leitlinien - Verband Österreichischer DiabetesberaterInnen

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LEITLINIEN
w w w. d i a b e te s b e r ate r. at
LEITLINIEN IN DER DIABETIKERSCHULUNG
Fußschulung für Diabetiker
Einleitung
Der Verband der Österreichischen Diabetesberater möchte
mit diesen Leitlinien die Schulung bei Menschen mit Diabetes
mellitus inhaltlich auf ein gemeinsames Niveau bringen. Diese
Schulungsinhalte basieren auf der verfügbaren Evidenz unter
Zugrundelegung der wissenschaftlichen Literatur und der klinischen Erfahrung der Mitarbeiter innerhalb der Leitliniengruppe.
Verantwortliche Institution
Verband der Österreichischen Diabetesberater
Autoren der Leitlinie
DGKS Waltraud Haas (Diabetesberater)
DGKS Barbara Semlitsch (Diabetesberater)
Methoden
Es wurde ein strukturell formaler Ansatz zur Entwicklung dieser
Leitlinie verwendet.
Die Erstellung der Leitlinie erfolgte nach den Richtlinien des
German Manuel of Clinical Practice Guidelines (GERM-CPG) auf
der Basis einer systematischen Recherche der medizinischen
Literatur und einer evidenzbasierten Bewertung.
Die systematische Evidenz-Recherche erfolgte in der Cochrane
Library, der PubMed und CINAHL mit detaillierter Suchstrategie.
Dabei wurden folgende Suchbegriffe verwendet:
Diabetic foot, education, content, prevention, foot care, RCT,
review, guideline.
Die Literaturrecherche für diese Leitlinie wurde mit Juni 2005
abgeschlossen. Im Anschluss wurden alle Studien und Leitlinien
nach ihrer Qualität klassifiziert.
Als Grundlage zur Evidenzdarlegung in Evidenzklassen wurde
die Evidenzklassifizierung nach den Richtlinien der Empfehlung
Rec (2001) 13 des Europarates: „Entwicklung einer Methodik für
die Ausarbeitung von Leitlinien für optimale medizinische Versorgung“ verwendet.
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VÖD
BEWERTUNGSKRITERIEN ZUR RELEVANZ EINZELNER STUDIEN
FÜR DIE EMPFEHLUNG
1 BESCHREIBUNG DER SCHULUNG UND DEREN INHALTE
2 BESCHREIBUNG DER STUDIENTEILNEHMER
3 BESCHREIBUNG DER RAHMENBEDINGUNGEN
Die Empfehlungen sind nach der Härte der vorliegenden Evidenz und einer sorgfältigen klinischen Beurteilung eingestuft.
In der Regel bestimmt die Evidenzklasse die Empfehlungsklasse. Das heißt: Eine Empfehlung mit einer mittleren Evidenzklasse führt zu einer mittleren Empfehlungsklasse. Es kam aber auf Grund von Konsensusaspekten zu teilweisem Auf- oder
Abwerten der Empfehlungsklassen gegenüber den Evidenzklassen.
Für die Übertragbarkeit der Evidenzklassen auf die Empfehlungsklassen wurde zusätzlich zu den Richtlinien der Empfehlung Rec (2001) 13 des Europarates auch das SIGN Grading System: www.sign.ac.at/guidelines [online November 2005]
mit Good Practice Points (GPP) verwendet. Mit GPP ist es der Leitliniengruppe möglich, für die Betreuung wichtige Inhalte
in der Leitlinie zu empfehlen, für die es keine direkte wissenschaftliche Grundlage gibt.
Tabelle: Zuordnung der EVIDENZKLASSEN - EMPFEHLUNGSKLASSEN
Evidenzklassen
Ia
Empfehlungsklassen
Evidenz aufgrund von Metaanalysen/
systematischen Übersichten über
randomisierte kontrollierte Studien (RCTs)
Ib
Evidenz aufgrund mindestens einer RCT
II a
Evidenz aufgrund mindestens einer gut
angelegten kontrollierten Studie ohne
Randomisierung
II b
Evidenz aufgrund mindestens einer gut
angelegten quasi-experimentellen Studie
III
Evidenz aufgrund einer gut angelegten
nicht-experimentellen deskriptiven Studie
(z.B. Vergleichstudie)
IV
Evidenz aufgrund von Berichten/Meinungen von
Expertengremien, Konsensuskonferenzen und/oder klinischer Erfahrung
anerkannter Autoritäten
A
ist belegt durch schlüssige Literatur von
insgesamt guter Qualität, die mindestens
eine RCT enthält (Evidenzklasse I a, I b)
B
ist belegt durch gut durchgeführte
nicht-randomisierte klinische Studien
(Evidenzklassen IIa, II b, III)
C
ist belegt durch Berichte/Meinungen von Expertengremien, Konsensuskonferenzen und/oder klinische
Erfahrung anerkannter Autoritäten, weist auf das
Fehlen direkt anwendbarer klinischer Studien guter
Qualität hin (Evidenzklasse IV)
P
Von der Leitlinien-Gruppe empfohlene,
klinisch begründete Vorgangsweise
Good Practice Point
Diese Leitlinie wurde vor Veröffentlichung extern (Deutschland, Österreich) begutachtet.
Die Überarbeitung der Leitlinie ist für 2008 vorgesehen.
Eine Einflussnahme durch Sponsoren ist nicht gegeben.
Bei personenbezogenen Formulierungen wurde auf das Nebeneinander von weiblicher und männlicher Form verzichtet. Natürlich gilt in jedem
dieser Fälle genauso die weibliche Form.
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VÖD
Anwender
Die Anwender dieser Leitlinie sind diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal und Diätologen mit der Weiterbildung/Fortbildung „Diabetesberatung“ (Diabetesberater), und DGKS/ DGKP, sowie Ärzte die in die Betreuung von
Diabetikern involviert sind.
Zielgruppe
Bei Patienten mit langjähriger Diabeteslaufdauer kann eine periphere diabetische Neuropathie und/oder eine periphere
arterielle Verschlusskrankheit bestehen.
Diabetiker mit Neuropathie können unter anderem an brennenden, stechenden Schmerzen, aber auch an verminderter
Wahrnehmung von Schmerzen, Temperatur und Vibration, Verlust der Schweißsekretion und Deformitäten des Fußskelettes leiden. Diese Veränderungen und eine Bagatellverletzung können ein diabetisches Fußsyndrom zur Folge haben und
schlimmstenfalls in einer Amputation enden.
Ein erhöhtes Risiko für ein diabetisches Fußsyndrom besteht bei einem oder mehreren der folgenden Faktoren: [Boulton
AJM, The Foot in Diabetes 2000]
Hohes Fußrisiko bei einem oder mehreren der folgenden Risiken:
• VERMINDERTE FUSSEMPFINDUNG
• FEHLEN DER FUSSPULSE
• SCHWERWIEGENDE FUSSDEFORMITÄT
• VORANGEGANGENE ULZERA ODER PRÄULZERA
• VORANGEGANGENE AMPUTATION
• EINGESCHRÄNKTE FUSSGELENKSBEWEGLICHKEIT
Im Hinblick auf die kognitiven Fähigkeiten des Patienten, sein Umfeld und seine Anforderungen an die Lebensqualität
sollten Menschen mit Diabetes mellitus österreichweit einheitliche Inhalte einer Fußschulung angeboten bekommen, um
damit Fußläsionen und in weiterer Folge Amputationen vorbeugen zu können.
Die St. Vincent Deklaration von 1989 hatte eine Senkung der Amputationsrate bei Diabetikern um 50 % in den darauf
folgenden fünf Jahren als Ziel. Dies konnte aber auch langfristig nicht erreicht werden.
Allgemeine Empfehlungen
Eine Schulung über Fußpflege wird als Teil einer multidisziplinären Betreuung aller Patienten mit Diabetes mellitus empfohlen [DDG 2004, NZG 2003].
Alle Diabetiker sollten die Möglichkeit haben an einer Fußschulung teilzunehmen [NICE 2004, RNAO 2004].
Diese sollte in strukturierten Schulungskursen [Pieber 1995] zumindest jährlich wiederholt werden [Mayfield 1998, RNAO
2004]. Eine Wiederholung der Fußschulung sollte entsprechend den Bedürfnissen des Diabetikers erfolgen [NICE 2004].
Die Schulung kann bei Bedarf als Einzelschulung stattfinden [Corbett 2003]. Für Hochrisikopatienten ist ein Benefit durch
regelmäßige Wiederholungen der Schulung erreichbar [RNAO 2004]. Die Schulung sollte dem aktuellen Wissensstand
entsprechen und den individuellen Bedürfnissen sowie den Risikofaktoren des Patienten angepasst sein [RNAO 2004].
Fußschulungen sollten individuell dem Patienten entsprechend gestaltet und angeboten werden [NICE 2004, Corbett
2003]. Die Prinzipien der Erwachsenenbildung sollten vorhanden sein [RNAO 2004].
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Ziel
Mit dieser Schulung wird der Patient über eventuell entstehende und/oder bestehende Veränderungen an seinen Füßen
durch Diabetes mellitus informiert. Durch Kenntnisse dieser Schulungsinhalte wird dem Patienten das notwendige Wissen
vermittelt, um selbstständig auf Veränderungen an seinen Füßen aufmerksam zu werden und daraus Maßnahmen zu
ergreifen. Der Diabetiker soll die Wichtigkeit der verletzungsfreien Fußpflege erkennen und auch Bagatellverletzungen
ernst nehmen [Corbett 2003].
Der Früherkennung von Fußproblemen wird besonderes Augenmerk gewidmet, da sie entscheidend zur Amputationsvermeidung beitragen kann [Mason 1999, NICE 2004]. Für die Aufrechterhaltung der Lebensqualität ist die Prävention von
Fußläsionen und Verhinderung von Amputationen ein notwendiger Bestandteil.
Anhang: Schulungsinhalte
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ANHANG: SCHULUNGSINHALTE
• Nagel- und Hautpflege
[Rönnemaa 1997, Mayfield 1998, Corbett 2003, Plank 2003, Consensus 2003, RNAO 2004]
Das regelmäßige und verletzungsfreie Kürzen der Nägel ist anzustreben. Bei eingeschränkter Beweglichkeit und schlechtem Sehvermögen sollte dies von eigens geschulten Fußpflegern durchgeführt werden.
Bei der Entfernung von Hühneraugen und Hyperkeratosen ist besondere Vorsicht geboten. Die Verwendung von chemischen Substanzen und scharf schneidenden Utensilien zur Entfernung von Hühneraugen
und Hyperkeratosen sind abzulehnen. Feuchtigkeitshältige Hautpflegeprodukte bei trockener rissiger
Haut sind regelmäßig anzuwenden, dabei sind die Zehenzwischenräume auszusparen.
Empfehlungsklasse A
• Erkennen und Vermeiden von Risikosituationen bei erhöhtem Risiko
[Rönnemaa 1997, Mayfield 1998, Consensus 2003]
Durch Wissen um seine Risikosituation ist es für den Diabetiker mit erhöhtem Risiko möglich Gefahrenmomente frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden, wie zum Beispiel nicht Barfußgehen, Verbrennungsgefahr bei der Verwendung von Wärmeflaschen, Heizkissen oder zu heißem Badewasser beziehungsweise
Verletzungen bei der Fußpflege.
Empfehlungsklasse B
• Bewusst machen individueller Risikofaktoren
[Corbett 2003, Valk 2005, RNAO 2004, ADA 2005]
Patienten mit Diabetes mellitus und Hochrisikofüßen sollten individuell bezüglich ihrer Risikofaktoren
und dem sich daraus ergebenden Management geschult werden. Dem Diabetiker sollten die Folgen zum
Beispiel einer verminderten Sensibilität oder einer Fußdeformität bewusst sein. Über seine persönlichen
Risikofaktoren Bescheid zu wissen kann dem Diabetiker helfen Fußproblemen vorzubeugen.
Empfehlungsklasse B
• Reinigung der Füße
[Mayfield 1998, Corbett 2003, Consensus 2003]
Eine tägliche Reinigung der Füße durch Waschen und ein sorgfältiges Abtrocknen, auch der Zehenzwischenräume, wird empfohlen. Bei Hochrisikopatienten soll die Wassertemperatur weniger als 37° C betragen.
Fußbäder sind wegen der Gefahr des Aufweichens der Haut nicht anzuraten.
Empfehlungsklasse B
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• Geeignetes Schuhwerk
[Rönnemaa 1997, Consensus 2003, DDG 2004, ADA 2005]
Je nach individuellem Risiko des Diabetikers ist auf die optimale Passform von Schuhen zu achten, der
Schuh soll der Breite des Fußes entsprechen und den Zehen genügend Platz bieten. Bei Patienten mit
erhöhtem Risiko empfiehlt es sich die Schuhe vor dem Anziehen gegebenenfalls auf Fremdkörper zu
kontrollieren. Bei schweren Fußdeformitäten und nach chirurgischer Intervention ist meist eine spezielle Schuhversorgung notwendig.
Empfehlungsklasse B
• Allgemeine Information über Entstehung von Fußkomplikationen
[Mayfield 1998, ADA 2005]
Um die Gefahr eines diabetischen Fußsyndroms erkennen zu können, kann es für den Diabetiker
notwendig sein, über Fußkomplikationen bei Diabetes mellitus Bescheid zu wissen, und die Ursachen
und Symptome zu kennen, um frühzeitig auf Veränderungen an seinen Füßen aufmerksam zu werden
und reagieren zu können.
Empfehlungsklasse Good Practice Point
• Verhaltensmaßnahmen bei Verletzungen
[Mayfield 1998, NICE 2004]
Bei Verletzungen ist eine entsprechende Versorgung und Druckentlastung der Wunde notwendig. Auch
Bagatellverletzungen sind zu beachten. Eine frühzeitige medizinische Vorstellung bei fehlender Heilungstendenz ist anzustreben.
Empfehlungsklasse Good Practice Point
• Routinemäßige Kontrolluntersuchungen der Füße
[Mayfield 1998, Consensus 2003, DDG 2004, ADA 2005]
Fußuntersuchungen, zumindest jährlich, sollte allen Diabetikern durch medizinisches Fachpersonal
angeboten werden. Bei Hochrisikopatienten sollte eine Fußuntersuchung häufiger durchgeführt
werden.
Empfehlungsklasse Good Practice Point
• Tägliche Selbstuntersuchung der Füße bei Risikopatienten
[Consensus 2003, RNAO 2004, NICE 2004, ADA 2005]
Die Füße, Fußsohle, Zehen und Zehenzwischenräume sind täglich auf Veränderungen wie Rötung, Blasenbildung, Verletzung, Überwärmung, Verfärbung, Mazeration, trockene und rissige Haut zu untersuchen. Bei schlechtem Sehvermögen und eingeschränkter Beweglichkeit ist der Patient auf Fremdhilfe
(zum Beispiel Angehörige, Pflegepersonen) angewiesen. Eventuell kann auch ein Spiegel bei der täglichen Fußkontrolle zur Hilfe genommen werden.
Empfehlungsklasse Good Practice Point
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Der Leitlinie zu Grunde liegende Literatur:
Corbett CF A randomized pilot study of improving foot care in home health patients with diabetes
The Diabetes Educator 2003, 29:273-82
Mason J et al. A systematic review of foot ulcer in patients with Type 2 Diabetes mellitus – prevention
Diabetic Medicine 1999, 16:801-812
Mayfield JA et al. Preventive Foot Care in People with Diabetes
Diabetes Care 1998, 21(12):2161-77
Pieber TR et al. Evaluation of a structured teaching and treatment programme for type 2 diabetes in general practice in a rural area of Austria
Diabetic Medicine 1995, 12(4):349-54
Plank J et al. Evaluation of the Impact of Chiropodist Care in the Secondary Prevention of Foot Ulcerations in Diabetic Subjects
Diabetes Care 2003, 26(6):1691–54
Rönnemaa T et al. Evaluation of the Impact of Podiatrist Care in the Primary Prevention of Foot Problems in Diabetic Subjects
Diabetes Care 1997, 20(12):1833-37
Valk GD et al. Patient education for preventing diabetic foot ulceration.
The Cochrane Database of Systematic Reviews, Update 2005
Internationale Guidelines:
International Consensus on the Diabetic Foot 2003, Noordwijkerhout, www.iwgdf.org
New Zealand Guideline (NZG): „Management of Type 2 Diabetes”, 2003, www.nzgg.org.nz
National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE): „Type 2 diabetes prevention and management of foot problems”, www.nice.org.uk
Update 2004 of Clinical guideline for Type 2 Diabetes, Royal College of General Practitioners, 2000
DDG Praxis-Leitlinien: „Diabetisches Fußsyndrom“, S. Morbach et al., Diabetes und Stoffwechsel 13, 2004, www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de
Nursing Best Practice Guideline Registered Nursing Association of Ontario (RNAO): „Reducing Foot complications for People with Diabetes”,
March 2004, www.rnao.org
Position Statement ADA 2005: „Standard of Medical Care in Diabetes”,
Diabetes Care 2005, 28, S1, 4-36, www.diabetes.org
Buch:
Boulton AJM et al. The Foot in Diabetes. Third Edition 2000, John Wiley & Sons. Inc.
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DGKS Waltraud Haas
Ambulanz für Diabetes und Stoffwechsel
Universitätsklinik für Innere Medizin
A-8036 Graz • Auenbruggerplatz 15
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DGKS Barbara Semlitsch
Ambulanz für Diabetes und Stoffwechsel
Universitätsklinik für Innere Medizin
A-8036 Graz • Auenbruggerplatz 15
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