IV. Einkommensteuer und Ausschüttungsäquivalenz 1. Die Position

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IV. Einkommensteuer und Ausschüttungsäquivalenz
1. Die Position von IDW S 1 alte Fassung
• Vollausschüttung als Regelfall
• Diskontierungssatz kF,ESt = (i + RR) (1-sI) im Anrechnungsverfahren
• unerwünschte Folgen; Beispiel: sI = 0,35; g = 0,015; Eigenfinanzierung;
Bewertungszeitpunkt ist 1.1.2005; k = 0,05 + (0,12 – 0,05) = 0,12;
1.1.2005
Entziehbare
Überschüsse vor
Einkommensteuer
Ende
2005
Ende
2006
50
70
-
Ende
2007
90
Ende
2008
Ende
2009
127
128,9
Gemäß IDW S 1 alte Fassung ist zu rechnen:
(1)
Wertbeitrag im expliziten Planungszeitraum (Phase 1), die in 2008 endet:
T
EW0 = ∑ CF t (1 − sI ) (1 + k(1 − sI )) − t
(2)
t =1
Wertbeitrag aus der Phase 2:
FW0 =
CFT +1(1 − sI )
(1 + k(1 − sI )) − T
k(1 − sI ) − g
© Jochen Drukarczyk
1
sI
k(1-sI)
Barwert der CF t
in Phase 1
(2005 bis 2008)
EW 2008
EW0
zum
1.1.2005
1.025,4
Beitrag
von
Phase 1
zu EW0
23,9
0
0,12
245,2
1.227,720
Barwert
EW 2008
zum
1.1.2005
780,2
0,2
0,096
208,2
1.273,121
882,3
1.090,5
19,1
0,35
0,078
177,1
1.330,0
984,8
1.161,9
15,2
0,4
0,072
166,1
1.356,9
1.027,5
1.193,6
13,9
0,45
0,066
154,6
1.390,2
1.076,5
1.231,1
12,6
• EW0 steigt mit steigendem Einkommensteuersatz („Steuerparadoxon“); der relative Wert steigt,
weil die Einkommensteuer die Alternativrendite deutlicher verkürzt als die zu bewertende
Zahlungsreihe
• Beitrag des Ertragswertes am Ende der Phase 1 („terminal value“) nimmt mit steigendem
Steuersatz zu; Wertbeitrag der expliziten Planungsperiode (Phase 1) schrumpft absolut und
relativ.
20
127 ⋅ 1,015 ⋅
1
= 1.227,7
0,12 − 0,015
21
127 ⋅ 1,015 ⋅ (1 − 0,2) ⋅
1
= 1.273,1
0,096 − 0,015
© Jochen Drukarczyk
2
2. Risikoäquivalenter Diskontierungssatz und Einkommensteuer
• Halbeinkünfteverfahren; sGE = 0,1667; sK = 0,25; sI = 0,35
• kF = i + (rM − i)βF ; rM − i = Marktrisikoprämie
• kF,ESt = i(1 − sI ) + [rKG + rD (1 − 0,5sI ) − i(1 − sI )]βF
rM = rKG + rD
MRP nach Einkommensteuer
• Annahmen: - Kapitalgewinne werden außerhalb der Spekulationsperiode von bisher einem
Jahr steuerfrei realisiert
- es liegen unwesentliche Beteiligungen vor
- Zuflüsse in Form von Dividenden werden hälftig besteuert.
• Folge:
Ertragswerte fallen im Vergleich zu IDW S 1 alte Fassung (im ARV), weil die
Diskontierungssätze stärker steigen als die zu diskontierenden Überschüsse im
HEV. Im Beispiel gilt k = 0,078 gemäß IDW S 1 alte Fassung für sI = 0,35.
Für IDW S 1 (neu) folgt:
kESt = 0,05(1 − 0,35) + [0,08 + 0,04(1 − 0,5 ⋅ 0,35) − 0,05(1 − 0,35)]1 = 0,113.22
22
Die Eigenkapitalkosten sind um 44,3% höher als gemäß alter Fassung. Die zu bewertenden Cash-flows sind
um 26,9% höher.
© Jochen Drukarczyk
3
3. Herstellung von Ausschüttungsäquivalenz
• In Phase 1 sind die Ausschüttungen bewertungsrelevant, die unter Beachtung des
Unternehmenskonzepts und der relevanten rechtlichen Restriktionen (Ausschüttungssperre, Verlustvorträge) zur Ausschüttung verfügbar sind (Rn 45).
• In Phase 2 wird grundsätzlich („typisierend“) angenommen, dass das
Ausschüttungsverhalten
äquivalent
zur
Alternativanlage
ist,
sofern
nicht
Besonderheiten (Kapitalstruktur, Branche oder rechtliche Gegebenheiten) zu beachten
sind. Damit werden die Dividendenrenditen der Alternativanlage relevant. 23
• Zweck der postulierten Ausschüttungsäquivalenz ist der Ausschluss „steuerlich
induzierter Werteinflüsse“ auf das Bewertungsergebnis, die aus unterschiedlichem
Ausschüttungsverhalten von zu bewertenden Unternehmen und Alternativinvestition
resultieren können.24
• Für
die
Reinvestition
ist
eine
kapitalwertneutrale
Anlage
Kapitalisierungszinssatz vor Unternehmenssteuern zu unterstellen (Rd 47).
zum
Wie sehen die Bewertungsanweisungen von IDW S 1 aus?
Ist auf die Ausschüttungsquote des Marktes oder auf die Ausschüttungsquote der
Alternativinvestition abzustellen?
Welche Annahmen sind über die Renditen der Reinvestition zu treffen?
23
Vgl. Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel (2004), S. 895.
24
Vgl. Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel (2004), S. 895.
© Jochen Drukarczyk
4
b) rD als Ausschüttungsquote einer Peer-Group
Wagner/Jonas u. a. führen die Dividendenrendite einer Peer-Group ein, deren Aktien als
risikoäquivalente Alternative zu verstehen sind.
Da Wagner/Jonas als Repräsentanten des IDW gelten, wird deren Beispiel als Beleg für
die Denkweise des IDW übernommen.
A
26
Daten: rM = 0,095; rD = 0,05286; rD = 0,05;
i = 0,055; sI = 0,35; βF = 0,9
ESt
rM
= 0,095 − 0,175 ⋅ 0,05286 = 0,08575
kF,ESt = 0,055(1 − 0,35) + [0,08575 − 0,05(1 − 0,35)]0,9 = 0,08075
Wichtig ist die Unterscheidung in Marktdividendenrendite rD und Dividendenrendite der
Alternative rDA . Die Alternativinvestition besteht in einer Gruppe von vergleichbaren
Unternehmen mit ßF = 0,9 und einer Ausschüttungsgestaltung, die rDA zur Folge hat.
26
rDA bezeichnet die Dividendenrendite der Alternative.
© Jochen Drukarczyk
5
Das zu bewertende Unternehmen muss Ausschüttungen in Phase 2 realisieren, die vor
Einkommensteuer zu einer Dividendenrendite von rDA = 0,05 führen.
Für kF gilt:
kF = i(1 − sI ) + [rM − rD 0,5 ⋅ sI ) − i(1 − sI )]βF + 0,5 ⋅ sI ⋅ rDA
= 0,03575 + [0,095 − 0,05286 ⋅ 0,175 − 0,03575]⋅ 0,9 + 0,175 ⋅ 0,05
=
0,0895
(1) Ausschüttungsäquivalenz besteht, wenn d* =
rDA
k
F
=
0,05
= 0,55866.27
0,0895
(2) Die Reinvestitionsrendite r(I) muss vor Steuern betragen r(I) =
27
d* entspricht nicht der Marktausschüttungsquote, die dM =
© Jochen Drukarczyk
0,0895
= 0,1432.
1 − 0,375
0,05286
= 0,55642 beträgt.
0,095
6
0
1
2
3
4
5
6 ff.
(1)
Erfolg vor Steuern
-
100
100
100
100
100
100
(2)
Ertrag aus Thesaurierung28
-
-
3,95
8,06
12,32
16,76
21,37
(3)
Steuern (s0 = 0,375)
-
37,5
38,98
40,52
42,12
43,79
45,51
(4)
Verwendbare Mittel
-
62,5
64,97
67,54
70,20
72,98
75,86
(5)
Ausschüttung d* = 0,55866
34,92
40,61
37,73
39,22
40,77
42,38
(6)
Ausschüttung nach ESt
28,81
29,9430
31,13
32,36
33,63
34,96
(7)
Thesaurierung, 29
(b = 0,44134
27,58
28,67
29,81
30,98
32,21
33,48
(8)
Thesaurierung, kum.
27,58
56,25
86,06
117,04
149,25
182,73
(9)
von Anteilseignern
geforderte Rendite nach ESt
0,08075
-
-
-
-
-
-
(10)
Ertragswert in t
698,2 31)
725,8
754,4
784,2
815,2
847,4
880,9
(11)
∆ Ertragswert
-
27,57
28,6
29,8
31,0
32,2
33,46
28
r(I) = 0,1432; 27,58 · 0,1432 = 3,95.
29
b = 1 – 0,55866 = 0,44134.
30
g = r(I) (1-s0) · b = 0,1432 (1-0,375) · 0,44134 = 0,0395.
31
29,94
⎤
⎡
EW0 = ⎢28,81 +
1,08075−1 = 698,2.
⎥
0,08075 − 0,0395 ⎦
⎣
© Jochen Drukarczyk
7
Es gilt folglich (rDA = 0,05) :
geforderte Rendite vor Einkommensteuer 0,0895
geforderte Rendite nach Einkommensteuer 0,08075
Differenz: 0,5sI ⋅ rDA = 0,00875
0,0895 = 0,1432 (1 – 0,375)
Ausschüttung: 0,0895 ⋅
rDA
k
Thesaurierung: b = 1 – 0,55866 = 0,44134
F
0,0895 · 0,44134 = 0,0395
= 0,0895 · 0,55866=0,05
0,04799 (1 – 0,5 sI) = 0,04125
0,08075
© Jochen Drukarczyk
0,0895
8
V. Einschätzung
• Ausschüttungsäquivalenz in Phase 2 wird durch die Vorgabe einer auf CF t (1 − s0 ) anzuwendenden Ausschüttungsquote
rDA
kF
erreicht.
• Die Kapitalwertneutralität der Thesaurierung wird postuliert. Nur wenn die Bruttorendite
r (I) =
kF
1 − s0
erzielt wird, ergibt die Summe aus Kapitalgewinnrendite und Dividendenrendite
die Rendite kF.
• Ausschüttungsquote und Kapitalwertneutralität der Reinvestitionen führen dazu, dass die
Wachstumsrate der Überschüsse g = b ⋅ r(I) (1 − s0 ) = b ⋅ kF = (1 − 0,55866) 0,0895 = 0,0395
das
Wachstum der Ertragswerte in der Zeit bestimmt. Genau die gleiche Wachstumsrate des
Kapitalgewinns weist die Alternativrendite aus: 0,0895 (1 – 0,55866) = 0,0395. Damit sind bei
Bewertungsobjekt und Alternative die gleichen Anteile pro Periode steuerbefreit bzw. mit
Einkommensteuer belastet. Die Einkommensteuer hat keinen eigenständigen Werteffekt.
• Das IDW beseitigt damit ein Problem: handelsrechtliche Wertansätze für Beteiligungen sind
nach IDW RS HFA 10 ohne Beachtung von Einkommensteuer zu bestimmen. Die
Wertdifferenzen zwischen Bilanzansätzen und objektivierten Unternehmenswerten werden
geringer, wenn für Phase 2 wie oben erläutert gerechnet wird.
© Jochen Drukarczyk
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