Unternehmen SE IT E 16 · D I E N S TAG , 1 1 . O K T O B E R 2 0 1 1 · N R . 2 3 6 F R A N K F U RT E R A L LG E M E I N E Z E I T U N G MENSCHEN & WIRTSCHAFT Einflussreich und gefürchtet Die Träger des Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaft Die neuen Wirtschaftsnobelpreisträger haben das makroökonomische Denken revolutioniert or einigen Jahren pilgerten mehr als hundert Ökonomen zu einem abgelegenen Landhaus im amerikanischen Bundesstaat Montana. Es waren alles Schüler und Anhänger von Thomas Sargent, der dort seinen runden Geburtstag feierte. Als Geschenk überreichten sie ihm die Zeichnung einer großen Blume. In der Mitte das verschmitzt lächelnde Gesicht von Sargent, auf jedem der siebzig Blütenblätter der ersten Reihe die Namen von Schülern, die bei Sargent ihre Doktorarbeit geschrieben haben und inzwischen selbst wichtige akademische Posten innehaben. Dazu kamen noch etwa zweihundert Blütenblätter mit Schülern von Schülern. Das Geburtstagskind war gerührt. Auf so eine riesige, treue Anhängerschar können nicht viele Ökonomen blicken. „Er ist ein ganz bemerkenswerter Mentor für junge Studenten und Assistenzprofessoren“, sagt Dirk Krüger, ein jüngerer deutscher Professor für Makroökonomie, der nach Amerika ausgewandert ist. Ohne Zweifel gehört Thomas Sargent zu den einflussreichsten Wirtschaftswissenschaftlern in den Vereinigten Staaten, der an zahlreichen Universitäten Studenten geprägt hat. Geboren 1943, hat er zuerst in Berkeley, dann in Harvard Ökonomie studiert und nach 1971 zwei Jahrzehnte an der Universität von Minnesota gelehrt, später in Chicago, in Stanford und jetzt in New York. In den siebziger Jahren war Sargent unter dem starken Einfluss von Robert Lucas eine der treibenden Kräfte der sogenannten Revolution der rationalen Erwartungen. Auch Christopher Sims, geboren 1942, gehörte im weiteren Sinn zu dieser Gruppe von Forschern. Die Theorie der rationalen Erwartungen war ein heftiger Schlag gegen die damals übliche keynesianische Politik der Konjunkturstimulierung durch billiges Geld oder kreditfinanzierte Ausgabenprogramme. Die Theorie der rationalen Erwartungen besagte, dass die Leute die keynesianische Politik durchschauen würden. Wenn sie die inflationären Folgen oder künftig höhere Steuern vorwegnehmen und ihr Verhalten entsprechen änderten (etwa die Preis erhöhten), wäre der gewünschte stimulierende Effekt dahin. Die neue Theorie hat die Keynesianer hart in die Defensive gebracht. „Wir hatten Spaß dabei“, sagte Sargent später einmal. Die ernüchternde Erkenntnis dieser Forschung ist, dass makroökonomische Wunderwaffen nicht existieren. „Dadurch, dass sie Erwartungen und deren Rückkoppelung auf die makroökonomischen Politikergebnisse berücksichtigen“, sagt der deutsche Makroökonom Ansgar Belke, „kommen ihre Modelle zu realistischeren und bescheideneren numerischen Schätzungen der Effekte systematischer Konjunkturprogramme oder geldpolitischer Programme wie der quantitativen Lockerung.“ Sargent gehört auch im weiteren Sinne in das Lager der Monetaristen, die eine Ausweitung der Geldmenge als inflationstreibend ansehen. In einem einflussreichen Papier hat er analysiert, wie die Hyperinflationen in Mitteleuropa, speziell in Deutschland, in den frühen zwanziger Jahren entstanden und durch eine Änderung des Kurses der Zentralbanken schließlich gestoppt wurden. V Jahr 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 Foto Reuters 1980 1981 1982 1983 George Stigler (Chicago, Vereinigte Staaten) Gérard Debreu (Berkeley, Vereinigte Staaten) 1984 Richard Stone (Cambridge, Großbritannien) 1985 1986 1987 1988 Franco Modigliani (MIT, Vereinigte Staaten) James Buchanan (George Mason University, Vereinigte Staaten) Robert Solow (MIT, Vereinigte Staaten) Maurice Allais (ENSM, Frankreich) 1989 Trygve Haavelmo (Oslo, Norwegen) 1990 1991 Harry Markowitz (City NY, Vereinigte Staaten), Merton Miller (Chicago, Ver. Staaten) u. William Sharpe (Stanford, Ver. Staaten) Ronald Coase (Chicago, Vereinigte Staaten) 1992 Gary Becker (Chicago, Vereinigte Staaten) 1993 Robert Fogel (Chicago, Vereinigte Staaten) und Douglass North (St. Louis, Vereinigte Staaten) 1994 John Harsanyi (Berkeley, Vereinigte Staaten), John Nash (Princeton, Vereinigte Staaten) und Reinhard Selten (Bonn, Deutschland) Robert Lucas (Chicago, Vereinigte Staaten) James Mirrlees (Cambridge, Großbritannien) und William Vickrey (Columbia, Vereinigte Staaten) Robert Merton (Harvard, Vereinigte Staaten) und Myron Scholes (Stanford, Vereinigte Staaten) Amartya Sen (Cambridge, Großbritannien) Robert Mundell (Columbia, Vereinigte Staaten) 1995 1996 1997 1998 1999 Christopher Sims Sims, der ursprünglich Mathematik in Harvard studierte, danach ebenfalls an der Universität von Minnesota lehrte, später in Yale und heute an der Princeton Universität, hat sich besonders als Entwickler statistisch-ökonometrischer Verfahren hervorgetan, mit denen Zeitreihen analysiert werden können. „Diese Methoden sind enorm wichtig und fundamental für die moderne makroökonomische Forschung“, sagt der Harald Uhlig, der seine Doktorarbeit bei Sims geschrieben hat und heute in Chicago lehrt. Seinen Doktorvater Sims beschreibt er als kritisch, aufgeschlossen und nie dogmatisch. Und Sims ist auch dafür bekannt, dass er auf Konferenzen gerne Papiere mit gänzlich neuen Ideen präsentiert, auch wenn die Aufsätze noch erst halbfertig sind. Er liebt es, die Zuhörer zu überraschen. Die von Sims entwickelten Vektorautoregressiven Modelle (VARs) sind heute unverzichtbare Instrumente in Zentralbanken, Finanzministerien und Banken bei der Analyse verschiedener Schocks – Foto Reuters etwa einer Leitzinssenkung oder anderer Steuer- und Ausgabenpolitik – auf die Volkswirtschaft, erklärt Belke. Mit den VAR-Modellen können die Effekte quantifiziert werden. Sargent hat dazu Simulationen angewandt. Tore Ellingsen, Mitglied des Nobel-Komitees der Schwedischen Akademie, sagte dazu: „Als Rezept sind Sims’ und Sargents Modelle nicht zu gebrauchen. Andererseits basieren überall auf der Welt die Prognosen von Finanzministerien und Nationalbanken auf den Methoden der beiden.“ In der Wirtschaftswissenschaft war es bis dato schwierig abzuschätzen, welche Folgen fiskal- oder geldpolitische Entscheidungen haben. Sims’ und Sargents Methoden – die sie unabhängig voneinander entwickelten – haben den Ökonomen Werkzeuge an die Hand gegeben, wie sie Daten besser analysieren und unterscheiden können, was Ursache und was Wirkung ist. Die Methoden zu lernen ist für die Studenten ziemlich harte Kost, aber sie sind grundlegend. PHILIP PLICKERT Schäuble holt Herbert Scheidt 60 Jahre er Mai brachte Herbert J. Scheidt Jetzt führt der deutsch-schweizerische Schuknecht D eine Zäsur. In jenem Monat wechsel- Doppelbürger aus der Unternehmensolfgang Schäuble hat die erste Lü- te er vom Vorstandsvorsitz der Bank Von- dynastie Vorwerk in Wuppertal die VontoW cke im Bundesfinanzministerium ge- tobel in Zürich auf den Stuhl des Verwal- bel-Tradition des bürgerschaftlichen Enschlossen. Neuer Abteilungsleiter für tungsratspräsidenten. Jetzt kann er es ru- gagements und des Brückenschlags nach Grundsatzfragen sowie internationale Finanz- und Währungspolitik wird Ludger Schuknecht. Der promovierte Volkswirt kommt von der Europäischen Zentralbank (EZB), wo er erst seit vergangenem Monat der Abteilung Fiskalpolitik vorsteht. Das Kabinett hat die Personalentscheidung gebilligt. Schuknecht wird am 17. Oktober in Berlin anfangen. Der 48 Jahre alte gebürtige Gelsenkirchener hat zuvor beim IWF, bei der Welthandelsorganisation und bei der EZB gearbeitet. mas. higer angehen lassen. Das war nicht immer so. Als Scheidt 2002 von der Deutschen Bank in Genf nach Zürich wechselte, steckte Vontobel in einer tiefen Krise. Danach folgten die globalen Finanzmarkt-Turbulenzen und die Auseinandersetzungen um das Schweizer Bankgeheimnis. Alle diese Herausforderungen hat Scheidt offenbar zur vollen Zufriedenheit der in der Bank dominierenden Eigentümerfamilie um den bald 95 Jahre alten Patriarchen Hans Vontobel gemeistert. Deutschland fort. Zahlreiche Ehrenämter zeugen davon. Sie belegen zugleich seine vielseitigen Interessen. Allein in Deutschland amtiert Scheidt unter anderem als Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, ist Mitglied des Düsseldorfer Industrie-Clubs und der Ernst von Siemens Musikstiftung. In der Schweiz hat ihm seine umgängliche Art zu einem noch größeren Netzwerk verholfen. Am heutigen 11. Oktober feiert Scheidt seinen 60. Geburtstag. du. Q-Cells warnt vor Zahlungsausfall Celesio baut Position in Brasilien aus Chinesische Sinopec kauft in Kanada DÜSSELDORF, 10. Oktober (Reuters). Der klamme Solarkonzern Q-Cells warnt seine Anleihegläubiger vor einem möglichen Zahlungsausfall. Bei einer Versammlung am 25. Oktober sollen die Inhaber einer 2012 fälligen Teilschuldverschreibung einen gemeinsamen Vertreter bestellen, wie Q-Cells mitteilte. Dieser solle die Rechte sämtlicher Inhaber wahrnehmen, „insbesondere die Zustimmung zu einer Laufzeitverlängerung der Anleihe für einen bestimmten Zeitraum“. Q-Cells ist durch die schwache Nachfrage und den Preisverfall in die Bredouille geraten und arbeitet mit Verlusten. Die derzeitige Entwicklung könne das operative Geschäft wie auch die Aussichten für die mittelund langfristige Finanzlage beeinträchtigen, hieß es in der Einladung für die Gläubigerversammlung. Der Geschäftsplan der Gruppe werde derzeit überarbeitet. Zudem seien externe Berater beauftragt, Optionen für die Finanzierung des Konzerns auszuloten. ols. STUTTGART, 10. Oktober. Der Pharmahändler Celesio baut seine Position im Wachstumsmarkt Brasilien aus. Der in Stuttgart ansässige Konzern gab den Erwerb von 60 Prozent an der Oncoprod Group aus São Paulo bekannt. Der führende brasilianische Großhändler für Spezialarzneimittel gegen Krankheiten wie Krebs erwartet im laufenden Jahr einen Umsatz von rund 350 Millionen Euro, berichtete das deutsche Unternehmen. Das brasilianische Unternehmen beschäftigt den Angaben zufolge mehr als 300 Mitarbeiter. Der neue Vorstandsvorsitzende der Celesio AG, Markus Pinger, sagte: „Der brasilianische Arzneimittelmarkt bietet viele Wachstumsmöglichkeiten.“ Er kommt mit der Übernahme dem Ziel näher, Celesio unabhängiger von staatlich stark regulierten Märkten wie Deutschland zu machen. Celesio ist in Brasilien bereits seit der Übernahme des brasilianischen Konkurrenten Panpharma 2009 groß im Geschäft. che. SINGAPUR, 10. Oktober. Chinas größter Raffineriekonzern stärkt seine Rohstoffquellen im Ausland. China Petrochemical Corp (Sinopec), ein Partner der deutschen BASF SE in China, übernimmt die kanadische Daylight Energy Ltd. Die Chinesen zahlen 2,1 Milliarden Dollar, einen Aufschlag von 70 Prozent auf den durchschnittlichen Preis der Daylight-Aktie in den vergangenen 20 Handelstagen. Das kanadische Unternehmen hält große Landgebiete im Westen Kanadas, unter denen Öl und vor allem Gasvorräte vermutet werden. Anfang März hatte Daylight erklärt, das Unternehmen halte nachgewiesene Vorräte von 174 Millionen Barrel Öl oder Gas. Sinopec scheint es aber auch um die Technik der Kanadier zu gehen. Auch Konkurrent China National Petroleum Corp. (Cnooc) sucht Partner, die bei der Öffnung tiefer liegender Quellen und dem Abbau schwer zugänglicher Rohstoffe wie Schiefergas in China selber helfen. John Hicks (Oxford, Großbritannien) und Kenneth Arrow (Harvard, Vereinigte Staaten) Wassily Leontief (Harvard, Vereinigte Staaten) Gunnar Myrdal (Stockholm, Schweden) und Friedrich August von Hayek (Freiburg, Deutschland) Leonid Kantorowitsch (Akademie der Wissenschaften Moskau, Sowjetunion) und Tjalling Koopmans (Yale, Vereinigte Staaten) Milton Friedman (Chicago, Vereinigte Staaten) Bertil Ohlin (Stockholm, Schweden) und James Meade (Cambridge, Großbritannien) Herbert Simon (Carnegie-Mellon, Vereinigte Staaten) Theodore Schultz (Chicago, Vereinigte Staaten) und Arthur Lewis (Princeton, Vereinigte Staaten) Lawrence Klein (Pennsylvania, Vereinigte Staaten) James Tobin (Yale, Vereinigte Staaten) 1978 1979 Thomas Sargent Preisträger Ragnar Frisch (Oslo, Norwegen) und Jan Tinbergen (Netherlands School of Economics, Niederlande) Paul Samuelson (MIT, Vereinigte Staaten) Simon Kuznets (Harvard, Vereinigte Staaten) 2000 2001 2002 2003 Fachgebiet Makroökonomik Gleichgewichtstheorie Wirtschaftswachstum und Wirtschaftsgeschichte Allgemeine Gleichgewichtstheorie Input-Output-Analyse Makroökonomik und Institutionenökonomik Theorie der optimalen Ressourcenallokation Makroökonomik Außenwirtschaft Verwaltungswissenschaften Entwicklungsökonomik Institutionenökonomik Mikroökonomik und Wirtschaftssoziologie Wirtschaftsgeschichte Spieltheorie Makroökonomik Informationstheorie Theorie der Finanzmärkte Wohlfahrtstheorie Währungstheorie James Heckmann (Chicago, Vereinigte Staaten) und Ökonometrie Daniel McFadden (Berkeley, Vereinigte Staaten) George Akerlof (Berkeley), Michael Spence (Stanford) Informationstheorie und Joseph Stiglitz (Columbia), alle Vereinigte Staaten Daniel Kahneman (Princeton, Vereinigte Staaten) und Ver-Verhaltensökonomik und non Smith (George Mason University, Vereinigte Staaten) experimentelle Ökonomik Robert Engle (New York, Vereinigte Staaten) und Ökonometrie Clive Granger (San Diego, Vereinigte Staaten) 2005 Robert Aumann (Hebrew University, Israel) und Thomas Schelling (Maryland, Vereinigte Staaten) Edmund Phelps (Columbia, Vereinigte Staaten) 2008 2009 2010 2011 Spieltheorie Makroökonomik Leonid Hurwicz (Minnesota, Vereinigte Staaten), Eric Spieltheorie Maskin (Princeton, Vereinigte Staaten) und Roger Myerson (Chicago; Vereinigte Staaten) Paul Krugman (Princeton, Vereinigte Staaten) Wirtschaftsgeographie Elinor Ostrom (Indiana University, Vereinigte Staaten) Institutionenökonomik und Oliver E. Williamson (University of California at Berkeley, Vereinigte Staaten) Peter Diamond (MIT), Dale Mortensen (Northwestern Suchmärkte University), Christopher Pissarides (LSE) Thomas J. Sargent (New York) und Christopher Sims (Princeton) Erkenntnisse in Konsumtheorie, Geldtheorie und Beweis der komplexen Probleme der Stabilitätspolitik Bahnbrechende Arbeiten zur Theorie des internationalen Handels und der internationalen Kapitalbewegungen Erkenntnis über Entscheidungsfindung in ökonomischen Organisationen Pionierarbeiten in der Entwicklungstheorie Erfindung und Anwendung breiter ökonometrischer Prognosemodelle Analyse der Finanzmärkte und ihrer Beziehung zu Ausgabenentscheidungen, Beschäftigung, Produktion und Preisen Industrielle Organisation Arbeit über Industriestruktur und öffentliche Regulierung Allgemeine Neue analytische Methoden sowie rigorose Neuformulierung der allGleichgewichtstheorie gemeinen Gleichgewichtstheorie Volkswirtschaftliche Gesamt- Grundlegende Beiträge zur Entwicklung der VGR als Basis für die emrechnung (VGR) pirische Forschung Makroökonomik Pionierarbeiten über Ersparnis und Finanzmärkte Öffentliche Finanzen Entwicklung der vertrags- und verfassungstheoretischen Grundlagen für die Theorie wirtschaftlicher und politischer Entscheidung Wachstumstheorie Beiträge zur Wachstumstheorie Partielle und allgemeine Pionierarbeiten zur Theorie der Märkte und der effizienten AllokatiGleichgewichtstheorie on Ökonometrie Klärung der wahrscheinlichkeitstheoretischen Grundlagen der Ökonometrie und Analysen simultaner Strukturen Theorie der Finanzmärkte Pionierarbeiten auf dem Gebiet der Finanzmärkte Finn Kydland (Carnegie Mellon, Vereinigte Staaten) und Makroökonomik Edward Prescott (Arizona, Vereinigte Staan) 2007 Beiträge zur Theorie der optimalen Ressourcenallokation Makroökonomik Makroökonomik 2004 2006 Begründung des Auswahlkomitees Entwicklung und Anwendung dynamischer Modelle zur Analyse wirtschaftlicher Prozesse Fortentwicklung der statischen und dynamischen Wirtschaftstheorie Empirisch fundierte Erkenntnisse über Struktur und Prozeß der wirtschaftlichen Entwicklung Pionierarbeiten zur Gleichgewichtstheorie und zur Wohlfahrtsökonomik Entwicklung und Anwendung der Input-Output-Analyse Pionierarbeiten in Geld- und Ordnungstheorie Makroökonomie Entdeckung und Klärung der Bedeutung von Transaktionskosten und Verfügungsrechten für institutionelle Struktur und Funktion der Wirtschaft Ausdehnung der mikroökonomischen Analyse auf breite Gebiete menschlichen Handelns und menschlicher Interaktion Erneuerung der Wirtschaftsgeschichte durch Anwendung ökonomischer Theorie und quantitativer Methoden auf den institutionellen Wandel Pionierarbeiten über Gleichgewichtszustände in der Theorie nichtkooperativer Spiele Entwicklung und Anwendung der Hypothese rationaler Erwartungen Grundlegende Beiträge zur ökonomischen Theorie der Anreize bei asymmetrischer Information Neue Methode zur Bestimmung des Wertes derivativer Finanzprodukte Beiträge zur Wohlfahrtstheorie Analyse der Geld- und Fiskalpolitik unter verschiedenen Wechselkurssystemen sowie Theorie optimaler Währungsgebiete Entwicklung von Theorien und Methoden zur Analyse selektiver Stichproben sowie diskreter Wahlentscheidungen Analyse von Märkten mit asymmetrischer Information Erarbeitung der Grundlagen der psychologischen (verhaltenstheoretischen) und experimentellen Ökonomik Entwicklung von Methoden zur Analyse von wirtschaftlichen Zeitreihen mit zeitlich variierender Volatilität (Arch) oder gemeinsamen Trends (Cointegration) Beiträge zur dynamischen Makroökonomik, insbesondere Zeitkonsistenz der Wirtschaftspolitik und Bestimmungsgründe des Konjunkturzyklus Verbesserung des allgemeinen Verständnisses von Konflikt und Kooperation mit Hilfe der Spieltheorie Analyse von intertemporalen Zielkonflikten in der gesamtwirtschaftlichen Politik Grundlagen der Design-Mechanismus-Theorie Analysen der Handelsmuster und Räume wirtschaftlicher Aktivität Analyse ökonomischen Handelns im Bereich Gemeinschaftsgüter sowie im firmeninternen Bereich Analyse von Märkten mit Suchfriktionen Empirische Forschung zu Ursache und Wirkung in der Gesamtwirtschaft Quelle: www.Nobelprize.org Erste Group vor Milliardenverlust BHP Billiton darf Bank muss Firmenwerte in Osteuropa abschreiben Bergwerk ausbauen ela. WIEN, 10. Oktober. Beträchtliche Wertberichtigungen werden in der österreichischen Bank Erste Group in diesem Jahr zu einem Verlust von rund einer Milliarde Euro führen. Das kündigte das Kreditinstitut an. Mit diesen „harten Schnitten“ bereite sich die Bank darauf vor, dass sich die Staatsschuldenkrise noch weiter ausbreitet und die Realwirtschaft mit sich zieht. „Wir ziehen uns warm an. Und warm anziehen ist teuer“, sagte der Vorstandsvorsitzende Andreas Treichl vor Journalisten in Wien. Konkret erwartet Treichl einen Fehlbetrag von bis zu 800 Millionen Euro. Bisher wär ein Gewinn in dieser Größe geplant gewesen. Doch im dritten Quartal hat das Spitzeninstitut der österreichischen Sparkassen durch eine Milliardenabschreibung auf Tochtergesellschaften in Ungarn und Rumänien, neue Kreditwertberichtigungen sowie Abwertungen auf Kreditausfallversicherungen Credit Default Swaps (CDS) und Staatsanleihen 1,5 Milliarden Euro Verlust erwirtschaftet. Die Bank hat den Angaben zufolge die Staatstitel-Außenstände in Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und Irland von 1,9 Milliarden Euro zu Jahresbeginn auf jetzt 650 Millionen Euro verringert. Bis zu 600 Millionen Euro Kapital muss die Erste Group für ihre Tochterbank in Ungarn nachschießen und rund 100 Millionen für die Tochtergesellschaft BCR in Rumänien. Einen Rückzug aus Ungarn schließt Treichl aus. Allerdings werde wegen der dortigen politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten eine „geschäftspolitische Anpassung“ nötig. Im dritten Quartal hat die Erste die Bankbeteiligung in Ungarn (Firmenwert) zur Gänze abgeschrieben. Treichl sprach von „radikalen Schnitten“. Damit stelle er die Bank auf eine längere Periode der Unsicherheit ein. che. SINGAPUR, 10. Oktober. Der größte Rohstoffkonzern der Erde steht vor der Entscheidung, eines der größten Bergwerke der Erde für rund 30 Milliarden Dollar so auszubauen, dass die größte Tagebaumine der Welt entsteht. BHP Billiton hat von der australischen Regierung die Genehmigung erhalten, das Bergwerk Olympic Dam im Süden Australiens zu erweitern (F.A.Z. vom 20. Mai). Allerdings muss der Rohstoffkonzern dazu mehr als 150 Umweltauflagen erfüllen und gut 600 Lizenzen und Genehmigungen erwerben. Allein 150 000 Hektar muss BHP Billiton im Ausgleich für den Naturschutz sichern. Die Umweltprüfung dauerte sechs Jahre und schloss die Prüfung der Folgen für die Luftqualität im entlegenen Gebiet von Olympic Dam genauso mit ein wie derjenigen für den Fischbestand im Meer. Der Konzern beantragte unter anderem die Genehmigung für eine Abraumhalde, die auf 67 Quadratkilometern 150 Meter hoch über die Wüste ragen wird. Umweltschützer laufen Sturm gegen die Genehmigung. BHP Billiton will sich nun bis zum nächsten Frühjahr Zeit lassen für eine endgültige Entscheidung, die Erlaubnis zu nutzen. Der Tagebau soll die schon heute in Olympic Dam geförderten Produkte Kupfer, Uran und Gold schneller ans Tageslicht bringen. Die Analysten der Deutschen Bank schätzen, das Projekt werde knapp 28 Milliarden Dollar kosten. Allein der jährliche Ausstoß von Kupfer soll in Olympic Dam von derzeit 180 000 Tonnen auf 750 000 Tonnen steigen. Der Ausstoß von Uran sollte von derzeit 4000 auf 19 000 Tonnen zulegen – das wäre mehr, als Kasachstan, das bislang wichtigste Förderland, heute insgesamt produziert. Es dürfte allein vier bis fünf Jahre dauern, das Gestein und das Erz abzutragen, um an Kupfer, Uran und Gold zu gelangen. Die Hoffnungen, dass es für die EuroStaatsschuldenkrise in nächster Zeit eine Lösung geben werde, hätten sich in den zurückliegenden Wochen sehr reduziert. Treichl geht davon aus, dass von der jetzigen Krise die Realwirtschaft getroffen wird, auch in Osteuropa, wo die Bank tätig ist. Sollte nichts weiteres Dramatisches passieren, hält die Erste Gruppe netto in den Folgequartalen wieder Nettogewinne von 200 Millionen Euro für realistisch. Treichl sieht eine Konsolidierung auf dem osteuropäischen Bankenmarkt. Denn griechische Banken könnten zu Bankverkäufen in Osteuropa gezwungen sein, meinen Analysten. „Ich glaube, dass es in Polen zu Veränderungen kommen wird und in Rumänien“, sagte Treichl, sowie in Bulgarien und Serbien. (Siehe Finanzmarkt, Seite 23.) Filiale der Ersten Foto Reuters