung des Aktenmaterials. Eigene Darstellung.
Wie Tabelle 6 zu entnehmen ist, weisen zum 31.12.2003 bereits weniger als 50 % der Unternehmen ein
AG-finanziertes bAV-System auf, in denen ein unveränderter/nicht reduzierter Leistungskatalog fortbesteht. In knapp 40 % der ausgewerteten Unternehmen besteht ein bAV-System, das geschlossen wurde
und somit lediglich bereits erfassten Arbeitnehmern im Versorgungsfall Versorgungsleistungen leisten
wird. Für 11 Unternehmen (13,1 %) liegt eine negative wirtschaftliche Entwicklung vor, die neben Leistungseinschränkungen für bereits erfasste Arbeitnehmer außerdem eine Schließung der Versorgungseinrichtung für Neuzugänge vorsehen. Es kann folglich in diesen Systemen nur noch von einem begrenzten
Versorgungsniveau gesprochen werden.
Mit anderen Worten: Für etwas mehr als 52 % der Unternehmen liegen bAV-Zustände vor, die nicht dem
einstmaligen Zustand bei Einführung des bAV-Systems entsprechen. Diese Betrachtung konzentriert sich
jedoch nur auf Unternehmen und lässt die Versorgungsanwärter (Arbeitnehmer) unberücksichtigt, und
somit ein quantitatives und zugleich wichtiges qualitatives Merkmal für die Bewertung von bAVSystemen. (Vgl. Tabelle 6: Anmerkung 3)
Sehr deutlich tritt bei der Typologisierung hervor, dass nicht nur der Zustand der Versorgungsleistung(en), sondern gleichzeitig auch auf den einbezogenen Personenkreis im Unternehmen Bezug genommen wird: für alle Arbeitnehmer (d.h. ohne Berücksichtigung des Eintrittsdatums) oder nur für einen
Teil der Arbeitnehmer, oder eine Kombination aus beiden Beschäftigungsgruppen und durch spezifische
Abgrenzungsmerkmale (Sachgründe) differenziert. Die Unterscheidungen erlauben partiell somit erste,
vorläufig quantitative als auch qualitative Aussagen, die sich auf eine gleichzeitige Betrachtung des Zustandes der Versorgungsleistung(en) und des Personenkreise fokussieren lässt.
Bei der Beurteilung von bAV-Systemen ist daher im Hinblick auf die Versorgung der erfassten Arbeitnehmer zu unterscheiden, ob die bAV auch für neu eingetretene Arbeitnehmer in das Unternehmen geöffnet ist und diese eine Versorgungszusage erhalten. Auf Grund arbeitsrechtlicher Einschränkungen ist
ein Arbeitgeber weitgehend verpflichtet, eine einmal erteilte Versorgungszusage für die Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer aufrecht zu erhalten. Demgegenüber ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei, für neu eintretende Arbeitnehmer keine Versorgungszusagen zu erteilen.
Die Anteile der Beschäftigten mit und ohne Anwartschaften der Altersversorgung konnten trotz Befragung
der Betriebsräte nicht exakt und zweifelsfrei ermittelt werden. In dem vorliegenden Werkstattbericht wird
Seite 22
Modelle betrieblicher Altersversorgung
aus diesem Grund eine differenziertere Aufbereitung zum Verbreitungsgrad der AG-finanzierten bAV
nach Arbeitnehmern zurückgestellt.
Die eingangs zur Beurteilung von bAV-Systemen definierten/beschriebenen bAV-Zustände lassen sich
zugleich auch als Typologisierung für die personalen Geltungsbereiche dieser Systeme anwenden:
die Aufrechterhaltung (Status quo) des personalen Geltungsbereichs,
die Schließung des bAV-Systems für Neuzugänge bei Aufrechterhaltung des bestehenden Systems für bereits erfasste Beschäftigte sowie
der Zustand, in dem für Teile der Belegschaft ein leistungsreduziertes/-eingeschränktes bAVSystem auf Grund ungünstiger wirtschaftlicher Entwicklung sowie die Schließung des bAVSystems besteht.
Innerhalb des Auswertungssamples gehören folglich 43.831 Arbeitnehmer (60 %) AG-finanzierten bAVSystemen an, bei denen der personale Geltungsbereich des bAV-Systems nicht eingeschränkt ist. Rund
28 % der Arbeitnehmer (33 Unternehmen) sehen sich jedoch einem bAV-System gegenüber, das Arbeitnehmer selektiv und anhand eines festgeschriebenen Eintrittsdatums in das Unternehmen vom bestehenden bAV-System ausschließt. Rund 1/8 der Arbeitnehmer sind in Unternehmen mit wirtschaftlichen
Problemen beschäftigt, deren Versorgungsleistungen für Teile der Beschäftigten reduziert/eingeschränkt
sind, und darüber hinaus das bestehende bAV-System für alle Neuzugänge geschlossen ist. D.h. ein
nicht näher bezifferbarer Teil der 8.477 Arbeitnehmer wird im Versorgungsfall nur in eingeschränktem
Maße Versorgungsleistungen erhalten.
In der Gesamtbetrachtung der vorliegenden bAV-Zustände ist somit fast jeder 9. Arbeitnehmer (genau:
8,6te Arbeitnehmer) in einem Unternehmen beschäftigt, das auf Grund der wirtschaftlichen Situation das
bestehende bAV-System bzw. dessen Leistungsniveau nicht weiter Aufrecht erhält/erhalten kann. Jeder
4. Beschäftigte (genau: 3,6. Arbeitnehmer) ist in einem Unternehmen beschäftigt, das durch Ausschlusskriterien gegenüber Neuzugängen gekennzeichnet ist und damit die Teilhabe am bestehenden bAVSystem restriktiv handhabt. (Vgl. Tabelle 6)
IV.2.1 Verteilungsstruktur: Unternehmen nach Größenklassen und bAV-Zustände
Eine nach Unternehmensgrößen bzw. Beschäftigtenzahlen strukturierte Darstellung der definierten bAVZustände gibt ein äußerst heterogenes Gesamtbild wieder, aus dem zum gegenwärtig vorliegenden Untersuchungsstand nicht eindeutig Entwicklungen abgelesen werden können. (Vgl. Tabelle 7) Die Basis
der Zuordnung resultiert hierbei auf den erhobenen Beschäftigtenzahlen durch die BetriebsräteBefragung und dem in Tabelle 5 verwendeten Größenklassengitter.
So weist der KMU-Bereich mit 23 Unternehmen sehr gegensätzliche Entwicklungen auf: In 3 von 5 Kleinunternehmen liegt eine Schließung der Versorgungseinrichtung vor, d.h. 61,9 % aller Arbeitnehmer sind
in Kleinunternehmen beschäftigt, deren bAV-System geschlossen ist. Anders im Bereich der mittelständischen Unternehmen: Bei 2/3 der Unternehmen liegen keine Eingriffe im Leistungsniveau und in den personalen Geltungsbereichen vor. Mit Beginn der mittelgroßen Unternehmen können erstmals alle drei
definierten bAV-Zustände nachgewiesen werden. Bei 1/3 der mittelgroßen Unternehmen ist das AGfinanzierte Versorgungssystem für Neuzugänge geschlossen, für 43 % der Unternehmen (9) liegt ein
unverändertes Versorgungsniveau vor, und 1/5 der Unternehmen dieser Größenklasse weisen ein reduziertes Leistungsniveau auf und zugleich die Schließung des Systems. Die Versorgungssysteme der Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl von weniger als 1.000 Beschäftigten unterliegen einer deutlichen
Dominanz der Systemschließung: In annähernd 60 % der Unternehmen (13) ist diese Teilhaberestriktion
auffindbar. Nur knapp ¼ der Beschäftigten (4 Unternehmen) verfügen über unveränderte Anspruchs/Leistungsvoraussetzungen. In der Auswertungsgesamtheit werden die Unternehmen mit weniger
als 2.000 Beschäftigten durch eine prekäre wirtschaftliche Entwicklung bestimmt. 50 % dieser und
zugleich auch 53 % der Beschäftigten in dieser Größenklasse unterliegen diesem bAV-Zustand. Die Größenklassen mit mehr als 2.000 bzw. 3.000 Arbeitnehmern werden durch den bAV-Zustand des Status
quo dominiert. Für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten ist der Status Quo der Versorgungsleistung für alle Arbeitnehmer nachzuweisen. Im Gegensatz hierzu muss jedoch für Beschäftigte in 28%
der mit bis zu 3.000 Arbeitnehmern ein geschlossenes bAV-System festgehalten werden.
Seite 23
Modelle betrieblicher Altersversorgung
Tabelle 7:
Definierte bAV-Zustände nach Unternehmensgröße
Stand: 31.12.2003
1
Schließung der VersorEinschränkung/ReduzierAufrechterhaltung der zugegungseinrichtung und Aufung der Versorgungsleissagten Versorgungsleisrechterhaltung des bAVtung für bereits Erfasste
tung/des -niveaus für alle
und Schließung des bAVSystems für alle bereits erArbeitnehmer 2
Systems 2
fassten Arbeitnehmer 2/3
UnArbeit- in % aller
UnArbeit- in % aller
UnArbeit- in % aller
terneh nehmer AN/Grös- terneh
nehmer AN/Grös- terneh
nehmer AN/Grösmen
senklasse men
senklasse
men
senklasse
10- 49
2
74
38,1
3
120
61,9
-
-
0,0
50 - 249
12
1.867
64,9
6
1.011
35,1
-
-
0,0
250 - 499
9
3.141
43,2
8
2.660
36,5
4
1.480
20,3
500 - 999
4
3.141
19,3
13
9.450
58,2
5
3.648
22,5
1.000 – 1.999
1
1.762
28,4
1
1.102
17,7
2
3.349
53,9
2.000 – 2.999
7
15.095
71,9
2
5.887
28,1
-
-
0,0
3
4
18.751
100,0
-
-
0,0
-
-
0,0
40
43.841
58,7
33
20.230
29,1
11
8.477
12,2
3.000 u. mehr
Insgesamt
Anmerkungen:
1
Auf Basis des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
2
Abgrenzung (Definition) siehe Kap.: Arbeitgeber-finanzierte betriebliche Altersversorgung, S. 21.
3
Auf Grund fehlender Beschäftigtenzahlen (fehlende Zeitreihen über Zu- und Abgänge) kann eine tiefergehende Differenzierung
nach Personengruppen nicht aufgezeigt werden, die Auskunft gibt, wie hoch die Anteile der Arbeitnehmer sind, die durch die Neuzugangsregelung betroffen sind.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung) und Auswertung des Aktenmaterials. Eigene Darstellung.
Lediglich für drei Größenklassen - ab 250 bis insgesamt 1.999 Arbeitnehmer - sind bAV-Zustände nachweisbar, die eine Einschränkung/Reduzierung der Versorgungsleistung und die Schließung des bAVSystems aufweisen. Eine fast ausnahmslos durchgängige Linie zeigt sich für alle aufgezeigten Großenklassen hinsichtlich der Schließung von Versorgungseinrichtungen. Besonders auffällig sind dabei die
Schließungshäufigkeit in Kleinunternehmen und in Unternehmen mit Beschäftigtenzahlen zwischen 500
und 999 Arbeitnehmern, in denen die Arbeitnehmer von dieser Praxis überdurchschnittlich betroffen sind.
Im direkten Vergleich liegen die entsprechenden Prozentwerte in den anderen Größenklassen deutlich
niedriger.
IV.2.2 Zeitliche Verteilung: Schließung und Öffnung von Versorgungseinrichtungen
Eine auf den Beginn (Wirkungsbeginn) einer System-Schließung fokussierte Betrachtung zeigt, in welchen Ausmaß Arbeitgeber in der Vergangenheit das von ihnen bestimmbare Strukturmerkmal der personalen Geltung gestaltet haben.
Die Auswertung der 33 geschlossenen bAV-Systeme hat gezeigt, dass rückblickend die Häufigkeit der
Schließung von Versorgungseinrichtungen an Geschwindigkeit zugenommen hat. Eine dahingehend
strukturierte Übersicht, die lediglich das Schließungsjahr abbildet, zeigt diesen Sachverhalt sehr deutlich.
So sind für den Zeitraum ab 2001 (bis 31.12.2003) bereits 7 System-Schließungen zu verzeichnen. Im
direkten Vergleich mit zurückliegenden Jahrzehnten (1971-1980, 1981-1990 und 1991-2000) liegt die
jeweilige Anzahl bei null, 5, 8 bzw. 13 Fällen. Für die abgeschlossenen Jahrzehnte 1981-1990 und 19912000 ergeben sich prozentuale Steigerungen von 60 % bzw. 62,5 % zur Vorperiode. (Vgl. Tabelle 8)
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
Tabelle 8:
Stand: 31.12.2003
Zeitliche Verteilung: Schließung AG-finanzierter bAV-Systeme
1
Schließung für Neuzugänge; Status
quo für übrige Arbeitnehmer 2
(Stand: 33 Unternehmen)
Veränderung zur abgeschlossenen
Vorperiode in %
bis 1970
bis 1980
bis 1990
bis 2000
ab 2001
-
5
8
13
7
-
-
60,0
62,5
-
Anmerkungen:
1
Auf Basis des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
2
In Abgrenzung (Definition) siehe Kap.: Arbeitgeber-finanzierte betriebliche Altersversorgung, S. 21.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung) und Auswertung des Aktenmaterials (Unternehmensakten zur bAV der IG
Metall) sowie Telefoninterviews mit Betriebsräten. Eigene Berechnungen und Darstellung.
Unter Zugrundelegung der beiden Steigerungsraten ist anzunehmen bzw. nicht auszuschließen, dass für
das aktuelle Jahrzehnt (2001-2010) eine ähnlicher Zuwachs realistischerweise zu erwarten ist. Untermauert wird diese Trendaussage dahingehend, dass bereits zum Ende des Jahres 2003 die Anzahl der
Schließungen annähernd dem Niveau der Jahre 1981-1990 entspricht und bereits nach 3 Jahren (20012003) auf dem hälftigen Niveau der Jahre 1991-2000 liegt.29
Für 11 der 33 als geschlossen ausgewiesenen bAV-Systeme (Tabelle 8) kann ein vorübergehende Öffnung des Altersversorgungssystems festgehalten werden. D.h., für einen relativ kurzen Zeitraum (max. 5
Jahre) wurde das geschlossene bAV-System wieder geöffnet und folglich alle neu eingetretenen Arbeitnehmer in das bestehende bAV-System integriert/einbezogen. In allen 11 Systemen werden jedoch für
diese Gruppe der Beschäftigten in der Regel Versorgungsniveaus identifiziert, die unterhalb des Leistungsniveaus liegen, dass vor der (ersten) Schließung Anwendung fand.
IV.2.3 Schließungsgründe AG-finanzierter Versorgungssysteme
Im vorangegangenen Kapitel erfolgte in zeitlicher Perspektive eine Darstellung der Schließung von Versorgungseinrichtungen. Für zwei zurückliegende Jahrzehnte ist eine kontinuierliche Zunahme nachgewiesen, die tendenziell auch im gegenwärtigen Jahrzehnt weiterzubestehen scheint.
In der Auswertungsgesamtheit konzentrieren sich System-Schließungen zum größten Teil auf mittelständische und mittelgroße Unternehme sowie auf Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl mit weniger als
1.000 Arbeitnehmern. (Vgl. Tabelle 7)
Rund ¾ der 17 zur Schließungsursache befragten Betriebsratmitglieder führen primär wirtschaftliche
Probleme bzw. daraus resultierende ungünstige Unternehmensentwicklungen an, die angesichts
- anhaltender rückläufiger Umsätze, einer schlechten Ertragslage und mit dauerhaften Verlusten
begründet werden sowie
- eine steigende Versorgungslast durch den Anstieg der Zahl der Versorgungsempfänger besteht.
Dies habe zur Folge, so die Befragten, dass insbesondere Versorgungsleistungen auf der Basis von Direktzusagen eine erhöhte Kapitalausstattung zur Bedienung der Leistungsansprüche und folglich ein
erhöhtes, bilanzielles Rückstellungserfordernis notwendig mache.
Diese stark fokussierte Zusammenfassung der Telefoninterviews können in historischer Sicht durch die
Unternehmensakten bestätigt werden. Maßgeblich für das arbeitgeberseitige Kündigen von bAVSystemen lassen sich infolgedessen zwei Hauptmotive als verantwortlich identifizieren: Die ungünstige
wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens und mit etwas Abstand gefolgt steigende Versorgungslasten, die mit Hilfe der Schließung der Versorgungseinrichtung (zukünftig) stabilisiert werden sollen. Drei
befragte Betriebsratsmitglieder sprachen aber auch von willkürlichen Drohgebärden der Arbeitgeber, die
die bestehende bAV als Mittel zum Zweck einzusetzen versuchten, um auf anderen, hier mitbestim-
29
Im nachfolgenden Forschungsprojekt wird zusätzlich die Frage zu stellen sein, in wie weit Betriebsräte eine zukünftige SystemSchließung auf der Grundlage der zum Befragungszeitpunkt vorherrschenden (wirtschaftlichen) Unternehmenssituation einschätzen.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
mungspflichtigen Bereichen eine Einigung mit dem Betriebsrat zu erzielen. In diesen Fällen wird die bAV
zu einem strategischen Instrument in Verhandlungsprozessen.30
Die Dramatik solcher Entscheidungen können nur zum Teil durch folgende Erkenntnisse aus der Aktensichtung reduziert werden: Für annähernd 2/3 der ausgewerteten Unternehmen, bei denen aus einer der
beiden vorgenannten Motive eine Schließung des Versorgungssystems bzw. die Kündigung der Versorgungszusage (Betriebsvereinbarung) erfolgte, konnten im weiteren, zeitlichen Verlauf AnschlussBetriebsvereinbarungen geschlossen werden. Diese Folgevereinbarungen beinhalten jedoch i.d.R. eine
Absenkung des Leistungsniveau, nicht aber die Schließung des bAV-Systems. Der Zeitaufwand, der zwischen Kündigung und dem Abschluss einer Anschluss-Betriebsvereinbarung besteht, beträgt - nach vorliegender Aktenlage - i.d.R. 12 bis 15 Monaten, in Extremfällen sogar mehr als 2 Jahre.
Trotz dieser Erkenntnisse darf die Kündigung nicht nur als ein arbeitgeberseitiger Befreiungsschlag betrachtet werden. Insbesondere dann nicht, wenn z.B. mit der Kündigung einer bAV-Betriebsvereinbarung
oder Schließung des bAV-Systems kein vollständiges Entfallen der AG-finanzierten Altersversorgung für
die Zukunft bezweckt ist, sondern vielmehr das Volumen reduziert oder der Verteilungsschlüssel geändert werden soll.
IV.2.4 Verteilung der Durchführungswege (Finanzierungswege)
Die nachfolgende Übersicht (Tabelle 9) dokumentiert in absteigender Reihenfolge die angewendeten
Durchführungswege der AG-finanzierten bAV zum 31.12.2003 für die allgemeine Belegschaft. In der Darstellung sind nur die Durchführungswege berücksichtigt, die Altersversorgungsleistungen für den Bezugsberechtigten direkt abwickeln/beinhalten.31 Außerdem sind Versorgungssysteme und -leistungen für
AT und leitende Angestellte in der nachfolgenden Darstellung nicht berücksichtigt.
Mit 51,2 % ist die Direktzusage der mit Abstand am häufigsten angewendete Durchführungsweg, gefolgt
von der Direktversicherung mit 27,4 %, der Pensionskasse mit 13,1 %, der Unterstützungskasse mit
8,3 % sowie dem Pensionsfonds mit keiner Anwendung unter den erfassten Unternehmen.
Tabelle 9:
Stand: 31.12.2003
Durchführungswege AG-finanzierter bAV
1
Anzahl der Nennungen
(Basis: 84 Unternehmen)
in % der Nennungen
Direktzusage
43
51,2
Direktversicherung
23
27,4
Pensionskasse
11
13,1
Unterstützungskasse
7
8,3
Pensionsfonds
0
0,0
84
100,0
Insgesamt
Anmerkungen:
1
Auf Basis des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung). Stand: 25. Juni 2004. Eigene Berechnung und Darstellung.
Überwiegend Klein- und mittelständische Unternehmen setzen bei der AG-finanzierten bAV auf den Finanzierungs-/Durchführungsweg der Direktversicherung. Dies dürfte schon allein deshalb darauf zurückzuführen sein, dass dieses Produkt einfach handzuhaben und die finanziellen Belastungen relativ genau
und im voraus planbar/beherrschbar sind. Die Risiken des (vorzeitigen) Versorgungsfalles trägt das Ver30
Die in den drei vorliegenden Sachverhalten bestehende Verknüpfung von mitbestimmungspflichtigen mit nicht mitbestimmungspflichtigen Verhandlungsgegenständen können auf veränderte Verhandlungsprozesse hinweisen.
Diese differenzierte Betrachtung ist notwendig: Es werden teilweise Versorgungsleistungen von unterschiedlichen Trägern
(Durchführungswegen) erbracht. So etwa bei dem Unternehmen S. Siedle & Söhne, das seine Invaliden- und Witwenleistungen
über den unternehmensinternen Weg der Direktzusage, die Altersruhe- und Waisengeldleistungen dagegen über eine externe
Finanzierungslösung mittels Unterstützungskasse abwickelt.
31
Seite 26
Modelle betrieblicher Altersversorgung
sicherungsunternehmen. Bei großen Unternehmen ist diese Form weniger anzutreffen, allenfalls als ergänzende bAV-Leistung für außertarifliche Arbeitnehmer (AT) oder leitende Angestellte.
Der Durchführungsweg Direktzusage besitzt seine überwiegende Anwendung bei mittelgroßen und
Großunternehmen mit bis zu 1.999 Beschäftigten. Hier liegen die Risiken der Versorgungsleistungen
zwar beim Unternehmen selbst (ggf. bei Versicherungsunternehmen rückgedeckt), lassen sich tendenziell aber auf Grund der größeren Beschäftigtenzahl versicherungsmathematisch besser kalkulieren und
fallen gegenüber den potentiellen Finanzierungsvorteilen (unternehmensinterne Refinanzierung) partiell
weniger ins Gewicht. Die Entwicklung zum Wechsel des Durchführungswegs von der Direktzusage hin zu
einem externen Finanzierungsweg - auf Grund spezifischer Bewertungsregeln des Eigenkapitals bei der
Kreditvergabe (Basel II) - können für die 84 Unternehmen nicht dokumentiert werden.
Bei Großunternehmen aller ausgewiesenen Größenklassen dominiert der Durchführungsweg Pensionskasse, während Unterstützungskassen insbesondere bei Unternehmen mit einen Beschäftigtenzahl von
weniger als 1.000 Arbeitnehmern verbreitet sind. Unter den ausgewerteten AG-finanzierten bAVSystemen findet der jüngste Durchführungsweg (Einführung/Zulassung seit Januar 2002), der Pensionsfonds, keine Anwendung.
IV.3
Arbeitnehmer-finanzierte betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung)
In den zurückliegenden Jahrzehnten wurden (verstärkt) arbeitgeberseitige Angebote an die Arbeitnehmer
ausgeweitet, eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung aus Entgeltbestandteilen (selbst) zu finanzieren. Als Folge der Rentenreform 2001 (Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus) wurde die Umwandlung von Entgeltbestandteilen und der daraus resultierenden Entgeltansprüche in sog. wertgleiche Anwartschaften auf zukünftige (Alters-, Hinterbliebenen- und Invaliditäts-) Leistungen mit dem Ziel in das
BetrAVG aufgenommen, die entstehende Versorgungslücke aus der ersten Säule zu schließen. Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltumwandlung ist jedoch in der Form geregelt, dass der Arbeitgeber auf
Verlangen des Arbeitnehmers einen Durchführungsweg zur Entgeltumwandlung in einem gesetzlich normierten und von ihm konkretisierbaren Rahmen anbieten muss. Voraussetzung für die Umsetzung des
Anspruchs auf Entgeltumwandlung liegt dem aktiven Verlangen des Arbeitnehmers zu Grunde. Dem Arbeitgeber kommt bei Vorliegen dieses geäußerten Verlangens eine gesetzlich verpflichtende Bringschuld
zu. Der Arbeitnehmer seinerseits unterliegt im weiteren Vertrags-/Abschlussprocedere dann wiederum
eine sog. Holschuld - also das Eingehen der Entgeltumwandlung.
IV.3.1 Angebotene Durchführungswege der Entgeltumwandlung (Verbreitung)
Neben der klassischen bAV, bei der Arbeitgeber auf freiwilliger Basis und von ihm finanzierte Versorgungsleistungen zusagt, existiert als Finanzierungsweg ebenso die Gehalts- bzw. Entgeltumwandlung.
Diese unterscheidet sich insofern grundsätzlich von der bAV im traditionellen Sinne (der AG-finanzierten),
als der Arbeitnehmer auf einen Teil seines Barlohns/Entgelts verzichtet und der Arbeitgeber diesen Anteil
zur Finanzierung der bAV (des Beschäftigten) verwendet. Drei Durchführungswege sind nach dem AVmG
(2001) zulässig: die Direktversicherung, die Pensionskasse und der Pensionsfonds. Als vierter Durchführungsweg ist die Unterstützungskasse weiterhin ebenso anwendbar. Diese vier Finanzierungs-/Durchführungswege der bAV werden durch bAV-Systeme auf der Grundlage einer Direktzusage ergänzt, die
eine Öffnung für die Entgeltumwandlung aufweisen.
Hinsichtlich einer ersten Orientierung dokumentiert dieses einführende Kapitel in einer tabellarischen,
absteigenden Übersicht die angebotenen Durchführungswege der Entgeltumwandlung in den untersuchten Unternehmen. Die Ergebnisse entstammen allesamt der Betriebsräte-Befragung. Die Tabelle schließt
des weiteren Mehrfachnennungen ein. (Vgl. Tabelle 11)
Zum 31. Dezember 2003 bieten 84 der 81 Unternehmen der Auswertungsgruppe Durchführungswege der
Entgeltumwandlung an, so die Auswertung der Betriebsräte-Befragung. Das entspricht einer unternehmensbezogenen Angebotsquote von 96 %, die zugleich annähernd 97 % der Beschäftigten aller untersuchten Unternehmen umfasst. In 3 Unternehmen sind aus unterschiedlichen Gründen kein/en Durchführungsweg/e implementiert; auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht (20. Juli 2004).32
Weder die angebotenen Durchführungswege noch die Angebotsquote sind Indikatoren für die Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung. Diese liegt ausschließlich bei den Arbeitnehmern, die nach Gel32
Es handelt sich hier um Unternehmen mit einer Belegschaftsstärke von 2.153, 38 bzw. 31 Arbeitnehmern. Durch das telefonisches Nachfassen bei den betreffenden Betriebsräten konnten folgende Sachverhalte ermittelt werden: In einem Unternehmen sei
bisher kein Anspruch auf Entgeltumwandlung durch Arbeitnehmer geltend gemacht worden; in den zwei anderen Unternehmen
bestehe derzeit kein Handlungsbedarf, da es eine AG-finanzierte bAV gäbe.
In einem weiteren Unternehmen liegt zwar das Angebot zur Direktversicherung vor, werde aber nicht von den Arbeitnehmern angenommen, so ein Betriebsratsmitglied. In 4 von 84 Unternehmen (4,8 %) findet die Entgeltgeltumwandlung keine Anwendung.
Seite 27
Modelle betrieblicher Altersversorgung
tendmachung des Rechtsanspruches auf das Angebot von mindestens einen Durchführungsweg angewiesen sind.
Annähernd 78 % der ausgewerteten Unternehmen (63 Nennungen) stellen den Durchführungsweg der
Pensionskasse zur Verfügung. Ebenfalls stark verbreitet ist der Weg über die Direktversicherung mit rund
68 % (55 Nennungen). Sie ist in Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten der am stärksten vertretene
Durchführungsweg, wogegen in Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten als Standard-Durchführungsweg die Pensionskasse gilt. Die Angebotsdurchdringung von Pensionsfonds und Unterstützungskasse liegen auf deutlich niedrigeren Niveau, und zwar bei 16 bzw. 5 %. Die in den neuen Durchführungsweg Pensionsfonds gesetzten Hoffnungen als modernes und flexibles Instrument betrieblicher Altersversorgung sind - von der Angebotsseite betrachtend - damit nur bedingt erfüllt. (Vgl. Tabelle 11)
Tabelle 10:
Stand: 31.12.2003
Angebotene Durchführungswege der Entgeltumwandlung
1
Pensionskasse
Direktversicherung:
Anzahl der Nennungen
(Entgeltumwandlungsangebot
über ...)
63
Anteil in %
(Basis: 81 2 Unternehmen)
55
67,9
13
16,0
4
4,9
(vor 2002: 7)
Pensionsfonds
Unterstützungskasse
Direktzusage 3
77,8
3
11,6
5
(vor 2002: 5)
(Basis: 43 Unternehmen mit Direktzusage)
Anmerkungen:
1
Auf Basis des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
2
Drei Unternehmen bieten keinen Durchführungsweg (Entgeltumwandlung) an.
3
Keine förderfähiger Durchführungsweg (Riester-Rente) gem. BetrAVG/AVmG.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung). Stand: 25. Juni 2004. Eigene Darstellung.
Mit zunehmender Unternehmensgröße (Belegschaftsgröße) kann ein steigender Anteil der Unternehmen
identifiziert werden, die mehrere Durchführungswege nebeneinander und damit ein größeres Angebot
von Produkten der AN-finanzierten bAV anbieten. Nahezu 63 % der Unternehmen mit Entgeltumwandlungsangebot bieten zwei Durchführungswege, fünf Unternehmen (7,5 Prozent) die Durchführungswege
Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds an. Mit fast 60 % heißt die am häufigsten von den
Arbeitgebern zur Verfügung gestellte Kombination: Pensionskasse und Direktversicherung; sie umfasst
47 Unternehmen, einschließlich der Unternehmen mit drei angebotenen Durchführungswegen.
Lediglich in einem Unternehmen existiert dagegen das sog. Cafeteria-Modell, das sich durch Wahlfreiheiten des Arbeitnehmers auszeichnet und diesem Spielräume hinsichtlich der Durchführung, des Produktanbieters und dem Produkt gewähren kann. Das Charakteristische für das Cafeteria-Modell von Cooper
Power Tools GmbH ist, dass bei arbeitgeberseitigen, vorgegebenen Durchführungswegen (Direktversicherung und Pensionskasse) der Beschäftigte s/einen Produktanbieter und dessen Produkt in der von
ihm gewünschten Produktbeschaffenheit frei (von Vorgaben des AG) bestimmen kann. Parallel zur individuellen Wahlfreiheit stehen als eine Art Auffangangebot Produkte der MetallRente zur Verfügung. Einem
möglichen Trend hin zu einer Gestaltung flexibler bAV-Systeme mit Wahlmöglichkeiten im Sinne des
Cafeteria-Modells wird für die 84 ausgewerteten Unternehmen damit nicht bestätigt.33
33
Der Rückzug des Arbeitgebers als eigentlicher Entscheider des bAV-Ordnungsrahmens geht mit einem deutlich ausgeweiteten
Entscheidungsrahmen für den Arbeitnehmer einher. Der Wirkungsgrad dieser Form des betrieblichen Nebenleistungsangebots ist
mit Blick auf die angestrebte Arbeitszufriedenheit, Motivation und Bindung der Mitarbeiter um so größer - so die Annahme, je mehr
die einzelnen Benefits den persönlichen Bedürfnissen des Mitarbeiters entsprechen. Es liegt auf der Hand, dass mit diesem Modell
Vor- und Nachteile verbunden sind: bspw. Chance und Risiko der Ertragswahrscheinlichkeiten und Gebührenentwicklung/ Verwaltungskosten. Die unterschiedlichsten Verhaltensreaktionen der Arbeitnehmer werden daraus resultieren. Nur ein kleiner Teil dieser
wird den gewährten Gestaltungsspielraum effektiv nutzen (können).
Seite 28
Modelle betrieblicher Altersversorgung
IV.3.2 Möglichkeit der Entgeltumwandlung vor 2002
Vo 2002 sind die Möglichkeiten der Entgeltumwandlung nicht stark ausgeprägt. Lediglich in 12 der 84
Unternehmen (14,5 %) kann eine solche Finanzierungsform der bAV identifiziert werden. Fast zur Hälfte
basieren diese Angebote auf einer freiwilligen Betriebsvereinbarung. In sieben Unternehmen (8,4 %) liegt
die Möglichkeit der Entgeltumwandlung mittels Direktversicherung vor. Teilnahmeberechtigt sind alle, die
in einem unbefristeten Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis stehen. Die zu entrichtende Pauschalsteuer
(§ 40b EStG) ist mit einer Ausnahme grundsätzlich vom Arbeitnehmer zu tragen. Die Ausnahme bildet
das Unternehmen Kennametal Hertel AG, das eine arbeitgeberseitige Übernahme der Versteuerung und
des anteiligen Solidaritätszuschlages bis zu einen feststehenden Prozentsatz tätigt.34 In allen sieben Unternehmen wird die Direktversicherung als einen zusätzlichen Durchführungsweg zu den nach 2002 eingeführten aufrechterhalten.
In den 5 weiteren Unternehmen (13,2 %) existiert bereits vor 2002 die Möglichkeit der Entgeltumwandlung auf der Grundlage eines Direktzusage-System, das für die AN-finanzierte bAV geöffnet ist. Es handelt sich dabei nicht um einen Durchführungsweg gem. AVmG. Dennoch ist es zulässig (gem. § 115
SGB IV) maximal 4 % des Bruttoeinkommens steuerfrei in diesen traditionell AG-seitigen Durchführungsweg umzuwandeln. Dabei gilt zu beachten, dass die vom Arbeitnehmer geleisteten Beiträge zwar
nicht der AG-seitigen Unverfallbarkeitsfrist unterworfen sind, jedoch die jeweiligen Regelungen der Direktzusage auch auf die Entgeltumwandlung angewendet werden. (Siehe: Teil V.1.2, Seite 46ff.).
IV.3.3 Beteiligung an der Entgeltumwandlung (Inanspruchnahme)
Die ausgewerteten Unternehmen weisen eine durchschnittliche Beteiligungsquote von 14,4 %
(31.12.2003) aller dort Beschäftigten auf. Dieser Wert verdeutlich sehr eindrucksvoll, dass grundsätzlich
zwischen dem Angebot der Entgeltumwandlung (in 96 % der Unternehmen) und der Beteiligung der Arbeitnehmer zu unterscheiden ist. Die absolute Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung zum
31.12.2003 liegt bei ca. 10.445 von 72.538 Arbeitnehmern. Auf die Bruttoentgeltumwandlung entfallen
hiervon 82,3 %, auf die Nettoentgeltumwandlung als Riester-Rente auf betrieblicher Ebene ca. 17,7 %35.
(Vgl. Tabelle 12)
Als Maßgröße der Inanspruchnahme wird dabei die Beteiligungsquote als der Anteil der Arbeitnehmer zur
Gesamtheit der Belegschaft in den untersuchten Unternehmen definiert, die Lohn- und Gehaltsbestandteile in zukünftige Versorgungsansprüche zugunsten einer bAV umwandeln.36 Demgemäss stellt die Beteiligungsquote einen Indikator zur quantitativen Bewertung der Inanspruchnahme des Rechtsanspruches
der Entgeltumwandlungsangebotes dar. Die Entgeltumwandlungsquote selbst, also die Höhe der Umwandlungsbeträge, wurde in der Kurzstudie nicht erhoben bzw. hinterfragt.
Hinsichtlich der errechneten Durchschnittbeteiligung ist zu berücksichtigen, dass es sich hier um einem
Mittelwert aller 84 in die Untersuchung einbezogenen Unternehmen handelt. Werden die Unternehmen
ohne Entgeltumwandlungsangebot herausgerechnet, so ergibt sich eine durchschnittliche Beteiligungsquote von 14,9 % der in diesen Unternehmen Beschäftigten.
Tabelle 11:
Stand: 31.12.2003
Durchschnittliche Beteiligungsquoten
1
Anzahl der
Unternehmen
Anzahl der
Arbeitnehmer
Arbeitnehmer
mit Entgeltumwandlung2
∅-Beteiligung
in %
84
72.538
10.445
14,39
81 3
70.316 3
10.445
14,85
Auswertungsgesamtheit
Unternehmen mit Entgeltumwandlungsangebot
Anmerkungen:
1
Auf der Grundlage des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
2
Angaben der Betriebsräte.
34
Bei Kennametal Hertel AG zahlt der Arbeitgeber „die Pauschalsteuer von max. 15 Prozentpunkten des jeweils gültigen gesetzlichen Pauschalsteuersatzes für Direktversicherungsbeiträge sowie den darauf entfallenden anteiligen Solidaritätszuschlag und
gegebenenfalls die anteilige Kirchensteuer“ (§ 5 (2) Abs. 1 BV Betriebliche Direktversicherung durch Gehaltsumwandlung 1996).
35
Eine genaue Ermittlung der Anzahl der Nettoentgeltumwandlungen war nicht möglich. Daher sind die prozentualen Angaben
(Anzahl der Netto-Entgeltumwandlungen in Abhängigkeit der Beschäftigtenzahl) von 4 Betriebsräten anhand der angegebenen
Mitarbeiterzahlen in absolute Beteiligungen umgerechnet worden.
36
Die Angaben zur Beteiligung als auch der Beschäftigten in den jeweiligen Unternehmen basieren auf der Betriebsräte-Befragung.
Seite 29
Modelle betrieblicher Altersversorgung
3
Unter Herausrechnung von drei Unternehmen mit 2.153, 38 und 31 Beschäftigten, in denen zum 31.12.2003 (und gegenwärtig)
kein Angebot zur Entgeltumwandlung vorlag bzw. vorliegt.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung). Stand: 25. Juni 2004. Eigene Berechnung und Darstellung.
Auf der Grundlage bisheriger Ergebnisse lässt sich hinsichtlich der Beteiligungsquote an der Entgeltumwandlung folgender Zusammenhang zwischen der Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung und dem
Bestehen einer AG-finanzierten bAV (in unterschiedlicher Qualität: Leistungsniveau und personaler Geltung) erkennen: In den untersuchungsrelevanten Unternehmen mit einem (annähernd) unverändertem
Leistungsniveau AG-finanzierter bAV liegt die Beteiligung durchschnittlich bei 16,5 %, bei Unternehmen
mit geschlossenem bAV-System liegt die Quote bei durchschnittlich 13,9 %, und bei Unternehmen, deren
wirtschaftliche Situation sowohl durch Leistungseinschränkungen als auch eine Schließung der Versorgungseinrichtung bestimmt sind, fällt die Beteiligungsquote auf 11,3 %. (Vgl. Abgrenzung der AGfinanzierten bAV-Zustände, S. 28) Zum jetzigen Erkenntnisstand kann daraus abgeleitet werden, dass für
die hier vorliegende Auswertungsgesamtheit ein positiver Zusammenhang zwischen der Beteiligung an
der Entgeltumwandlung und dem Bestehen eines unverändert aufrechterhaltenen AG-finanzierte bAVSystems vorliegt. D.h., je stärker bzw. gravierender Einschränkungen/Eingriffe sowohl in der Versorgungsleistung als auch im personalen Geltungsbereich des AG-finanzierten Systems vorliegen, desto
stärker ist ein Absinken der Beteiligungsquote an den angebotenen Durchführungswegen der Entgeltumwandlung feststellbar. Ob es sich hier um ein zufälliges Ergebnis37 handelt oder um eine allgemeingültige
Erkenntnis, kann erst durch die Auswertung der noch ausstehenden bAV-Systeme beurteilt werden.
IV.3.4 Verbreitung der Entgeltumwandlung nach Unternehmensgröße
Die nachfolgende Übersicht geht der Frage nach, welche durchschnittlichen Beteiligungsquoten in Abhängigkeit der Unternehmensgröße (Beschäftigtenzahl) vorliegen. Abweichend von der bisher verwendeten Größenklasseneinteilung wird diese nun in 16 Größenklassen differenziert dargestellt. Ziel der wesentlich detaillierteren Betrachtung ist die Vermeidung einer verzerrenden Wirkung des bisher angewendeten und auf 7 Größenklassen reduzierten/aggregierten Größengitters. Zum Vergleich sind die (aggregierten) Werte in der rechten Spalte von Tabelle 12 wiedergeben.
37
Für die vorliegenden Ergebnisse gilt es zu berücksichtigen: Die Auswahl der Unternehmen, die dem Abschlußbericht der Kurzstudie zu Grunde liegen, erfolgte bewusst und nach vorgegebenen, absoluten Merkmalen.
Seite 30
Modelle betrieblicher Altersversorgung
Tabelle 12:
Stand: 31.12.2003
Durchschnittliche Beteiligungsquoten nach Unternehmensgröße
1
Anzahl der Anzahl der
UnterUnternehmen
nehmen
Beschäftigte
von ... bis ...
Anzahl der
Arbeitnehmer
Arbeitneh- ∅ Quote der ∅ Quote der
mer mit Beteiligung Beteiligung
Entgeltum(aggregiert)
wandlung *
in %
in %
in %
28,9
10 - 49
5
6,0
194
56
28,9
50 - 99
4
4,8
307
68
22,1
100 - 199
6
7,2
830
77
9,3
200 - 249
8
9,6
1.741
193
10,8
250- 299
5
6,0
1.357
142
10,5
300 - 399
11
13,3
3.638
522
14,4
400 - 499
5
6,0
2.286
286
12,5
500 - 599
5
6,0
2.766
400
14,5
600 - 699
5
6,0
3.372
412
12,2
700 - 799
5
6,0
3.793
716
18,9
800 - 899
4
4,8
3.480
786
22,6
900 - 999
3
3,6
2.828
228
8,1
1.000 - 1.499
2
2,4
2.452
278
11,3
1.500 - 1.999
2
2,4
3.761
220
5,9
2.000 - 2.999
9
10,8
20.982
1.633
7,8
7,8
2
5
4,8
18.751
4.428
23,6
23,6
84
100,0
72.538
10.445
11,0
14,4 3
3.000 u. mehr
Insgesamt
11,7
13,1
15,7
8,0
Anmerkungen:
1
Auf Basis des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004.
2
Unter Einbeziehung der HDW-Entgeltumwandlung (und Arbeitnehmer), die seit 2002 besteht. Hiernach können Arbeitnehmer
zwischen zwei Modellen wählen: 1. wird zum umgewandelten Entgelt (max. 1 % des monatlichen Bruttoentgelts) ein AG-Zuschuss
in gleicher Höhe der Entgeltumwandlung geleistet, 2. wandelt der Arbeitnehmer EUR 20,-- pauschal um, der Arbeitgeber leistet den
identischen Betrag als Zuschuss. Zum 31.12.2003 lag die Anzahl der Arbeitnehmer, die das HDW-bAV-System in Anspruch nehmen bei 2.800 Beschäftigten. Das entspricht einer Beteiligung von 93,3 % aller HDW-Arbeitnehmer. Ohne Einbeziehung von HDW
erreichen die ausgewerteten Unternehmen mit 3.000 u. mehr Beschäftigte eine Beteiligungsquote von lediglich 10,3 %.
3
Ohne HDW liegt die Beteiligungsquote insgesamt bei 11 %. Des weiteren liegt unter Herausrechnung der drei Unternehmen, in
denen kein Angebot der Entgeltumwandlung (zum 31.12.2003) vorliegt, eine Beteiligungsquote von 14,9 % vor.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung). Stand: 25. Juni 2004. Eigene Darstellung.
Sehr deutlich lässt sich in der detaillierten Übersicht die unterschiedliche Beteiligungsstruktur erkennen.
So könne für die Größenklassen von 50 bis 899 Beschäftigten tendenziell ansteigende Beteiligungsquoten und somit eine einhergehende positive Korrelation zwischen Beschäftigtenzahl/Unternehmen und
Beteiligungsquote nachgewiesen werden. Durch die in der Höhe sehr variierenden Quoten der anschließenden Größenklassen ist infolgedessen kein einheitliches und durchgängiges Gesamtbild feststellbar.
Stattdessen ist ein markanter Bruch der ansteigend verlaufenden Beteiligungsquoten ab der Größenklasse von mehr als 900 Beschäftigten zu konstatieren, der mit einem Absinken der Quote auf bis zu 5,9 %
einhergeht. Die in Abhängigkeit der Beschäftigtenzahlen abzutragenden Beteiligungsquoten auf der
Grundlage von den bisher verwendeten Größenklassen führen zu einem ähnlichen Ergebnis. (Tabelle 12:
rechte Spalte).
Auf Grund des vorläufigen Charakters der Auswertung ist zu berücksichtigen, dass die Ergebnisse nur
bedingt aussagefähig sind und folglich nur für die ausgewerteten Unternehmen gelten können. So lassen
Seite 31
Modelle betrieblicher Altersversorgung
sich ferner vor dem Hintergrund der nur geringen Anzahl der ausgewerteten Unternehmen die bspw.
überdurchschnittlichen Quoten in den Klassen der Kleinunternehmen (10-49 Arbeitnehmer) sowie der
Großunternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten erklären. Bereits die Herausrechnung der Beteiligungsquote der Howaldtswerke - Deutsche Werft (HDW) AG von 93 % (2.800 von 3.000 Beschäftigten)
halbiert die in Tabelle 12 ausgewiesene Quote von 23,6 % (vgl. hierzu Anmerkung 3, Tabelle 12).
Ähnlich ist die Situation im Bereich der Kleinunternehmen, zumal zwei Unternehmen mit insgesamt 69
Beschäftigten keinen Durchführungsweg der Entgeltumwandlung anbieten. Damit liegt die tatsächliche
Beteiligungsquote bei annähernd 50 %. Tendenziell wird jedoch gerade bei Kleinunternehmen aber davon ausgegangen, dass ein nur schwach ausgeprägtes Angebot der Entgeltumwandlung vorliege und
infolgedessen nur von einer geringen Reichweite und begrenzten Verbreitung der AN-finanzierten bAV in
diesen auszugehen sei. D.h. im Umkehrschluss: Mit steigender Arbeitnehmerzahl wachse das Angebot
der Entgeltumwandlung und gleichzeitig die Beteiligung an der Entgeltumwandlung. Diese Annahme
kann aus den vorliegenden Ergebnissen zumindest tendenziell bis zu einer Belegschaftsgröße von weniger als 900 Arbeitnehmern nachgewiesen werden, da alle darüber hinausgehenden Größenklassen annahme-unstetige Ergebnisse liefern.
Diese wenigen Ausführungen zeigen, dass weitere Einzelergebnisse vorliegen müssen, um gefestigte
Aussagen treffen zu können. Es bleibt daher abzuwarten, ob sich die gegenwärtig erkennbare Tendenz
auch als erkennbarer Trend manifestieren und nach Auswertung der noch nicht untersuchten Unternehmen abschließend Bestand haben wird.
IV.3.5 Häufigkeitsverteilung der Beteiligungsquoten nach Unternehmensgröße
Eine nach Unternehmensgrößen differenzierte Häufigkeitsdarstellung der Beteiligungsquoten vermittelt
ein differenzierteres Bild als es die vorangegangene Darstellung aufzeigt. Die nachfolgende Tabelle ordnet hierzu die nach Größenklassen strukturierte Anzahl der Unternehmen mit Entgeltumwandlungsangebot einzelnen Beteiligungsquoten-Bereichen zu. Im Ergebnis wird eine Verteilung der Beteiligungsquoten
in Abhängigkeit von Unternehmensgröße und Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung präsentiert. Zu
diesem Zweck erfolgt eine isolierte Betrachtung der Beteiligungsquoten bis 5,9 und bis 13,9 %38 sowie
alle darüber liegenden Quoten. Ziel dieser differenzierten Auswertung liegt insbesondere in der darzustellenden Verteilung der Unternehmen mittels des Größenklassengitters.
Es lässt sich unschwer erkennen, dass bereits bei einer Beteiligungsquote von maximal 5,9 % sowohl
mittelgroße als auch Unternehmen mit bis zu 999 Arbeitnehmer einen Anteil von bis zu 1/3 der jeweiligen
Größenklasse aufweisen. Lediglich für die Klasse der mittelständischen Unternehmen wird ein Anteil von
1/6 dieser registriert. Mit anderen Worten: Rund ¼ (20) aller in der Tabelle 13erfassten Unternehmen speziell mittelgroße und Unternehmen bis max. 999 Beschäftigte - weisen mit einer Beteiligungsquote
von unter 6 % auf eine unterdurchschnittliche Inanspruchnahme des Entgeltumwandlungsangebotes (im
Vergleich zur Durchschnittlichen) hin.
Eine ähnliche Verteilung liegt im Quotenbereich von 6-13,9 % vor: Auch hier erreichen mittelständische,
mittelgroße und wiederum Unternehmen mit bis zu 999 Arbeitnehmer Anteile von rund ¼ bis 1/3 an der
jeweiligen Größenklasse. In der Summe lässt sich für mittelständische Unternehmen eine deutliche Konzentration der Beteiligungsquoten im Bereich von 0-11,9 % erkennen. Das gleiche Ergebnis liegt für mittelgroße Unternehmen vor: Hier wird jedoch bereits die 50 %-Marke bei einer Quote von 9,9 % erreicht.
Für Unternehmen mit weniger als 1.000 und zwischen 2.000 bis 2.999 Beschäftigten fallen die Ergebnisse noch deutlicher aus: 12 bzw. 7 Unternehmen liegen unterhalb einer Beteiligungsquote von 13,9 %,
repräsentieren also mehr als 50 % bzw. ¾ der jeweiligen Größenklassen.
In der Summe werden folglich 45 Unternehmen registriert, deren Beteiligungsquote unter dem ermittelten
Gesamtdurchschnitt von 14,9 % liegt: das entspricht 55,6 % aller Unternehmen mit Entgeltumwandlungsangebot. 36 der Unternehmen weisen eine Beteiligungsquoten von mehr als 14,9 % auf, was 44,4 % aller
Unternehmen mit Entgeltumwandlungsangebot entspricht. In der Gesamtbetrachtung weisen alle Größenklassen - in Abhängigkeit der Beteiligungsquote - tendenziell absteigende Häufigkeiten auf.
38
Beteiligungsquoten zwischen 14,0 und 14,8 % liegen nicht vor. Die hier gewählte Grenzziehung bei 13,9 % ist deshalb ohne
Einschränkung möglich.
Seite 32
Modelle betrieblicher Altersversorgung
Tabelle 13:
Häufigkeitsverteilung: Beteiligungsquoten differenziert nach Unternehmensgröße
Stand: 31.12.2003
1
Unternehmen
Beteiligungsquote in %
0
0,1 - 1,9
2,0 - 3,9
4,0 - 5,9
6,0 - 7,9
8,0 - 9,9
10,0 - 11,9
12,0 - 13,9
Anzahl
in %
1
6
3
10
7
10
6
2
4,8
7,1
3,6
11,9
8,3
11,9
7,1
2,4
14,0 - 15,9 2
16,0 - 17,9
18,0 - 19,9
20,0 - 21,9
22,0 - 23,9
24,0 - 25,9
26,0 - 27,9
28,0 - 29,9
30,0 - 39,9
40,0 - höher
8
6
2
3
2
4
1
2
3
5
9,5
7,1
2,4
3,6
2,4
4,8
1,2
2,4
3,6
6,0
81
100,0
Insgesamt
Unternehmensgröße (Beschäftigtenzahl)
10 49
50 249
1
3
1
4
1
4
1
250 499
500 999
1.000 1.999
3
2
2
1
3
2
1
1
4
1
1
1
1
1
2
3.000
u. mehr
1
1
3
1
1
1
1
1
2
1
1
1
1
3
1
2
18
1
1
2
1
1
3
4
2
1
2
1
2.000 2.999
21
22
2
4
8
Anmerkungen:
1
Auf der Grundlage des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004 sowie auf der Basis von 81 Unternehmen mit Entgeltumwandlungsangebot.
2
Keines der hier ausgewiesenen Unternehmen liegt in der Beteiligungsspanne von 14,0 und 14,8 %, so dass alle Tabelleneinträge
einer Beteiligungsquote oberhalb des Durchschnitts (14,9 %) entsprechen.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung). Stand: 25. Juni 2004. Eigene Darstellung.
Dass mit einer ansteigender Belegschaftsgröße tendenziell auch eine höhere Beteiligung an der Entgeltumwandlung einhergeht, kann als erstes Zwischenergebnis aus der Tabelle 12 bereits entnommen werden. Grundsätzlich wird dieses Ergebnis auch durch Tabelle 13 bestätigt, so dass von einem positiven
(und nicht auszuschließenden direkten) Zusammenhang für die untersuchten Unternehmen zwischen der
Inanspruchnahme des Entgeltumwandlungsangebots und Unternehmensgröße auszugehen ist. Dennoch
ist nicht auszuschließen, dass mit zunehmender Größe auch erhebliche innerbetriebliche Informationsdefizite existieren oder die Illusion einer ausreichenden Versorgung durch das AG-finanzierten bAV-System
besteht, wodurch die unterdurchschnittlichen Beteiligungsquoten der Unternehmen von 1.000 bis 2.999
Arbeitnehmern eine Erklärung finden könnten. Dies ist ebenfalls bereits in Tabelle 12 als zweites Zwischenergebnis veranschaulicht.
Das dritte Ergebnis ergibt sich aus den vorgenommenen Clusterung. So fallen unter die Beteiligungsmarke von unter 5,9 % bereits 25% aller ausgewerteten Unternehmen und weisen somit eine unterdurchschnittliche Beteiligungsquote auf. Unter Hinzurechnung des Quotenbereichs bis 13,9 % fallen insgesamt
annähernd 56 % aller ausgewerteten Unternehmen unter dem ermittelten Durchschnitt von 14,9 %. Davon bildet der Cluster zwischen 6,0 bis 13,9 % den größten Anteil mit rund 31 %. Ein verhältnismäßig
starke Konzentration lässt sich im Quotenbereich zwischen 14,0 bis 23,9 % abtragen: In diesen Bereich
können 21 Unternehmen ermittelt werden, die ihrerseits einen Anteil von annähernd 26 % an allen Unternehmen darstellen.
Seite 33
5
Modelle betrieblicher Altersversorgung
IV.3.6 Riester-Rente auf betrieblicher Ebene
Vom Gesetzgeber wurde mit dem Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung zugleich auch eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersversorgung auf Basis staatlicher Zulagenförderung eingeführt. Die als RiesterRente bezeichnete Versorgung kann sowohl im Rahmen zertifizierter, privater Vorsorgeverträge als auch
über die betriebliche Ebene in Form der Netto-Entgeltumwandlung Anwendung finden. Im Rahmen der
bAV ist die Zulagenförderung (gem. AVmG) nur in den Durchführungswegen Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktversicherung möglich. Infolgedessen ist der Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltumwandlung folgendermaßen geregelt, dass der Beschäftigte vom Arbeitgeber verlangen kann, ihm
ein betriebliches Angebot der Entgeltumwandlung zu unterbreiten, das den Anforderungen der RiesterFörderung entspricht (§ 1a Abs. 3 BetrAVG).
Ein Entgeltumwandlungsangebot, das den Voraussetzungen der Riester-Förderung entspricht, besteht in
60 der untersuchten Unternehmen. Das entspricht einer Angebotsquote von 74,1 %. In 21 Unternehmen
(25,9 %) wird die betriebliche Variante der Riester-Rente nicht unterbreitet; somit also fast in jedem vierten der 81 Unternehmen mit Entgeltumwandlungsangebot. So schließt bspw. das Unternehmen Kennametal Hertel AG in der freiwilligen Betriebsvereinbarung zur Entgeltumwandlung die förderfähige bAV aus
dem Nettoentgelt (Riester-Rente) ausdrücklich aus und verweist diese Form der Altersversorgung auf die
private Ebene. (Vgl. Nr. 7 Abs. 5 BV Entgeltumwandlung zum Zwecke der Altersversorgung 2002)
Unter den im Riester-Kontext betrachteten Unternehmen besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Angebot von Riester-Produkten und der Unternehmensgröße. Diese Abhängigkeit zeigt sich
daran, dass bei abnehmender Belegschaftsgröße die Verbreitung von Riester-geförderten Altervorsorgeprodukten abnimmt. Es lässt sich demgemäss eine positive Korrelation zwischen der Unternehmensgröße und dem Angebot der Riester-Rente auf Betriebsebene feststellen: Je größer die Beschäftigtenzahl
ist, desto ausgeprägter ist die Angebotsverbreitung. Nach Unternehmensgrößen differenziert ergeben
sich für die 60 Unternehmen mit Riester-Angebot folgende Größenverteilung: für die ½ der KMU (11 von
21 Unternehmen), hingegen rund 2/3 bei mittelgroßen (14 von 21 Unternehmen) und 4/5 der Unternehmen bis 999 Beschäftigte (18 von 22 Unternehmen), sowie für alle Unternehmen (17) mit mehr als 1.000
Beschäftigte.
Von den Unternehmen, die ein förderfähiges Angebot unterbreiten, geben lediglich 11 Unternehmen
(18,3 %) an, dass eine mehr oder minder unbestimmte Anzahl von Arbeitnehmern das Riester-RenteProdukt in Anspruch nehmen. Näherungsweise kann zum 31.12.2003 davon ausgegangen werden, dass
die Inanspruchnahme der förderfähigen Entgeltumwandlung von ca. 1.85039 Arbeitnehmern wahrgenommen wurde. Die Beteiligung an der Nettoentgeltumwandlung entspricht damit einem Anteil von 17,7 %,
d.h. jede 7. Entgeltumwandlung entspricht einer Netto-Entgeltumwandlung. Unter Berücksichtigung aller
erfassten Arbeitnehmer mit Entgeltumwandlungsangebot entspricht dies jedoch lediglich einem Anteil von
2,6% der durchschnittlichen Beteiligungsquote.
IV.3.7 Zusätzliche Arbeitgeber-Zuwendungen
Die Entgeltumwandlung ist die AN-finanzierte Form der bAV und ersetzt die AG-finanzierte dadurch nicht.
Beide Finanzierungswege, sowohl durch Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber, können nebeneinander
(unschädlich) bestehen und müssen dabei in keinem (gegenseitigen) Anhängigkeitsverhältnis stehen.
Während für die eine Seite ein Rechtsanspruch besteht, ist auf der anderen Seite die Einführung/Dotierung einer bAV der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers (gem. BAG) zuzurechnen. Als eine dritte Art
der Finanzierung von Leistungen der bAV ist schließlich eine Kombination aus Entgeltumwandlung und
Arbeitgeber-Zuwendung/-beitrag möglich.
Im Gegensatz zu anderen Branchen (u.a. Chemie, Bauhauptgewerbe oder Handel) enthält der Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung in der Metall- und Elektroindustrie (September 2001) keine verpflichtenden
AG-Zuwendungen zur Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers. Im Organisationsbereich der IG Metall hier: Metall- und Elektroindustrie - unterliegt die Zuwendung deshalb auch keiner tarifvertraglichen Norm
und muss als das Verhandlungsergebnis der vertragsfreien Betriebsakteure - Arbeitgeber und Betriebsrat
- angesehen werden. Die Motive für die AG-Leistung sind vielschichtig und können nicht allein den Elementen betrieblicher Anreizsysteme oder zur Förderung der Verbreiterung einer AN-finanzierten bAV
zugerechnet werden. Vor dem Hintergrund der bestehenden Gestaltungsfreiheit auf Betriebsebene wird
eine flächendeckende Verbreitung von AG-Zuwendungen in der Metall- und Elektroindustrie langfristig
auszuschließen sein. Nicht nur allein deshalb, weil es sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers
39
Vgl. Fn. 35.
Seite 34
Modelle betrieblicher Altersversorgung
handelt, und nicht weil nicht jede Zuwendung ein Zuschuss im engeren Sinne darstellt, sondern weil die
tarifvertragliche Normierung in der Metall- und Elektroindustrie nicht existiert!
Dennoch lassen sich einige wenige Unternehmen in der Auswertungsgruppe identifizieren, in denen (zusätzliche) arbeitgeberseitige Zuwendungen zur AN-finanzierten bAV geleistet werden. Die Höhe bzw. das
Volumen kann in Abhängigkeit des umgewandelten Beitrags des Arbeitnehmers festgelegt sein, der
zugleich als die conditio sine qua non, also als Leistungsvoraussetzung der Arbeitgeberleistung anzusehen ist. Die zusätzlichen AG-Leistungen erfolgen aber auch nach Pauschalbeträgen oder orientieren sich
an den eingesparten Arbeitgeberanteilen (oder als prozentualer Anteil) zur Sozialversicherung. Eine bis
auf Kündigung bzw. Widerruf fortlaufende, dauerhafte Regelung ist ebenso auffindbar, wie zeitliche Limitierungen, die sich in der Regel am Ende der Sozialversicherungsfreiheit von umgewandelten Bruttoentgeltbeträgen (2008) orientieren.
Bei einigen dieser Zuwendungen handelt es sich mehr oder weniger um eine Art Beitrag des Arbeitgebers, denen nur vordergründig der Charakter des Zuschusses innewohnt. Der Arbeitgeber leistet bei diesen keinen Zuschuss, sondern einen eigenständigen Beitrag zur bAV, der an unterschiedlichen Voraussetzungen gebunden sein kann. So sind demgegenüber AG-Leistungen qualitativ als Zuschüsse zu definieren, wenn deutlich wird, dass diese vom Arbeitgeber zusätzlich und unabhängig von einem (eigenständigen) AG-finanzierten bAV-System geleistet werden (vgl. Bosch GmbH, Kennametal Hertel AG).
AG-Leistungen können als vermeintliche/nicht tatsächliche Zuschüsse - hier besser Beiträge - identifiziert
werden, wenn bspw. das AG-finanzierte bAV-System geschlossen wurde (vgl. Corus Mannstaedt-Werke
GmbH & Co.) oder aber durch eine entsprechende leistungsreduzierende Betriebsvereinbarung nahezu
abgelöst wurde (bspw. Howaldtswerke – Deutsche Werft AG). Charakteristisch ist hierbei die bereits erwähnte, dritte Finanzierungsart: Eine Kombination aus AG-Beiträgen und Entgeltumwandlung, die in einem spezifischen, in der Regel auf Gegenseitigkeit beruhenden Abhängigkeitsverhältnis steht.
Die befragten Betriebsräte geben für 6 der ausgewerteten Unternehmen an, dass die jeweiligen Arbeitgeber durch monatliche oder jährliche AG-Zuwendungen die AN-Beiträge der Entgeltumwandlung aufstocken.40 Das entspricht einer unternehmensbezogenen Quote von 7,4 % bzw. einem begünstigten Arbeitnehmerkreis von 10,2 % innerhalb der Auswertungsgruppe. Demnach besteht für annähernd jeden 10.
Beschäftigten die Möglichkeit, an dieser AG-Leistungen zu partizipieren.41
Diese dahingehend ausdifferenzierten bAV-Systeme lassen verschiedenartige Gestaltungsformen der
Zuwendung zu, die hinsichtlich der Qualität (Leistungsvoraussetzung und -gestaltung) und der Quantität
(Höhe des Zuschusses) zusätzliche Unterscheidungskriterien liefern. Die nachfolgende Skizzierung bieten einen ersten modellhaften Einblick in die Vielfalt der (zusätzlichen) arbeitgeberseitigen Zuwendungen
zur Entgeltumwandlung.
Zuschuss-Systeme
Folgende zwei Varianten können modellartig anhand der qualitativen Abgrenzung als Zuschuss-Systeme
identifiziert werden:
-
Bosch GmbH – Voraussetzungen: keine
Als beitragsrelevante Bezüge (pensionsfähiges Einkommen i.w.S.) für das AG-finanzierte bAVSystem gelten neben dem Bruttoarbeitsentgelt u.a. auch die Beiträge zugunsten der ungeförderten Entgeltumwandlung und zur pauschalbesteuerten Direktversicherung. Es erfolgt also eine
Hinzurechnung der Beiträge der Entgeltumwandlung bei der Ermittlung des pensionsfähiges Einkommens, das wiederum die Bemessungsgrundlage für die Bestimmung der Höhe des Beitrages
zur AG-finanzierten bAV darstellt. In beiden Fällen wirken sich die erbrachten AN-Leistungen leistungserhöhend auf die AG-finanzierte bAV aus. (Die Arbeitgeberbeiträge für beitragsrelevante
Bezüge unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze (GRV) betragen 1,5 % und für die Teile über
der Beitragsbemessungsgrenze 9 %.) Es wird somit eine Zuwendung auf die Beiträge zur ungeförderten Entgeltumwandlung und zur pauschalbesteuerten Direktversicherung durch den Arbeitgeber geleistet, jedoch fließt der Zuwendungsbetrag nicht in das AN-finanzierte sondern in das
parallel bestehende AG-finanzierte bAV-System. (Vgl. Tabelle 14)
40
In fünf Unternehmen sind die AG-Leistungen auf der Basis von Betriebsvereinbarungen vertraglich geregelt, in einem Unternehmen liegt eine einseitige Zusage zur Leistung einer AG-Zuwendung zur Entgeltumwandlung vor.
Es handelt sich hier um 7.160 Beschäftigten, die diese Zuwendung erhalten/abrufen können.
41
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
-
Kennametal Hertel AG – Voraussetzung: Abschluss einer Direktversicherung (§ 40b EStG)
Das Unternehmen Kennametal Hertel AG gehört zu den 7 Unternehmen der Auswertungsgruppe,
die bereits vor 2002 eine Entgeltumwandlung auf Basis einer (Gruppen-) Direktversicherung anbieten. Begünstigte sind sowohl die allgemeine Belegschaft als auch AT-Angestellte. Der Arbeitgeber reduziert die Abgabenbelastung des Arbeitnehmers insoweit, indem er „die Pauschalsteuer
von max. 15 Prozentpunkten des jeweils gültigen gesetzlichen Pauschalsteuersatzes für Direktversicherungsbeiträge sowie den darauf entfallenden anteiligen Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die anteilige Kirchensteuer“ übernimmt (§ 5 (2) Abs. 1 Betriebsvereinbarung Betriebliche Direktversicherung durch Gehaltsumwandlung 1996). Eine direkte, finanzielle Förderung der
Entgeltumwandlung erfolgt nicht in leistungssteigernder Sicht, sondern unter dem Gesichtspunkt
der Abgaben/Aufwandsentlastung des Arbeitnehmers. (Vgl. Tabelle 14)
Beitrags-Systeme
Folgende vier Varianten können modellartig nach der qualitativen Abgrenzung als eigentliche BeitragsSysteme identifiziert werden:
-
Howaldtswerke - Deutsche Werft AG – Voraussetzung: Entgeltumwandlung (Pensionskasse)
Hier liegt ein Optionsmodell vor. Der Arbeitnehmer bestimmt maßgeblich die Höhe der Versorgungsleistung durch die Wahl der zur Verfügung stehenden Beitragsvarianten. Das schließt in
diesem besonderen Fall sowohl die Leistungen aus der Entgeltumwandlung als auch der Arbeitgeber-Zuführungen ein.
Im HDW-bAV-System stehen entweder ein monatlicher Festbetrag (€ 20,00 als Pauschale) oder
1 % des versorgungsfähigen Monatsentgelts (vereinbartes, monatliches Bruttoarbeitsentgelt/bis
zur BBG) zur freien Wahl der Entgeltumwandlung. Der Arbeitgeber leistet hierzu einen eigenständigen Beitrag in der gleichen Höhe der vom Arbeitnehmer gewählten Umwandlungsoption.
Erst durch die (Vor-)Leistung des Arbeitnehmers setzt eine Beitragsleistung des Arbeitgebers
zum bAV-System ein. Eine zeitliche Limitierung der AG-Leistung besteht nur insoweit, so lange
der Arbeitnehmer an dem zuvor beschriebenen System der Entgeltumwandlung teilnimmt.
Seit dem 1. Juli 2002 existiert kein eigenständiges AG-finanziertes bAV-System mehr. Es handelt
sich hier also weniger um einen Zuschuss des Arbeitgebers als vielmehr um einen AG-Beitrag,
deren Voraussetzung an die Inanspruchnahme einer Entgeltumwandlungsoption gebunden ist.
(Vgl. Tabelle 14)
-
Braunschw. Maschinebau-Anstalt AG – Voraussetzung: Entgeltumwandlung (Pensionskasse)
Nach Schließung des Direktzusage-Systems und die Einfrierung anspruchsteigernder zukünftiger
Dienstjahre (seit 2000) leistet die Braunschweigische Maschinebau-Anstalt AG mit Einführung
des Rechtsanspruches auf Entgeltumwandlung (2002) einen pauschalen, jährlichen Beitrag in
Höhe von € 156,-- an die Pensionskasse, sofern der Arbeitnehmern das Entgeltumwandlungsangebot zur Pensionskasse in Anspruch nimmt. Eine zeitliche Limitierung der AG-Beitragsleistung
besteht nicht. (Vgl. Tabelle 14)
-
Corus-Mannstaedt-Werke GmbH – Voraussetzung: Entgeltumwandlung (Unterstützungskasse)
Das zum 31. Mai 2001 gekündigte Direktzusage-System (Betriebsvereinbarung) hat in der Folge
nicht nur die Schließung der Versorgungseinrichtung sondern auch das Einfrieren der bisher erworbenen Anwartschaften (Dienstjahre) für die bereits im System erfassten Beschäftigte nach
sich gezogen. Stattdessen findet seither eine rückgedeckte Unterstützungskasse Anwendung, die
sowohl mit AG-Beiträge dotiert als auch durch Beiträge aus der Brutto-Entgeltumwandlung finanziert wird. Die Bereitstellung des AG-Beitrags erfolgt jedoch nur "solange, wie eine Entgeltumwandlung zum Zwecke der Altersversorgung aufrechterhalten“ wird (Nr. 2 Abs. 4 Betriebsvereinbarung über Zuwendungen zur AN-finanzierte Altersversorgung, 1.06.2001).42
Die Höhe des AG-Zuwendungsbetrages bemisst sich nach einem dreistufigen Monatsentgeltraster, dem in drei Stufen degressiv verlaufende, feste Zuwendungsbeträge43 gegenübergestellt
sind. D.h. mit steigendem monatlichen Entgelt sinkt der Zuwendungsbetrag des Arbeitgebers zur
Unterstützungskasse. (Nr. 2 Betriebsvereinbarung über Zuwendungen zur AN-finanzierte Altersversorgung, 1.06.2001) (Vgl. Tabelle 14)
42
Die Netto-Entgeltumwandlung wird als Beitragszuführung zur Unterstützungskasse ausdrücklich ausgeschlossen und lediglich
den Durchführungswegen Direktversicherung und Pensionsfonds (MetallRente) vorbehalten. Vgl. Mitarbeiterinformation 21/2002
Corus Mannstaedt-Werke.
43
Es handelt sich um folgende DM-Monatszuwendungen: 20,-- (bis 6.525,--) / 17,-- (von 6.525,-- bis 8.700,--) / 13,-- (über 8.700,--).
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
-
SMAG GmbH – Voraussetzung: Entgeltumwandlung (Pensionskasse)
Die SMAG GmbH stellt bei Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung über die Pensionskassen44
den eingesparten Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung in der tatsächlichen Höhe als AGZuwendung zur Verfügung. Es wird ausdrücklich in der Betriebsvereinbarung darauf verwiesen,
dass nur der Durchführungsweg Pensionskasse unternehmensintern durch AG-Zuwendungen
gefördert wird; die parallel angebotene Direktversicherung wird in dieses System nicht einbezogen. Die monatliche Höchstgrenze des AG-Beitrags liegt bei € 204,--; alle darüber hinausgehenden Beträge werden dem Beschäftigten als geldwerten Vorteile ausbezahlt. Die AG-Leistung ist
zeitlich limitiert und endet mit der Sozialversicherungsfreiheit der Brutto-Entgeltumwandlung zum
31.12.2008. Der Arbeitgeber verzichtet ausdrücklich auf die Anwendung der Unverfallbarkeitsfrist
auf seinen Beitrag, so dass bei vorzeitigem Verlassen des Unternehmens keine Rückerstattung
zu erfolgen hat. (Vgl. hierzu: Protokollnotiz zur BV „Entgeltumwandlung“ [08.05.2003],
27.06.2003). Das AG-Zuwendungssystem wird seit dem 1.12.2002 angewendet, nachdem bereits
mit Wirkung zum 31.12.1997 die Schließung des AG-finanzierten Werksrenten-Systems durchgeführt wurde. (Vgl. Tabelle 14)
Die nachfolgende Aufstellung veranschaulicht zusammenfassend die unterschiedlichen System- bzw.
arbeitgeberseitigen Zuwendungs-Konzeptionen. Jeweils 2 Unternehmen gehören den Größenklassen der
mittelgroßen, der Unternehmen mit weniger als 1.000 und den Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten an. (Vgl. Tabelle 14)
Tabelle 14:
Systeme der Arbeitgeber-Zuwendungen
Stand: 31.12.2003
1
AGLeistung
seit
Bosch
3
(Hildesheim )
01.01.2002
Kennametal Hertel
01.01.1997
AG-Beitrag Basis / Beoder
dingung
AGder ZuZuschuss2
wendung
Durchführungsweg(e)
BeitragsPensionsrelevante
fonds,
Zuschuss
Bezüge
Direktver4
(Entgelt) sicherung
DirektProzentualer Steuerliche
versicherZuschuss
Abgaben
ung
Zeitliche
Limitierung
Arbeit- Beteiligungsnehmer
quote
(Entgeltumwandlung)
in %
31.12.2009 5
2.129
15,0
nein
546
15,0
Pauschaler
Beitrag
Bruttoentgeltumwandlung
Pensionskasse
nein
262
17,6
Prozentualer
01.07.2002 od. pauschaler
Beitrag
Bruttoentgeltumwandlung
Pensionskasse
nein
3.000
93,3
Corus
01.06.2001
Mannstaedt-Werke
Degressiv gestaffelte Pauschalbeiträge
Monatl.
Entgelt
Unterstützungskasse
31.12.2008
876
40,0
01.12.2002
Eingesparter
AG-Anteil
(Sozialvers.)
Bruttoentgeltumwandlung
Pensionskasse
31.12.2008
347
30,3
Braunschw. Ma01.01.2002
schinenbauanstalt
Howaldtswerke Deutsche Werft
SMAG
Anmerkungen:
1
Auf der Grundlage des Kenntnisstandes vom 25. Juni 2004: Auswertung des Aktenmaterials, entsprechender Betriebsvereinbarungen sowie Angaben der befragten Betriebsräte sowie telefonisches Nachfassen.
2
Abgrenzung: siehe Text.
3
Weitere Standorte der Bosch-Gruppe konnten wegen noch ausstehender Erhebungsbögen nicht berücksichtigt werden.
4
Für die Bemessungsgrundlage der AG-finanzierten bAV (Arbeitgeberbeiträge) gelten ebenfalls als beitragsrelevante Bezüge die
Beiträge zugunsten der ungeförderten Entgeltumwandlung und zur pauschalbesteuerten Direktversicherung. Diese werden dem
Bruttoarbeitsentgelt hinzugerechnet. Vgl. Unternehmensdarstellung.
5
Hier: Dotierungsrahmen.
Quelle:
Erhebung von bAV-Grunddaten (Betriebsräte-Befragung). Stand: 25. Juni 2004. Eigene Darstellung.
44
Es stehen zwei Pensionskassen zur Auswahl: die MetallRente- und die Hamburg-Mannheimer Pensionskasse.
Seite 37
Modelle betrieblicher Altersversorgung
Lediglich das Unternehmen SMAG GmbH stellt arbeitgeberseitige Leistungen bis maximal der eingesparten Sozialversicherungsbeiträge zur Verfügung. Die übrigen Unternehmen liegen auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Dabei muss die Tatsache berücksichtigt werden, dass in der vorgenommenen Differenzierung nur 2 Unternehmen einen echten Zuschuss leisten, also neben Beiträgen zum originären AGfinanzierten bAV-System einen zusätzlichen Beitrag für die Arbeitnehmerleistung in Form der Entgeltumwandlung leisten. In keinem der vier anderen Unternehmen ist das ursprüngliche traditionelle AG-finanzierten bAV-System noch existent. Stattdessen wurde durch Einstellung oder Abänderung/Ablösung Zustände/Bedingungen geschaffen, die mitunter die Gewährung der AG-Leistung an die Inanspruchnahme
der Entgeltumwandlung zwingend bindet. (Vgl. Tabelle 14)
Das wesentliche und mehrfach angeführte Hindernis der Einführung/Etablierung von AG-Zuwendungen
stellt die bis zum 2008 begrenzte Sozialversicherungsfreiheit dar, so Betriebsräte in Unternehmen, in denen (bisher) keine AG-Zuwendungen durchgesetzt werden konnten. Die fehlende Planbarkeit halte die
Arbeitgeber davon ab, eine Zuwendung zur Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung zu leisten. Die
zeitliche Limitierung begrenze damit nicht nur den Handlungs- und folglich den Gestaltungsspielraum einer betriebs-/unternehmensspezifischen Regelung, sondern nicht zuletzt auch die Versorgungssituation
der Arbeitnehmer. Sofern der Arbeitgeber Planungssicherheit im Hinblick auf langfristige Einsparungen
im Rahmen der Entgeltumwandlung bei den vom Arbeitgeber aufzubringenden Sozialversicherungsbeiträgen hat, ist davon auszugehen, dass die Unternehmen in stärkerem Maße bereit sind, einen zusätzlichen Beitrag zur Entgeltumwandlung zu leisten. Dies würde auch die Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung erheblich befördern.
Der Frage nachgehend, ob durch AG-Zuwendungen höhere Beteiligungsquoten erreicht werden können,
ist diese nach den vorläufigen Ergebnissen tendenziell mit ja zu beantworten. Denn alle hier aufgeführten
Unternehmen weisen eine im Vergleich zur durchschnittlichen Beteiligungsquote höhere Quote auf. Relativiert wird diese Tendenz jedoch dadurch, dass Unternehmen auch ohne AG-Zuwendung Beteiligungsquoten von über 15 % aufweisen.45
IV.3.8 Entgeltumwandlung: Ursachen unterschiedlicher Beteiligungsquoten
Die Erklärung der sehr unterschiedlichen Beteiligungsquoten sind vielschichtig, nicht an bestimmte Größenklassen von Unternehmen oder an verschiedenen Wirtschaftszweigen festzumachen. So das Ergebnis der Auswertung der Betriebsräte-Befragung und der begleitend durchgeführten Interviews mit Betriebsräten.
Mit dem Ziel einer ersten Orientierung und überblickartigen Lagebeschreibung beabsichtigt die nachfolgende Zusammenschau die Zurückhaltung der Arbeitnehmer bei der Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung, ihre Ursachen und Gründe sowie bestehende betriebliche Gegebenheiten und Bedingungen
zusammenfassend darzulegen. Hierzu werden die Beobachtungen, Erfahrungen und Einschätzungen der
befragten Betriebsräte differenziert nach Arbeitnehmer, Betriebsrat und Arbeitgeber präsentiert.
Arbeitnehmer (Auswahl)
Mangelndes Interesse der Arbeitnehmer an der Entgeltumwandlung/betrieblichen Altersversorgung. Wesentlicher Hinderungsgrund für die Einführung/Aufbau und den weiteren Ausbau einer
bAV.
Arbeitnehmer zeigen nur ein schwach ausgeprägtes Interesses bei der Geltendmachung des
Rechtsanspruchs auf Entgeltumwandlung, so in zwei erfassten Unternehmen.
Eine niedrige Beteiligung resultiere aus der ungewissen finanziellen Situation/Zukunft, so der überwiegende Teil der befragten Betriebsräte.
Es bestehe ein oftmals grundlegendes Misstrauen gegenüber Altersvorsorgeprodukten, die der
Arbeitgeber anbietet. Auf Grund fehlender individueller Wahlfreiheiten bestimme er alleine
den/die angebotenen Durchführungsweg/e bzw. Produktbeschaffenheit/en. Verstärkend wirken
sich schwebende Verhandlungsprozesse auf anderen Feldern (Überstundenregelung, etc.) negativ aus, die eine Zurückhaltung gegenüber arbeitgeberseitigen Angeboten verstärken. (Insbesondere anzutreffen in Unternehmen mit wirtschaftlichen Problemen und einem konfliktreichen Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat.)
45
Vgl. hierzu (Auswahl): Kaba Benzing GmbH: 31,3%; Erlau AG: 29,2 %; Traub GmbH & Co. KG: 50,3 %.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
-
-
Ein Misstrauen bestehe auch gegenüber MetallRente, da es sich um ein Gewerkschaftsprodukt
handelt.
Die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens (Restrukturierungsprozesse, Insolvenzverfahren, etc.) bewege Arbeitnehmer eher zum privaten Sparen als eine betriebliche Altersvorsorgung
aufzubauen.
Eine ablehnende Haltung gegenüber dem Entgeltumwandlungsangebot auf Grund einer nicht
vorteilhaften Renditeaussicht.
Die Zurückhaltung hinsichtlich der Entgeltumwandlung werde durch die öffentliche Debatte und
einer nicht vorhandenen, politischen Verlässlichkeit bestärkt; insbesondere durch die Verunsicherung angesichts politischer Reformen, so der Betriebsrat eines metallverarbeitenden Unternehmens mit mehr als 2.000 Beschäftigten.
Betriebsrat (Auswahl)
Die Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats seien im Bereich der bAV grundsätzlich und insbesondere bei der Entgeltumwandlung sehr begrenzt, so unisono der überwiegende Teil der befragten Betriebsratsmitglieder.
Der Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung zur Entgeltumwandlung als Normierung
des/r Durchführungsweg/e im Sinne einer für den Arbeitnehmer verlässlichen Betriebspolitik wird
von mehr als der ½ der befragten Betriebsratmitglieder nicht als Anschubhilfe für eine verstärkte
Wahrnehmung der Entgeltumwandlung betrachtet. Vielmehr liege es grundsätzlich in der Entscheidungsfreiheit des Einzelnen, ob er die Entgeltumwandlung tätigt oder nicht. Es bestehe keinen hinreichenden Grund als Betriebsrat in diesem Feld tätig zu werden.
Eine begleitende Unterstützung bzw. als maßgeblicher Promotor der Entgeltumwandlung sei nur
mit erheblichen Mehraufwand zu realisieren, der die Qualität anderer Handlungsfelder des Betriebsrates reduziere, so einige befragte Mitglieder von Betriebsräten.
Eine gemeinsame Initiative von Betriebsrat mit Personalabteilung zwecks Förderung der Verbreitung der Entgeltumwandlung sei bisher nicht zustande gekommen. Ebenso sei der Wille der Zusammenarbeit nur sehr begrenzt. (Dennoch realisieren Unternehmen, wie sechs befragte Betriebsratmitglieder bestätigten, mit einer konstruktiven Zusammenarbeit Beteiligungsquoten von
über 20 %.)
„Wir als Betriebsrat haben es bisher versäumt, mit Hilfe der Belegschaft eine AN-finanzierte bAV
durch den Arbeitgeber auf die Beine zu stellen.“ Die bAV stelle aber nur ein Handlungsfeld mit
Randcharakter dar, zumal eine Versorgung über eine AG-finanzierte bAV schon bestehe.
Es bestehe ein Vermittlungsproblem zwischen der Notwendigkeit der Eigenvorsorge und der Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung durch den Arbeitnehmer. Versuche der Überwindung
seinen größtenteils gescheitert, obwohl das notwendige Versorgungsbewusstsein bestanden hat
bzw. vorhanden ist.
Arbeitgeber (Auswahl)
Die abwartende, zögerliche Haltung des Arbeitgebers bei der Einführung von Durchführungswegen/Entgeltumwandlung hat die Verbreitung der AN-finanzierten bAV zeitlich verzögert. In der
Folge sei die betriebliche Eigenvorsorge mehr oder minder aus dem Bewusstsein der Arbeitnehmer verdrängt worden durch individuelle und aktuelle betriebsbedingte Fragen/Probleme.
- Das arbeitgeberseitige Überprüfen/Abwägen von Angeboten für unternehmenseinheitliche Durchführungswege führe tendenziell zu einem Bieterwettkampf 46 zwischen bereits im Unternehmen
tätige Finanzdienstleister und weiteren externen, ohne das der Betriebsrat eine Möglichkeiten der
Einflussnahme habe. Auch hier komme es zu einer zeitlich verzögerten Einführung, die im Ergebnis zum Nachteil der Arbeitnehmer führe, da wichtige Beitragsmonate für die AN-finanzierte
bAV ungenutzt blieben.
Arbeitgeber zeigen keinerlei Interesse an der Implementierung von Durchführungswegen der
Entgeltumwandlung, da dieser Prozess langfristig mit einem erheblichen Mehraufwand für das
Unternehmen verbunden sei und darüber hinaus ein finanzielles Risiko für den Arbeitgeber darstelle.
Die Vielfalt der Beobachtungen, Erfahrungen und Einschätzungen lässt keine allgemeingültige Erklärung
für die sehr heterogen vorliegenden Beteiligungsquoten in den untersuchten Unternehmen erkennen. So
weisen zwar Unternehmen mit einem erst im November bzw. Dezember 2002 unterbreiteten Entgeltumwandlungsangebot (20 der 81 Unternehmen) Beteiligungsquoten von in der Regel unter 8 % auf. Ein
nicht kleiner Teil diese Gruppe erzielt dennoch Quoten von deutlich über 10 %. Der umgekehrte Fall
muss nachdenklicher stimmen. Denn Arbeitgeber, die bereits zu Beginn (Januar bis April) des Jahres
46
So im Falle der RUD Kettenfabrik Rieger & Dietz GmbH & Co.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
2002 ein Angebot der Entgeltumwandlung unterbreiten und dennoch die Inanspruchnahme unterhalb der
ermittelten, durchschnittlichen Beteiligungsquote liegt, stellen insgesamt einen Anteil von annähernd 1/3
der 81 bzw. 84 untersuchten Unternehmen.
Innerhalb der Auswertungsgesamtheit ist lediglich ein gegenwärtig offenkundiger Zusammenhang zwischen der Höhe der Beteiligungsquote/Entgeltumwandlung und dem vorliegenden bAV-Zustand des AGfinanzierten Systems hergestellt und im Kapitel IV.3.3 (S. 30) bereits angesprochen. D.h., für die untersuchten AG-finanzierten Systeme mit eingeschränkten/reduzierten Versorgungsleistungsniveau (inkl. des
personalen Geltungsbereiches) kann eine tendenziell niedrigere Beteiligungsquote nachgewiesen werden. Einzelne befragte Betriebsratsmitglieder zu diesem Feststellung führen als Erklärungsansatz oftmals
eine potentiell bestehende Arbeitsplatzunsicherheit in diesen Unternehmen an und leiten daraus folgernd
die Zurückhaltung der Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung ab. Diese Unsicherheit, dass haben
Rückfragen bei dem überwiegenden Teil der befragten Betriebsratsmitglieder ergeben, gehe deshalb mit
einem nicht auf die Altersversorgung gerichteten Sparverhalten einher.
Das Arbeitgeberzuwendungen als Förderung der Inanspruchnahme keine zwingende, aber eine befördernde Grundlage für eine höhere Beteiligungsquote darstellen können, wurde im Kapital Zusätzliche
Arbeitgeber-Zuwendungen (S. 34ff.) aufgezeigt. Auch der positive Zusammenhang einer koordinierten,
aktiven Zusammenarbeit von Betriebsrat und Personalabteilung (Arbeitgeber)47 stellt nur ein Baustein/eine Komponente einer erfolgreichen Promotion der Entgeltumwandlung auf Betriebsebene dar. Zu
Fragen bleibt deshalb, welche Einflussgrößen die Verbreitung bzw. Inanspruchnahme der Entgeltsumwandlung maßgeblich und förderlich beeinflussen (können).
Einige weitere Einschätzungen und Kommentare der Betriebsratmitglieder lauten folgendermaßen: Ein
allgemein verwendbares und erfolgversprechendes Konzept gebe es nicht, so vielfach Betriebsratsmitglieder aller Unternehmensgrößen resümierend. Vielmehr komme es darauf an, durch ständig und inhaltlich neu ausgerichtete Aktionen das Thema Entgeltumwandlung präsent zu halten und die Notwendigkeit
der betrieblichen Eigenvorsorge zu fördern. Wenn es geschafft sei, dass Kollegen untereinander zu Multiplikatoren werden, dann komme Bewegung in die Verbreitung der Entgeltumwandlung.
Einige wenige Betriebsräte weisen nachdrücklich darauf hin, dass es sich um ein zukunftsgerichtetes
Thema handelt und das Interesse dadurch sehr schnell nachlässt. Andersgelagerte Probleme berührten
die Beschäftigten heute und direkter, seien im Kopf daher viel präsenter. Verstärkt werde diese Tendenz
durch eine hohe individuelle Beratungskomplexität. Die Tragweite einer Entscheidung auf heute und hinsichtlich der individuellen Zukunftsgestaltung abzuschätzen, sei kaum realisierbar. Denn „es handelt sich
nicht um einen privaten Sparvertrag der jederzeit mal aufgelöst werden kann, wenn es mal brennt“. Man
dürfe außerdem nicht vergessen, dass umgewandelte Entgeltbestandteile nicht mehr Geld bedeuten,
sondern stattdessen in der aktiven Phase mit einer möglicherweise (grundlegenden) Umstellung der Lebensplanung für einzelne Beschäftigte verbunden sei.
Als maßgebliche Einschätzung zur ursächlichen Zurückhaltung führen darüber hinaus alle befragten Betriebsratsmitglieder die ungewisse finanzielle Situation/Zukunft an, die eng mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens verknüpft ist. Die überwiegende Mehrheit der befragten Betriebsräte geben
eine von ihnen festgestellte Einschätzung wieder: Die „Entgeltumwandlung verkürzt das verfügbare Einkommen und damit gleichzeitig den Aufbau finanzieller Rücklagen für schlechte Zeiten“. Nur wer deutlich
mehr als das Durchschnittseinkommen beziehe, könne darauf verzichten. Außerdem verbreite sich der
Eindruck, dass die Einkommensverwendung nicht mehr frei sondern nun politisch, oftmals auch gewerkschaftlich intendiert und damit fremdbestimmt sei.
Nicht die Isolierung sondern vielmehr das Zusammenspiel mehrerer, unterschiedlicher Einflussgrößen ist
verantwortlich für die grundsätzliche Akzeptanz der eigenfinanzierten bAV und folglich für die Auswertungsgesamtheit festzustellende Heterogenität der Beteiligungsquoten. Auf der Grundlage dieser Annahme kann aus den ersten gewonnenen Ergebnissen zur Frage der unterschiedlichen Beteiligungsquoten ein Mix aus Variablen dafür verantwortlich sein, dass die AN-finanzierte bAV unterschiedlich starke
Verbreitungen/Akzeptanzen erfährt. Im Rahmen der Kurzstudie können für einen ersten Erklärungsansatz/-versuch hierzu vier Variablen identifiziert werden, die in unterschiedlichen Abhängigkeiten zueinander stehen:
1. Konstruktive Zusammenarbeit von Betriebsrat und Arbeitgeber (Personalabteilung) auf Basis einer kooperativ angelegten Handlungsarena, die einer Win-Win-Situation (bis 2008) für die Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber entsprechen kann;
47
Die Zusammenarbeit mit der Personalabteilung ist von den befragten Betriebsräten oftmals nur als befriedigend bewertet worden.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
2. Beratung durch den Produktanbieter: Die Beratung hat die Zielsetzung der individuellen Information (Versorgungssituation [Versorgungslücke], Kenntnisse über Produktbeschaffenheiten und
Wahlfreiheiten) und der Vertrauensgewinnung in den Anbieter und seiner Produkte; nicht zuletzt
auch den Abschluss von Altersvorsorgeverträgen. Hierbei stellt der Betriebsrat ein wichtiges Bindeglied zwischen Arbeitnehmer und der Altersvorsorgeeinrichtung (Beratungseinheit/en) dar;
3. Angebot verschiedener Altersvorsorge-Produkte (Durchführungswege): Ein lediglich auf einen
Durchführungsweg (Produkt) beschränktes Angebot des Arbeitgebers reduziert eine Berücksichtigung individueller Präferenzen/Bedarfe und eine Optimierung der individuellen Versorgungssituation. Die Wahlmöglichkeit zwischen Produkten kann hier gleichermaßen verstanden werden als
ein Element der strategischen Personal- und Vergütungspolitik;
4. finanzieller Anreiz: Gewährung von (zusätzlichen) Arbeitgeber-Zuwendungen als Anschubhilfe,
monatliche oder pauschale Zuwendungen) können sich förderlich auf die Verbreitung der ANfinanzierten bAV auswirken.
Nach den bisher vorliegenden Ergebnissen werden die Variablen maßgeblich beeinflusst von den Betriebsparteien und den im Unternehmen vorherrschenden Strukturen, Bedingungen und Gegebenheiten,
weniger vom Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung in der Metall- und Elektroindustrie. Nur einen geringen
Einfluss übt die IG Metall daher selbst aus. Dies liegt nach bisheriger Einschätzung darin begründet, dass
der Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung nur einen rahmensetzenden Charakter aufweist und den Betriebsakteuren - Arbeitgeber und Betriebsrat - die Ausgestaltung (insb. finanzielle Beteiligung des Arbeitgebers) auf der Betriebsebene zuweist. Schon allein aus dieser Perspektive obliegt dem Betriebsrat eine
außerordentliche Bedeutung im Prozess der Etablierung der AN-finanzierten Betriebsrente, die zugleich
einer einheitlichen branchenweiten Regelung entgegensteht.
Im Kontext der Etablierung der AN-finanzierten bAV stellt der Betriebsrat nach den bisherigen Erkenntnisse somit eine wichtige Brückenfunktion (Bindeglied) zum Arbeitgeber bzw. der Personalabteilung einerseits, andererseits aber auch zum Anbieter der Versorgungsleistung dar. Hinsichtlich einer stärkeren
Verbreiterung der Entgeltumwandlung gilt es sein Informations- und Steuerungspotential zu optimieren.
Diese Aussagen liegt einer ersten Annahme zu Grunde, dass im Bereich der AN-finanzierten bAV unterschiedliche Wirkungsbereiche einzelner Akteure vorliegen, die wiederum gemeinsame Schnittmengen
aufweisen. Diese bilden eine hierarchische Anordnung von Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten. D.h.
in die Praxis übertragen: Eine stärkere Akzentuierung des Themas Entgeltumwandlung auf der Branchenebene kann als förderlich angesehen werden hinsichtlich der Absicht, eine flächendeckenden Verbreiterung dieser zu erreichen. Vielfältige Handlungsmöglichkeiten bestehen auf beiden Seiten (Gewerkschaft und Arbeitgeber-Verband). So ist etwa durch eine stärkere gewerkschaftliche Thematisierung der
bAV ein daraus resultierendes, und stärkeres Verhandlungspotential48 der Betriebsräte nicht auszuschließen. Ob dagegen die Zurückhaltung auf die Neuartigkeit des Themas und der rechtlichen Gegebenheiten zurückzuführen ist, oder schlichtweg mangelndes Interesse bei den Akteuren vorliegt, können
die bisherigen Beobachtungen und Erkenntnisse nicht eindeutig wiedergeben. Deshalb erscheint es um
so wichtiger, der gegenwärtig noch im Aufbau-Stadium befindlichen Entgeltumwandlung - Phase der Implementierung und der Akzeptanzsuche bei den Arbeitnehmern und Arbeitgebern - neue und förderliche
Impulse von allen Seiten beizugeben.
So wie auf der Branchenebene eine Vorstrukturierung der betrieblichen Arena erfolgen kann, so bereitet
der Betriebsrat wiederum eine wichtige Vorstrukturierung für die Beratung durch den Anbieter vor, in dem
er entsprechende Gegebenheiten und Bedingungen im Unternehmen hierzu transformiert. Im Mittelpunkt
stehen folglich die Arbeitnehmer, ihre Belange und Bedarfe. Grundsätzlich darf in diesem Prozess nicht
aus den Augen verloren werden, dass die (Einzel-)Beratung die alles entscheidende Variable der Verbreitung der Entgeltumwandlung darstellt. Denn nur die Beratung wird die betriebliche Eigenvorsorge (Entgeltumwandlung) als notwendiges Altersvorsorgeelement im individuellen Sicherungsmix durch das Aufzeigen der individuellen Versorgungslücke platzieren können. Dabei darf nicht vergessen werden, dass
weder dem Betriebsrat noch der Personalabteilung die originäre Aufgabe zukommt, eine Vorsorgeberatung zu leisten. Ihre Aufgabe hat in der Begleitung des Informations- und Beratungsprozesses zu liegen,
also in der unternehmensindividuellen Planung.
Die während des dreimonatigen Kurzprojekts nur begrenzte Möglichkeit der Hinterfragung maßgeblich
bestimmender Einflussgrößen der Beteiligung an der Entgeltumwandlung (Inanspruchnahme) gilt es im
Nachfolgenden auszubauen. Basierend auf einer systematischen Darstellung ist ebenso eine Aufarbei48
Die Verantwortung hinsichtlich der Beseitigung der bestehenden und ungleichen Lastenverteilung, die sich insbesondere aus dem
einseitigen Effekt zu Gunsten des Arbeitgebers (Sozialversicherungsfreiheit) ergibt, hat in der Branche der Metall- und Elektroindustrie der Betriebsrat zu tragen.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
tung verschiedener betrieblicher Konzeptionen zur der Förderung der Entgeltumwandlung beabsichtigt.
Die Berücksichtigung der tariflichen und betrieblichen Mitbestimmungsträger und ihr Verhalten werden in
diesem Untersuchungsschritt daher maßgeblich einzuschließen sein.
IV.4
Versorgungswerk MetallRente
Die bAV stellt mit dem Inkrafttreten des Altersvermögensgesetzes (/-ergänzungsgesetzes) nicht nur eine
Herausforderung für Unternehmen und Arbeitnehmer dar. Gleichermaßen obliegt auch den Tarifparteien
eine besondere Aufgabe und Funktion in der Organisation der sozialen Sicherung und damit in der Verantwortung für dieses neugewonnene Handlungsfeld. Dieser Umstand lässt sich aus der arbeitsrechtlichen Normierung von tarifvertraglichen Regelungsgegenständen wie Entgelten (bzw. Entgeltbestandteilen/-ansprüchen) ableiten. Da das deutsche Arbeitsrecht (Tarifrecht) die Besonderheit des Tarifvorrangs
(§ 17 BetrVG) beinhaltet, soweit umzuwandelnde Entgeltansprüche auf der Grundlage eines Tarifvertrags
beruhen und somit tarifdispositiv (§ 17 III BetrAVG) sind, mussten sich auch die Tarifvertragsparteien mit
der AN-finanzierten bAV auseinandersetzen.
Insbesondere hinsichtlich der Zielgruppe KMU wurden in einigen Branchen eigenständige Versorgungseinrichtungen geschaffen, über welche die Entgeltumwandlung durchgeführt werden kann, jedoch nicht
zwingend durchgeführt werden muss. Die Tarifvertragsparteien der Metall- und Elektroindustrie haben
hierzu als gemeinsames Versorgungswerk die MetallRente GbR im Jahr 2001 gegründet.
Unter den erfassten Unternehmen weist das Versorgungswerk MetallRente eine Produktdurchdringung
von annähernd 88 % auf - bei Berücksichtigung von mindestens einem Altersvorsorge-Produkt. D.h., in
mehr als 4/5 der Unternehmen (71) besteht für Arbeitnehmer die Möglichkeit, zur Durchführung der Entgeltumwandlung die tarifliche Versorgungseinrichtung zu nutzen. Ein positiver Zusammenhang besteht
zwischen der Unternehmensgröße und der Möglichkeit zur Inanspruchnahme des tariflichen Versorgungswerkes. Die Produktdurchdringung selbst gibt jedoch keine Auskunft über die Abschlussquote,
insbesondere dann nicht, wenn ein weiterer Finanzdienstleister Produkte der bAV anbietet.
Trotz einer (scheinbar) marktkontrollierenden Stellung in den untersuchten Unternehmen (s.o.) konkurriert das Versorgungswerk der Metall- und Elektroindustrie in rund jedem sechsten Unternehmen
(16,3 %) mit weiteren Finanzdienstleistern um Marktanteile bzw. Vertragsabschlüsse. Die Konkurrenz
erwächst aus dem Versicherungssektor sowie aus dem Sparkassenwesen. Zu nennen sind insbesondere
die Allianz (Direktversicherung und Allianz-Pensionskasse), die Gerling-, Gothaer-, Nürnberger-, Hamburg-Mannheimer-, Alte Leipziger- und HUC-Coburg-Versicherung sowie die Sparkassen-PensionsManagement GmbH. Die vom VDMA gegründete Versorgungseinrichtung, die speziell für die Wirtschaftszweige des Anlagen- und Maschinenbaus ein betriebliches Vorsorgemanagement anbietet, konnte nicht identifiziert werden.
Der Anbieter-Mix konzentriert sich im Wesentlichen auf den Durchführungsweg Pensionskasse. Ebenso
ist eine Konkurrenzsituation zwischen MetallRente und ihrem Konsortialführer Allianz AG festzustellen,
was konkurrenzverschärfend auf beide wirken muss. Dies gibt Anlass zur Annahme, dass eine Verschiebung der Vorsorge- und Produktberatung zu einer provisionsgesteuerten Handlungsweise nicht auszuschließen ist, die einer individuellen Vorsorgeberatung nicht gerecht wird bzw. werden kann.
Ferner sind betriebliche Zustände/Sachverhalte vorgefunden worden, die einer strategischen Weiterentwicklung der Tarifvertrags-Institution MetallRente innerhalb der Metall- und Elektroindustrie entgegenstehen. So existieren von IG Metall-dominierten Betriebsräten abgeschlossene Betriebsvereinbarungen, die
bspw. im Rahmen der Arbeitnehmer-Beratung im Betrieb (Unternehmen) Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche (u.a. AWD) sowie den örtlichen Allianz-Agenturen einen vertraglich gesicherten Sonderstatus einräumen. Gleichzeitig werden auch Produkte der MetallRente angeboten. Nur mit dem Unterschied, dass den Beratungseinheiten der MetallRente keine besonderen Zugangsmöglichkeiten - im Beispielfall: während der Arbeitszeit - eingeräumt werden.
Damit entstehen nicht nur partiell auftretende Produkt-Anbieter-Wettkämpfe in Unternehmen, wie ein befragter Betriebsrat sichtlich frustriert anmerkte. Des weiteren ist nicht auszuschließen, dass diese Wettkämpfe bei den Beschäftigten auch Unsicherheiten im Hinblick auf Kontinuität der angebotenen Produkte
bzw. Produktpalette hervorrufen können und werden. Die entstandene „Basar-Atmosphäre war nicht gewollt“, so ein sichtlich schockiertes Mitglied des Betriebsrats: „Der Betriebsrat hat den Wettbewerb der
Anbieter unterschätzt.“ Die Inanspruchnahme sollte durch ein vielfältiges Produktangebot ge-/befördert
werden; sie hat aber eine Situation erzeugt, „die aus dem Ruder läuft“. Solche Entwicklungen, wie in 4
Unternehmen vorhanden, wirken langfristig kontraproduktiv auf die Verbreitung der AN-finanzierten bAV.
Ebenso verdeutlichen sie, dass die Weiterentwicklung des gemeinsamen Versorgungswerkes der Metall-
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
und Elektroindustrie kein Selbstläufer ist und die Tarifparteien sich unter Nutzbarmachung der MetallRente den marktlichen Kräften stellen müssen, um deren soziale Rolle gewährleisten zu können. Sie zeigen
gleichzeitig aber auch, dass es sich bei der bAV um keinen von den Tarifparteien autonom regulierbaren
Markt im Sinne der Tarifpolitik handelt.
Welche unternehmensrelevanten Beweggründe für die Vervielfältigung von durchführungsgleichen Produktangeboten vorliegen und welchen daraus resultierenden Nutzen für Arbeitgeber (Betriebsrat) und
Arbeitnehmer bestehen (können?), wird besonders aus der Perspektive der Beschäftigten und hinsichtlich einer langfristig stabilen Angebots-Landschaft von Altersvorsorgeprodukten im Folgenden zu klären
sein. Dabei gilt es auch zu hinterfragen, welche Bedingungen vorliegen bzw. vorliegen müssen, das Betriebsräte Betriebsvereinbarungen eingehen, die zu einer marktlichen Schwächung des eigenen Produktes, der MetallRente, führen.
V. Teil:
Betriebliche Altersversorgung als Handlungsarena des Betriebsrats
Die Mitbestimmung ist das stärkste Recht des Betriebsrats, weil auf der betrieblichen Ebene eine Regelung nur in ausgesuchten Bereichen ohne Übereinkunft mit dem Betriebsrat möglich ist. Gleichgültig ob
es sich um eine AG-finanzierte oder AN-finanzierte bAV handelt: Es finden die grundlegenden Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) sowie die von der ständigen Rechtsprechung bestätigten Informations- und Überwachungs- wie auch eingeschränkten Mitbestimmungsrechte im Bereich der
bAV Anwendung. Die funktionale Zuständigkeit des Betriebsrates (Gesamt-, Konzernbetriebsrat) ergibt
sich dabei schon allein aus dem sachlichen und personalen Geltungsbereich und Wirkungskreis der bAV.
Bei der Gestaltung/Regelung der bAV hat der Betriebsrat demgemäss ein Mitbestimmungsrecht gemäß
dem Paragrafen § 87 Abs. 1 Nr. 8 bzw. 10 BetrVG.
Wie ausgeprägt das deutsche Mitbestimmungsmodell in der bAV verankert ist, können gegenwärtig die
Ergebnisse der Sichtung des Aktenmaterials und der Auswertung der Betriebsräte-Befragung nur näherungsweise zeigen. Wenn für eine erste Annäherung hierbei als Durchdringungsindikator das Existieren
von Betriebsvereinbarungen zur bAV herangezogen wird, so können als Orientierungspunkte diese dienen.
Bei den untersuchten AG-finanzierten bAV-Systemen ist die Ausgestaltung von AG-finanzierten Versorgungsleistungen durch eine Beteiligung des Betriebsrates in Form von Betriebsvereinbarungen überdurchschnittlich geprägt, wogegen im Bereich der Entgeltumwandlung sich nur selten Regelungen auf
Basis von Betriebsvereinbarungen finden lassen. D.h., die AG-finanzierte bAV basiert überwiegend auf
der Grundlage einer Betriebsvereinbarung, je nach Unternehmensgröße auch auf Basis einer für das
Unternehmen vereinheitlichenden Gesamt- bzw. Konzernbetriebsvereinbarung. Für annähernd 4/5 aller
untersuchten Unternehmen existieren Betriebsvereinbarungen, die die AG-finanzierte bAV inhaltlich in
Leistungsvoraussetzungen, Leistungshöhe und sonstiger Regelungsgegenständen bestimmen. Das gilt
insbesondere für Unternehmen mit eingeschränkten/reduzierten Versorgungsleistungen bzw. neugestalteten Leistungsplänen, die der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen. Für 11 Unternehmen können keine Betriebsvereinbarungen nachgewiesen werden.
Viel weniger stark ausgeprägt ist dagegen die Einbindung des Betriebsrates bei der Einführung und Umsetzung der Entgeltumwandlung. In 12 der 84 untersuchten Unternehmen (entspricht 14,5 %) galten bereits vor der Normierung des Rechtsanspruchs auf Entgeltumwandlung (2002) Betriebsvereinbarungen.
Für alle diese Unternehmen bestehen die freiwilligen Vereinbarungen weiterhin fort. (Vgl. Kap. IV.3.2, S.
29) Ausschließlich auf den Anspruch der Entgeltumwandlung seit 2002 gerichtete Vereinbarungen49 bestehen lediglich in knapp ¼ der Unternehmen mit Entgeltumwandlungsangebot (20 von 81 Unternehmen). Dieses Ergebnis erscheint im ersten Augenschein nicht weiter verwunderlich, da der Arbeitgeber
lediglich gegenüber dem Arbeitnehmer eine Bringschuld (Bereitstellung von mindestens einen Durchfüh-
49
Diese haben somit ergänzenden, nicht aber ersetzenden Charakter. Ergänzend deshalb, weil die Entgeltumwandlung auf der
Grundlage des Tarifvertrages zur Entgeltumwandlung der Metall- und Elektroindustrie vom 4. September 2001 nun (ergänzend)
auch auf tarifliche Entgeltbestandteile zum Zwecke der bAV verwendet werden können. Nicht aber ersetzenden, da Entgeltbestandteile wie Einmalbezüge in Form von Sonderzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld), die nicht tarifdispositiv sind, schon bisher
dem Arbeitnehmer zur Entgeltumwandlung zur Verfügung standen.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
rungsweg) zu erfüllen hat und nicht gegenüber dem Betriebsrat. Der Arbeitgeber kann infolgedessen
losgelöst des betrieblichen Gestaltungspotentials durch den Betriebsrat agieren.
Im Fortgang der Untersuchung gilt es den durch eine nichtexistierende Normierungspraxis gekennzeichneten Zustand tiefergehend zu untersuchen. Dieser Zustand ist nicht allein aus der Perspektive einer
Beständigkeit und langfristigen Sicherung der Versorgungsinteressen der Beschäftigten (Vermeidung von
sog. Anbieter-Hopping durch den Arbeitgeber) bedeutsam, sondern insbesondere auch im Hinblick auf
die vertragliche Verankerung von AG-Zuwendungen als Anreiz zur Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung (vgl. Kap. IV.3.7, S. 34).
V.1.1
Konfliktfeld: AG-finanzierte bAV
Die Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrates erfahren grundlegende Einschränkungen in Bezug des
Umfangs AG-finanzierter bAV. In vier Bereichen (BAG-Grundsatzentscheidung, 12. Juni 1975) unterliegen die bAV betreffenden Entscheidungen des Arbeitgebers per se nicht der Mitbestimmung: Der Betriebsrat kann daher u.a. weder die Einführung einer AG-finanzierten bAV noch den Umfang ihrer Ausstattung erzwingen. Nicht das ob oder das ob nicht, sondern das wie ist mitbestimmungspflichtig. Da keine expliziten bAV-Regelungen existieren, finden stattdessen entsprechende Passagen zur betrieblichen
Lohngestaltung und der Verwaltung von Sozialeinrichtungen des Betriebsverfassungsgesetztes (§ 87
Abs. 1 Nr. 8 und 10 BetrVG) Anwendung. Allerdings gilt die grundlegende Einschränkung, dass die Freiwilligkeit der Leistungsgewährung vom Mitbestimmungsrecht außer Acht bleibt, selbst wenn die Versorgungsleistungen auf einer Betriebsvereinbarung beruhen. Dennoch sind partielle Initiativrechte des Betriebsrates auf Änderung mitbestimmungspflichtiger Regelungsgegenstände eingeschlossen: u.a. bei der
Aufstellung von Versorgungsgrundsätzen und ihrer Gestaltung (Direktversicherung, Pensionsfonds), oder
der Organisation von Sozialeinrichtungen (zwingende Mitbestimmung für Unterstützungskasse und Pensionskasse). Sollen Leistungen der bAV gekürzt werden, so ist die Festsetzung des neuen Dotierungsrahmens durch den Arbeitgeber mitbestimmungsfrei, die notwendige Aufstellung eines neuen Leistungsplanes unterliegt jedoch dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Der in deutlich komprimierter Weise dargestellte Handlungsrahmen des Betriebsrates bildet nur einen kleinen Ausschnitt der Komplexität
AG-finanzierter bAV-Systeme ab, insbesondere den nur begrenzten Handlungsspielraum des Betriebsrates hinsichtlich der Mitbestimmung.
Im Wesentlichen agiert der Betriebsrat im Rahmen einer Sicherungs- und Schutzfunktion zur Aufrechterhaltung des Status quo (und zur Bewahrung bereits erdienten Versorgungsansprüche). Die Beteiligung
der Arbeitnehmervertretungen an der Gestaltung der bAV wird daher einerseits als (fortschreitende) Einschränkung der unternehmerischen Autonomie aufgefasst. Andererseits wird durch die Beteiligung der
Arbeitnehmer die unternehmerische Willkür eingedämmt. Der Gefahr schließlich, mit Hilfe von betrieblichen Sozialleistungen instrumentalisiert bzw. befriedet zu werden, versuchen Betriebsräte dadurch zu
begegnen, dass sie auf die feste Verankerung der Versorgungsleistungen in Betriebsvereinbarungen
drängen bzw. von Arbeitgebern gedrängt wurden.
Die Veränderbarkeit von Versorgungsregelungen wird nach der Rechtsprechung davon beeinflusst, auf
welcher Rechtsgrundlage die bisherige Versorgungsregelung beruht. Für die Kündigung einer Betriebsvereinbarung im Bereich der bAV bedarf es laut Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts keine
Rechtfertigung. Das gilt allerdings nur für die Fälle, wenn zugesagte Versorgungsleistungen neuen Mitarbeitern gekürzt oder ganz versagt werden sollen. Eine Nachwirkung tritt nicht ein, und zwar auch dann
nicht, wenn der Arbeitgeber zu geänderten Bedingungen grundsätzlich zur Fortführung der bAV bereit
wäre. Den bereits Beschäftigten hingegen darf der Arbeitgeber einmal zugesagte Betriebsrenten (Versorgungsleistungen) nicht ohne weiteres ersatzlos aufkündigen. Bereits erdiente/erworbene Ansprüche (Besitzstände) sind weitgehend unantastbar. Allenfalls Versorgungsansprüche, die ein Mitarbeiter zukünftig
noch erwerben kann, stehen zur Disposition. Aber auch für deren Kündigung muss der Arbeitgeber durch
vorliegende sachliche, triftige oder gar zwingende Gründe gem. der sog. Drei-Stufen-Theorie des Bundesarbeitsgerichts belegen. Daraus ergibt sich für Betriebsräte eine Chance. Er kann die Argumente des
Arbeitgebers vom Arbeitsgericht überprüfen lassen. Letztlich hängt von dessen Urteil ab, ob für die jetzigen Mitarbeiter alles beim Alten bleibt oder nicht. Diese Hürde, einmal gegebene Zusagen zurückzunehmen, ist allerdings auch ein weiterer Grund, warum die bAV seit Jahren an Bedeutung verliert.
In den letzten Jahrzehnten konnten ein ausgeprägter Strategiewechsel der Arbeitgeber beobachtet werden. Gab es in früheren Jahrzehnten vielfach individuelle (einzelarbeitsvertragliche) Zusagen, so wurden
diese weitgehend durch Betriebsvereinbarungen ersetzt mit der Folge, dass nunmehr diese Zusagen
durch einseitige Kündigung jederzeit durch den Arbeitgeber beendet werden können. Der unterschiedlich
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
starke Vertrauensschutz von betrieblich vereinbarter und einseitig vom Arbeitgeber zugesagter bAV ist in
seiner offen zu Tage tretenden Wirkung - nach Commerzbank und Gerling um so mehr - als problematisch zu beurteilen. Die freie Kündbarkeit von Betriebsvereinbarungen ist nämlich nicht den individualarbeitsrechtlichen Einschränkungen unterworfen wie der Widerruf von Versorgungszusagen des Arbeitgebers an Einzelne. Darin zeigt sich für Betriebsräte und Arbeitnehmer mehr denn je die Ambivalenz des
Rechtsinstituts Betriebsvereinbarung.
Im Kern der Auseinandersetzung steht neben den Veränderungen (Einschränkung, Reduzierung, Kündigung) von Versorgungsleistungen zugleich auch der betriebliche Aushandlungsprozess im Mittelpunkt mit
der Frage nach dem Einfluss des Betriebsrates und folglich seiner Regulierungskompetenz. Die konkrete
Ausgestaltung von bAV-Systemen/-Regelungen der bAV-Ausgestaltung setzt grundlegende und umfassende Kenntnisse über das Themengebiet voraus. Letztlich geht es in vielfacher Sicht um die Wirkungsweise einmal getroffener Entscheidungen, über deren Tragweite Kenntnis bestehen muss.
Die während der Untersuchungszeit geführten Interviews haben ergeben, dass 3 von 5 Gesprächspartner
(Mitglieder des Betriebsrats in Betrieben/Unternehmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten) zu einzelnen
Aspekten der AG-finanzierten bAV nur bedingt gut informiert waren. Einige haben den Zustand wie folgt
umschrieben: „...die Materie wächst uns über den Kopf“. Erklärungsansätze hierfür sind auf der einen
Seite in einer fast durchweg erkennbaren und schlechten Informationspolitik des Arbeitgebers zu sehen,
meistens in Form einer arbeitgeberseitigen Salami-Taktik. Zum anderen durch die bereits angesprochene
Komplexität der bAV insgesamt. Als Antwort auf das bestehende Informations- und Wissensdefizit begründen die Befragten einen zukünftig steigenden Beratungsbedarf von bAV-Experten, um die arbeitnehmerspezifischen bAV-Belange bewältigen zu können.
Die im Betriebsverfassungsgesetz normierte Rechtslage, dass es in bestimmten Problemsituationen erforderlich sein kann, dass der Betriebsrat zur Bewältigung von Problemen einen Sachverständigen50 zur
Unterstützung seiner Arbeit hinzuziehen kann, erscheint nach nunmehr 30 Jahren Betriebsrentengesetz
mehr denn je verfahrensnotwendig. Diesen scheinbar unaufhaltsamen Trend dokumentieren größtenteils
auch die Unternehmensakten der vergangenen 10-15 Jahre durch eine Vielzahl von Gutachten und Stellungnahmen (Sachverständige der IG Metall als auch von bAV-Beratungsunternehmen): Sei es zur Beurteilung von Unterlagen, die vom Arbeitgeber oder von dessen Berater/n vorgelegt wurden, oder zur Prüfung, ob wirtschaftliche Voraussetzungen für eine Reduzierung der Versorgungsleistungen vorliegen oder
nicht. Tendenziell kann festgestellt werden, dass mit zunehmender Unternehmensgröße vermehrt auf
externe bAV-Berater zurückgegriffen wird. So werden in Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten
diese stärker genutzt als von Betriebsräten in Unternehmen mit weniger Beschäftigten, während in Unternehmen mit bis zu 500 Arbeitnehmern keine externen Beratungen durch die Aktenlage der IG Metall
nachgewiesen werden können. Dennoch konstatieren wiederum die beratenen Betriebsräte, dass die
Beratung ein mitunter inhaltliches Vermittlungsproblem kennzeichnen.
Trotz des steigenden Rückgriffs auf externen bAV-Sachverstand lässt sich anhand der bestehenden Aktenlage feststellen, dass in einigen, wenigen Unternehmen der Betriebsrat arbeitgeberseitige (Ab-)Änderungen (Reduzierung von Versorgungsleistungen, etc.) nahezu vorbehaltlos und ungeachtet der bestehenden Rechtssituation sowie ohne Rückkoppelung mit bAV-Sachverständigen der IG Metall akzeptieren
und folglich sanktionieren. Der von Arbeitgebern ausgehende Druck muss schließlich in diesen Fällen
dazu führen, dass Betriebsräte in extrem heterogener Weise Kapazitäten der Problemverarbeitung aufweisen müssen, die nur bedingt sachadäquate Lösungen zu Gunsten der Versorgungsberechtigten bedeuten. Damit stellt sich des weiteren die Frage nach einer den Anforderungen entsprechenden Regulierungskompetenz des Betriebsrats, die dieser auf Grund der immer komplexer werdenden Materie und
möglicherweise besonders in Unternehmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten (s.o.) zu verlieren droht.
Diese Entwicklungen veranschaulichen zugleich, dass nicht nur im Hinblick der Verbreitung der bAV,
sondern ebenfalls im Kontext des deutschen Mitbestimmungsmodells Veränderungen zu erkennen sind.
Diese meist im Stillen verhandelten Veränderungsprozesse sind bisher unterbelichtet und konnten während der Kurzstudie durch ein erstes Beobachten von Bedingungen und Veränderungen nur ansatzweise
erkannt werden. Wesentlich für die Beantwortung der Fragestellung nach dem Stand und Zustand der
bAV in der Metall- und Elektroindustrie sind deshalb das Beschreiben, Nachvollziehen und Dokumentieren der Veränderungen auf der Betriebsebene. Diese gilt es durch das gezielte Erschließen von Betriebswissen mittels Interviews im Fortgang der Untersuchung herauszuarbeiten.
50
§ 80 Abs. 3 BetrVG: Der Betriebsrat kann bei Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber
Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
V.1.2
Komplexität von Versorgungsregelungen: Gebot der Transparenz
Nach Sichtung des Aktenmaterials (ausschließlich Betriebe/Unternehmen der Auswertungsgruppe) ist
festzustellen, dass in der Fortschreibungspraxis AG-finanzierter bAV-Systeme, ihren bAV-Regelungen
sowie von entsprechenden Betriebsvereinbarungen eine Zunahme von inhaltlichen Verständnisfragen
auftreten. Neben einer Verkomplizierung der Regelungsgegenstände lassen sich außerdem vielfach verklausulierte Ausführungen zu einzelnen Leistungsvoraussetzungen wie aber auch Versorgungsleistungen
identifizieren, die die Verständlichkeit der Regelwerke erschweren. Kennzeichnend für diese Vereinbarungen ist somit eine fehlende Transparenz. Als Beispiel wird im Folgenden der Hinterbliebenenschutz
des Unternehmens „Y“51 in Grundzügen und auf der Grundlage der 2002 abgeschlossenen Betriebsvereinbarung vorgestellt. Als Vergleich dient die ersetzte Betriebsvereinbarung von 1992.
In der Vereinbarung von 1992 lautete die „Voraussetzung für den Anspruch auf Witwen- bzw. Witwerrente, dass bereits am letzten 1. Dezember vor dem Tode die Wartezeit erfüllt“ sein muss „und der Versorgungsanwärter oder der Ruhegeldempfänger einen Ehegatten hinterlässt...“ (§ 7 Abs. 1 BV 1992). Die
Höhe bzw. Bemessungsgrundlage des Hinterbliebenengeldes (§ 9 BV 1992) bemisst sich dabei
a) „nach dem Tode des Versorgungsanwärters an der erreichbaren Altersrente“,
b) „nach dem Tode des Ruhegeldempfängers an dem Ruhegeld, auf das er bei seinem Tod Anspruch gehabt hatte,...“,
c) die Höhe der Leistung beträgt 50 % der Bemessungsgrundlage (Witwen/Witwer).
In der Neufassung von 2002 definiert der Passus „Spezielle Leistungsvoraussetzung“ (§ 6.3 Satz 1 BV
2002) die Versorgungsregelung für Witwen- bzw. Witwer nun wie folgt: „Voraussetzung für die Zahlung
von Witwen- bzw. Witwerkapital ist, dass der Begünstigte während [Hervorhebung durch den Autor] des
Arbeitsverhältnisses verstirbt und einen Ehegatten hinterlässt.“ Die Höhe bzw. Bemessungsgrundlage für
die Witwen-/Witwerleistung „ist nach dem Tode des Begünstigten die Versorgungsleistung, die ihm gezahlt worden wäre, wenn sein Arbeitsverhältnis unmittelbar vor seinem Tode wegen voller Erwerbsminderung geendet hätte“ (§ 8.3 Satz 1 BV 2002). Das hier definierte Ausschlusskriterium „während des Arbeitsverhältnisses“ lässt erkennen, dass eine Witwen- bzw. Witwerleistung nach dem Tode des Ruhegeldempfängers nicht beabsichtigt ist. Dem Grundsatz nach liegt folglich eine qualitative Verschlechterung des vorher bestehenden Hinterbliebenenschutzes vor, da der Versorgungsfall nur bei Tod während
des Arbeitsverhältnisses eintritt. Die Leistungshöhe selbst stellt auf eine ungekürzte, fiktive Invaliditätsleistung (Transformationstabelle: altersabhängiger Zugangsfaktor) ab, die sich aus den Versorgungsansprüchen bei Eintritt des Versorgungsfalles der Invalidität ergibt.
Der aus der Formulierung zu entnehmende Leistungsausschluss für Versorgungsfälle nach Beendigung
des Arbeitsverhältnisses bzw. während des Rentenbezugs wird in der Neufassung nun unter dem Paragrafen Zahlungsmodalitäten behandelt: Dem hinterbliebenen Ehegatten werden die noch nicht ausgezahlten Versorgungsleisten bei Tod des Ruhegeldempfängers in Raten (als Kapitalleistung) ausgezahlt (§
11.3 Abs. 1 BV 2002).
Bei der Neufassung haben sich die vertragschließenden Betriebsparteien darauf verständigt, die Differenzierung der Hinterbliebenenleistung und ihrer Leistungshöhe aufrecht zu erhalten. Die ehemals kompakte Vertragsregelung der Witwen-/Witwerregelung ist aufgehoben: Die neu geschaffenen Zuordnung
des beschriebenen Versorgungsfalles wird nun in zwei voneinander unabhängigen Paragrafen verankert:
der Speziellen Leistungsvoraussetzung und der Zahlungsmodalitäten. Des weiteren wird die Verwendung
des Begriffs Witwen-/Witwerleistung ausschließlich für eine Versorgungsleistung während des Arbeitsverhältnisses reduziert wird.
Nicht ohne sorgfältige Prüfung weiterer bAV-Vertragstexte kann das vorgestellte Beispiel als allgemeingültiger Maßstab herangezogen werden. Dennoch sind, wie eingangs angedeutet, Betriebsvereinbarungen ähnlichen Musters auffindbar, die sich in ihrer Fortschreibungspraxis nicht nur durch eine Zunahme
an Komplexität (Berechnungsmodi, etc.) auszeichnen, sondern auch negativ in Bezug auf die Verständlichkeit einzelner Regelungsgegenstände auffallen.
Dass für den Großteil der Arbeitnehmer die Leistungen der Gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu
einer ausreichenden Absicherung des Lebensstandards im Alter führt, ist nach den Reformmaßnahmen
der Alterssicherung in den Jahren 2001 und 2004 langfristig festgeschrieben. Um jedoch die eigene, zusätzliche Vorsorgenotwendigkeit realistisch einschätzen zu können, ist der Arbeitnehmer auf Informationen über die zu erwartende Versorgungsleistung u.a. bei der AG-finanzierten bAV und insbesondere bei
Eintritt eines Versorgungsfalles angewiesen. Diese Informationen sind so auszugestalten, dass sie von
den Beschäftigten mit geringem Aufwand leicht verstanden und richtig beurteilt werden können. Für die
51
Der Name des Unternehmens ist geändert.
Seite 46
Modelle betrieblicher Altersversorgung
bAV bedeutet das, dass ein betriebliches Versorgungssystem nachvollziehbar auszugestalten ist. Für die
individuelle Gestaltung des Vorsorgebedarfs können solche un- oder missverständlichen Versorgungsregelungen (auf der Seite der Versorgungsanwärter) leicht zu Unsicherheiten führen. Nicht auszuschließen
ist, dass durch die ohnehin bestehende Komplexität und in Kombination mit Informationsmängeln und
Verständnisproblemen diese sich negativ korrelierend mit einer verhaltenen Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung in Verbindung bringen lassen.
Der Betriebsrat ist in seiner Funktion für die betrieblichen Belange zuständig. Im Zuge einer steigenden
Bedeutung der bAV, zum einem durch die Entgeltumwandlung, zum anderen durch den steigenden Veränderungsdruck auf die AG-finanzierten bAV-Systeme, wird eine Intensivierung sowie der Ausbau von
Kenntnissen zur bAV unumgänglich sein/werden. Schon heute lässt sich diese Einschätzung durch die
Komplexität sowohl in durchführungstechnisch-betrieblicher als auch steuerlicher Sicht begründen. Eine
durch Betriebsratsmitglieder mitverantwortete Zunahme von unklar formulierten Regelungsinhalten in
Betriebsvereinbarungen leistet in diesem Zusammenhang einer erhöhten individuellen Beratungsnotwendigkeit des Arbeitnehmers Vorschub. Es wird grundlegend zu fragen sein, ob der Betriebsrat zukünftig
eine stärkere Verantwortung im Rahmen seiner Schutzfunktion auch gegenüber transparenten bAVRegelungen einzunehmen hat.
Aus der Perspektive des Arbeitnehmers erfordert somit die Ausübung betrieblicher Mitbestimmung nicht
nur eine möglichst umfassende Information über Veränderungsprozesse und der Transparenz getroffener
Entscheidungen durch den Betriebsrat, sondern ebenso eine effektive und folglich nachvollziehbare Ergebnisaufbereitung. Im Bereich der bAV kann dies nur durch ein nachvollziehbares bAV-System gewährleistet werden, dessen Komplexität nicht zusätzlich durch betriebliche Prozesse/Entscheidungen/Vereinbarungen belastet wird. Ein nachvollziehbares AG-finanziertes Versorgungssystem kann sich auch auf
die Motivation einer notwendigen Eigenvorsorge positiv auswirken und somit einer positiven Rückkoppelung (gewerkschaftlichen Interessen) entsprechen.
Gleichgültig ob diese Transparenz von bAV-Regelungen durch den Betriebsrat selbst, durch bAVExperten der Gewerkschaft oder durch externe Sachverständige herbeigeführt wird: Dem Gebot der
Transparenz entsprechend gilt es einen Zustand der (Rechts-)Sicherheit in Betriebsvereinbarungen für
den Arbeitnehmer zu schaffen und aufrecht zu halten durch eindeutige, klare und nachvollziehbar normierte bAV-Regelungen.52
Denn nicht um sonst weisen Beratungs-Insider zwischen den Zeilen gerne darauf hin, dass es sich bei
der bAV bei AG-finanzierten wie auch AN-finanzierten Systemen - um eine Art Geheimwissen handele,
deren Nachvollziehbarkeit für Outsider verschlossen zu bleiben habe.
Das BetrAVG ist durchzogen vom gesetzgeberischen Willen, dass die Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer sowohl in der Anwartschaftsphase als auch bei Eintritt in den Ruhestand und für die Dauer des
gesamten Ruhestandes sicherzustellen sind.53 Sollten sich mangelnde Transparenz und abnehmende
Rechtssicherheit als eine grundlegende Entwicklungstendenz bei der Fortschreibungspraxis von Betriebsvereinbarungen manifestieren, so gilt es zu fragen, ob die im BetrAVG verankerten Mindestnormen
durch neue gesetzlichen Rahmenbedingungen flankiert werden müssen bzw. ob die gegebenen, gesetzlichen Rahmenbedingungen ausreichen, um negative Veränderungen im geschilderten Sinne zu verhindern.
Die an dieser Stelle nur angeschnittene Problematik der Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit von
bAV-Regelungen wird im Folgeprojekt verstärkt zu beobachten, untersuchen und zu analysieren sein.
52
In der Überarbeitungsphase der Betriebsvereinbarung wurden nach dem gegenwärtigem Kenntnisstand keine bAVSachverständigen der IG Metall herangezogen/beteiligt.
Beispielhaft kann hier der Insolvenzschutz mittels des PSVaG (§ 7 BetrAVG) angeführt werden.
53
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
VI. Teil:
bAV am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie
Das Ziel der vorliegenden Kurzstudie ist, im Rahmen eines ersten Aufschlags den Stand und Zustand der
betrieblichen Altersvorsorgung in der Metall- und Elektroindustrie überblickartig aufzuzeigen.
Die Ergebnisse der Kurzstudie repräsentieren bisher nur einen sehr kleinen Ausschnitt der Metall- und
Elektroindustrie und lassen somit die Übertragbarkeit der in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellten
Ergebnisse weder auf die Erhebungsgesamtheit noch auf die Metall- und Elektroindustrie insgesamt zu.
Vielmehr handelt es sich um einen Werkstattbericht. In der Gesamtbetrachtung bildet der Werkstattbericht eine erste, inhaltliche Orientierung für das beantragte Forschungsvorhaben mit dem Titel Metall- und
Elektroindustrie: Zustand und Entwicklung der betrieblichen Altersversorgung. Die vorliegenden Ergebnisse können, dürfen und sollen deshalb nicht als abschließend betrachtet werden.
Für eine überblickartige Beurteilung ist es jedoch zweckmäßig, die verschiedenen Einzelergebnisse und
Erkenntnisse verdichtet und vor dem Hintergrund der aktuellen Rahmenbedingungen der bAV darzustellen. Diesen Ausgangspunkt bildet die abschließende Zusammenführung der Teile II bis V des Abschlußberichtes, wohlwissend, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur ein begrenzter Einblick in die bAVSysteme einzelner Unternehmen vorliegt.
Als Ausgangspunkt der Untersuchung diente die Sichtung und Analyse unternehmensbezogener bAVBeratungsakten der IG Metall. Eine flankierende Befragung von Betriebsratmitgliedern zum Thema bAV
diente der Zielsetzung, aktuelle Basisdaten zu AG-finanzierten und AN-finanzierten bAV-Systemen in den
zu untersuchenden Unternehmen zu erfassen/ermitteln. Nach Sichtung der bis zum 25. Juni 2004 vorliegenden bAV-Erhebungsbögen sind 84 Unternehmen (11,5 % der Befragungsgesamtheit) mit annähernd
72.600 Arbeitnehmern in West-Deutschland in den Bericht einbezogen. Zu diesem Zeitpunkt bestand nur
für diese Unternehmen eine ausreichende Informationsbasis sowie entsprechendes Vertrags- und Aktenmaterial zu den bAV-Systemen (AG- und AN-finanziert) zur Auswertung zur Verfügung.
Die untersuchten Unternehmen repräsentieren überwiegend die Wirtschaftszweige des Maschinenbaus,
der Metall-, Automobil- und Zuliefererindustrie, sowie stark unterrepräsentiert die Wirtschaftszweige der
Elektroindustrie, Datenverarbeitungs- und Mess- und Regelungstechnik. Eine branchenbezogene Analyse wurde auf Grund der geringen Unternehmenszahl vorläufig zurückgestellt.
Die KMU besitzen einen Anteil von etwas mehr als ¼, der Anteil der mittelgroßen Unternehmen liegt ebenfalls bei ¼ aller Unternehmen. Beide Gruppen repräsentieren jedoch zusammengenommen nur rund
15 % der in der Untersuchung erfassten Beschäftigten. Rund 52 % der Unternehmen fallen unter den
Schwellenwert mit weniger als 500 Arbeitnehmern, 66 Unternehmen (annähernd 79 %) unter eine Belegschaftsgröße mit max. 1.000 Arbeitnehmern.
Die Untersuchung hat ergeben, dass in allen untersuchten Unternehmen der westdeutschen Metall- und
Elektroindustrie eine hohe Verbreitung der bAV existiert. Es konnte festgestellt werden, dass die überwiegende Zahl der ausgewerteten Unternehmen nebeneinander eine AG-finanzierte und eine ANfinanzierte bAV aufweisen. In zeitlicher Perspektive ist der flächendeckende, parallel verlaufende Verbreitungsgrad insbesondere auf den seit Januar 2002 normierten Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung
zurückzuführen.
Während dem Arbeitnehmer die Inanspruchnahme (Beteiligung) an der eigenfinanzierten bAV freigestellt
ist, so stellt die AG-finanzierte bAV für Beschäftigte eine betriebliche Altersversorgung ohne Wahlmöglichkeit dar. In keinem der erfassten Unternehmen werden Beschäftigte verpflichtet, eigene Beiträge an
Versorgungseinrichtungen zu leisten oder Einmal-/Sonderzahlungen des Unternehmens zum Aufbau
einer eigenfinanzierten bAV zu verwenden. Ebenso lässt sich feststellen, das in nahezu 90 % der ausgewerteten Unternehmen eine AN-finanziertes bAV-System vorliegt, das auf einem eigenständigen und
unabhängigen bAV-System beruht. Es bestehen jedoch auch weiterhin bAV-Systeme, die neben einer
AG-finanzierten bAV auch AN-finanzierte Beitragsleistungen innerhalb eines einheitlichen bAV-Systems
ermöglichen. Diese wenigen Ausführungen machen mehr denn je deutlich, dass eine differenzierte Betrachtung der Ergebnisse notwendig erscheint.
Arbeitgeber-finanzierte betriebliche Altersversorgung
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
Die AG-finanzierte Form der bAV besitzt eine nahezu flächendeckende Verbreitung. Obwohl die Verbreitung nach Beschäftigten in der Kurzstudie nicht ausgewiesen werden kann, sprechen die auf Unternehmensebene vorliegenden Daten unzweifelhaft für eine zahlenmäßige Dominanz der Arbeitgeberleistung
(im Vergleich zur Eigenvorsorge durch die Entgeltumwandlung). Dies gilt zugleich auch für alle ausgewiesenen Unternehmensgrößenklassen. Diese Tatsache wird jedoch durch die unterschiedliche Qualität
der Versorgungsniveaus bzw. durch den personalen Geltungsbereich AG-finanzierter bAV-Systeme mitunter erheblich relativiert.
Die Qualität der traditionellen (AG-finanzierten) bAV hat sich im Zeitverlauf deutlich verändert. Die im
Rahmen der Kurzstudie erhobenen Daten deuten unschwer auf die Erkenntnis hin, dass sich bei unternehmensbezogener Betrachtung die AG-finanzierte bAV in einem Zustand abnehmender Deckung befindet. Für die Auswertungsgruppe ist anhand definierter bAV-Zustände (vgl. S. 28) nachzuweisen, dass
zum 31.12.2003 bereits weniger als 50 % der untersuchten Unternehmen über einen bAV-Zustand des
Status quo (seit Einführung und bezogen auf Leistungsniveau und personaler Geltung) aufweisen, rund
39 % Unternehmen durch Schießung der Versorgungseinrichtung auffallen und 13 % der Arbeitgeber
(Unternehmen) auf Grund einer ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung (Situation) Leistungseinschränkungen/-reduzierungen sowohl in bereits erdiente/nicht erdienten Anwartschaften und zusätzlich eine
Schließung des Versorgungssystems durchgeführt haben. Zum Jahresende 2003 können nach den vorliegenden Ergebnissen (nur noch) 40 der 84 untersuchten Unternehmen identifiziert werden, deren bAVSysteme hinsichtlich des Leistungsniveaus (insb. der Einflussgrößen der Leistungsberechnung) und des
personalen Geltungsbereichs keinen Einschränkungen unterliegen.
Eine arbeitnehmerbezogene Betrachtung innerhalb der differenzierten Zustände in bAV-erfasste und
nicht-erfasste Beschäftigte ist zum gegenwärtigen Stand nicht möglich. Hinsichtlich der personalen Geltung können deshalb nur näherungsweise Angaben gemacht werden. So gehören zwar 60 % aller erfassten Arbeitnehmer einem AG-finanzierten bAV-System an, das keine signifikanten Änderungen des Leistungsniveaus und der personalen Geltung aufweisen, also für die gesamte Belegschaft gilt. Rund 28 %
der in die Untersuchung einbezogenen Arbeitnehmer sehen sich dagegen einem bAV-System gegenüber, das diese selektiv und mittels eines festgesetzten Eintrittsdatums (Ausschlusskriterium) erfasst. Die
verbleibenden 12 % der Beschäftigten sind in Unternehmen mit wirtschaftlichen Problemen (erheblichen
Verluste, Insolvenzanmeldung, -verfahren, etc.) beschäftigt, infolgedessen die bAV-Leistungen/Niveaus
unterschiedlich stark eingeschränkt/reduziert und das System generell für Neuzugänge geschlossen wurde. In der Gesamtbetrachtung ist somit fast jeder 9. Arbeitnehmer in einem Unternehmen beschäftigt, das
auf Grund der wirtschaftlichen Situation das bestehende bAV-System nicht weiter Aufrecht erhält/erhalten
kann, und mehr als jeder 3. Arbeitnehmer ist mit einem AG-finanzierten bAV-System konfrontiert, das
gegenüber Neuzugängen durch Ausschlusskriterien gekennzeichnet ist und folglich die Teilhabe an der
Versorgungseinrichtung restriktiv handhabt. Nachgewiesenermaßen verliert damit die Verbreitung der
traditionellen (AG-finanzierten) bAV in der Privatwirtschaft deutlich an Bedeutung. Zu einem ähnlichen
Ergebnis kommt bspw. die Studie des Forschungsinstituts Infratest (2003) zur Situation der bAV in der
Privatwirtschaft.54
Eine nach Unternehmensgrößen bzw. Beschäftigtenzahlen strukturierte Verteilung ergibt ein heterogenes
Zustandsbild, aus dem nach den gegenwärtig vorliegenden Ergebnissen keine eindeutigen Entwicklungstendenzen abzulesen sind. Hinsichtlich der Schließung von Versorgungseinrichtungen zeigt sich aber
eine fast durchgängige Anwendungspraxis, die nicht an spezifischen Unternehmensgrößen festzumachen ist. Innerhalb der ausgewerteten Unternehmen konzentriert sich der Schließungs-Schwerpunkt insbesondere auf die in der Gesamtverteilung überrepräsentierten mittelständischen und mittelgroßen Unternehmen sowie auf Unternehmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten. Die zu verzeichnende Schließungspraxis lässt sich damit als ein flächendeckendes Merkmal AG-finanzierter bAV identifizieren. Ursächlich hierfür werden in den meisten Fällen die schlechte wirtschaftliche Entwicklungen des Unternehmens angeführt. Rund ¾ der zu dieser Problematik befragten Betriebsratsmitglieder führen zwei zentrale
Hauptgründe an: Die negative wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens und mit etwas Abstand
gefolgt die stets von Arbeitgebern angeführten, steigenden Versorgungslasten, die mit Hilfe der Schließung langfristig begrenzt (stabilisiert) werden sollen.
54
So ist der Anteil der Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft mit Anspruch auf eine bAV seit Ende Dezember 2001 von 38 % auf 43 %
gestiegen. Der Anteil der Unternehmen, die die bAV ihrer Beschäftigten allein finanzieren, ist im gleichen Zeitraum von 54 % auf
47 % gesunken. Noch drastischer ist die Entwicklung in Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Statt 64 % wie noch im
Dezember 2001 finanzieren nur noch 49 % dieser Unternehmen die bAV ihrer Arbeitnehmern allein. Infratest Sozialforschung
(2003): Situation und Entwicklung der betrieblichen Altersversorgung in der Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst, 2001-2003.
München, S.18, 80ff.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
Wie brisant die hier dokumentierte Situation sich darstellt, zeigt eine andere Perspektive: die zeitliche
Abfolge der Schließungen. Die Untersuchung hat in diesem Punkt zu folgenden Ergebnissen geführt: Die
Geschwindigkeit der Schließungs-Häufigkeit hat im Zeitablauf stark zugenommen. Innerhalb der Auswertungsgesamtheit liegt die Zahl der Schließungen für das aktuelle Jahrzehnt (2001 bis Ende 2003) auf
einem bereits überdurchschnittlich hohen Trendpfad (im Vergleich den zu zurückliegenden Dekaden). So
ist seit 2001 die ermittelte Anzahl der Schließungen für die 70er Jahre bereits überschritten, die der 80er
Jahre fast erreicht, und liegt zum Jahresende 2003 bereits auf dem hälftigen Niveau der 90er Jahre. Es
ergeben sich prozentuale Steigerungen zwischen 1980 und 2000 von 60 % und mehr pro Vergleichsjahrzehnt. Die vorgefundene negative Dynamik für die ausgewerteten Unternehmen lässt gegenwärtig keine
gesicherten Aussagen auf die Erhebungsgesamtheit und noch weniger auf die Metall- und Elektroindustrie insgesamt zu. Ob trotz der vorliegenden Übergewichtung einzelner Unternehmensgrößenklassen ein
realistisches Abbild des realen Zustandes vorliegt, wird die Auswertung der noch ausstehenden Erhebungsbögen und Aktensichtungen zu bestätigen haben.
Wie deutlich das deutsche Mitbestimmungsmodell im Bereich der bAV und insbesondere bei der Schließung der Versorgungseinrichtung durch den Arbeitgeber an seine Grenzen stößt, konnte in der Kurzstudie noch nicht hinreichend hinterfragt und somit geklärt werden. Im Gegensatz zur Entgeltumwandlung (in
20 von 81 Unternehmen lässt sich jedoch eine ausgeprägte Einbindung des Betriebsrates bei der Umsetzung der AG-finanzierten bAV feststellen. Für eine erste Annäherung diente als Durchdringungsindikator
des Mitbestimmungsmodells das Existieren von Betriebsvereinbarungen zur bAV. Dabei konnte belegt
werden, dass annähernd 4/5 aller Unternehmen bAV-Regelungen AG-finanzierter Versorgungssysteme
durch Betriebsvereinbarung normieren. Im Bereich der AG-finanzierten bAV ist die Beteiligung des Betriebsrates an der inhaltlichen Ausgestaltung bestehender Versorgungsleistungen damit überdurchschnittlich ausgeprägt. Dennoch erfahren die Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrates grundlegende Einschränkungen. Denn, nicht das ob oder das ob nicht einer AG-finanzierten bAV, sondern das wie ist mitbestimmungspflichtig. Daraus ergeben sich grundlegende Handlungsein- und -beschränkungen in der
Mitbestimmung.
Im Wesentlichen agiert der Betriebsrat im Rahmen seiner Sicherungs- und Schutzfunktion. Dies ist zum
einen durch einen vermehrten Einsatz von Betriebsvereinbarungen realisiert worden, der zum anderen
durch den heute ausgeprägten und offen zu Tage tretenden Strategiewechsel der Arbeitgeber konterkariert wird. Gab es früher zumeist individuelle Zusagen auf eine AG-finanzierte bAV, so wurden diese weitgehend durch Betriebsvereinbarungen ersetzt mit der Folge, dass diese Zusagen durch eine einseitige
Kündigung des Arbeitgebers nun jederzeit beendet werden können. Wie stark in den vergangenen Jahrzehnten und mit welcher zunehmenden Geschwindigkeit davon Gebrauch gemacht wurde, hat die zeitlich
differenzierte Betrachtung der Schließung von Versorgungseinrichtungen gezeigt. Die Ambivalenz der
Betriebsvereinbarung enthält in heutiger und zukünftiger Sicht ungeahnte Probleme, die nur durch entsprechende Problemverarbeitungskapazitäten bewältigt werden können. Nach der Akteneinsicht zufolge
müssen dabei die qualitativen (Eingriffs-)Chancen als sehr unterschiedlich beurteilt werden. Nicht ohne
Grund ist in diesem Zusammenhang die Frage nach der Regulierungskompetenz und einer transparenten
Vertragsgestaltung zu stellen, die Betriebsräte durch die immer komplexer werdende bAV vor große Herausforderungen stellt.
Als grundlegenden und zugleich positiven Entwicklungstrend hat sich hingegen die Einbeziehung aller
Beschäftigtengruppen in den Kreis der Versorgungsberechtigten etabliert. Zwar wird weiterhin daran festgehalten, nur unbefristet Beschäftigten eine AG-finanzierte bAV zuzusagen. Dabei ist es in der Regel
aber heute ohne Bedeutung, ob der Beschäftigte tariflich oder außertariflich entlohnt wird. Die Berücksichtigung höherer Einkommen werden regelmäßig durch höhere Beitragssätze für Einkommensteile über
der Beitragsbemessungsgrenze der Gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt, so dass ein höheres Versorgungsniveau für diese Einkommen (Arbeitnehmer) erhalten bleibt. Ebenfalls sind Versorgungseinrichtungen, die zwischen Arbeitern und Angestellten unterscheiden, fast vollständig dazu übergegangen, einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff zu verwenden. Die Praxis lässt daher die Aufgabe einer
mitunter sehr detaillierten Differenzierung einbezogener und nicht einbezogener Personenkreise (Anspruchberechtigte) zu Gunsten eines Arbeitnehmerbegriffs i.w.S. nochmals deutlich erkennen. Aufrechterhalten wird dagegen weiterhin der Ausschluss von Arbeitnehmern in befristeten Arbeits- und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen; dagegen werden Ausbildungszeiten verstärkt durch Anrechnung zur
Wartezeit berücksichtigt, nicht aber leistungssteigernd bewertet.
Die inhaltliche Ausgestaltung von AG-finanzierten bAV-Systemen hat darüber hinaus gezeigt, dass die
analysierten Strukturmerkmale in sehr differenzierter Gestaltung existieren und diese unmittelbar das
jeweilige Leistungsniveau im Versorgungsfall bestimmen. Das ergibt sich zum einen aus der Form der
Zusage und insbesondere aus den Parametern der Leistungsbestimmung/-berechnung. So können Leistungen entgelt- und/oder dienstzeitabhängig gestaltet sein. Eine deutlich Dominanz entgeltabhängiger
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
Pläne hat die Auswertung der Versorgungsordnungen ergeben. Ihr Anteil liegt mit 61 % deutlich über
dienstzeitbezogenen Festbetragssystemen, auf die etwas weniger als 1/3 entfallen, und den Planarten
mit beiden Elementen (bzw. Einflussgrößen), die mit einem Anteil von rund 8 % dokumentiert sind. Eine
weitere Unterscheidung liegt in der Differenzierung der Zusagearten vor. So standen in der Vergangenheit Leistungszusagen nachweislich im Vordergrund, mit denen bei Eintritt des Versorgungsfalles eine
bestimmte Leistung(shöhe) zugesagt wurde. 58 % der bis zum 25. Juni 2004 analysierten bAV-Systeme
liegen dieser Form (noch) zu Grunde. Im Zeitablauf hat sich jedoch der Anteil beitragsorientierter Leistungszusagen auf annähernd 42 % (31.12.2003) erhöht. Demzufolge stehen hier die vom Arbeitgeber
aufzubringenden Beiträge maßgeblich im Vordergrund, so dass der Arbeitgeber vom Risiko des Kapitalanlageergebnisses weitgehend befreit ist. Mittels des vorliegenden Aktenmaterials kann der allgemeine
Trend zum Übergang zur beitragsorientierten Leistungszusage bereits im Rahmen der Kurzstudie bestätigt werden. Die arbeitgeberseitige Begründung des Wechsels besitzt nach Auskunft befragter Betriebsratsmitglieder durchweg gleichlautenden Inhalt und lässt sich zur folgenden Erklärung zusammenfassen:
Der Wunsch der Arbeitgeberseite nach berechenbaren und in ihren Auswirkungen beherrschbaren Zusagen (u.a. finanzielle Belastung durch längeren Bezug der Betriebsrente, etc.) hat letztendlich den Wandel
zur beitragsorientierten Leistungszusage, also beitragsorientierter Modelle begünstigt. Statt einer bestimmten Höhe der Versorgungsleistung (leistungsorientiertes bAV-System) wird mit steigender Tendenz
folglich nur noch eine bestimmte Beitragsaufwendung (beitragsorientiertes bAV-System) zugesagt, die
vom Gesetzgeber als Reaktion darauf in das BetrAVG zum 1. Januar 1999 aufgenommen wurde (§ 1
Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG).
Der identifizierte Trend zur beitragsorientierten Leistungszusage und noch stärker der Rückzug des Arbeitgebers aus seiner Dotierungsverantwortung verschärft die Gesamtsituation, in der sich die Arbeitnehmer seit Inkrafttreten des AVmG (2002) befinden. Denn in dieser Perspektive erhält das AVmG eine
weitere und politisch nicht vorgesehene Funktion der Lückenfüllung gegenüber AG-finanzierten bAVSystemen. Konnten bisher von einem traditionellen (AG-finanzierten) bAV-System erfasste Beschäftigte
mit einer Betriebsrente rechnen, so steht diese immer häufiger (leistungsseitig) zur Disposition. Neben
dem eigentlichen Substitutcharakter - als Ausgleich für die Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus obliegt dem normierten Anspruch auf Entgeltumwandlung somit nun auch die Verantwortung, die Lücke
des sich zurückziehenden Arbeitgebers auszufüllen. Dass die zweite Säule der Altersversorgung die Kürzungen bei der gesetzlichen Rente kompensieren könnte, stellt in diesem Kontext zurückgehender AGfinanzierter bAV mehr ein politischer Wunschgedanke dar.
Entgeltumwandlung
Im Gegensatz zur AG-finanzierten bAV befindet sich die Entgeltumwandlung in einem anderes gelagerten, aber keineswegs positiveren Zustand. So muss der 2001 normierte Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung als paradigmenwechselnder Meilenstein der bAV in Deutschland betrachtet werden. Unter
Gewährung von flankierenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Maßnahmen (letztere bis einschließlich 2008) wird erstmals für alle Beschäftigten eine flächendeckende Möglichkeit zum Aufbau einer
AN-finanzierten bAV ermöglicht.
Gemessen am Angebot von mindestens einem Durchführungsweg der Entgeltumwandlung wird unter
den ausgewerteten Unternehmen ein unternehmensbezogener Verbreitungsgrad von 96 % (31.12.2003)
erreicht. Zugleich wird eine Deckungsquote von 97 % aller in der Untersuchung erfassten Beschäftigten
realisiert. Für die Durchführung der Entgeltumwandlung besteht in annähernd 90 % der Unternehmen die
Möglichkeit der Nutzung der tariflichen Einrichtung MetallRente. Über mehr als 2/3 der Unternehmen
bietet zudem im Rahmen der Entgeltumwandlung die Riester-Förderung an. Die Nutzung dieses Angebotes durch die Beschäftigten ist bislang und gemessen an der Brutto-Entgeltumwandlung jedoch gering.
Auffällig ist, dass das Angebot und die Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung in einem unübersehbaren Missverhältnis stehen. Obwohl eine fast hundertprozentige Angebotsdeckung vorliegt, kann nur eine
Beteiligungsquote von 14,4 % (zum 31.12.2003; Mittelwert der 84 erfassten Unternehmen) bzw. 14,9 %
(81 Unternehmen mit Angebot der Entgeltumwandlung) nachgewiesen werden. D.h., das Entgeltumwandlungsangebot nehmen 85,6 % der hier erfassten Arbeitnehmer nicht wahr. Oder: Nicht einmal jeder
Sechste wandelt Entgeltbestandteile zu Gunsten der bAV um. Die Beteiligung an dem als Substitut zur
ersten Säule eingeführten Instrument weist damit und trotz seiner ausgewiesenen Kompensationsfähigkeit einen bedenklichen Zustand auf. Einen ersten Erklärungsansatz hierfür ist in Abhängigkeit unterschiedlicher Zustände AG-finanzierter bAV-Systeme zu sehen. Je gravierender die Einschränkungen/Reduzierungen sowohl in der Versorgungsleistung als auch im personalen Geltungsbereich liegen,
desto niedriger ist die Beteiligung an den angebotenen Durchführungswegen der Entgeltumwandlung. So
weisen Unternehmen mit geschlossenem bAV-System eine durchschnittliche Beteiligungsquote von
13,9 % und Unternehmen mit einem leistungsreduzierten bAV-System eine Beteiligungsquote von (nur)
Seite 51
Modelle betrieblicher Altersversorgung
11,3 % auf. In allen anderen Unternehmen wird dagegen eine durchschnittliche Beteiligungsquote von
16,5 % erreicht.
Für die Gruppe der Beschäftigten, die mittels Entgeltumwandlung (seit 2002) nicht vorsorgen, kann tendenziell eine bereits heute zu prognostizierende Verschlechterung der Einkommensposition im Alter vorhergesagt werden. Die Absicht, zu einem späteren Zeitpunkt diese zusätzliche Versorgungslücke zu
schließen, ist nur durch einen zukünftigen und effektiv höheren Konsumverzicht zu realisieren. Eine ähnliche Situation ist dennoch auch für einen Teil der Beschäftigten mit schon getätigter Entgeltumwandlung
zu erwarten. Nach Mitteilungen von MetallRente55, der Bosch Pensionsfonds AG56 wie auch von dem
Branchenversorgungswerk Chemie Pensionsfonds57 muss von deutlich geringeren Umwandlungssätzen
ausgegangen werden als es das AVmG/EStG zulässt. Auch für diesen Kreis der Beschäftigten ist nicht
ohne weiteres davon auszugehen, dass die Niveauabsenkung der Gesetzlichen Rentenversicherung
durch die getätigte Entgeltumwandlung vollständig kompensiert wird bzw. werden kann.
Die Untersuchung hat gezeigt, das die Schließung von AG-finanzierten Versorgungssystemen in den drei
zurückliegenden und dem gegenwärtigen Jahrzehnt sich mit zunehmender Intensität entwickelt. (Vgl.
Kap. IV.2.2) In fast 40 % der erfassten Unternehmen ist das bAV-System geschlossen, in weiteren
13,1 % liegen AG-finanzierte bAV-Systeme vor, die auf Grund der negativen wirtschaftlichen Situation
reduzierte Versorgungsleistungen aufweisen. In den nächsten Jahren wird voraussichtlich schon deshalb
aus zwei Gründen die Entgeltumwandlung an Bedeutung gewinnen: Zum einen bieten nahezu alle untersuchten Unternehmen eine bAV-Finanzierung über Lohn- und Gehaltverzicht an. Diese Tendenz lässt
sich grundsätzlich über alle Größenklassen nachweisen, was die Häufigkeitsverteilung der Beteiligungsquoten bestätigt. Insgesamt werden außerdem wesentlich mehr Unternehmen dazu bereit sein, eine bAV
auf der Basis der Entgeltumwandlung einzuführen als dies bei einer Finanzierung über Arbeitgeberleistungen der Fall sein wird. Zum anderen gewinnt der Anteil der Unternehmen deutlich an Bedeutung, in
denen die einzige Möglichkeit zum Aufbau einer bAV nur durch Lohn- und Gehaltsverzicht besteht. Eine
stärkere Verbreitung der Entgeltumwandlung auf der Grundlage des gesetzlichen Anspruchs setzt jedoch
das grundlegende Wissen um die Notwendigkeit und daraus folgernd eine verstärkte Inanspruchnahme
der eigenfinanzierten bAV (und auch eine aktive Äußerung dieses Interesses) voraus.
In diesem Zusammenhang gilt es nach der Attraktivität der bAV auch im Sinne einer Produktvielfalt (Anzahl der angebotenen Durchführungswege) und Produktbeschaffenheit zu fragen. Durch die bisherigen
Untersuchungsergebnisse kann ein negativer Zusammenhang zwischen einem erweiterten/größeren
Produktangebot und der Beteiligung (Inanspruchnahme der Entgeltumwandlung) nahezu ausgeschlossen
werden. D.h., die mit zunehmender Unternehmensgröße (Belegschaftsgröße) einhergehende Wahlmöglichkeit von verschiedenen Durchführungswegen ist isoliert betrachtet nicht ausschlaggebend für die
Nicht-Beteiligung an der Entgeltumwandlung. Diese Erkenntnis ist um so bedeutender für die Konzeption
neuer Strategien zur Verbreiterung der Inanspruchnahme einer entgeltfinanzierten bAV.
Um die Verbreitung der AN-finanzierten bAV stärker zu fördern, gilt es somit Maßnahmen zu entwickeln,
die zielgerichtet die Akzeptanz bzw. Inanspruchnahme der von den Unternehmen angebotenen Altersvorsorgemodellen nachhaltig erhöhen. Obwohl gegenwärtig nur eine begrenzte Auswertung von 84 Unternehmen vorliegt, können die vorliegenden Ergebnisse einschließlich der Befragung der Betriebsräte
einen ersten Ansatz für eine Neuausrichtung bilden. (Vgl. Kapitel IV.3.8)
Nicht eine isolierte Betrachtung einzelner stellschraubenorientierter Ansatzpunkte sondern vielmehr das
Zusammenspiel mehrerer, unterschiedlicher Variablen und ihre Abstimmung untereinander (Gesamtwirkung) werden langfristig ausschlaggebend sein für den Erfolg oder Misserfolg der Entgeltumwandlung (im
Unternehmen). Die in der Kurzstudie identifizierten und maßgeblich erscheinenden Variablen sind: erstens die Zusammenarbeit von Betriebsrat und Arbeitgeber/Personalabteilung, zweitens die Beratung
durch den Produktanbieter, drittens das Angebot verschiedener Altersvorsorge-Produkte (Durchführungswege) sowie viertens ein finanzieller Anreiz durch den Arbeitgeber. Nach den bisher vorliegenden
Ergebnissen ist das Ausmaß und die jeweilige Intensität der Variablen von den Betriebsparteien und den
im Unternehmen vorherrschenden Strukturen, Bedingungen und Gegebenheiten abhängig. Der Betriebsrat stellt in diesem Zusammenhang das wichtig(st)e Bindeglied zwischen Arbeitgeber (Personalabteilung)
und Arbeitnehmer einerseits, andererseits aber auch gegenüber dem/den Anbieter/n von betrieblichen
Altersvorsorgeleistungen dar. Schon allein aus dieser Perspektive obliegt dem Betriebsrat eine außerordentliche Bedeutung im Prozess der Etablierung der AN-finanzierten Betriebsrente. Ein unternehmensspezifischer Mix aus den o.g. Variablen erscheint hinsichtlich einer stärkeren Verbreitung einer AN55
56
57
Vgl. MetallRente (2004): Pressemitteilung vom 15.01.2004. Berlin
Vgl. Börsenzeitung (2004): Pensionsfonds kommen nicht in die Gänge. 20.01.2004, Nummer 12, S. 6.
Vgl. Angaben auf der Homepage: www.chemiepensionsfonds.de, 15.06.2004.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
finanzierten bAV handlungsleitend und zielorientiert. Isolierte, einseitige Vorgehensweisen unter Außerachtlassung der identifizierten Variablen zeigen nur selten anhaltende Wirkung, so befragte Betriebsratsmitglieder. Nach deren Aussagen zeigt außerdem ein fortlaufendes Appellieren zur betrieblichen Eigenvorsorge sowie das Ausgeben von Flyern nur eine geringe Resonanz unter den Beschäftigten. Als
Gründe werden teilweise Verständigungs- (Inhalt) wie auch Verständnisprobleme (Kenntnisse) angeführt.
Fiktive Berechnungen über Mehrbedarfe und Rechenbeispiele zur Entgeltumwandlung sprächen die Beschäftigten außerdem kaum an, so viele Betriebsräte weiter. Es ist zum jetzigen Auswertungsstand damit
auch ein Vermittlungsproblem zu konstatieren, das einer zurückhaltenden Inanspruchnahme wahrscheinlich nicht unwesentlich beiträgt. Einen negativen Nebeneffekt komme der medienwirksamen Inszenierung
politischer Widersprüchlichkeiten zur Alterssicherung bei, der den primär gewünschten Effekt einer zügigeren Verbreitung bremse, so die befragten Betriebsratsmitglieder.
Das Wissen über die individuelle Versorgungssituation im Alter muss der Notwendigkeit zur Eigenvorsorge gegenübergestellt werden, so ein wesentliches Ergebnis der Betriebsräte-Befragung. Das bedeutet,
es gilt eine Loslösung der bAV-Thematik von der öffentlichen Debatte und eine Hinwendung zur Thematisierung der individuellen Einkommenssituation im Alter. Eine Steigerung der Nachfrage nach zusätzlicher
Altersversorgung muss also an der individuellen Erkenntnis der Versorgungsnotwendigkeit ansetzen; ihm
muss seine (individuelle) Vorsorgungslücke im Alter aufgezeigt werden. Das ist letztlich nur durch die
Einzelberatung möglich, so dass einmal mehr die Bedeutung der Beratung der eigentliche Dreh- und
Angelpunkt in der AN-finanzierte bAV darstellt. Im Zentrum steht somit die Übersetzung der VorsorgeThematik auf die ganz individuelle, persönliche Ebene des einzelnen Mitarbeiters. Was abstrakt richtig zu
sein scheint (Flyer, allgemeine Informationsveranstaltungen im Unternehmen) hat dabei noch lange keine
direkte persönliche Relevanz. Ferner kann der Arbeitnehmer nur auf diesem Weg das Vertrauen in den
Anbieter erwerben und seine spezifischen Produkte kennen lernen. Ob unternehmensinterne Produkte
(bAV-Systeme) dabei eine höhere Akzeptanz aufweisen als Produkte (bAV-Systeme), die über externe
Einrichtungen durchgeführt werden, kann die Kurzstudie nicht beantworten. Nach Untersuchungen von
Dietmar Wellisch zur Anreizwirkung in der betrieblichen Altersversorgung (2002) sei dies der Fall. Wenn
dem so sei, und davon ausgegangen werden muss, dass nur in relativ wenigen Unternehmen unternehmenseigene bAV-Produkte zum Angebot stehen, so müssen aus seinen Ergebnissen geschlussfolgert
werden, dass zukünftige (gewerkschaftliche als auch betriebliche) Maßnahmen verstärkt auf die Beratung
(Vertrauensgewinnung) durch den Produktanbieter fokussiert werden müssen. Somit schließt sich der
Kreis wieder zur (Einzel-)Beratung.
Die Einführung von unmittelbaren, finanziellen Anreizen (Zahlung einmaliger Anschubfinanzierung oder
laufende AG-Zuwendungen) können, müssen jedoch nicht eine Anreizkonstellation für den Beschäftigten
zur Entgeltumwandlung generieren. Gestützt wird diese Erkenntnis maßgeblich durch das Untersuchungsergebnis, dass tendenziell eine geringere Akzeptanz (Inanspruchnahme) bei AN-finanzierten bAVSystemen vorherrscht, die ausschließlich durch den Arbeitnehmer finanziert werden als bei bAV-Systemen, bei denen sich der Arbeitgeber an der Finanzierung beteiligt. Die finanzielle Beteiligung erhöht
damit zwar die Chance einer fortschreitenden Verbreitung der Entgeltumwandlung. Wegen der Koppelung an die Eigenleistung und des damit verbundenen Lohnverzichts dürfte jedoch nur ein Teil der Beschäftigten diese Option tatsächlich wahrnehmen. (Vgl. Kap. IV.3.7, 34)
Paradigmenwechsel in der bAV: Bereits vollzogen oder/und zukünftig anstehend
Zwei grundlegende, zentrale Paradigmenwechsel zeichnen sich in der bAV-Landschaft mit immer stärker
werdender Intensität ab, die auch durch die Ergebnisse der Kurzstudie belegt werden: Einerseits geht der
Trend eindeutig in Richtung arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung, also weg von der unternehmensfinanzierten bAV der Vergangenheit. Andererseits ziehen sich Arbeitgeber tendenziell aus der
bAV zurück und machen kaum noch klassische Leistungszusagen, sondern stattdessen beitragsorientierte Zusagen, um hauptsächlich die Versorgungsverpflichtungen kalkulierbar(er) zu machen.
Ein potentieller, dritter Paradigmenwechsel zeichnet sich darüber hinaus ab, und zwar in der Absicherung
von individuellen Risiken. Das Kernelement der traditionellen bAV war und ist die Versicherung ganzer
Belegschaften gegen die Risiken von Alter, Tod, Invalidität und Hinterblieben durch bspw. lebenslange
Rentenleistungen auf Basis kollektiver Finanzierungsverfahren. Daran ändert auch eine verstärkt zu verzeichnende Schließungspraxis von AG-finanzierten bAV-Systemen nichts. Der Versorgungscharakter der
zu finanzierenden Leistungen steht im Vordergrund und nicht die Möglichkeit der Wahrnehmung von individuellen Chancen und Risiken in der Kapitalanlage.
Eine andere Ausgangssituation liegt jedoch bei der AN-finanzierten bAV auf Basis des AVmG vor. Die
Abwahlmöglichkeit von versicherbaren Risiken ist nach Sichtung der vorliegenden Vereinbarungen und
Bekanntmachungen (der Arbeitgeber) nahezu flächendeckend etabliert und somit eine risikoselektive
Verhaltensweise - insbesondere gegenüber der Berufsunfähigkeit - zukünftig nicht auszuschließen. Die
betriebliche Eigenvorsorge droht auf das Kernelement der (individuellen) Altersvorsorge reduziert zu werSeite 53
Modelle betrieblicher Altersversorgung
den und verliert alle darüber hinausgehenden Sicherungseigenschaften wie sie bei der traditionellen bAV
gegeben sind.
Ob ein Vorteil hinsichtlich einer vermehrten Absicherung gegen das „nur-Risiko“ Alter durch die individuellen Gestaltbarkeit nach bedarfsgerechten Bedürfnissen und persönlicher Lebenssituation besteht, müssen nachfolgende Untersuchungen zeigen. Aber gerade aus diesem Grund sollten die individuell gestaltbaren Produkte durch die bestehende Wahlmöglichkeit der abzusichernden, biometrischen Risiken und
ihre Steuerspareigenschaft einen deutlich höheren Absatz aufweisen als es gegenwärtig der Fall ist.58 Die
versicherungsförmigen Produktangebote stehen trotz der geringen Akzeptanz weiterhin unter dem Diktat
der marktlichen Kräfte, die die soziale (Eigen-)Verantwortung des Einzelnen und gegenüber seiner Hinterbliebenen völlig auszublenden drohen.
Abschließende Gesamtbetrachtung
In der Gesamtbetrachtung muss deshalb festgehalten werden: Ein grundlegender Riss kennzeichnet die
Gesamtlandschaft der betrieblichen Altersversorgung. So stehen eine abnehmende Verbreitung AG-finanzierten bAV-Systeme, Kürzungen/Reduzierungen von Versorgungsleistungen und Schließungen dieser, einer nur geringen Inanspruchnahme der AN-finanzierten bAV (Entgeltumwandlung) gegenüber.
Gegenteiliger kann sich die bAV-Landschaft nicht präsentieren. Beide bAV-Zustände sind folglich weit
entfernt von ihrer vorgesehenen Funktion: dem Aufbau einer zusätzlichen/ergänzenden Altersversorgung.
Die eine als freiwillige (Sozial-) Leistung zu verstehen und aus der sozialer Verantwortung des Arbeitgebers begründet, die andere als notwendige entgeltfinanzierte Eigenvorsorge, um die Versorgungslücke
aus dem sinkenden Rentenniveau der Gesetzlichen Rentenversicherung zu schließen.
Dieser Riss zeigt aber auch, wie bedeutsam Kenntnisse und Erkenntnisse über die bAV sind, um den
Stand bzw. Zustand der bAV zu erfassen und Defizite zu erkennen. Einmal mehr rücken damit die Unterschiedlichkeiten von arbeitgeberfinanzierten Versorgungssystemen, die dem seit 2002 bestehenden
Rechtsanspruch auf eine arbeitnehmerfinanzierte bAV gegenüberstehen, deutlich in den Vordergrund.
Die Ergebnisse der vorliegenden Kurzstudie können mit dem jetzigen Kenntnisstand nur näherungsweise
einen ersten Verlauf über Verbreitung und Qualität der bAV wiedergeben. Ihr Erkenntnisgehalt ist sehr
begrenzt und nicht ohne Vorbehalte auf die Erhebungsgesamtheit wie auch auf die Metall- und Elektroindustrie im Gesamten zu übertragen. Diese Begrenztheit lässt nur erahnen, in welchen Zustand sich die
insbesondere AG-finanzierte bAV wirklich befinden mag. Eine weitere, breiter und tiefer angelegte Studie
wird daher folgen, die auf dem bisher Gewonnenen anknüpft und aufbaut.
Dennoch gibt die Kurzstudie eine ersten Einblick in die unterschiedlichen Systeme und somit einen Orientierungspunkt für den Gesamtzustand der bAV. Die Ergebnisse des Werkstattberichts zeigen einmal
mehr, welche Formenvielfalt in der bAV (der Metall- und Elektroindustrie) existiert. Wie diffizil die Verfasstheit der bAV ist und welche stellschraubenartigen Veränderungen im Zeitablauf aufzuzeigen sind,
haben in einer ersten Annäherung die modellhafte Beschreibung AG-finanzierter bAV-Systeme gezeigt.
Grundlegende Arten der Leistungsberechnung und ihrer Besonderheiten wurden thematisiert und durch
Beispiele unterlegt. Mit Hilfe der Beschreibung von Gestaltungsmerkmalen ist somit ein erster Einblick in
die Ausgestaltung der AG-finanzierten bAV ermöglicht worden. Welche Risiken abgesichert, in welcher
Höhe die Versorgungsleistungen ausfallen werden, oder welchen Bedingungen die Anpassungspraxis
laufender Versorgungsleistungen unterliegen, bleiben vorläufig genauso unbeantwortet wie qualitativ
tiefergehende Aussagen zu den klassifizierten bAV-Zuständen AG-finanzierter Systeme.
Auf der anderen Seite, der AN-finanzierten bAV/Entgeltumwandlung, wurden bestehende Strukturen beleuchtet und in verschiedenartigen Perspektiven betrachtet. Ein Quartett aus unterschiedlichen Variabeln
konnte auf diese Weise als Begründungsansatz für die sehr heterogen ausfallenden Beteiligungsquoten
herausgearbeitet werden. Diese Erkenntnis wird durch die verstärkte Erschließung von sog. Betriebswissen zu qualifizieren sein. Die Bedeutung des deutschen Mitbestimmungsmodells auf die betriebliche
Handlungsarena bAV, auf das Akteursverhalten sowie die Identifizierung von Konfliktfeldern ist bisher nur
im Ansatz thematisiert und gilt im Folgenden stärker zu akzentuieren. Ebenso wenig ist in diesem Kontext
bspw. die Bedeutung der Beratung von Seiten der IG Metall Vorstandsverwaltung bzw. der Verwaltungsstellen und Bezirksverwaltungen untersucht worden. Eine Hinterfragung über Interviews mit Betriebsräten
sind daher für beide bAV-Aspekte notwendig, um forschungsleitend das betriebszentrierte Wissen um der
Veränderungsdynamik und ihrer Rückkoppelung auf das deutsche Mitbestimmungsmodell zu erschließen.
58
Im Hinblick auf die Anrechenbarkeit von Vermögenswerten (hier: Freibeträge unter ALG II/Hartz IV) muss dieser Sachverhalt
zukünftig noch deutlicher in den Vordergrund treten.
Seite 54
Modelle betrieblicher Altersversorgung
Diese weitergehenden Fragen machen eines aber deutlich: Es existiert ein Wissensdefizit in doppelter
Gestalt. Nicht nur über die neu eingeführten Systeme arbeitnehmerfinanzierter bAV sind quantitative und
qualitative Wissenslücken festzuhalten, sondern diese beziehen sich gleichermaßen auch auf die bereits
vor dem Stichdatum 1. Januar 2002 bestehenden, arbeitgeberfinanzierten (traditionellen) bAV-Systeme.
Die Kenntnis quantitativer und qualitativer Fakten sind nicht nur eine grundlegende Voraussetzung für
eine rationale Weiterentwicklung der bAV im Gesamten, sondern auch notwendig für jeden, der sachverständig und konstruktiv an der Diskussion über die Lösung der Alterssicherungsfrage(n) beabsichtig teilzunehmen.
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Modelle betrieblicher Altersversorgung
Verzeichnis der verwendeten Betriebsvereinbarungen
ABM Greifenberger Antriebstechnik GmbH: Betriebsvereinbarung zur Direktzusage, 1990.
Benteler Stahl/Rohr AG: Betriebsvereinbarung KBR Nr. 10, 20.12.2001
Benteler Stahl/Rohr AG: Konzernbetriebsvereinbarung KBR Nr. 15, 17.11.2003.
Benteler Stahl/Rohr AG: Ergänzung zur Betriebsvereinbarung KBR Nr. 003, 17.11.2003.
Cooper Power Tools GmbH & Co.: Betriebsvereinbarung Nr. 53: Altersversorgungsordnung (AVO) vom 7.05.1999.
Corus Mannsteadt-Werke GmbH & Co.: Betriebsvereinbarung über Zuwendungen zur arbeitnehmerfinanzierten Altersversorgung, 01.06.2001.
Corus Mannsteadt-Werke GmbH & Co.: Mitarbeiterinformation 21/2002 - MetallRente, 24.05.2002.
Dürkopp Adler AG: Ruhegeldordnung, 20.12.1990.
Fröhlich & Klüpfel GmbH: Betriebsvereinbarungen jeweils für Arbeiter und für Angestellte,1984.
Howaldtswerke – Deutsche Werft AG: Betriebsvereinbarung Nr. 01 06 2002 über die Neuordnung der betrieblichen
Alters- und Hinterbliebenenversorgung, 06.06.2002.
Howaldtswerke – Deutsche Werft AG: Betriebsvereinbarung Nr. 02 06 2002 über die Alters- und Hinterbliebenenversorgung, 05.06.2002.
INA Schaeffler KG: Leistungsplan des Sozialwerks Schaeffler e.V. (Unterstützungskasse), 1973.
Kaba Benzing GmbH: Betriebsvereinbarung, 1992.
Kennametal Hertel AG: Betriebsvereinbarung über den Abschluß eines Rahmenvertrages für eine betriebliche Direktversicherung durch Gehaltsumwandlung, 14.10.1996.
Kennametal Hertel AG: Betriebsvereinbarung über die Neuregelung der betrieblichen Altersvorsorge, 19.09.1996
Kennametal Hertel AG: Mitteilung der Anpassung der Leistungen der Altersversorgung vom 28.06.2001.
Kennametal Hertel AG: Freiwillige Betriebsvereinbarung zwischen Kennametal Hertel und dem Gesamtbetriebsrat
über die Entgeltumwandlung zum Zwecke der Altersversorgung, 09.10.2002.
Kennametal Hertel AG: Ergänzung zur Betriebsvereinbarung über die Entgeltumwandlung zum Zwecke der Altersversorgung vom 09.10.2002, 16.12.2003.
Lingl GmbH & Co. KG: Betriebsvereinbarung über die Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung, 1992.
Lingl GmbH & Co. KG: Anlage 2 zur bAV-BV Nr. 1/2002: Versorgungsordnung 2002 zur Erbringung von Versorgungsleistungen in Form von Kapitalzahlungen als unmittelbare Zusage (Direktzusage).
Robert Bosch GmbH: Betriebliche Altersversorgung - Kapital Vorsorge Plan, Betriebsvereinbarung, Ordnungs-Nr.
07.02.02, 27.06.2002.
RUD-Kettenfabrik Rieger & Dietz GmbH u. Co.: Altersversorgungsordnung für Alters-, Invaliden-, HinterbliebenenRenten, 30.06.1993.
Salzgitter Maschinenbau AG: Betriebsvereinbarung zur Entgeltumwandlung, Nr. 51-1, 8.05.2003 und Protokollnotiz
zur BV Entgeltumwandlung vom 27.06.2003.
SSS Siedle Telefon- & Telegrafenwerke Stiftung & Co.: Betriebsvereinbarung Nr. 9706 - Betriebliche Altersversorgung, 25.06.1997.
Westfalia Separator AG: Versorgungsordnung für Eintritte vor dem 01.01.1996, 27.09.1995.
Westfalia Separator AG: Versorgungsordnung für Eintritte nach dem 31.12.1995, 27.09.1995.
Literatur und Web-Quellen
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Zusammenarbeit mit TNS Emnid. Köln.
BetrAVG (2003): Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 (BGBl. I S. 3610)
i.d.F. vom 15.08.2003 (BGBl. I S. 1657).
Bispinck, Reinhard (2004): Wie die zweite Säule wächst. In: Mitbestimmung, Heft 01/02. Düsseldorf. Quelle:
www.boeckler.de, am 24.03.2004.
Börsenzeitung (2004): Pensionsfonds kommen nicht in die Gänge. 20.01.2004, Nummer 12, S. 6.
Chemie Pensionsfonds (2004): Angaben zur Entgeltumwandlung in 2003. Homepage: www.chemiepensionsfonds,
15.06.2004.
EU-Kommission: Empfehlung der EU-Kommission vom 3. Juni 2003 (2003/361/EG) an die Mitgliedstaaten (sowie
EIB und EIF)
Kortmann, Klaus/Haghiri, Pariwa (2003): Situation und Entwicklung der betrieblichen Altersversorgung in Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst 2001-2003. Eine Untersuchung im Auftrag des BMGS.
MetallRente (2004): Pressemitteilung vom 15.01.2004. Berlin
Ruppert, W. (2000): Betriebliche Altersversorgung – Befragung von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes und
des Handels. Forschungsprojekt des Ifo (Hrsg.) für das BMAS. München.
Statistisches Bundesamt (2003): Umsatzsteuerstatistik. Wiesbaden.
Statistischen Bundesamtes (2004): Beschäftigtenstruktur in Deutschland nach Wirtschaftszweigen. GenesisAbfrage, 25. Mai 2004. www-genesis-destatis.de
Wellisch, Dietmar (2002): Analyse betrieblicher Altersvorsorgemodelle. Forschungsprojekt der Bertelsmann Stiftung:
Vorsorgestudien 11. Gütersloh.
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