Kompaktheit1 1 Definitionen 2 Kompaktheit und Abgeschlossenheit

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5.6.2009
Universität Stuttgart
PD. Dr. P. H. Lesky
Kompaktheit1
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Definitionen
1.1 Definition: Sei (X, O) ein topologischer Raum.
1) Eine Menge M ⊆ X heißt überdeckungskompakt, falls in jeder offenen Überdeckung
von M , d.h. einer Familie offener Mengen (Oα )α∈A ⊆ O mit
[
M⊆
Oα
α∈A
eine endliche Teilmenge (Oαi )i=1,...n existiert, die M überdeckt.
2) Eine Menge M ⊆ X heißt folgenkompakt, falls in jeder Folge (xn ) in M eine Teilfolge
existiert, die in M konvergiert. Oder anders ausgedrückt: Falls jede Folge in M mindestens
einen Häufungspunkt in M besitzt.
1.2 Definition: Ein topologischer Raum (X, O) heißt Hausdorff-Raum oder T2 -Raum,
wenn gilt:
∀x, y ∈ X ∃Ox , Oy ∈ O : x ∈ Ox ∧ y ∈ Oy ∧ Ox ∩ Oy = ∅.
1.3 Definition: Sei (X, O) ein topologischer Raum.
1) Eine Teilmenge B ⊆ O heißt Basis von O, falls jede Menge O ∈ O als Vereinigung von
Mengen aus B darstellbar ist.
2) Sei x ∈ X. Eine Menge von Umgebungen U von x heißt Umgebungsbasis von x, wenn
gilt:
e∈U :U
e ⊆ U.
∀U Umgebung von x ∃U
3) X erfüllt das Erste Abzählbarkeitsaxiom, falls in jedem Punkt x ∈ X eine abzählbare
Umgebungsbasis existiert.
4) (X, O) erfüllt das Zweite Abzählbarkeitsaxiom, falls O eine abzählbare Basis besitzt.
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Kompaktheit und Abgeschlossenheit
2.1 Satz: Sei (X, O) ein topologischer Raum.
1) Ist X Hausdorff-Raum und M ⊆ X überdeckungskompakt, so ist M abgeschlossen.
2) Ist M ⊆ X überdeckungskompakt und M 0 ⊆ M abgeschlossen, so ist M 0 überdeckungskompakt.
(siehe [Jänich, Seiten 26–28].)
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Version 1: 5.6.2009
Datei: skripte/Module/ModulKompaktheit
Peter Lesky: Kompaktheit, Uni Stuttgart, 2009, Seite 2
Beweis: Zu 1): Zeige: X \ M ist offen. Dazu sei x ∈ X \ M . Zu jedem y ∈ M existieren
Oy , Oxy ∈ O, so dass y ∈ Oy , x ∈ Oxy und Oy ∩ Oxy = ∅. Da M überdeckungskompakt ist,
genügen endlich viele Oy1 , . . . , Oyn , um M zu überdecken. Dann gilt
x∈
n
\
Oxyj ∈ O ∧ M ∩
j=1
n
\
Oxyj = ∅.
j=1
Also ist x innerer Punkt von X \ M .
Zu 2): Sei T ⊆ O eine Überdeckung von M 0 . Dann ist T ∪ {X \ M 0 } eine Überdeckung von
M . Die endliche Teilmenge, die zur Überdeckung von M ausreicht, überdeckt auch M 0 . Dann
aus dieser endlichen Überdeckung die Menge X \ M entfernen, falls sie noch drin ist, und wir
haben eine endliche Teilmenge von T , die M 0 überdeckt.
2.2 Satz: Sei (X, O) ein topologischer Raum.
1) Es sei (X, O) ein Hausdorff-Raum und erfülle das Erste Abzählbarkeitsaxiom. Ist M ⊆ X
folgenkompakt, so ist M abgeschlossen.
2) Ist M ⊆ X folgenkompakt und M 0 ⊆ M abgeschlossen, so ist M 0 folgenkompakt.
Beweis: Zu 1): Annahme: M ist nicht abgeschlossen, d.h. X \ M ist nicht offen. Dann gibt es
ein x ∈ X \ M , so dass jede Umgebung von x mit M nichtleeren Schnitt hat. Sei {Uj : j ∈ N}
die Umgebungsbasis in x. Wähle eine Folge (xj ) mit xj ∈ Uj ∩ M . Dann ist (xj ) Folge in M
und konvergiert gegen x ∈ X \ M . Aus der Eindeutigkeit des Grenzwertes (wegen T2 ) folgt,
dass jede Teilfolge nicht in M konvergiert. Also ist M nicht folgenkompakt.
Zu 2): Sei (xj ) Folge in M 0 . Dann konvergiert eine Teilfolge gegen x ∈ M . Annahme: x ∈ X \M 0 .
Dann existiert O ∈ O mit x ∈ O ⊆ X \ M 0 . Dann liegt kein xj in O, also kann (xj ) nicht gegen
x konvergieren, Widerspruch.
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Äquivalenz der Kompaktheitsbegriffe
3.1 Satz: 1) Es sei (X, O) ein topologischer Raum, der das Erste Abzählbarkeitsaxiom
erfüllt. Ist M ⊆ X überdeckungskompakt, so ist M folgenkompakt (siehe [Jänich, Seite
104]).
2) Unbefriedigende Version: Es sei (X, O) ein topologischer Raum, der das Zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt. Ist M ⊆ X folgenkompakt, so ist M überdeckungskompakt.
Aus dem Buch von Steen/Seebach: Für die Rückrichtung 2) genügt es nicht, das Erste Abzählbarkeitsaxion vorauszusetzen.
Beweis: Zu 1): Sei (xn ) Folge in M . Annahme:
∀x ∈ M ∃Ux ∈ O : x ∈ Ux ∧ ]{n ∈ N : xn ∈ Ux } < ∞.
Dann ist (Ux )x∈M eine offene Überdeckung von M , enthält also eine endliche, M überdeckende
Teilmenge. Widerspruch zur Unendlichkeit von N.
Peter Lesky: Kompaktheit, Uni Stuttgart, 2009, Seite 3
Also gilt:
∃x ∈ M ∀Ux ∈ O : x ∈ Ux ⇒ ]{n ∈ N : xn ∈ Ux } = ∞
Nun sei (Uj )j∈N ⊆ O die abzählbare Umgebungsbasis von x. Dann:
Wähle Teilfolge, wieder mit (xn ) bezeichnet, so dass xn ∈ U1 für n ≥ 1,
Wähle Teilfolge, wieder mit (xn ) bezeichnet, so dass xn ∈ U2 für n ≥ 2,
..
.
Für die Diagonalfolge (yn ) gilt: yn ∈ Uj für n ≥ j. Ist nun U ∈ O mit x ∈ U , so existiert j ∈ N
mit Uj ⊆ U . Dann folgt yn ∈ U für n ≥ j. Dies beweist yn → x.
Zu 2): Sei U ⊆ O offene Überdeckung von M , die keine endliche Teilmenge enthält, die noch
M überdeckt. Ist {Oj : j ∈ N} die abzählbare Basis von O, so gilt:
∀U ∈ U : U =
∞
[
Oj(U,k) .
k=1
e := {Oj : ∃U ∈ U ∃k ∈ N : j = j(U, k)}.
Setze U

e ist abzählbar

U

[
[



U =
Oj

⇒
U ∈U
e
Oj ∈U


e

U
enthält
keine endliche Teilüberdeckung



(Falls M ⊆ Oj1 ∪ . . . ∪ Ojn , dann M ⊆ U1 ∪ . . . Un )
e = {Oj1 , Oj2 , . . .}, wähle (xk ) in M mit xk ∈ M \
Nummeriere U
k
[
Ojl . Da M folgenkompakt
l=1
ist: Teilfolge xk → x ∈ M , also x ∈ Ojl für ein l ∈ N.
Aber: Für k ≥ l gilt xk 6∈ Ojl , Widerspruch zur Konvergenz von (xk ).
3.2 Satz: Es sei (X, d) ein metrischer Raum mit induzierter Topologie O, M ⊆ X. Dann sind
äquivalent:
(i) M ist überdeckungskompakt.
(ii) M ist folgenkompakt.
(siehe [Jänich, Seite 105].)
Beweis: Aus (i) folgt (ii): Ein metrischer Raum erfüllt das Erste Abzählbarkeitsaxiom, denn
zu jedem x ∈ X ist {K1/n (x) : n ∈ N} (Kugeln mit Radius n1 um x) eine Umgebungsbasis.
Damit folgt die Behauptung aus Satz 3.1, Teil 1.
Aus (ii) folgt (i): Sei U ⊆ O eine Überdeckung von M , die keine endliche Teilüberdeckung
besitzt. Zu jedem x ∈ M wähle ein Ux ∈ U, so dass für die größte Kugel Kr (x) ⊆ Ux gilt: r > 1
oder für alle U ∈ U ist K2r (x) 6⊆ U . Wähle nun x1 ∈ M beliebig und xj ∈ M induktiv, so dass
xj+1 6∈ Ux1 ∪ . . . ∪ Uxj . Da M folgenkompakt ist, konvergiert eine Teilfolge xjn → x ∈ M . Sei
nun ε > 0. Für n > Nε gilt xjn ∈ Kε (x). Insbesondere gilt d(xjn , xjn+1 ) < 2ε. Wähle nun ε > 0
so, dass ε < 21 und dass K5ε (x) ⊆ U für ein U ∈ U. Nach Wahl der Folge (xj ) gilt xjn+1 6∈ Uxjn .
Damit folgt für das zu Uxjn gehörende r: r < 2ε, insbesondere r < 1. Wegen xjn ∈ Kε (x) folgt
K2r (xjn ) ⊆ K5ε (x) ⊆ U im Widerspruch zur Konstruktion.
Peter Lesky: Kompaktheit, Uni Stuttgart, 2009, Seite 4
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Literatur
Klaus Jänich: Topologie, 8. Aufl., 1. korr. Nachdr., Berlin; Heidelberg [u.a.]: Springer, 2006
Lynn A. Steen; J. Arthur Seebach: Counterexamples in topology, New York: Holt, Rinehart & Winston, 1970
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