Die Auswirkungen von kultureller Vielfalt auf die Produktivität der

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Die Auswirkungen von
kultureller Vielfalt auf
die Produktivität der
Arbeitnehmer im Unternehmen
Eine Literaturdiskussion am Beispiel der USA
Name: Poirier, Olivia
Matrikelnr: 306474
Email: [email protected]
Erstprüferin: Frau Prof. Dr. Teipen
Zweitprüferin: Frau Prof. Dr. Schmidt
Abgabe: Berlin, den 16. Juli 2014
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung .............................................................................................................................................. 2
2. Diversity, Heterogenität, Vielfalt .......................................................................................................... 4
2.1 Definition ........................................................................................................................................ 4
2.2 Dimensionen von Diversity: Kulturelle Vielfalt und Identität ........................................................ 5
2.3 Internationaler Vergleich: Verbreitung von kultureller Vielfalt ...................................................... 7
3. Theorien zu den Auswirkungen von kultureller Vielfalt auf die Leistungsfähigkeit in der Gruppe ..... 9
3.1 Knowledge-based view/ Decision-Making Perspective ............................................................... 10
3.2 Social Identity Theory/Similariry-attraction-perspective ..............................................................11
3.3 Heterogenitätstheorie .................................................................................................................... 12
4. Der Einfluss von externen Faktoren und Rahmenbedingungen auf die Effekte von kultureller Vielfalt
in Unternehmen ...................................................................................................................................... 13
4.1 Servicesektor vs. Produktionssektor ............................................................................................. 15
4.2 Kurz- und langfristige Effekte ...................................................................................................... 16
4.3 Unternehmenskulturen .................................................................................................................. 21
5. Diversity Management ........................................................................................................................ 29
5.1 Multikulturelle Unternehmen ........................................................................................................ 30
5.2 Wettbewerbsvorteile bei der Einführung von CDM ..................................................................... 32
5.3 Internationaler Vergleich ............................................................................................................... 33
6. Auswirkungen von Cultural Diversity Management auf die Produktivität......................................... 36
7. Fazit .................................................................................................................................................... 42
Quellen .................................................................................................................................................... 45
1
1. Einleitung
Das Thema der personellen Vielfalt beschäftigt bereits seit Jahrzehnten die Personal- und
Managementlehre, jedoch stand bisher vor allem die Gleichberechtigung der Geschlechter im
Berufsleben im Vordergrund der Debatte. Mittlerweile wurde allerdings erkannt, dass es neben
dem Geschlechtermerkmal weitere „dominierte Gruppen“ gibt, die es zu schützen gilt. Der
Begriff der Heterogenität (hierbei oft auch als „Diversity“ bennant) umfasst neben dem
„Geschlecht“ weitere Merkmale, die die Beschäftigten voneinander unterscheiden wie
beispielsweise die ethnische Herkunft, sexuelle Orientierung oder Altersunterschiede. (Krell,
Wächer 2006)
Gerade durch die Globalisierung wird das Bewusstsein von kulturellen Unterschieden in
Unternehmen immer wichtiger und stellt eine neue Herausforderung für die Unternehmen dar.
Ein global agierendes Unternehmen, muss sich auf verschiedenen Märkten etablieren und sich
verschiedenen Kulturen anpassen, um weiterhin wettbewerbstauglich zu bleiben. In Hinblick
auf Deutschland ist auch ein wesentlicher gesellschaftlicher Wandel in dieser Hinsicht zu
beobachten:

Kulturelle Vielfalt
Die fortlaufende europäische Integration führt zu Immigration aus dem europäischen und
nicht-europäischen Ausland wodurch die kulturelle Diversität innerhalb der Bevölkerung und
somit auch in den Unternehmen steigt, sodass auch hier das Bewusstsein für andere Kulturen,
deren Religionen, Werte und Verhaltensweisen entstehen muss.

Bildungsreform
Der Bolognaprozess und die daraus resultierenden Bildungsreformen – gerade was das
Bachelor- und Mastersystem angeht- verfolgen das Ziel einen einheitlichen europäischen
Hochschulraum zu bilden, um eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse aber vor allem die
Mobilität der Studierenden zu fördern.
Diese Öffnung des Hochschulraums fördert die kulturelle Vielfalt innerhalb Europas und bietet
Unternehmen die Möglichkeit ihren Rekruitierungsprozess in Zukunft auch international
2
auszuweiten bzw. den Absolventen nicht an den nationalen Arbeitsmarkt gebunden zu sein.
Des Weiteren bringen die neuen Studiengänge Absolventen mit unterschiedlichem
Ausbildungsgrad und einer bisher unbekannten Varietät an Studienfächern hervor auf welche
die Unternehmen sich einstellen müssen.
•
Demografischer Wandel
Bedingt durch den demografischen Wandel steigt der Anteil älterer Personen in der
Gesellschaft, wohingegen die Geburtenrate schwach bleibt. Der Arbeitsmarkt muss sich auf
diesen Wandel einstellen bzw. sich anpassen, da ein Fachkräftemangel zu erwarten ist. Durch
diese Entwicklungen wird es immer wichtiger für Unternehmen den Arbeitsmarkt voll
auszuschöpfen und demnach auch Minderheiten im Unternehmen besser zu integrieren.
Angesichts dieser grundlegenden Veränderungen, die zu personeller Vielfalt in vielerlei
Hinsicht (u.a. Altersunterschiede, kulturelle Unterschiede) führt, gewinnt das Thema der
kulturellen Vielfalt auch in der deutschen Personal- und Organisationswissenschaft
zunehmend an Bedeutung.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage welchen Einfluss die kulturelle Vielfalt auf die
Leistungsfähigkeit von Gruppenarbeit in Unternehmen nimmt. Ich werde dieser Frage anhand
einer Diskussion ausgewählter Forschungsbeiträge nachgehen.
Es wird sich dabei herausstellen, dass eine direkte Kausalität zwischen der kulturellen Vielfalt
und der Leistungsfähigkeit schwer herzustellen ist. Das liegt daran, dass die Studien teils nur
bedingt miteinander vergleichbar sind, da diese unterschiedliche Rahmenbedingungen setzen,
welche wiederum die Auswirkungen kultureller Vielfalt innerhalb von Gruppen beeinflussen.
Einige Studien berücksichtigen nicht die Unterscheidung zwischen kurz- und langfristigen
Effekten oder differenzieren wenn es um den Grad der Vielfalt geht. Andere Studien dagegen
zeigen, dass der Grad der Diversität durchaus eine wichtige Einflussgröße darstellen kann.
Eine stark heterogene Gruppe wird möglicherweise andere Ergebnisse erzielen als eine
moderat heterogene Gruppe. Es können auch Branchenunterschiede entstehen, sodass auch an
dieser Stelle Branchenspezifische Ergebnisse untersucht werden müssen. Letztendlich sind es
eine Vielzahl an Faktoren die das Ergebnis beeinflussen, sodass es problematisch ist einen
direkten Zusammenhang nachzuweisen.
Im ersten Teil stelle ich die grundlegenden Theorien zu den Effekten kultureller Vielfalt
gegenüber und gehe damit auf mögliche Herausforderungen bzw. Problemstellungen sowie
3
Vorteile und Potenziale ein, die eine kulturelle Vielfalt mit sich bringt.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit dem sogenannten „Diversity Management“ und widmet
sich spezifisch dem „Cultural Diversity Management“ (CDM). Einerseits geht es hierbei
darum, die Idee und den Nutzen eines solchen Instruments darzustellen sowie auch die
Verbreitung durch einen internationalen Vergleich zu verdeutlichen.
Letztendlich sollen auch die Effekte vom CDM auf die Leistung der Mitarbeiter in
Unternehmen, durch empirische Studien untersucht werden.
Aufgrund der Tatsache, dass wie oben schon erwähnt die USA bei der Forschung dieses
Themas am weitesten fortgeschritten ist, werde ich meine Ergebnisse auf US amerikanische
Studien basieren. Nichtsdestotrotz werde ich zu Beginn der beiden ersten Teile einen
internationalen Vergleich nutzen, um einen Überblick zu erhalten, wie viel Aufmerksamkeit
das Thema der kulturellen Vielfalt und auch des Cultural Diversity Managements in den
einzelnen Ländern zugeteilt bekommt bzw. wie fortgeschritten das Bewusstsein für die
Thematik bereits ist.
Ich beziehe mich im Rahmen dieser Arbeit spezifisch auf die ethnische Vielfalt in
Unternehmen und lasse bewusst andere Dimensionen, wie Altersstrukturen,
Geschlechterunterschiede oder die sexuellen Orientierung außer Acht.
2. Diversity, Heterogenität, Vielfalt
2.1 Definition
Für den Begriff „Diversity“ findet man bislang in Wissenschaft und Praxis keine klare
Definition, dennoch kann Diversity grundsätzlich mit dem Wort „Vielfalt“,
„Heterogenität“ oder „Diversität“ übersetzt werden, was sich in diesem Fall auf die personelle
Vielfalt der Human-Ressourcen bezieht. Das allgemeine Verständnis von Diversity beschreibt
die „Verschiedenheit, Ungleichheit, Andersartigkeit und Individualität, die durch zahlreiche
Unterschiede zwischen Menschen entsteht“. (Aretz, Hansen, 2003:9) Diversität beschreibt
somit die „ Verschiedenheit bzw. alles worin sich Menschen unterscheiden oder
ähneln.“ (Sepehri 2002:77)
Dazu kommt die Vielfalt von individuellen Fähigkeiten, Erfahrungen, Kompetenzen und
Qualifikationen der Arbeitnehmer, die einen wesentlichen Faktor des Humankapitals im
Unternehmen darstellen. (Aretz, Hansen, 2003:9)
4
Neben den Unterschieden betrachtet Diversity auch die Gemeinsamkeiten: „Diversity refers to
any mixture of items characterizes by differences and smiliarities.“ (Thomas 1996:5)
2.2 Dimensionen von Diversity: Kulturelle Vielfalt und Identität
Diversität kann jegliche Dimension darstellen, die es ermöglicht Gruppen und Menschen
voneinander zu unterscheiden. (Giovannini 2004:22)
Grundsätzlich können diese Dimensionen sowohl in sichtbare wie auch in unsichtbare
Attribute unterschieden werden.
Nicht Sichtbare Attribute können beispielsweise den sozialen Status oder den akademischen
Hintergrund darstellen oder auch die Religion, sexuelle Orientierung sowie Werte und
Einstellungen der Mitarbeiter
Wohingegen sichtbare Attribute beispielsweise das Geschlecht, die ethnische Herkunft, Alter,
physische Behinderungen oder Einschränkungen sein können. (Harrison et al 1998; Krell,
Wächter 2006)
Kulturelle Vielfalt
Die Dimension der kulturellen Vielfalt kann sowohl sichtbare wie auch unsichtbare Attribute
beinhalten und kann sich hinsichtlich der Nation, Region, der ethnischen Gruppe oder
Religion manifestieren.
Kulturelle Diversität wird hier wie folgt definiert; eine vielfältige Belegschaft in dem Sinne,
dass die Individuen sich durch verschiedene kulturelle Hintergründe voneinander
unterscheiden im Gegensatz zu einer homogenen Belegschaft, die einen und den selben
kulturellen Hintergrund teilen. Das heißt ein Unternehmen ist als kulturell divers anzusehen,
wenn verschiedene Kulturen innerhalb der Belegschaft gleichmäßig verteilt sind. (Blau 1977)
Kulturelle Identität
Neben der Kulturzugehörigkeit zählt auch die Kulturidentität, welche die Zugehörigkeit einer
Gruppe darstellt, die sich soziokulturell von anderen unterscheidet. Physische Merkmale
stellen beispielsweise die Hautfarbe, ein bestimmter Kleidungsstil oder besondere
Gesichtszüge dar (sichtbare Attribute). Die physischen Merkmale sind allerdings stärker oder
schwächer ausgeprägt, je nachdem wie einzelne Individuen ihre kulturelle Identität nach außen
leben bzw. als solche erkannt werden wollen. (Cox 1993)
Zugehörige bestimmter Kulturen neigen dazu die gleichen Weltanschauung, (Alderfer und
5
Smith 1982) Normen, Werte und Zielsetzungen zu teilen (nicht sichtbare Attribute).
Zu welchem Grad sich Individuen persönlich mit ihrer Kultur identifizieren und diese
wertschätzen variiert innerhalb der Kulturgruppen und innerhalb der Zughörigen der einzelnen
Gruppen. (u.a. Cox 1993;Ely 1995) Ferner können sich der Grad der Identität und die
Wertschätzung der eigenen Kultur zu jedem Zeitpunkt ändern. Das heißt kulturelle Identität als
solche ist ein soziales Konstrukt, welches komplex und dynamisch verstanden werden muss.
(Ely 1995) In größeren Gesellschaften werden kulturellen Gruppen verschiedene
Machtverhältnisse zugeteilt, sodass einigen kulturellen Gruppen, mehr Macht, Prestige und
Status zugesprochen wird als anderen. (u.a. Ridgeway und Berger 1986; Ragins 1997) Aus
dem Feld der theoretischen wie auch der empirischen Forschung wächst die Erkenntnis, dass
diese Art der ungleichen Machtverteilung je nach Gruppenzugehörigkeit, für das Verständnis
von Vielfalt in Unternehmen zu berücksichtigen ist. (Ely und Thomas 2001) Nimmt man zum
Beispiel Alderfer’s (1987) Theorie zum Thema der Interaktionen innerhalb von Gruppen, so
sagt diese aus, dass die Machtverteilung unter den kulturellen Gruppen, innerhalb des
Unternehmens wie auch in großen Gesellschaften, die Basis legt, um menschliches Handeln,
Denken und Fühlen zu verstehen. Eine ähnliche Erklärung gibt Ridgeway (1988;1991), der zur
Erkenntnis gekommen ist, dass eine Vielzahl von dem was wir denken auf die Zugehörigkeit
bestimmter Identitätsgruppen zurückzuführen ist- meistens die kulturelle und
Geschlechteridentität, welche vor allem von gesellschaftlichen Werten auferlegt und
beeinflusst werden.
In Unternehmen dagegen, werden Statusunterschiede bei der ungleichen Verteilung der
unternehmenshöheren Positionen deutlich, welche in den meisten Fällen von den
höhergestellten Identitätsgruppen belegt werden und wenn dies nicht geschieht, fühlen diese
sich herausgefordert. (Alderfelder 1987; Lau und Murnighan 1998) Die eigene
Statuswahrnehmung beeinflusst das Verhalten, die Erwartungen und Zielsetzungen von
Mitarbeitern in Unternehmen, daher ist es wesentlich die Verteilung der Machtverhältnisse zu
kennen und zu berücksichtigen, um kulturelle Effekte im Unternehmen nachzuvollziehen. (u.a.
Ruhe und Eatman 1977; Zimmer 1988; Tsui, Egan und O’Reilly 1992)
6
2.3 Internationaler Vergleich: Verbreitung von kultureller Vielfalt
Um die Relevanz, den aktuellen Status aber auch die internationalen Unterschiede hinsichtlich
der kulturellen Vielfalt in Unternehmen vor Augen zu führen, ist es hilfreich eine Studie der
Autoren Köppel et al aus dem Jahr 2007 näher zu betrachten. Im Rahmen dieser Studie haben
die Autoren einen standardisierten Fragebogen entwickelt, welcher an deutsche sowie
internationale Unternehmen gerichtet wurde. Die Stichprobe setzte sich aus den Top 600
deutschen und internationalen Unternehmen zusammen. Der Befragungszeitraum lag von
März bis Juni 2006 und ergab einen Rücklauf von 78 Fragebögen. Als statistisch besonders
verwertbar, wurden die Kategorien Deutschland, Großbritannien, USA, restliches Europa
sowie übrige Länder befunden. Die Länder sind nach Erhalt der Befragungen folgendermaßen
vertreten:
Quelle:Köppel et al (2006)
Weitere erwähnenswerte Eckdaten zu den Unternehmen:
Branche:
60 % der Unternehmen kommen aus dem produzierenden Gewerbe
40 % stammen aus dem Service- und Dienstleistungssektor
Unternehmensgröße: 65 % Prozent der Unternehmen beschäftigen über 20 000 Mitarbeiter
(Einstufung der Autoren in Großunternehmen)
35 % beschäftigen unter 20 000 Mitarbeiter (Einstufung der Autoren in
Kleinunternehmen)
7
Die Studie leitet verschiedene Erkenntnisse aus dem Fragebogen ab, wovon in diesem Kapitel
allerdings nur folgende aufgregriffen werde: Die relevanten Diversitätsdimensionen und die
kulturelle Vielfalt der Belegschaft.
•
Relevante Diversitätsdimensionen
Im Rahmen der Befragung wählten die Autoren die sechs Diskriminierungsmerkmale der EURichtlinien (Alter, Behinderung, Geschlecht, Kulturzugehörigkeit, Religion und sexuelle
Orientierung) als Diversitätsdimensionen. Die Ergebnisse der Befragung ergaben, dass die
Dimension des Geschlechts immer noch über alle Länder hinweg die zentrale Rolle spielt.
Jedoch werden auch die Merkmale Alter, Kulturzugehörigkeit und Behinderung mit
durchschnittlichen Werten von 4 bis 5 bewertet (bei einer Skala von 0- keine Relevanz bis 7höchste Relevanz), wohingegen die Religion und die sexuelle Orientierung (beides nicht
sichtbare Attribute) eine nachrangige Rolle bei den befragten Unternehmen spielen. Beim
Ländervergleich fällt auf, dass Deutschland – bei einem Ausländeranteil von immerhin 8,8 %
und den fortlaufenden Diskussionen um Migration und dem Gleichbehandlungsgesetz- dem
Thema der kulturellen Diversität am wenigsten Bedeutung zukommen lässt.
8
•
Kulturelle Vielfalt der Belegschaft
In diesem Teil wurde untersucht, wie divers die Belegschaft der beteiligten Unternehmen
hinsichtlich der Kulturzugehörigkeit im In- und Ausland sind. Auch hier sticht Deutschland
mit dem niedrigsten Wert im In- sowie auch im Ausland hervor (jeweils 11 %). Zumindest
wäre damit zum Teil, der geringe Stellenwert von Kultur als Diversitätsmerkmal
zurückzuführen. Großbritannien und die USA sind mit einem Ausländeranteil von über 20%
im Inland stark vertreten. Zudem ist zu erwähnen, dass Großunternehmen erwartungsgemäß
eine vielfältigere Belegschaft im Gegensatz zu den Kleinunternehmen aufwiesen.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass die internationale Tendenz immer noch
dahingeht, dass Geschlechterunterschiede im Fokus stehen, dennoch wächst das Bewusstsein
für andere Diskriminierungsmerkmale wie das Alter, Behinderungen oder die ethnische
Herkunft an.
3. Theorien zu den Auswirkungen von kultureller Vielfalt auf die
Leistungsfähigkeit in der Gruppe
Es gibt zwar eine Vielfalt an Studien, die sich mit den Effekten von Diversität in Gruppenbzw. Teamarbeit beschäftigen, allerdings gibt es kaum Studien, die sich mit kultureller Vielfalt
aus der unternehmerischen Sicht auseinandersetzen und den Bezug zu der Arbeitsleistung und
9
Produktivität herstellen, daher wird sich dieser Teil primär mit den Effekten von kultureller
Vielfalt innerhalb von Gruppen befassen. (Richard et al 2007)
Ziel dieses Kapitels ist es, die grundlegenden Theorien zu den Effekten von kultureller
Diversität in Gruppen darzustellen. Die Gegenüberstellungen der Theorien sollen einen
Eindruck von dem Potenzial kultureller Vielfalt aber auch von den Problemstellungen und
Herausforderungen vermitteln, die eine solche Vielfalt mit sich bringt.
Vielfalt kann sowohl Vorteile wie auch Nachteile mit sich bringen. Einerseits verhilft Vielfalt
zu umfangreichen und wertvollen Fähigkeiten, Kompetenzen und Kenntnissen, sowie
Kreativität und Innovation. (u.a. Cox et al 1991; Pelled et al. 1999) Andererseits können
gerade kulturelle Unterschiede schnell zu Missverständnissen führen und bergen daher ein
erhöhtes Konfliktrisiko. (u.a. Tsui et al. 1992; Williams and O’Reilly 1992)
In den letzten Jahrzehnten haben sich besonders zwei Theorieansätze – die sich grundlegend
voneinander unterscheiden - zu den Effekten von Diversität in Unternehmen bzw.
Arbeitsgruppen bis heute durchsetzen können.
Gegenüber stehen sich folgende Thesen:
•
Knowledge based view/ Decision-making perspective: Vielfalt führt zu einer
verbesserten Arbeitsleistung indem sie verschiedene Perspektiven zur Problemlösung und
Strategiefindung bietet und somit auch eine erhöhte Kreativität und eine effektivere
Entscheidungsfindung stattfindet. (u.a. Cox et al. 1991; Grant 1996; Pelled et al. 1999)
•
Theory of Heterogenity/Social Identity Theory: Die Vielfalt hinsichtlich der Prioritäten,
Werte, Wissensstand und Ideen führt zu Konflikten und erschwert die Entscheidungsfindung,
sodass eine grundlegend schlechtere Arbeitsleistung entsteht. (u.a. Blau 1977; Williams,
O'Reilly 1998)
3.1 Knowledge-based view/ Decision-Making Perspective
Forscher, die sich für die positiven Effekte von kultureller Vielfalt in Arbeitsgruppen
aussprechen, basieren ihre Annahmen oftmals auf die Knowledge-Based View und die
Decision-Making Perspective. Befürworter dieser Theorie vertreten die Sichtweise, dass das
vorhandende Wissen im Unternehmen zwar von den einzelnen Individuen stammt, allerdings
10
spielen die Unternehmen eine grundlegende Rolle bei der Anwendung, Koordinierung und
Integration dieses Wissens innerhalb des Unternehmens. (Grant, 1996) Kern dieser Theorie ist
demnach die Ermöglichung eines effektiven Wissenstransfers im Unternehmen.
Die Knowledge-Based View geht davon aus, dass das Ziel einer Organisation darin liegen
sollte ein Medium zu verkörpern, das Individuen die Möglichkeit bietet ihr Wissen zu
kombinieren, zu integrieren und letztendlich auch zu vermehren und auszutauschen. Solch ein
funktionierendes System würde den Unternehmenserfolg positiv beeinflussen. (Grant, 1996)
Auch die Forscher Kogut und Zander (1992, 1993) unterstützen diese Theorie und
argumentieren damit, dass der alleinige Grund für die Existenz von Unternehmen darin liegt,
ein Mechanismus zu bilden, der für die Entstehung und den Austausch von Wissen
verantwortlich ist. Diesbezüglich haben Forscher herausgefunden, dass Wissen größtenteils
durch Sozialisierung, Kommunikation und Kollaboration effektiv vermittelt wird. (u.a.
Michaelson, 1993) Demnach erreichen Unternehmen, welche eine erleichterte
Kommunikation und Interaktion innerhalb der Belegschaft ermöglichen, einen verbesserten
Wissenstransfer und damit auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen.
Diesen Wettbewerbsvorteil sehen die Forscher Barney und Wright (1998) als grundlegend, da
das Know-how der Mitarbeiter ein essentielles Kapital für das Unternehmen darstellt, das für
Wettbewerber nur schwer imitierbar ist und damit nachhaltig zum Vorteil wird.
Die Decision-Making Perspective stellt im Gegensatz zur Knowledge-Based View, welche
sich auf den Wissenstransfer konzentriert, den Entscheidungsprozess in den Vordergrund. Die
Unternehmensleistung hängt demnach mit der Effektivität des Entscheidungsprozesses
zusammen. (Richard et al 2007) Eine Heterogenität an Perspektiven, Ideen und Wissen
innerhalb einer Organisation sollen in einer verbesserten Problemlösung und Strategiefindung
resultieren. (Williams und O’Reilly, 1998) Daher kommt die Annahme, dass Vielfalt
Kreativität fördert und die Effektivität von Entscheidungen verbessert und somit auch die
Unternehmensleistung optimiert.
3.2 Social Identity Theory/Similariry-attraction-perspective
Auf der anderen Seite gibt es Forscher, die sich für die negativen Effekte von kultureller
Vielfalt aussprechen und ihre Annahmen auf die Theorie der sozialen Identität und das damit
11
verbundene Attraktionsprinzip basieren (Williams, O'Reilly 1998). Demnach neigen
Individuen eher dazu sich mit Menschen zu identifizieren, die ihm ähnlich scheinen, was die
soziale Kategorie anbelangt.
Das Attraktionsprinzip geht davon aus, dass wir eher dazu neigen mit uns ähnlich
erscheinenden Menschen eine Beziehung aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Im
Umkehrschluss führen kulturelle Unterschiede innerhalb der Belegschaft zu einem geringeren
Identifikationsvermögen innerhalb des Personals, was wiederum zu Konflikten führen kann
und eine effektive Interaktion und Kommunikation verhindert. Der Annahme folgend hat
kulturelle Vielfalt einen negativen Effekt auf die Leistung des Personals, da eine effektive
Zusammenarbeit und Kooperation sich grundlegend auf die Produktivität und Arbeitsleistung
auswirkt. (Richard et al 2007)
Aus dieser Erkenntnis heraus lässt sich ableiten, dass in homogenen Gruppen eine stärkere
Solidarität entsteht, welche die Mitglieder ermutigt effektiv an einem gemeinsamen Ziel (wie
z.B. dem Unternehmenserfolg) zusammenzuarbeiten. Sobald die kulturelle Vielfalt ansteigt,
entstehen Differenzierungsmerkmale, die Grundlage für Diskriminierung und der Bildung von
Subgruppen darstellt. (u.a. Ely und Thomas 2001 ; Smith et al., 1994) Diese sozialen Barrieren
verhindern eine funktionierende Zusammenarbeit des Personals. (Blau 1977)
3.3 Heterogenitätstheorie
Einer der wichtigsten Kritiker der Vielfalt innerhalb von Gruppen ist Blau mit seiner
Heterogenitätstheorie (1977). Die Grundannahme dieser Theorie basiert auf den Aufbau von
sozialen Beziehungen und dessen Barrieren, die nach dem Grad der Vielfalt variieren können.
Blau stellt im Rahmen seiner Forschungen fest, dass die Ergebnisse sich je nach Grad der
Vielfalt verändern können:
Homogene Gruppe: Blau sieht die Barrieren zum sozialen Kontakt in einer homogenen
Gruppe als kaum vorhanden; Es herrschen keine kulturellen Barrieren, sodass eine positive
soziale Beziehung entstehen und soziale Kontakte sich leichter entwickeln können.
Moderat homogene Gruppe: Sobald jedoch die kulturelle Vielfalt innerhalb der Gruppe
ansteigt, steigen auch die Barrieren zum sozialen Kontakt und eine Grundlage für
Diskriminierung gegenüber den Minderheiten ist geschaffen.
Stark heterogene Gruppe: Allerdings sagt Blau einer stark heterogenen Gruppe wiederum
12
positive Effekte zu, da Minderheiten bei einer starken kulturellen Vielfalt kaum mehr
erkennbar sind und somit die Diskriminierungsgrundlage wieder abnimmt und auch die
Barrieren zum sozialen Kontakt sinken und dadurch wieder positive Effekte bei der sozialen
Bindung entstehen. (Blau 1977) Blau hebt mit seiner Theorie einen wichtigen Aspekt hervor;
Die Differenzierung nach dem Grad der Diversität.
Diese Unterscheidung scheint relevant bei der Auswertung von Ergebnissen zu sein, da bei
einer Vielfalt von Null positive Effekte von Blau erwartet werden, allerdings eine moderate
Heterogenität zu negativen Ergebnissen führt, da die Werte, Einstellungen und oder auch der
Glaube nicht mehr die gleichen sind, sodass angenommen wird, dass die Voraussetzungen zur
Bildung von Subgruppen gegeben sind. Dies wiederum führt zu einer erhöhten
Kommunikationsschwierigkeit und Konfliktsituationen (Earley and Mosakowski, 2000)
Zu dieser Erkenntnis kamen auch die Forscher Earley und Mosakowski (2000), die mit einer
Studie belegen, dass Gruppen mit moderater Diversität eine erhöhte Konfliktbereitschaft und
Kommunikationsschwierigkeiten an den Tag legten und mehr Schwierigkeiten hatten, sich mit
dem Team zu identifizieren bzw. sich zu integrieren im Vergleich zu homogenen Gruppen oder
stark diversen Gruppen. Es ist also anzunehmen, dass die kulturelle Vielfalt als solche kein
ausreichender Indikator für die Auswirkungen darstellt, sondern auch der Grad der Vielfalt
differenziert werden muss um eindeutigere Ergebnisse zu erhalten. Des Weiteren weisen die
Autoren darauf hin, dass es sich bei den Ergebnissen lediglich um kurzfristige Effekte handelt
und die langfristigen Effekte im Rahmen der Forschungen nicht untersucht wurden. An dieser
Stelle wird klar, dass viele weitere Faktoren bei der Frage der Auswirkungen mitspielen.
Einhergehend mit der Knowledge Based View, welche besagt, dass funktionierende
Beziehungen einen effektiven Wissensaustausch ermöglichen, ist davon auszugehen, dass
Firmen mit einer geringen oder hohen Diversität, zumindest kurzfristig, eine verbesserte
Arbeitsleistung hervorbringen, im Gegensatz zu Unternehmen mit einer moderat vielfältigen
Belegschaft (Richard et al 2004).
4. Der Einfluss von externen Faktoren und Rahmenbedingungen auf
die Effekte von kultureller Vielfalt in Unternehmen
Bei der Untersuchung der Theorien, fällt auf, dass externe Faktoren oder auch die
13
unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Studien einen Vergleich der Forschungsergebnisse
erschweren. Faktoren wie der Grad der Diversität (Blau 1977, Early und Mosakowski 2000)
aber auch die Unterscheidung zwischen lang- und kurzfristigen Effekten oder die
Branchenzugehörigkeit (Richard et al 2007) erschweren eine Relativierung der Ergebnisse.
Die Forscher Watson et al (Watson 1993) haben einen weiteren wichtigen Aspekt aufgebracht;
Viele der Forschungsergebnisse basieren auf neugegründete Gruppen, welche nur für den
Zweck der Studie gebildet wurden. Diese Ergebnisse können demnach die Effekte von
kultureller Vielfalt bei neugegründeten Gruppen beschreiben allerdings vermitteln sie keinen
Einblick auf die Effekte von bereits bestehenden Arbeitsgruppen innerhalb von Unternehmen.
Wie bereits am Anfang des Kapitels kurz beschrieben, ist die Herstellung einer Kausalität
zwischen Effektivität und kultureller Vielfalt mit vielen weiteren Faktoren verbunden und
damit nicht einfach nachzuweisen.
Eine abhängige Variable wie der Unternehmensleistung wird von vielen weiteren
unternehmenseigenen Faktoren beeinflusst, wie beispielsweise der Unternehmenskultur, der
Belegschaft, der Umwelt, dem Stand der Technologie oder der Tätigkeit. (Drazin und Van de
Ven, 1985) Mit Umwelt ist in diesem Fall die Marktsituation gemeint, in der sich ein
Unternehmen bewegt. Porter (1980) beschreibt in seiner Theorie „Porters fünf
Kräfte“ verschiedene Marktgegebenheiten, die das Unternehmen und dessen Erfolg
maßgeblich beeinflussen können. Dazu zählt die Wettbewerbsdichte, Bedrohung durch neue
Anbieter (Markteintritt), Verhandlungsstärke der Lieferanten und Abnehmer sowie die
Bedrohung durch Substitutionsgüter. Das sind nur einige der Einflussfaktoren, die auf die
Unternehmensleistung einwirken. Diese Umwelt, die Porter beschreibt variiert je nach
Branchenzugehörigkeit und unterscheidet sich besonders beim Vergleich von Service- und
Produktionssektor. (u.a Berry 1980)
Um zumindest einige dieser relevanten Faktoren aufzugreifen, behandeln die nächsten
Abschnitte die Unterscheidung der Branchenzugehörigkeit sowie die Differenzierung
zwischen kuz- und langfristigen Effekten und den Einflussfaktor der Unternehmenskultur.
Der nächste Abschnitt wird sich zunächst spezifisch mit den Branchenunterschieden zwischen
Produktions- und Servicesektor auseinandersetzen. Die Forscher Richard et al (2007) stellen
im Rahmen ihrer Studie die unterschiedlichen Ergebnisse von kultureller Vielfalt im Serviceund Produktionssektor gegenüber.
14
4.1 Servicesektor vs. Produktionssektor
Eine kulturell vielfältige Belegschaft, welche den Kundenstamm oder die Zielgruppe
repräsentiert, kann den Verkauf von Waren und Produkten vereinfachen. (Cox und Blake, 1991)
Einerseits kann dies aus Imagegründen zum Vorteil werden, da beispielsweise kulturelle
Minderheiten eher dazu neigen bei Unternehmen zu kaufen, bei denen sie ein positives Image
zum Umgang mit kultureller Vielfalt verbinden. (Cox 1993) Getreu dem similarity/attraction
Paradigma kann auch der direkte Verkauf an Minderheiten durch eine kulturell vielfältige
Belegschaft vereinfacht werden. Vor allem im Servicesektor in dem die Interaktion zwischen
Kunden und Personal ausschlaggebend ist, kann diese Erkenntnis zu einem
Wettbewerbsvorteil führen. (Richard et al 2007)
Neben einer verkaufsfördernden Wirkung, ist das Humankapital auch aus anderen Gründen im
Servicesektor besonders wichtig, da diese helfen können eine Marketingkompetenz für das
Unternehmen zu bilden. Eine Marketingkompetenz beschreibt die Fähigkeit eines
Unternehmens, den Kundenstamm auszubauen und zu halten. Dazu gehört es demnach auch
externe Faktoren zu kennen, welche die Kundenbedürfnisse beeinflussen. (De Carolis 2003;
Mooreman und Slotegraaf 1999) Die Autoren Richard et al (2007) argumentieren, dass eine
kulturell heterogene Belegschaft, eine solche Marketingkompetenz darstellt und diese
wiederum zum Unternehmenserfolg beiträgt und als Wettbewerbsvorteil genutzt werden kann.
(Day 1994; De Carolis 2003)
Ein kulturell heterogenes Personal kann jedoch auch dem Produktionssektor durchaus zu Gute
kommen. Das vielfältige Fachwissen, dass die Heterogenität mit sich bringt, trägt zur
Forschung und Entwicklung bei, sowie dem Design oder der Marktforschung. Nichtsdestotrotz
spielen die Technologie, die Rohstoffe und die Ausstattung bei der Frage des
Unternehmenserfolgs immer noch eine primäre Rolle. Daher erwarten die Autoren (Richard et
al 2007) im Produktionssektor im Gegensatz zum Servicesektor eher marginale Effekte einer
15
kulturellen Vielfalt auf die Unternehmensleistung.
Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass sich durchaus Branchenunterschiede bei der
Frage der Auswirkungen von kultureller Vielfalt auf die Unternehmensleistung beobachten
lassen und dies ein weiterer Faktor ist, der beachtet werden muss.
4.2 Kurz- und langfristige Effekte
Viele Forscher (u.a Cox et al 1991, Kumar und Watson 1992) untersuchten im Rahmen ihrer
Forschungen, Gruppen, die lediglich für den Zweck der Studie gebildet wurden und sich
demnach mit dem Ende der Studie wieder auflösten. Damit können keine Erkenntnisse über
langfristige Auswirkungen gewonnen werden und auch das Verhalten von Gruppen, die im
Rahmen eines Unternehmens bereits länger bestehen, sind damit außen vor. Damit werden
gleich zwei Probleme angesprochen: Einerseits, die fehlende Erkenntnis über Langzeiteffekte
und andererseits die Frage der Relevanz in der Praxis. Daher untersuchen die Forscher Watson
et al (1993) die Effekte von kulturell diversen Gruppen im Vergleich zu homogenen Gruppen
und unterscheiden hierbei zwischen New Formed Groups und Long-Term Groups. Die
Forscher sehen diese Unterscheidung als maßgeblich an, da davon ausgegangen werden muss,
dass neugeformte Gruppen, im Rahmen einer begrenzten Studienzeit nicht genug Zeit haben,
um sich an grundlegenden kulturellen Unterschieden anzupassen. Daher ist anzunehmen, dass
kulturell diverse neugeformte Gruppen weniger effektiv arbeiten als homogene neugeformte
Gruppen. Eine weitere Annahme, die im Rahmen dieser Studie (Watson et al 1993) untersucht
wird, geht davon aus, dass erste Unterschiede zwischen homogenen und heterogenen Gruppen
sich über einen langen Zeitraum hin auflösen, sodass heterogene Gruppen am Ende bessere
Ergebnisse in Hinblick auf die Arbeitsleistung erzielen. Diese Annahme resultiert aus dem
Gedanken, dass wenn die kulturellen Barrieren erst überwunden sind, kulturell heterogene
Gruppen ihr vielfältiges Wissen nutzen und damit einen Vorteil gegenüber homogenen
Gruppen haben. Zeit spielt demnach eine entscheidende Größe bei der Auswertung von
Ergebnissen.
Das primäre Ziel dieser Studie ist es bisherige Forschungsergebnisse zu erweitern und den
Einfluss von kultureller Vielfalt auf die Effektivität von Gruppenarbeit und Problemlösungen
zu untersuchen. Durch das relativ langfristig angelegte Forschungsexperiment von insgesamt
16
17 Wochen, wurden die Zusammenarbeit und Interaktion sowie die Produktivität von kulturell
homogenen sowie kulturell heterogenen Gruppen verglichen. Dazu stellten die Autoren
Gruppen mit einem hohen Grad an Diversität zusammen. Die kulturelle Vielfalt innerhalb der
Gruppen wird in der Studie mit ethnischen sowie nationalen Unterschieden innerhalb der
Gruppe definiert. Die Zusammenarbeit und Interaktion wird an den Handlungen gemessen, die
Gruppenmitglieder im Laufe der Zeit tätigen und die Einfluss auf die ganze Gruppe nehmen.
Folgende Thesen wurden von den Autoren für neugeformte und langfristige Gruppen
aufgestellt:
Für neugeformte Gruppen:
1 a. Neugeformte kulturell diverse Gruppen werden in Hinblick auf die Effektivität bei
komplexen Problemstellungen schlechter abschneiden, im Vergleich zu neugeformten
homogenen Gruppen.
1 b. Neugeformte kulturell diverse Gruppen werden hinsichtlich der Interaktion und
Zusammenarbeit schlechter abschneiden, im Vergleich zu neugeformten homogenen Gruppen.
Für langfristige Gruppen:
2 a. Die anfänglichen Unterschiede hinsichtlich der Effektivität der kulturell neugeformten
Gruppen bei der Interaktion und Zusammenarbeit (im Vergleich zu neugeformten homogenen
Gruppen) lösen sich über die Zeit auf.
2 b. Mit der steigenden Effektivität bei der Interaktion und Zusammenarbeit werden die
kulturell diversen Gruppen auch in der Lage sein ihre Effektivität im Hinblick auf die
komplexen Problemstellungen grundlegend zu verbessern.
Die Studie zieht sich über einen Zeitraum von 17 Wochen hin und findet in Zusammenarbeit
mit einer großen Universität im Südwesten der USA statt. Für die Untersuchungen wurden die
Daten von 173 Studenten aus höheren Semestern eingesammelt. Das Durchschnittsalter liegt
bei 24 Jahren und die Durchschnittsarbeitserfahrung bei 4,2 Jahren. Der Großteil der
Teilnehmer besteht aus Studenten der Betriebswirtschaftslehre. Insgesamt wurden 36 Gruppen
(17 homogene und 19 heterogene Gruppen) mit jeweils 4-5 Mitgliedern gebildet, die für den
gesamten Zeitraum unverändert blieben. In diesem Zeitraum hatten die Gruppenmitglieder
diverse Möglichkeiten der Interaktion unter anderem bei der Lösung von vier Fallstudien, die
für die Auswertung der Gruppenleistung dienten.
17
Messung der Leistung: Um die Objektivität bei der Bewertung der Ergebnisse zu wahren
wurden spezifische Kriterien für die Auswertung festgelegt: Die Bandbreite der Perspektiven
bei der Falllösung, die Anzahl der erkannten Probleme (potentielle Probleme wie auch
existierende), die Generierung von mehreren Alternativen und die Qualität des
Lösungsansatzes.
Des Weiteren wurden die Ergebnisse von jeweils drei Lehrenden der Universität, die alle einen
Doktortitel im Bereich Management halten und eine beachtliche Berufserfahrung wie auch
akademische Anerkennung vorweisen konnten, ausgewertet. Die Korrektoren waren zwar über
den Sinn der Studie informiert allerdings wurden die Ergebnisse anonymisiert, sodass eine
Einflussnahme nicht möglich erscheint. Die Unterschiede bei der Bewertung der Korrektoren
fielen minimal aus. Um die Ergebnisse zu vergleichen, wurden diese mit eine 5-Punkte-Skala
bewertet (Sehr mangelhaft- Sehr gut)
Messung der Zusammenarbeit und Interaktion: Zur Messung der Zusammenarbeit und
Interaktion innerhalb der Gruppe, nutzten die Autoren eine modellierte Version des Modells
„Group Style Description“ von Watson und Michaelson (1988). Das Modell stellt einen
Fragebogen dar, welcher sich sich aus 23- Bestandteile zusammensetzt und direkt nach der
Abgabe der Fallstudien angewandt wurde. Die Befragung der Studenten wurde anonym
durchgeführt und war von keiner Relevanz für die Notenvergabe. Die Studenten wurden
gebeten, das Modell wahrheitsgemäß mit ihren Erfahrungen innerhalb der Gruppe für diesen
Zeitraum auszufüllen. Die einzelnen Antworten der jeweiligen Gruppenmitglieder wurden für
jede Gruppe angeglichen, um Gruppenspezifische Ergebnisse zu erhalten.
Auswertung der Ergebnisse:
18
Gruppenleistung: Bei der ersten Auswertung (Fallstudie 1) unterlagen die heterogenen, den
homogenen Gruppen in jeder der fünf Kategorien. Ab der zweiten Fallstudie holten die
heterogenen Gruppen zumindest bei dem Bewertungsmerkmal „Bandbreite der
Perspektiven“ auf und schnitten ab dahin auch bei den weiteren Fallstudien in dieser Kategorie
besser ab als die homogenen Gruppen. Ab der dritten Fallstudie holten die heterogenen
Gruppen ebenfalls bei dem Merkmal „Generierung von Alternativen“ auf. Zudem fällt auf,
dass die heterogenen Gruppen sich nach jedem Intervall unproportional stark verbesserten,
was dazu führt, dass sie letztendlich bei der letzten Fallstudie ein besseres Gesamtergebnis
erzielten als die homogenen Gruppen.
Zusammenarbeit und Interaktion: In den ersten drei Intervallen (Ein Intervall pro Fallstudie),
zeigt die Auswertung der Ergebnisse, dass die homogenen Gruppen einen deutlichen
Vorsprung hinsichtlich der Effektivität der Gruppenarbeit im Vergleich zu den heterogenen
Gruppen hielten. Allerdings holen die heterogenen Gruppen im letzten Intervall
unverhältnismäßig stark auf und sind somit am Ende der Studie vergleichbar effektiv
hinsichtlich der Gruppenarbeit.
Schlussfolgernd kann man sagen, dass sich die Thesen der Autoren anhand dieser Studie
bewahrheitet haben. Wie erwartet schnitten die homogenen Gruppen anfangs noch besser ab,
allerdings holten die heterogenen Gruppen - nach der beschriebenen Anpassungszeit, die es
benötigt, um die kulturellen Hindernisse zu bewältigen- auf. Gerade, die von den Autoren
erwartete Perspektivenvielfalt, die die Heterogenität als Potenzial mit sich bringt, war die
19
Kategorie, in der die heterogenen Gruppen die effektivsten Ergebnisse erzielten und nach
kurzer Zeit schon bessere Ergebnisse erreichten als die homogenen Gruppen. Zu der gleichen
Erkenntnis kamen auch Richard et al (2007) in ihrer Studie „Firm-Level Racial Diversity
Effects“ in der die Forscher die Annahme aufstellten, dass heterogene Arbeitsgruppen
langfristig gleichwertige Ergebnisse erzielen könnten, wie homogene Gruppen und in
manchen Fällen sogar bessere. Die Ergebnisse der Studie zeigten einen positiven
Kurvenverlauf zwischen dem Zeitparameter und der kulturellen Vielfalt, sodass die Autoren
sich in ihrer Annahme bestätigt sahen. Auch Harrison et al. (1998), können mit ihrer Studie zu
den Effekten von sichtbaren Merkmalen, wie der ethnischen Herkunft innerhalb von Gruppen,
die These unterstützen, dass negative Effekte sich über einen längeren Zeitraum auflösen.
Letztendlich war die Studie ein guter Indikator dafür, um hervorzuheben, dass die Zeit eine
wichtige Rolle bei der Auswertung von Ergebnissen einnehmen kann. Es sollte daher
berücksichtigt werden, dass kulturelle Vielfalt Anpassungsprozesse in Anspruch nimmt,
welche im nach hinein allerdings auch zu besseren Ergebnissen führen kann. Auch an dieser
Stelle wird bewusst, dass die Vielzahl an Studien verschiedene Parameter und
Rahmenbedingungen nutzt, die es schwer machen, die Ergebnisse miteinander zu vergleichen.
Auch Watson et al mussten eingestehen, dass die Praxisrelevanz womöglich auch für diese
Studie nicht vollständig gegeben ist, da diese in einem akademischen Umfeld stattfand und –
auch wenn über einen längeren Zeitraum- eher als Projektarbeit gewertet werden kann als eine
langfristig ausgelegte Arbeit in einem Unternehmensumfeld.
Ein anderer Aspekt der eventuell die Ergebnisse für die Praxis verzerrt, stellt womöglich die
Teilnehmer der Studie dar, die alle aus dem gleichen akademischen Umfeld und der gleichen
Studienrichtung stammen, der gleichen Altersgruppe entsprechen und erwartungsgemäß noch
nicht voll im Berufsleben eingestiegen sind. Verzerrt eine solche Zielgruppe eventuell nicht
auch die Ergebnisse für die Praxis? Wo findet sich eine solche Abteilung zusammen, die, wenn
auch kulturell divers aufgestellt ist, in den restlichen Punkten womöglich homogen ist? Was
letztendlich auffällt ist, dass kaum eine Studie tatsächlich im Unternehmensumfeld bzw. in der
Praxis durchgeführt wird, sodass die Ergebnisse nur abzuleiten sind, was allerdings nicht
unproblematisch ist, da die Bedingungen sich in einem Unternehmen meistens grundsätzlich
von denen Unterscheiden, wie sie in einer Studie nachgestellt werden können. Dies ist in
Hinblick auf die Dauer anzusehen. Die meisten Studien stellen Gruppen im Sinne der Studie
20
zusammen, welche sich hinterher auflösen. Aber auch beispielsweise bei der Art und der
Komplexität der zu lösenden Aufgaben und Problemstellungen ist die Praxisrelevanz in Frage
gestellt. Schlussendlich bleibt allerdings die Erkenntnis, dass die Zeit eine weitere wichtige
Einflussgröße darstellt.
4.3 Unternehmenskulturen
Die Forscher Ely und Thomas (2001) führten Studie mit dem Titel „Cultural Diversity at
Work: The Effects of Diversity Perspectives on Work Group Processes and Outcomes“ durch.
Im Rahmen dieser Studie untersuchten die Autoren drei Unternehmen aus dem
Dienstleistungssektor, die erheblichen Erfolg bei der Rekrutierung und den Erhalt einer
heterogenen Belegschaft vorweisen konnten. Zwei der Unternehmen gelten als hoch
anerkannte multikulturelle Unternehmen, wohingegen das dritte Unternehmen mit
Schwierigkeiten zu kämpfen hatte und dementsprechend Sorgen hinsichtlich der Qualität der
Arbeitsleistung äußerte. Multikulturelle Unternehmen werden im Rahmen dieser Studie mit
der hohen Vertretung verschiedener Kulturen in der Belegschaft gleichgesetzt. Die Tatsache,
dass eines der Unternehmen Schwierigkeiten bezüglich der heterogenen Belegschaft äußerte,
gab den Autoren die Möglichkeit zu untersuchen unter welchen Bedingungen positive Effekte
von kultureller Vielfalt zu erwarten sind und welche Bedingungen möglicherweise negative
Effekte hervorrufen können. Im Rahmen ihrer Untersuchungen entwickeln Ely und Thomas
drei „Perspektiven“, welche die Motivationen der Unternehmen beschreiben, kulturelle
Vielfalt zu implementieren:

Discrimination-and-Fairness Perspective: Die Einführung von Diversity Management
aus Gründen der Fairness. Bei diesem Ansatz ist ein ausgeprägter Sinn für Moral und Gerechtigkeit treibende Kraft für die Einführung einer kulturell heterogenen Belegschaft. Im Vordergrund steht die Chancengleichheit bei der Einstellung und Beförderung des Personals, sodass
gegen Vorurteile und Diskriminierung vorgegangen wird. Eine kulturell diverse Belegschaft ist
in diesem Sinne der Beweis für einen gleichwertigen und fairen Umgang mit dem Personal.

Access-and-Legitimacy Perspective: Diese Perspektive beschreibt den Einsatz von kul-
turell diversem Personal als Instrument zum Marktzugang. Die Basis hierbei ist demnach die
Erkenntnis, dass der Markt in dem das Unternehmen sich befindet kulturell divers aufgestellt
21
ist und das Unternehmen sich entsprechend anpassen muss um weiterhin erfolgreich zu bestehen. Ein heterogenes Personal ist somit eine effektive Strategie, um auf diesen Märkten authentisch zu erscheinen. Bei dieser Herangehensweise wird die Heterogenität primär als strategisches Instrument genutzt um auf globalen Märkten zu bestehen. Es werden keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen das Potenzial, das eine solche Vielfalt mit sich bringt auszuschöpfen.

Integration-and-Learning Perspective: Heterogenität soll ein verbessertes Lernen anre-
gen. Das Wissen, die Fähigkeiten und Erfahrungen von Mitarbeitern die verschiedenen Kulturen angehören, stellen potenziell wertvolle Ressourcen dar, die genutzt werden können, um in
der Gruppe neue Denkanstöße anzuregen, was den Markt, Produkte, Geschäftsmodelle oder
Strategien betrifft und das Unternehmen vorantreiben könnte. Diese Perspektive verbindet kulturelle Vielfalt mit Arbeitsprozessen in dem Sinne, dass Heterogenität zu einer wertvollen Ressource zum Wissenstransfer und zur Integration wird.
Diese drei Perspektiven, identifizieren die Autoren als verschiedene Herangehensweisen bzw.
Motivationen der Unternehmen kulturelle Vielfalt zu fördern, allerdings untersuchen die
Autoren welche der drei Perspektiven letztendlich auch die angemessenen
Rahmenbedingungen und Unterstützung bietet, um kulturelle Vielfalt effektiv zu nutzen und
zu fördern. Im Zentrum dieser Studie steht demnach die Erkenntnis, dass Heterogenität,
positive wie auch negative Effekte mit sich ziehen kann und der Ausgang, unter anderem von
den im Unternehmen gewählten Ansätze abhängt- die hier als „Perspektiven“ bezeichnet
werden. Die Unternehmen sind kulturell heterogen aufgestellt, allerdings geben die Autoren
keine Hinweise auf ein implementiertes Diversity Management oder gezielte Maßnahmen zur
Förderung und Koordinierung der Kulturen innerhalb des Unternehmens. Die Studie
konzentriert sich viel mehr auf die verschiedenen Ansätze der Unternehmen, mit der
kulturellen Vielfalt umzugehen und vergleicht die daraus resultierenden Effekte. Schein (1990)
definiert die Unternehmenskultur wie folgt: „Culture can now be defined as a pattern of basic
assumptions, invented, discovered, or developed by a given group, as it learns to cope with its
problems of external adaption and internal integration.“ (Schein 1990:111) Nach Scheins
Definition kann davon ausgegangen werden, dass die Perspektiven, welche sich über
Jahrzehnte in den Unternehmen integriert haben, eine Grundlage für die Verhaltensweisen und
den Umgang mit Problemen oder wie in diesem Falle, mit kultureller Vielfalt darstellen.
Kulturelle Vielfalt wird im Rahmen dieser Studie anhand der ethnischen Herkunft ausgemacht.
22
Daten
Die Autoren nahmen in jedem Unternehmen an jeweils zwei bis sechs
Mitarbeiterbesprechungen teil und nahmen diese, zur späteren Auswertung auf Video auf.
Auch bei der Zusammensetzung der Teams, die die späteren Befragungen durchführen sollten,
wurde darauf geachtet, die Teams hinsichtlich des Geschlechts und der kulturellen Herkunft
gleichmäßig zusammenzustellen, da davon ausgegangen wird, dass ein solches Verfahren, die
Verwertbarkeit der Ergebnisse erhöht. (Alderfer et al 1980)
Zudem wurden ein Teil der Mitarbeiter in den einzelnen Unternehmen befragt. Die
Befragungen befassten sich primär mit folgenden vier Arten der Fragestellungen: Die
Teilnehmer sollten anfangs ihre Einschätzungen und Einstellungen gegenüber kultureller
Vielfalt teilen und ob die kulturelle Vielfalt einen Wert bzw. Einfluss bei der Zusammenarbeit
im Unternehmen und den Arbeitsprozessen nimmt. Anschließend wurden die Teilnehmer
gefragt ob kulturelle Vielfalt ihrer Meinung nach gewisse Chancen oder bestimmte
Herausforderungen darstelle. Ferner wurden die Mitarbeiter nach der Salienz ihrer eigenen
kulturellen Identitätsgruppe befragt und welcher Einfluss die Zugehörigkeit ihrer kulturellen
Gruppe auf ihre Arbeitserfahrungen und Beziehungen hat. Im Vordergrund stand hier vor
allem die Frage nach dem Einfluss der ethnischen Herkunft bei der effektiven
Zusammenarbeit in ihrer Arbeitsgruppe. Schlussendlich wurden die Teilnehmer nach ihren
Arbeitsbeziehungen innerhalb ihrer Arbeitsgruppe befragt und ob diese ihre Arbeit in einer
Weise beeinflussen. Bei den Antworten achteten die Interviewer auf Praxisbeispiele, welche
die Antworten untermauern und veranschaulichen würden.
Bei den Unternehmen handelt es sich einerseits um eine Anwaltskanzlei, ein
Finanzdienstleistungsunternehmen und eine Unternehmensberatung. Alle drei Unternehmen,
hatten es in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich geschafft, sich von einem homogen
aufgestellten Unternehmen zu heterogenen Unternehmen zu wandeln. Alle drei Unternehmen
beschäftigen 40 – 50 % kulturell heterogene Mitarbeiter.
1.
Unternehmen1: Anwaltskanzlei
Es handelt sich hierbei um eine kleine (bestehend aus zwölf Mitarbeiter), gemeinnützige
Kanzlei mit dem Unternehmensziel wirtschaftlich benachteiligte Frauen zu schützen und deren
Rechte zu fördern. Die Belegschaft bestand zum Zeitpunkt der Studie zur Hälfte von kulturell
heterogenen Mitarbeitern. Auch wenn das Top-Management immer noch ausnahmslos von
23
„Weißen“ geführt wurde, entschieden sich die Autoren dennoch das Unternehmen in die
Studie aufzunehmen, da auch Mitarbeiter anderer ethnischer Herkunft hohe Positionen
besetzten.
In den ersten zehn Jahren hatte die Kanzlei sich einen weiten Kundenstamm aufgebaut,
allerdings bestand dieser zum Großteil aus weißen Frauen und die Kanzlei scheiterte daran,
benachteiligte Frauen aus allen Kulturkreisen zu vertreten. Das Defizit wurde erkannt und die
Führungskräfte entschieden sich dagegen vorzugehen, indem sie Mitarbeiter anderer Kulturen
im Unternehmen aufnahmen und integrierten, um damit ihre Hingabe und Engagement nach
außen zu kommunizieren. In den kommenden zehn Jahren veränderte sich die Kanzlei nicht
nur im Hinblick ihrer Mitarbeiterstruktur, sondern auch die Kultur und der Arbeitsansatz
wurde ein anderer. Das Lernen voneinander und ein effektiver Wissensaustausch standen nun
im Vordergrund. Diesen Wandel bezeugen auch die Mitarbeiter in ihrer Befragung. Das
Personal sprach sich einstimmig für die kulturelle Vielfalt im Unternehmen aus und erkannte
die Vorteile im Arbeitsalltag. Sie nannten verschiedene Beispiele, die darauf deuten ließen,
dass die kulturelle Vielfalt in der Kanzlei neue Sichtweisen und Perspektiven eröffneten, die es
in dieser Form innerhalb des homogenen Personals nicht gab. Zu jedem Zeitpunkt war in
diesem Unternehmen das Verständnis vertreten, dass nicht alle gleich sind, allerdings wuchs
genau daraus die Erkenntnis, dass die Unterschiede die Stärke des Einzelnen ausmachten. Was
als eine Access-and-Legitimacy Perspektive anfing wurde schnell zu einer Integration-andLearning Perspektive in der die kulturelle Vielfalt als wichtige Ressource des
Wissensaustauschs erkannt und genutzt wurde.
Unternehmen2: Finanzdienstleistung
Das Finanzdienstleistungsunternehm, das in dieser Studie untersucht wird, ist ein kommerziell
handelndes Unternehmen, mit dem Ziel der Förderung und Entwicklung des
Wirtschaftswachstums der finanziell benachteiligten Afroamerikanischen Gemeinde, in der
das Unternehmen situiert ist. Innerhalb von zwanzig Jahren hatte sich das von
„Weißen“ dominierte Unternehmen, zu einem heterogenen Unternehmen entwickelt, dessen
Personal zu 40 % aus ethnisch vielfältigem Personal bestand. Die Forscher befragten das
Management, die Personalabteilung, Gehalts- und Abrechnungsabteilung und die
Verkaufsabteilung.
Vor allem im Vertrieb wurde die Motivation für die heterogene Aufstellung im Personal
24
deutlich. Die zwei untersuchten Abteilungen im Vertrieb (Verkaufsabteilung und die Abteilung
für die Finanzeinlagen) waren für zwei grundlegend unterschiedliche Zielgruppen zuständig.
Der Kundenstamm der Verkaufsabteilung wurde größtenteils von der afroamerikanischen
Arbeiterklasse dominiert, wohingegen die Abteilung für Finanzeinlagen größtenteils für
„Weiße“ Kunden zuständig war. Dies spiegelte sich allerdings auch bei der Verteilung der
Mitarbeiter in den Abteilungen wider, sodass die Verkaufsabteilung größtenteils von
Afroamerikanern vertreten wurde und die Abteilung zuständig für die Finanzeinlagen,
größtenteils von höhergestellten weißen Mitarbeitern vertreten wurde. Aus den Befragungen
ging heraus, dass die Mitarbeiter beider Abteilungen sich der ungleichen Verteilung und auch
Behandlung bewusst waren. Beide Abteilungen sahen zwar keine großen Unterschiede was
das Aufgaben- und Tätigkeitsfeld anbelangt, dennoch empfanden die Mitarbeiter der
Verkaufsabteilung sich benachteiligt in Hinblick auf die Bezahlung und der Anerkennung des
Managements und führten dies auf ihre ethnische Herkunft zurück. Diese ungleiche
Behandlung schuf eine angespannte und konkurrierende Atmosphäre zwischen den beiden
Abteilungen. Dieses Phänomen konnte allerdings nur in diesen Abteilungen erkannt werden,
da die restlichen Befragungen einen positiven Umgang mit kulturellen Unterschieden
dokumentierte. Das Unternehmen ist ein gutes Beispiel dafür, dass innerhalb von
Unternehmen verschiedene Subkulturen angenommen werden können. Das Unternehmen
verfolgte eine Access-and-Legitimacy Perspektive, bei der es im Kern um den Marktzutritt
und die Authentizität geht, sodass das strategische Einsetzen der afroamerikanischen
Mitarbeiter für den Marktzutritt der afroamerikanischen Kunden essentiell schien.
Unternehmen3: Unternehmensberatung
Die Unternehmensberatung ist ein gemeinnütziges Unternehmen, das international
ausgerichtet ist und Unternehmen berät, die sich mit der internationalen oder auch nationalen
Wirtschaftsentwicklung beschäftigen. Dieses Unternehmen, äußerte als einziges Bedenken bei
dem Erhalt der Vielfalt in der Belegschaft nach einer Vielzahl von Konfliktsituationen und
Diskrepanzen hinsichtlich der Arbeitsleistung. Im Gegensatz zu den bisherigen Unternehmen,
wo sich die Perspektiven teilweise überschnitten, fiel es den Autoren bei der
Unternehmensberatung leicht, die angewandte Perspektive zu identifizieren. Vor allem bei der
Auswertung der Befragungen wurde klar, dass das Unternehmen eine Discrimination-andFairness Perspektive verfolgt, dessen Ansatz in keinem der anderen Unternehmen gefunden
25
werden konnte. Diese Herangehensweise verfolgt nicht das Ziel, die kulturelle Vielfalt in
irgendeiner Weise mit den herrschenden Arbeitsprozessen zu verbinden. Das Unternehmen
gründete zwar zwei Vorstände, welche sich um kulturelle und geschlechterspezifische Themen
beschäftigten aber keinerlei Einfluss auf das Kerngeschäft oder Arbeitsabläufe hatten.
Stattdessen sollten diese Posten eher dazu dienen, die Einhaltung der rechtlichen
Rahmenbedingungen und die Unternehmenspolicy hinsichtlich der Anti-Diskriminierung und
Gleichstellung aller überwachen. Die Mitarbeiter waren sich alle einig, dass im Unternehmen
alle gleichwertig angesehen wurden und keinerlei kulturelle Unterschiede gemacht wurden.
Allerdings wurde den Mitarbeitern somit auch der Spielraum genommen kulturelle Probleme
offen anzusprechen. Das Thema wurde von den Mitarbeitern als „Tabuthema“ beschrieben,
sodass die Mitarbeiter in diesem Unternehmen von abteilungsübergreifende Spannungen und
Konflikten berichteten. Das konsequente Ignorieren von kulturellen Unterschieden und der
nicht vorhandene Spielraum für Diskussionen und Konfliktlösungen führten letztendlich dazu,
dass Mitarbeiter Positionen besetzten für die sie nicht geeignet waren und die Stimmung im
Unternehmen angespannt war.
Nachdem die Rahmenbedingungen der einzelnen Unternehmen beschrieben wurden,
verglichen die Autoren anhand der ausgewerteten Daten die Effekte der verschiedenen
Perspektiven auf die Effektivität der Gruppenarbeit, welche in folgender Tabelle
zusammengeführt wurden:
Die Auswertung zeigte, dass die Perspektiven welche die Unternehmen als Herangehensweise
26
wählten, die Mitarbeiter in verschiedener Weise beeinflussten; bei dem Umgang mit
kulturspezifischen Spannungen innerhalb der Gruppe, wie sich die Mitarbeiter von
unterrepräsentierten Gruppen von ihren Kollegen geschätzt und respektiert fühlten, der
Umgang mit der eigenen kulturellen Identitätsgruppe. Diese Wahrnehmungen beeinflussten
wiederum die Selbsteinschätzungen der einzelnen Mitarbeiter in Bezug auf ihre Arbeit und
damit auf ihre Effektivität und die Arbeit und Interaktion in der Gruppe. Alle drei Perspektiven
stellen Motivationen und Beweggründe des Managements und Führungspositionen dar,
kulturelle Vielfalt im Unternehmen zu implementieren. Allerdings erwies sich nur die
Learning-and-Intgration Perspektive als erfolgreiche Methode den Mitarbeitern die nötigen
Rahmenbedingungen bei der Gruppenarbeit zu setzen, welche es ermöglichen nachhaltig
positive Effekte aus kultureller Vielfalt zu erzielen. Das soll in keiner Weise bedeuten, dass
Diskriminierung ungeachtet bleiben soll oder, dass die Verwendung von kultureller Vielfalt um
neue Märkte zu erobern unzulässig ist. Vielmehr ging es in der Studie darum, dass die Accessand-Legitimacy und die Discrimination-and-Fairness Perspektive als solche nicht ausreichen
um die Effekte innerhalb einer Arbeitsgruppe positiv zu beeinflussen.
Arbeitsgruppen, die einer Learning-and-Integration Perspektive folgten, erwiesen sich als
hoch effektiv. In der Kanzlei in der dieser Ansatz verfolgt wurde, beschrieben alle befragten
Mitarbeiter, die Integration verschiedener Kulturen als Erfolg und erkannten vor allem die
Bereitschaft der kulturell diversen Mitarbeiter ihre Erfahrungen und ihr Wissen zu teilen, als
einen der primären Erfolgsfaktoren an. Der Wissensaustausch ermöglichte es den Mitarbeitern
neue Perspektiven und Sichtweisen bei der Bewältigung des Kerngeschäfts zu berücksichtigen,
welche sich oft als effektiv erwiesen. Natürlich lassen sich Spannungen und
Konfliktsituationen bei einer stark diversen Belegschaft nicht vermeiden, allerdings konnten
diese Konflikte offen kommuniziert und anschließend diskutiert werden, was im Gegensatz zu
den zwei anderen Perspektiven einen wichtigen Unterschied machte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass auch wenn die Unternehmen kein Hinweis auf ein
direktes Diversity Managememt geben, diese doch bewusste Strategien entwickelten um
kulturelle Vielfalt im Unternehmen zu implementieren und jedes Unternehmen in seiner Weise
einen Nutzen in einer heterogen aufgestellten Belegschaft erkannte. Die Erkenntnis hierbei ist,
dass auch die Herangehensweise und die Motivation letztendlich Einfluss auf die Effekte von
kultureller Vielfalt in Hinblick auf eine funktionierende Gruppenarbeit nehmen. Mit der
27
richtigen Führung und Wertschätzung, die man seinen Mitarbeitern entgegenbringt, können
andere Kulturen einen Mehrwert im Unternehmen schaffen und dies nicht nur aus
strategischen Gründen sondern als Wissensressource für das gesamte Unternehmen.
Fazit
Ob kulturelle Vielfalt positive oder negative Effekte mit sich bringt hängt schlussendlich von
verschiedenen Unternehmensfaktoren wie der Strategieauslegung, Kultur und
Personalmanagement ab. Es kann angenommen werden, dass kulturelle Vielfalt unter
erleichterten Bedingungen durchaus positive Gruppen- und Teameffekte bewirken kann und
sich somit auch positiv auf die Leistung auswirken kann. Bei erschwerten Bedingungen,
dagegen wird angenommen, dass die kulturelle Vielfalt negative Gruppen- und Teameffekte
mit sich zieht und sich daher schlecht auf die Leistung auswirkt. (Kochan et al 2003) Vor
allem die Literatur verweist auf eine erschwerte Kommunikation und Konfliktbereitschaft bei
kultureller Vielfalt hin, wenn diese nicht richtig gesteuert bzw. beobachtet wird. Tatsächlich
ergeben vergangene Studien, dass es möglicherweise keinerlei Kausalität zwischen Vielfalt
und Produktivität gibt. (Jackson, 1992; Jehn et al., 1999; O'Reilly & Flatt, 1989; Richard,
2001; Steiner, 1972) Dies kann möglicherweise an den unterschiedlichen Ergebnissen bei der
Untersuchung der Effekte von kultureller Vielfalt in Gruppen erklärt werden, sodass die
negativen und positiven Effekte sich ausgleichen und damit letztendlich keinerlei Effekte
nachgewiesen werden. (Kochan et al 2003) Wenn man der Annahme folgt, dass die Effekte
von kultureller Heterogenität vom Unternehmensumfeld abhängen, ist anzunehmen, dass
kulturelle Vielfalt eine verbesserte Produktivität mit sich zieht, wenn Personal und
Führungskräfte geschult und darüber aufgeklärt werden mit Konflikten richtig umzugehen.
Darüber hinaus können auch Personalthemen wie der Einstellungsprozess, das
Auswahlverfahren, Schulungen oder auch die Motivation und Wertschätzung vom Personal
teilweise beeinflussen, in wie fern das Personal und Führungskräfte die nötigen Fertigkeiten
besitzen um sich einerseits innerhalb eines heterogenes Teams abzustimmen und zu
kommunizieren und andererseits ein solches Team effektiv zu koordinieren. Bei der
Einführung von Personalpraktiken, die die Bildung einer kulturell heterogenen Belegschaft
unterstützen und fördern und damit auch die nötigen Maßnahmen ergreifen, um die nötigen
Fertigkeiten und Rahmenbedingungen zu schaffen, sind auch positive Effekte bei der
28
Produktivität der Belegschaft zu erwarten. (Kochan et al 2003)
Das bewusste managen von Diversity ist in der Praxis heutzutage immer weiter verbreitet.
Gerade durch die Globalisierung und die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, wird der
Verzicht von Minderheiten immer schwerer und das effektive Managen dieser, immer
wichtiger.
5. Diversity Management
Diversity Management wurde Anfang der 90 er Jahre in den USA mit dem Ziel entwickelt, „...
die existierende Vielfalt und die potenziellen Gemeinsamkeiten wahrzunehmen, zu verstehen,
wertzuschätzen und nicht zuletzt optimal zu managen“ (Sepehri, 2002:93) und wurde
ursprünglich als Instrument für die Umsetzung von Gleichberechtigung eingeführt.
Die geschichtlichen Hintergründe zur Entstehung des Diversity Managements liegen
zweifellos in den sozialen Aufständen, der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, welche in
den 60er Jahren gegen diskriminierende Bestimmungen protestierte und den gesetzlichen
Schutz gegen Diskriminierung aufgrund von Rasse, Religion, Hautfarbe, nationaler Herkunft
oder Geschlecht forderte und letztendlich auch durchsetzen konnte. Als Folge dessen wurde
die „Equal Employment Opportunity Comission“ ins Leben gerufen, welche als
Überwachungsorgan in der Antidiskriminierungspraxis dienen sollte.
Ab 1968 vergab die Regierung Großaufträge nur noch an Unternehmen, die einen konkreten
Plan zur Förderung von Minderheiten vorweisen konnten (Affirmative Action Plans).
In den kommenden zwanzig Jahren veränderte sich der nordamerikanische Arbeitsmarkt in
seiner Zusammensetzung, sodass im Jahr 2000 der Anteil weißer Männer in der Arbeiterschaft
auf 15% sank, im Gegensatz zu 47% in 1985. Gleichzeitig stieg die Erwerbsbeteiligung von
Frauen, Minderheiten, Einwanderern und älterer Menschen an. (Nolden 2008)
Durch die Veränderungen in der Marktstruktur erkannten auch die Unternehmen, dass das
optimale managen von personeller Vielfalt einen betriebswirtschaftlichen Nutzen mit sich
zieht, sodass das Diversity Management bald auch als unternehmerische Maßnahme zur
verbesserten Nutzung des Humankapitals eingesetzt wurde. (vgl. Köppel et al 2007)
Auch wenn das optimale managen von Heterogenität in Unternehmen gerade durch die
Globalisierung mittlerweile auch in anderen Ländern an zunehmender Bedeutung gewinnt,
sind die USA immer noch Vorreiter bei der Entwicklung, Forschung und Implementierung
29
vom sogenannten Diversity Management in Unternehmen, was nicht zuletzt an der stetig
ansteigenden Immigration und kulturellen Vielfalt in den USA liegt.
Im Jahr 2000 stellten die lateinamerikanischen, afroamerikanischen und asiatischen
Immigranten in den USA zum ersten mal nicht mehr die Minderheit der Bevölkerung dar,
sondern die Hälfte der Gesamtbevölkerung. (MacGillivray et al, 2009: 84)
Letztendlich besteht das Ziel von Diversity Management darin, die Unterschiede und
Gemeinsamkeiten optimal zu nutzen und somit ein multikulturelles Unternehmen bzw.
Organisation zu schaffen, deren Erfolg nicht einzig und allein auf die dominante
Beschäftigungsgruppe zurückzuführen ist, sondern deren Stärke darin besteht die Potenziale
der personellen Vielfalt zu nutzen. (vgl. Cox 1991)
5.1 Multikulturelle Unternehmen
Ein Multikulturelles Unternehmen und damit die richtige Implementierung von Diversity
Management wird von Cox wie folgt definiert: Cox (1991) setzt verschiedene
Voraussetzungen für ein multikulturelles Unternehmen. Einerseits muss es pluralistisch
geführt werden, das heißt alle kulturellen Gruppen respektieren, schätzen sich und lernen
voneinander. Alle kulturellen Gruppen müssen vollkommen integriert und gleichmäßig im
Unternehmen vertreten sein, in dem Sinne, dass diese auf allen Ebenen des Unternehmens
sichtbar sind. Diskriminierung und Vorurteile dürfen nicht vorhanden sein, stattdessen eine
gleichwertige Identifizierung der Minderheiten sowie der dominanten Gruppen mit den
Unternehmenszielen. Des Weiteren muss eine Chancengleichheit bei der persönlichen
beruflichen Karriere bestehen und nur ein Minimum an intergruppen Konflikten darf auf die
ethnische Herkunft sowie andere Diskriminierungsmerkmale zurückzuführen sein.
Cox definiert fünf Schlüsselfaktoren:
1.
Führungsstil: Eine bedingungslose Unterstützung auf Managementebene ist eine der
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Umwandlung in ein multikulturelles Unternehmen.
Um eine Veränderung bei zuführen, braucht ein Unternehmen Vorbilder, die sich stark für
kulturelle Diversität aussprechen und das Unternehmen vorantreiben. Manche Unternehmen
ernennen hierfür einen Diversity Manager. Allerdings sind nicht nur Lippenbekenntnisse,
sondern aktives Engagement an dieser Stelle gefragt. All Abteilungen, Personal, Finanzen oder
30
IT müssen gleichermaßen eingebunden werden. Die Einführung eines solchen Instruments
muss auch in der Unternehmensstrategie eingebettet und stetig Teil von Meetings in den
höheren Managementetagen sein. Die Bereitschaft Personalmanagementsysteme abzuwandeln
und langfristig, eventuell auch über Jahre das Vorhaben zu unterstützen, muss vorhanden sein.
All diese Aspekte müssen beachtet werden um mit dem nötigen Engagement ein
multikulturelles Unternehmen zu schaffen.
2.
Training: Schulungen, die dazu dienen dem Management aber auch dem Personal
kulturelle Vielfalt näherzubringen und den Wert zu erkennen sind essentiell. Zwei
Trainingsarten haben sich als besonders beliebt kristallisiert: Awareness Training und SkillBuilding Training. Awareness training soll das Bewusstsein und vor allem den Nutzen von
kultureller Vielfalt schaffen aber auch den richtigen Umgang und Wertschätzung vermitteln.
Skill-building Training dagegen dient der Aufklärung des Personals hinsichtlich bestimmter
kultureller Unterschieden und den richtigen Umgang mit diesen am Arbeitsplatz. Oft werden
diese beiden Arten von Schulungen kombiniert. Wichtig hierbei ist, dass die Schulungen nicht
als eine einmalige Maßnahme genutzt werden sollten, sondern als sich entwickelnder
Lernprozess. Avon, Procter and Gamble oder auch Hewlett-Packard sind Beispiele für
Unternehmen, die eine Vielfalt dieser Trainingsprogramme nutzen.
3.
Forschung: Das Sammeln von Informationen zu Problemstellungen, welche durch die
kulturelle Vielfalt entstehen. Eine Vielfalt von Daten wird benötigt, wie u.a. eine Analyse von
der Wahrnehmung und Einstellungen der Mitarbeiter und Daten welche die Berufserfahrung
von verschiedenen kulturellen Gruppen widerspiegeln. Diese Daten können an verschiedenen
Schnittstellen wichtig werden. Einerseits um Probleme zu identifizieren aber auch um diese
gezielt in Schulungen zu thematisieren. Die Auswertung der Daten kann letztlich auch
hilfreich bei der Findung von Problemlösungen werden aber vor allem auch um
Veränderungen und Lerneffekte zu erfassen. Daher müssen die Daten regelmäßig aktualisiert
und ausgewertet werden.
4.
Analyse und Änderung der Kultur und Personalmanagementsysteme: Eine Analyse der
Unternehmenskultur und des Personalmanagement im Sinne von Einstellungsverfahren,
Arbeitsbewertung oder auch Beförderungen und Assessments sollte durchgeführt werden. Das
primäre Ziel dieser Analyse ist mögliche Vorurteile die Minderheiten benachteiligen
aufzudecken. für Minderheiten aufzudecken. Bei der Auswertung ist es wichtig die Ergebnisse
31
nicht nur von der Oberfläche zu betrachten.
5.
Follow up: Die letzte Komponente besteht darin die Veränderung zu überwachen, die
Ergebnisse und Erkenntnisse auszuwerten und den Verwandlungsprozess als Teil des
regulären Unternehmensgeschäfts anzusehen. Wie in anderen Managementinitiativen, wird
auch hier die Erfassung, Kontrolle und Auswertung benötigt. Weitere Maßnahmen beim
Follow up, sollten zusätzliches Training vorsehen, wie auch die weitere Analyse des
Personalmanagements und der Unternehmenskultur und ein stetiger Austausch über kulturelle
Probleme sollte stattfinden.
5.2 Wettbewerbsvorteile bei der Einführung von CDM
Die Implementierung von Diversity Management in Unternehmen kann aus mehreren
Beweggründen erfolgen: Einerseits spiegelt die Gleichberechtigung von allen Mitarbeitern
eine Rolle bei der Frage der Ethik, Fairness und der Legitimität eines Unternehmens und kann
somit aus Imagegründen sowie im Sinne einer Corporate Social Responsibility entstehen.
Zweitens spielen Veränderungen auf den relevanten Produkt- und Arbeitsmärkten einen
wichtigen Aspekt aber auch der Gedanke der Wettbewerbsfähigkeit ist relevant. (vgl. Voigt,
Wagner 2007)
„Diversity Management leitet sich als handlungsorientieres Konzept zum Umgang mit
Diversität in all ihren Facetten ab.“ (Köppel et al 2007:5) Das sogenannte Cultural Diversity
Management dagegen konzentriert sich auf das optimale Managen von kultureller
Heterogenität.
Cultural Diversity Management wird von vielen Unternehmen aus Gründen der Social
Responsibility eingeführt. Cox (1991) führt allerdings sechs weitere Argumente für die
Einführung von CDM auf, die zu einem Wettbewerbsvorteil führen:
Kostenargument: Unternehmen haben es bislang nicht geschafft ethnische Minderheiten
gleichermaßen erfolgreich zu managen, wie den Rest des Personals. US-Amerikanische Daten
zeigen, dass die Fluktuationsrate in den meisten Fällen bei ethnischen Minderheiten höher
liegt als bei „weißen Männern“. Eine Studie ergibt, dass die Gesamtfluktuationsrate bei
Afroamerikanern 40% höher liegt als bei „Weißen“. (Cox 1991) Diese Erkenntnisse führen
Cox zu der Annahme, dass angesichts der fortlaufenden Globalisierung und gesellschaftlichen
32
Entwicklung, die zu einer steigenden Vielfalt innerhalb der Unternehmen führen wird,
Unternehmen sich solche Fluktuationsraten nicht mehr leisten können. Unternehmen die dies
erkennen, können einen Kostenvorteil gegenüber anderen Unternehmen erzielen.
Resourcenbeschaffung: Bei einem effektivem Cultural Diversity Management entwickeln
Unternehmen ein attraktives Arbeitgeberimage für ethnische Minderheiten, sodass die
Unternehmen, die es schaffen ihr Personal erfolgreich zu managen auch den Wettbewerb um
qualifizierte Arbeitskräfte gewinnen werden. Dies wird zu einem wichtigen Aspekt, unter
Berücksichtigung des demografischen Wandels und dem dadurch sinkendem Angebot an
qualifizierten Arbeitskräften.
Marketingargument: Für Unternehmen, die international erfolgreich bestehen wollen, ist es
aus marketingtechnischen Gründen sinnvoll diese Ambitionen auch mit einer kulturell
diversen Belegschaft zu vertreten, da diese auch die Sensibilisierung für verschiedene
Sichtweisen und Kulturen mitbringen.
Kreativität: Durch die Vielfalt von Perspektiven und das vernachlässigen von Konformität und
Normen der Vergangenheit, ist eine erhöhte Kreativität zu erwarten.
Problemlösung: Heterogenität in Prozessen der Entscheidungsfindung oder Problemlösung
führt durch die kritische Analyse von einer Vielfalt von Perspektiven zu einer besseren
Entscheidung.
Flexibilisierung des Systems: Durch die Einführung von einem Cultural Diversity
Management wird unterstellt, dass das gesamte System flexibler und durchlässiger wird und
weg von der Standardisierung führt. Die erhöhte Flexibilität sollte dementsprechend auch zu
einer schnelleren und kostengünstigeren Anpassung bei Marktveränderungen führen.
5.3 Internationaler Vergleich
Wie bereits im letzten Kapitel, wird an dieser Stelle ein internationaler Vergleich genutzt um
zumindest eine Tendenz aufzuzeigen, in wie fern Cultural Diversity Management verbreitet ist
33
und welchen Nutzen sich die Unternehmen durch die Einführung von CDM erhoffen. Hierbei
wird die gleiche Studie von Köppel et al (2007) verwendet, die auch schon im Kapitel zur
kulturellen Vielfalt verwendet wurde. Die Rahmenbedingungen der Studie bleiben demnach
die gleichen.
•
Verbreitung von Cultural Diversity Management
Bei einem Blick auf die Verbreitung des Cultural Diversity Managements in Unternehmen fällt
Deutschland erneut mit dem niedrigsten Wert auf und entspricht somit auch den oberen Werten
zur kulturellen Vielfalt und bestätigt die Vermutung, dass deutsche Unternehmen dem Thema
der kulturellen Vielfalt weniger Aufmerksamkeit schenken als es der Rest von Europa und die
USA/Großbritannien tut. Dementsprechend geben nur 44 % der deutschen Unternehmen an,
Cultural Diversity Management zu praktizieren, wohingegen 75 % der europäischen und 92 %
der US- amerikanischen/britischen Unternehmen CDM eingeführt haben. Die Autoren weisen
daraufhin, dass aufgrund der Freiwilligkeit der Teilnahme an der Studie, zu vermuten ist, dass
die tatsächlichen Werte eher höher liegen dürften. Zu beachten ist, dass die Unternehmen in
den USA auch rechtlich an das Diversity Management gebunden sind.
Unterschiede sind auch zwischen den Groß- und Kleinunternehmen zu beobachten: 69 % der
Großunternehmen haben CDM eingeführt im Gegensatz zu 44 % bei den Kleinunternehmen.
Zudem ist ein leichter Branchenunterschied zu beobachten mit dem Ergebnis, dass CDM mehr
im Produktionssektor betrieben wird.
34
Die Unternehmen sehen sich zunehmend mit einer externen und internen Vielfalt konfrontiert:
Die steigende Vielfalt der Kundenbedürfnisse, sowie die Globalisierung auf den
Beschaffungsmärkten und der wachsenden Vielfalt der Mitarbeiterstruktur (Nationalitäten,
Kulturen, unterschiedliche Professionen und vielfältige Altersstrukturen...).
In Welchem Maße Cultural Diversity Management betrieben wird, hängt stark von dem
erwarteten Nutzen und Einstellungen der Unternehmen zum CDM.
Köppel et al. untersuchten demnach auch welchen Nutzen sich die Unternehmen mit der Einführung eines solchen Instruments erhofften. Nach einer Faktorenanalyse stellten die Autoren
vier Cluster zusammen: Der demografische Zwang, Kundenorientierung und Marktzugang,
Zusammenarbeit und internationaler Erfolg sowie Konfliktreduktion und Zufriedenheit. Diese
Dimensionen decken sich mit den Ergebnissen von Ely und Thomas (2001) zu der Thematik
des Diversity Managements. Im Rahmen ihrer Studie unterschieden diese zwischen drei Arten
von Beweggründen bzw. Motivationen um kulturelle Vielfalt zu fördern: Discrimination-andFairness Perspective, Access-and-Legitimacy Perspective und die Integration-and-Learning
Perspective.
Von weiteren Dimensionen wurde in diesem Fall abgesehen, da Aspekte wie „der Einfluss von
gesetzlichen Vorgaben“ oder „Image- und Recruitingpotenzial“ keine eindeutige Messung
aufweisen (Köppel et al 2007) Die Befragten Unternehmen hatten im Rahmen der Studie die
Möglichkeit diese Cluster, die mit mehreren Items vertreten waren mit einer 5-Punkte Skala zu
bewerten („trifft völlig zu“ bis „trifft garnicht zu“)
(Bsp. Cluster Kundenorientierung und Marktzugang, Köppel et al 2007:10)
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zusammenarbeit und der internationale Erfolg
einstimmig den größten Nutzen für die Unternehmen darstellt. Unabhängig von der Branche,
den Ländern oder der Unternehmensgröße, erzielte diese Kategorie durchweg die höchsten
Bewertungen mit einem Durchschnittswert von 4,2. Dieses einschlägige Ergebnis weist darauf hin, dass interkulturelle Kompetenzen und deren Entwicklung, eine erhöhte Kreativität
und die Verbesserung von internationalen Tätigkeiten durch den Einbezug von Experten mit
35
lokalem und internationalem Wissen einen hohen Stellenwert bei den Unternehmen belegen.
Die Learning-and-effectiveness perspective ist der Studie nach damit die verbreiteteste Motivation in der Praxis.
An zweiter Stelle kommt der Aspekt der Kundenorientierung und Marktzugang mit 3,8. Dicht
gefolgt von Konfliktreduktion und Zufriedenheit (Durchschnittswert 3,6). Weit hinten liegt
dagegen der Demografische Zwang als Grund für die Einführung von CDM (mit einem
Durchschnittswert von 2,5)
Länderunterschiede sind zwischen Deutschland und dem angelsächsischen Raum zu erkennen.
Deutsche bewerten Kundenorientierung und Marktzugang höher, als USamerikanisch/britische Unternehmen, die wiederum mehr Wert auf Konfliktreduktion und
Zufriedenheit legen.
6. Auswirkungen von Cultural Diversity Management auf die
Produktivität
Wie schon im ersten Teil beschrieben, ist es schwer die Auswirkungen von Cultural Diversity
Management auf die Produktivität nachzuweisen. Auch wenn ein solches Management eine
erhöhte Produktivität mit sich zieht, kann dies vorerst lediglich als Korrelation beschrieben
werden und nicht als direkte Kausalität. (Giovannini 2004)
Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, dass viele Unternehmer nicht die Notwendigkeit sehen,
die nötige Zeit und Ressourcen zu investieren, um die Ergebnisse der implementierten
Diversity Maßnahmen zu untersuchen. Dies kann einerseits aus dem Grund geschehen, dass
die Verantwortlichen bereits vom Diversity Management überzeugt sind und daher nicht mehr
den Nutzen darin sehen, Ergebnisse zu messen. Allerdings kann ein anderer Grund auch
fehlende Ressourcen (zum Beispiel: Datenerfassungssystem bzw. notwendiges Know-How)
oder kein Verantwortlicher Diversity Manager mit genug Einfluss dahinterstecken.
(Giovannini 2004)
Dieses Kapitel wird eine groß angelegte Studie der Autoren Kochan et al (2003) vorstellen.
Ziel dieses Kapitels wird es sein, einerseits anhand von praktischen Beispielen, mögliche
Maßnahmen bzw. Instrumente des Diversity Managements in der Praxis zu veranschaulichen.
Andererseits soll die Studie auch einen Eindruck von dem Nutzen und der Wirkung von
Cultural Diversity Management vermitteln.
36
Die Autoren Kochan et al veröffentlichten 2003 eine aufwändige und umfangreiche Studie mit
dem Titel „The effects of diversity on business performance: report of the diversity research
network“ über die Effekte von ethnischer- und Geschlechtervielfalt in Unternehmen, die ein
Diversity Management im Unternehmen eingeführt hatten. Dazu befragten sie vier
Großunternehmen, welche zu den Fortune 500 Unternehmen in den USA zählen und Diversity
Managemt aktiv und erfolgreich nutzen. Die Fortune 500 Liste veröffentlicht jährlich die 500
umsatzstärksten Unternehmen der Welt. Von den vier Unternehmen sind lediglich die
Ergebnisse von drei Unternehmen relevant für die Fragestellung dieser Arbeit, da die
Auswertung des vierten Unternehmens, die Effekte von Geschlechter- und ethnischer Vielfalt
nicht klar abgrenzt.
Bereits die Suche nach kooperierenden Unternehmen, stellte eine größere Herausforderung dar
als zunächst erwartet. Nachdem die Autoren in Zusammenarbeit mit der Initiative
„BOLD“ (Business Opportunities for Leadership Diversity) über zwei Jahre Gespräche mit
zwanzig der Fortune 500 Unternehmen führten, die durchaus Interesse an der Studie
aufwiesen, erklärten sich letztendlich lediglich vier Unternehmen dazu bereit aktiv an der
Studie teilzunehmen. Dies geschah größtenteils aus den bereits beschriebenen Gründen. Ferner
stellt der richtige Umgang mit der Heterogenität in Unternehmen auch aus rechtlichen
Gründen für viele Unternehmen ein sensibles Thema dar.
Eine weitere Hürde stellte die Vergleichbarkeit der Daten dar. Die Autoren erhofften sich den
gleichen Satz an Daten in den jeweiligen Unternehmen zu erhalten, um diese gleichwertig
auszuwerten. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass dies in der Praxis nur schwer
umsetzbar sein würde. Jedes Unternehmen wies eigene Methoden der Datensammlung und
Aufhebung auf und drei der vier Unternehmen, bestanden darauf die unternehmenseigenen
Auswertungsmethoden für die Studie zu nutzen. Aus diesem Grund basieren die Ergebnisse
der einzelnen Unternehmen nicht auf die exakt gleichen Daten, allerdings verfolgen alle
Ergebnisse die gleiche Fragestellung. Alle Unternehmen sind auf dem Markt gut situiert und
weisen eine weitreichende Erfolgsgeschichte bei der Rekrutierung einer vielfältigen
Belegschaft und dem dahinterstehenden Engagement auf. Schlussendlich basieren die
gewonnenen Erkenntnisse aus der Analyse qualitativer und quantitativer unternehmenseigener
Daten. Innerhalb jedes Unternehmens identifizierten die Autoren vergleichbare Teams,
Arbeitsgruppen oder Abteilungen die ebenfalls als Grundlage für weitere Auswertungen zu
37
den Effekten von kultureller Vielfalt innerhalb von Gruppen dienten. Des Weiteren wurden
unter anderem Archivdaten zur demografischen Zusammensetzung der Teams, Arbeitsgruppen
oder Abteilungen herangezogen.
Unternehmen 1: Datenverarbeitungsfirma
Das erste untersuchte Unternehmen zählt über 26. 000 Mitarbeiter und widmet sich dem
Thema der kulturellen Vielfalt bereits seit über fünfzig Jahren. Im Laufe der Jahrzehnte
wurden verschiedene Maßnahmen umgesetzt:
1987 kommt das Mangement zu der Erkenntnis, dass ein Großteil der Minderheiten im
Unternehmen es nicht schaffen im Laufe ihrer Karriere befördert zu werden, sodass als Folge
dessen unter anderem die „Minority Resource Group“ ins Leben geschaffen wurden, um sich
der Problematik anzunehmen.
1992 wurde die „Diversity Task Force“ ins Leben gerufen mit dem Ziel einen strategischen
Plan zu entwickeln um Vielfalt zu fördern. Seitdem findet sich der Vorstand dieser Initiative,
indem das Personal aus allen Abteilungen und Schichten vertretenen ist, zusammen, um
gemeinsam einen Diversity Aktionsplan zu entwickeln. Jede Abteilung des Unternehmens ist
verpflichtet, einen jährlichen Bericht einzureichen, aus dem hervorgeht wie erfolgreich die
Abteilungen bei der Implementierung der Diversity Ziele in der Praxis sind. Aus diesen Plänen
resultieren weitere Maßnahmen, was das Einstellungsverfahren und Schulungen angeht. Das
Unternehmen steht nicht nur intern für Vielfalt ein, sondern vertritt auch extern das
Engagement durch Kooperationen, Spenden und die Vergabe von Stipendien und
Praktikantenprogramme, welche speziell zur Förderung von Minderheiten ausgelegt sind.
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass keine signifikanten und direkten Effekte von
kultureller Vielfalt auf die Teamperformance erkannt wurden. Allerdings konnte beobachtet
werden, dass kulturelle Vielfalt Gruppenprozesse erschwerte. Schulungs- und weiterbildende
Maßnahmen vom Personalmanagement, wie zum Beispiel Coaching, offene Kommunikation
und interaktives Zuhören, dem Personal herausfordernde Aufgaben und Möglichkeiten der
Entwicklung bieten, konnten die negativen Effekte innerhalb der Gruppen allerdings
vermindern. Die negativen Effekte von kultureller Vielfalt traten vor allem in Abteilungen ein,
in denen ein erhöhtes Konkurrenzdenken und profitorientierten Handeln herrschte.
38
Zusammenfassend stellen die Autoren keine direkte Kausalität zwischen kultureller Vielfalt
und der Leistung fest. Die kulturelle Heterogenität schien in einigen Fällen negative Effekte
bei den Gruppenprozessen auszulösen, allerdings konnten diese durch gezielte
Trainingsmaßnahmen behoben werden.
Unternhemen 2: Finanzdienstleistungsunternehmen
Wie auch schon Unternehmen 1, bekennt auch Unternehmen 2 sich zu Cultural Diversity
Management und hat die Verantwortung gegenüber der Vielfalt im Unternehmen in den
Management Richtlinien, wie auch in der Unternehmensstrategie implementiert. Das gesamte
höhere Management wird für die Durchführung der Diversity Maßnahmen verantwortlich
gehalten. Diese schließen Diversity Schulungen, Weiterbildungen, Maßnahmen beim
Einstellungsverfahren oder auch bei der Karriereentwicklung und dem
Unternehmenswachstum mit ein. Zusätzlich zu einem unternehmensweiten Diversityberater,
gibt es in dem Falle auch für jeden Standort einen zuständigen Berater. Das Unternehmen hat
mittlerweile weltweit 45 Diversityberater. Auch das Einstellungsverfahren beinhaltet
Maßnahmen, welche das Ziel verfolgen möglichst heterogenes Personal zu rekrutieren. Für
das Managementeinführungsprogramm arbeitet das Unternehmen eng mit historisch
afroamerikanischen Institutionen zusammen und bietet daneben auch diverse
Praktikumsprogramme an. Diese Maßnahmen führen dazu, dass die Filialen vom Personal her,
heterogen aufgestellt sind. In einigen Filialen dominiert der Anteil der Afroamerikaner oder
Lateinamerikaner, Asiaten oder „Weißen“ wohingegen andere Filialen gleichmäßig heterogen
vertreten sind. Die Produktivität wurde im Rahmen dieser Studie wie folgt definiert bzw.
anhand der folgenden Daten gemessen: Umsatz von neuen Verkäufen, Umsatz vom
wachsenden Portfolios des Kunden, Umsatz vom wachsenden Portfolios des Unternehmens,
Kundenzufriedenheit, Anzahl der qualifizierten Empfehlungen von Finanzdienstleistungen, die
zu einem Kauf geführt haben und die Umsatzproduktivität (Gesamtumsatz von Neuverkäufen
in Relation zum Gesamtgehalt der Mitarbeiter).
Die Autoren konnten lediglich bei einem der sechs genannten Merkmale, einen direkten Link
von kultureller Vielfalt auf die Unternehmensleistung beobachten: Kulturelle Vielfalt konnte
positiv mit dem Wachstum des Unternehmensportfolios der Filialen assoziiert werden.
Die Annahme, dass die Rahmenbedingungen als Erfolgsindikator genutzt werden können,
konnte teilweise belegt werden. Kulturelle Heterogenität wurde mit einer besseren
39
Gesamtleistung in den Filialen bewertet, welche eine Integration-and-learning-perspective in
Bezug auf kulturelle Vielfalt eingeführt hatten im Gegensatz zu denen, die kulturell homogen
aufgestellt waren oder nicht mit der integration-and-learning-perspekctive arbeiteten.
Allerdings hatte die Teilnahme an Diversityaufklärungsschulungen wenig Einfluss auf die
Produktivität des Personals. Dennoch stellten die Autoren fest, dass Filialen in denen ein
größerer Anteil der Mitarbeiter an mindestens eine dieser Schulungen teilnahm, bei der
Arbeitsleistung zumindest in Hinblick auf die Umsatzproduktivität besser abschnitten, als
Mitarbeiter in Filialen, in denen der Anteil der Mitarbeiter, welche die Schulungen nutzten
geringer ausfiel.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass das Unternehmen ein aktives Diversity
Management betreibt dennoch fällt die Auswertung der Ergebnisse eher ernüchternd aus.
Zumindest konnte eine verbesserte Leistung von den Filialen die das Trainings- und
Schulungsangebot nutzten im Gegensatz zu denen, die keine Fortbildungsmaßnahmen in
Anspruch nahmen, nachgewiesen werden. Dies ist zumindest ein Indikator dafür, dass sich die
Einführung solcher Instrumente durchaus auszahlen kann und bestätigt die Ergebnisse aus dem
ersten Unternehmen.
Unternehmen 3: Ein großes Einzelhandelsunternehmen
Auch dieses Unternehmen bewegt sich in der gleichen Größenordnung wie die letzten zwei
und ist bundesweit in den USA etabliert. Jeder Arbeitsplatz beschäftigt im Schnitt 15 bis 40
Teilzeitkräfte und einige Manager und Assistenten in Vollzeit. Wie bereits die anderen
Unternehmen ist auch dieses für sein erfolgreiches Diversity Management bekannt.
Die Auswertung der Daten dieses Unternehmens, beschäftigt sich primär mit der Fragestellung,
ob eine Belegschaft welche den Kundenkreis in Hinblick auf die ethnische Herkunft
repräsentiert bessere Ergebnisse erzielt, als Belegschaften die den Kundenstamm nicht
ethnisch reflektieren. Bei der Gegenüberstellung der Theorieansätze im zurückliegenden
Kapitel gingen einige Forscher davon aus (u.a. Cox und Blake, 1991; Richard et al 2007), dass
getreu dem similarity-attraction Prinzip, Kunden eher dazu neigen, Verkäufer zu bevorzugen,
welche ihrer eigenen ethnischen Herkunft entsprechen. Daher ist es umso interessanter, diese
Annahme in der Praxis zu überprüfen. Des Weiteren beschäftigen sich die Autoren mit der
Frage der Arbeitsleistung und den Einfluss, den die kulturelle Vielfalt auf diesen nimmt. In
diesem Fall liegen den Autoren allerdings keine Daten über Teamprozesse oder Interaktionen
40
innerhalb der Mitarbeiter vor. Zur Analyse und Auswertung werden demnach Daten über die
Zusammensetzung der Mitarbeiter, Verkaufszahlen der einzelnen Filialen, wie auch die Daten
der U.S Amerikanischen Volkszählungen der einzelnen Gemeinden, in denen die Filialen einen
Standort inne haben, genutzt. Bei der Auswertung der Mitarbeiterdaten, wurden lediglich diese
berücksichtigt welche einen direkten Kundenkontakt vorsehen. Zur Messung der
Arbeitsleistung dient die durchschnittliche Verkaufszahl der einzelnen Läden.
Die Ergebnisse zeigen, dass Gemeinden in denen ein Großteil von Weißen, Afroamerikanern,
Lateinamerikanern oder Asiaten vertreten waren, entgegen der Theorie, nicht eher dazu
neigten in Läden zu kaufen, in denen die Verkäufer die ethnische Herkunft dieser spiegelten.
Es konnte demnach anhand dieser Studie nicht belegt werden, dass die ethnische Herkunft der
Verkäufer, den Kunden bei seiner Kaufentscheidung beeinflussen. Solche Annahmen können
allerdings nicht für andere Branchen ausgeschlossen werden, in denen der Kundenkontakt
länger währt und demnach ein höheres Maß an Vertrauen und Kommunikation zwischen
Käufer und Verkäufer fordert. Außerdem konnte auch kein Einfluss der kulturellen Vielfalt auf
die Verkaufszahlen und somit der Arbeitsleistung belegt werden. Auch hier muss man die
Ergebnisse Unternehmensbezogen sehen, da die Ergebnisse in anderen Unternehmen, in denen
mehr Wert auf die Interaktion und Kommunikation unter den Mitarbeitern gelegt wird,
abweichen können.
Fazit
Alle drei Unternehmen, die im Rahmen dieser Studie untersucht wurden, sind anerkannte
Großunternehmen auf dem Markt und haben sich durch langjähriges Engagement und diverser
Maßnahmen ein gutes Diversity Image angeeignet. Obwohl die Herangehensweisen sich
unterscheiden mögen, hat jedes Unternehmen Maßnahmen implementiert welche sicherstellen
sollten, dass die Firmenpolicy Vielfalt unterstützt und fördert. Trotz der Branchenunterschiede
und der unterschiedlichen Datensätze die als Basis dienten, ähnelten sich die Ergebnisse: Es
konnten keine positiven Effekte – zumindest nicht unter allen Bedingungen oder konstante
Ergebnisse- in Bezug auf die ethnische Herkunft und die Leistung nachgewiesen werden.
Genauso wenig konnten negative Effekte in Hinblick auf die Gruppenarbeit belegt werden.
Die meisten Ergebnisse zeigten weder positive noch negative Effekte und wenn negative
Effekte in einzelnen Fällen auftraten, konnten die Unternehmen durch gezielte
Trainingsmaßnahmen gegenwirken. In einzelnen Fällen war ein direkter Link zwischen
41
kultureller Vielfalt und Leistung zu beobachten. Es konnten positive wie auch negative Effekte
beobachtet werden, wobei die negativen Effekte eher in einer hoch kompetitiven
Arbeitsatmosphäre auftraten, wohingegen die positiven Effekte eher in einer
Arbeitsatmosphäre beobachtet wurden, in der das Lernen und der Wissenstransfer im
Vordergrund stand.
Verwendet man diese Studie repräsentativ für andere Großunternehmen, die ein vergleichbares
Engagement an den Tag legen, ist davon auszugehen, dass die Einführung von Diversity
Management sich durchaus auszahlt und den negativen Effekten - wie sie in der Literatur
beschrieben sind - entgegenwirkt und bei richtiger Implementierung und Durchführung der
Maßnahmen konnten sogar positive Effekte in Bezug auf die Leistung beobachtet werden. Das
heißt, dass Diversity Management nicht zwangsläufig zu einer verbesserten Leistung oder
Effektivität führt aber dazu führen kann negative Effekte zu unterbinden und damit
Minderheiten in das Unternehmen vollwertig zu integrieren. Die Unternehmen, die es schaffen
sich frühzeitig der Realität zu stellen, dass der Arbeitsmarkt sich verändert und immer diverser
wird, können einen wichtigen Wettbewerbsvorteil daraus ziehen, ein aktives Diversity
Management zu betreiben und Minderheiten weitgehend im Unternehmen zu fördern.
„Organizations that invest their resources in taking advantage of the opportunities that
diversity offers should outperform those that fail to make such investments. “ (Kochan et al
2003:34)
7. Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass im Rahmen dieser Arbeit keine einstimmigen
Ergebnisse zu den Auswirkungen von kultureller Vielfalt auf die Produktivität von
Arbeitnehmern gefunden wurden. Die Gegenüberstellungen der Theorien zu den Effekten von
kultureller Vielfalt auf die Gruppenleistung zeigten, dass auch in der Forschung und Literatur
die Meinungen weit auseinandergehen können. Auf der einen Seite erkannten einige Forscher
(u.a. Cox et al. 1991; Grant 1996; Pelled et al. 1999) eine verbesserte Effektivität bei
Problemlösungen sowie bei der Kreativität durch die Vielzahl an Perspektiven. Auf der
anderen Seite identifizierten Forscher (u.a. Blau 1977; Williams, O'Reilly 1998)
gerade durch die Vielzahl an Perspektiven und den kulturellen Unterschieden ein erhöhtes
42
Konfliktrisiko und somit auch eine verminderte Gruppenleistung.
Allerdings konnte anhand von weiteren Studien gezeigt werden, dass bei der Frage nach den
Effekten der kulturellen Vielfalt, viele Faktoren wie der Branchenunterschied, der Grad der
Heterogenität, die Unterscheidung zwischen kurz- und langfristigen Effekten und der Einfluss
der Unternehmenskultur bei der Auswertung nicht außer Acht zulassen sind. Vor allem die
Unterscheidung zwischen kurz- und langfristigen Effekten erwies sich als ein wichtiger Aspekt,
da einige Studien zu der Erkenntnis kamen, dass kulturelle Vielfalt innerhalb von Gruppen
eine gewisse Anpassungszeit benötigt, um die negativen Effekte die anfangs beobachtet
wurden mit der Zeit aufzulösen und in manchen Fällen erzielten die heterogenen Gruppen
letztendlich sogar bessere Ergebnisse im Vergleich zu den homogenen Gruppen.
Neben der Zeit, setzt auch die Unternehmenskultur wichtige Rahmenbedingungen und
Impulse für das Wahrnehmen und die Wertschätzung von kultureller Vielfalt im Unternehmen.
Die Studien zeigten, dass positive Effekte von kultureller Vielfalt eher in Unternehmen
erwartet werden, in denen der Wissenstransfer von den Mitarbeitern im Vordergrund steht. Das
heißt, dass kulturelle Vielfalt einerseits Zeit aber auch ein förderndes Management benötigt,
um positive Ergebnisse zu erzielen.
Das Managen von kultureller Vielfalt wird durch einen Fachkräftemangel aber auch durch die
Globalisierung ein immer wichtigeres Thema für die Unternehmen. Die volle Integration von
Minderheiten kann für die Unternehmen auch langfristig zum Wettbewerbsvorteil werden.
Dies kann aus Sicht des Employer Brandings geschehen und die Unternehmen als attraktiven
Arbeitgeber darstellen oder auch den Zutritt zu neuen Märkten eröffnen. Auch wenn das
effektive Managen von kultureller Vielfalt nicht zwangsläufig positive Auswirkungen auf die
Produktivität der Mitarbeiter verspricht, konnten in den meisten Fällen zumindest negative
Effekte durch z.B. Schulungen und Trainingsmaßnahmen behoben werden.
Das richtige Implementieren eines Cultural Diversity Managements erfordert allerdings viel
Zeit und Engagement aus allen Ebenen und darf nicht als eine einmalige Maßnahme gesehen
werden, sondern muss Teil der Unternehmensstrategie und Kultur werden. Nur mit viel
Engagement und Hingabe kann sich ein Unternehmen letztendlich zu einem multikulturellen
Unternehmen entwickeln. Dazu gehören maßgeschneiderte Trainingsmaßnahmen, die zum
einen auf das Thema der kulturellen Vielfalt Aufmerksam machen und zum anderen den
richtigen Umgang mit kulturellen Unterschieden vermitteln sollen. Ferner bedarf es
weitergehende Forschungen und das Auswerten von Daten, um Lerneffekte zu erkennen bzw.
43
Probleme im Unternehmen zu identifizieren.
Auch wenn die USA –historisch bedingt- immer noch Vorreiter beim Thema Cultural
Diversity Management sind, widmen sich auch international immer mehr Unternehmen der
Thematik. Durch die ansteigende Migration in den einzelnen Ländern verändert sich die
Struktur des Arbeitsmarkts, sodass der Nutzen eines solchen Instruments immer wichtiger
erscheint.
44
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