SONDERDRUCK Richtige Ernährung bei Lungeninsuffizienz Zusammenfassung Auf Grund einer Lungenerkrankung kommt es durch verschiedene Faktoren zur Einschränkung der Atmung. Der Energieaufwand für die Atmung steigt erheblich an, so dass der Energiebedarf steigt. Häufig ist es den Patienten nicht möglich diesen erhöhten Nährstoffbedarf zu decken, so dass sich in den meisten Fällen eine Mangelernährung entwickelt. Mit Hilfe einer angepassten Ernährung lässt sich sowohl die Atmung als auch der Ernährungsstatus verbessern. Eine fettreiche Nahrung führt zu einer geringeren Kohlendioxidbildung im Vergleich zu einer kohlenhydratreichen Ernährung. Die Atemarbeit wird vermindert, die Kohlendioxidabgabe verringert sich und die Atemzüge pro Minute reduzieren sich. Bei Patienten mit Lungenerkrankungen wirkt sich eine hochkalorische und fettreiche Ernährung positiv auf den Gesundheitsstatus sowie das subjektive Wohlbefinden des Patienten aus. Einleitung Patienten mit Lungeninsuffizienz leiden oft an Atemnot, Kurzatmigkeit und starker Verschleimung der Atemwege. Außerdem zieht die Erkrankung einen erhöhten Energiebedarf nach sich, der oft zu einer Mangelernährung führt. Mit Hilfe einer angepassten Ernährung lässt sich die Atmung sowie der Ernährungszustand des Patienten wirksam verbessern. Folgende Fragen werden in diesem Sonderdruck behandelt: 1. Wie wirkt sich die Erkrankung auf den Gesundheitszustand sowie auf die Atmung aus? 2. Wie beeinflussen sich die Ernährung und die Atmung? 3. Wie lässt sich der Krankheitszustand durch die Ernährung verbessern? Sonderdruck Respiratorische Insuffizienz Die respiratorische Insuffizienz bezeichnet einen Zustand bei dem die äußere Atmung gestört ist. Sie entwickelt sich als Folge verschiedener nichtmaligner Lungenerkrankungen, die mit Hypoventilation, pulmonaler Diffusionsstörung oder pulmonaler Verteilungsstörung einhergehen können. Zu den nichtmalignen Lungenerkrankungen zählen chronische obstruktive Lungenerkrankungen (COPD), Lungenfibrose, Pneumokoniosen, allergische Alveolitiden und Sarkoidose. Mehr als 1% der Bevölkerung leiden an COPD. Unter COPD werden die chronisch obstruktive und nicht obstruktive Bronchitis und das obstruktive Lungenemphysem zusammengefasst. Die Atmung Die Lunge dient der Aufrechterhaltung des Gasaustausches und ist für die Vitalfunktion der Organe wesentlich wichtiger als die Versorgung mit Nährstoffen. In der Lunge wird das Blut mit Sauerstoff angereichert, welcher für die Stoffwechselvorgänge essentiell ist. Das Kohlendioxid hingegen entsteht als Abbauprodukt während der Stoffwechselvorgänge und wird von der Lunge abgeatmet. Der Energieaufwand für die Atmung ist nicht unerheblich. Für die Atemtätigkeit benötigt ein gesunder Erwachsener 2% der Energieproduktion. Mit steigender Anzahl der Atemzüge pro Minute steigt der Sauerstoffverbrauch, das heißt, mit zunehmender Belastung steigt der Energieverbrauch für das Atmen überproportional an. Zusätzlich erhöht jeder Zustand, der mit einer Verschlechterung der Atemmechanik und mit einer Beeinträchtigung der Atemmuskulatur einhergeht, den Energieverbrauch der Ventilation. Einfluss der Erkrankung auf die Atmung Der Grundumsatz stei gt mit der Schwere der Lungenerkrankung. Narbige Veränderungen und zähes Lungensekret führen zu einem Anstieg des Atemwiderstandes. Dies bewirkt eine erhöhte Atemarbeit und somit eine erhöhte Stoffwechselrate. Die veränderte Stoffwechselrate erhöht den Sauerstoffbedarf und somit auch das Volumen an gebildetem Kohlendioxid im Vergleich zum Gesunden. Je schlechter die Lungenfunktion desto höher ist der Bedarf. Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen leiden oft an Hyperkapnie. Das heißt der Kohlendioxidgehalt im arteriellen Blut ist erhöht. Die Gewebe werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Die Ursache kann sehr vielfältig sein. Es kann eine respiratorische Insuffizienz mit Hypoventilation vorliegen, die Atemantwort auf Kohlendioxid kann durch Störungen in der Chemosensitivität vermindert sein oder Veränderungen in der Anatomie der Atemwege können die Atemantwort limitieren. Mangelernährung Bei starker Einschränkung der Lungenfunktion bedingt durch die Erkrankung kommt es mit erhöhtem Energiebedarf in 25-40% der Fälle zu starkem Gewichtsverlust bei den Patienten. Das Lungenvolumen umfasst häufig nur noch 50%. Die Ursache für die Kachexie ist multifaktoriell, jedoch wird die Erhöhung des Grundumsatzes als Hauptursache angesehen. Neben Gewebshypoxie, Alter und körperlicher Aktivität spielen Faktoren wie Hypermetabolismus, chronisch entzündliche Prozesse sowie Pharmaka eine wichtige Rolle. Von zentraler Bedeutung ist die Entwicklung einer ausgeprägten Appetitlosigkeit (Anorexie), bedingt durch mechanische Beeinträchtigung der Atmungsvorgänge sowie durch hormonelle Wirkungen. Wie bereits oben erwähnt, ist ein wichtiger Faktor in der Entstehung der Kachexie ein erhöhter Stoffwechselumsatz durch erhöhte Muskelarbeit. Zusätzlich können auch immu- Sonderdruck nologisch-inflammatorische Komponenten zur Entwicklung der Kachexie beitragen. Folgen der Unterernährung Der Ernährungsstatus der Patienten verschlechtert sich erheblich. Zunächst kommt es zur Abnahme der Skelettmuskelmasse, im weiteren Verlauf nimmt auch die Fettmasse ab. Das Körpergewicht nimmt in Folge immer weiter ab. Bereits im frühen Krankheitsstadium wird vermutlich durch mangelnde Energieversorgung bei der überwiegenden Anzahl der Patienten eine Atrophie der Atemmuskulatur festgestellt. Diese Veränderung trägt dann zur Verschlechterung des ventilatorischen Status bei. Das Risiko einer Lungenentzündung ist stark erhöht, da in Folge der verminderten Atmung die Bakterienclearance vermindert ist, das heißt der Abtransport der Bakterien in der Lunge ist reduziert. Zunehmender Gewichtsverlust und ein niedriger BMI führen unabhängig von anderen klinischen Faktoren zu einem schlechteren Überleben dieser Patienten mit Kachexie. Auf Grund der wechselseitigen Beeinflussung korrelieren die Ausprägung von Kachexie und der Lungenerkrankung. Einfluss der Ernährung Die Ernährung und die Atmung beeinflussen sich gegenseitig. Eine Vermehrung der Atemarbeit kann zu Energieverlust führen und sich dann in einer Malnutrition äußern. Eine ausgeprägte Hypo- oder Hyperalimentation beeinträchtigt die Atmung, unter anderem auch durch anatomische Konsequenzen. Auch die Nahrungsaufnahme nimmt auf den Gasaustausch und die Minutenventilation (Atemzüge pro Minute) Einfluss. Findet keine Nahrungsaufnahme statt liegt ein stabiler Gasaustausch sowie eine stabile Stoffwechselrate und Blutdruck vor. Das heißt der Sauerstoffverbrauch, die Kohlendioxidbildung und die Energieverstoffwechselung sind konstant. Nach der Nahrungsaufnahme steigt der Verbrauch an Sauerstoff, die Bildung von Kohlendioxid, das Minutenvolumen, die Stoffwechselrate, der Herzschlag sowie die Herzleistung. Der Anstieg des Sauerstoffverbrauchs ist dadurch zu erklären, dass die Verstoffwechselung der Hauptnährstoffe Kohlenhydrate, Fette und Proteine nur unter Bereitstellung von Sauerstoff stattfinden kann. Beim Abbau dieser Nährstoffe entsteht wiederum Kohlendioxid, welches ein Abbauprodukt darstellt. Durch die erhöhte Bildung von Sauerstoff und Kohlendioxid muss die Lunge vermehrt arbeiten. Dadurch steigen die geleisteten Atemzüge pro Minute. Die erhöhte Stoffwechselrate erhöht wiederum den Herzschlag und somit die Herzleistung. Die Hauptnährstoffe Kohlenhydrate, Fette und Proteine haben unterschiedliche Stoffwechselwege, die für den Abbau unterschiedlich viel Sauerstoff benötigen. Das Verhältnis von Sauerstoffaufnahme (O2) zu Kohlendioxidabgabe (CO2) lässt sich mit Hilfe des respiratorischen Quotienten (RQ) beschreiben. RQ= CO2-Abgabe/ O2-Aufnahme Der RQ ist für die Hauptnährstoffe unterschiedlich: RQ(Kohlenhydrate): 1,0 RQ (Protein): 0,8 RQ (Fett): 0,7 Anhand des RQ lässt sich erkennen, dass die Kohlendioxidbildung beim Abbau der Kohlenhydrate am höchsten ist, bei den Fetten am geringsten. Beim Abbau von Kohlenhydraten ist die Kohlendioxidbildung um 42% höher als bei Fetten. Das bedeutet für die Atmung, dass bei einer kohlenhydratreichen Nahrung die Lungenarbeit am größten ist. Sonderdruck Untersuchung der Auswirkung einer fettreichen Ernährung Der Vorteil einer fettreichen Ernährung bei Patienten mit Lungenerkrankungen konnte in einer Vielzahl von Studien belegt werden. Patienten wurden mit einer fettreichen Nahrung ernährt, das heißt der RQ der Nahrung wurde gesenkt. Es konnte festgestellt werden, dass das Volumen des gebildeten CO2 (Kohlendioxid) und der O2-Verbrauch (Sauerstoffverbrauch) sowie die Atemzüge pro Minute sanken. Die verminderte Bildung von CO2 bewirkt eine verringert Atemarbeit und verringert so die Anzahl der Atemzüge pro Minute. Der O2-Partialdruck (O2 Volumen in einem Gasgemisch) hat sich erhöht, das heißt die Sauerstoffaufnahme hat sich verbessert. Die CO2 Abgabe hat sich ebenfalls verbessert. Ebenfalls konnte eine Verbesserung der Atmung festgestellt werden, die Muskelkraft sowie die Ausdauer und die allgemeine körperliche Kraft erhöhte sich was auf die Verbesserung des Ernährungsstatus zurückzuführen ist. Ziel der Therapie Durch die Hohe Prävalenz der Mangelernährung im Zusammenhang mit Erkrankungen der Lunge sollte die Ernährung zu einem festen Bestandteil des Behandlungsplans gehören. Ziel ist es den ernährungsphysiologisch ermittelten Bedarf an Nährstoffen und Energie sicherzustellen und somit die Mangelernährung zu behandeln. Beachtung gilt auch der Zusammensetzung der Nährstoffe, da diese die Atmung stark beeinflusst. Der RQ der Nahrung sollte möglichst klein sein, um das Volumen an gebildetem Kohlendioxid gering zu halten, da die meisten Patienten unter CO2-Retention (verminderte Abatmung von Kohlendioxid aus der Lunge) und Hypoxämie leiden. Bei Hypoxämie liegt im Blut ein erniedrigter O2 Gehalt vor, so dass es zur verminderten Versorgung mit O2 in den Geweben kommen kann. Empfehlung für die Ernährung Auf Grund des erhöhten Grundumsatzes bei Patienten mit chronisch obstruktiver Atemwegserkrankungen, die unter Unterernährung leiden, liegt die optimale Kalorienzufuhr bei 165-175% des vorhergesagten Ruheenergiebedarfs. Dies entspricht etwa 45kcal pro kg Körpergewicht und Tag. Ein hoher Fettanteil bei einem verringerten Kohlenhydrateanteil der Nahrung führt bei den Patienten zu einer Verbesserung der Lungenfunktion. Daher ist ein Fettanteil von 45-55% der Gesamtkalorienzufuhr positiv zu bewerten. Es sollte auf einen möglichst niedrigen Anteil an gesättigten Fettsäuren geachtet werden. Human Nutrition GmbH 55234 Bechtolsheim • Taubesgarten 23 Tel.: 01805/993563 • Fax 01805/993565 10/2004 Bei Patienten mit obstruktiven Lungenerkrankungen kann eine kohlenhydratreiche Nahrung die Atmung durch die hohe Kohlendioxidbildung zum erliegen bringen, denn der Patient leidet bereits unter Ermüdung der Atemmuskulatur und Hypoxie. Auch wurde beobachtet, dass die Zeit der künstlichen Beatmung ansteigt, sowie die Möglichkeit Patienten von der künstlichen Beatmung zu entwöhnen abnimmt. Anzustreben ist daher eine Nahrung mit niedrigem RQ, das heißt eine fettreiche Nahrung ist von Vorteil für den Patienten.