Spektroskopie Einleitung Die Spektroskopie ist der Überbegriff zu all jenen experimentellen Nachweisverfahren, die auf dem mathematischen Konzept einer Übertragungsfunktion basieren [1]. Die Grundelemente (in der Zeitdomäne) sind: 1. Eingabe (Quelle) 2. Übertragungsstrecke 3. Ausgabe (Senke) Für die Spektroskopie müssen zwei der drei Elemente bekannt sein. Aus Messungen am Gesamtsystem kann man dann auf Eigenschaften des unbekannten 3. Elements schlussfolgern und im besten Fall dieses eindeutig charakterisieren. Ein Beispiel dafür ist die optische Spektroskopie. Das Licht einer Lampe (Quelle) wird durch die Probe geleitet (Übertragungsstrecke) und mittels Detektor (Senke) registriert. Auch für technische Lösungen bietet der mathematische Ansatz eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten. Ein sehr einfaches Beispiel ist der verdrahtete Hochpass (bzw. Tiefpass) aus Widerstand und Kondensator. Eine Übertragungsstrecke mit einer Bandpasscharakteristik ist der Schlüssel zu alle drahtlosen Telekommunikationsverfahren bestehend aus Sender und Empfänger die durch eine Übertragungsstrecke voneinander getrennt sind. Wie oben angedeutet und aus der mathematischen Betrachtung leicht ableitbar kann man das Problem in der Zeitdomäne durch eine mathematische Transformation in die Frequenzdomäne überführen. Ohne dies weiter auszuführen ermöglicht dieser Ansatz einen neuen experimentellen Zugang zur Spektroskopie. Ein bekanntes Beispiel ist die Fouriertransformationsspektroskopie [2]. Optische Spektroskopie Darunter werden alle Nachweisverfahren zusammengefasst bei denen die Eingabe bzw. Quelle eine elektromagnetische Welle ist. Das gesamte elektromagnetische Spektrum lässt sich je nach dem Zweck der Beurteilung in Teilbereiche untergliedern. Allgemein bekannt ist die Unterscheidung zwischen sichtbarem (VISible)- ultraviolettem (UltraViolet) und infrarotem (InfraRed) Spektralbereich. Für die Beurteilung einer möglichen materialzerstörenden bzw. gesundheitsgefährdenden Wirkung wird zwischen Ionisierender und Nichtionisierender Strahlung unterschieden. In der Experimentalphysik unterscheidet man in der Regel einen „energetischen“ Bereich wo Lichtquanten bilanziert werden (Teilchenfluß, Intensität, ..) und einem „Feld“-Bereich in dem Amplituden bzw. Phasenlagen von elektrischen und magnetischen Feldern detektiert und interpretiert werden. Diese Unterscheidung ergibt sich schlicht aus den verfügbaren Möglichkeiten der Erzeugung (Quelle) bzw. des Nachweises (Senke). Wie in Abb. 1 zu sehen ist besteht zwischen diesen beiden Bereichen die Lücke der sogenannten Terahertz-Strahlung, die bis vor wenigen Jahren experimentell kaum zugänglich war weil sowohl geeignete Quellen als auch Detektoren nicht existierten. Wie in Abb. 2 erkennbar ist hat man zwischenzeitlich geeignete Quellen entwickelt die im wesentlichen auf Weiterentwicklungen bestehender technischer Lösungen von beiden Seiten des Spektrums basieren. Von der hochenergetischen Seite handelt es sich um thermische Strahler (Photonenemissiosquellen) die z.T. bei sehr niedrigen Temperaturen betrieben werden um die thermische Energie kBT<Ephoton zu halten. Von der niederenergetischen Seite des elektromagnetischen Spektrums werden bekannte Mikrowellenquellen wie etwa den Backwards Wave Oscillator [4] zu kürzeren Wellenlängen hin weiterentwickelt. Im Gegensatz zu den thermischen Strahlungsquellen werden hier durch geometrische Maßnahmen die Laufzeiten von Ladungsträgern in einem Resonator manipuliert. Beide Abbildungen sind Zitat [3] entnommen. Abbildung 2: Vergleich verschiedener Lichtquellen zur Erzeugung von Terahertzstrahlung Abbildung 1: Das Elektromagnetische Spektrum zur Anwendung in der Spektroskopie Transmissions- bzw. Reflexionsspektroskopie im UV-VIS-NIR Die Elemente die notwendig sind um das Reflexions- bzw. Transmissionsvermögen (R bzw. T) einer Probe als Funktion der Wellenlänge des Lichts zu bestimmen sind in Abb. 3 gezeigt. Fast immer wird eine polychrome, “weiße” Lichtquelle mit einer spektralen Verteilung innerhalb des interessierenden Wellenlängenbereichs verwendet. Das emittierte Licht wird durch eine geeignete Anordnung geleitet um eine selektive Zuordnung der am Detektor gemessenen Intensität treffen zu können. Die Anordnung kann aus optischen Bandpass – Filtern bestehen, aus Prismen eines geeigneten Materials oder aus einer periodischen Linienanordnung definierter Dimension (=optisches Gitter). Bei diesen Elementen wird aus dem gesamten Spektralbereich der Lichtquelle sequentiell ein Teilbereich ausgefiltert und die Intensität am Detektor gemessen und registriert. Bei dem Verfahren der Fouriertransformationsspektroskopie wird das gesamte Lampenspektrum (“weißes Licht”) in einem Michelson Interferometer in zwei Teilstrahlen geteilt und zur Intereferenz gebracht. Der Detektor mißt die Intensität des Interferenzsignals das zwischen Auslöschung und Superposition der beiden Teilstrahlintensitäten variieren kann. Um mit diesem Prinzip einen Wellenlängenbereich zu erfassen wird ein Spiegel des Interferometers mit einer konstanten Geschwindigkeit in Richtung des reflektierten Strahls verschoben. Damit ändern sich die Interferenzbedingungen mit der Spiegelposition und man erhält ein Interferenzmuster als Funktion der Position des bewegten Spiegels. Daraus kann durch mathematische Operationen die Intensität als Funktion der Wellenlänge ermittelt werden. Siehe dazu Anhang A oder Ref. 1. Bei allen Verfahren ist das registrierte Signal gegeben durch die Verknüpfung der in der Regel unbekannten spektralen Eigenschaften von Lampe, wellenlängenselektivem Element und der wellenlängenabhängigen Empfindlichkeit des Detektors. D.h. wird eine Probe in den Strahlengang gebracht so kann man aus dem registrierten Signal zunächst keinerlei Rückschlüsse auf deren Transmissionsvermögen machen. Dazu ist eine Vergleichsmessung ohne Probe und die Annahme, daß sich die Meßbedingungen zwischen den beiden Messungen nicht geändert hat notwendig. Dieses Prinzip ist in Abb. 3 dargestellt. Vom Aufbau einfacher ist es den gesamten Spektralbereich zunächst für die Referenzmessung zu erfassen und anschließend die Messung mit eingebrachter Probe zu wiederholen. Bei dem “2 Strahlverfahren” werden die beiden Messungen praktisch zeitgleich bei einer Wellenlänge durchgeführt und danach die Wellenlänge verändert. Das Reflexionsvermögen wird vollkommen analog zum Transmissionsvermögen bestimmt wobei sich bei der Abbildung 3: Prinzip einer Transmssionsmessung Referenzmessung allerdings ein “bekannter” Spiegel im Strahlengang befindet. In unserem Beispiel war das Spektrometer ein 2 Strahlspektrometer der Fa. Perkin-Elmer (Modell 552). Der schematische Aufbau ist in Abb. 4 dargestellt. Eine Probe Wiener Leitungswassers wurde in einer Quarzküvette in den Strahlengang für die Probe eingebracht (roter Pfad in Abb. 4) und das Transmissionsspektrum im Wellenlängenbereich zwischen 190 nm und 900 nm registriert. Die Dicke der Wasserschicht in der Küvette betrug 1 cm. Abbildung 4: Schematischer Strahlengang im Spektrometer Perkin Elmer 552 Abbildung 5: Grundschwingungen eines Wassermoleküls in der flüssigen Phase [5] Wie aus Abb. 1 ablesbar eignet sich dieser Wellenlängenbereich um Molekülschwingungen zu detektieren. Die möglichen Grundschwingungen eines Wassermoleküls und deren Bezeichnung sind in Abb. 5 dargestellt. Jeder diese Grundschwingung ist eine Absorptionslinie im Spektrum zugeordnet. Außerdem gibt es eine Vielzahl von möglichen Kombinationen der Grundschwingungen. Laut [5] entsprechen den beiden strechmoden, n1, n3, und der bend mode, n2, folgende Energien des oszillierenden Systems: 0.4066 eV, 0.4321 eV und 0.2039 eV. D.h. Lichtquanten mit entsprechender Photonenenergie führen zu Anregungen der Oszillationen und werden absorbiert. Die drei angeführten Photonenenergien liegen allesamt im infrarotem Spektralbereich und sind mit unserem Spektrometer nicht erfassbar. Erlaubte Schwingungskombinationen erfordern allerdings die Zufuhr einer weit größeren Energie die durch die Absorption eines einzelnen Photons erzielt werden soll. Für den von uns erfassten Spektralbereich gibt Ref. [5] u.a. die Möglichkeit der Kombination An1+Bn3 für die Bedingungen A+B=4 und A,B 0 ganzzahlig. D.h. es gibt 5 Kombinationsmöglichkeiten um die Bedingung zu erfüllen deren jeweilige Summen der benötigten Energie leicht differieren. Die Ergebnisse der einzelnen Kombinationen ist in Tab. 1 zusammengefasst. Wertekombination für A und B Energie [eV] Korrespondierende Wellenlänge [nm] A=0, B=4 1.728 717 A=1, B=3 1.703 728 A=2, B=2 1.677 739 A=3, B=1 1.652 751 A=4, B=0 1.626 762 Experimentell ist dementsprechend keine scharfe Absorptionslinie sondern lediglich eine „unscharfe“ Abschwächung des Transmissionsvermögens im Bereich zwischen 720 nm und 760 nm zu erwarten Um den experiemtell ermittelten Verlauf des Transmissionsvermögens auf Extrema zu prüfen wurde die Meßdatenreihe numerisch differenziert und die Nullstellen ermittelt (siehe Abb. 6). Zu erkennen sind 2 Extrema bei 744 nm und 811 nm. Das erstgenannte korrespondiert sehr gut mit unseren Erwartungen. Das 2. Minimum im Transmissionsvermögen des Wassers entspricht der Molekülschwingungskombination An1+n2+Bn3 für A+B=3 [5]. Wenngleich der „Fingerprint“ des Wassers nur zu einem kleinen Teil aus der Messung identifieziert werden konnte ist das Ergebnis ein sehr starker Hinweis darauf, dass es sich tatsächlich um Wasser handelt. Gassensorik Ebenso wie das spektroskopische Transmissionsvermögen von Flüssigkeiten zur Analytik genutzt wird kann es auch dazu dienen Gase zu untersuchen. Vorrichtungen zur Kontrolle der Atemluft auf gesundheitsgefährdende Gase sind selbst im Haushalt weit verbreitet. Als einfaches Beispiel sei hier Abbildung 7: Schematischer Aufbau zur Bestimmung der CO2 Konzentration in der Umgebungsluft (Nach Ref [6]). der Abbildung 6: Numerische Ableitung der Datenreihe des Transmissionsvermögens als Funktion der Wellenlänge Abbildung 8: Illustration zum Meßprinzip des CO2 Nachweises in Luft (Nach Ref. [6]) Nachweis auf Kohlenstoffdioxid kurz dargestellt. Der Strahlengang einer breitbandigen infraroten Lichtquelle wird in zwei Zweige aufgeteilt gemeinsam durch das zu untersuchende Gas geleitet und von 2 Detektoren empfangen. Die beiden Detektoren sind baugleich und werden jeweils mit einem (Bandpass)-Filter abgedeckt (Abb. 7). Die beiden Signale der Detektoren sind zusammen mit der für CO2 typischen Absorptionslinie(n) dargestellt. Das Signal am „Proben“detektor (rot) wird je nach Konzentration des CO 2 mehr oder weniger stark abgeschwächt während das Signal des „Referenz“ detektors unbeeinflußt bleibt. Das Verhältnis der beiden Signale wird (nach einer Kalibration) als Konzentration des vorhandenen CO2 in der Luft interpretiert. Satellitenfernerkundung Auch in der Satellitenfernerkundung kommt die optische Spektroskopie für die Mehrzahl von umweltrelevanten Parametern zum Einsatz. Zur Beobachtung von Zuständen auf der Erdoberfläche wird im Unterschied von den beiden vorherigen Beispielen jedoch das reflektierte Sonnenlicht spektroskopisch erfasst und die Daten der jeweiligen Absicht entsprechend ausgewertet. Als einfaches Beispiel ist nachfolgend kurz skizziert: Bei seinem Überflug erfasst das Spektrometer des Satelliten (links oben in Abb. 9) gleichzeitig das in 4 Bereiche (Bänder) aufgeteilte reflektierte Licht. Die beiden Graphen in der rechten Bildhälfte zeigen den bekannten Zusammenhang des Reflexionsvermögens verschiedener Erdoberflächen (obere Darstellung) und das resultierende digitalisierte Signal der Detektoren (Band1 – Band4) des Spektrometers (untere Darstellung). Um die Vegetation zu beurteilen verwendet man den sogenannten Normalized Difference Vegetation Index der wie folgt definiert ist: NDVI=(Band4Band3)/(Band4+Band3). Ein beispielhaftes Ergebnis in Falschfarbendarstellung ist links unten gezeigt. Abbildung 9: Schematische Darstellung einer Satellitenfernerkundungsmission zur Bestimmung der Vegetation. Abschließende Bemerkung Neben der klassischen Transmissions- bzw. Reflexionsspektroskopie gibt es eine Reihe von weiteren optischen Spektroskopieverfahren, wie etwa die Lumineszensoder Fluoreszenzspektroskopie bei der das untersuchte Material selbst zum Leuchten angeregt wird. Auf dem eingangs erwähnten experimentellen Ansatz von „Quelle-Übertragungsstrecke-Senke“ basieren viele weitere spektroskopische Verfahren. Als Beispiel sei noch das Massenspektrometer erwähnt. Als Quelle dienen ionisierte Atome oder Moleküle. Sehr vereinfacht gesagt durchfliegen die Ionen das elektrische Feld eines Kondensators (Übertragungsstrecke). Je nach Geschwindigkeit bzw. Masse werden sie hierbei mehr oder weniger stark von ihrer Bahn zum Detektor (Senke) abgelenkt, sodaß letztlich nur wenige Ionen am Detektor auftreffen werden. Diese haben das gleiche Verhältnis von Ladungszahl zu Masse. Durch Variation des Kondensatorfeldes kann ich letztendlich die Zusammensetzung eines Ionengemisches bestimmen. Quellen: [1] i.e. http://de.slideshare.net/SaifUllah32/lecture-2-transferfunction [2] zum Prinzip des Fouriertransformationsspektrometers siehe z.B. http://ccnmtl.columbia.edu/draft/dbeeb/chem-udl/spectrometer.html [3] D. J. Paul, „Terahertz Research“, online unter http://userweb.eng.gla.ac.uk/douglas.paul/terahertz.html [4] Guillermo Antonio Oviedo Vela, „TERAHERTZ BACKWARD WAVE OSCILLATOR CIRCUITS“, Dissertation online unter http://content.lib.utah.edu/utils/getfile/collection/etd2/id/307/filename/629.pdf [5] Water Absorption Spectrum, online abrufbar unter http://www1.lsbu.ac.uk/water/water_vibrational_spectrum.html [6] Jane Hodgkinson, et. al., „Non-dispersive infra-red (NDIR) measurement of carbon dioxide at 4.2μm in a compact and optically efficient sensor“, Sensors and Actuators B: Chemical, 186, 2013, p. 580