24 | Vorarlberg Sonntag, 19. März 2017 Vorarlberg | 25 Sonntag, 19. März 2017 Unbekanntes Himmelslicht Zu Beobachtungen von Phänomenen auch am Vorarlberger Nachthimmel und deren möglichen – ganz einfachen – Erklärungen. Von Robert Seeberger A nfang März sahen mehrere Beobachter geheimnisvolle Lichter am Abendhimmel über Vorarlberg. Es wurden auch Filmaufnahmen gemacht und Einzelbilder daraus dem Autor übermittelt. Ein Augenzeuge berichtete, dass „das Objekt zirka 20 Minuten am selben Ort blieb und dann schnell nach links und rechts flog“. Was könnte das gewesen sein? – das fragten sich auch andere Beobachter des Phänomens. Auf den Bildern war ein normales sternförmiges Objekt zu sehen. Bei stärkerer Vergrößerung zeigte das Objekt an den Rändern einen grünlichen Farbsaum, und bei noch stärkerer Vergrößerung war ein blasses, in leichten Farbtönen gehaltenes, rautenförmiges Objekt zu sehen. Als gelernter Astrophysiker habe ich viele Nächte an Großobservatorien verbracht und hatte genügend Gelegenheit, auch ungewöhnliche Himmelserscheinungen zu beobachten. Auch als Amateurastronom wurde ich mit interessanten Himmelslichtern konfrontiert. Die Astronomen sind an Sternen, Kometen, Galaxien und diversen Nebeln interessiert. Dunkel muss es sein, Stadtbeleuchtungen stören da ebenso wie der grelle Vollmond. Im Folgenden werden bekannte Störenfriede beschrieben. Eines ist klar: wenn für mich als Beobachter ein Leuchtphänomen nicht zugeordnet werden kann, Himmelslaternen sorgten auch für Himmelsphänomene. SHUTTERSTOCK (3) IridiumFlare, eine Lichtreflexion an einem Satelliten. Fast so hübsch wie eine „fliegende Unter­ tasse“. dann ist es im Wortsinn ein UFO – ein unbekanntes Flugobjekt oder – da das Kürzel aus dem angloamerikanischen Sprachraum stammt – ein „unidentified flying object“. Rotes Licht. Beginnen werde ich mit einer Beobachtung, die ich vor etwa zehn Jahren erstmals machte: ein helles, rotes Licht stieg langsam in Richtung Zenit auf und verschwand plötzlich wieder. Damals wurde es modern, bei Feiern und besonderen Anlässen sogenannte Himmelslaternen steigen zu lassen. Bis mich ein Eingeweihter aufklärte, konnte ich das Phänomen nicht verstehen. Heute sind diese Objekte wegen der hohen Brandgefahr praktisch verschwunden. Der nächtliche Flugverkehr über Vorarlberg hat in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen. Die blinkenden Positionslichter können eine astronomische Aufnahme rui- Die Internationale Raumstation ist als heller „Stern“ zu beobachten, der innerhalb von wenigen Minuten quer über den Himmel fliegt. nieren, wenn diese zur falschen Zeit am falschen Ort auftauchen. In seltenen Fällen schwer zuzuordnen sind Sternschnuppen. Ohne Vorwarnung zieht sich eine mitunter sehr helle Lichtspur über den Himmel. Im Jahresverlauf sind wiederkehrende Sternschnuppenhäufungen bekannt. Die Perseiden, die jedes Jahr um den 10. August ihr Maximum haben, sind vielen bekannt. Da der Volksmund versichert, dass bei einer Sichtung ein Wunsch in Erfüllung geht, sind die Laurentiustränen, wie diese auch genannt werden, beliebte Beobachtungsobjekte geworden. Dabei verglühen millimeterkleine Gesteinsteilchen in der Erdatmosphäre. Größere Teilchen verglühen spektakulär mit großer Leuchtdichte – manchmal sogar von Donnergeräuschen begleitet. Solche Phänomene haben immer wieder zu besorgten Meldungen geführt, wonach wahrscheinlich ein mi- litärisches Objekt oder sogar ein außerirdisches Flugobjekt abgestürzt sei. ISS. Satelliten sind leicht zu identifizieren und zu beobachten. Die internationale Raumstation (ISS) umrundet in etwa 400 Kilometer Höhe die Erde und hat Menschen an Bord. Auf der Homepage www.Robert-Seeberger.at ist unter Sternkalender ein Link zu den Sichtbarkeiten der ISS über Vorarlberg zu finden. Frühaufsteher können am Morgen des 20. März um 5.26,30 Uhr in westnordwestlicher Richtung die ISS beobachten. Knapp sechs Minuten später verschwindet das sehr helle Objekt (heller als alle Sterne) in südöstlicher Richtung wieder. Iridium-Flares sind extrem helle Lichtblitze, die durch reflektiertes Sonnenlicht an einem der 66 Telekommunikationssatelliten verursacht werden. Die Liste erstaunlicher Him- melsphänomene ließe sich noch ergänzen. Abschließen möchte ich mit einer persönlichen Beobachtung vor vielen Jahren am Cima-Ekar-Observatorium bei Asiago in Italien. Der Spiegeldurchmesser des Teleskops beträgt 1,8 Meter. Dennoch musste ich das Gerät jeweils fast eine Stunde auf eine schwache Galaxie halten, um das gewünschte Spektrum zu erhalten. Die Zeit wurde genützt, um auf einem balkonartigen Rundweg um das Kuppelgebäude den sternen­ übersäten Nachthimmel zu genießen. Doch was war das? Unregelmäßig blinkende Lichter aus südlicher Richtung passten nicht in mein Weltbild. Erst am nächsten Tag wurde mein persönliches UFO zu einem VFO (Verstandenem Flugobjekt). Eine dicke Nebeldecke lag über der im Süden befindlichen Po­ebene. Eine steile Straße führt in unzähligen Serpentinen von dort auf die Hochebene von Asiago. Scheinwerferlichter von Autos blitzten unregelmäßig durch die Nebelschicht zum Himmel – für mich war die Sache in der Beobachtungsnacht nicht zu klären. Zurück zu den Lichtphänomenen über Vorarlberg Anfang März: Astronomen geben fast so ungern wie Mediziner Ferndia­ gnosen ab. Auffallend ist jedoch, dass übereinstimmend beschrieben wurde, dass das Phänomen in westlicher Himmelsrichtung und am späten Abend wieder verschwunden war. Dort stand Anfang März in überragender Helligkeit der Planet Venus als Abendstern. Die beobachteten Farbeffekte sind ebenso wie die ruckartige Bewegung durch ungeeignete Vergrößerungen mit schwachen optischen Kameras zu erklären. Wenn ich das Objekt mit einem guten astronomischen Fernrohr beobachte, sehe ich keine Raute, Aufklärung. sondern die sichelförmige Venus. Beobachtet wurden die Phasen der Venus übrigens erstmals vor gut 400 Jahren von Galileo Galilei. Die Beobachtung war ein wichtiges experimentelles Indiz für das heliozentrische Weltbild. Oft ranken sich um UFO-Beobachtungen Verschwörungs­ theorien folgenden Inhalts: Fachleute und Militärs oder die NASA wissen längst, dass uns Außerirdische besuchen. Sie müssen das nur verschweigen. Darf ich dem Ockhams Rasiermesser entgegenhalten? Das Prinzip geht auf einen Franziskanermönch zurück, der um 1300 lebte, und besagt folgendes: „Wenn du mehrere mögliche Erklärungen für denselben Sachverhalt findest, dann solltest du die einfachste Theorie den anderen vorziehen.“ Dieser Grundsatz wird mit Erfolg in der modernen Naturwissenschaft angewendet. Darf ich ein Experiment vorschlagen? Wenn ich mit meiner im Prinzip gewagten Ferndiagnose richtig liege, dass die beobachteten Phänomene auf die Venus zurückgehen, so kann die Himmelserscheinung ab kommender Woche nicht mehr im Westen beobachtet werden. Denn nach dem 20. März ist die Venus zu nahe an der Sonne, um als „Abendstern“ im Westen zu leuchten. Außerirdisches Leben. Unab- hängig von Interpretationen der Himmelsphänomene ist die Frage, ob es außerhalb der Erde Leben oder gar intelligentes Leben geben kann, sehr interessant. Die Forschungsergebnisse der jüngsten gut 20 Jahre machen die Existenz von außerirdischem Leben immer wahrscheinlicher. Gefunden wurde zwar noch gar nichts. Aber es ist heute bekannt, dass ein Großteil der Sterne einen oder mehrere Planeten hat. Es wurden auch Planeten in der sogenannten habitablen Zone um ihren Mutterstern gefunden. Das heißt, der Abstand von Stern zu Planet ist gerade so, dass es auf dem Planeten angenehme Temperaturen hat. Wenn sich nach einer gewissen Zeit so wie auf der Erde Leben bilden kann, dann sind wir wahrscheinlich nicht allein. Ob wir mit den ETs reden oder gar Besuch von ihnen erhalten können – das ist eine weit ungewissere Frage.