Exposé: Der Umgang mit antikem Wissen in Byzanz: Die

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Exposé: Der Umgang mit antikem Wissen in Byzanz: Die Illustrationen zur Technik in
byzantinischen Handschriften
Katharina Schoneveld, M.A.
Das Dissertationsvorhaben „Der Umgang mit antikem Wissen in Byzanz: Die Illustrationen
zur Technik in byzantinischen Handschriften“ baut auf den bereits in meiner Masterarbeit
„Die Illustrationen in den byzantinischen Poliorketika-Handschriften“ gewonnenen
Erkenntnissen über die Darstellung technischer Konstruktionen in der byzantinischen
Buchmalerei auf, in der vor allem die Bildtraditionen in Handbüchern zu
Belagerungsmaschinen und -techniken eine wichtige Rolle spielten.
Neben den Poliorketika-Handschriften gibt es auch noch eine Vielzahl weiterer technischer
Fachliteratur aus der Antike, die weiterhin in Byzanz kopiert und illustriert wurde und nun in
das Dissertationsvorhaben mit einbezogen werden sollen. Dazu zählen beispielsweise die
Pneumatika, also Fachliteratur über die Konstruktion von Luftdruck- oder hydraulischen
Apparaturen, oder auch die Belopoiika, die sich der Konstruktion von Katapulten und anderen
Geschossen widmen. Diese Art der Fachliteratur war für gewöhnlich illustriert, da die Bilder
nötig waren, um den Inhalt des Textes nachzuvollziehen. Vor allem durch die Untersuchung
der Illustrationen, die durch die byzantinischen Handschriften überliefert wurden, können
wertvolle Kenntnisse über den Umgang der Byzantiner mit antikem Wissen gewonnen werden.
So deuten Veränderungen in den Illustrationen, die über kleine Zeichenfehler hinausgehen,
daraufhin, dass man sich mit dem Werk auf kreative Art und Weise auseinandersetzte,
entweder die Handschrift ästhetisch ansprechender gestalten wollte oder die Zeichnungen
detaillierter und genauer darstellen wollte, um dem Leser das Verständnis der schwierigen
Thematik zu erleichtern. Soweit sich bei Illustrationen nichts verändert und es sich um treue
Kopien anderer Handschriften handelte, stellt sich die Frage, ob der Zweck lediglich die
Archivierung antiker Werke war, oder ob man das darin enthaltene Wissen auch praktisch
anwenden wollte. Diese Frage ist eng verbunden mit der Frage nach den Auftraggebern
solcher Schriften. Waren es im Falle der Kompendia über Belagerungsmaschinen und
Kriegsstrategien evtl. Personen, die im Militär tätig waren und dort eine Möglichkeit hatten,
das Wissen anzuwenden? Durch Untersuchung anderer Quellen und Bildmaterial zu
Kriegsszenen u. Ä. soll so zumindest im Falle der Kriegsmaschinen festgestellt werden, ob es
auch tatsächlich zur praktischen Anwendung des antiken Fachwissens kam. Kam es also zu
einer „Renaissance“ dieser antiken Technologien?
Den Ausgangspunkt des Forschungsprojekts soll dabei eine detaillierte Auseinandersetzung
mit den technischen Illustrationen in byzantinischen Handschriften aus kunsthistorischer
Perspektive bilden. Hier gibt es in der Forschung bis jetzt noch eine größere Lücke. Selbst
wenn die Werke der antiken Technologen behandelt wurden und dabei auch die
byzantinischen Handschriften eine Rolle spielten, so lag der Fokus äußerst selten auf der
Byzanzforschung. Obwohl man den Byzantinern den Erhalt dieser Fachliteratur zu verdanken
hat, stellte sich eher selten die Frage, inwiefern hier die Byzantiner mit dem antiken Wissen
umgangen und in Dialog traten. Hauptsächlich ging es Philologen und Kriegshistorikern um
die Rekonstruktion des antiken Originals. Vor allem stand dabei natürlich der Text im
Vordergrund, während sich bei den Illustrationen immer nur die Frage stellte, ob es sich um
treue Kopien des antiken Originals oder um byzantinische Versuche, den Text zu illustrieren
handelte. Soweit angenommen wurde, es handele sich um treue Kopien, wurden die
Illustrationen den Textausgaben weitestgehend unkommentiert hinzugefügt. Sobald man sie
für nicht authentisch hielt, wurde versucht, moderne Rekonstruktionszeichnungen auf
Grundlage des Textes anzufertigen. Die byzantinische Illustration wurde dann auch in den
Hintergrund gerückt, da nun das Bedürfnis war zu erforschen, wie die antiken Maschinen
tatsächlich funktionierten, also wie sie von ihren Erfindern erdacht worden sind.
Eine Ausnahme in dieser Forschungslücke bilden beispielsweise die Untersuchungen Kurt
Weitzmanns, der zumindest die byzantinischen Illustrationen der Poliorketika-Handschriften
in zwei Kategorien einteilte (Schemazeichnung und Illustration der Maschine im Einsatz),
also unterschiedliche Abstraktionsgrade in technischen Illustrationen byzantinischer
Handschriften bemerkte, und darüberhinaus auch auf das Phänomen hinwies, dass in einigen
Handschriften Menschen in die Zeichnungen eingefügt sind, in anderen aber nicht. Allerdings
lag auch hier der Fokus auf der Suche nach der archetypischen, antiken Illustration, wie sich
anhand des Titels seines 1959 erschienenen Buchs „Ancient Book Illumination“ auch bereits
erahnen lässt. Doch bemerkte er das Besondere an den Illustrationen einer im 10. Jh.
entstanden byzantinischen Paraphrase eines anonymen Autors. Das Werk „Parangelmata
Poliorketika“ des Anonymus Byzantinus, manchmal in Anlehnung an Heron von Alexandria
als Heron von Byzanz bezeichnet, fast die antike poliorketische Fachliteratur, z.B. die Werke
des Apollodoros von Damaskos, Athenaios Mechanikos und Philo von Byzanz, in sich
zusammen und ergänzt es mit neuerem technologischen Fachwissen, z.B. dem Handsiphon,
der griechisches Feuer verschießen konnte. Nur in diesem poliorketischen Werk werden auch
menschliche Figuren in Interaktion mit den Maschinen abgebildet.
Denis F. Sullivan setzt sich in seiner Textausgabe „Siegecraft. Two Tenth-Century Instuctional
Manuals by ‚Heron of Byzantium‘“ aus dem Jahr 2000 auch mit den Besonderheiten der
Illustrationen des Anonymus Byzantinus auseinander und bildet somit eine weitere Ausnahme
für die Forschungslücke. Die „Parangelmata Poliorketika“ stellen ein besonderes Fallbeispiel
vom Umgang der Byzantiner mit antikem Wissen dar. Anonymus Byzantinus machte sich
nämlich nicht nur die Mühe, die antiken Texte zusammenzufassen, sondern auch neu zu
illustrieren. In großem Maße veränderte er bisherige, eher schematische Darstellungen, mit
dem Ziel „realistische“ Illustrationen zu entwerfen, welche die schwierige Thematik auch dem
Laien verständlich machen sollten. Die außergewöhnlichste Eigenschaft der Illustrationen
dieses Werkes, die sich im Vat. Gr. 1605 aus dem 11. Jh. erhalten haben, ist dabei das
Einfügen menschlicher Figuren zur Veranschaulichung, aber er wandelte wohl außerdem auch
die ein oder andere schematische Zeichnung in eine Zeichnung um, die der sinnlichen
Wahrnehmung entspricht. Anonymus Byzantinus erhoffte sich, dass das Wissen im Kampf
gegen die Araber von Nutzen sei. Inwiefern es dies dann auch war, wird Teil der Frage nach
der praktischen Anwendung des antiken Wissens sein.
Die neu entworfenen Illustrationen beeinflussten überraschenderweise auch die Illustrationen
späterer Handschriften, die weiterhin die antiken Werke kopierten, was sich durch einen
genauen Blick auf das Bild-Text-Verhältnis und genaue Vergleiche der Illustrationen
feststellen lässt. Solch genaue Untersuchungen der byzantinischen Illustrationen wurden in
der Forschung noch nicht gemacht, obwohl sie bisweilen hilfreiche Hinweise auf die
Handschriftentradition liefern können.
Im Falle der Poliorketika-Handschriften gibt es unter den byzantinischen und
postbyzantinischen Handschriften zwei unterschiedliche Bildtraditionen. Die ältere Tradition
ist in Handschriften wie dem Par. suppl. Gr. 607 (10. Jh.) und den wesentlich jüngeren
Fragmenten des Vind. phil. Gr. 120 (16. Jh.) erhalten. Die jüngere, durch die Illustrationen der
byzantinischen Paraphrase beeinflusste Tradition findet sich z.B. im Vat. Gr. 1164 (12. Jh.),
Par. Gr. 2442 (12. Jh.), Esc. Y-III-11 (12. Jh.) und in einer Vielzahl postbyzantinischer
Handschriften. Zu dieser ist zu sagen, dass sie zwar viele Darstellungen von Maschinen
übernimmt, nicht aber die menschlichen Figuren. Es stellt sich also die Frage, warum? Hatten
sie ihren didaktischen Wert verloren? Wurden sie tatsächlich als Eigenheit des byzantinischen
Autors erkannt und deshalb nicht übernommen? Doch warum bediente man sich dann
überhaupt hier und da aus seinen Illustrationen? Die Übernahme seiner Illustrationen ist nicht
konsequent und erscheint recht willkürlich. Manchmal bediente man sich aus den
„Parangelmata Poliorketika“, dann wieder aus der älteren Bildtradition.
In den bereits erwähnten Fragmenten des Vind. phil. Gr. 120 aus dem 16. Jh. hat sich auch das
Werk Pneumatika des Heron von Alexandria erhalten, für welches der Marc. Gr. Z 516 (=904)
aus dem 14. Jh. das älteste erhaltene Zeugnis darstellt. Auch hier lässt sich die Existenz min.
zweier Bildtraditionen feststellen, eine die mythologische und andere Figuren hinzufügt und
eine andere, bei denen diese Figuren fehlen und die Zeichnungen abstrakter wirken. Wenn
auch in diesem Fall von Kurt Weitzmann vermutet wird, dass die mythologischen Figuren
dem Archetypus aufgrund ihrer Erwähnung im Text entsprechen, ist es interessant, dass sich
auch hier beobachten lässt, dass es realistischere und abstrahierte Illustrationen in den
technischen Handschriften gibt. Man kann also vermuten, dass es unterschiedliche
Umgangsformen mit antikem Wissen gab, unterschiedliche Meinungen, wie es vermittelt
werden sollte, wie man es für die nachfolgenden Generationen oder für den Eigengebrauch
archivieren sollte.
Zuletzt stellt sich auch am Beispiel der Pneumatika, die sich in 100 Handschriften erhalten
haben, wobei es sich aber bei den meisten davon um postbyzantinische Kopien handelt, bei
denen teilweise auch in den Illustrationen der Einfluss der italienischen Renaissance stark
zum Ausdruck kommt, sowie am Beispiel der postbyzantinischen Kopien der PoliorketikaHandschriften die Frage nach dem Beitrag der Byzantiner zur italienischen Renaissance.
Letztlich bewahrten sie ja das antike Wissen um antike Technologie auf, damit es dann wieder
aufleben konnte und schließlich auch Menschen wie Leonardo da Vinci inspirierte.
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