Jahrbuch 2003/2004 | Hollik, W olfgang; Dittmaier, Stefan; Hahn, Thomas | Elektroschw ache Symmetriebrechung und Präzisionstests Elektroschwache Symmetriebrechung und Präzisionstests Electroweak Symmetry Breaking and Precision Tests Hollik, W olfgang; Dittmaier, Stefan; Hahn, Thomas Max-Planck-Institut für Physik, München Korrespondierender Autor E-Mail: [email protected] Zusammenfassung Eine der grundlegenden offenen Fragen der Teilchenphysik ist die nach dem Ursprung der Masse. Experimentell und theoretisch gew onnene Einsichten in die Struktur der fundamentalen Bausteine der Materie und deren Wechselw irkungen sind im Standardmodell der Teilchenphysik kompakt zusammengefasst. Um das Auftreten massiver Teilchen mit den grundlegenden Symmetrien des Standardmodells konsistent zu vereinbaren, bedarf es eines Mechanismus, der die Eichsymmetrie der elektroschw achen Wechselw irkung in geeigneter Weise bricht. Im Standardmodell ist diese Symmetriebrechung durch den Higgs-Mechanismus realisiert, der die Existenz eines zusätzlichen Higgs-Teilchens vorhersagt. Über Quantenfluktuationen beeinflusst dieses bisher noch nicht direkt nachgew iesene Teilchen observable Größen, deren präzise Messung eine indirekte Bestimmung seiner Eigenschaften erlaubt. Eine w eitere Symmetrie, die Supersymmetrie, vereinheitlicht Materie und Kraftteilchen in einem gemeinsamen Konzept und sagt w eitere neuartige Teilchen voraus, die ebenfalls über ihre Quantenfluktuationen experimentell überprüfbare Vorhersagen in Präzisionsmessgrößen liefern. Summary One of the basic open questions of particle physics is the origin of mass. Experimentally and theoretically achieved insight into the structure of the fundamental building blocks of matter and their interactions are comprehensively summarized in the Standard Model of particle physics. In order to consistently merge the existence of massive particles w ith the basic symmetries of the Standard Model, a mechanism is needed for breaking the gauge symmetry of the electrow eak interactions in a suitable w ay. In the Standard Model, this symmetry breaking is realized via the Higgs mechanism, w hich predicts the existence of an additional particle, the Higgs boson. Through quantum fluctuations, this as yet not directly detected particle influences observable quantities that can be measured precisely and hence allow an indirect determination of its features. Yet another symmetry, supersymmetry, unfies the description of matter and force particles w ithin a common concept and predicts the existence of even more new particles, w hich also give rise to experimentally testable theoretical predictions in precision observables. In der Theoretischen Abteilung bilden die Untersuchung von fundamentalen Fragestellungen der Elementarteilchentheorie und die phänomenologischen Konsequenzen von Modellen im Hinblick auf deren Überprüfung in Experimenten an Hochenergiebeschleunigern einen Schw erpunkt aktueller Forschung. © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 1/6 Jahrbuch 2003/2004 | Hollik, W olfgang; Dittmaier, Stefan; Hahn, Thomas | Elektroschw ache Symmetriebrechung und Präzisionstests Überprüfung in Experimenten an Hochenergiebeschleunigern einen Schw erpunkt aktueller Forschung. Das Ziel der Elementarteilchenphysik besteht darin, grundlegende Strukturen und Gesetze im Mikrokosmos aufzudecken und zu verstehen. Es ist ihr in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gelungen, die uns bekannte Materie auf w enige fundamentale Teilchen und die vielfältigen Wechselw irkungen auf w enige fundamentale Kräfte zw ischen diesen Teilchen zurückzuführen und deren Gesetzmäßigkeiten mathematisch mithilfe einfacher Grundprinzipien quantitativ zu beschreiben. Die grundlegenden Strukturen der Materie und Kräfte, w ie w ir sie heute kennen, w erden - mit Ausnahme der Gravitation - im Standardmodell der Teilchenphysik zusammengefasst. Dieses w ird durch drei Bereiche definiert: - zw ei Arten von Materieteilchen, die Leptonen und die Quarks; - drei verschiedene fundamentale Kräfte: die starke, die elektromagnetische und die schw ache Kraft; - der Higgs-Mechanismus, durch den die fundamentalen Teilchen ihre Massen erhalten. Die ersten beiden Bereiche sind durch Experimente gut belegt, der Higgs-Mechanismus dagegen ist bisher streng genommen eine Hypothese. Der experimentelle Nachw eis, ob dieser Mechanismus tatsächlich so w irkt, w ie er im Standardmodell formuliert w ird, ist eine grundlegende Herausforderung an die heutige Teilchenphysik. Sie erfordert ein enges Zusammenspiel von Experiment und Theorie, um genaue Vorhersagen der Theorie experimentell gezielt testen zu können. Standardmodell und Higgs-Mechanismus Die drei im Standardmodell zusammengefassten Wechselw irkungen sind einander in ihrer Struktur w eitgehend ähnlich. Ebenso w ie die elektromagnetische Kraft durch die elektrische Ladung hervorgerufen w ird, w erden auch die Kraftfelder der schw achen und der starken Wechselw irkung durch Ladungen verursacht, die man analog zur elektrischen Ladung als schw ache und starke (oder Farb-) Ladungen der Teilchen bezeichnet. Die entsprechenden Feldtheorien, die der Beschreibung dieser drei Wechselw irkungen zugrunde liegen, beruhen auf dem universellen Prinzip der lokalen Eichinvarianz, einer Symmetrie unter einer Gruppe von Eichtransformationen an jedem Raum-Zeit-Punkt. Diese Eichtheorien der verschiedenen Wechselw irkungen können als Quantenfeldtheorien formuliert w erden; sie sind für die Beschreibung der Kräfte bei den kleinen Abständen und hohen Energien gültig, w ie sie in der Teilchenphysik betrachtet w erden. In der Quantentheorie w erden den einzelnen Kraftfeldern Teilchen zugeordnet, die den Spin 1 (in Einheiten des elementaren Drehimpulses) tragen. Der Austausch dieser Kraftteilchen, auch Eichbosonen genannt, zw ischen den Materieteilchen bew irkt die entsprechenden Wechselw irkungen. Die bereits lange bekannten Austauschteilchen der elektromagnetischen Wechselw irkung, die Photonen, w erden im Standardmodell durch die Austauschteilchen für die schw ache Wechselw irkung, die W - und Z-Bosonen, und für die starke Wechselw irkung, die Gluonen, ergänzt. Die zugehörigen Quantenfeldtheorien bilden die Theorie der vereinigten elektroschw achen Wechselw irkung, die die Quantenelektrodynamik für die elektromagnetische W echselw irkung einschließt, und die Quantenchromodynamik als die Theorie der starken W echselw irkung. In seiner ursprünglichen Form verlangt das Prinzip der Eichinvarianz, dass die entsprechenden Eichbosonen masselos sind. W ährend dies auf Photonen und Gluonen zutrifft, gehören die W - und Z-Bosonen mit ihren Massen von 80 GeV und 91 GeV zu den schw ersten bekannten Elementarteilchen. Die zur elektroschw achen Wechselw irkung gehörige Eichsymmetrie muss demnach gebrochen sein. Diese Symmetriebrechung muss allerdings auf eine Art erfolgen, dass (i) die experimentell bestätigte Struktur der Wechselw irkungen der Eichbosonen mit den Materieteilchen, die aus der Symmetrie folgen, erhalten bleibt, und (ii) die zugehörige, modifizierte, Theorie physikalisch und mathematisch konsistent ist und so ihre Vorhersagekraft erhalten bleibt. Eine derartige Brechung einer Symmetrie, die nur in den Teilchenzuständen durch die Teilchenmassen verletzt ist aber in der Wechselw irkung erhalten bleibt, w ird als spontane Symmetriebrechung bezeichnet. Die Entstehung der verschiedenartigen Teilchenmassen (das gilt auch für die Massen von Leptonen und Quarks) © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 2/6 Jahrbuch 2003/2004 | Hollik, W olfgang; Dittmaier, Stefan; Hahn, Thomas | Elektroschw ache Symmetriebrechung und Präzisionstests ist somit ein Effekt der Symmetriebrechung in der schw achen Wechselw irkung. Der Weg zum Verständnis dieser Symmetriebrechung ist daher gleichzeitig der Weg zu einer Antw ort auf die fundamentale Frage nach dem Ursprung der Masse; die Verfolgung dieses Zieles ist eine der zentralen Aufgaben der gegenw ärtigen und zukünftigen Teilchenphysik. Vorhe rsa ge n de s Sta nda rdm ode lls für die Ve rzwe igungsve rhä ltnisse be i Ze rfä lle n de s Higgs-Bosons in ve rschie de ne Te ilche n: Q ua rk -Antiqua rk -P a a re (b- und cQ ua rk s), Ta u-Le ptone n, W -Boson-P a a re , Gluon-P a a re (g) und P hoton-P a a re (ga m m a ). Da s Ve rzwe igungsve rhä ltnis ist de r re la tive Ante il de r Ze rfa llsra te in e ine be stim m te Te ilche nsorte , norm ie rt a uf die ge sa m te Ze rfa llsra te de s Higgs-Bosons. © DESY Im Standardmodell ist die spontane Symmetriebrechung über den Higgs-Mechanismus realisiert, der es erlaubt, auch die schw ache Wechselw irkung auf eichinvariante Weise konsistent zu formulieren. Der HiggsMechanismus erfordert, dass das System von Materieteilchen und Kraftfeldern um ein w eiteres fundamentales Feld ergänzt w ird, das Higgs-Feld, dessen Feldstärke im Grundzustand überall von Null verschieden ist. Massive Kraft- und Materieteilchen haben eine Wechselw irkung mit diesem Higgs-Feld, das über seine Grundzustands-Feldstärke die Massen der Teilchen erzeugt; masselose Teilchen haben keine solche Wechselw irkung und ignorieren das Higgs-Feld. Nach den Gesetzen der Quantentheorie gehört zu dem HiggsFeld ein bestimmtes Teilchen mit Spin 0 und elektrischer Ladung 0, das Higgs-Boson. Alle Eigenschaften des Higgs-Teilchens sind im Standardmodell festgelegt, mit Ausnahme seiner eigenen Masse. Damit sind die möglichen Erzeugungsmechanismen w ie auch die Zerfallseigenschaften dieses instabilen Teilchens bekannt, sobald seine Masse bestimmt ist (siehe Abb. 1 für die Zerfallsraten). Die Suche nach dem Higgs-Boson und die genaue Bestimmung seiner Masse sind daher von primärer Relevanz für Experimente an Hochenergie-Collidern w ie dem Proton-Antiproton Collider Tevatron am Fermi National Laboratory, dem zukünftigen Proton-Proton Collider LHC am CERN, oder einem hochenergetischen Elektron-Positron Linear Collider, der z.B. in Form des TESLA-Projektes von Zerfallseigenschaften DESY des vorgeschlagen Higgs-Bosons Standardmodell-Higgsmechanismus zu sind ist. Die Bestimmung essentielle etablieren oder w eitere der Produktionsmechanismen Schritte, auszuschließen. um die Sie Realisierung erfordern ein und des enges Zusammenspiel von Experiment und Theorie, um genaue Vorhersagen für die im Experiment zu erw artenden Signaturen eines Higgsteilchens in Abhängigkeit von seiner Masse zu berechnen und für Detektorstudien zu simulieren. Quanteneffekte © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 3/6 Jahrbuch 2003/2004 | Hollik, W olfgang; Dittmaier, Stefan; Hahn, Thomas | Elektroschw ache Symmetriebrechung und Präzisionstests Bisher konnte das Higgs-Boson nicht direkt experimentell nachgew iesen w erden. Die Masse des HiggsTeilchens konnte in den letzten Jahren jedoch erheblich eingeschränkt w erden. Die vergebliche Suche in den Experimenten am Elektron-Positron-Speicherring LEP am CERN haben gezeigt, dass das Higgs-Boson schw erer als 114 GeV sein muss. Darüber hinaus lassen sich indirekte Massengrenzen angeben, w enn man von der Higgsmasse abhängige Quanteneffekte in den theoretischen Vorhersagen für sehr genau messbare Größen mit den Messw erten vergleicht. In einer Quantentheorie können nämlich bei sehr kleinen Abständen auf Grund der Heisenbergschen Unschärferelation auch sehr schw ere Teilchen in sehr kurzlebigen Zw ischenzuständen existieren (virtuelle Teilchen), ohne dass Impuls- und Energieerhaltungssatz verletzt sind. über solche typischen Quantenfluktuationen lassen sich auch die Ausw irkungen von Teilchen nachw eisen, die zu schw er sind, um direkt an einem Beschleuniger erzeugt w erden zu können, die jedoch als virtuelle Teilchen die Werte von genau messbaren Größen beeinflussen. Als Beispiel ist in Abbildung 2 die berechnete Masse des W -Bosons gezeigt, die durch Quantenfluktuationen von der Higgsboson-Masse abhängt. Der Vergleich mit der direkt gemessenen W -Masse führt zu einer starken Einschränkung an die Higgsmasse. Eine entsprechende Analyse der Quanteneffekte in einer Vielzahl von Präzisionsmessgrößen bei LEP und Tevatron liefert über einen globalen Fit mit der Higgsmasse als freiem Parameter eine Obergrenze an die Masse des Higgs-Bosons von 237 GeV, mit einem statistischen Konfidenznivau von 95 %. Bei Gültigkeit des Standardmodells sollte sich das Higgs-Boson in zukünftigen Experimenten in diesem eingeschränkten Massenbereich nachw eisen lassen. Vorhe rsa ge de s Sta nda rdm ode lls (SM) für die Ma sse de s W Bosons (rote r Be re ich) und e x pe rim e nte ll ge m e sse ne W Bosonm a sse (bla ue r Be re ich). Die vorhe rge sa gte n W e rte hä nge n übe r Q ua nte ne ffe k te von de r Higgs-Bosonm a sse (M H) a b. Die Bre ite de s rote n Ba nde s e rgibt sich a us de m e x pe rim e nte lle n W e rt de r Ma sse de s Top-Q ua rk s, 174 +/- 5 Ge V. De r Ve rgle ich von The orie und Ex pe rim e nt lä sst nur nie drige W e rte für die Ma sse de s Higgs-Bosons zu. De r Be re ich link s von de r grüne n Linie ist durch die bishe r e rge bnislose dire k te Suche na ch de m Higgs-Boson a usge schlosse n. © MP I für P hysik © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 4/6 Jahrbuch 2003/2004 | Hollik, W olfgang; Dittmaier, Stefan; Hahn, Thomas | Elektroschw ache Symmetriebrechung und Präzisionstests Die Verbindung von hoher Energie und hoher Präzision erlaubt es also, mittels genauer Analyse von Quanteneffekten Strukturen zu entdecken, die jenseits der am Beschleuniger direkt erreichbaren Energien liegen. Der Erfolg dieser Methode zeigte sich bereits in der Entdeckung des Top-Quarks im Jahr 1995: Durch seine genau berechneten Quanteneffekte in sehr genau experimentell bestimmten Messgrößen zu den Eigenschaften des W - und Z-Bosons konnte die Masse des Top-Quarks eingegrenzt w erden auf einen Bereich, in dem es schließlich beim Tevatron direkt erzeugt und nachgew iesen w urde. Ob sich ein solcher Erfolg beim Higgs-Boson w iederholt, w erden die kommenden Collider-Experimente zeigen. Die Berechnung von Quanteneffekten in Hocheneregie-Reaktionen, w ie zur Suche nach dem Higgs-Boson und zur Erforschung seiner Eigenschaften, ist eines der in der Theorieabteilung des Max-Planck-Instituts für Physik bearbeiteten Themen. Die praktische Durchführung derartiger Rechnungen erfordert eine ständige Weiterentw icklung von Methoden der störungstheoretischen Quantenfeldtheorie, darüber hinaus auch den intensiven Einsatz von Computeralgebra und Automatisierungstechniken sow ie den Einsatz von Monte-CarloVerfahren. Supersymmetrie Zum Higgs-Mechanismus des Standardmodells w urde eine Reihe von Alternativen erdacht. In vielen dieser Modelle ist das Higgs-Boson nicht elementar, sondern aus neuen Bestandteilen zusammengesetzt, die von neuartigen Kräften zusammengehalten w erden. Allerdings konnte bisher aus solchen Ideen kein überzeugendes vorhersagekräftiges Bild abgeleitet w erden. Als ein vielversprechendes w eiterführendes Konzept muss jedoch eine Erw eiterung des Standardmodells angesehen w erden, in der das Higgsfeld elementar bleibt, in der hingegen eine w eitere neuartige Symmetrie realisiert ist, in der Materieteilchen und Kra ft fe ld e r in einem einheitlichen Konzept zusammengefasst w erden. Durch diese so genannte Supersymmetrie w ird eine Symmetrie zw ischen fermionischen Teilchen (mit Spin 1/2) und bosonischen Teilchen (mit Spin 1 oder 0) hergestellt. Sie impliziert die Existenz neuer bosonischer Partner der bekannten fermionischen Leptonen und Quarks sow ie neuer fermionischer Partner der bosonischen Kraftteilchen. Ob die Supersymmetrie in der Natur realisiert ist, kann experimentell durch das Auffinden dieser Partnerteilchen entschieden w erden. Bisher konnte keines dieser Teilchen nachgew iesen w erden, w as Supersymmetrie jedoch nicht ausschließt, da die Massen im TeV-Bereich liegen können. Bemerkensw ert ist, dass die kosmologische Evidenz für dunkle Materie mit den Erw artungen supersymmetrischer Theorien übereinstimmt. Ein starkes Argument ist außerdem, dass die Kopplungstärken von elektromagnetischer, schw acher und starker Kraft bei extrem hohen Energien (10 16 GeV) gleich stark w erden und sich zu einer einzigen fundamentalen Kraft vereinigen lassen. Diese Energieabhängigkeit der Kopplungsstärken ist w iederum ein Quanteneffekt, der sensitiv ist auf die virtuelle Präsenz aller, auch schw erer Teilchen. Die Vereinigung der Kopplungen w ird speziell durch die zusätzlichen supersymmetrischen Partnerteilchen in den Quantenfluktuationen erreicht und tritt dementsprechend im Standardmodell nicht auf. Die minimale supersymmetrische Erw eiterung des Standardmodells enthält mehr als ein einzelnes Higgsteilchen, als eine Konsequenz der größeren Symmetrie. Allerdings können alle bis auf eines sehr schw er w erden; das einzige leichte Higgs-Teilchen hat nahezu dieselben Eigenschaften w ie das Higgs-Boson des Standardmodells - bis auf seine Masse, die auf den Bereich unterhalb von 135 GeV eingegrenzt ist. Ein relativ leichtes Higgs-Boson, w ie aus der Analyse der Quanteneffekte erschlossen und im Standardmodell eine rein empirische Feststellung, fände daher in der supersymmetrischen Form des Standardmodells eine natürliche Erklärung. Zur Identifizierung der Modelle tragen die Unterschiede in den Eigenschaften der jew eiligen HiggsBosonen w esentlich bei. Da sie sehr klein sein können, ist bei der Vorhersage der Modelle höchste Genauigkeit © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 5/6 Jahrbuch 2003/2004 | Hollik, W olfgang; Dittmaier, Stefan; Hahn, Thomas | Elektroschw ache Symmetriebrechung und Präzisionstests gefordert, sodass auch im supersymmetrischen Standardmodell Hochleistungscomputer herangezogen w erden müssen. Auch in anderen Präzisionsmessgrößen sind die supersymmetrischen Effekte klein, aber dennoch relevant. In Abbildung 3 ist die Vorhersage der W -Masse in beiden Modellen dargestellt. Genaue Messungen erlauben es, zw ischen beiden Modellen zu differenzieren. Vorhe rsa ge n de r W -Bosonm a sse im Sta nda rdm ode ll (SM) und in de r m inim a le n supe rsym m e trische n Erwe ite rung de s Sta nda rdm ode lls (MSSM). Die W e rte hä nge n übe r Q ua nte ne ffe k te von de r Top-Q ua rk m a sse (m t) sowie von de n Ma sse n we ite re r Te ilche n a b, die bishe r noch nicht na chge wie se n wurde n. Die s führt zu de r Bre ite de r Bä nde r. Im SM va riie rt die Ma sse de s Higgs-Bosons, im MSSM im we se ntliche n die Ma sse n de r supe rsym m e trische n P a rtne rte ilche n. Die Ellipse n ze ige n die ge ge nwä rtige n e x pe rim e nte lle n W e rte und die a m La rge Ha dron C ollide r LHC e rwa rte te n Ve rbe sse runge n. © MP I für P hysik In supersymmetrischen Theorien ist der Higgs-Mechanismus eng verknüpft mit dem Mechanismus, der den supersymmetrischen Teilchen ihre Masse verleiht (Supersymmetriebrechung). Dieser Mechanismus, w enn auch bisher im Detail unverstanden, kann durch die in diesen Theorien mögliche Extrapolation zu extrem hohen Energien mit der Gravitationsw echselw irkung in Verbindung gebracht w erden, die bei der Planck-Skala von 10 19 GeV als w eitere Kraft zw ischen Elementarteilchen nicht mehr vernachlässigbar ist. Elektroschw ache Symmetriebrechung und Supersymmetriebrechung w ären somit gemeinsam auf das noch ungelöste Problem der Mikrostruktur der Gravitationskraft zurückgeführt. Präzisionsanalysen in supersymmetrischen Modellen für zukünftige Collider-Experimente gew ähren daher auch einen Zugang zu den höchsten Energien, bei denen eine eventuelle Universalvereinigung aller fundamentaler Kräfte w irksam w erden kann. © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 6/6