Outputlücke: neuste Schätzungen Makroökonomie - Uni Basel 206 Wieso ist die Outputlücke wichtig? Zwei Gründe Makroökonomie - Uni Basel 207 4.4 Die Probleme der Echtzeit‐Analyse Das Themengebiet zu den Echtzeit‐Aspekten befasst sich mit der Tatsache, dass die Dinge aus verschiedenen Gründen häufig nicht so liegen wie sie auf die Reihe zurückblickend erscheinen. Probleme bei der Interpretation der Gegenwart oder Vergangenheit Probleme bei der Extrapolation in die Zukunft Ursprung/Gründe Verzögerung bei der Veröffentlichung der Daten Revisionen der Daten Makroökonomie - Uni Basel 208 1 Betrachten wir einige Beispiele für die Schweiz Verzögerungen: Einige Daten erscheinen ziemlich rasch: CPI: um die 10 Tage nach Monatsende Arbeitslosenquote: ungefähr eine Woche nach Monatsende Umfragen PMI: Erster Arbeitstag des Folgemonats Andere erscheinen mit einer mehr oder weniger substantiellen Verzögerung: GDP, Industrieproduktion, Löhne, … Makroökonomie - Uni Basel 209 Industrieproduktion (erscheint Quartalsweise) Ergebniss GAV Lohnverhandlungen (Erscheint jährlich) Sowohl das Erfassen wie auch das Schätzen der Daten braucht seine Zeit! Makroökonomie - Uni Basel 210 Betrachten wir einige Beispiele für die Schweiz Revisionen: Auch hier kann das Phänomen je nach Variable unterschiedlich ausgeprägt sein. Das BIP ist sicherlich das bekannteste Beispiel hierfür Makroökonomie - Uni Basel 211 2 Datenrevision: Der Beginn der Erholung in 2003 – Echtzeit 4 3 2 1 0 Jan 05 Dez 04 Nov 04 Okt 04 Sep 04 Aug 04 Jul 04 Jun 04 Mai 04 Apr 04 Mrz 04 Feb 04 Jan 04 Dez 03 Nov 03 Okt 03 Sep 03 Aug 03 Jul 03 Jun 03 Mai 03 Apr 03 Mrz 03 Feb 03 Jan 03 Dez 02 Nov 02 Okt 02 Sep 02 Aug 02 Jul 02 Jun 02 Mai 02 Apr 02 Mrz 02 Feb 02 Jan 02 -1 -2 -3 -4 -5 -6 ARGDP_2003_Q1 ARGDP_2003_Q2 ARGDP_2003_Q3 ARGDP_2003_Q4 ARGDP_2004_Q2 ARGDP_2005_Q2 ARGDP_2007_Q1 Makroökonomie - Uni Basel 212 Der gemeinsame Effekt dieser beiden Faktoren kann die korrekte Interpretation der zugrundliegenden Realität deutlich verzögern…und zu falschen Entscheidungen führen. Sind nur die BIP‐Reihen von diesem Problem betroffen? Einige Reihen sind im allgemeinen gar nicht oder deutlich weniger betroffen: Nein, aber das BIP spielt eine wichtige Rolle, gerade im Hinblick auf die Schätzungen der Outputlücke. Preisindizes Finanzmarktvariablen Arbeitslosigkeitszahlen Es existiert keine „richtige“ Regel; Sie müssen aus den Erfahrungen lernen Makroökonomie - Uni Basel 213 Kapitel 5 Die Haushalte und der private Konsum Die Haushalte und der private Konsum 3 Übersicht des Kapitels 5.1 Laufende Einkommen und Konsum 5 1 Laufende Einkommen und Konsum 5.2 Vorausschauende Haushalte und Konsumglättung 5.3 Konsum und Fiskalpolitik: die ricardianische Äquivalenz Makroökonomie ‐ Uni Basel 215 5.1 Laufende Einkommen und Konsum Gebrauchsgüter Verbrauchsgüter C Dienstleistungen Makroökonomie - Uni Basel 216 C Gewünschter Konsum: Vom Haushalt gewünschte Menge an Konsum Die Konsum‐ und Sparentscheidung eines Individuums Man kann weniger konsumieren als man gerade verdient (positive Ersparnisse) Man kann mehr konsumieren als man gerade verdient (negative Ersparnisse) Makroökonomie - Uni Basel 217 4 Die keynesianische Konsumfunktion (oder die absolute C income – Hypothese) Der bestimmende Faktor für den Konsum ist das gegenwärtige Einkommen, welches demzufolge die Budgetbeschränkung der Haushalte darstellt Aggregation über alle Haushalte: Ct a cYt Eigenständiger Konsum: unabhängig vom Einkommen Letztendlich relevant ist das verfügbare Einkommen, so dass Ct a cYDt Der Konsum nimmt zum Zeitpunkt t zu, wenn das gegenwärtig verfügbare Einkommen ansteigt Makroökonomie ‐ Uni Basel 218 C Grenzneigung des Konsums (MPC, marginal propensity to consume): zeigt uns wie der Konsum auf Änderungen des Einkommens reagiert Entspricht der Steigung der Konsumfunktion C' C YD 0 < MPC < 1 Analog gilt für die Grenzneigung des Sparens (MPS, marginal propensity to save): S' S 1 C' YD da St YDt Ct Makroökonomie ‐ Uni Basel 4.2 Vorausschauende Haushalte und Konsumglättung 219 C Die Theorie von Keynes anerkennt die Rolle des Sparens nur teilweise Kritik: zu simplifizierend. Es existiert ein Trade‐Off zwischen gegenwärtigem und zukünftigem Konsum. Konsumenten sind vorausschauend und bilden Erwartungen bezüglich der Zukunft Ihre Entscheidungen basieren auf einer intertemporalen Budgetbeschränkung Makroökonomie ‐ Uni Basel 220 5 C TBox 4 – Permanentes Einkommen und Barwert (PDV,present discounted value) Das Konzept des permanenten Einkommens ist eng mit dem Konzept des Barwerts/Gegenwartswerts verknüpft Allgemein ausgedrückt versucht der PDV den zukünftigen Zahlunssströmen (Einkommen, Gewinne, Mieten,…) einen Wert zuzuordnen Grundkonzept der Finanzwirtschaft Zukünftige Zahlungsströme werden mit Hilfe des Zinssatzes abgezinst Der Zinssatz kann als Mass für die Kosten eines Geldtransfers über die Zeit hinweg betrachtet werden Wollen sie lieber heute oder nächstes Jahr 10‘000 Franken erhalten? Makroökonomie - Uni Basel 10’000 Franken heute sind in einem Jahr 221 C 10’000 * 1.05 = 10’500 Franken wert Ein fairer Trade‐Off wäre daher zwischen 10‘000 heute und 10‘500 in einem Jahr entscheiden zu müssen. Was ist der heutige Wert von 10‘000 in einem Jahr? Anders ausgedrückt: Wie viel soll ich heute zu 5% investieren um in einem Jahr 10‘000 zu erhalten. X * 1.05 = 10’000 X = 10’000/ 1.05 = 9’523.8 Genau dies ist der Barwert (Present Discounted Value) Falls sie die 10‘000 Franken erst in 5 Jahren erhalten würden, müssten sie über 5 Perioden abzinsen PDV = 10’000/(1.05)5 = 7’835.1 Makroökonomie - Uni Basel Für jegliche zukünftige Zahlungsströme gilt; je höher der Zinssatz umso kleiner der Barwert (PDV) 222 C PDV = 10’000/(1.1)5 = 6’209.25 Allgemeine Formel für den Barwert PDVt = CFt + CFt+1/(1+r)+ CFt+2/(1+r)2 +… + CFt+n/(1+r)n Falls die zukünftigen Einkommensströme nicht mit Gewissheit bekannt sind, beziehen sich Ökonomen/innen auf den erwarteten Barwert des zukünftigen Einkommens EPDVt = Et(CFt) + Et(CFt+1)/(1+r)+ Et(CFt+2)/(1+r)2 +.. + Et(CFt+n)/(1+r)n Makroökonomie - Uni Basel 223 6 C Die permanent income ‐ Hypothese (Milton Friedman) und die life‐cycle – Hypothese (Franco Modigliani) argumentieren, dass Konsumentscheidungen auf einer langfristigen Perspektive basieren Prinzip: Wenn Haushalte sparen oder sich Geld leihen können, kann Einkommen ‐ und somit auch Konsum – über Zeitperioden hinweg transferiert werden. Zukünftiges Zukünftiges Einkommen wird Teil der Ressourcen, welche Einkommen wird Teil der Ressourcen welche heute genutzt werden können, genauso wie auch das gegenwärtige Einkommen zur Stützung des zukünftigen Konsums verwendet werden kann. Motiv zur Konsumglättung: Die Präferenz für eine über die Zeit relativ gleichmässige (optimale) Konsumsstruktur Wie sollte die Glättung des Konsums für die Konsumenten eine Rolle spielen?! Makroökonomie - Uni Basel 224 C Erstens: Weil in ihre Nutzenfunktion die gesamte Lebenszeit einfliesst (life‐time utility function) U t U (C1 , C2 ) Zweitens: Weil die Finanzintermediäre dies ermöglichen Drittens: Weil die Grenzneigung des Konsum abnehmend ist MPC und die Konsumfunktion Konstante MPC, lineare Konsumfunktion Abnehmende MPC, nicht‐lineare Konsumfunktion Makroökonomie ‐ Uni Basel 225 C MPC und die Konsumfunktion C1 C C2 C 1 YD C 2 YD a C 2 ' (YD) 2C 2 1 Makroökonomie ‐ Uni Basel 2 100 101 YD c YD 2 0 226 7 C life‐time Nutzenfunktion: β1 U(C1,C2) = lnC1 + βlnC2 Das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens des Konsums impliziert konvexe Indifferenzkurven Konsumenten vermeiden unausgeglichene Konsumbündel unausgeglichene Konsumbündel C2 Y1*(1+r)+Ye2 U3 U2 U1 Y1+Ye2/(1+r) C1 Makroökonomie ‐ Uni Basel 227 C Betrachten wir ein Beispiel um zu sehen wie dies die intertemporale Allokation des Konsums beeinflusst Einkommen zum Zeitpunkt 1: Y1 = 40’000’000 CHF Erwarteter Einkommen zum Zeitpunkt 2: Ye2 = 5’000 CHF Zinssatz r=0.05=5% Sp1 = Y1 ‐ C1 C2 ≤ (1+r)S1 + Ye2 =(1+r)(Y1 ‐ C1) + Ye2 Gleichbedeutend mit: C1 C2 Ye2 Y1 (1 r) (1 r) PDV des Konsums ≤ PDV des Einkommens Makroökonomie ‐ Uni Basel 228 Periode 1: Y1 + Ye2 /(1+r)= 40’000’000 + (5’000/1.05) C Periode 2: Y1 *(1+r) + Ye2 = 40’000’000*1.05 + 5’000 C2 Y1*(1+r) + Ye2 U20 Steigung der Budgetbeschränkung: ‐(1+r) Budgetbeschränkung: (1+r) U2 U1 C2 Makroökonomie ‐ Uni Basel C1 C1 Y1+ Ye2 /(1+r) 229 8 Konsumglättung: Existiert sie tatsächlich? Aber sicher… C Hier einige konkrete mikroökonomische Beispiele Sportprofis Altersvorsorge Studenten/innen Junge Leute welche in der Zukunft eine Familie gründen wollen Junge Berufstätige mit der Absicht ein eigenes Unternehmen zu gründen Daher: Heute zu Lasten eines höheren zukünftigen Einkommens mehr zu konsumieren ist ein rationales Verhalten. Ebenso aber auch die Investition in die Altersvorsorge bereits im erwerbsfähigen Alter Makroökonomie ‐ Uni Basel 230 Grenzen der Konsumtheorie Wieso ist Michael wieder im Rennen? Hypothese 1: Weil er nichts von Konsumglättung versteht Hypothese 2: Es gibt über den Konsum hinaus noch andere Faktoren Konsummenge ≠ Grad des Wohlergehens Einige förderliche Faktoren für das persönliche Wohl haben nichts mit Konsum zu tun: Beschäftigungs‐, Familienstatus, Religion und Glauben, Freiwilligenarbeit,… Makroökonomie ‐ Uni Basel 231 C Rationale Erwartungen ≠ Perfekte Voraussicht. Finanzmärkte müssen Glättung ermöglichen. Es gibt sicher mikroökonomische Beispiele, welche gegen der Theorie sprechen. Die Theorie bezieht sich auf das Zentrum der Verteilung. repräsentativer Agent ä t ti A t Was sagt denn die makroökonomische Evidenz? Makroökonomie ‐ Uni Basel 232 9 Ein gemischtes Bild: Jeffrey C. Fuhrer, 1992: C More recent studies suggest that while the life‐cycle/ permanent‐income theories may at best hold up on average over the long run, they do not provide an adequate description of consumer behavior over the short run for example, over the duration of a business cycle. ¼ bis ½ der US Haushalte bestimmen ihre Konsumausgaben aufgrund ihrer laufenden Einkommen. Krueger and Perri, 2005: bis zu einem gewissen Mass reagiert der Konsum auf Änderungen des gegenwärtigen Einkommens. Ein Blick in die Daten der Schweiz … Makroökonomie ‐ Uni Basel 233 Konsum und Ersparnisse in der Schweiz Im Allgemein: Hohe Sparquote im internationalen Vergleich. Hohe Ertragsbilanzüberschüsse sind die Folge der starken Sparneigung. Im Einklang mit der Theorie ? Bevölkerungsalterung ist sicher ein Aspekt. B ölk l i i h i A k Mittelfristige Mi lf i i Konsumglättung Zyklische Schwankungen der Sparquote sind jedoch auch beobachtbar. Stehen sie im Einklang mit der Theorie? Die Sparquote wurde in der guten Konjunkturphase stark erhöht. 2010 und 2011 wird sie wahrscheinlich abnehmen. Intermediate Macro - Uni Basel Intermediate Macro - Uni Basel 234 235 10 Der schweizerische private Konsum ist in dieser Rezession besonders resistent gewesen. Die hohe Sparquote am Anfang der Rezession hat sicher eine wichtige Rolle gespielt ! Intermediate Macro - Uni Basel 236 C Effekte von Änderungen des heutigen Einkommens: Wenn sich das gegenwärtige Einkommen verändert, beeinflusst dies den heutigen und den zukünftigen Konsum. Effekte von Änderungen des zukünftigen Einkommens: Ein höheres erwartetes Einkommen in der Zukunft führt bereits heute zu höherem Konsum und somit tieferen Ersparnissen Effekte von Vermögensänderungen Eine Erhöhung des Vermögens erhöht auch den gegenwärtigen Konsum und reduziert die heutigen Ersparnisse Makroökonomie ‐ Uni Basel 237 C Effekte von Änderungen des heutigen Einkommens: C2 (Y1+ΔY1 )*(1+r) +Ye2 U1 C1 U2 Sp1 C2 Konsumausgaben steigen in beiden Perioden! C1 Makroökonomie ‐ Uni Basel Y1+ΔY1 +Ye2/(1+r) 238 11 C Effekte von Änderungen des zukünftigen Einkommens: Y1*(1+r) +Ye2+ΔYe2 C2 C1 U1 U2 Sp1 C2 Konsumausgaben steigen wiederum in in beiden Perioden! C1 Y1+(Ye2+ΔYe2 )/(1+r) Makroökonomie ‐ Uni Basel 239 C Realer Zinssatz: Substitutionseffekt Der Preis einer Einheit heutigen Konsums sind 1+r Einheiten zukünftigen Konsums, wobei r der reale Zinssatz ist. Ein höherer Zinssatz erhöht den Anreiz für die Haushalte heutigen durch zukünftigen Konsum zu substituieren Realer Zinssatz: Einkommenseffekt Für Für die Sparer: Negativer Effekt auf das Sparen, da es weniger die Sparer: Negativer Effekt auf das Sparen, da es weniger Ersparnisse braucht um einen bestimmten Betrag in der Zukunft zu erhalten (Zwecksparen) Für die Kreditnehmer: Positiver Effekt auf das Sparen, da der höhere Zinssatz zu einem Vermögensverlust führt Empirische Studien liefern gemischte Resultate; wahrscheinlich ist eine leichte Erhöhung der aggregierten Ersparnisse Makroökonomie ‐ Uni Basel 240 C Realer Zinssatz: Einkommen‐ und Substitutionseffekt, angenommen r‘< r C2 Y1*(1+r) + Ye2 U1 U2 U3 Substitutionseffekt reduziert Sp1 Einkommenseffekt erhöht S i k ff k höh Sp1 Ye2 C1 Y1 Makroökonomie ‐ Uni Basel Sp1> 0 Y1+Ye2/(1+r) 241 12 C 5.3 Konsum und Fiskalpolitik: die ricardianische Äquivalenz Fiskalpolitik Beeinflusst den gewünschten Konsum durch Änderungen des heutigen und des erwarteten zukünftigen Einkommens YD1 = YY1 – T1 + Int + Int1 + Tr + Tr1 YDe2 = Ye2 – Te2 + Inte2 + Tre2 Wenn T1 oder T2 steigt, EPDV der Einkommensströme nimmt ab EPDVt = Et(YDt) + Et(YDt+1)/(1+r) Fiskalpolitik wirkt auf Sp und C Makroökonomie ‐ Uni Basel 242 C Fiskalpolitik Beeinflusst direkt auch die öffentlichen Ersparnisse da Sg = G + Int + Tr – T Effekt auf die nationalen Ersparnisse hängt von der Reaktion von Sp und Sg ab da S = Sp + Sg Makroökonomie ‐ Uni Basel 243 C Staatsausgaben (temporäre Erhöhung) Das durch aktuell höhere Steuern finanzierte höhere G reduziert das Einkommen nach Steuern und führt zu tieferem erwünschten Konsum; Sp und S nehmen ab. Trifft auch zu wenn die Ausgaben durch höhere zukünftige Steuern finanziert werden, da die Leute erkennen wie ihr zukünftiges Einkommen dadurch beeinflusst wird; Sp und S nehmen in diesem Fall zu. Änderung von G beeinflusst S, da C weniger zurückgeht als G ansteigt, wenn die Erhöhung von G temporärer Natur ist. Somit beeinflussen die Staatsausgaben sowohl den erwünschten Konsum wie auch die erwünschten nationalen Ersparnisse Makroökonomie - Uni Basel 244 13 C Steuern (mit konstanten G und Y) Eine Senkung der Pauschalsteuern (lump‐sum tax) heute wird durch zukünftig höhere Steuern finanziert Der Rückgang des zukünftigen Einkommens kann den Effekt der Erhöhung des gegenwärtigen Einkommens gleich wieder aufheben; der Konsum kann zu‐ oder abnehmen Die These der Ricardianischen Äquivalenz Wenn zukünftige Einkommensverluste die aktuellen Einkommensgewinne genau aufheben wird sich der Konsum nicht verändern Steueränderungen betreffen nur das Timing der Besteuerung, nicht deren endgültigen Wert (Barwert) In der Praxis erkennen die Leute unter Umständen nicht, dass auf heutige Steuersenkungen zukünftig höhere Steuern folgen werden; die Steuersenkung führt zu höherem gewünschten Konsum und tieferen gewünschten nationalen Ersparnissen Makroökonomie - Uni Basel 245 C US Steuerrabatt 2008 Frühling 2008: US Regierung zahlt den Haushalten 100 Mia USD zurück, etwa 950 USD pro Haushalt im Durchschnitt. Aufgrund der Theorie hätte man erwartet, dass der grösste Teil dieses Geldes gespart wird. Broda und Parker (2008) verwenden Mikrodaten zu zeigen, dass im Laufe von Q2 2008 dank dieser Massnahme der dass im Laufe von Q2 2008 dank dieser Massnahme der durchschnittliche Haushalt die Konsumausgaben um 3.5% erhöht hat. Besonders stark war die Reaktion der Haushalte mit tieferen Einkommen. Makroökonomie - Uni Basel 246 Kapitel 6 Investitionen 14 Übersicht des Kapitels 6.1 Optimaler Kapitalstock und Investitionen 6.2 Tobin's q (6.3 Bauinvestitionen) 6.4 Gütermarktgleichgewicht Makroökonomie - Uni Basel 248 I 6.1 Optimaler Kapitalstock und Investitionen Wieso sind Investitionen wichtig? Kurzfristig: Kurzfristig: Investitionen schwanken während eines Investitionen schwanken während eines Konjunkturzyklus stark; um diesen verstehen zu können müssen wir auch die Investitionen verstehen Langfristig: Investitionen spielen eine zentrale Rolle für das Wirtschaftswachstum Makroökonomie - Uni Basel 249 I Der optimale Kapitalstock Der optimale Kapitalstock ist die Menge an Kapital, welche für die Firmen den grössten erwarteten Gewinn ergibt Daher spielen auch hier die Erwartungen eine wichtige Rolle Der erwünschte optimale Kapitalstock hängt von den Kosten und Nutzen zusätzlichen Kapitals ab Da die Investitionen nach einer gewissen Zeit in den Kapitalstock übergehen, entspricht der Nutzen einer Investition dem zukünftigen Grenzprodukt des Kapitals (MPK, marginal product of capital) Makroökonomie - Uni Basel 250 15 I Kapitalnutzungskosten Kapitalnutzungskosten = reale Kosten der Nutzung einer Einheit Kapital über eine spezifische Zeitperiode = reale Zinskosten + Abschreibungen uc = r*pK + d*pK = (r + d)*pK Makroökonomie - Uni Basel 251 I MPKf= uc uc, MPKf MPKf uc K1 K* K2 K Makroökonomie - Uni Basel 252 I Änderungen des optimalen Kapitalstocks Faktoren welche die MPKf ‐Kurve verschieben oder die Kapitalnutzungskosten verändern wirken sich auch auf die optimale Menge an Kapital aus Solche Faktoren sind Änderungen des Realzinssatzes, Abschreibungsrate, Kapitalpreis oder technologische f beeinflussen E t i kl Entwicklungen welche die MPK l h di MPKf b i fl uc = r*pK + d*pK = (r + d)*pK Makroökonomie - Uni Basel 253 16 I uc, MPKf MPKf uc0 uc2 K0* K2* K Makroökonomie - Uni Basel 254 I uc, MPKf MPKf0 MPKf2 uc K0* K2* K Makroökonomie - Uni Basel 255 I Steuern und der optimale Kapitalstock Nach Steuern beträgt die Rendite des Kapitals (1 – )* MPKf Eine Firma wählt ihren Kapitalstock so, dass der Ertrag den Nutzungskosten entspricht, dh (1 )*MPK (1 – )*MPKf = uc, was bedeutet: b d t t MPKf = uc/(1 – ) = (r + d)*pK/(1 – ) Die Kapitalnutzungskosten nach Steuern sind uc/(1 – ) Eine Erhöhung von τ führt zu höheren Nutzungskosten nach Steuern und reduziert den optimalen Kapitalstock Makroökonomie - Uni Basel 256 17 I Wir gingen bisher von der Annahme aus, dass die Einnahmen der Firmen besteuert werden In der Realität werden Gewinne, und nicht die Einnahmen besteuert Da Abschreibungen den Gewinn reduzieren, müssen die Firmen tiefere Steuern bezahlen Manchmal Manchmal Steuererleichterungen werden verwendet damit Steuererleichterungen werden verwendet damit Firmen neue Investitionen tätigen Makroökonomie - Uni Basel 257 Vom gewünschten optimalen Kapitalstock zu den Investitionen I Nettoinvestitionen = Bruttoinvestitionen (I) minus Abschreibungen (d*Kt ) It – d*Kt Kt+1 = Kt + It – d*Kt Kt+1 – Kt = It – d*Kt It = Kt+1 – Kt + d*Kt wobei die Nettoinvestitionen der Veränderung des Kapitalstocks (Kt+1 – Kt) entsprechen. Makroökonomie - Uni Basel 258 I Wenn Firmen ihre Kapitalstöcke in einer Periode ändern können, ist der optimale Kapitalstock (K*) = Kt+1 It = K* – Kt + d*Kt Investitionen bestehen somit aus zwei Teilen: Die Die gewünschte Nettoerhöhung des Kapitalstocks über die gewünschte Nettoerhöhung des Kapitalstocks über die Periode (K* – Kt) Die benötigten Investitionen um das abgeschriebene Kapital zu ersetzen (d*Kt) Makroökonomie - Uni Basel 259 18 CH: Ausrüstungsinvestitionen seit 1948, Real, Basis 2000, in Mio CHF. I 260 I Schweiz: Durchschnittliche Lebensdauer von Produkten und Abschreibungsraten Makroökonomie - Uni Basel Erwartungen in der gegenwertigen Krise Intermediate Macro - Uni Basel 261 I 262 19 CH‐Exportindustrie: Index der Erwartungen fiel auf tiefstem Stand I mindestens seit Ende der 70er Jahre 60 40 20 0 -20 -40 Jun 09 Jun 07 Jun 05 Jun 03 Jun 01 Jun 99 Jun 97 Jun 95 Jun 93 Jun 91 Jun 89 Jun 87 Jun 85 Jun 83 Jun 81 -80 Jun 79 -60 SA Intermediate Macro - Uni Basel 263 5.2 Tobin's q Investitionen und der Aktienmarkt Tobin‘s q‐Investitionstheorie (1969): Investitionen sollten eine steigende Funktion in q sein, wobei q als Verhältnis des Firmenwerts relativ zu den Kosten eines Kaufs aller Firmenanlagen und –strukturen auf ihren entsprechenden Märkten definiert wird I = θ*q mit θ>0 Makroökonomie - Uni Basel 264 Der Aktienpreis multipliziert mit der Anzahl Aktien bezeichnet dem Marktwert einer Firma Formel: q = V/(pK*K), wobei V für den Börsenwert der Firma, K für das Firmenkapital und pK für den Preis von neuem Kapital steht pK*K entspricht den Wiederbeschaffungskosten des Firmenkapitalstocks Ein Boom auf den Aktienmärkten erhöht V und mit dem höheren q steigen auch die Investitionen Empirisch ist bei steigenden Aktienkursen eine allgemeine Tendenz zunehmender Investitionen festzustellen, der Zusammenhang ist jedoch schwach Makroökonomie - Uni Basel 265 20 6.4 Gütermarktgleichgewicht Y = C + I + G Aggregiertes Angebot = Aggregierte Nachfrage ist die Gleichgewichtsbedingung für den Gütermarkt In einer geschlossenen Volkswirtschaft passt sich der reale Zinssatz an um den Gütermarkt ins Gleichgewicht zu bringen Alternative Darstellung, aus Kap. 3 unserer Vorlesung: Da S = Y – C – G, S = I Makroökonomie - Uni Basel 266 Sparen und Investieren Theorie des privaten Konsums Theorie der Investitionen r I S 7% S>I 4% I=S I und S Makroökonomie - Uni Basel 267 Verschiebungen der Sparkurve Was versteht man unter „Verschiebung“? Gründe für eine Rechtsverschiebung der Sparkurve: Höherer aktueller Output Tieferer zukünftiger Output Vermögensrückgang Vorübergehend rückläufige Staatsausgaben mit Steuersenkung Vorübergehend tiefere T beim konstanten G, mit oder ohne ricard. Äquivalenz Makroökonomie - Uni Basel 268 21 r I S0 S2 4% I=S I und S Makroökonomie - Uni Basel 269 Verschiebungen der Investitionskurve Die Investitionskurve verschiebt sich nach rechts wenn der effektive Steuersatz sinkt oder die erwartete zukünftige Grenzproduktivität des Kapitals steigt Resultat: höherer r, höhere S und I Makroökonomie - Uni Basel 270 I2 r I0 S 5% 4% I=S Makroökonomie - Uni Basel I und S 271 22 Gleichgewicht in einer kleinen offenen Volkswirtschaft Wir erinnern uns: GDP = Y = C + G + I + X – M (S ‐ I) = (G + Int + Tr ‐ T) + (X ‐ M) Sparüberschuss Budgetdefizit = + “Ertragsbilanz” GNP = Y + NFP = C + G + I + X – M + NFP (S ‐ I) = (G + Int + Tr ‐ T) + (X – M + NFP) Sparüberschuss = Budgetdefizit + Ertragsbilanz Makroökonomie - Uni Basel 272 Nehmen wir an (Vereinfachung): (G + Int + Tr ‐ T) = 0 NFP = 0 Es bleibt übrig: (S (S ‐ I) I) = (X (X – M) Sparüberschuss = Ertragsbilanzsaldo (CA) S = I + CA = I + (X‐M) Makroökonomie - Uni Basel Gleichgewichtbedingung für eine kleine offene Volkswirtschaft 273 Kleine offene Volkswirtschaft: Die Volkswirtschaft ist zu klein um den realen Weltzinssatz beeinflussen zu können Realer Weltzinssatz (rw): der reale Zinssatz auf dem internationalen Kapitalmarkt Neu: Bewohner der kleinen offenen Volkswirtschaft können zum erwarteten realen Weltzinssatz Kredite vergeben oder aufnehmen rw kann so sein, dass S > I, S = I, oder S < I Wenn S > I, wird der Überschuss an gewünschten Ersparnissen über die gewünschten Investitionen auf dem internationalen Markt ausgeliehen (Nettoauslandskredite sind positiv) und (X‐M) > 0 Wenn S = I, werden keine Kredite ans Ausland vergeben und (X‐M) = 0 Wenn S < I, wird der Überschuss an erwünschten Investitionen über die erwünschten Ersparnisse durch das Ausland finanziert (Nettoauslandskredite sind negativ) und (X‐M) < 0 Makroökonomie - Uni Basel 274 23 r I S Kreditgewährung 7% S>I 4% Kreditaufnahme S<I I=S I und S Makroökonomie - Uni Basel 275 Die Effekte von Wirtschaftsschocks auf eine kleine offene Volkswirtschaft Alles was bei gegebenem Weltzinssatz zu einer Erhöhung der gewünschten nationalen Ersparnisse relativ zu den erwünschten Investitionen führt, erhöht die Nettoauslandkredite und vice versa Y steigt, zukünftiger Output sinkt, oder G sinkt MPKf sinkt, steigt Eine höhere erwartete zukünftige Grenzproduktivität des Kapitals erhöht die gewünschten Investitionen und reduziert den Ertragsbilanzüberschuss oder erhöht das Ertragsbilanzdefizit Makroökonomie - Uni Basel 276 24