5 Indikationen

Werbung
5
5 Indikationen
B. Khanavkar, S. Ewig, K. Darwiche, E. Hecker, J. Volmerig, M. Bollow
5.1
Diagnostische Bronchoskopie – 93
5.1.1 Tumordiagnostik – 93
Wann ist eine Bronchoskopie zur Frage Lungentumor indiziert? – 95
Zentral sichtbare Tumoren – 96
Periphere Tumoren – 101
Lymphknotenstaging – 105
Endoskopische Tumornachsorge – 107
5.1.2 Sonderfall Frühkarzinom – 107
Intraepidermale Frühkarzinome – 109
Small noncalcified pulmonary nodules (SPN) – 112
5.1.3 Bronchoskopische Erregerdiagnostik bei bronchopulmonalen
Infektionen – 113
Methodik der Gewinnung bronchoskopischer Sekrete – 114
Methodik der Verarbeitung bronchoskopischer Sekrete – 115
Akute Exazerbation der COPD und Bronchiektasen – 116
Ambulant erworbene Pneumonien – 116
Therapieversagen nach Arbeitsdiagnose ambulant erworbene
Pneumonie – 117
Nosokomiale Pneumonien – 118
Schwere Pneumonien unter Immunsuppression – 121
Tuberkulose und atypische Mykobakterien – 123
5.1.4 Bronchoskopische Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen – 124
Indikationen zur Bronchoskopie – 125
5.1.5 Hämoptysen ohne radiologisches Substrat – 134
5.1.6 Chronischer Husten – 134
5.1.7 Vocal cord dysfunction (VCD-Syndrom) – 135
5.2
Therapeutische Bronchoskopie
– 135
5.2.1 Atemwegsmanagement – 135
Maligne Atemwegsstenose – 135
Benigne Trachealstenose – 138
Tracheoösophageale Fistel – 140
Tracheomalazie – 141
Benigne Bronchusstenose – 142
5.2.2 Bronchiallavage – 143
5.2.3 Fremdkörperextraktion – 144
5.2.4 Spezialfälle – 145
Alveolarproteinose – 145
Hämoptoe – 145
Bronchopleurale Fistel/Stumpfinsuffizienz – 148
Intrabronchiale Medikamentenapplikation – 149
5.3
Bronchoskopische Lungenvolumenresektion
– 150
5.3.1 Einleitung – 150
Konservative Therapie des Lungenemphysems – 150
Operative (offen-chirurgische oder thorakoskopische) Therapie
des Lungenemphysems – 150
NETT-Studie – 150
5.3.2 Entwicklung der bronchoskopischen Lungenvolumenreduktion
5.3.3 Ein- und Ausschlusskriterien der BLVR – 152
5.3.4 Klinisch-technische Evaluation – 152
5.3.5 Rehabilitation – 152
5.3.6 Ventilimplantation – 152
5.3.7 Risiken – 153
5.3.8 Nachbehandlung – 153
Literatur – 154
– 151
5
93
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
Die prozentuale Verteilung der Indikationen zur Bronchoskopie richtet sich nach dem vom Untersucher bedienten
Klientel. Forschungseinheiten werden die Untersuchung
allein zu diagnostischen Zwecken einsetzen, auf Intensivstationen ist der Anteil der therapeutischen Bronchoskopien groß. Ambulant durchgeführte Untersuchungen erfolgen meist mit diagnostischen Fragestellungen. In einer
Krankenhaus-basierten Bronchologie-Einheit machen die
diagnostischen Indikationen etwa drei Viertel der Gesamtuntersuchungszahlen aus (. Tab. 5.1).
. Tab. 5.1. Liste der Indikationen zur Bronchoskopie (AugustaKranken-Anstalten, Bochum, 2007)
Indikation
Fallzahl
Anteil
Tumorverdacht
240
32,4%
Erregerdiagnostik
111
15,0%
Unklares Infiltrat
70
9,5%
Lymphknotenvergrößerung
44
5,9%
Interstitielle Erkrankungen
33
4,5%
Hämoptysen
30
4,0%
Sonstige
18
2,4%
Nachsorge
15
2,0%
Husten
14
1,9%
Sarkoidose
5
0,7%
Tumorpositive Zytologie
1
0,1%
Therapeutische Eingriffe
160
21,6%
5.1
Diagnostische Bronchoskopie
a
b
5.1.1 Tumordiagnostik
Die derzeit neben der Erregerdiagnostik häufigste Indikation zur flexiblen Bronchoskopie ist der Einsatz im Rahmen
der pneumologischen Tumordiagnostik. Radiologische
Methoden sind trotz des enormen Fortschrittes in der Bildgebung allein nicht in der Lage, eine Gewebediagnose zu
liefern. Die Epidemie der Lungenkarzinome hält auf Grund
der Latenzzeit der Tumorentwicklung trotz abnehmenden
. Abb. 5.1a–c. Lungenkarzinom mit zentralem Sitz. a Projektions- 7
radiographie des Thorax eines Patienten mit Hämoptysen. Auffällig ist
die Strukturvermehrung und Unschärfe des linken Hilus. b Computertomogaphie in einer Schicht im Mediastinalfenster durch Hilushöhe.
Tumormassen anterior und posterior des linken Hauptbronchus
kommen zur Darstellung und ein Tumoreinbruch in Höhe des Oberlappenabgangs (Plattenepithelkarzinom). c Endoskopisches Bild zu
. Abb. 5.1b. Unten im Bild die Oberlappenkarina links, im Ostium
ventral und dorsal vulnerable Tumorvegetationen
c
94
Kapitel 5 · Indikationen
. Abb. 5.3. Computertomographische Darstellung einer Nadelpunktion eines Lungenrundherdes im linken Oberlappen, Patient in Bauchlage. Mit der 19-G-Nadel kann ein Gewebszylinder für die Histologie
gewonnen werden
5
a
b
. Abb. 5.2a und b. Lungenkarzinom mit peripherem Sitz. a Projektionsradiographie des Thorax eines Patienten mit Rückenschmerzen
und produktivem Husten. Subklavikulär links zeigt sich eine diskrete
Verdichtung. b Computertomographie in einer Schicht im Lungenfenster subklavikulär, linksseitig 2 cm großer weichteildichter Rundherd mit Ausziehungen, sog. Krebsfüßchen (niedrig differenziertes
Adenokarzinom mit ausgedehnten ossären Wirbelkörpermetastasen)
Zigarettenkonsums an. Die Lunge als Manifestationsort für
Metastasen anderweitig lokalisierter Primärtumoren spielt
für die endoskopische Diagnostik angesichts der Fortschritte in der Metastasenchirurgie und maßgeschneiderter
Chemotherapiekonzepte ebenfalls eine zunehmende Rolle.
Zu unterscheiden sind die Tumorlokalisationen zentral und
peripher, da diese wesentliche Auswirkungen auf die zur
Anwendung kommende Methodik bedeuten (. Abb. 5.1
und 5.2). Zentral sichtbare Tumoren werden unter optischer Kontrolle biopsiert, periphere Tumoren müssen sondiert werden, entweder unter Zuhilfenahme einer Durch-
leuchtung oder einer Ultraschallsonde. Neuere Methoden
der Lokalisation mittels elekromagnetischer Steuerung sind
bisher Spezialzentren vorbehalten.
Lungenkarzinome weisen eine bevorzugte Lokalisation
innerhalb des Bronchialsystems auf. Etwa zwei Drittel der
Prozesse manifestiert sich in den Oberlappen. Diese bevorzugte Lage stellt besondere Anforderungen an das Instrumentarium und das Können des Endoskopikers.
In den letzten Jahrzehnten hat eine Häufigkeitsverschiebung zugunsten peripherer Raumforderungen stattgefunden. Das Adenokarzinom der Lunge ist im Vergleich
zum Plattenepithelkarzinom die prädominante Manifestationsform dieses Tumorleidens, eine Beobachtung, die
auf die in den letzten Jahrzehnten erfolgte Umstellung der
Rauchgewohnheiten auf Filterzigaretten mit niedrigerem
Nikotingehalt zurückgeführt wird. Da Adenokarzinome
im Gegensatz zum zentral lokalisierten Plattenepithelkarzinom häufig als periphere Rundherde entstehen, gewinnt
die transbronchiale Biopsie zunehmend an Bedeutung. Sie
steht in direkter Konkurrenz zur CT-gesteuerten Punktion
von perthorakal (. Abb. 5.3).
Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Bronchoskopie ist die Anfertigung einer Computertomographie des
Thorax in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Untersuchung. Hierdurch wird das Verhältnis des Tumors zu
den Atemwegen klar, zusätzlich ist Information über den
Lymphknotenstatus (N-Klassifikation) und mögliche
Zweitkarzinome bzw. pulmonale oder ossäre Metastasen
(M-Klassifikation) abrufbar (. Abb. 5.4). Die Schnittbildgebung beeinflusst das endoskopische Vorgehen. Es versteht sich von selbst, dass die Röntgenstudien als Ausdruck
oder Datensatz vorhanden sein müssen. Ein Befund allein
reicht als Grundlage für die Bronchoskopie in keinem Fall
aus.
95
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
4 Ist der Herd auf der Voraufnahme nicht dargestellt oder
kleiner, kann eine Proliferation angenommen werden.
Eine Bronchoskopie und weiteres diagnostisches Procedere sind unbedingt angezeigt.
. Abb. 5.4. Computertomographischer Schnitt im Mediastinalfenster. Der Tumor (T) vom Lingulasegment ausgehend ist angeschnitten.
Rechtsseitig medial der Aufteilung des Zwischenbronchus findet sich
ein 2 cm großer Lyphknoten. Kann ein Befall mittels Nadelpunktion
bewiesen werden, handelt es sich um eine Stadium N3 mit den daraus
erwachsenden Konsequenzen für die Therapierbarkeit und Prognose.
Der Pleuraerguss links ist tumorzellfrei
Tipps
Die Bronchoskopie mit all ihren Möglichkeiten steht
nicht isoliert als Diagnoseinstrument zur Verfügung.
Ihr Einsatz im Gesamtkonzept für den Patienten bedarf
sorgfältiger Planung und Abstimmung mit dem den
Patienten betreuenden Team. Ein operabler Herd bedarf eines Lymphknotenstagings, das während der
diagnostischen Bronchoskopie bereits versucht werden
sollte. Liegen jedoch schon Fernmetastasen vor oder ist
ein operatives Vorgehen aus funktionellen Gründen
nicht möglich, kann auf die Lymphknotenpunktion für
Staging-Zwecke verzichtet werden.
Zum Vergleich genügt in keinem Fall der Befund einer
Röntgenstudie, sondern immer auch das Sichten der Originalaufnahmen. Ein erheblicher Prozentsatz kleinerer Herde
ist retrospektiv auf Voraufnahmen zu identifizieren. Es besteht eine klare umgekehrte Korrelation zwischen Herdgröße und dem prozentuellen Anteil übersehener Läsionen.
Eine leichtere Übung, einen Patienten von einer schweren
Sorge zu befreien, ist kaum vorzustellen, als ihn durch Einsehen einer Voraufnahme »gesundzusprechen«.
Über die Notwendigkeit einer Bronchoskopie im Rahmen der Abklärung eines nicht-infektiösen Pleuraergusses
kann gestritten werden. Kleinere Karzinome in komprimiertem Lungengewebe können der CT-Diagnostik zwar
entgehen, diese entziehen sich jedoch auch der endokopischen Diagnose. Eine endoskopisch zu diagnostizierende
zentrale Raumforderung kann in der Regel unter Zuhilfenahme von Kontrastmittel einwandfrei identifiziert werden. In diesem Fall ist die Bronchoskopie zur Gewebsgewinnung indiziert. Ohne Anhalt für eine zentrale Raumforderung ist der diagnostische Gewinn durch eine Bronchoskopie jedoch zu vernachlässigen.
Erstmalige Hämoptysen sollten in jedem Fall zu einer
Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane Anlass geben,
zunächst als Übersichtsaufnahme. Ist der Patient mit
einem Risiko für Lungenkarzinome belastet, sollten immer
auch eine Computertomographie der Thoraxorgane
und eine Bronchoskopie folgen. Gleiches gilt für die Erstmanifestation eines über 4 Wochen persistierenden
Hustens und für die Änderung des »Hustencharakters« bei
Bronchitikern.
Erhöhtes Lungenkrebsrisiko
Wann ist eine Bronchoskopie zur Frage
Lungentumor indiziert?
Radiologische Veränderungen, die zufällig oder aufgrund
von Symptomen erhoben wurden, stellen eine eindeutige
Indikation zur Bronchoskopie dar. Zuvor sollte unbedingt
geklärt werden, ob in früher angefertigten radiologischen
Studien die Veränderung bereits dargestellt ist (»Voraufnahmen«). Aus diesem Vergleich können 2 Konsequenzen
erwachsen:
4 Der Herd besteht in gleicher Formation und Größe
schon auf Voraufnahmen. In diesem Fall ist das Zeitintervall zwischen den Aufnahmen wichtig. Ein Abstand
von 6 Monaten reicht nicht, um eine Veränderung mit
Sicherheit als gutartig zu klassifizieren. Eine Kontrollaufnahme weitere 6 Monate später empfiehlt sich.
4 Lebensalter über 60 Jahre
4 Zigarettenrauchen (>20 Packungsjahre, früher Beginn der Rauchgewohnheit)
4 Berufliche Exposition (Asbest, Chromate, Uranbergbau)
4 Positive Familienanamnese
Rezidivierende pneumonische Infiltrate in derselben
Lungenregion sind eine weitere wichtige Indikation zum
endoskopischen Ausschluss einer zentralen Obstruktion
(. Abb. 5.4 und 5.5). Eine komplikationslos abheilende
ambulant erworbene Pneumonie dagegen stellt selbst bei
einem Raucher ohne weitere Begleitumstände keine Notwendigkeit zur Bronchoskopie dar.
Die Frage der Bronchoskopie im Rahmen der »Tumorsuche« (Gewichtsabnahme, sonstige paraneoplastische Er-
5
96
Kapitel 5 · Indikationen
chende Daten für die Autofluoreszenzbronchoskopie zur
Frühdiagnose des Lungenkarzinoms im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen rechtfertigen den RoutineEinsatz noch nicht. Eine Bronchoskopie zur Vorsorge für
starke Raucher kann im Einzelfall gerechtfertigt werden, ist
aber keine allgemeine Indikation zur Untersuchung.
Auch die Bitte, für karzinophobe Patienten endokopische Gewissheit zu schaffen, muss sehr kritisch überdacht
werden. Insbesondere Patienten mit einem niedrigen Risiko für eine Lungenkarzinomentwicklung unterliegen der
Möglichkeit falsch positiver Befunde (Problematik der
niedrigen Vor-Test-Wahrscheinlichkeit). Gelegentlich wird
das Problem durch die Entscheidung zur Bronchoskopie
daher vergrößert.
Für jede Fragestellung, so auch diese, ist die Indikation
zur diagnostischen Bronchoskopie immer im Licht der daraus erwachsenden therapeutischen Konsequenzen zu beurteilen. Auch für einen demenzkranken, bettlägerigen Patienten kann eine Bronchoskopie wegen einer radiologisch
tumorverdächtigen Veränderung (z. B. Oberlappenkaverne)
Sinn machen, wenn die Differenzialdiagnose einer offenen
Tuberkulose besteht. Andererseits kann bei einem respiratorisch symptomfreien Patienten mit einer ausgedehnt metastasierten Tumorerkrankung, deren wahrscheinliche pulmonale Genese aus einer Metastasenhistologie bekannt ist, auf
eine Bronchoskopie verzichtet werden.
5
a
b
. Abb. 5.5 a und b. Pneumonisches Infiltrat. a In der Projektionsradiographie imponiert ein flächiges Infiltrat im rechten Unterlappen.
b Die Computertomographie in einem Schnitt im Parenchymfenster
bestätigt das Vorliegen eines dichten Infiltrates, zum Teil mit Air-Bronchogrammen. Histologisch handelte es sich jedoch um ein pneumonisches oder Alveolarzellkarzinom
scheinungen) mit unauffälliger Thorax-CT wird dem Bronchoskopiker oft gestellt. Die Qualität der aktuellen Schnittbilddiagnostik reicht für die Darstellung selbst kleiner
Lungentumoren aus. In der Schnittbildtechnik okkulte Karzinome, die endoskopisch erfassbar wären, sind als Frühkarzinome zu klassifizieren. Ihre Bedeutung für ein Krankheitsbild, das ein fortgeschrittenes Stadium repräsentiert,
ist zu vernachlässigen. Daher kann unter Voraussetzung
einer Thorax-CT ohne tumorverdächtigen Befund auch bei
Risikopatienten für ein Lungenkarzinom auf eine Bronchoskopie verzichtet werden, wenn keine neu aufgetretene
bronchopulmonale Symptomatik vorliegt.
Bronchoskopien als Screening-Untersuchungen für
Risiko- oder Hochrisikopatienten werden in 7 Kap. 5.1.2
thematisiert. Kurz zusammengefasst: Selbst vielverspre-
Zentral sichtbare Tumoren
Aufgaben für die Endoskopie in dieser Situation sind die
feingewebliche Diagnosesicherung und so weit als möglich
die Datenerfassung für die weitere Therapieplanung. Dazu
gehören das intrathorakale Staging, für zentrale Tumoren
insbesondere die Festlegung ihrer Position in Bezug auf potenzielle Absetzungsstellen (ggf. Stufenbiopsien), aber auch
Information für mögliche Interventionen zur Palliation bei
fortgeschritteneren Bronchialkarzinomen.
Wachstumsmuster von Neubildungen im Bronchialbereich folgen zwei hauptsächlichen Prinzipien. Es gibt im
Bronchiallumen proliferierende Prozesse (exophytisch;
. Abb. 5.6) und submukös oder intramural ausgebereitete
Tumoren (. Abb. 5.7). Das Wachstumsmuster lässt bereits
eine Abschätzung der zugrunde liegenden Histogenese
zu. Kleinzellige Karzinome wachsen oft submukös und
komprimierend, während Plattenepithelkarzinome, meist
mit zentralem Sitz, wie auch manche Metastasen anderenorts lokalisierter Primärtumoren (Kolon- oder Rektumkarzinom, Nierenzellkarzinom) endoluminal proliferieren
(. Abb. 5.8). Pulmonale Adenokarzinome können sich exophytisch, submukös oder in Kombination ausbreiten.
Exophytisches Tumorwachstum
Diese unterschiedlichen Ausbreitungsmuster haben Auswirkungen auf die Methode der Probengewinnung und
auch auf die zur Anwendung kommenden Rekanalisierungsverfahren für interventionelles Atemwegsmanage-
97
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
. Abb. 5.6. Exophytisch wachsender Tumor mit kompletter Verlegung des Zwischenbronchus – Plattenepithelkarzinom
. Abb. 5.7. Submuköses Wachstumsmuster eines nicht kleinzelligen
Karzinoms im linken Lungenunterlappen, das das Ostium durch Kompression verschließt
ment. Exophytische »blumenkohlartige« Neoplasien sind
bei einer einfachen Zangenbiopsie gut zugänglich (Technik:
7 Kap. 3.2.7). Zuvor müssen kurz die Kontraindikationen
des Einsatzes überprüft werden. Stimmen die Gerinnungsparameter? Das Gewebe ist oft weich, brüchig und mühelos
zu mobilisieren. Wesentlich ist die Auswahl vitalen Gewebes für die Biopsie und eine ausreichende Tiefe der Probeentnahme. Offensichtlich nekrotische Oberflächen sollten
. Abb. 5.8. Brüchiges Tumorgewebe einer endobronchialen Kolonkarzinommetastase mit Verschluss des Bronchiallumens
ggf. abgetragen bzw. durch Sog vor der repräsentativen
Probenentnahme entfernt werden. Zur Vermeidung von
Komplikationen durch Blutaustritt ist an einer distalen Tumorregion bevorzugt zu biopsieren. Nicht selten sind intraluminale Geschwülste noch mit einer Mukosaschicht
überzogen, in der sich histologisch lediglich dysplastische
Veränderungen darstellen lassen. Das ungeordnete Tumorwachstum führt zwar zur Ausbildung von Blutgefäßen
(. Abb. 5.9 und 5.10), meist ist jedoch, normale Gerinnungsparameter vorausgesetzt, auch eine Gewebeentnahme ohne Blutungskomplikation auszuführen.
Pathologen weisen oft auf das Problem der Diagnose
eines mehrere cm großen Tumors angesichts von Proben
von nur wenigen mm hin. Wenn ein exophytisches Wachstumsmuster vorliegt, eignen sich diese für die in der neueren Literatur als Kryobiopsie bezeichnete Gewebeentnahme. Das brüchige Tumorgewebe lässt sich in großen Brocken mit einer speziell konstruierten Kryotherapiesonde
anfrieren und »abpflücken« (. Abb. 5.11). Dabei ist eine
Wandadhäsion durch den Sondenkopf zu vermeiden. Die
Bronchialwand gibt auf Zug nicht nach und auch angefrorene Tumoranteile können nicht entfernt werden. Der
Frierzyklus solle idealerweise mitten im Tumorgewebe erfolgen. Die so gewonnene Biopsie kann selbstverständlich
nicht durch den Arbeitskanal entfernt werden. Ist diese Art
der Biopsie vorgesehen, sollte der Patient für die Untersuchung intubiert werden. Der Pathologe erhält somit anschließend reichlich repräsentatives Material. Als Nebeneffekt stellt sich gelegentlich bereits durch diese Maßnahme eine Rekanalisation eines verschlossenen Bronchiallumens ein. Dieses Manöver kann durchaus am sedierten
Patienten in Lokalanästhesie erfolgen.
5
98
Kapitel 5 · Indikationen
5
. Abb. 5.9. Endobronchiale Tumorknospe eines pulmonalen Adenokarzinoms
. Abb. 5.11. Kryosonde im Tracheallumen mit anhaftendem, bereits
von der Bronchialwand losgelöstem Teil eines exophytischen Tumors
köses Tumorwachstum ist durch Biopsien der oberflächlichen Schleimhautschichten meist nicht erfassbar. Durch
Lymphödem verursachte Schleimhautschwellung kann
als exophytisches Tumorwachstum fehlgedeutet werden
(. Abb. 5.7).
Länge des tumorbefallenen Bronchialabschnittes. Neben
. Abb. 5.10. Im NBI-Modus deutliche Darstellung der Tumorvaskularisation (identische Lokalisation wie in . Abb. 5.9)
Ergebnisse. Die Treffsicherheit der Zangenbiopsie für exophytische Tumoren sollte über 80% liegen. Eine Steigerung
der Ausbeute kann durch das Anfertigen von Imprintpräparaten erreicht werden (7 Kap. 3.1.5). Der zusätzliche
Gewinn für Biopsien im sichtbaren Bronchialbereich ist
jedoch gering. Niedrigere Ausbeuten als 80% lassen vermuten, dass die Indikation zur Zangenbiopsie nicht korrekt gestellt wurde. Die korrekte Interpretation des Wachstumsmusters spielt hier eine entscheidende Rolle. Submu-
der Gewebediagnose ist soweit möglich die Länge des tumorbefallenen Bronchialabschnittes festzulegen. Hierfür
sollte nach Dokumentation und Gewebeasservierung das
Bronchoskop an der Tumormasse vorbei (als Schiene kann
eine intakte Bronchialwand dienen) in die Peripherie vorgeschoben werden. Mit leichtem Druck ist dies prinzipiell
durchaus auch bei das Lumen komplett okkludierenden
Verschlüssen möglich. Fast regelmäßig kommt hierdurch
die Sicht abhanden durch Blut und hinter dem Verschluss
gestaute Sekrete. Mit vorsichtiger Spülung und Absaugen
beim Rückzug sowie mehrfachen Passagen gelingt es jedoch häufig, distalere Bronchialabschnitte einzusehen. Die
Länge des befallenen Bronchialabschnittes ist leicht zu bestimmen, indem die retrahierte Distanz (Tumorunterrand
bis zur proximalsten Stelle) außerhalb des Patienten vermessen wird (. Abb. 5.12). Eitriges poststenotisches Sekret
sollte bei dieser Gelegenheit zur mikrobiologischen Analyse asserviert werden.
Differenzialdiagnose. Differenziert werden müssen allerdings bei den intraluminalen Prozessen benigne Tumoren.
Typischerweise bieten diese eine kugelige Struktur mit relativ glatter Oberfläche. Sowohl Fibrome als auch Karzinoide
können durch ein kräftiges zuführendes Gefäß versorgt
sein, das bei einer Verletzung nach Zangenbiopsie ausge-
99
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
. Abb. 5.13. Nadelbiopsie eines vermeintlichen Karzinoids, die Nadelspitze ist bis zum Anschlag der Hülse im Tumor versenkt (12 mm)
. Abb. 5.12. Längenbestimmung einer Tumorstenose: Das Bronchoskop befindet sich am distalen Stenoseende (blau). Die Austrittstelle an der Nase wird markiert. Das Bronchoskop wird bis zur proximalen Begrenzung der Stenose retrahiert (grün) über die Strecke S.
Der Länge dieser Strecke entspricht die Strecke S’ von der Markierung
bis zum Naseneingang
prägt arteriell bluten kann. Zudem ist eine ganz oberflächliche Biopsie für diese Prozesse wegen der überziehenden
intakten Mukosa meist nicht diagnostisch. Zu überlegen ist
in dieser Situation, die Untersuchung als starre Bronchoskopie fortzusetzen oder tiefere Gewebsschichten durch eine
Nadelbiopsie zu erreichen, um zumindest eine Zytologie zu
erhalten (. Abb. 5.13).
Ein glatter, polypartig konfigurierter, nicht immer pulsierender Tumor kann im Zusammenhang mit Hämoptysen eine Dieulafoix-Läsion sein und sollte unbedingt unverletzt bleiben. Die Blickdiagnose ist hier besonders wichtig. Erfahrungen mit der endobronchialen Sonographie für
diese seltene Diagnose bestehen noch nicht.
. Abb. 5.14. In Längsrichtung des Bronchialverlaufes erweiterte
Blutgefäße im Hilusbereich, meist beidseits, sind eine Manifestation
einer chronischen kardialen Lungenstauung. Dieses Bild wird als Stauungsbronchitis bezeichnet
Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch kommt für
Submuköses bzw. intramurales Tumorwachstum
Submuköses oder intramurales Tumorwachstum kann
ebenfalls von endobronchial charakterisiert werden. Anzeichen für diese Art der Tumorausbreitung sind Schleimhautverstreichung, Gefäßdilatation oder Kompression des
Lumens, Aufspreizung von Karinen oder vermehrte Wandsteifigkeit. Auch Schleimhautaufwerfungen ergeben sich
gelegentlich in Folge eines gestörten Lymphabflusses und
täuschen Tumorproliferation vor.
eine nur diskrete Ausprägung solcher Veränderungen auch
die schwere Entzündung oder die Stauungsbronchitis
(. Abb. 5.14) als Ursache in Betracht. Eine Wandversteifung
ergibt sich aber bei rein entzündlichen Prozessen nicht.
5
100
Kapitel 5 · Indikationen
Tipps
Im Bereich eines Ostiums mit Rötung, Verquellung und
Lumeneinengung unter Sicht der Wand leichten Sog
ausüben. Entzündlich alterierte Schleimhaut bleibt
weich und folgt dem Sog. Infiltrierte Mukosa bewegt
sich nicht. Im Bereich der Wandversteifung ist die Ausbeute einer Nadelbiopsie gut.
5
Eine weitere gelegentlich bei Individuen mit Bergbauanamnese anzutreffende nicht maligne Erscheinung kann Stenosen und Wandversteifungen verursachen. In den pathologischen Bezirken imponieren anthrakotische Plaques mit
derber Gewebekonsistenz. Hierdurch können Bronchiallumina komplett obliteriert oder so eingeengt sein, dass eine
Passage mit dem Bronchoskop nicht möglich ist. Die diffuse
Ausbreitung im zentralen Bronchialsystem und die auffällige schwarze Färbung der Plaques ermöglichen die Unterscheidung zu neoplastischen Stigmata (. Abb. 5.15).
. Tab. 5.2. Diagnostischer Zugewinn durch Nadelzytologie zentraler submuköser Prozesse (Augusta-Kranken-Anstalt, 1990)
n
Fallzahl
Diagnose gesichert
(alle Verfahren)
Nur Nadelzytologie
positiv
101
66
16
Erfahrung aus eigener Arbeit bestätigt diese Sachlage
(. Tab. 5.2). Angesichts der deutlich gesteigerten Ausbeute
für zentrale Tumoren durch diese Technik und der zu vernachlässigenden Komplikationen ist es dringend erforderlich, dass die Nadeltechnik im Rahmen der Bronchoskopie
zur Basisroutine jeder Bronchologie-Einheit wird. Im Zweifelsfall (ist die Schleimhautveränderung tatsächlich neoplastisch oder nur durch Ödem verursacht?) kann nach der
Zangenbiopsie eine Nadelaspiration ergänzt werden. Der
erhöhte Zeit- und Kostenaufwand zahlt sich aus, wenn hierdurch Zweitbronchoskopien vermieden werden können.
Ultraschall-assistierte Probenentnahme. Die Möglichkeit,
Zangen- oder Nadelbiopsie? Eine Zangenbiopsie im Be-
reich submukösen Tumorwachstums liefert oft nur eine
enttäuschende Ausbeute. Herkömmliche, flexibel eingesetzte Zangenbranchen können die Bronchialwand nicht
komplett durchdringen. In dieser Situation ist der Einsatz
der flexiblen Nadel erforderlich, oft auch ohne endosonographische Bildgebung erfolgreich. Es ist allerdings von
Vorteil, den Punktionsort im Zielgebiet geringfügig zu
wechseln und nicht mehrfach dieselbe Punktionsstelle zu
nutzen. Die Aspiration von Blut führt meist nicht zu aussagefähigem Material, die Probe sollte verworfen und eine
erneute Punktion etwas versetzt wiederholt werden. Die
Punktion eines Gefäßes führt über den Blutaustritt in die
Bronchien hinaus nicht zu Komplikationen, zumindest gibt
es keine entsprechenden Mitteilungen in der Literatur. Die
. Abb. 5.15. Anthrakose mit subtotaler narbiger Stenose eines Subsegmentes des apikalen Unterlappensegmentes
sonographisch Strukturen jenseits der Bronchialwand zu
erkennen, vergrößert die Präzision, mit der eine tumorverdächtige Formation aufgesucht werden kann. Computertomographien hoher räumlicher Auflösung (insbesondere
mit koronaren und sagittalen Rekonstruktionen) ergeben
bereits eine genaue Zuordnung tumoröser Formationen zu
den zentralen Bronchialstrukturen. Zu beachten ist jedoch,
dass sich die räumliche Zuordnung durch die unterschiedliche Körperposition und Atemphase des Patienten (in der
CT mit eleviertem Schultergürtel und in tiefer Inspiration)
um entscheidende Millimeter verschiebt. Die UltraschallSonde ist für den Zweck genauer Lokalisation aufgrund
ihrer Dimension in allen Bronchialabschnitten einsetzbar,
in kleineren Bronchien kann eine geringere Ballongröße,
schließlich gar keine Wasserfüllung mehr erforderlich sein.
Die ideale Position zum Einsatz der Nadel wird mit größerer Sicherheit aufgefunden, auch die Tiefe der in Frage
stehenden Struktur kann gemessen werden. Die Untersuchungszeit verlängert sich durch Hinzunahme des Ultraschallmodus geringfügig. Zwar ist mit der Radiär-Sonde
Tumorgewebe und Gefäßlumen zu differenzieren, die
Dopplerfunktion zur sicheren Identifikation blutführender
Strukturen steht jedoch mit der Sonde nicht zur Verfügung.
Bei der nachfolgenden Nadelperforation ist daher die Penetration eines unmittelbar benachbarten Gefäßes durch
die Nadelspitze nicht selten (. Abb. 5.16). Dies führt nicht
zu einer höheren Komplikationsrate, verringert aber die
Ausbeute an auswertbarem zytologischem Material. Die
Eindringtiefe und der Eindringwinkel der Standardnadel
sind schwierig zu kontrollieren. Die Erfolgsrate von Ultraschall-assistierten Probeentnahmen hängt von der Bronchoskopie-Methode (Lokalanästhesie oder Narkose) und
dem Einsatzgebiet (Tumorgröße) ab. Verlässlich bessere
Ergebnisse durch den Einsatz des Ultraschalls sind kon-
101
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
Gerade für den zentral sitzenden tumorösen Prozess mit
submukösem Ausbreitungsmuster ist jedoch das zytologische Material das einzige Standbein für die Gewebsdiagnose. In der Kooperation eines versierten Bronchoskopikers mit dem in der Beurteilung respiratorischer Gewebe
ausgezeichneten Zytologen können die meisten Neoplasien
in Nachbarschaft der zentralen Bronchien einer definitiven
Diagnose zugeführt werden. Perthorakale Punktionen als
Alternativzugang zu Lungentumoren sind, angewandt in
zentralen Lokalisationen, mit einem Pneumothorax- und
Blutungsrisiko behaftet. Ist ein zentraler Tumor endoskopisch unter Zuhilfenahme aller Modalitäten tatsächlich
nicht typisierbar, sollte zunächst geprüft werden, ob eine
Mediastinoskopie weiterhelfen kann.
Ausdehnung des submukösen Prozesses. Die exakte Be-
. Abb. 5.16. Ballonsonographisches Bild im Bereich des anterioren
Oberlappensegmentes rechts. Tumorformationen (T) liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem kräftigen Pulmonalarterienast (G)
sistent für submuköse zentrale Tumoren, untersucht unter
Lokalanästhesie, nicht belegt. Vorab sollte daher der erhöhte Aufwand (Zeit und Materialkosten) der zusätzlichen
sonographischen Untersuchung sowie die Sensibilität des
zu untersuchenden Patienten gegen den nicht belegten,
aber möglichen Vorteil einer höheren Ausbeute abgewogen
werden. In der Praxis verwenden wir die SonographieSonde zur Darstellung schwierig zu erreichender Tumorlokalisationen, z. B. im aortopulmonalen Fenster oder bei
zwischen Mittellappen und apikalem Unterlappensegment
verborgenen Weichteilformationen.
stimmung der Ausdehnung eines submukösen Prozesses
fällt schwerer als im Falle exophytischen Wachstums, da die
Übergänge von normaler zu pathologischer Schleimhaut
fließend sind. Der Abstand zu potenziellen Absatzorten, die
Länge von Stenosen oder auch die Charakterisierung von
Engstellungen sind abzumessen. Längeausdehnungen sind
zwar präzise durch das Ausmessen der Rückzugsdistanz des
Instrumentes außerhalb des Patienten angebbar (s. o.), allerdings ist die Passage des Bronchoskopes durch wandversteifte Bronchiallumina hindurch oft nicht möglich. Schwierig ist auch das Abschätzen von Lumenverengungen. Es gibt
mittlerweile für diesen Zweck abwinkelbare Messsonden,
ansonsten hilft bereits die Angabe, mit welchen Instrumentenkalibern eine Passage möglich ist. Eine sehr hilfreiche
Klassifizierung von Bronchialstenosen ist, in der weiterführenden Literatur gelistet, von Freitag und Marquette zusammengestellt worden.
Dokumentation. Die schriftliche Charakterisierung eines
Punktionsbronchoskop. Eine Verbesserung der Einsatz-
möglichkeit der Sonographie ist inzwischen in Form des
Punktionsbronchoskops gegeben. Mittels Dopplerfunktion
sind Gefäßpunktionen zu vermeiden (. Abb. 2.15). Die genaue Lage der Nadel (Winkel und Eindringtiefe) ist kontrollierbar, auch für kleinere Läsionen. Fehlpunktionen werden
so vermieden. Im Zusammenhang mit ROSE (7 Kap. 2.1.5)
sind so Ausbeuten von nahezu 100% Treffsicherheit zu erzielen. Nachteilig ist bisher lediglich das Kaliber des Gerätes,
der es für den Einsatz nur bis zu den LappenbronchusAbgängen limitiert. Kleinere Läsionen sind beim spontan
atmenden und lediglich sedierten Patienten nicht zuverlässig anzusteuern. Daher ist immer in Erwägung zu ziehen,
ob der Eingriff nicht von Vornherein in Narkose erfolgen
sollte. Dies gilt insbesondere, wenn ein gleichzeitiges Lymphknotenstaging indiziert ist (s. u.).
Wesentlich für den Erfolg einer solchen Probengewinnung mittels Punktionsbronchoskops ist die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Zytologen. Generell hat die
Zytologie eine der Histologie untergeordnete Reputation.
Befundes stellt oft einen Kompromiss zwischen den Anforderungen an Kürze und erforderliche Präzision dar und
wird in seiner Qualität daher häufig nicht allen Anforderungen gerecht. Eine Schemazeichnung (als Stempel oder
elektronisch einfügbare Graphik, . Abb. 3.2) kann mit wenig
Aufwand die Beschreibung oft gut erläutern (. Kap. 3.1.2).
Gut ausgewähltes Bildmaterial kann in den Befund eingefügt werden. Die sorgfältige Beschriftung und Kennzeichnung ist von besonderer Bedeutung. Einzelbilder müssen
gut ausgewählt sein, um komplexere räumliche Verhältnisse
zu illustrieren, wenn auf eine ausführliche Beschreibung
verzichtet wird. Die Dokumentation für weiterbehandelnde
Spezialisten (meist Thoraxchirurgen) geschieht am wirkungsvollsten durch Filmsequenzen. So ist die Orientierung
über exakte räumliche Verhältnisse insbesondere vor einem
chirurgischen Eingriff am ehesten aussagekräftig möglich.
Periphere Tumoren
Periphere Raumforderungen können benigner, langsam
oder nicht proliferierender Natur sein (Verlauf 7 Kap. 5.1.1),
5
102
5
Kapitel 5 · Indikationen
pulmonale Malignome oder Metastasen anderer Primärtumoren repräsentieren. Die Wahrscheinlichkeit und Verteilung der einzelnen Entitäten hängt vom radiologischen
Erscheinungsbild, aber besonders auch vom Risikoprofil
des Individuums ab und beeinflusst das diagnostische Vorgehen. Ein glatter apikaler Rundherd bei einem ansonsten
gesunden 25-jährigen Nichtraucher verlangt ein anderes
Management als ein sternförmiger Oberlappenherd bei
einem 65-jährigen aktiven Raucher.
Eine bindende Definition peripherer Tumoren gibt es
nicht. Für praktische Belange handelt es sich um jene Prozesse, die im einsehbaren Bronchialbereich auch mittels
Sonographie nicht darstellbar sind. Damit kann ein Tumor
für kaliberstarke Geräte peripher liegen, aber mit einem
schlanken Gerät durchaus in optischer Reichweite liegen.
Indikationen. Die Indikation zur Klärung der feingeweb-
lichen Diagnose solcher pulmonaler eher als bronchialer
Raumforderungen tritt zunehmend häufig auf und bedarf
einer überdachten Strategie im Rahmen des Gesamttherapiekonzeptes. Die vorab zu treffenden Überlegungen zum
singulären pulmonalen Rundherd (s. u.) sind hier genauso
wesentlich wie der Einsatz alternativer Zugangsmethoden
(perthorakale Punktion Ultraschall-oder CT-gesteuert).
Histologische Präparate werden bronchoskopisch in dieser
Situation durch eine TBB mit dem erhöhten Risiko eines
Pneumothorax oder einer signifikanten Blutung gewonnen.
Die erforderliche Bronchoskopie bedarf also des entsprechenden Notfall-Backups. Auf dem Hintergrund des erhöhten Risikos ist abzuwägen, welchen Gewinn die Kenntnis der Histologie erbringt. Disseminierte Metastasen oder
eine deutlich herabgesetzte Therapiefähigkeit durch ein
fortgeschrittenes Krankheitsstadium bzw. eingeschränkte
kardiopulmonale Reserve rechtfertigen eine risikobehaftete
Untersuchung meist nicht.
. Abb. 5.17. Eine Blutspur aus dem Segment 1 rechts weist den Weg
für die Sonographiesonde, mit der anschließend der in . Abb. 5.20
abgebildete Befund erhoben werden konnte
Tumorlokalisation. Der Weg zum peripheren Tumor ist zu-
nächst durch die Computertomographie erschließbar, die
für diese Indikation immer vorab gefordert werden muss.
Endoskopisch stehen dem Untersucher auch die sog. indirekten Tumorzeichen zur Verfügung. Eine Blutspur aus
einem Segmentbronchus ist ein Hinweis auf die Lokalisation des gesuchten Prozesses (. Abb. 5.17). Eingeschränkte
oder aufgehobene Ventilation manifestiert sich als »Spiegelzeichen«. Schaumiges Atemwegssekret wird nicht mehr
mobilisiert und bleibt im entsprechenden Bronchialbereich
als spiegelnde Blase stehen (. Abb. 5.18). Selbst ohne Hilfestellung einer bildgebenden Maßnahme ist hier eine Probeentnahme oft diagnostisch, allerdings sollte zur Verifizierung der korrekten Zangenposition auf den zusätzlichen
Einsatz von Durchleuchtung/Ultraschall nicht verzichtet
werden, da das Biopsieinstrument auch bereits an Sekretpropfen oder Karinen verhakt sein kann.
Zu überlegen ist stets vorab, ob der Tumor eine Position
einnimmt, die unter Verwendung eines dünnkalibrigen
. Abb. 5.18. Atemphasenkonstanter Sekretspiegel im Segment 9
und 10 des linken Lungenunterlappens als Zeichen einer peripheren
Obstruktion dieser Segmente, das sog. Spiegelzeichen
Bronchoskops erreicht werden kann (z. B. ist ein 4-mmDurchmesser-Bronchoskop mit einem 2-mm-Arbeitskanal
für solche Zwecke erhältlich). Während der Untersuchung
ist die akribische Musterung der betroffenen Segmente und
Subsegmente auch auf indirekte Tumorzeichen wesentlich.
Manche »periphere« Tumoren können durch Ausschöpfung
des einsehbaren Bereiches in zentrale umgewandelt werden.
103
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
Erscheint der Tumor vor der Linse und können gezielte Zangenbiopsien entnommen werden, entspricht die diagnostische Ausbeute derjeniger zentraler Tumoren. Der Einsatz
ultradünner Bronchoskope mag in diesem Sinne theoretisch
von Vorteil sein. Praktisch ist der Methode jedoch eine
Grenze gesetzt durch eingeschränkten Visus in den kleinen
Bronchien (Wandkollaps), Sekret (eingeschränkte Sogmöglichkeit), geringere Probengröße, die durch Minizangen gefördert werden können und nicht zuletzt durch die mit der
Probeentnahme verbundene Blutung, deren Sichtbehinderung weniger gut zu beseitigen ist.
Tipps
Druckluft oder Sauerstoff kann durch den Arbeitskanal
dünner Bronchoskope insuffliert werden zur Erleichterung der Orientierung auf dem Weg zum Tumor durch
Aufweitung des Lumens.
Probenentnahme. Die Methode der Histologiegewinnung
aus peripheren Raumforderungen mit bildgebender Führung ist in 7 Kap. 3.2.7 und 3.2.8 beschrieben. Im Gegensatz
zu diffusen pulmonalen Veränderungen, für die TBB eingesetzt werden, ist bei lokalen pulmonalen Prozessen die
Probeentnahme wiederholt aus dem gleichen Subsegment
erforderlich. In dieser Situation kann das Bronchoskop in
einer Wedge-Position belassen werden. Dies verhindert, dass
die Läsion wiederholt aufgefunden werden muss sowie die
Verzögerung der Untersuchung durch prolongierten Blutaustritt und damit eine eingeschränkte Orientierungsmöglichkeit. Bei fixer Durchleuchtungseinheit und notwendiger Patientenrotation muss das Bronchoskop bewusst in Position
gehalten werden (z. B. durch Fixierung am Naseneingang).
Die korrekte Zangenlage lässt sich mit folgendem Manöver überprüfen:
4 Durchleuchtung des Patienten in 2 Ebenen, die Zange
wird in beiden Richtungen im Herd abgebildet.
4 Aufforderung an den Patienten zu atmen. Es wird festgestellt, ob Herd und Instrument sich gemeinsam bewegen.
4 Kontrolle, dass durch die Instrumentenbewegung auch
der Herd (z. B. nach dem Fassmanöver) mitbewegt
wird.
Tipps
Passiert die Zange den Herd unter Durchleuchtung in
zwei Ebenen ohne Widerstand, kann von extramuraler
Tumorproliferation ausgegangen werden. In dieser Situation verbessert der zusätzliche Einsatz der flexiblen Nadel
mit der Möglichkeit der Wandpenetration die Ausbeute.
Stets schwierig zu erreichende Areale für die periphere Probenentnahme sind die medialen Anteile beider Oberlappen. Dies verlangt dem Bronchoskop eine maximale Ab-
winklung ab, die mit dem Biopsieinstrument im Arbeitskanal nicht eingehalten werden kann. Zangen und Nadeln
besitzen in sich keine Abwinklungsmöglichkeit und bewegen sich ab Austritt aus dem Arbeitskanal geradlinig in die
Peripherie. Lösungsmöglichkeiten in dieser Situation bieten dünnerkalibrige Instrumente, mit denen medial gelegene peripherere Subsegmentbronchien intubiert werden
können, Biopsiezubehör anderer Rigidität (z. B. ein Katheter) oder eine Kürette, die eine Abwinklungsmöglichkeit in
einer Ebene bietet und einem Katheter als Führungsschiene
dienen können. Nicht zuletzt kann auch ein Atemmanöver
des Patienten (tiefe Inspiration) ein Ostium so positionieren, dass die Sondierung gelingt.
Sonographiesonde. Sehr elegant ist für periphere Herde
die Methode der katheterbestückten Sonographiesonde.
Die Durchleuchtung wird hierdurch jedoch nicht überflüssig, da das Auffinden eines Herdes mit der Sonde nicht
immer prompt gelingt und radiologischer Unterstützung
bedarf. Die Durchleuchtungszeiten können jedoch erheblich reduziert werden, einzelne Untersuchungen gelingen
sogar ganz ohne Durchleuchtung. Unter ruhigen Untersuchungsbedingungen ist der Weg des Instrumentariums vorgegeben und muss nicht wiederholt mittels Durchleuchtung verifiziert werden. Der Katheter obturiert das betroffene Subsegment und verhindert eine Blutung auch bei
Verletzung eines kräftig blutenden Gefäßes. In diesem Fall
ist ein Anstieg einer Blutsäule im Katheter zu beobachten
(. Abb. 3.37). Wird er lange genug in Position belassen
(1–2 min nach Beendigung der Gewebsentnahme) ist es zur
Ausbildung eines Koagels gekommen. Dies verhindert in
den meisten Fällen auch nach Entfernung des Katheters
den Blutaustritt ins Bronchialsystem. Hierdurch verkürzt
sich die Untersuchungszeit und zusätzlich wird dem Patienten alarmierendes postbronchoskopisches Blutabhusten
erspart. In unserer Erfahrung kommt es unter dem Einsatz
der Katheter-Sonographiesonde zu einer verminderten
Frequenz von therapiebedürftigen Pneumothoraces. Ergänzend ist zu erwähnen, die sonographische Darstellung
peripherer Herde ist intuitiv erlernbar, da der Unterschied
zwischen lufthaltigem Gewebe und weichteildichtem Substrat nicht zu verkennen ist (. Abb. 5.19 und 5.20). Mit geringer Übung gelingt auch die Unterscheidung von Atelektasen
und inhomogenen Infiltraten zu soliden Tumoren. Differenzierte Evaluierung des sonographischen Musters konnte
jedoch nicht verlässlich zur Dignität einer Läsion Auskunft
geben. Zusammengefasst stellt der Einsatz der Sonographiesonde eine erhebliche Erleichterung für die Gewebegewinnung aus peripheren Herden dar.
Auf die Steigerung der diagnostischen Ausbeute durch
Anfertigung von Imprintpräparaten soll an dieser Stelle
erneut hingewiesen werden (7 Kap. 2.1.5).
Ergebnisse. Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs der histo-
logischen oder zytologischen Diagnose ist abhängig von der
5
104
Kapitel 5 · Indikationen
5
. Abb. 5.19. Weichteildichter solider parabronchialer Herd, gut
abgegrenzt vom luftthaltigen Lungengewebe. Auf der gegenüberliegenden Seite der Sonde ist das reflektierende Muster lufthaltiger
Lunge zu sehen, das unter physiologischen Umständen die Sonde zirkumferent umgibt. Pulmonale Metastase eines Prostatakarzinoms
. Abb. 5.20. Zentrale Lokalisation des Sonographiekatheters in
einem echodichten Areal mit vielen eingestreuten Luftreflexen. Es
handelt sich um ein Infiltrat im Rahmen einer Wegenerschen Granulomatose
Herdgröße. Prozesse einer Größe unter 2 cm (jeweils der
längste Durchmesser) lassen eine Erfolgsrate von unter 30%
erwarten. Für 2–4 cm große Läsionen besteht eine 50–60%
Erfolgsaussicht, die Gewebsdiagnose festlegen zu können,
für größere Tumoren sogar bis 80%. Besteht als Differenzialdiagnose eines pulmonalen Herdes eine infektiöse Ursache, insbesondere die Tuberkulose, ist unbedingt die Entnahme einer Gewebeprobe zur mikrobiologischen Kultur
zu bedenken. Selbst nach histologischer Bestätigung einer
aktiven Tuberkulose ist damit die Frage der Erreger- und
Resistenztypisierung noch nicht beantwortet, für die Therapie aber von erheblicher Bedeutung. Die PCR aus histologischem Material hilft nur für die Typisierung weiter.
tik bereits vergrößerte Lymphknoten benachbart zu zentralen Bronchien vorliegen. In diesem Fall kann die Gewebediagnose auch aus befallenen Lymphknoten abgeleitet werden. Die Zuhilfenahme des aufwendigeren endosonographischen Instrumentariums (Ballon-EBUS oder Punktionsbronchoskop) zur Führung einer TBNA ist in dieser Situation zur Diagnosestellung indiziert.
Weiterentwicklungen. In Entwicklung befindliche Navi-
gationssysteme (7 Kap. 3.2.8) wie die elektromagnetische
Steuerung des Instrumentariums, Bronchoskopien unter
CT-Durchleuchtung, Führung eines dünnen Bronchoskops
durch vorab angefertigte virtuelle Bronchialdarstellung versprechen vom Ansatz her eine verbesserte diagnostische
Aussage auch für kleinere Herde. Eine breite Anwendung
dieser Methoden muss jedoch erst erweisen, ob diese Ansätze
den Praxisanforderungen standhalten. Sie erfordern vielfach
eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit (Pneumologie, Radiologie und Anästhesie), die neben zusätzlichen
Fertigkeiten auch logistischer Perfektion bedürfen.
Lymphknotenbiopsie. Zu bedenken ist im Zusammenhang
mit peripheren Tumoren, ob nach der Schnittbilddiagnos-
Was tun bei nicht aussagekräftiger Probe? Zunächst sollte
analysiert werden, worauf die fehlende Diagnose zurückzuführen ist. Eine unzureichende Probe (zu wenig Ausbeute,
kein Gewebe aus dem erstrebten Zielgebiet) rechtfertigt einen zweiten endoskopischen Versuch, möglicherweise mit
alternativem Instrumentarium. Die Frequenz von Doppeluntersuchungen ist bezüglich der Prozessqualität nachteilig, sie bedeutet eine Mehrbelastung für den Patienten und
einen Zeitverlust im Hinblick auf die erforderliche Therapie, ist aber nicht immer zu vermeiden. Ein dünneres
Bronchoskop mit besserer Abwinklungsmöglichkeit oder
ein Gerät mit größerem Arbeitskanal und damit kräftigeren
Biopsieinstrumenten für den Einsatz können im Einzelfall
indiziert sein. Gelegentlich ist im zweiten Anlauf die intensivere Patientenvorbereitung für ein ruhigeres Arbeitsfeld
auch erfolgsichernd. Wiederholungsuntersuchungen mit
den entsprechenden Modifikationen erbringen in unseren
Händen in etwa 60% doch eine definitive Diagnose. Stellt
sich bei der Bronchoskopie jedoch heraus, dass ein Herd ist
mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium nicht
zu erreichen ist, sollte die umgehende Zuweisung an ein
105
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
Zentrum mit umfassenderer Ausrüstung oder eine andere
Probenmodalität erfolgen, um den Zeitverlust bis zur Diagnosestellung zu minimieren.
Periphere Herde mit Kontakt zur Thoraxwand lassen
sich perthorakal sonographisch darstellen und mittels
Punktionsschallköpfen biopsieren. Die hierfür vorgesehenen Biopsienadeln liefern zytologisches Material. Mit
Stanznadeln (z. B. Medax) kann nach vorheriger Lokalisation von Punktionsort sowie Bestimmung des Winkels und
der Tiefe auch Material zur Histologie gewonnen werden.
Das Pneumothoraxrisiko für die sonographisch assistierte
perthorakale Punktion entspricht dem der Bronchoskopie
mit TBB. Von Lungengewebe umgebene Herde entziehen
sich der sonographischen Darstellung von außen. In diesem
Fall ist die CT-gesteuerte Biopsie eine Alternative. Je nach
Erfahrung des Radiologen ergeben sich hier Erfolgsraten
von 70–90%. Die Pneumothoraxrate ist allerdings höher als
bei der TBB. Gelegentlich entstehen Parenchymblutungen,
die zu Infiltraten und Hämoptysen führen, größere Blutungen sind extrem selten. Eine schwerwiegendere Komplikation ist die der Luftembolie, die selten berichtet, aber durchaus keine Rarität ist. Da diese Art des Zwischenfalls für den
endoskopischen Zugang nicht zu berücksichtigen ist, geben
wir immer noch der Bronchoskopie in der Reihenfolge
des diagnostischen Procedere den Vorzug, auch im Hinblick auf eine mögliche operative Therapie. Im Rahmen der
bronchoskopischen Untersuchung des zentralen Bronchialsystems können simultane Frühkarzinome ausgeschlossen werden.
Singulärer Lungenrundherd. Letztendlich wird in diesem
Zusammenhang auch die seit Jahrzehnten engagiert dis-
. Abb. 5.21. Lymphknotenstationen
kutierte Frage berührt: Sollte der malignitätsverdächtige
singuläre Lungenrundherd eines ansonsten gesunden Patienten präoperativ überhaupt gewebetypisiert werden,
oder besteht hier die Indikation zur sofortigen operativen
Therapie ohne vorhergehende Abklärung? Die primäre
operative Therapie ist für den Patienten mit niedrigem operativem Risiko, hohem Risiko für eine maligne Veränderung und fehlenden Anzeichen in der CT für eine nodale
Mitbeteiligung sicherlich eine Alternative. Für alle anderen
Patientengruppen ist eine zügige vorgeschaltete Diagnostik
von Vorteil, um benigne/infektiöse Herde erkennen zu
können.
Lymphknotenstaging
Die meisten für das N-Staging aussagekräftige Lymphknotenstationen sind von den zentralen Atemwegen aus unmittelbar zugänglich (. Abb. 5.21).
Aus der vor einer diagnostischen Bronchoskopie vorliegenden CT-Thorax-Untersuchung ergeben sich wichtige
Informationen über den Lymphknotenstatus. Lymphknoten unter 1 cm maximaler Größe werden als nicht primär
tumorverdächtig eingestuft, enthalten aber trotzdem in
etwa einem Drittel der Fälle schon maligne Zellen. Lymphknoten von einer Größe von mehr als 2 cm sind häufig tumorinfiltriert. Patienten, die einer Belastung mit inhalativen
Schadstoffen (z. B. aus dem Bergbau) ausgesetzt waren,
können benigne Lymphknotenvergrößerungen aufweisen.
Die alleinige Größe als Kriterium zum Lymphknotenstaging ist daher unzuverlässig. Operationskandidaten
ohne Fernmetastasen mit Lymphknotenvergrößerungen
wurden bisher durch eine Mediastinoskopie als Goldstandard für das Lymphknotenstaging untersucht. Dies be-
5
106
Kapitel 5 · Indikationen
5
. Abb. 5.22. Stimmbandparese des linken Stimmbandes, hier in
typischer Halbmondstellung durch die fehlende muskuläre Anspannung
deutet einen zusätzlichen operativen Eingriff, der die definitive Therapie verzögert.
Ein lange bekanntes Zeichen invasiven mediastinalen
Lymphknotenbefalls ist die Stimmbandparese. Durch
Kompression des tief in den Thorax hineinziehenden N. laryngeus links, der unter dem Aortenbogen die Lymphknotenstation 5 tangiert, kann es zu einem charakteristischen
Stimmbandstillstand links kommen (. Abb. 5.22). Heiserkeit als Leitsymptom führt solche Patienten zum Arzt.
Die TBNA mit oder ohne sonographische Assistenz
liefert gute Ergebnisse für deutlich vergrößerte Lymphknoten in den Lokalisationen 4 und 7. Im Falle des Nachweises
von malignen Zellen im Punktat ist ein Stadium N2 oder
N3 nachgewiesen und eine Mediastinoskopie erübrigt sich.
Tumornegative Proben erfordern allerdings eine Verifizierung durch die Mediastinoskopie, da das von der Nadelzytologie repräsentierte Lymphknotenareal unvollständig ist.
Tipps
Für operable Patienten sollte im Rahmen einer diagnostischen Bronchoskopie eine zusätzliche Lymphknotenpunktion vorgenommen werden, wenn Malignitätskriterien in der CT vorliegen. Die Lymphknotenpunktion
sollte der Tumorbiopsie vorgeschaltet werden, um die
Verschleppung maligner Zellen zu minimieren.
Mit dem Ultraschall-Punktionsbronchoskop (Methode
7 Kap. 3.2.8) steht dem Endoskopiker ein Instrument zur
Verfügung, mit dem die mediastinalen Lymphknotenstationen 2, 4, 7, aber auch hilären Lymphknoten 10–13 verlässlich erreichbar sind (EBUS). In Zusammenarbeit mit dem
vom Ösophagus dirigierten Punktionsbronchoskop der
Gastroenterologen sind ergänzend die Stationen 8 und 9 er-
. Abb. 5.23. Prätrachealer Lymphknoten in der Position 4R, Darstellung und Tiefenbestimmung mittels Punktionsbronchoskop im Ultraschallmodus
. Abb. 5.24. Flexible Nadel im Lymphknoten 4R während der Probeentnahme. Mit dem Punktionsbronchoskop ist die Lagekontrolle der
Nadel im Zielgebiet möglich und dokumentierbar
reichbar. Damit kann im Rahmen der Endoskopie ein mediastinales und hiläres Lymphknotenstaging durchgeführt
werden, möglicherweise bereits im Rahmen der primären
diagnostischen Bronchoskopie (. Abb. 5.23 und 5.24).
Bisher erhobene Daten bezüglich der Aussagekraft der
endoskopischen Lymphknotenbiopsie mit dem Punktionsbronchoskop bestätigen, dass selbst kleine Lymphknoten
mit großer Sensitivität charakterisiert werden können,
allerdings ist für diesen Zweck ein sehr ruhiges Operationsgebiet erforderlich. Die Entnahme von Proben aus mehreren Lymphknotenstationen ist zudem zeitaufwändig, so
dass für diesen Zweck eine Untersuchung in Narkose unter
Jet-Ventilation optimale Bedingungen schafft. Sowohl die
Narkose als auch das erforderliche Zubehör für diesen Untersuchungsmodus rücken den Aufwand der Untersuchung
in die Nähe derjenigen einer Mediastinoskopie, allerdings
mit geringeren Komplikationsraten. In Zeiten notwendiger
Rationalisierung von Ressourcen ist aus diesem Gesichts-
107
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
punkt ratsam, diagnostische Abläufe so festzulegen, dass
sich dieser gesteigerte Aufwand auf das geeignete Klientel
konzentriert und sich in Verkürzung der Zeitspanne zur
definitiven Therapie sowie erhöhtem Patientenkomfort
niederschlägt. Ein Lymphknotenstaging mittels Punktionsbronchoskop unter suboptimalen Bedingungen erhöht
Kosten und Aufwand unnötig.
Zu überlegen ist daher, ob das diagnostische Procedere
für den Patienten mit einem radiologisch verdächtigen
Lungenherd geändert werden sollte. Statt der initialen diagnostischen Bronchoskopie erfolgt zunächst die vorläufige
Abschätzung von Operabilität (Lungenfunktion, Blutgasanalyse) und Metastasenstatus (CT Abdomen, Hirn- und
Knochenuntersuchung). Funktionell operable Patienten
ohne Metastasen sollten anschließend in einem zweiten
Schritt der diagnostischen Bronchoskopie einschließlich
des Lymphknotenstagings ggf. auch zusätzlich der Stationen 8 und 9 vom Ösophagus aus in Narkose zugeführt werden. Funktionell inoperable Patienten und solche mit bereits primär offensichtlich fortgeschrittenem Erkrankungsstadium können weiterhin mit herkömmlichen Geräten in
Lokalanästhesie untersucht werden. Diese »Work-flow«Modifizierungen, die das neue Instrumentarium ermöglichen, erfordern allerdings eine enge Verzahnung von ambulanter und stationärer Patientenversorgung.
Endoskopische Tumornachsorge
Zur Thematik der unmittelbar postoperativen Bronchoskopien wird auf 7 Kap. 6 verwiesen.
Die Empfehlungen der onkologischen Gesellschaft für
die Nachsorge der am Lungenkarzinom kurativ Operierten
sieht keine Bronchoskopien vor, auch international sprechen sich Empfehlungen gegen die regelmäßige NachsorgeBronchoskopie aus. Nachsorge per se hat den Zweck, Rezidive frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu behandeln, daher ist auch die Beschränkung auf einen überschaubaren Zeitraum begründet. Nach einer Lungenoperation ist
die Reserve für eine zweite kurative Maßnahme beschränkt.
Erfolgreiche Metastasenchirurgie für das Lungekarzinom
beschränkt sich auf Einzelfälle. Zweitkarzinome im Bereich
der Lunge haben per se eine schlechtere Prognose. Zudem
muss davon ausgegangen werden, dass Patienten mit einem
Bronchialtumor ein deutlich höheres Risiko für die Entwicklung eines Lungenkarzinoms an anderer Stelle aufweisen. Dieses Risiko nimmt mit der Überlebenszeit weiter zu.
Strategien zur Zweitkarzinomerkennung müssten daher
einen deutlich längeren Zeitraum berücksichtigen, als für
die herkömmliche Nachsorge angesetzt wird.
Die hier relevanten Erwägungen fallen daher insgesamt
eher in die Thematik des Screenings als in die der Nachsorge. Theoretisch ist vorstellbar, frühe Tumorstadien parenchymsparend zu therapieren (7 Kap. 5.1.2). Ein Überlebensvorteil durch die endoskopische Frühdiagnose eines
Stumpfrezidivs oder einer Zweiterkrankung konnte jedoch
bisher nicht nachgewiesen werden. Dies ist angesichts der
fehlenden Daten zum Vorteil einer Bronchoskopie im
Screening für das Lungenkarzinom nicht überraschend.
Ergebnisse großer, aussagekräftiger Studien zum Fragenkomplex Screening, aus denen Rückschlüsse für die Nachsorge getroffen werden könnten, stehen noch aus.
Periphere Herde von Patienten mit zuvor kurativ behandelten Lungenkarzinomen, seien es Metastasen des
operierten Tumors oder periphere Zweitkarzinome, bedürfen bisher nur in Ausnahmefällen des endoskopischen
Einsatzes. Eine pulmonale Metastasierung repräsentiert
die Dissemination der Erkrankung, oft ist ein kurativer
Therapieansatz auf Grund der Wachstumsdynamik der Erkrankung in diesem Stadium nicht mehr möglich. Perspektivisch kommt für Zweiterkrankungen die Entwicklung
einer Kombination aus endoskopischer Diagnose (sonographische oder elektromagnetische Steuerung von Instrumenten) mit lokaler Therapie (Kleinraumbestrahlung oder
Radiofrequenzablation) peripherer Herde in Frage. Methoden stehen zur Verfügung, Machbarkeit und Wirksamkeit
sind Themen zukünftiger Forschung.
Fraglos ist die Indikation zur Bronchoskopie nach Entwicklung neuer Symptome (Husten, Dyspnoe, Hämoptysen). Die therapeutische Folge ist in diesem Fall jedoch ein
möglicher palliativer Eingriff wie Blutstillung oder Rekanalisation eines verschlossenen Bronchus. Hämoptysen nach
Lungenteilresektion werden nicht selten durch Granulationsgewebe im Bronchusstumpf hervorgerufen. Abtragen
und Veröden (7 Kap. 3.4) haben sich bewährt, um weitere
Blutungen zu verhindern. Hohe Sorgfalt ist für die Manipulation im Stumpfbereich angezeigt, um wesentliches Nahtmaterial nicht zu dislozieren oder aberrante Blutgefäße
(Narbenzug) nicht zu verletzen.
Gelegentlich ergibt sich als Einsatzgebiet für die Bronchoskopie die Frage der Beurteilung des therapeutischen
Ansprechens nach Bestrahlung oder Chemotherapie,
wenn die Läsion radiologisch unzureichend abgrenzbar ist.
Weitere therapeutische Maßnahmen können aufgrund des
Befundes festgelegt werden. Die Notwendigkeit hierzu
nimmt allerdings mit der deutlich besseren Auflösung der
inzwischen verfügbaren CT-Diagnostik ab. Darüber hinaus
kann das fehlende Ansprechen eines feingeweblichen
Mischtumors durch den Chemotherapie-induzierten
Wechsel des überwiegend aktiven Tumortyps verursacht
sein. Eine erneute Histologiegewinnung aus der Geschwulst
ist in diesem Fall diagnostisch.
5.1.2 Sonderfall Frühkarzinom
Analog zu anderen Krebserkrankungen liegt der Schluss
nahe, die Prognose des Lungenkarzinoms durch die Erfassung noch behandelbarer Stadien zu verbessern. Ein
solches Programm befasst sich mit dem Screening für das
Lungenkarzinom. Die Voraussetzung hierfür ist, Frühstadien des Tumors zu kennen und Methoden zur Erkennung
5
108
Kapitel 5 · Indikationen
inhalative Zigarettenrauchen. Sinnvoll einzuschließen sind
ebenfalls beruflich Belastete (z. B. Uranbergbau). Eine
der Gründe zur präoperativen Bronchoskopie auch für Patienten mit peripheren Herden ist die Beobachtung, dass in
bis zu 10% simultane Frühkarzinome in anderen Bronchialabschnitten vorliegen. »field cancerization« beschreibt die
maligne Entartung nicht als lokales Problem, sondern als
Erkrankung der gesamten Bronchialschleimhaut. In Anbetracht der anlagebedingten Prädisposition und der flächigen Schadstoffeinwirkung ist diese Vorstellung plausibel.
Die Tatsache, dass für bereits Bronchialkarzinom-Erkrankte das Risiko für eine Zweiterkrankung deutlich oberhalb
der übrigen Bevölkerung liegt, unterstützt diese These. Damit qualifiziert sich diese Gruppe auch für ein Screeninggeeignetes Risiko.
5
Sputumzytologie. In der Bemühung, frühe Tumorstadien
. Abb. 5.25. Mischtyp (flächig und angedeutet polypoid wachsend)
eines Frühkarzinoms plattenepithelialer Differenzierung im Subsegment 3bii rechts
sowie Lokalisation zur Hand zu haben, letztendlich auch
kurative Therapiemöglichkeiten anbieten zu können
(. Abb. 5.25). Definiert sein muss zudem die Risikogruppe,
für die sich das Screening einsetzen lässt. Die Messlatte für
die Effektivität eines solchen Programms ist der Nachweis
einer Senkung der Mortalität in der Gruppe der Individuen,
die sich einem solchen Screeningprogramm unterziehen.
Für das Plattenepithelkarzinom ist die Evolution der
Krebsvorstufen von normaler Schleimhaut über Meta- und
Dysplasien bis zum Carcinoma in situ bekannt. Die longitudinale Beobachtung hat die zeitliche Dimension der Entwicklung und Rückbildungsfähigkeit der einzelnen Vorstufen klären können. Diese in Frage stehenden Veränderungen spielen sich in der bronchialen Schleimhaut ab und
sind damit der endoskopischen Diagnostik zugänglich.
Vorstufen für das Adenokarzinom und das kleinzellige
Karzinom sind weniger gut definiert. Alveoläre adenomatöse Hyperplasien werden in diesem Zusammenhang als
Frühformen diskutiert, die als In-situ-Form des kleinzelligen Karzinoms angenommenen Tumorlets sind inzwischen als benigne Minikarzinoide identifiziert. Frühstufen
des peripheren Adenokarzinoms können im Parenchym
durch die CT des Thorax präzise erfasst und verfolgt werden. Wie sich allerdings zentral ausbildende Adeno-Frühkarzinome auffinden lassen, ist nicht bekannt. Ob sich das
kleinzellige Karzinom mit seinen sehr schnellen Verdopplungszeiten für die Früherkennung eignet und wo und wie
Frühstufen dieses Tumortyps entdeckt werden können, ist
unklar.
Die Definition von Risikogruppen geschieht herkömmlich über die kumulative Schadstoffbelastung durch das
ausfindig zu machen, steht seit Jahrzehnten die zytologische
Analyse des Sputums in der Erprobung. Die internationale
Klassifikation der Tumoren (UICC) sieht unter den Stadien
das okkulte Karzinom vor. Diese Gruppierung wurde erforderlich für solche Fälle, in denen die Zytologie aus respiratorischen Sekreten maligne Zellen nachweist, radiologisch jedoch keine tumorverdächtige Struktur zur Abbildung kommt und auch endoskopisch kein Korrelat im
einsehbaren Bereich darstellbar ist (. Abb. 5.26).
Das Analysematerial Sputum ist einfach und ohne Risiko zu gewinnen. Sensitivität und Spezifität der zytologischen Sputumanalyse ist jedoch bisher trotz der relativ
aufwändigen (personalintensiven) Methode unbefriedigend. Modifikationen im Sammelmodus, Ansätze zur automatisierten Auswertung von Ausstrichen und Kombination
mit dem Einsatz genetischer Marker bergen Potenzial für
diese Methode. Die Zielvorstellung für eine Sputumanalyse
zu Screeningzwecken ist die Identifikation von Individuen,
deren Epithel/Parenchym bereits die Transformation zu
Tumorvorstufen überschritten hat. In diesem Personenkreis ist der Einsatz invasiverer Lokalisationsmethoden wie
Endoskopie oder CT-gesteuerter perthorakaler Probenentnahme zielgerichtet einzusetzen.
Ergebnisse. Methoden zur Lokalisation von Lungenkrebs-
frühstadien, soweit bekannt, sind im letzten Jahrzehnt zum
Routineinstrumentarium geworden. Es ergänzen sich hier
die CT des Thorax für parenchymatöse Frühformen, die
Fluoreszenzbronchoskopie und die Endosonographie für
Frühkarzinome der Bronchialschleimhaut. Das Einsatzgebiet der Endoskopie liegt nach diesen Erwägungen bei den
Frühstufen des Plattenepithelkarzinoms. Tumorstadien, die
auf die bronchiale Mukosa beschränkt sind, noch keine
submuköse Komponente aufweisen und im N0-Stadium
sind, können unter Anwendung verschiedener Therapiemodalitäten endobronchial mit gutem Erfolg behandelt
werden. Damit können auch pulmonal funktionell limitierte Individuen in ein Früherkennungsprogramm aufge-
109
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
. Abb. 5.26. Sputumzytologie-Report, erstellt mit dem semiautomatisierten Cytosavant, Nachweis von reichlich plattenepithelial differenzierten Tumorzellen im Sputum
nommen werden. Periphere Karzinome müssen reseziert
werden. CT-Screeningprogramme schließen daher nur Individuen ein, die operabel sind.
Der Nachweis einer Mortalitätssenkung mit heute zur
Verfügung stehenden Verfahren durch randomisierte Studien steht jedoch selbst für Individuen mit hohem Lungenkrebsrisiko bisher aus. Methodologisch problematisch in
der Durchführung eines solchen Nachweises ist die für die
statistische Aussagekraft erforderliche Probandenzahl und
die Länge des Beobachtungszeitraums, damit natürlich auch
der Kostenaufwand. Die Geschwindigkeit der Entwicklung
neuer, empfindlicherer Diagnosemethoden stellt zudem die
Aktualität der Ergebnisse solcher Studien in Frage und erschwert die Vergleichbarkeit randomisierter Gruppen.
Nachgewiesen sind die prinzipielle Möglichkeit der Erkennung früherer Stadien und eine Verschiebung des Diagnosezeitpunktes zu Stadien mit längerer Überlebenszeit.
Intraepidermale Frühkarzinome
Dass Krebsvorstufen, insbesondere das Carcinoma in situ
und selbst mikroinvasive Karzinome, durch die konventionelle Bronchoskopie vielfach übersehen werden, erklärt
sich aus dem Wachstumsmuster der zentralen Bronchialkarzinome. Die überwiegende Anzahl weist eine sich oberflächlich ausbreitende Proliferation aus, nur ein kleinerer
Anteil, etwa 1/3, wächst nodulär-polypoid (. Abb. 5.27).
Hochrisikopatienten sind zudem oft aktive Raucher mit
Bronchitis. Entzündliche Veränderungen können subtile
maligne Oberflächenveränderungen maskieren.
In der Prä-CT-Ära folgte einem Sputumnachweis maligner Zellen ohne radiologisches Korrelat eine Bronchoskopie mit sequenzieller Lavage sämtlicher 19 Lungensegmente zur separaten zytologischen Analyse. Diese Methode
war aufwändig und zeitraubend. Patienten benötigen für
eine so lange Untersuchung (anderthalb Stunden) ein Narkoseverfahren. Nicht immer ist die Lokalisation eines okkulten Tumors auf diese Weise erfolgreich. Die photodynamische Diagnose (PDD) von intraepithelialen Frühkarzinomen als weitere Methode setzt die Gabe eines fluoreszierenden Medikamentes (Photofrin) voraus, das sich in
maligne transformierten Arealen anreichert. Das Medikament ist teuer und nebenwirkungsreich, da es das Integument für längere Zeit lichtempfindlich macht.
Autofluoreszenzbronchoskopie. Abhilfe schafft hier die
Autofluoreszenzbronchoskopie (7 Kap. 2.1.5), die in Ergänzung zu optischen Veränderungen im Weißlicht veränderte
Fluoreszenzeigenschaften des maligne transformierten Gewebes erkennen lässt. Die am besten charakterisierte durch
Blaulicht evozierte Autofluoreszenz im präkanzerösen und
malignen Bronchialgewebe ist um den Faktor 10 geringer
als im Normalgewebe und zeigt eine andere Zusammensetzung des Wellenlängen-Spektrums, nämlich proportional mehr Rot- und weniger Grünlicht (. Abb. 5.28).
5
110
Kapitel 5 · Indikationen
5
a
. Abb. 5.27 a und b. Oberflächlich ausgebreiteter (a) und polypoider
(b) Frühkarzinomtyp. Die flache Form ist doppelt so häufig wie die
polypoide
So lassen sich pathologische Areale durch einen deutlichen
Farbunterschied vom Normalgewebe unterscheiden
(. Abb. 5.29 und 5.30). Die Veränderung der Fluoreszenzeigenschaft durch maligne Transformation im Gewebe wird
wahrscheinlich durch einen intrazelluären pH-Abfall und
dadurch verminderte Fluoreszenzfähigkeit des Flavins ausgelöst. Zusätzlich mag die Schleimhautverdickung durch
Verlust des normalen Schichtaufbaus eine Rolle spielen,
da auch submuköse Strukturen Fluoreszenzträger sind.
Vermehrte Vaskularisation vermindert die Autofluoreszenz
ebenfalls, da Hämoglobin grünwelliges Licht stark absorbiert. Dies führt jedoch nicht nur zu einer Hervorhebung
von Präkanzerosen und Frühkarzinomen, sondern auch
von entzündungsbedingten Reaktionen, z. B. Granulomen.
b
Der erfahrene Endoskopiker kann die Diagnoserate
von Krebsvorstufen unter Zuhilfenahme des Autofluoreszenzmodus etwa verdoppeln, dies ist vielfach in Studien
über diese Methode dokumentiert. Nicht unerheblich ist in
diesem Zusammenhang auch ein Lerneffekt. Mit Zunahme
der Autofluoreszenzerfahrung verbessert sich allerdings
auch die Interpretation der Weißlichtveränderungen früher
Bronchialkarzinomformen. Kommerziell erhältlich sind
zurzeit mehrere Systeme, die inzwischen sämtlich gefiltertes Xenonlicht verwenden. Ein Wechsel von Weißlicht- zum
Fluoreszenzmodus ist durch einfaches Umschalten von
Lichtquelle und Prozessmodalität möglich. Vergleichende
Daten zu diesen Systemen sind spärlich. Es scheint jedoch
eine ähnliche Effektivität vorzuliegen.
111
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
. Abb. 5.28. Schematische Darstellung des Funktionsprinzips Autofluoreszenz im Bronchioalbereich. Die vom dysplatischem oder maligne transformiertem Gewebe emittierten Grün- und Rotanteile verschieben sich zugunsten von Rot im Vergleich zu normalem Gewebe
Die Autofluoreszenzbronchoskopie ermöglicht nicht
nur das Lokalisieren zentraler Karzinomfrühformen, sondern ist auch zur Demarkierung der Läsionen informativer
als die Weißlichtuntersuchung. Dies ist nicht nur endobronchial nachgewiesen, sondern auch im Larynxbereich.
Zudem ist die Lokalisation auch kleiner Areale bei späteren
Bronchoskopien gut möglich, da Biopsiestellen noch lange
Monate später Fluoreszenzänderungen aufweisen.
Neben der diagnostischen Verbesserung erhebt sich jedoch auch gleich die Frage nach den therapeutischen Konsequenzen. Eine Frühkarzinomdiagnose, besonders bei
respiratorisch limitierten Risikopatienten, macht nur Sinn,
wenn solche Läsionen parenchymschonend entfernt werden können. Die oberflächliche Demarkierung mittels
Autofluoreszenz wird hier ergänzt durch die endobronchiale Sonographie, die eine Tiefeninvasion des gesamten Prozesses sichtbar machen kann. Hierfür eignet sich die EBUS-
. Abb. 5.29. Weißlicht im Vergleich zur Autofluoreszenzdarstellung mit dem LIFE-System (Xillix) in einem normalen Schleimhautabschnitt
. Abb. 5.30. Weißlicht im Vergleich zur Autofluoreszenzdarstellung
mit dem LIFE-System (Xillix) eines Carcinoma in situ auf der Subkarina
des anterobasalen Unterlappensegmentes rechts, bemerkenswert die
scharfe Abgrenzung des pathologischen und dunkel dargestellten
Bezirks
5
112
Kapitel 5 · Indikationen
5
. Abb. 5.31. Schleimhautunregelmäßigkeit im Aufzweigungsbereich des apikalen Unterlappensegmentes links, radiologisch okkult
Neben dem CIS und dem mikroinvasiven Karzinom
werden zunehmend auch Dysplasien leichten, mäßigen und
schweren Grades aufgefunden. Abgesehen von der Frage der
eindeutigen pathologischen Klassifizierung aus einer wenige mm großen Probe gibt es bisher wenig verlässliche Daten
zur natürlichen Weiterentwicklung solcher Läsionen und
der Indikation zur Therapie. Untersuchungen mit Hilfe der
Autofluoreszenz zeigen, dass 50% der CIS in 6 Monaten zu
invasiven Karzinomen werden bzw. zu 85% nach 3 Monaten
persistieren. Schwere Dysplasien entwickeln sich zu etwa 1/3
innerhalb von 2 Jahren zu einem CIS bzw. invasiven Karzinomen. Für niedrigere Dysplasiegrade scheint das Risiko
nur bei 2–3% zu liegen, ausgenommen bei den Individuen,
die bereits an einer klinisch signifikanten Läsion erkrankt
sind. Eine endoskopische Ablation von schweren Dysplasien
scheint nach diesen Ergebnissen ratsam.
Autofluoreszenzmodifikationen können durch nicht
maligne Veränderungen hervorgerufen werden (falsch-positive Läsionen), insbesondere stören alle Areale mit deutlich vermehrter Gefäßinjektion.
Störläsionen für die Autofluoreszenz
4
4
4
4
4
Hämatome
Vormalige Biopsiestellen
Mikropapillomatosen
Granulome
Schwere entzündliche Veränderungen
Im Zusammenhang mit diesem Bronchoskopiemodus ist
mit einer erhöhten Anzahl von Schleimhautproben zu
rechnen. Die Zusammenarbeit mit einem Pathologen, der
in der Beurteilung der unterschiedlichen Stadien der prämalignen Schleimhautalterationen vertraut ist, stellt beim
Einsatz der Autofluoreszenzbronchoskopie einen wichtigen
Faktor dar.
. Abb. 5.32. Endosonographisches Bild von . Abb. 5.31: eine über
die Bronchialwand hinausgehendes Tumorinfiltration mit lokal bereits
abbildbaren regionalen Lymphknoten
Sonde mit dem radiären 30-MHz-Schallkopf wegen einer
besseren Auflösung im Schleimhautbereich (. Abb. 5.31
und 5.32). Das Punktionsbronchoskop bietet zur Definition
der Bronchialwandschichten eine unzureichende Detaildarstellung. Sonographisch kann unmittelbar während der
Bronchoskopie bestimmt werden, ob eine interventionelle
endobronchiale Therapie indiziert ist. Eine Ausbreitung des
Prozesses bis in nicht weiter einsehbare distale Wandbereiche oder Knorpelüberschreitung in der Tiefe lassen einen kurativen Ansatz endobronchial nicht mehr zu.
Small noncalcified pulmonary nodules (SPN)
Zunehmend häufig manifestieren sich Frühkarzinome im
Parenchym und nicht in der Bronchialschleimhaut. Die im
letzten Jahrzehnt im Rahmen des CT-Screenings akkumulierten Daten zu dieser Art der frühen Lungenkarzinomform haben durch Entschlüsselung von Wachstumsform
und -dynamik entscheidende Impulse zum Management
geliefert. Die Projektionsradiographie übersieht ca. 75% der
peripheren Frühkarzinome. Maligne Herde (als malignitätsverdächtig werden nicht kalzifizierte Läsionen gewertet)
können solide, gemischten oder milchglasartigen Typus
sein (. Abb. 5.33). Die Verdoppelungszeiten nehmen in
dieser Reihenfolge zu.
Die Diagnose eines malignomverdächtigen Herdes
basiert auf dem Nachweis einer Proliferationstendenz in
sequenziellen Thorax-CT und letztendlich der histologischen Diagnose durch CT-gesteuerte perthorakale Punk-
113
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
5.1.3 Bronchoskopische Erregerdiagnostik
bei bronchopulmonalen Infektionen
Ziele. Ziel der bronchoskopischen Erregerdiagnostik bei
Patienten mit akuter Exazerbation der COPD ist eine Gewinnung von respiratorischem Sekret aus den tiefen Atemwegen unter Umgehung der Kolonisationskeime der oberen
Atemwege. Entsprechend ist das Ziel bei Patienten mit
Pneumonie die Gewinnung respiratorischer Sekrete möglichst nahe aus dem Bereich der pneumonischen Infiltrate
unter Umgehung der Kolonisationskeime der oberen und
der großen Atemwege. Darüber hinaus kann der Visualisation des Bronchialbaumes diagnostische Bedeutung zukommen (z. B. Differenzialdiagnose zur Atelektase, Pseudomembranen bei Aspergillus-Pneumonie).
. Abb. 5.33. Eine milchglasartige Wachstumsform eines Lungenkarzinoms (Adenokarzinom), Zufallsbefund nach einem Autounfall
mit Thoraxprellung, als Blutung fehlinterpretiert
Voraussetzungen. Die bronchoskopische Erregerdiagnostik hat die Möglichkeiten der Identifizierung von Erregern
bronchopulmonaler Infektionen erheblich erweitert. Die
Möglichkeiten der bronchoskopischen Erregerdiagnostik
können jedoch nur dann ausgeschöpft werden, wenn
4 die bronchoskopische Diagnostik Teil eines definierten
Konzepts des Umgangs mit Patienten mit bronchopulmonalen Infektionen ist,
4 die Methodik der bronchoskopischen Gewinnung respiratorischer Sekrete beachtet wird,
4 mögliche Komplikationen der bronchoskopischen Diagnostik erkannt und angemessen vorgebeugt bzw. behandelt werden.
Definitionen. Folgende Einteilung bronchopulmonaler In-
. Abb. 5.34. Zwischen den Aufnahmen liegen 6 Wochen (links die
Voraufnahme, rechts die Kontrolle), der Herd zeigt eine eindeutige
Vergrößerung und sollte daher baldmöglich ohne den Versuch der
histologischen Charakterisierung entfernt werden
tion (. Abb. 5.34). Die Rolle der Bronchoskopie in diesem
Rahmen beschränkt sich auf die Aufdeckung CT-okkulter
zentraler Karzinome (bis zu 25% Zugewinn), zur Gewebetypisierung der diskutierten kleinen peripheren Herde
ist die Methode nicht geeignet. Die Kombination des
CT-Screenings mit der Überprüfung zentraler Bronchialschleimhaut mittels Autofluoreszenzmethode ist die derzeit umfassendste Früherkennungsstrategie, aber auch die
aufwändigste.
Von diesen Daten abgeleitet ergibt sich bezüglich kleiner, nicht kalzifizierter Lungenherde in einer vordefinierten
Risikopopulation ein Algorithmus im Management:
4 Läsionen kleiner als 1 cm werden größenkontrolliert
und einer invasiven Diagnostik/Operation zugeführt,
wenn eine Proliferation nachgewiesen werden kann.
4 Herde größer als 1 cm sollten gewebetypisiert werden.
4 Bei unzureichendem Material oder Nachweis eines Malignoms besteht die Indikation zur Operation.
fektionen kann klinisch handlungsanleitend auch in der
Entscheidung über die Indikation zur bronchoskopischen
Erregerdiagnostik Anwendung finden:
4 Akute Exazerbation der COPD: Akute Verschlechterung des Befindens mit Zunahme von Symptomen wie
Husten, eitrigem Auswurf und Dyspnoe, die eine Änderung der bisherigen Behandlung erforderlich macht,
sowie Ausschluss einer Pneumonie.
4 Ambulant erworbene Pneumonie: Entwicklung eines
neuen Infiltrats außerhalb des Krankenhauses bei
Patienten ohne schwere Immunsuppression (d. h.
ohne relevantes Risiko für opportunistische Infektionen), häufig mit einer Kombination aus Fieber, Allgemeinsymptomen (Krankheitsgefühl), respiratorischen (z. B. Husten, Auswurf, Dyspnoe), extrapulmonalen (z. B. Zephalgien, Diarrhöen) oder Sepsis-assoziierten (Hypotonie, Verwirrtheit) Symptomen einhergehend.
4 Nosokomiale Pneumonie. Sie kann sich entwickeln:
5 beim spontan atmenden Patienten,
5 beim spontan atmenden Patienten mit Tracheostomie,
5 unter Beatmung (nichtinvasiv oder invasiv, jeweils
ohne oder mit Tracheostomie).
5
114
5
Kapitel 5 · Indikationen
Aktuell sind zwei Definitionen verbreitet, eine ältere
nach Johanson und eine neuere nach Pugin. Bei beiden
steht die Entwicklung eines neuen Infiltrats innerhalb
des Krankenhauses bei nicht schwergradig immunsupprimierten Patienten im Mittelpunkt der Definition.
Die exakten Definitionen werden im Abschnitt »Nosokomiale Pneumonie« vorgestellt.
Aufgrund der Schwierigkeiten der Diagnostik bei beatmeten Patienten handelt es sich hier stets zunächst
um eine Verdachtsdiagnose, die im Verlauf (ggf. durch
bronchoskopische Erregerdiagnostik) überprüft werden muss.
Im Kontext der Beatmungspneumonie ist die Unterscheidung der früh einsetzenden nosokomialen Pneumonie (»early onset pneumonia«; von stationärer Aufnahme bis zum 4. Tag der stationären Behandlung) von
der spät einsetzenden nosokomialen Pneumonie (»late
onset pneumonia«, ab dem 5. Tag der stationären Behandlung) von grundlegender Bedeutung (7 Kap. 5.1.3).
Die ältere Definition, wonach Pneumonien erst ab 48 h
nach Krankenhausaufnahme als nosokomial anzusehen sind, wird durch diese neuere Unterscheidung zumindest aus klinischer Sicht hinfällig.
4 Pneumonien unter Immunsuppression: Auftreten
eines neuen Infiltrats innerhalb oder außerhalb des
Krankenhauses mit oder ohne klinische Symptomatik
(s. o.) bei Patienten unter Immunsuppression (d. h. mit
relevantem Risiko für opportunistische Erreger)
4 Tuberkulose und atypische Mykobakterien (Verdacht
auf bronchopulmonale Infektion durch M. tuberculosis
complex bzw. atypische Mykobakterien)
Methodik der Gewinnung bronchoskopischer
Sekrete
Vorbereitung und Sedierung. Beim spontan atmenden Patienten ist die alleinige Sedierung (auch mit Propofol) oft
nicht ausreichend, um den Hustenreiz zu unterdrücken.
Daher kann bei diesen Patienten eine Lokalanästhesie des
Rachens (z. B. mit maximal 4 ml 4% Lidocain) erfolgen, ggf.
können auch einzelne Aliquots von 2% Lidocain in die
Bronchien appliziert werden. Eine Aspiration von Sekret
sollte jedoch möglichst vermieden werden.
Die bronchoskopische Untersuchung beatmeter Patienten setzt bei Verwendung eines fiberoptischen Standardbronchoskops einen orotrachealen Tubus mit einem
Durchmesser von mindestens 8 mm voraus. Die Patienten
sollten über mindestens 15 min mit 100% Sauerstoff präoxygeniert werden. Vor Beginn der bronchoskopischen
Untersuchung sollte eine Sauerstoffsättigung von 100% bestehen. Gleichzeitig sollte eine tiefe Sedierung (RamsayScore 5 bis 6) erfolgen. Hierzu genügt in der Regel ein Bolus
Propofol. Eine Muskelrelaxation ist in der Regel nicht erforderlich. Zur Vermeidung einer Kontamination des Bronchoskops sollte das Untersuchungsareal um den Tubus
weitflächig mit sterilen Tüchern abgedeckt werden.
Durchführung. Vor Einführung des Bronchoskops sollte
der Tubus abgesaugt und anschließend ein Tracheobronchialsekret gewonnen werden. Des Weiteren sollte vor Erreichen der Segmentbronchien keine weitere Lokalanästhesie mehr appliziert werden und keine bronchoskopische
Aspiration mehr erfolgen. Durch dieses Vorgehen wird vermieden, dass der Bronchoskopie-Kanal bereits vor Erreichen der Segmentbronchien durch wiederholte Aspirationen von Tracheobronchialsekret kontaminiert ist. (Andernfalls kann das Ziel der Bronchoskopie, eine Vermeidung der Kontamination respiratorischer Sekrete durch
Kolonisationskeime der großen Atemwege, nicht erreicht
werden).
Techniken der Materialgewinnung. Die bronchoskopische
Erregerdiagnostik umfasst den Einsatz der geschützten
Bürste und/oder der bronchoalveolären Lavage.
4 Geschützte Bürste (PSB): Hierbei handelt es sich um
einen Doppellumenkatheter, dessen Ende des äußeren
Katheters durch einen Pfropf aus Zucker verschlossen
ist, der somit den inneren Katheter und die in diesem
liegende Bürste vor einer Kontamination schützt. Die
PSB wird bis vor das radiologisch infiltrierte Segmentostium vorgeführt. Zwei Varianten sind nun möglich:
5 Vorführen des inneren Katheters durch Sprengung
des Zuckerpfropfs, Vorführen der Bürste im inneren Katheter und Abstreichen des sichtbar aus dem
Segmentostium tretenden eitrigen Sekrets (Originalmethode nach Whimberley)
5 Vorschieben der PSB in das Subsegment des radiologisch infiltrierten Segments, Vorführen des inneren Katheters und der inneren Bürste ohne Sichtkontrolle in der Peripherie.
Die Bergung der Bürste erfolgt jeweils in umgekehrter
Reihenfolge über den inneren in den äußeren Katheter.
Nach Bergung des PSB-Katheters wird die Bürste ca.
5 mm über dem Bürstenkamm über einem Behälter mit
1 ml steriler NaCl abgeschnitten und der Behälter sofort verschlossen.
4 Bronchoalveoläre Lavage (BAL): Nach Erreichen der
Wedge-Position im Segmentostium werden z. B.
6×20 ml körperwarme NaCl instilliert und sofort reaspiriert. Im Falle einer schlechten Rückgewinnung
können weitere 40-60 ml appliziert werden. Die erste
rückgewonnene Portion aus der bronchoalveolären
Lavage wird verworfen. Die übrigen Portionen werden
gepoolt und in 3 Aliquots für Zytologie, Bakteriologie/
Mykobakteriologie/Virologie/Mykologie und Pneumocystis jiroveci geteilt.
Bei Patienten mit akuter Exazerbation der COPD eignen
sich besonders die PSB oder eine Mini-BAL aus einem
Standardsegment. Beide Proben sollten bei Patienten mit
Pneumonie und diffusen Infiltraten aus den Standardsegmenten des Mittellappens oder der Lingula gewonnen wer-
115
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
. Tab. 5.3. Methodische Voraussetzungen zur Wahrung qualitativ
hochwertiger diagnostischer Proben aus dem unteren Respirationstrakt
Probe
Voraussetzungen
Tracheobronchialsekret
Absaugung des lokalen Sekrets aus dem Tubus
Tiefes Einführen eines frischen Katheters
mit angeschlossenem Auffanggefäß, dann
erst Absaugung einstellen
Keine vorherige Instillation von Kochsalz
Bronchoskopie
Tiefe Sedierung
Möglichst keine/geringe Anwendung von
Lokalanästhetika
Keine Aspiration über den Arbeitskanal des
Bronchoskops vor Gewinnung der respiratorischen Sekrete
den, bei lokalisierten Infiltraten aus den jeweils betroffenen
Segmenten.
Falls – wie stets empfohlen – eine simultane Gewinnung
von Sputum oder Tracheobronchialsekret und Material aus
der PSB bzw. BAL beabsichtigt ist, wird erst das Sputum
bzw. Tracheobronchialsekret gewonnen und dann die PSB
eingesetzt bzw. die BAL durchgeführt. Lagerung und Transportzeit der gewonnenen Proben sind möglichst kurz zu
halten.
Die methodischen Voraussetzungen zur Gewinnung
qualitativ hochwertiger diagnostischer Proben aus dem
unteren Respirationstrakt sind in . Tab. 5.3 zusammengefasst.
Steuerung der antimikrobiellen Therapie. Entscheidend
für eine optimale diagnostische Ausbeute ist neben der Entnahmetechnik auch die korrekte Steuerung der antimikrobiellen Therapie. Hier gelten die beiden folgenden Regeln:
4 Optimal ist eine mikrobielle Diagnostik vor Beginn der
antimikrobiellen Therapie.
4 Besteht – wie häufig der Fall – aufgrund einer anderen
Infektion bereits eine antimikrobielle Therapie, so sollte
diese 72 h vor der Probenentnahme nicht verändert
werden, da ansonsten mögliche Erreger durch die ersten
Dosierungen der neu angesetzten Therapie nicht mehr
gefunden werden können.
4 Hingegen ist ein sog. antibiotisches Fenster für die diagnostische Ausbeute wahrscheinlich kaum relevant.
Methodik der Verarbeitung bronchoskopischer
Sekrete
Verarbeitung. Die Verarbeitung der Proben sollte innerhalb von spätestens 4 h (besser 2 h) nach Probengewinung
erfolgen. Andernfalls drohen empfindliche Erreger abzusterben (z. B. Pneumokokken, H. influenzae) oder Pilze
(z. B. Candida spp.) die Kulturplatten zu überwuchern. Re-
spiratorische Sekrete werden je nach Fragestellung unterschiedlich mikrobiologisch aufgearbeitet.
Färbungen. Ein Zytozentrifugenpräparat der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit (BALF) sollte nach Giemsa gefärbt
werden, um die Qualität der Probe zu validieren. Darüber
hinaus kann aus dieser Probe eine Differenzialzytologie auf
der Basis von 300 ausgezählten Zellen angefertigt werden.
Bakteriologie. In der Färbung nach Giemsa sollte die Quali-
tät des Tracheobronchialsekrets bzw. der BALF untersucht
werden. Mehr als 25 polymorphkernige Granulozyten sowie
weniger als 10 Plattenepithelien sprechen für ein Material,
das repräsentativ für die tiefen Atemwege ist. Darüber hinaus
sollte bei Verdacht auf VAP (ventilator associated pneumonia:
eine Lungenentzündung, die bei künstlich beatmeten Patienten auftritt) eine Untersuchung auf intrazelluläre Erreger
in phagozytierenden Zellen (»intracellular organisms«, ICO)
erfolgen. Ein Anteil von >5% spricht für das Vorliegen einer
VAP. Die Sensitivität dieser Untersuchung unter antimikrobieller Vorbehandlung ist jedoch deutlich reduziert (<50%).
Schließlich sollte eine Gram-Färbung angelegt werden, um
eine ggf. vorherrschende Bakterienart zu identifizieren.
Die kulturelle Aufarbeitung sollte entsprechend den
Qualitätskriterien der Mikrobiologie (QiM) mittels serieller
Verdünnungstechnik quantitativ erfolgen. Unter einer quantitativen Kultur versteht man die serielle Auftragung zunehmend verdünnten respiratorischen Sekrets auf Kulturplatten
(MacConkey, Schokoladenagar). In der Regel werden 3 Verdünnungsstufen angelegt (1:10, 1:1000, 1:10.000) (. Abb.
5.35). Alternativ kann eine semiquantitative Aufarbeitung
mit nur 2 Verdünnungsstufen vorgenommen werden.
Die Technik der quantitativen Kultur dient der Erfassung der Keimlast und (bei Patienten mit Verdacht auf
Pneumonie) der Unterscheidung von Kolonisations- und
Infektionserregern. Es handelt sich dabei um eine Schätzung, die sich an der Keimlast im Sputum bei Patienten mit
Pneumonie orientiert. So finden sich im Sputum etwa 105
bis 106 KBE/ml. Die PSB enthält ca. 0,01–0,001 ml, die
BALF 1 ml respiratorisches Sekret. Für die Festlegung der
. Abb. 5.35. Technik der Anlage quantitativer bakterieller Kulturen
5
116
Kapitel 5 · Indikationen
Trennwerte, die das Vorliegen einer Pneumonie anzeigen,
wird bei der PSB der Verdünnungsfaktor der Trägerlösung
(100 bis 1000-fach) eingerechnet. Es wird geschätzt, dass
bei der BALF 5- bis 10-mal höhere Keimzahlen gewonnen
werden als bei der PSB. Als Trennwerte zwischen Kolonisation und Infektion ergeben sich somit:
4 105 KBE (koloniebildende Einheiten)/ml für Tracheobronchialsekret (identisch zum Sputum)
4 103 KBE/ml für die PSB (entsprechend 105 bis
106 KBE/ml Sputum)
4 104 KBE/ml für die BALF
5
! Cave
Die geschilderten Berechnungen zur Trennwertbestimung
von Keimzahlen stellen offensichtlich Schätzungen dar und
ergeben keine exakten Messgrößen. Störgrößen, die die
Keimzahl beeinflussen können, sind mannigfaltig und
umfassen die Pathogenität der Erreger, das Stadium der Infektion und die Wirtsimmunität. Zusätzlich stellen bei der
BALF die Menge der eingegebenen Flüssigkeit sowie die
Rückgewinnung Variablen dar, die das Ergebnis beeinflussen können. Allein aufgrund dieser Tatsache können Keimzahlen nur orientierenden Wert haben und keine unabhängige Prädiktion des Vorliegens einer Pneumonie darstellen.
Eine Zunahme der Dyspnoe, zusätzlich zur Entwicklung eines eitrigen Sputums plus/minus eine Zunahme der
Sputummenge (sog. »Winnipeg-« oder »Anthonisen-Kriterien«) gelten als Kriterien für eine Indikation zur antimikrobiellen Therapie. Sofern eine Erregerdiagnostik erfolgt, geschieht diese über Sputumkulturen. Insofern gehört
eine diagnostische Bronchoskopie nicht zum Standard der
Evaluation von Patienten mit akuten Exazerbationen der
COPD. Dennoch ergeben sich in ausgewählten Fällen Indikationen zur diagnostischen Bronchoskopie. Diese umfassen:
4 Notwendigkeit einer Bronchialtoilette bei Patienten, die
nicht ausreichend abhusten können; bei diesen erfolgt
gleichzeitig eine bronchoskopische Erregerdiagnostik.
Eine solche Bronchialtoilette kann auch in der Notaufnahme bei akut ventilatorisch insuffizienten Patienten
unter nichtinvasiver Maskenbeatmung über das Ventil
der Maske erfolgen.
4 Therapieversagen, Suche nach zugrunde liegenden (unerwarteten oder resistenten) Erregern
4 Begleitende Bronchiektasen mit Verdacht auf komplizierte Erreger wie Pseudomonas aeruginosa, atypische
Mykobakterien und Pilze
Als zusätzlicher Parameter zur Diagnose einer noskomialen
Pneumonie wurde der »soluble triggering receptor on myeloid cells« (s-TREM) in der BALF beschrieben. Die Erfahrungen mit diesem Parameter sind jedoch noch begrenzt.
In der Regel genügt das Absaugen eitrigen Sekretes aus den
großen Atemwegen und/oder Segmentostien. Eine PSB
kann zusätzlich zum Einsatz kommen. Auf eine bronchoalveoläre Lavage sollte verzichtet werden.
Sonstige Aufarbeitung. Über die bakteriologische Auf-
Bronchiektasen. Patienten mit Bronchiektasen sollten min-
arbeitung hinaus kann eine Untersuchung auf Pilze, Mykobakterien und Parasiten erfolgen. Die Untersuchung auf
Pilze umfasst die Anlage einer Sabaroud-Kultur. Pneumocystis jiroveci kann aus der BALF sowohl mikroskopisch
(nach Giemsa oder Grocott) als auch durch einen Immunfluoreszenztest nachgewiesen werden. Mikroskopisch können Mykobakterien in der Ziehl-Neelsen bzw. AuraminFärbung ab einer Keimlast von ca. 103–104 KBE/ml identifiziert werden. Zusätzliche kulturelle Untersuchungen sind
obligat und erfolgen auf Festplatten (Löwenstein-Jensen,
Gottsacker, Stonebrink oder Middlebrook) und in Flüssigkulturen. Schließlich können Parasiten wie Toxoplasmen
in der BALF mikroskopisch nachgewiesen werden.
destens einmal pro Jahr mikrobiologisch untersucht werden. Dabei ist besonders nach komplizierten Erregern zu
fahnden (s. o.). Bei reichlicher Sputumproduktion reicht
auch Sputum als diagnostisches Material, andernfalls ist
eine diagnostische Bronchoskopie indiziert.
Akute Exazerbation der COPD
und Bronchiektasen
Akute Exazerbation der COPD. Die Ätiologie akuter Exazerbationen der COPD ist komplex und aktuell noch nicht gut
verstanden. In der Mehrzahl der Fälle liegt initial eine virale
Ätiologie zugrunde, in ca. 25–50% der Fälle bestehen Hinweise auf eine bakterielle (Super-)Infektion. Nicht selten
liegen alleine oder zusätzlich eine Herzinsuffizienz bzw. eine
asthmatische Exazerbation auf allergischer oder toxischer
Grundlage, in Einzelfällen eine Atemdepression bei Benzodoazepin-Einnahme oder ein Pneumothorax zugrunde.
Ambulant erworbene Pneumonien
Indikationen. Eine bronchoskopische Erregerdiagnostik
bei Patienten mit leicht- bis mittelgradiger ambulant erworbener Pneumonie ist in der Regel nicht indiziert. Bei
schweren Verlaufsformen trägt eine umfassende Erregerdiagnostik zur besseren Therapiesteuerung bei. So können
seltene bzw. unerwartete Erreger bzw. Erregerresistenzen
erkannt werden, eine gezielte Therapie im Sinne einer Deeskalation wird ermöglicht. Ein Vorteil hinsichtlich des
Überlebens ist allerdings nicht gesichert. In den meisten
Fällen mit schwerer Verlaufsform einer ambulant erworbenen Pneumonie wird aufgrund der schweren respiratorischen Insuffizienz eine bronchoskopische Erregerdiagnostik nur bei invasiv beatmeten Patienten möglich sein.
Erregerspektrum. Das erwartete Erregerspektrum schwerer
ambulant erworbener Pneumonien geht aus . Tab. 5.4 hervor (. Abb. 5.36). Erhebliche regionale und lokale Unterschiede machen es erforderlich, das im eigenen Kranken-
117
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
. Tab. 5.4. Erregerspektrum der schweren Verlaufsformen der
ambulant erworbenen Pneumonie. Häufigkeitsangaben beziehen
sich auf die höchste und niedrigste Inzidenz (>0) in epidemiologischen Studien; Streptococcus pneumoniae stellt den einzigen Erreger dar, der in allen Studien gefunden worden ist. (Mod. nach
Ewig et al. 1999)
Erreger
% Erreger
Streptococcus pneumoniae
12–38
Legionella pneumophila und andere spp.
3–30
Gramnegative Enterobacteriaceae (GNEB)
2–34
Haemophilus influenzae
2–13
Staphylococcus aureus bzw. spp.
1–18
Mycoplasma pneumoniae
1–7
Respiratorische Viren
1–5
Pseudomonas aeruginosa
1–5
haus vorherrschende Erregerspektrum durch kontrollierte
Untersuchungen zu identifizieren.
Therapieversagen nach Arbeitsdiagnose
ambulant erworbene Pneumonie
Zwei Formen des Therapieversagens werden unterschieden:
4 Therapieversagen im Sinne einer fehlenden Besserung
bzw. einer progredienten Verschlechterung (persistierende oder progrediente Pneumonie = »persistent or
progressive pneumonia«)
4 Therapieversagen im Sinne persistierender Infiltraten,
aber stabilem und oligo- oder asymptomatischen klinischen Zustand (verzögertes Therapieansprechen =
»slowly resolving pneumonia«)
. Abb. 5.36. Röntgen-Thoraxbild im Liegen. Bild einer schweren ambulant erworbenen Pneumonie: homogene Transparenzminderung
des Oberlappens mit parapneumonischem Erguss. Beatmeter Patient,
Nachweis von Streptococcus pneumoniae in der Blutkultur
Therapieversagen im Sinne einer fehlenden Besserung
bzw. progredienten Verschlechterung. Dieses liegt vor,
wenn sich die klinische Situation des Patienten (Allgemeinzustand, Fieber, Kreislauf) binnen 72 h nach Beginn der
initialen antimikrobiellen Therapie nicht gebessert oder
zumindest stabilisiert hat. Ursachen dieser Art des Therapieversagens sind vielfältig und umfassen:
4 Inadäquate initiale antimikrobielle Therapie
4 Erregerassoziierte Therapieversager (persistierende, resistente oder »atypische« Erreger)
4 Therapieversager durch Komplikationen der Pneumonie (Empyem, Abszess, nosokomiale Superinfektion)
4 Therapieversager durch Sonderformen der Pneumonie
(Aspirations-, Retentionspneumonie oder seltene Erreger, einschließlich M. tuberculosis)
4 Pseudotherapieversager durch nicht-infektiöse Lungenerkrankungen, die eine Pneumonie vortäuschen
(Lungenembolien!, interstitielle Lungenerkrankungen,
Tumoren)
Darüber hinaus gibt es Therapieversager als Folge eines
nicht beherrschbaren schweren Lungenversagens (ARDS)
bzw. septischen Schocks, ohne dass eine andere Ursache
dafür identifiziert werden kann. Entsprechend komplex ist
die differenzialdiagnostische Abklärung. Darüber hinaus
besteht häufig eine vitale Gefährdung des Patienten. Daher
sollte die Abklärung dieses Therapieversagens einem strukturierten Vorgehen folgen. Ein Vorschlag dazu umfasst folgende Schritte:
4 Überprüfung der Arbeitsdiagnose: Diese umfasst eine
Fahndung nach Risikofaktoren für resistente Erreger
(kurz zurückliegende Krankenhausaufenthalte, Residenz in Altenheim) sowie nach einer unerkannten
schweren Immunsuppression
4 Überprüfung der Korrektheit der bisher verabreichten antimikrobiellen Therapie: Hier sind die Vorgaben
aktuell gültiger Leitlinien (in erster Linie deutsche
S3-Leitlinie, ggf. auch lokal bzw. regional angepasste
Leitlinie) zur initialen antimikrobiellen Therapie zu beachten. Dabei ist auch die Korrektheit des Applikationswegs sowie der Dosierung zu überprüfen.
4 Bildgebung mit Fahndung nach möglichen Komplikationen: Eine Zunahme der Infiltrate im Röntgen-Thorax ist differenzialdiagnostisch wenig hilfreich. Wohl
sollten neu aufgetretene oder zunehmende Ergüsse Anlass zu einer Pleuraergusspunktion zur Überprüfung
des Vorliegens eines parapneumonischen Ergusses bzw.
Empyems sein. Liegt eine solche Komplikation nicht
vor, ist in der Regel eine CT des Thorax anzufertigen.
Hier ist nach Abszessen zu fahnden, gleichzeitig aber
auch auf Hinweise für mögliche nichtpneumonische
Erkrankungen zu achten (»mimics« einer Pneumonie).
Bestehen klinische oder bildgebende Hinweise auf
mögliche Lungenembolien, ist eine Angio-CT durchzuführen.
5
118
Kapitel 5 · Indikationen
Erst wenn diese Untersuchungen erfolgt sind und keine
Ursache für das Therapieversagen haben erkennen lassen,
ist eine bronchoskopische Untersuchung indiziert. Nicht
selten ergibt die CT des Thorax Hinweise auf die Ursache
des Therapieversagens (z. B. Abszess, Tumor, Lungenfibrose), so dass das bronchoskopische Vorgehen darauf ausgerichtet werden kann. In unklaren Fällen sollte diese jedoch
die gesamte Infektionsdiagnostik (neu aufgetretene bzw. resistente bakterielle Erreger, Pilze (Aspergillus spp.!), Mykobakterien sowie ggf. auch Pneumocystis jiroveci) sowie (falls
klinisch möglich und indiziert) auch transbronchiale Lungenbiopsien umfassen.
5
Therapieversagen im Sinne persistierender Infiltrate,
aber stabilem und oligo- oder asymptomatischem klinischem Zustand. Im Gegensatz zum ersten Typus des
Therapieversagens besteht bei diesen Patienten keine akute
vitale Gefährdung. Neben einer Überprüfung der Arbeitsdiagnose ist daher zunächst zu beurteilen, ob überhaupt
eine Indikation zur differenzialdiagnostischen Abklärung
besteht. Dabei ist neben der Klinik und den inflammatorischen Parametern auch die Dynamik der Rückbildung
pulmonaler Infiltrate zu berücksichtigen. Letztere hängt
neben dem Alter und der Komorbidität des Patienten auch
von der Art des Erregers und dem Schweregrad der Pneumonie ab. Als Faustregel gilt, dass bei klinischer Stabilität
und rückläufigen Entzündungsparametern die Rückbildung pulmonaler Infiltrate mindestens vier Wochen in Anspruch nehmen kann.
Die Ursachen eines verzögerten Therapieansprechens
unterscheiden sich nicht von denen der persistierenden
bzw. progredienten Pneumonie, es finden sich allerdings
häufiger erregerassoziierte Therapieversager (persistierende, resistente oder »atypische« Erreger), Therapieversager
durch Sonderformen der Pneumonie (Aspirations-, Retentionspneumonie oder seltene Erreger, einschließlich M. tuberculosis) sowie Pseudotherapieversager durch nichtinfektiöse Lungenerkrankungen, die eine Pneumonie vortäuschen.
Eine differenzialdiagnostische Abklärung des verzögerten Therapieansprechens umfasst zunächst eine bildgebende Diagnostik (Sonographie, CT des Thorax). Der
bronchoskopischen Untersuchung kommt bei der Abklärung des verzögerten Therapieansprechens eine zentrale
Bedeutung zu. Der Umfang der erforderlichen Infektionsdiagnostik bemisst sich nach der klinischen Situation. In
der Regel sollte sie jedoch neben der Infektionsdiagnostik
stets transbronchiale Biopsien umfassen.
Nosokomiale Pneumonien
Stellenwert der klinischen Diagnostik. Zu den klassischen
Diagnosekriterien einer Beatmungspneumonie (nach Johanson) gehören:
4 neu aufgetretenes und persistierendes Infiltrat im
Röntgenbild des Thorax plus
4 mindestens 2 der 3 folgenden Kriterien:
. Abb. 5.37. Röntgen-Thoraxbild im Liegen. Beatmeter Patient.
Klinisch Verdacht auf Beatmungspneumonie. Radiologisch rechtsseitiger Zwerchfellhochstand mit Verdichtung des kleinen Lappenspalts. Dorsale basale Lungenabschnitte sind nicht beurteilbar. Linksseitige Maskierung der Zwerchfellkuppe bei homogener Transparenzminderung des linken Hemithorax. Neben einer Pneumonie des
Unterlappens mit Begleiterguss ist ein auslaufender Pleuraerguss mit
Kompressionsatelektasen möglich. Ein Infiltratnachweis ist bei dieser
Aufnahmetechnik und -qualität schwer zu führen
5 Fieber ≥38,3°C oder Hypothermie <36°C
5 Leukozytose >12.000/μl oder Leukopenie <4000/μl
5 Purulentes Tracheobronchialsekret
Der Nachweis pulmonaler Infiltrate kann bei RöntgenThoraxaufnahmen im Liegen schwierig sein (. Abb. 5.37).
Alle klinischen Zeichen kommen bei beatmeten kritisch Kranken häufig vor, auch ohne dass eine Pneumonie besteht. Daher sind klinische Kriterien nur begrenzt
sensitiv und spezifisch (20–40% falsch-negative und
falsch-positive Befunde). Dennoch müssen sie Grundlage für alle weiteren diagnostischen Entscheidungen
bleiben.
Alternativ wurde von Pugin et al. der »Clinical Pulmonary Infection Score (CPIS)« beschrieben (. Tab. 5.5). Eine
Überlegenheit gegenüber den Johanson-Kriterien besteht
nicht, der CPIS-Score ist jedoch wertvoll als Instrument
der Evaluation des Therapieansprechens (s. unten).
Differenzialdiagnose der nosokomialen Pneumonie. Die
Differenzialdiagnose der nosokomialen Pneumonie ist
umfassend. Im Einzelnen sind folgende Möglichkeiten zu
überprüfen:
4 Atelektasen
4 Linksherzinsuffizienz bzw. Lungenödem
4 Nierenversagen mit Lungenödem
4 Lungenembolie bzw. -infarkt
4 Pulmonale Hämorrhagie
4 ARDS
4 Medikamentös bedingte Alveolitis
119
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
. Tab. 5.5. Modifizierter Clinical Pulmonary Infection Score nach
Pugin. Maximale Punktzahl = 12 Punkte, Verdacht auf Pneumonie:
≥6 Punkte
Parameter
Punktzahl
Temperatur (°C)
Zwischen ≥36,5 und ≤38,2
0
Zwischen ≥38,3 und ≤38,9
1
Zwischen ≥39 und ≤36,4
2
Leukozyten/μl
Zwischen ≥4000 und ≤11.000
0
Zwischen <4000 und >11.000
1
Zwischen <4000 und >11.000 + Stabkernige ≥50%
2
Tracheobronchialsekret (TBAS)
Kein Sekret
0
Nichteitriges Sekret
1
Eitriges Sekret
2
Die qualitative Kultur respiratorischer Sekrete ist für die
Diagnosestellung einer Pneumonie eine sensitive, jedoch
wenig spezifische Methode (>75% falsch-positive Ergebnisse). Das erste Ziel kann daher mit dieser Methode nicht
erreicht werden. Die quantitative Kultur respiratorischen
Sekrets erreicht gegenüber der qualitativen Kultur eine ungleich höhere Spezifität. Bronchoskopisch gewonnene Proben – geschützte Bürste (PSB) oder bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit (BALF) – weisen gegenüber dem Tracheobronchialsekret eine tendenziell höhere Spezifität auf. Die klinische Bedeutung dieses Vorteils wird jedoch kontrovers
gesehen. Dennoch muss auch bei sorgfältiger Beachtung
der Methodik der Materialentnahme und -verarbeitung mit
ca. 10–30% falsch-negativen und falsch-positiven Ergebnissen gerechnet werden.
Zusätzlich zu respiratorischen Sekreten sollten folgende
Materialien untersucht werden:
4 Zwei Blutkulturen
4 Ggf. (bei relevanter Ergussmenge) Pleuraergusspunktat
4 Ggf. Schnelltest auf Legionella pneumophila Serogruppe 1
Darüber hinaus ist stets gleichzeitig nach extrapulmonalen
Infektionsherden zu fahnden.
ARDS/Oxygenierung (PaO2/FIO2)
ARDS
0
PaO2/FIO2 ≤240 und kein ARDS
2
Röntgen-Thorax
Kein Infiltrat
0
Diffuse (fleckige) Infiltrate
1
Lokalisierte Infiltrate
2
Kultur TBAS/BALF
Pathogene Bakterien nicht nachweisbar
0
Pathogene Bakterien in nicht signifikanter Keimzahl
1
Pathogene Bakterien in signifikanter Keimzahl
2
4 Extrapulmonale Infektionen
5 Sinusitis
5 Katheterinfektionen
5 Harnwegsinfektionen
5 Abdominelle Infektionen
Stellenwert der mikrobiologischen Diagnostik. Die mikro-
biologische Diagnostik hat 3 Ziele:
4 die Diagnose einer Pneumonie mikrobiologisch zu
sichern;
4 den oder die zugrunde liegenden Erreger im Individualfall zu identifizieren;
4 das lokale Erreger- und Resistenzspektrum zu dokumentieren, auf das eine initiale kalkulierte antimikrobielle Therapie ausgerichtet werden kann.
Stellenwert der radiologischen Diagnostik. Das Röntgen-
bild des Thorax ist Grundlage der Diagnostik bei Verdacht
auf eine Pneumonie. Liegendaufnahmen weisen auch bei
optimaler Aufnahmetechnik allerdings eine Reihe von »toten Winkeln« auf, in denen sich Infiltrate verbergen können
(oberes Mediastinum, para- und retrokardialer Raum;
. Abb. 5.37). Auf dem Thorax des Patienten angebrachte
Elektroden sollten, wo immer möglich, vor Anfertigung
eines Röntgen-Thoraxbildes entfernt werden. In Einzelfällen kann eine Computertomographie des Thorax bei der
Identifikation von Infiltraten oder Abszessen hilfreich
sein.
Erregerspektrum. Das Erregerspektrum der nosokomialen Pneumonie unterscheidet sich je nach Risikostruktur
des Patienten. Dabei unterscheiden wir die früh einsetzende
(Tag 1–4 der Hospitalisation) bzw. spät einsetzende (ab
Tag 5 der Hospitalisation) Pneumonie. Modifizierende Faktoren des Patienten müssen zusätzlich berücksichtigt
werden.
4 Früh einsetzende (»early-onset«) Pneumonie: Bei der
früh einsetzenden Pneumonie findet sich das Kolonisationsspektrum des oberen Respirationstrakts wieder.
Die Kolonisationskeime werden dabei im Rahmen der
Intubation in die tiefen Atemwege aspiriert. Entsprechend kann man von einer »intubationsassoziierten
Pneumonie« sprechen. Das Erregerspektrum umfasst
entsprechend – vorausgesetzt, dass der Patient zum Intubationszeitpunkt nicht länger als maximal 96 h hospitalisiert war und keine antimikrobiellen Substanzen
5
120
5
Kapitel 5 · Indikationen
erhalten hat bzw. keine anderen modifizierenden Faktoren (s. unten) vorliegen:
5 Oxacillin- bzw. Methicillin-sensible Staphylococcus
aureus (OSSA bzw. MSSA)
5 Haemophilus influenzae
5 Streptococcus pneumoniae
5 Gram-negative Enterobakterien (GNEB), nicht
multiresistent
4 Spät einsetzende (»late onset«) Pneumonie: Bei den
spät einsetzenden nosokomialen Pneumonien findet
sich das im Krankenhaus erworbene Kolonisationsspektrum des oberen Respirationstrakt wieder. Die Kolonisationskeime werden ebenfalls aspiriert, hier allerdings entlang der inneren und äußeren Strukturen des
Tubus. Entsprechend kann man von einer »Tubus-assoziierten Pneumonie« sprechen. Das Erregerspektrum
umfasst daher zusätzlich zu den oben genannten Erregern typische nosokomiale komplizierte, ggf. auch
typische multiresistente Erreger.
5 Oxacillin- bzw. Methicillin-resistente Staphylococcus-aureus-Stämme (ORSA bzw. MRSA)
5 Pseudomonas spp.
5 Acinetobacter spp.
5 Stenotrophomonas spp.
5 ESBL-bildende gram-negative Enterobakterien
4 Risikofaktoren: Unter bestimmten Bedingungen muss
schließlich von einem modifizierten Erregerspektrum
ausgegangen werden. Diese umfassen:
5 Strukturelle Lungenerkrankung, insbesondere
COPD: multiresistente Erreger
5 Steroidtherapie: Legionella spp., Pilze (Aspergillus
spp.)
5 Prolongierte stationäre Behandlung bzw. antimikrobielle Therapie: multiresistente Erreger
5 Zerebrale Erkrankungen mit Bewusstseinstrübung:
endogene Kolonisationskeime, besonders Staphylococcus aureus (OSSA bzw. MSSA)
5 Aspiration: Anaerobier (Assoziation weniger gut
geklärt)
In der Regel können nur potenziell pathogene Keime (»potentially pathogenic microorganisms«, PPM) als ursächliche Erreger angesehen werden. Non-PPM (d. h. Streptococcus-viridans-Gruppe, andere Streptococcus spp. außer
Streptococcus pneumoniae, koagulasenegative Staphylokokken, Corynebacterium spp., Neisseria spp., Enterokokken, Anaerobier) stellen in der Regel keine ursächlichen
Erreger dar.
! Cave
Candida spp. sind immer Kolonisationskeime. Ihre ursächliche Rolle in extrem seltenen Ausnahmefällen kann nur
bioptisch gesichert werden. Bei Nachweis von Aspergillus
spp. sollte insbesonders bei Risikopatienten (Steroidtherapie, schwere akute Erkrankung und/oder Grunderkrankung) durch wiederholte Kulturen und bildgebende
Verfahren (z. B. Computertomographie des Thorax) nach
Hinweisen für eine Aspergillus-Pneumonie gesucht werden. Bei diesen Patienten ist eine kalkulierte antifungale
Therapie in der Regel indiziert.
Synopsis der Diagnostik. Auch die Zusammenschau der
klinischen, mikrobiologischen und radiologischen Parameter ergibt nicht selten keine sichere Aussage über das
Vorliegen einer nosokomialen Pneumonie. Es bedarf daher
Strategien, die zu einem rationalen Umgang mit diesen
Unsicherheiten anleiten, indem sie einerseits das Risiko für
eine verspätete oder inadäquate Therapie, andererseits das
einer Übertherapie gleichermaßen minimieren helfen.
Ein Vorschlag für eine Therapiestrategie angesichts der
bestehenden diagnostischen Unsicherheiten ist in . Tab. 5.6
wiedergegeben.
Eine antimikrobielle Therapie kann demnach bei negativem mikrobiologischen Ergebnis abgesetzt werden, wenn
. Tab. 5.6. Umgang mit diagnostischer Unsicherheit: Vorgehen nach Einleitung einer antimikrobiellen Therapie bei Verdacht auf eine nosokomiale Pneumonie. (Mod. nach Torres und Ewig 2004)
Klinische Konstellation
Strategie
Rationale
Klinischer Verdacht auf VAP
Quantitative Kulturen TBAS
Kalkulierte antimikrobielle Therapie
Gesicherter prognostischer Vorteil
Reevaluation nach 72 h; vier mögliche klinische Konstellationen:
Verdacht auf VAP bestätigt (klinisch und/oder
durch Kulturergebnisse)
Fortführung der antimikrobiellen Therapie
Adjustierung und Deeskalation nach Kulturergebnissen
Gesicherter prognostischer Vorteil
VAP klinisch wahrscheinlich, Kulturergebnisse nicht signifikant, keine schwere Sepsis
Individuelle Entscheidung
Vorgehen nicht gesichert
VAP klinisch unwahrscheinlich, Kulturergebnisse nicht signifikant, keine schwere Sepsis
Absetzen der antimikrobiellen Therapie
Reduktion des Selektionsdrucks
und der Exzessletalität durch
Übertherapie
VAP ausgeschlossen, alternative Infektionsquelle und/oder schwere Sepsis
Fortsetzen bzw. adjustieren der antimikrobiellen
Therapie
Vorgehen evident
121
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
4 der Pneumonieverdacht nur gering oder ausgeräumt ist
und/oder
4 eine alternative Diagnose gefunden worden ist.
Das Vorgehen im Falle eines fortbestehenden klinischen Verdachts auf VAP, jedoch negativen kulturellen Ergebnissen
muss im Einzelfall entschieden werden. Gegebenenfalls müssen wiederholte Untersuchungen durchgeführt werden.
Eine weitere viel versprechende Strategie zur Minimierung des Risikos einer Übertherapie besteht in der Unterscheidung von Fällen mit hoher oder niedriger Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer nosokomialen Pneumonie entsprechend dem CPIS-Score (Vorliegen von Infiltraten und CPIS <6 oder ≥6). Patienten mit CPIS <6 können
demnach initial mit einer Monotherapie über 3 Tage behandelt werden; bei fortbestehendem CPIS <6 nach 3 Tagen
kann die Therapie gar abgesetzt werden.
Therapieversagen. Ein klinisches Ansprechen auf eine
Therapie kann binnen 3–6 Tagen erwartet werden. Der
CPIS-Score kann als klinischer Score zur Evaluation des
Therapieansprechens dienen. Als Laborparameter kommen
die Bestimmung des CRP- und des Prokalzitonin-Wertes in
Frage. Die Ursachen des Therapieversagens sind ähnlich
komplex wie bei der ambulant erworbenen Pneumonie.
Häufiger als bei letzterer ist jedoch das Therapieversagen
aufgrund resistenter Erreger. Abhängig von der jeweiligen
Lokalität finden sich am häufigsten:
4 P. aeruginosa
4 MRSA
4 Acinetobacter spp.
4 Stenotrophomonas maltophilia
4 Multiresistente gramnegative Enterobacteriaceae
(ESBL), wie Klebsiella spp., Proteus spp., Enterobacter
spp., Serratia spp.
4 Neutropenie (Neutrophile <500/μl oder <1000/μl mit
zu erwartendem Abfall auf <500 μl in den nächsten
2 Tagen)
4 Stammzelltransplantation
HIV-Infektion
Erregerspektrum. Das Erregerspektrum bei Patienten mit
HIV-Infektion hängt vom aktuellen Immunstatus ab. Ein
spezifisches Erregerspektrum ist erst ab einer CD4-Zellzahl
<400/μl zu erwarten. Führend sind zunächst bakterielle
Pneumonien durch S. pneumoniae und H. influenzae; mit
zunehmender Immundepletion tritt Pneumocystis jireveci
in den Vordergrund. Das Risiko für eine Lungentuberkulose
ist ebenfalls bereits deutlich erhöht. Bei CD4-Zellzahlen
<50/μl muss zusätzlich mit atypischen Mykobakterien und
Zytomegalievirus gerechnet werden. Pilzpneumonien durch
Aspergillus spp. treten erst bei CD4-Zellzahlen <50/μl und
zusätzlicher Neutropenie auf.
Der akuten respiratorischen Insuffizienz HIV-infizierter
Patienten liegt am häufigsten eine Pneumocystis-jiroveciPneumonie (PCP) zugrunde (. Abb. 5.38).
Andere Ursachen umfassen neben bakteriellen Pneumonien und Tuberkulosen das gesamte Spektrum der möglichen HIV-assoziierten pulmonalen Komplikationen. Die
relativen Häufigkeiten einzelner Komplikationen sind in
. Tab. 5.7 zusammengefasst.
! Cave
Gefährdet sind heute insbesondere Patienten mit noch
unbekanntem HIV-Status und PCP als AIDS-Erstmanifestation, da mit einer verzögerten Diagnosestellung gerechnet werden muss.
Aufgrund der Diversität der ursächlichen Erreger sowie der
guten diagnostischen Ausbeute zumindest bei opportunis-
Ebenso ist häufiger mit einer Resistenzentwicklung unter
Therapie zu rechnen. Dies geschieht meist innerhalb der
zweiten Woche. Der rechtzeitigen Erkennung solcher multiresistenter Erreger kommt eine wichtige Rolle in jedem
Präventionskonzept der Ausbreitung resistenter Erreger zu.
Daher ist in der Regel bei einem Therapieversagen eine
auch invasive bronchoskopische Reevaluation mit Gewinnung von Proben mittels geschützter Bürste und/oder BALF
indiziert.
Schwere Pneumonien unter Immunsuppression
Definition
Unter »Immunsuppression« werden hier hochgradige Beeinträchtigungen der systemischen (und lokalen) Immunität verstanden. Dazu gehören typischerweise:
4 HIV-Infektion
4 Organtransplantation und andere Zustände mit iatrogener Immunsuppression (z. B. Steroidtherapie >20 mg
Prednisolonäquivalent)
. Abb. 5.38. Schwere Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie als Erstmanifestation einer HIV-Infektion. Diffuse Milchglasartige Verschattung des Lungenkerns beidseits
5
122
5
Kapitel 5 · Indikationen
. Tab. 5.7. Erregerspektrum der HIV-assoziierten Pneumonie mit
akuter respiratorischer Insuffizienz
. Tab. 5.8. Zeitfenster des Erregerspektrums bei organtransplantierten Patienten
Erreger
Häufigkeit (%)
Vorherrschender Erreger
Pneumocystis jiroveci
50
Pneumocystis jiroveci plus andere Erreger
20
Zeit nach
Organtransplantation
(Tage)
Pneumocystis jiroveci plus bakterielle Erreger
10
1–28
Pneumocystis jiroveci plus Zytomegalievirus
10
Grampositive und gramnegative Bakterien
(bei Neutropenie auch Pilze: Aspergillus spp.,
Candida spp.)
Bakterielle Pneumonien
5–10
29–180
Zytomegalievirus
Sporadisch
Atypische Mykobakterien
Sporadisch
Ungeklärt
10–25
Zytomegalievirus
Pneumocystis jirovecii
Pilze (Aspergillus spp., Candida spp.)
Mykobakterien
(Häufigkeit und Spektrum abhängig von Notwendigkeit der Beatmung)
>180
Abhängigkeit vom Grad der Immunsuppression:
4 Immunsuppression gering: Spektrum wie
ambulant bzw. nosokomial erworben
4 Immunsuppression schwer: Spektrum wie
Tage 29–180
tischen Erregern sollte stets der Versuch eines Erregernachweises erfolgen. Obwohl einige Zentren auch gute diagnostische Ergebnisse mittels des induzierten Sputums berichtet haben, sollte in der Regel der bronchoskopischen
Erregerdiagnostik mittels bronchoalveolärer Lavage der
Vorzug gegeben werden.
Die BAL-Flüssigkeit sollte auf folgende Erreger untersucht werden (7 Kap. 5.1.3):
4 Bakterielle Erreger (möglichst quantitativ)
4 Pilze
4 Mykobakterien
4 Viren
4 Pneumocystis jiroveci
4 Toxoplasma gondii
Bei der Durchführung der Bronchoskopie und in den folgenden 24 h sollte besonders auf eine ausreichende Sauerstoffsättigung (SaO2 >90%) geachtet werden.
Organtransplantation und andere Zustände
mit iatrogener Immunsuppression
Erregerspektrum. Das Erregerspektrum ähnelt naturgemäß demjenigen der HIV-Infektion. Bei transplantierten
Patienten ist das Zeitfenster zu berücksichtigen, nach dem
das Risiko für bestimmte Erreger abgeschätzt werden kann
(. Tab. 5.8); allgemein ist die CMV-Infektion bzw. Pneumonie zwischen dem 2. und 6. Monat die führende Komplikation. Die PCP ist in dieser Gruppe der iatrogenen T-ZellImmunsuppression, insbesondere bei allen Patienten unter
Steroidtherapie, in Betracht zu ziehen. Wichtige Unterschiede zur HIV-assoziierten PCP bestehen in einer kürzeren Dauer der Symptomatik bis zur Diagnosestellung sowie
einer höheren Inzidenz der akuten respiratorischen Insuffizienz. Je nach transplantiertem Organ sind Besonderheiten
des Erregerspektrums zu berücksichtigen.
Diagnostik. Für die Indikation und den Umfang der Diag-
nostik gelten die Ausführungen zur HIV-Infektion.
Neutropenie
Definition und Risikozuordnung. Eine Neutropenie besteht
bei Neutrophilenzahlen <500/μl oder <1000/μl mit einem
zu erwartendem Abfall der Neutrophilenzahl auf <500/μl in
den folgenden zwei Tagen. Patienten mit Neutropenie und
Lungeninfiltraten sind stets Patienten mit erhöhtem Risiko.
Als Standardrisiko (nicht Niedrigrisiko!) gilt dabei eine zu
erwartende Neutropeniedauer von 6–9 Tagen, als Hochrisiko von ≥10 Tagen.
Nicht immer demarkieren sich Infiltrate auf der Röntgen-Thoraxaufnahme bereits zum Zeitpunkt des Fieberbeginns. Daher muss bei Fieber zunächst unklarer Ursache
spätestens im Falle eines Therapieversagens nach 72 h eine
CT des Thorax angefertigt werden.
Erregerspektrum, Differenzialdiagnose. In dieser Gruppe sind bakterielle und fungale Pneumonien führend. Unter den Therapieversagern finden sich mehrheitlich
Pilzpneumonien, hier überwiegend durch Aspergillus spp.
und Candida spp. verursacht. Die typischen Erreger
der T-Zell-Immunsuppression sind in dieser Gruppe von
nachgeordneter Häufigkeit und manifestieren sich meist
als diffuse beidseitige retikulonoduläre Infiltration. Ein
nicht geringer Anteil der Patienten weist offenbar nichtinfektiöse Ätiologien (diffuser Alveolarschaden, Hämorrhagien u. a.) auf. Eine schwere respiratorische Insuffizienz entwickelt sich jedoch meist im Rahmen einer Pneumonie.
Diagnostik. Gelegentlich liegt zum Zeitpunkt der Entwick-
lung eines Infiltrats im Röntgenbild des Thorax bereits ein
Erregernachweis über eine positive Blutkultur vor. Ein Erregernachweis im Bronchialsekret ist demgegenüber häufig
123
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
9. Abb. 5.39a–c. Invasive Aspergillose bei einer Patientin mit
schwerer Neutropenie. a Thorax-Röntgenbild: Nachweis unscharf
berandeter fleckiger Infiltrate ohne Lappenbegrenzung beidseits.
Bihiläre und mediastinale konturbildende Lymphadenopathie. b Zeitgleiches Computertomogramm, transversale Schichten: beidseits
fleckige und unscharf begrenzte, z. T. pleuranahe und paravaskuläre
Infiltrate ohne Lappenbegrenzung. Einzelne Infiltrate weisen einen
»Halo« auf: zentrale Konsolidierung, Milchglastrübung an den Rändern. Dem entspricht pathologisch-anatomisch eine zentral liegende
Entzündung mit Randödem und Einblutung. c Bronchoskopisches
Bild: Aufsicht auf den Mittellappen, Segment 4. Bereits makroskopisch
sichtbare, leicht blutende Pseudomembranen
a
schwierig, da die meisten dieser Patienten bereits breit
antimikrobiell vorbehandelt sind. In der Diagnostik von
Pilzpneumonien geben klinische Charakteristika und das
Computertomogramm des Thorax bereits wesentliche Hinweise, während die Ausbeute bei Pilzerregern in der BALF
limitiert ist.
Tipps
Bei makroskopisch sichtbaren Membranen sollte
Material zur Kultur und Histologie gewonnen werden.
Im Falle von Abscheidungsthromben nach Blutung
sollte eine entsprechende Probe ebenfalls gewonnen
sowie kulturell und histologisch mit der Fragestellung
nach einer Aspergillose untersucht werden.
Therapieversagen. Im Falle eines Therapieversagens ist
eine umfangreiche diagnostische Reevaluation angezeigt.
b
c
Stammzelltransplantation
Pneumonien nach Transplantation hämatopoetischer
Stammzellen stellen eine schwere Komplikation mit hoher
Letalität dar. Das Erregerspektrum reflektiert sowohl die
Neutropenie als auch die iatrogene Immunsuppression.
Entsprechend muss gerechnet werden mit: Bakterien (auch
»atypische«), Pilzen, CMV, Pneumocystis jireoveci, Viren
(Influenza-/Parainfluenzaviren, RSV, Adenoviren). Etwa
die Hälfte der interstitiellen Pneumonien wird durch CMV
verursacht. Differenzialdiagnostisch ist die idiopathische
interstitielle Pneumonie (IIP) in Betracht zu ziehen (Risikofaktoren: hohe Bestrahlungsdosen, Ganzkörperbestrahlung, GvHD u. a.). Prinzipien der Diagnostik und Therapie
folgen denen transplantierter und neutropenischer Patienten.
Tuberkulose und atypische Mykobakterien
Die mikrobiologische Sicherung einer Lungentuberkulose
wird zunächst über den mikroskopischen Nachweis säurefester Stäbchen versucht. Im Falle dreier mikroskopisch
negativer Sputa ist eine bronchoskopische Diagnostik indiziert (. Abb. 5.40). Diese umfasst eine bronchoalveoläre
5
124
Kapitel 5 · Indikationen
Lavage im Bereich des radiologisch infiltrierten Segments
sowie ggf. zusätzlich endobronchiale bzw. transbronchiale
Biopsien.
! Cave
Trotz mikroskopisch negativer Sputa muss mit einer übertragbaren Tuberkulose gerechnet werden. Entsprechend
sind vom Untersucher sowie dem Assistenzpersonal während der Bronchoskopie FFP-3-Masken zu tragen, für eine
anschließende angemessene Lüftung und Desinfektion
ist zu sorgen.
5
Atypische Mykobakterien sind nicht über Tröpfchenkerne
übertragbar. Daher kann bei Verdacht auf das Vorliegen
einer atypischen Mykobakteriose auf vorherige Sputumproben bzw. die besonderen hygienischen Schutzmaßnahmen verzichtet werden.
5.1.4 Bronchoskopische Diagnostik
interstitieller Lungenerkrankungen
Interstitielle Lungenerkrankungen haben in den letzten
Jahren eine neue Klassifikation erfahren. Diese basiert auf
der Unterscheidung von 4 großen Gruppen:
4 Idiopathische interstitielle Lungenerkrankungen (umfasst die idiopathische Lungenfibrose [IPF] und andere
[non-IPF])
4 Granulomatöse Lungenerkrankungen
4 Lungenfibrosen mit bekannter Ursache
4 Andere, seltene interstitielle Lungenerkrankungen
. Abb. 5.41. Systematik der interstitiellen Lungenerkrankungen. Es
werden 4 große Gruppen interstitieller Lungenerkrankungen unterschieden. Innerhalb der idiopathischen interstitiellen Lungenerkran-
. Abb. 5.40. Thorax-Röntgenbild: streifig-fleckig konfluierende Infiltrate linksseitig mit maximaler Ausprägung in Segment 6, geringer
auch im linken Oberlappen. Pulmonale Tuberkulose, initial fehlgedeutet als ambulant erworbene Pneumonie. Kultureller Nachweis von
Mycobacterium tuberculosis erst nach Bronchoskopie mit BAL
Insbesonders die Gruppe der idiopathischen interstitiellen
Lungenerkrankungen hat zuletzt große wissenschaftliche
Aufmerksamkeit auf sich gezogen, so dass sich hier neue
Standards der diagnostischen Evaluation ergeben haben
(. Abb. 5.41).
kungen ist die Unterscheidung der idiopathischen Lungenfibrose (IPF)
von der Gruppe der non-IPF bedeutsam
125
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
Indikationen zur Bronchoskopie
Eine diagnostische Bronchoskopie ist zur Abklärung interstitieller Lungenerkrankungen immer indiziert. Der Beitrag
der Bronchoskopie reicht von einem Ausschluss spezifischer Histologien über stützende Hinweise im klinischen
Kontext bis hin zur exakten histologischen Diagnose. Der
mögliche Beitrag der Bronchoskopie zur Diagnosestellung
ist demnach je nach klinischer Situation unterschiedlich
und sollte daher vor ihrer Durchführung definiert sein.
Entsprechend kann dann entschieden werden, ob weitere,
invasivere Maßnahmen (videoassistierte Thorakoskopie
(VATS) mit Lungenbiopsie) erforderlich sind.
Idiopathische interstitielle Lungenerkrankungen
Eine bronchoskopische Sicherung idiopathischer interstitieller Lungenerkrankungen gelingt meist weder über eine
bronchoalveoläre Lavage noch über transbronchiale Biopsien. Die Ergebnisse der bronchoalveolären Lavage haben
hier meist nur eine (eingeschränkte) prognostische Bedeutung. Für eine histologische Diagnose interstitieller Lungenerkrankungen bedarf es eines mindestens 2 cm großen Gewebsstücks, in dem das komplexe Schädigungsbild einschließlich seiner unterschiedlichen Stadien ausreichend
repräsentiert ist. Diese Größe übersteigt bei weitem die
Größe einer transbronchialen Biopsie.
Dennoch nimmt die Bronchoskopie im diagnostischen
Algorithmus einen zentralen Stellenwert ein. Im Falle einer
unklaren interstitiellen Lungenerkrankung kann durch eine
diagnostische Bronchoskopie ggf. eine nicht-idiopathische
Form der interstitiellen Lungenerkrankungen gesichert
werden (z. B. Sarkoidose).
Im Falle des Vorliegens typischer Kriterien einer idiopathischen Lungenfibrose (IPF; . Abb. 5.42) bedarf es des
bronchoskopischen Ausschlusses anderer Ursachen interstitieller Lungenerkrankungen. Liegen alle Hauptkriterien
und 3 von 4 Nebenkriterien vor, kann auf eine Lungenbiopsie über VATS verzichtet werden.
Kriterien einer idiopathischen Lungenfibrose
(IPF)
4 Hauptkriterien
– Restriktive Ventilationsstörung
– Hypoxämie in Ruhe und/oder unter Belastung
– Beidseitige interstitielle Infiltrate
– Infiltrate im HR-CT mit wenig Milchglastrübungen
– Ausschluss einer bekannten Ursache interstitieller Lungenerkrankungen
– Ergebnisse der Bronchoskopie weisen nicht auf
eine andere interstitielle Lungenerkrankung hin
4 Nebenkriterien
– Alter >50 Jahre
– Langsame Zunahme einer nicht anders erklärten
Belastungsdyspnoe
– Krankheitsdauer länger als 3 Monate
– Beidseitige feinblasige inspiratorische Rasselgeräusche (»Sklerosiphonie«)
Innerhalb der idiopathischen interstitiellen Pneumonie
werden in der Gruppe der nicht-idiopathischen Lungenfibrose (non-IPF) folgende 6 Entitäten zusammengefasst
(. Abb. 5.41):
4 Respiratorische Bronchiolitis – interstitielle Lungenerkrankung (RB-ILD)
. Abb. 5.42. Idiopathische Lungenfibrose (IPF): Es finden sich in der HRCT des Thorax in Bauchlage (transversale Schichten) eindeutige Lungengerüstvermehrungen (s. Beschriftung)
5
126
Kapitel 5 · Indikationen
4
4
4
4
Desquamative interstitielle Pneumonie (DIP)
Unspezifische interstitielle Pneumonie (NSIP)
Lymphozytäre Pneumonie (LIP)
Akute interstitielle Pneumonie (AIP; entspricht histologisch einem diffusen Alveolarschaden = DAD)
4 Chronische organisierende Pneumonie (COP; früher
Bronchiolitis mit alveolärer Pneumonie, BOOP)
5
Jede dieser Entitäten weist eine charakteristische, jedoch
nicht spezifische und begrenzt sensitive CT-Morphologie
aus.
Typische Befunde der bronchoalveolären Lavage können zur Diagnosestellung beitragen, sind jedoch ebenfalls
nicht spezifisch. Einige Befunde haben prognostische Bedeutung (. Tab. 5.9). Lediglich die COP kann gelegentlich
auch durch transbronchiale Biopsie gesichert werden; zu
fordern ist für eine Diagnose der COP allerdings das Vorliegen sowohl der Bronchiolitis als auch der alveolären, organisierenden Pneumonie (. Abb. 5.43a, b).
Granulomatöse Lungenerkrankungen
Sarkoidose. Die Diagnose einer Lungen- und/oder thorakalen Lymphknotensarkoidose ist eine Domäne der Bronchoskopie. Makroskopisch finden sich in ca. 20% der Fälle
mit aktiver Sarkoidose feinknotige Veränderungen der
Bronchialschleimhaut. In der endobronchialen Biopsie
können histologisch epitheloidzellige Granulome nachgewiesen werden.
Die BALF sollte immer zytologisch und mikrobiologisch (unter Einschluss einer Untersuchung auf Mykobakterien) untersucht werden (. Tab. 5.10). Es findet
sich typischerweise in Abhängigkeit von der Aktivität der
Entzündung eine Lymphozytose unterschiedlichen Ausmaßes. Dabei handelt es sich überwiegend um CD4-positive Lymphozyten. Ein CD4/CD8-Quotient von >5
hat (nach Ausschluss einer Tuberkulose) auch ohne Histo-
a
. Abb. 5.43a und b. Kryptogene organisierende Pneumonie (COP;
früher: BOOP). a Thorax-Röntgenbild im Stehen. Pneumonische Infiltrate in beiden Unterlappen mit positivem Pneumobronchogramm.
b Zeitgleiches CT des Thorax: korrespondierend zu den röntgenmor-
. Tab. 5.9. Typische Befunde der BALF bei Patienten mit idiopathischen interstitiellen Lungenerkrankungen (IPF und non-IPF)
Typ der idiopathischen interstitiellen Lungenerkrankung
Assoziiertes Zellbild in der BALF
IPF
Neutrophilie (schlechtere Prognose)
Lymphozytose (bessere Prognose)
Mäßige Eosinophilie (schlechtere Prognose)
RB-ILD
Starke Makrophagen-Erhöhung, braunpigmentiert
Mäßige Neutrophilie (sehr typischer Befund)
DIP
Starke Makrophagen-Erhöhung, braunpigmentiert
Mäßige Neutrophilie, Lymphozytose oder
Eosinophilie (sehr typischer Befund)
NSIP
Neutrophilie, mäßige Lymphozytose oder
Eosinophilie
LIP
Lymphozytose
AIP
Neutrophilie
COP
Schaumige Makrophagen (>20%)
Lymphozytose >25%, CD4/CD8-Quotient
erniedrigt, Neutrophilie >5%, Eosinophilie
(<20%)
(»Bunte BALF«)
Alle Formen gehen mit einer erhöhten Gesamtzellzahl einher, die
auch die Makrophagen umfasst.
logie eine hohe Spezifität für Diagnose einer Sarkoidose
(ca. 90%).
Mediastinale oder hiläre Lymphnoten können mittels
EBUS-Technik dargestellt und über die Punktionsnadel untersucht werden. In transbronchialen Biopsien finden sich
im Röntgen-Stadium I (also ohne nachweisbare Lungenver-
b
phologischen Veränderungen Darstellung eines Nebeneinanders
von konsolidierenden und milchglasartigen Verschattungsmustern,
vorzugsweise dorsal basal pleuranahe. Fleckige bilaterale Konsolidierung, subpleuraler Befall
127
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
5
. Tab. 5.10. Typische Befunde der BALF bei Patienten mit Sarkoidose
Gesamtzellzahl
Normal bis leicht erhöht
Vorherrschender Zelltyp
Lymphozyten (80–90% der Fälle)
Aktive Sarkoidose: Lymphozytose von 30–60%
Fibrosierung: zusätzlich Neutrophilie
Immunzytologie
CD4/CD8-Quotient >3,5 (ca. 60%)
HLA-DR+-Lymphozyten erhöht
CD57+-NK-Zellen im Normbereich
Befunde im Krankheitsverlauf
Normalisierung oder leicht- bis mittelgradige Lymphozytose
Normalisierung der HLA-DR+-Lymphozyten
Prognostische Bedeutung
keine
Cave: Die unterschiedlichen Erwartungswerte für den CD4/CD8-Quotienten bei Rauchern (1–3,5) und Nichtrauchern (0,5–1,5) sind zu beachten!
a
c
b
. Abb. 5.44. Sarkoidose mit Lungen- und Lymphknotenbefall.
a Thorax-Röntgenbild im Stehen. Typische bihiläre und mediastinale
polyzyklische Lymphadenopathie beidseits zusammen mit feinnodulärem und streifigen Verschattungen mit Betonung der Ober- und
Mittelfelder (Röntgen-Stadium II). b und c Zeitgleiches CT. Koronare
Rekonstruktion im Weichteil- und Lungenfenster. Im Weichteilfenster
(b) Darstellung der bihilären und mediastinalen Lymphadenopathie.
Im Lungenfenster (c) Bild kleinnodulärer, bronchovaskulärer und
lappenspaltnaher Verschattungen
128
Kapitel 5 · Indikationen
änderungen im Röntgen-Thorax) in ca. 60% der Fälle epitheloidzellige Granulome. Im Stadium II und III finden sich
diese in 80–90% der Fälle.
! Cave
5
Der Nachweis epitheloidzelliger Granulome ist nicht
gleichbedeutend mit der Diagnose einer Sarkoidose.
Stets ist eine Tuberkulose bzw. atypische Mykobakteriose
auszuschließen. Des Weiteren kommen epitheloidzellige
Granulome ebenso bei der Berylliose und der exogenallergischen Alveolitis vor. Schließlich finden sich diese
gelegentlich auch im Randbereich von Tumoren, so dass
bei entsprechender klinischer Konstellation nach Tumoren weiter gefahndet werden muss.
Exogen-allergische Alveolitis (EAA). Die EAA (. Tab. 5.11
und . Abb. 5.45) ist eine Erkrankung, die durch wiederhol-
te Inhalation organischer Stäube bei sensibilisierten Personen hervorgerufen wird. Mögliche Antigene umfassen
insbesondere mikrobielle und Vogelproteine. Immunpathogenetisch finden sich Hinweise sowohl für eine Typ-IIIals auch Typ-IV-Reaktion. Im typischen Fall einer akuten
EAA ist eine Bronchoskopie entbehrlich. Daher werden die
Befunde der akuten Krankheitsphase selten erfasst. Differenzialdiagnostische Schwierigkeiten bereitet vor allem die
subakute bzw. späte Krankheitsphase.
Tipps
Ein Normalbefund in der BALF schließt eine aktive
EAA aus.
. Tab. 5.11. Typische Befunde in der BALF bei Patienten mit exogen-allergischer Alveolitis (EAA)
Gesamtzellzahl
Stark erhöht (bis zum 5-fachen der Norm)
Vorherrschender
Zelltyp
Akute EAA: Neutrophile
Subakute/chronische EAA: Lymphozyten,
weniger Neutrophile
Ausgeprägte Lymphozytose (>50%),
vereinzelt Plasmazellen (bis 2%) und/oder
Mastzellen
Lymphozyten mit Aktivitätszeichen (gefälteter Kern, breites Zytoplasma), Makrophagen
mit schaumigem Aspekt
Immunzytologie
CD4/CD8-Quotient erniedrigt
HLA-DR+-Lymphozyten erhöht
CD57+-NK-Zellen erhöht
Befunde im
Krankheitsverlauf
Normalisierung bei vollständiger Allergenkarenz, Anstieg der CD4-Helferzellen
Prognostische
Bedeutung
Keine
Cave: Die unterschiedlichen Erwartungswerte für den CD4/CD8Quotienten bei Rauchern (1–3,5) und Nichtrauchern (0,5–1,5) sind
zu beachten!
. Abb. 5.45a und b. Exogen-allergische Alveolitis auf Bettfedern.
a Röntgenbild im Stehen: feinnoduläre, milchglasartige, interstitielle
Zeichnungsvermehrungen im Lungenkern mit basaler und dorsaler
Betonung. b Zeitgleiches CT. Transversale Schichten. Ubiquitäre zentrilobuläre Milchglasverschattungsmuster
In der transbronchialen Biopsie finden sich innerhalb einer
erhaltenen Lungenarchitektur angedeutete Granulome mit
oder ohne Riesenzellen vom Fremdkörpertyp, eine Bronchiolitis sowie eine Lymphozytose.
! Cave
Die BALF lässt lediglich die Identifikation von sensibilisierten Personen zu. Der Befund von sensibilisierten Kranken
und Gesunden ist identisch. Die Bedeutung der subklinischen Alveolitis bei asymptomatischen Personen (mit
normaler Lungenfunktion und normalem Thorax-Röntgenbefund) ist nicht bekannt. Daher sind die Befunde der
BALF stets im klinischen Kontext zu interpretieren.
129
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
Interstitielle Lungenerkrankungen
mit bekannter Ursachen
In diese sehr heterogene Gruppe fallen die folgenden interstitiellen Lungenerkrankungen:
4 Pneumokoniosen (durch Inhalation anorganischer
Partikel)
5 Asbestosen
5 Silikosen/Mischstaubpneumokoniosen
4 Interstitielle Lungenerkrankungen im Rahmen von
Kollagenosen
4 Medikamentenassoziierte Alveolitiden
Asbestosen. Radiologisch kann eine Asbestose vermutet
werden bei Vorliegen folgender Kriterien:
4 Basal betonte interstitielle, kleinknotige Infiltrationen
4 Basale Pleuraplaques
Die Diagnose einer Lungenasbestose wird gesichert
durch:
4 Nachweis einer Asbestexposition
4 Angemessene Latenzzeit von Exposition zur Lungenschädigung
4 Histologischer Nachweis einer beidseitigen, basal betonten interstitiellen Fibrose
Die Asbestexposition kann untermauert oder überhaupt
erst gesichert werden durch
4 Asbest-typische Pleuraplaques (tafelbergartige kalkdichte pleurale Verdickungen)
4 Nachweis von Asbestkörperchen in Makrophagen der
BALF und/oder im Lungengewebe
4 Bei ausreichend hoher Asbestbelastung können Asbestkörperchen bereits im Ausstrich- bzw. Zytozentrifugenpräparat in der BALF festgestellt werden. Sensitiver ist
der quantitative Nachweis über Filtration der BALF.
. Tab. 5.12 fasst die typischen Befunde in der BALF bei Pa-
tienten mit asbestinduzierter Alveolitis/Fibrose zusammen.
. Tab. 5.12. Typische Befunde in der BALF bei Patienten mit Asbestinduzierter Alveolitis/Fibrose
Gesamtzellzahl
Normal oder leicht erhöht
Vorherrschender
Zelltyp
Akut: Neutrophile und/oder Lymphozytose
Höchste entzündliche Aktivität bei subklinischer Alveolitis
Immunzytologie
CD4/CD8-Quotient erhöht
Befunde im
Krankheitsverlauf
Nachlassen der entzündlichen Aktivität
Prognostische Bedeutung
Neutrophilie ungünstig
Lymphozytose günstiger
Cave: Die unterschiedlichen Erwartungswerte für den CD4/CD8Quotienten bei Rauchern (1–3,5) und Nichtrauchern (0,5–1,5) sind
zu beachten!
. Tab. 5.13. Typische Befunde in der BALF bei Patienten mit Silikose bzw. Mischstaubpneumokoniose
Gesamtzellzahl
Deutlich erhöht
Vorherrschender
Zelltyp
Erhöhung der Makrophagen
Bei reiner Silikose: Nachweis doppelbrechender Quarzkristalle
Bei Kohlebergarbeitern: dunkelbraune,
grobkonturierte, polygonale Kohlepartikel
Bei Metallschleifern: Eisenbeladung
Bei Hartmetalllungen: Riesenzellen
Neutrophilie/Lymphozytose
Immunzytologie
CD4/CD8-Quotient erniedrigt
Befunde im
Krankheitsverlauf
Keine
Prognostische
Bedeutung
Keine
Cave: Die unterschiedlichen Erwartungswerte für den CD4/CD8Quotienten bei Rauchern (1–3,5) und Nichtrauchern (0,5–1,5) sind
zu beachten!
Silikosen und Mischstaubpneumokoniosen. Unter Sili-
kosen wird die fibronoduläre Form der Pneumokoniose
verstanden, die durch Inhalation von quarzhaltigem Staub
verursacht wird. Mischstaubpneumokoniosen bezeichnen
Lungenerkrankungen durch Inhalation von Kohlenstaub,
Gesteinsstaub und Tonmineralien. Eine differenzialdiagnostische oder prognostische Bedeutung kommt den Befunden in der BALF in der Regel nicht zu (. Tab. 5.13).
! Cave
Die Befunde bei Berylliose unterscheiden sich grundlegend von denen der Silikose/Mischstaubpneumokoniose. Sie entsprechen denen bei aktiver Sarkoidose.
Beide Erkrankungen können durch den Lymphozytentransformationstest (LTT) mit Lymphozyten aus der
BALF, die Berylliumsalze exponiert werden, unterschieden
werden.
Interstitielle Lungenerkrankungen im Rahmen von Kollagenosen. Das Spektrum möglicher Lungenbeteiligungen
bei Kollagenosen ist außerordentlich weit. Eine orientierende Übersicht gibt . Tab. 5.14. Komplizierend tritt hinzu,
dass bei immunsuppressiv behandelten Patienten stets differenzialdiagnostisch an mögliche medikamentenassoziierte Alveolitiden sowie opportunistische Infektionen gedacht werden muss.
Die Sicherung der Zuordnung einer interstitiellen Lungenerkrankung zu einer Kollagenose kann nur im Rahmen
der Gesamtkonstellation erfolgen. Bronchoalveoläre Lavage und Histologie ergeben selten wegweisende Befunde.
Ihre Bedeutung liegt eher im Bereich der Ausschlussdiagnostik anderer interstitieller Lungenerkrankungen sowie
opportunistischer Infektionen.
5
130
Kapitel 5 · Indikationen
. Tab. 5.14. Spektrum der Lungenbeteiligung bei Kollagenosen
RA
SLE
PSS
DM
SS
MCTD
Alveolitis/Fibrose
++
+
++
+
+
+
DAH
+
++
AS
ILE
Apikale Fibrose
5
+
Bronchiale Manifestationen
+
+
Pleurale Manifestationen
+
++
+
+
Pulmonale Hypertonie
+
+
++
+
Atemmuskelschwäche
++
+
++
+
ILE = interstitielle Lungenerkrankung, DAH = diffuse alveoläre Hämorrhagie, RA = rheumatoide Arthritis, SLE = systemischer Lupus erythematodes, PSS = primär systemische Sklerodermie, DM = Dermatomyositis, SS = Sjögren-Syndrom, MCTD = »mixed connective tissue disease«,
AS = ankylosierende Spondylitis (= M. Bechterew)
+ = typischer Befund
++ = besonders häufiger Befund
Bei Patienten mit manifester Alveolitis bzw. Fibrose
finden sich meist eine erhöhte Gesamtzellzahl sowie eine
Neutrophilie, gelegentlich mit Eosinophilie oder Lymphozytose (überwiegend CD8-Suppressorzellen). Bei Patienten
mit Sklerodermie ist eine Neutrophilie (>3%) und Eosinophilie (>1–2%) in der BALF mit einer Alveolitis bzw. progredienten Lungenfibrose assoziiert und trägt somit zur
Entscheidung über eine immunsuppressive Therapie bei.
! Cave
Bei allen Kollagenosen werden subklinische Alveolitiden
beobachtet, die sich in ihrer zellulären Charakteristik nicht
von denen symptomatischer Patienten unterscheiden.
Ihre prognostische Bedeutung ist noch unklar. Daher
müssen die Befunde der BALF im klinischen Kontext interpretiert werden. Eine therapeutische Konsequenz ergibt
sich aktuell lediglich bei Patienten mit funktionellem und
bildgebendem Korrelat der Alveolitis/Fibrose.
Medikamentenassoziierte Lungenparenchymschädigung.
Eine Fülle von Medikamenten kann eine Lungenparenchymschädigung verursachen. Eine medikamentenassoziierte Lungenparenchymschädigung ist daher bei jeder neu
aufgetretenen unklaren Verschattung nach Exposition auf
definierte Medikamente zu erwägen. Fünf Kriterien sprechen für eine medikamentenassoziierte Lungenparenchymschädigung:
4 Exposition (meist, nicht immer, rezent)
4 Medikament kann bekanntermaßen Lungenparenchymschädigungen verursachen (7 www.pneumotox.com)
4 Andere Ätiologien wurden ausgeschlossen (Lungenstauung, -überwässerung, Infektionen, Lungenbeteiligungen bei Grunderkrankungen)
4 Absetzen des Medikaments führt zur Besserung
4 Reexposition führt zur erneuten Verschlechterung
. Tab. 5.15. Typische Lungenparenchymschädigungsmuster
sowie ihre Assoziation zu bestimmten Medikamenten (Auswahl)
Schädigungstyp
Ursächlich auslösende
Medikamente
Alveolitis
Gold, Methotrexat, Nitrofurantoin,
Amiodaron
Infiltrate mit peripherer
Eosinophilie sowie eosinophile Medikamente
Carbamezepin, Sulfonamide,
ACE-Hemmer, NSAID, Imipramin
Organisierende Pneumonie
Amiodaron, Bleomycin, β-Blocker,
Carbamazepin, Interferon
Chemotherapie Lunge (begünstigt durch onkologische
Begleittherapien wie Sauerstoff, Transfusionen, Stammzelltransfusionen, CSF, Proteine, Immunglobuline,
Bestrahlung)
Bleomycin, Busulfan, Chlorambucil, Cyclophosphamid, Melphalon,
Mitomycin
Lungenfibrose
Bleomycin, Busulfan, Chlorambucil, Cyclophosphamid, Amiodaron,
Gold, Methotrexat, Sulfonamide
Flüchtige Infiltrate
Hydrochlorothiazid, Doxetaxel,
Gemcitabin, Taxotere, G-CSF
Alveoläre Hämorrhagie
Propylthiouracil
Pulmonale Vaskulitis
Sulfonamide, Allopurinol, Phenytoin, Propylthiouracil
Churg-Strauss-Syndrom
Leukotrien-Rezeptorantagonisten
Die Rolle der Bronchoskopie besteht entsprechend zunächst
darin, einen Zusammenhang zur Grunderkrankung sowie
infektiöse Komplikationen auszuschließen. Darüber hinaus
trägt sie in einigen Fällen wichtige Hinweise für einen ursächlichen Zusammenhang zur Medikamenteneinnahme
131
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
. Tab. 5.16. Charakteristische bronchoskopische Befunde bei
Lungenparenchymschädigungen durch spezifische Medikamente
. Tab. 5.17. Typische Befunde in der BALF bei Patienten mit
Histiocytosis X
Medikament
Befund in der BALF
Befund in der transbronchialen Biopsie
Gesamtzellzahl
Erhöht
Amiodaron
Erhöhte CD-8-Zellzahl
Neutrophile und/
oder Lymphozytose
Cave: SchaumzellMakrophagen sind
sensitiv, aber nicht
spezifisch für eine
Lungenparenchymschädigung
Septale Verdickungen
Interstitielles Ödem
Unspezifische Entzündung
Fibrose
Lipideinschlüsse in
interstitiellen und
endothelialen Zellen
Schaumzell-Makrophagen
Organisierende Pneumonie
Vorherrschender
Zelltyp
Neutrophile
Lymphozyten
»Rauchermakrophagen«
Immunzytologie
CD1(OKT-6)-positive Zellen (>3%) in
ca. 50% der Fälle (diagnostisch beweisend)
Langerhans-Zellen intrazytoplasmatisch
S-100-positiv
Elektronenmikroskopie
Spezifische intrazytoplasmatische Einschlusskörperchen (»X-bodies« oder »Birbeck-Granula«)
Interstitielles Ödem
Unspezifische interstitielle
Pneumonie
Diffuser Alveolarschaden
(DAD)
Fibrose
Befunde im Krankheitsverlauf
Keine
Neutrophilie
Prognostische
Bedeutung
Keine
Bleomycin
Gold
Lymphozytose mit
erniedrigtem
CD4/CD8-Quotient
Septale Entzündung
Eosionophile Pneumonie
Organisierende
Pneumonie
Methotrexat
Lymphozytose
Interstitielle Entzündung
Interstitielle Fibrose
Kleine Granulome
Gewebseosinophilie
Mitomycin*
unspezifisch
Interstitielle Fibrose
Bizarre Pneumozytenformationen
* Mitomycin kann ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS)
verursachen.
bei. . Tab. 5.15 zeigt eine Auswahl typischer Lungenparenchymschädigungstypen sowie ihre Assoziation mit
bestimmten Medikamenten.
Einige Medikamente verursachen charakteristische
Schädigungsmuster des Lungenparenchyms, so dass in diesen Fällen durch eine diagnostische Bronchoskopie zuweilen ein Zusammenhang mit der Medikamenteneinnahme
gesichert werden kann. Eine Übersicht über diese Medikamente gibt . Tab. 5.16.
Die Befunde in der BALF sind naturgemäß nicht einheitlich. Die Mehrzahl der Medikamente führt zu einer
Lymphozytose, wobei in der frühesten Phase häufig eine
Neutrophilie beobachtet wird. Immunzytologisch findet
sich meist eine Vermehrung der CD8-Suppressorzellen
bzw. ein verminderter CD4-CD8-Quotient.
Seltene interstitielle Lungenerkrankungen
Diese ebenfalls sehr heterogene Gruppe von Lungenerkrankungen umfasst:
4 Zystische Lungenerkrankungen (Histiocytosis X, Lymphangioleiomyomatose (LAM))
4 Eosinophile Infiltrate
4 Andere interstitielle Lungenerkrankungen (Alveolarproteinose, alveoläre Mikrolithiasis, Lipidpneumonie)
Histiocytosis X (Langerhans-Zell-Granulomatose). Kenn-
zeichen der Histiocytosis X ist eine herdförmige granulomartige Proliferation atypischer Histiozyten (= Langerhans-Zellen). Leitzellen in den Granulomen sind neben
Histiozyten auch Eosinophile. Der Verdacht auf eine Histiocytosis X ergibt sich aus der CT (kleinnoduläre Verdichtungen, irregulär begrenzte Zysten, Aussparung der kostophrenischen Winkel; . Abb. 5.46). Im typischen Fall ist eine
Bronchoskopie entbehrlich. Die BALF erlaubt über den
Nachweis von >3% CD1-positiven Zellen in ca. 50% auch
ohne Histologie eine Diagnosestellung (. Tab. 5.17).
Lymphangioleiomyomatose (LAM). Klinische Hinweise auf
eine LAM (. Abb. 5.48) umfassen weibliches Geschlecht,
rezidivierende Pneumothoraces, Chylothorax. Radiologisch
fallen regulär begrenzte Zysten auf. Auch hier ist im typischen Fall eine Bronchoskopie entbehrlich. Eine Sicherung
kann nur über eine VATS-Lungenbiopsie erfolgen.
Eosinophile Infiltrate. Diese Gruppe umfasst folgende Er-
krankungen:
4 Akute eosinophile Pneumonie (AEP)
4 Chronisch-eosinophile Pneumonie (CEP)
4 Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA)
4 Churg-Strauss-Syndrom
4 Hypereosinophiles Syndrom
4 Parasitäre Lungenerkrankungen
Von einer eosinophilen Alveolitis wird ab einem Anteil von
25% Eosinophilen in der BALF gesprochen. Eine Synopsis
5
132
Kapitel 5 · Indikationen
5
a
a
b
. Abb. 5.47a und b. Spätstadium einer Langerhans-Histiozytose.
a Thorax-Röntgenbild im Stehen: insgesamt erhöhte Transparenz
beider Lungen mit retikulären Zeichnungsvermehrungen in den Oberund Mittelfeldern sowie Aussparung der Unterfelder. b Zeitgleiches
CT: transversale Schichten. Durchsetzung beider Lungen mit irregulär
begrenzten, vorrangig dickwandigen Zysten
b
c
. Abb. 5.46a–c. Frühstadium einer Langerhans-Histiozytose.
a Thorax-Röntgenbild im Stehen: beidseitige unscharf begrenzte
noduläre bis flächige Verschattungen, typischerweise unter Aussparung der dorsobasalen Abschnitte. b Zeitgleiches CT: beidseits
multiple unscharf begrenzte Verdichtungen und einzelne dickwandige Ringschatten. c Aussparung der kostophrenischen Winkel
der Befunde sowie ihre differenzialdiagnostische Zuordnung geht aus . Tab. 5.18 hervor. Aussagekräftig ist neben
klinischen und bildgebenden Kriterien das Verhältnis von
Eosinophilen – peripher bzw. in der BALF – und der Höhe
des IgE-Spiegels. Die akute eosinophile Pneumonie (AEP)
präsentiert sich klinisch wie ein ARDS, spricht jedoch im
Gegensatz zu diesem sehr gut auf Steroide an. Sie geht mit
sehr hohen Eosinophilenzahlen in der BALF einher (50–
75%). Transbronchiale Biopsien sind bei eosinophilen Syndromen selten angezeigt und generell wenig aussagekräftig.
Eine ABPA kann bronchoskopisch häufig bereits makroskopisch vermutet werden. Im typischen Fall finden sich
zähe, gummiartige Sekretausgüsse in den betroffenen Segmentostien, die nur sehr schwer abgesaugt bzw. extrahiert
werden können.
Alveolarproteinose (7 Kap. 5.2.4). Die Alveolarproteinose
ist gekennzeichnet durch eine Störung der Regulation des
Surfactants (phospholipidhaltige Proteine) in alveolären
133
5.1 · Diagnostische Bronchoskopie
5
b
. Abb. 5.48a und b. Fortgeschrittene Lymphangioleiomyomatose
(LAM). a Thorax-Röntgenbild im Stehen. Alle Lungenabschnitte
gleichermaßen betreffende retikuläre Verschattungen. Postoperative
rechtsbasale Pleuraverschwielung (nach Pleurodese). Postspezifische
infraklavikuläre Verschattungen. b Zeitgleiches CT des Thorax: transversale Schichten. Nachweis ubiquitärer, vorwiegend zartwandiger
Lungenzysten unterschiedlicher Größe. Diese sind in allen Lungenabschnitten gleichermaßen nachweisbar
a
. Tab. 5.18. Differenzialdiagnose der eosinophilen Syndrome
CEP
ABPA
CSS
HES
Parasitär
Extrapulmonalbefall
–
–
+
Vaskulitis
+
Eosinophile
Infiltration
+
Gastrointestinal
Lokalisation der Infiltrate
Peripher (umgekehrtes Bild der
Lungenstauung)
Apikal
Peripher
Nicht typisch
Nicht typisch
Wandern der Infiltrate
–
+
+
–
+
Eosinophilie peripher
Hoch
Mäßig
Hoch
Extrem hoch
Hoch
Eosinophilie BALF
Mäßig bis hoch
Hoch
Hoch
Hoch
variierend
IgE
Mäßig
Hoch
–
–
Hoch
pANCA-Antikörper
–
–
+
–
–
CEP = chronisch eosinophile Pneumonie, ABPA = allergisch bronchopulmonale Aspergillose, CSS = Churg-Strauss-Syndrom, HES = hypereosinophiles Syndrom
Zusätzlich zu den hier aufgeführten Konditionen können auch eine Reihe von Medikamenten (z. B. Methotrexat) periphere und alveoläre
Eosinophilien auslösen (s. Abschnitt »Medikamentenassoziierte Lungenparechnymschädigung«)
Makrophagen. Dabei spielen Defekte in der Synthese und/
oder Signaltransduktion des GM-CSF sowie möglicherweise auch zirkulierende Inhibitoren eine Rolle. Neben der
primären Form werden sekundäre Formen im Rahmen von
pulmonalen Infektionen, malignen hämatologischen Erkrankungen sowie nach Zytostatika, Quarz- oder Aluminiumstaubinhalationen beobachtet.
Die CT des Thorax ergibt den charakteristischen Befund des »crazy paving« (Verdickung der Septen bei gleichzeitiger Milchglasverschattung). Die Diagnose wird durch
die Untersuchung der BALF gestellt. Die BALF erscheint
milchig-trübe. Mikroskopisch finden sich neben einer
Lymphozytose und Vermehrung von Plasmazellen typische
PAS-positive Exsudate im Zytoplasma von schaumig alterierten Makrophagen. Darüber hinaus ist im Hintergrund
schwach PAS-positiver Zelldebris zu erkennen. Histologisch finden sich diffuse, PAS-positive alveoläre Exsudate
inmitten einer erhaltenen alveolären Architektur. Eine
histologische Diagnosesicherung ist jedoch meist entbehrlich.
134
Kapitel 5 · Indikationen
5
. Abb. 5.49. Hypereosinophiles Syndrom. Thorax-Röntgenbild im
Stehen: ausgedehnte streifig-fleckige-retikuläre Verdichtungen beidseits ohne Bevorzugung einzelner Lungenabschnitte
Neuere Befunde weisen auf ein diagnostisches Potenzial neutralisierender Antikörper gegen GM-CSF im Serum
hin. Sollte sich dies bestätigen, wäre die diagnostische Bronchoskopie in typischen Fällen entbehrlich.
Alveoläre Mikrolithiasis. Es handelt sich um eine sehr sel-
tene Erkrankung, die durch die Deposition von lamillären
Kalziumphosphat-Konkrementen und eine begleitende
Fibrosierung gekennzeichnet ist. Die Diagnose wird durch
transbronchiale Biopsie gestellt.
Lipidpneumonie. Diese entsteht durch Inhalation oder Aspiration von Ölen. In der BALF finden sich SchaumzellMakrophagen sowie Lipidmaterial. Die Vakuolen der Makrophagen können – im Gegensatz zu denen der Amiodaron-Lunge bzw. der Alveolarproteinose – durch die Sudan-Färbung positiv gefärbt werden.
5.1.5 Hämoptysen ohne radiologisches Substrat
Die Bronchoskopie dient der Überprüfung der Blutungsquelle sowie dem Versuch, die bronchiale bzw. pulmonale
Blutungsquelle näher zu identifizieren. Mögliche lokalisierte Blutungsquellen bei Angabe von Hämoptysen umfassen:
4 Oberer Respirationstrakt
4 Unterer Respirationstrakt
4 Gastrointestinaltrakt
Der Untersucher sollte daher beim Einführen des Bronchoskops auf eine mögliche Blutung aus dem oberen Respirationstrakt achten. Bei der Inspektion des Tracheobron-
chialbaums ist darauf zu achten, ob das frische Blut aus
einer bereits makroskopisch sichtbaren Blutungsquelle
(zentrale Blutung) bzw. einem bestimmten Segmentostium
(periphere Blutung) tritt oder ob eine diffuse Blutung im
Sinne einer diffusen alveolären Hämorrhagie (DAH) vorliegt. Diese Unterscheidung kann erhebliche therapeutische
Konsequenzen haben.
Eine sichere Zuordnung der bronchopulmonalen Blutungsquelle gelingt häufig nur nach frischen Blutungen. In
diesen Fällen tritt nach Absaugung und Spülung weiterhin
Blut aus dem bzw. den Ostien. Zuweilen weist ein einzelner
Abscheidungsthrombus im Segmentostium auf die Blutungsquelle hin. Im Falle eines unauffälligen Befundes im
oberen und unteren Respirationstrakt sollte je nach klinischer Konstellation ggf. auch eine ösophagogastroskopische
Untersuchung angeschlossen werden.
Über die lokalisierte Blutungsquelle hinaus sind Hämoptysen auch bei diffuser Lungenblutung möglich. Im
Stadium ohne radiologisches Korrelat kann diese durch
eine BAL diagnostiziert werden:
4 Makroskopisch durch Zunahme der Rotfärbung mit
jeder rückgewonnenen Portion der BALF
4 Mikroskopisch durch den Nachweis Hämosiderin-beladener Makrophagen
Die Indikation zur bronchoskopischen Untersuchung ist
prinzipiell bei Hämoptysen (mehr als eine Episode) immer
gegeben. Ausnahmen umfassen Hämoptysen:
4 Nach Bronchoskopie (immer harmlos und selbstlimitierend)
4 Im Rahmen von bekannten, regelmäßig kontrollierten
Bronchiektasen
4 Unter Therapie einer bekannten Erkrankung (z. B. Tumor, Tuberkulose)
5.1.6 Chronischer Husten
Von einem chronischen Husten wird ab einer Dauer von
4 Wochen gesprochen. Insbesondere bei Rauchern ist in
solchen Fällen eine Thorax-Röntgenaufnahme obligat. Ergibt
diese Aufnahme keinen Befund, der den Husten erklärt, sollte
zunächst anamnestisch nach hustenauslösenden Medikamenten (ACE-Hemmer, β-Blocker) gefragt und eine Lungenfunktionsuntersuchung durchgeführt werden. Ergeben sich auch
hier keine wegweisenden Befunde, sollte von einem »chronischen Husten bei normaler Thorax-Röntgenaufnahme« gesprochen werden. In diesem Fall liegen dem Husten in etwa
90% alleine oder in Kombination eine chronische Rhinosinusitis mit Sekretfluss in den oberen Atemwegen (»postnasal
drip«), ein hyperreagibles Bronchialsystem bzw. Asthma
(»cough variant asthma«) oder ein gastroösophgealer Reflux
(»GERD«) zugrunde. Seltenere Ursachen umfassen die eosinophile Bronchitis und den Keuchhusten des Erwachsenen.
In ca. 10% der Fälle besteht ein idiopathisches Husten.
135
5.2 · Therapeutische Bronchoskopie
Bevor von einem idiopathischen Husten gesprochen
wird, sollte jedoch nach Ausschluss oben genannter Konditionen eine weitere Diagnostik erfolgen. Zunächst sollte die
kardiale Funktion über eine Echokardiographie und eine
CT mit der Frage nach Bronchiektasen oder interstitiellen
Lungenerkrankungen erfolgen. Bei erhöhten D-Dimeren
sollte letztere als Angio-CT mit der Frage nach Lungenembolien durchgeführt werden. Erst wenn auch diese Konditionen ausgeschlossen sind, besteht die Indikation zur
Bronchoskopie.
Bronchoskopisch ergeben sich zuweilen Überraschungsbefunde in Form aspirierter Fremdkörper oder kleiner trachealer oder endobronchialer Tumoren. Sehr selten bestehen tracheobronchiale Anomalien. In der bronchoalveolären Lavage findet sich zuweilen eine auffällige Lymphozytose. Die Bedeutung dieses Befundes ist jedoch nicht geklärt.
Es erscheint möglich, ist aber nicht gesichert, dass es sich
hierbei um eine Frühform einer Lungenbeteiligung bei noch
ansonsten noch nicht manifester Kollagenose handelt.
5.1.7 Vocal cord dysfunction (VCD-Syndrom)
Unter einem VCD-Syndrom wird eine intermittierende
funktionelle Obstruktion der Atemwege durch Dysfunktionen der Stimmbänder (vor allem durch Stimmbandadduktion) bei In- und Exspiration verstanden. Dabei handelt
es sich um ein komplexes Geschehen, dass allein oder zusätzlich zu Asthma bestehen und durch äußere Reize (z. B.
Reflux, Stress) ausgelöst werden kann.
Als diagnostisch gilt die direkte bronchoskopische
Darstellung der laryngealen Dysfunktion. Die Untersuchung wird möglichst ohne systemische Prämedikation
und ohne Rachenanästhesie durchgeführt, um ein falschnegatives Ergebnis zu vermeiden. Anamnestisch berichtete
Auslöser des Laryngospasmus sollen dabei appliziert werden. Die Auslösung eines Spasmus durch taktile Reize darf
nicht als VCD-Nachweis betrachtet werden.
Manche Kliniken halten eine Endospirometrie vor, die
eine synchrone Darstellung der Spirometrie und des endoskopischen Befundes erlaubt. Die Stimmbanddysfunktion
wird dabei mit der spirometrischen Einschränkung (Quotient MEF50 zu MEF-50 >1) korreliert.
Die Komplexität (und Seltenheit) dieser Erkrankung
sollte Grund sein, die weiterführende Diagnostik in erfahrene Hände zu übergeben.
5.2
immer noch nur 10–15%, so dass bei dem Großteil der Patienten ein palliatives Vorgehen angezeigt ist. Etwa ein Drittel der Patienten präsentieren sich bereits initial mit einer
tumorbedingten Obstruktion der zentralen Atemwege und
bei weiteren 20% tritt diese Komplikation im Verlauf auf.
Somit ist die bronchoskopische Therapie bedeutend in der
Palliation dieser Patienten. Da ein relevanter Anteil der Patienten an lokalen Komplikationen eines zentralen Tumors
verstirbt (Hämoptoe, poststenotische Pneumonie, Asphyxie, Fistelbildung mit Infektion), könnte diese Therapie zu
einer Verlängerung der Überlebenszeit führen, auch wenn
der Nachweis diesbezüglich noch nicht geführt werden
konnte. Eine gute Palliation kann jedoch in der richtigen
Indikation erzielt werden. Eine klare Indikation zur interventionellen Therapie ergibt sich immer bei einer klinisch
symptomatischen Stenose, da durch die Intervention eine
direkte Beschwerdelinderung zu erzielen ist. Liegt eine
poststenotische Pneumonie oder eine Atelektase vor, ergibt
sich ebenfalls die Notwendigkeit zur Rekanalisierung, da
hierdurch eine systemische Therapie meist erst ermöglicht
wird.
Vor einer Rekanalisierung ist zu prüfen, ob poststenotisch Anschlussstrukturen, also belüftungsfähige Lungenanteile vorliegen. Liegt computertomographisch eine komplette Atelektase vor, so ist die noch vorhandene Perfusion
des Lungenabschnittes nachzuweisen (. Abb. 5.50). Die
Wiedereröffnung eines nicht perfundierten Lungenlappens
würde lediglich die Totraumventilation steigern. Nur wenn
funktionstüchtiges Lungengewebe durch die Rekanalisation rekrutiert werden kann, ist ein funktioneller Vorteil für
den Patienten durch den Eingriff zu erwarten. Eine interventionelle Therapie, die keine Palliation erzielt, bedeutet
ein unnötiges Risiko für den Patienten. Aus diesen Gründen ist eine Rekanalisation eines Lappen- oder Segmentbronchus in den wenigsten Fällen notwendig. Die hierdurch
Therapeutische Bronchoskopie
5.2.1 Atemwegsmanagement
Maligne Atemwegsstenose
Trotz aller Verbesserungen in der Diagnostik und Therapie
des Bronchialkarzinoms beträgt das Langzeitüberleben
. Abb. 5.50. Vor einer Rekanalisation sollte in der CT die Perfusion
der Atelektase nachgewiesen werden
5
http://www.springer.com/978-3-540-79939-9
Herunterladen