Psychotherapie in der Psychiatrie

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Volker Arolt
Anette Kersting
(Hrsg.)
Psychotherapie in der Psychiatrie
Welche Störung behandelt man wie?
Volker Arolt
Anette Kersting
(Hrsg.)
Psychotherapie
in der Psychiatrie
Welche Störung behandelt man wie?
Mit 32 Abbildungen und 48 Tabellen
Prof. Dr. med. Volker Arolt
Prof. Dr. med. Anette Kersting
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Str. 11
48149 Münster
ISBN 978-3-540-32778-3
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York
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Planung: Renate Scheddin
Projektmanagement: Renate Schulz
Lektorat: Karin Dembowsky, München
Layout und Umschlaggestaltung: deblik Berlin
Satz: Fotosatz Karlheinz Detzner, Speyer
Druck: Stürtz GmbH, Würzburg
SPIN 10818586
Gedruckt auf säurefreiem Papier
2126 – 5 4 3 2 1 0
V
Vorwort
Die psychotherapeutische Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen gestaltet sich gerade bei
schwerer Kranken in der heutigen Versorgungsrealität oft anders, als es gängige Lehrbücher oder Kompendien
zu psychotherapeutischen Verfahren erwarten lassen. Es stellt eine besondere Herausforderung dar, unter den
gegenwärtigen Bedingungen der psychiatrischen Versorgung mit relativ wenig Zeit, knapper personeller Ausstattung und durchaus unterschiedlich gut geschulten Teams schwer und chronisch kranke Patienten richtig zu
behandeln. »Richtig«, das heißt: auf der Grundlage einer fundierten Ausbildung mit therapeutischer Erfahrung, Begabung, aber auch der nötigen Selbstkritik, für jeden Patienten das geeignete Verfahren zu finden. Das
bedeutet auch, die eigenen Grenzen erkennen zu lernen.
Das vorliegende Buch orientiert sich an den Realitäten der Versorgung von Menschen mit psychischen Störungen. Dabei haben wir uns um eine praxisnahe Darstellung der verschiedenen Krankheitsbilder und Themenbereiche bemüht, wobei die Autoren die empirische Fundierung der entsprechenden Vorgehensweisen
stets im Auge behalten und durch die aktuelle wissenschaftliche Literatur belegen.
Die Orientierung der Beiträge auf die klinische Praxis lässt verschiedentlich Lücken im Hinblick auf theoretische Fragen offen. Andererseits stellt dieses Buch auch kein Manual für bestimmte Therapieformen zur Verfügung. Beide Aspekte finden sich reichlich in der Spezialliteratur vertreten, auf die jeweils hingewiesen wird
und die natürlich auch einem entsprechend intensiven Studium unterzogen werden sollte.
Autoren und Herausgeber dieses Werks würden sich freuen, wenn es von angehenden und praktizierenden
Psychotherapeuten zum Nutzen unserer Patienten eingesetzt würde und wenn es zur Stärkung einer psychotherapeutischen Position dienen könnte, die aufrechtzuerhalten unter zunehmenden ökonomischen Zwängen
in Zukunft nicht einfach sein wird.
Volker Arolt
Anette Kersting
Münster, im Herbst 2009
VII
Inhaltsverzeichnis
I
13 Psychotherapie somatoformer
Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
Carl Eduard Scheidt
Grundlagen und Anwendung
der Therapieverfahren
14 Dissoziative Störungen . . . . . . . . . . . . 313
Ursula Gast und Sabine Drebes
1 Grundlagen der psychodynamischen
Therapieverfahren . . . . . . . . . . . . . . .
Hermann Staats
3
2 Grundlagen der kognitiven
Verhaltenstherapie . . . . . . . . . . . . . . .
Fred Rist, Michael Witthöft und Josef Bailer
45
3 Grundlagen der systemischen Therapie . .
Jochen Schweitzer und Julika Zwack
4 Möglichkeiten und Grenzen
einer integrativen Psychotherapie . . . . .
Matthias Backenstraß und Christoph Mundt
75
16 Sucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
Clemens Veltrup
17 Störungen der Sexualität
und der Geschlechtsidentität . . . . . . . . 371
Hertha Richter-Appelt
97
5 Ergänzende Therapieverfahren
in der Psychiatrie . . . . . . . . . . . . . . . . 111
Klaus Schonauer
6 Psychoedukative Therapie . . . . . . . . . . 121
Josef Bäuml
II
15 Traumatische Störungen . . . . . . . . . . . 335
Guido Flatten
Spezielle Psychotherapie
in der Psychiatrie
7 Psychotherapie depressiver
Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Volker Arolt und Ute Wesselmann
III Psychotherapie
in unterschiedlichen Settings
18 Stationäre integrative Psychotherapie . . 387
Manfred E. Beutel und Claudia Subic-Wrana
19 Tagesklinische Behandlung . . . . . . . . . 405
Joachim Küchenhoff
20 Ambulante Psychotherapie
und Antragsverfahren . . . . . . . . . . . . . 417
Uta-Susan Donges
21 Psychotherapie im psychiatrischen
Konsiliardienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429
Samuel Elstner, Holger Gläser
und Albert Diefenbacher
8 Schizophrenie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
Günter Lempa
9 Psychotherapeutische Behandlung
von Persönlichkeitsstörungen . . . . . . . . 177
Gerhard Dammann
10 Angsterkrankungen . . . . . . . . . . . . . . 215
Markus Bassler
11 Essstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
Anette Kersting, Cornelia Roestel
und Christiane Gerwing
12 Störungsspezifische Psychotherapie
der Zwangserkrankung . . . . . . . . . . . . 269
Ulrich Voderholzer und Anne Katrin Külz
IV Spezifische Problemkonstellationen
22 Krisenintervention und Suizidprävention
Manfred Wolfersdorf, Michael Purucker
und Christoph Franke
443
23 Die Bewältigung von Verlusten – normale
und pathologische Trauerprozesse . . . . . 467
Anette Kersting
24 Psychotherapie von mütterlichen
Erkrankungen im Zusammenhang
mit Schwangerschaft und Geburt . . . . . 479
Christiane Hornstein
und Patricia Traumann-Villalba
VIII
Inhaltsverzeichnis
25 Psychotherapie im Alter . . . . . . . . . . . . 497
Meinolf Peters
26 Psychotherapie
in der medizinischen Rehabilitation . . . . 519
Michael Linden
27 Psychotherapie unter den Bedingungen
einer zwangsweisen Unterbringung . . . . 531
Matthias Rothermundt
28 Psychotherapie
in der forensischen Psychiatrie . . . . . . . 539
Norbert Leygraf
29 Psychopharmakotherapie
in der Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . 555
Peter Zwanzger und Julia Diemer
30 Neurobiologische Grundlagen
von Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . . 563
Thomas Suslow und Volker Arolt
31 Die Bedeutung der Ethik
in der Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . 577
Christian Reimer
32 Operationalisierte Diagnostik
in der Psychotherapie . . . . . . . . . . . . . 585
Harald J. Freyberger
33 Testdiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595
Thomas Suslow
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 609
IX
Autorenverzeichnis
Arolt, Volker, Prof. Dr.
Dammann, Gerhard, Dr. med. Dipl.-Psych.
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
und Psychotherapie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Straße 11
48149 Münster
[email protected]
Psychiatrische Klinik Münsterlingen
Postfach 154
8596 Münsterlingen, Schweiz
[email protected]
Backenstraß, Matthias, Priv.-Doz. Dr. phil.
Dipl.-Psych.
Klinik für Allgemeine Psychiatrie
Zentrum für Psychosoziale Medizin
Universitätsklinikum Heidelberg
Voß-Straße 4
69115 Heidelberg
[email protected]
Bailer, Josef, Prof. Dr.
Abteilung Klinische Psychologie
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
J5
68159 Mannheim
[email protected]
Bassler, Markus, Priv.-Doz. Dr.
Klinik Carolabad
Riedstraße 32
09117 Chemnitz
[email protected]
Bäuml, Josef, Prof. Dr.
Psychiatrische Klinik und Poliklinik
Technische Universität München
Ismaninger Straße 22
81675 München
[email protected]
Beutel, Manfred E., Prof. Dr.
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin
und Psychotherapie
Klinikum der Johannes Gutenberg Universität
Untere Zahlbacher Straße 8
55131 Mainz
[email protected]
Diefenbacher, Albert, Prof. Dr.
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth
Herzberge
Herzbergstraße 79
10365 Berlin
[email protected]
Diemer, Julia, Dipl.-Psych.
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
und Psychotherapie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Straße 11
48149 Münster
[email protected]
Donges, Uta-Susann, Dr.
Blickallee 27–29
48329 Havixbeck
[email protected]
Drebes, Sabine, Dipl.-Psych.
Lange Straße 53
33613 Bielefeld
[email protected]
Elstner, Samuel, Dr.
Abteilung für Psychiatrie
und Psychotherapie
Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth
Herzberge
Herzbergstraße 79
10365 Berlin
[email protected]
Flatten, Guido, Priv.-Doz. Dr.
Euregio-Institut für Psychosomatik
und Psychotraumatologie
Annastraße 58–60
52062 Aachen
[email protected]
X
Autorenverzeichnis
Franke, Christoph, Dr.
Küchenhoff, Joachim, Prof. Dr.
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie
und Psychosomatik
Bezirkskrankenhaus Bayreuth
Am Nordring 2
95445 Bayreuth
christoph.franke@bezirks
krankenhaus-bayreuth.de
Kantonale Psychiatrische Klinik
Bienentalstraße 7
4410 Liestal, Schweiz
[email protected]
Freyberger, Harald J., Prof. Dr.
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
und Psychotherapie der Universität Greifswald
Postfach 2341
18410 Stralsund
[email protected]
Külz, Anne Katrin, Dr.
Universitätsklinikum Freiburg
Hauptstraße 5
79104 Freiburg i. Breisgau
[email protected]
Lempa, Günter, Dr.
Marktstraße 15
80802 München
[email protected]
Gast, Ursula, Priv.-Doz. Dr.
Heidelücker Weg 9
24875 Dammholm Havetoftloit
[email protected]
Gerwing, Christiane, Dr.
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Straße 11
48149 Münster
[email protected]
Leygraf, Norbert, Prof. Dr.
Institut für Forensische Psychiatrie
der Universität Duisburg-Essen
Virchowstraße 174
45147 Essen
[email protected]
Linden, Michael E., Prof. Dr.
Lenbachstraße 7A
10245 Berlin
[email protected]
Abteilung Verhaltenstherapie
und Psychosomatik
Rehabilitationsklinik Seehof
der BfA
Lichterfelder Allee 55
14513 Teltow
[email protected]
Hornstein, Christiane, Dr.
Mundt, Christoph, Prof. Dr.
Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie I
Psychiatrisches Zentrum Nordbaden
Heidelberger Straße 1a
69155 Wiesloch
[email protected]
Klinik für Allgemeine Psychiatrie
Zentrum für Psychosoziale Medizin
Universitätsklinikum Heidelberg
Voß-Straße 4
69115 Heidelberg
[email protected]
Gläser, Holger, Dr.
Kersting, Anette, Prof. Dr.
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Straße 11
48149 Münster
[email protected]
Adresse ab 2010:
Klinik und Poliklinik für Psychotherapie
und Psychosomatische Medizin
Universitätsklinikum Leipzig
Semmelweisstraße 10
04103 Leipzig
Peters, Meinolf, Dr.
Schwanallee 48a
35037 Marburg
[email protected]
XI
Autorenverzeichnis
Purucker, Michael, Dr.
Scheidt, Carl-Eduard, Prof. Dr. Dr.
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie
und Psychosomatik
Bezirkskrankenhaus Bayreuth
Am Nordring 2
95445 Bayreuth
[email protected]
Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik
Universitätsklinikum Freiburg
Hauptstraße 5
79104 Freiburg i. Breisgau
[email protected]
Schonauer, Klaus, Prof. Dr. Dr.
Reimer, Christian, Prof. Dr.
Wiesbadener Akademie
für Psychotherapie
Luisenstraße 28
65185 Wiesbaden
[email protected]
Richter-Appelt, Hertha, Prof. Dr.
Institut und Poliklinik
für Sexualforschung
Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg
[email protected]
Rist, Friedebald, Prof. Dr.
Psychologisches Institut I
Psychologische Diagnostik
und Klinische Psychologie
Fliednerstraße 21
48149 Münster
[email protected]
Roestel, Cornelia, Dr.
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
und Psychotherapie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Straße 11
48149 Münster
[email protected]
Rothermundt, Matthias, Priv.-Doz. Dr.
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
und Psychotherapie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Straße 11
48149 Münster
[email protected]
Mainaustraße 45
78464 Konstanz
[email protected]
Schweitzer, Jochen, Prof. Dr. rer. soc.
Institut für Medizinische Psychologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Bergheimer Straße 20
69115 Heidelberg
[email protected]
Staats, Hermann, Prof. Dr.
Sigmund-Freud Stiftungsprofessur für psychoanalytisch orientierte Entwicklungspsychologie
an der FH Potsdam
Friedrich-Ebert Straße 4
14467 Potsdam
[email protected]
Subic-Wrana, Claudia, Dr.
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin
und Psychotherapie
Klinikum der Johannes Gutenberg Universität
Untere Zahlbacher Straße 8
55131 Mainz
[email protected]
Suslow, Thomas, Prof. Dr.
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
und Psychotherapie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Straße 11
48149 Münster
[email protected]
Trautmann-Villalba, Patricia, Dr.
Psychiatrisches Zentrum Nordbaden
Heidelberger Straße 1a
69155 Wiesloch
[email protected]
XII
Autorenverzeichnis
Veltrup, Clemens, Dr.
Wolfersdorf, Manfred, Prof. Dr.
AHG Klinik Holstein
Weidenweg 9–15
23562 Lübeck
[email protected]
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie
und Psychosomatik
Bezirkskrankenhaus Bayreuth
Am Nordring 2
95445 Bayreuth
[email protected]
Voderholzer, Ulrich, Prof. Dr.
Universitätsklinikum Freiburg
Hauptstraße 5
79104 Freiburg i. Breisgau
[email protected]
Wesselmann, Ute, Dr.
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
und Psychotherapie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Straße 11
48149 Münster
[email protected]
Witthöft, Michael, Dr.
Psychologisches Institut
Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie
Universität Mainz
Wallstraße 3
55122 Mainz
[email protected]
Zwack, Julika, Dr.
Institut für Medizinische Psychologie
Zentrum für Psychosoziale Medizin
Universitätsklinikum Heidelberg
Bergheimer Straße 20
69115 Heidelberg
[email protected]
Zwanzger, Peter, Prof. Dr.
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie
und Psychotherapie
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Straße 11
48149 Münster
[email protected]
XIII
Abkürzungen
A
AAS
ACC
ACTH
ADS
AKL
AKV
AMDP
AN
ANP
APA
AT
ATI-Forschung
Adult Attachment Scale
Anteriorer zingulärer Kortex
Adrenokortikotropes Hormon
Allgemeine Depressions-Skala
Arbeitskreise Leben
Fragebogen zu körperbezogenen Ängsten, Kognitionen und Vermeidung
Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie
Anorexia nervosa
»Anscheinend normaler« Persönlichkeitsanteil (apparently normal)
American Psychiatric Association
Autogenes Training
Aptitude Treatment Interaction Model
B
BAS
BDI
BES
BF
BFTB
BinFB
BIS
BMGS
BMI
BN
BOLD
BPI
BPO
BPRS
BPS
BRMAS
BRMS
BSI
Behavioral approach oder activation system
Beck-Depressions-Inventar
Binge-Eating-Störung
Befindlichkeitsfragebogen
Bonner Fragebogen für Therapie und Beratung
Bindungsfragebogen für Partnerschaften
Behavioral inhibition system
Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung
Body-Mass-Index
Bulimia nervosa
Blood oxygenation level-dependent
Borderline-Persönlichkeits-Inventar
Borderline-Persönlichkeitsorganisation
Brief Psychiatric Rating Scale
Borderline-Persönlichkeitsstörung
Bech-Rafaelsen-Manie-Skala
Bech-Rafaelsen-Melancholie-Skala
Brief Symptom Inventory
C
CBASP
CGI
CIPS
CPA
CR
CRF
CS
Chronic Behavioral Analysis System of Psychotherapy
Clinical Global Impression
Collegium Internationale Psychiatriae Scalarum
Cyproteronacetat
Konditionierte Reaktion
Kortikotropin-Releasing-Faktor
Konditionierter Reiz
D
DAS
DBT
DESNOS
DFS
DGPE
DGPM
DGPPN
DGS
DGSF
DGWFB
DIA-DSQ
DIMDI
DIPS
DIS
Skala dysfunktionaler Einstellungen
Dialektisch-behaviorale Therapie
Disorder of extreme stress not otherwise specified
Defense Functioning Scale
Deutsche Gesellschaft für Psychoedukation
Deutsche Gesellschaft für Psychotherapeutische Medizin
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde
Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention
Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie
Düsseldorfer Gruppenwirkfaktorenfragebogen
Screening-Fragebogen für Depressionen des DIA-X
Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information
Diagnostisches Interview bei Psychischen Störungen
Dissoziative Identitätsstörung
XIV
Abkürzungen
E
EDI-2
EDNOS
EE
EMDR
EP
ESI
ET
Eating Disorder Inventory-2
Eating disorders not otherwise specified (nicht näher bezeichnete Essstörungen)
Expressed emotions
Eye movement desensitation and reprocessing
»Emotionaler« Persönlichkeitsanteil
Eppendorfer Schizophrenie-Inventar
Expositionstherapie
F
FACES
FAG
FAST
FB
FBL-R
FBS
FDS
FFT
fMRT
FSH
Family Adaptability and Cohesion Scales
Fragebogen Positiver und Negativer Automatischer Gedanken
Familien-System-Test
Die Familienbögen
Freiburger Beschwerdenliste
Frankfurter Befindlichkeitsskala für schizophren Erkrankte
Fragebogen für dissoziative Symptome
Familienfokussierte Therapie
Funktionelle Magnetresonanztomografie
Follikelstimulierendes Hormon
G
GAF
GAMOA
GARF
GAS
GAS
GBB
GEB
GKV
GnRH
GOÄ
GOP
GSI
Global Assessment of Functioning Scale
Gruppentherapie zur Abstinenz- und Motivationsstärkung bei opiatabhängigen Patienten
Global Assessment of Relational Functioning Scale
Generalisierte Angststörung
Goal-Attainment-Scaling
Gießener Beschwerdebogen
Gruppenerfahrungsbogen
Gesetzliche Krankenversicherung
Gonadotropin-Releasing-Hormon
Gebührenordnung für Ärzte
Gebührenordnung für Psychotherapeuten
Index der globalen Schwere
H
HAMA
HAMD
5-HT
5-HTT
Hamilton Angst-Skala
Hamilton Depressions-Skala
Serotonin
Serotonintransporter
I
ICF
ICG
IDCL
IDÜ
IIP-D
IPSRT
IPT
IRENA
ISSD
Internationale Klassifikation der Funktionsbeeinträchtigung, Behinderung und Gesundheit
Inventory of Complicated Grief
Internationale Diagnosen-Checklisten für ICD-10
Interpersonelle Diskriminationsübung
Inventar zur Erfassung interpersonaler Probleme
Interpersonelle und soziale Rhythmustherapie
Interpersonelle Psychotherapie
Intensivierte Rehabilitationsnachsorge
International Society for the Study of Dissociation
K
KAPP
KBT
KBV
KSE
KV
KVT
Karolinska Psychodynamic Profile
Konzentrative Bewegungstherapie
Kassenärztliche Bundesvereinigung
Kölner Skala zur Messung von Einsamkeit
Kassenärztliche Vereinigungen
Kognitive Verhaltenstherapie
XV
Abkürzungen
L
LAST
LH
LHRH
Lübecker Alkoholismus-Screening-Test
Luteinisierendes Hormon
Luteinisierendes-Hormon-Releasing-Hormon
M
MADRS
MBT
MDBF
MDE
MEF
MI
MKE
MMS
MUS
Montgomery-Asberg Depression Scale
Mentalisierungsbasierte Psychotherapie
Mehrdimensionaler Befindlichkeitsfragebogen
Majore depressive Episode
Multidimensionaler Einsamkeitsfragebogen
Motivierende Gesprächsführung (motivational interviewing)
Mutter-Kind-Einheiten
Mini-Mental-State
Medically unexplained symptoms
N
NNBDS
Nicht näher bezeichnete dissoziative Störung
O
OPD
Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik
P
PANAS
PANSS
PCL-R
PDP
PDT
PEGASUS
PEGPAK
PET
PIA
PME
PS
PSSI
Psy-BaDo
PsychKG
PTBS
PTK
Positive and Negative Affect Schedule
Positive and Negative Syndrome Scale
Psychopathy-Checkliste
Psychodynamische Kurzzeittherapien
Psychodynamische Therapie
Psychoedukative Gruppenarbeit mit schizophren und schizoaffektiv Erkrankten
Psychoedukative Gruppenprogramm bei problematischem Alkoholkonsum
Positronenemissionstomografie
Psychiatrische Institutsambulanz
Progressive Muskelentspannung
Persönlichkeitsstörung
Persönlichkeitsstil-und-Störungs-Inventar
Standardisierte Basisdokumentation der psychosomatischen Fachgesellschaften
Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten, Psychisch-Kranken-Gesetz
Posttraumatische Belastungsstörung
Psychotherapeutische Tagesklinik Basel
R
R&R
RCT
Reasoning and Rehabilitation Program
Randomized controlled trials
S
SANS
SAPS
SASB
SCL
SEPI
SESA
SET
SG
SGB
SIAB-S
SIDAM
SKID-D
SKT
SNRI
SOFAS
SORKC
SPAI
Scale for the Assessment of Negative Symptoms
Scale for the Assessment of Positive Symptoms
Strukturanalyse sozialer Beziehungen
Symptomcheckliste
Society for the Exploration of Psychotherapy Integration
Skala zur Erfassung der Schwere einer Alkoholabhängigkeit
Supportiv-expressive psychodynamische Therapie
Systemische Gesellschaft
Sozialgesetzbuch
Strukturiertes Inventar für Anorektische und Bulimische Essstörungen
Strukturiertes Interview für die Diagnose einer Demenz vom Alzheimer-Typ, der Multiinfarkt(oder vaskulären) Demenz und Demenzen anderer Ätiologie nach DSM-III-R, DSM-IV und ICD-10
Strukturiertes Klinisches Interview für Dissoziative Störungen
Soziales Kompetenztraining
Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
Social and Occupational Functioning Assessment Scale
Stimulus-Organismus-Reaktion-Kontingenz-Consequenz
Soziale Phobie und Angst-Inventar
XVI
Abkürzungen
SPDi
SPECT
SSRI
STAI
STEP
STH
STS
SYMPA
Sozialpsychiatrische Dienste
Single-Photon-Emissions-Computertomografie
Selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer
State-Trait-Angstinventar
Stundenbogen für die Allgemeine und Differentielle Einzel-Psychotherapie
Somatotropes Hormon
Systematic Treatment Selection
Systemtherapeutische Methoden in der psychiatrischen Akutversorgung
T
TAS-26
TFP
TIQAAM
TS
TZS
Toronto-Alexithymie-Skala 26
Übertragungsfokussierte Psychotherapie
Integrierte Qualifizierte Akutbehandlung bei Alkohol- und Medikamentenproblemen
Telefonseelsorge
Therapiezentrum für Suizidgefährdete
U
UCR
UCS
Unkonditionierte Furchtreaktionen
Unkonditionierte aversive Reize
V
VEDIA
VEV
Verhaltens-Einzelpsychotherapie von Depressionen im Alter
Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens
W
WHO
Weltgesundheitsorganisation
Y
Y-BOCS
Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale
Z
ZBKT
Zentrales Beziehungskonfliktthema
1
Grundlagen und Anwendung
der Therapieverfahren
Kapitel 1
Grundlagen der psychodynamischen Therapieverfahren – 3
Hermann Staats
Kapitel 2
Grundlagen der kognitiven Verhaltenstherapie – 45
Fred Rist, Michael Witthöft und Josef Bailer
Kapitel 3
Grundlagen der systemischen Therapie – 75
Jochen Schweitzer und Julika Zwack
Kapitel 4
Möglichkeiten und Grenzen
einer integrativen Psychotherapie – 97
Matthias Backenstraß und Christoph Mundt
Kapitel 5
Ergänzende Therapieverfahren in der Psychiatrie – 111
Klaus Schonauer
Kapitel 6
Psychoedukative Therapie – 121
Josef Bäuml
I
3
Grundlagen der psychodynamischen
Therapieverfahren
Hermann Staats
1.1
Überblick – 4
1.2
Theoretische Grundlagen – 4
1.2.1
1.2.2
1.2.3
Warum psychodynamische Therapien in der Psychiatrie? – 4
Abgrenzungen: Psychodynamische Psychotherapie in der Psychiatrie
und andere Arbeitsfelder – 5
Konzepte – 7
1.3
Techniken der Anamneseerhebung – 23
1.3.1
1.3.2
1.3.3
Vorgehen im Erstgespräch – 24
»Inszenierungen« – die innere Welt und ihre interpersonalen Auswirkungen – 27
Beschreibung und Dokumentation von Diagnostik – 27
1.4
Behandlungsziele – 28
1.5
Behandlungstechniken – 30
1.5.1
1.5.2
1.5.3
1.5.4
1.5.5
Wirkfaktoren psychodynamischer Therapien – 30
Wirkfaktoren umsetzen – 31
Die »Haltung« eines psychodynamischen Therapeuten – 33
Psychotherapie in unterschiedlichen psychiatrischen Settings – 34
Gegenübertragungen nutzen – 36
1.6
Indikationen und Kontraindikationen – 37
1.7
Risiken der Therapie – 39
1.7.1
1.7.2
1.7.3
1.7.4
1.7.5
Risiken für Patienten – 39
Risiken für das Umfeld – 40
Risiken für Therapeuten – 40
Das Ende einer Behandlung – 40
Verantwortung und das Umgehen mit Schuld – 41
Literatur – 42
1
1
4
Kapitel 1 · Grundlagen der psychodynamischen Therapieverfahren
> >
» … vielleicht gelingt es im einfachen
Gespräche. «
(Freud u. Breuer 1895)
1.1
Überblick
Das Kapitel beginnt mit den Eigenheiten psychodynamischer Therapieverfahren, die sie für eine Arbeit in der
Psychiatrie besonders geeignet erscheinen lassen. Warum
psychodynamische Therapien in der Psychiatrie? Trotz
der Einführung des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie hat sich die Kluft zwischen einem beschreibend
kategorisierenden Ansatz und einen ätiopathogenetisch
verstehenden – hier psychodynamischen – Denken eher
vertieft. Psychodynamische Psychotherapien sind kein
selbstverständlicher Teil psychiatrischen Handelns mehr.
Die Konzepte psychodynamischer Verfahren – das
Unbewusste, Konflikte und Strukturen, Übertragungen,
Abwehrmechanismen u. a. – werden an klinischen Beispielen und Alltagsphänomenen eingeführt und auf die
besonderen Bedingungen der Arbeit in der Psychiatrie bezogen. Die verschiedenen psychologischen Modelle, die in
psychodynamischen Therapien verwendet werden – Triebtheorie, Ich-Psychologie, Objektbeziehungstheorie, Selbstpsychologie und Bindungstheorie – sollen ihre jeweiligen
Vorzüge ins Spiel bringen können und sich in ihren Beiträgen zu einem Verständnis von Patienten ergänzen.
Anamnese und Diagnostik werden mit Beispielen und
Hinweisen für die Praxis der Arbeit in der Psychiatrie beschrieben. Erfahrungen an verschiedenen Kliniken und
als Supervisor gehen in diesen und die folgenden Abschnitte ein. Die therapeutische Beziehung und Techniken, sie gezielt zu nutzen, stehen im Vordergrund; dabei
wird auf unterschiedliche Settings eingegangen, in denen
Psychotherapie in der Psychiatrie stattfindet. Fragen zur
vorhandenen Zeit für eine Psychotherapie und zu Besonderheiten der jeweiligen Settings in der Psychiatrie spielen
auch in den Abschnitten Indikationen und Risiken der
Behandlung eine große Rolle. Das Kapitel ist in sich geschlossen lesbar, regt aber an manchen Stellen auch zum
Weiterlesen in anderen Büchern an.
1.2
Theoretische Grundlagen
1.2.1
Warum psychodynamische
Therapien in der Psychiatrie?
Fallbeispiel 1: »Katharina«
Ein Mann wird auf einer Schutzhütte in den Alpen von einer
jungen Frau angesprochen, die dort bedient. Sie hat im
Gästebuch gelesen, dass es sich bei dem Besucher um einen Arzt handelt. Mit der Hoffnung, von ihm Hilfe zu bekommen, schildert sie ihm ihre Angst und deren körperliche Ausdrucksformen. Der junge Arzt, Sigmund Freud,
spricht mit ihr. Detektivisch löst er ihren Fall und veröffentlicht die aus dieser Begegnung entstehende Fallgeschichte
später unter dem Titel »Katharina«.
Die kurze Geschichte dieser Begegnung (7 Fallbeispiel
»Katharina«) wird oft genutzt, um erste theoretische Grundlagen psychodynamischen Denkens zu beschreiben:
4 die Annahme von Kausalität in den Erzählungen eines
Menschen,
4 die Hypothese, dass aktuelle Symptome mit der Verarbeitung vergangener Erfahrungen zusammenhängen,
4 das Konzept des Unbewussten – eines Wissens, auf das
Menschen nicht aktiv zugreifen können,
4 das Erleben von Widerstand gegen ein Erinnern
schmerzhafter oder schambesetzter Erfahrungen,
4 die Unterscheidung von primärem und sekundärem
Krankheitsgewinn,
4 die Idee, dass Patienten in einem »freien Assoziieren«
gerade das einfallen wird, was zur Aufklärung der sie
aktuell beschäftigenden Situation notwendig ist. Diese
Entdeckung ermöglicht gemeinsam mit dem Konzept
des Unbewussten ein erstes Umgehen mit Widerstand
und, noch nicht explizit, die Bedeutung von Übertragungen und der Reinszenierung von Erfahrungen in
therapeutisch wirksamen Begegnungen.
Als theoretische Grundlagen psychodynamischer Therapien sind diese Konzepte wiederholt überarbeitet und erweitert worden. Sie sind vielfach in das Allgemeinwissen
eingegangen und nicht mehr auf therapeutisches Fachwissen beschränkt. In ihrer Bedeutung für ein Verstehen von
Patienten in der Psychiatrie werden sie auf den folgenden
Seiten dargestellt.
Die Fallgeschichte »Katharina« hat aber neben ihrem
didaktischen und literarischen Wert noch einen weiteren
interessanten Aspekt: Freuds saloppe Äußerung, dass er
die Hypnose, mit der er damals noch arbeitete, »zwar
nicht … in diese Höhen zu verpflanzen« wage, und seine
Hoffnung, »vielleicht gelingt es im einfachen Gespräche«.
5
1.2 · Theoretische Grundlagen
Einfaches Gespräch und therapeutische Intervention
gehen hier ineinander über. Die große äußere Ähnlichkeit
zwischen einem guten Gespräch und einer gelungenen
therapeutischen Intervention macht psychodynamisches
Denken in der Psychiatrie so vielseitig und flexibel einsetzbar. Anders als spezifische Techniken oder manualisierte therapeutische Module können psychodynamische
Konzepte mit Gewinn im Aufnahmegespräch eines Patienten, den Visitengesprächen, Einzel-, Gruppen- und Angehörigengesprächen zwanglos angewendet werden. Sie
bieten damit eine reflektierte und konzeptuell begründete
Umgehensweise mit dem Wort – oder, anders formuliert,
mit der Beziehung. Worte und die maßgeblich mit ihnen
gestaltete Beziehung zwischen Patient und Arzt oder Therapeut sind das wesentliche Handwerkszeug in der Psychotherapie und in wesentlichen Bereichen der Medizin.
Michael Balint hat diesen Beziehungsaspekt mit der Formulierung vom »Arzt als Medizin« pointiert dargestellt.
In der stationären psychiatrischen Behandlung eines
Patienten durch mehrere Therapeuten bietet psychodynamisches Denken darüber hinaus eine Möglichkeit, die unterschiedlichen medizinischen und therapeutischen Interventionen und die verschiedenen beteiligten Berufsgruppen in der gemeinsamen Arbeit an einem für jeden
Patienten individuellen »Fokus« zu integrieren.
Neben einem solchen, die verschiedenen Bereiche der
Arbeit mit einem Patienten durchziehenden Konzept wird
Psychotherapie stationär auch als ein zusätzliches, eine biologische oder sozialpsychiatrische Behandlung ergänzendes
»Behandlungsmodul« eingesetzt. Psychotherapie ist in dieser Funktion meist störungsspezifisch ausgerichtet. Kurze,
operationalisierte psychodynamische Interventionen sind
hier entwickelt worden (z. B. Barber u. Crits-Christoph
1995, Streeck u. Leichsenring 2009) und zeigen gute Ergebnisse. In der Regel werden in der Psychiatrie aber »additive« Module mit psychoedukativem, verhaltensmedizinischem oder suggestivem Hintergrund eingesetzt.
Psychodynamische Psychotherapie hat daher in der
Psychiatrie unterschiedliche Funktionen. Sie kann sich
zeigen als:
4 eine implizite Grundlage für Interventionen, die immer auch deren subjektive Bedeutung für den Patienten und für seine Beziehung zum Arzt oder Therapeuten mit berücksichtigen. Hier wird sie als Haltung
erkennbar und ist allgemeiner Teil eines Gesamtbehandlungsplans, der systemische und verhaltenstherapeutische Vorgehensweisen, Medikamente oder sozialpsychiatrische Interventionen einschließen kann.
Die »Psychotherapeutisierung psychiatrischen Handelns« zeigt sich dann in einem differenzierten und
theoretisch begründeten Umgang mit dem Wort, mit
der Beziehung zum Patienten. Diese Art des Verste-
1
hens und Intervenierens hat auch in vielen anderen
Bereichen der Medizin ihre Bedeutung.
4 eine Möglichkeit, besonders in einer stationären Behandlung unterschiedliche therapeutische Zugangswege in einen Gesamtbehandlungsplan zu integrieren.
Hier werden die unterschiedlichen therapeutischen
Modalitäten (Bewegungstherapie, Kunsttherapie, Morgenrunde, Visite, Einzelgespräche, Oberarztvisite, Angehörigengespräche etc.) auf einen für jeden Patienten
individuell erarbeiteten Fokus bezogen. Dieser Fokus
ist bei stationärer Therapie das Bindeglied innerhalb
der mehrdimensionalen Behandlung eines Patienten
durch unterschiedliche Berufsgruppen. Die Kohäsion
und professionelle Differenzierung innerhalb eines Behandlungsteams wird in der Praxis über die Zusammenarbeit am Fokus eines konkreten Patienten hergestellt und gesichert (Beispiele in Heigl-Evers et al. 1986:
Die Vierzigstundenwoche für Patienten).
4 eine additiv hinzukommende Behandlungsmodalität
(z. B. als Training bestimmter Ich-Funktionen oder als
Bearbeitung traumatischer Erfahrungen) für definierte Krankheitsbilder.
Für Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen kann
sich die Funktion von Psychotherapie dabei zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich darstellen. Psychotherapie kann in einem störungsarmen Intervall die
Hauptbehandlungsmethode sein und dann in Phasen einer akuten Erkrankung wieder als Haltung im Hintergrund von psychopharmakologischen und sozialpsychiatrischen Interventionen deutlich werden. Ein solcher
Wechsel in der Funktion von Psychotherapie kann in den
psychodynamischen Therapieverfahren vollzogen werden, ohne dass es zu einem Abbruch oder Wechsel von
Beziehungen zu kommen braucht. Arzt oder Therapeut
können sich mit ihren Interventionen auf die unterschiedlichen Bedürfnisse eines Patienten in unterschiedlichen
Phasen seiner Erkrankung einstellen.
1.2.2
Abgrenzungen: Psychodynamische
Psychotherapie in der Psychiatrie
und andere Arbeitsfelder
Angesichts des so deutlich individuell ausgerichteten Ansatzes psychodynamischer Therapien ist es schwer, die Besonderheiten psychodynamischer Therapien in der Psychiatrie und ihre Abgrenzung von Psychotherapie in anderen Arbeitsfeldern herauszustellen. Viele dieser Unterschiede sind graduell; auch eine Zuordnung über
Krankheitsbilder – Psychotherapie in der Psychiatrie als
eine Behandlungsform für bestimmte psychiatrische
6
1
Kapitel 1 · Grundlagen der psychodynamischen Therapieverfahren
Krankheiten – gelingt für die psychodynamischen Therapien schlecht. So können hier nur einige der Schwierigkeiten einer Abgrenzung aufgezeigt werden.
Psychotherapie in der Psychiatrie ist häufiger als in anderen Arbeitsfeldern Teil eines Gesamtbehandlungsplans. Sie ist schulenübergreifend oder sollte es sein. Psychodynamisch, systemisch, familien- und verhaltenstherapeutisch ausgebildete Therapeuten beeinflussen sich in
der Praxis gegenseitig und lernen voneinander. Bei manchen Patienten – allerdings seltener als gedacht – ermöglichen Medikamente erst einen psychotherapeutischen Zugang. Bei anderen Patienten kann Psychotherapie das Mittel sein, Patienten langfristig zu motivieren, ihre Medikamente regelmäßig einzunehmen und sich im Hinblick auf
notwendig werdende Änderungen der Dosierung sorgfältig selbst zu beobachten.
Mentzos (1991) hat psychodynamische Konzepte für
ein Verstehen von Patienten mit psychotischen Störungen
genutzt. Er grenzt sein Arbeitsgebiet auf die klassischen
psychiatrischen Störungen ein. Hier sind seine Modelle
diagnostisch und therapeutisch nutzbar. Mentzos beschreibt, wie mit einem Bemühen um individuelles Verstehen psychotischer Patienten immer zugleich eine Veränderung der ärztlichen Haltung verbunden ist. Er verwirft das Beschreiben von »Vulnerabilität« als alleinigem
Erklärungsansatz und erfasst die Art der Konfliktbewältigung und ihre interaktionellen Folgen. Mit diesem Ansatz
werden Regelkreise beschrieben, die Störungsmuster interpersonell und intrapsychisch aufrechterhalten.
Barber und Crits-Christoph (1995) beschreiben dagegen störungsspezifische manualisierte Therapieverfahren
mit psychodynamischem Hintergrund. In Anbetracht der
Geschichte psychodynamischer Ansätze in der Psychiatrie
der USA werden hier auch Störungen dargestellt, die in
Deutschland zum Bereich der psychotherapeutischen Medizin gehören und – psychotherapeutisch – in der Regel
von Ärzten für Psychosomatik und Psychotherapie oder
psychologischen Psychotherapeuten behandelt werden.
Psychodynamische Therapieverfahren werden heute einer
störungsspezifischen Zuordnung von Interventionen, wie
sie in der Psychiatrie üblich ist, oft gerecht. In den entwickelten Manualen bleibt dabei trotz des störungsspezifischen Ansatzes Platz für eine patientenspezifische Betrachtungsweise. Ein jeweils individuelles Thema der Behandlung wird z. B. über operationalisierte Methoden der
Erfassung von Übertragungen bestimmt. Dieses individuelle zentrale Thema wird dann Grundlage störungsspezifisch eingesetzter Interventionen. Auf diese Weise gelingt
eine Verbindung zwischen störungsspezifischem Ansatz
und dem patientenspezifischen Ideal, für jeden Patienten
die für ihn geeignete individuelle Form der Behandlung
neu zu erfinden.
Psychodynamische Therapieverfahren haben sich zu
einer bunten Familie entwickelt, mit zahlreichen mehr
oder weniger eigenständigen Behandlungsverfahren. Die
konzeptuellen und für die Behandlungspraxis wesentlichen Grundlagen sind am besten auf dem Hintergrund
einer Kenntnis psychoanalytischer Konzepte und Techniken zu verstehen. Die Techniken werden in der praktischen Arbeit in der Psychiatrie vielfach modifiziert. Die
mit ihnen verbundenen psychoanalytischen Konzepte
bleiben aber besonders im Hinblick auf ein Verstehen von
Patienten wirksam.
Dazu trägt die oben bereits erwähnte Haltung eines
psychodynamisch denkenden Psychiaters bei – als etwas Heilsames, das zwar individuell auf jeden Patienten
(und also nicht störungsspezifisch) zugeschnitten wird,
aber als Basisvariable (um dieses Element aus der Gesprächspsychotherapie von Rogers zu entlehnen) eine eigene Wirkung hat, die dann mit spezifischeren Elementen
ergänzt wird. Idealtypisch gehört zu dieser Haltung ein
kognitives und emotionales Wissen um die Kraft unbewusster Verhaltensmuster; aus einem solchen Wissen
folgt
4 eine Toleranz gegenüber dem eigenen »Nichtwissen«,
4 eine weniger schnelle Bewertung im Sinne eines Richtig oder Falsch und
4 eine neugierige Suche nach den – ehemals oder noch
immer – sinnvollen Elementen eines solchen Musters
des Erlebens oder Verhaltens.
Eine solche Haltung, bei der der Therapeut es nicht schon
(besser) weiß, sondern sich für den individuellen Menschen mit seiner Geschichte interessiert, erhält die Arbeit
interessant und befriedigend. Sie steht zugleich im Gegensatz zu einer deskriptiven, Abweichungen vom idealtypisch Normalen unter Störungsgesichtspunkten sorgfältig
klassifizierenden klassisch psychiatrischen Sichtweise.
Aus Erfahrungen in der stationären Psychotherapie
sind einige für die Psychiatrie allgemein wichtige Konzepte entwickelt worden:
4 die Behandlung von Patienten in Gruppen – stationäre
Psychotherapie ist immer »Gruppentherapie«,
4 die Unterscheidung von Therapie- und Realraum,
4 der Einbezug von unterschiedlichen psychotherapeutischen Zugangswegen innerhalb eines Gesamtbehandlungsplans.
Psychodynamische Psychotherapie kann aufgrund ihres
individuellen Zugangs gut in verschiedenen Settings eingesetzt werden. Die Abgrenzung der Fachgebiete »Psychiatrie und Psychotherapie« und »Psychosomatik und Psychotherapie« ist vorerst strittig. Psychodynamisch arbeitende Ärzte und Therapeuten in beiden Gebieten teilen die
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