Marktreport Q2 2012

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Marktreport Q2 2012
Das abgelaufene zweite Quartal 2012 stand erneut im Fokus der europäischen
Staatsschuldenkrise. Insbesondere auf den Rentenmärkten stiegen die Zinsen für
Staatsanleihen der PIIGS-Staaten massiv an, wohingegen die Renditen deutscher und USAmerikanischer Staatsanleihen weiter nahe ihren Tiefständen notieren. Auf den
Aktienmärkten war ein allgemeiner Rückgang zu beobachten.
%-Veränderung
seit 3 Monaten
%-Veränderung
seit einem Jahr
%-Veränderung
seit 2 Jahren
DAX
- 7,6 %
-13,0 %
+ 7,6 %
DJ EuroStoxx
- 6,2 %
-17,3 %
- 5,4 %
Dow Jones Industrial (USA)
+ 4,9 %
+19,9 %
+29,1 %
MSCI Emerging Markets
- 2,6 %
- 2,6 %
+ 5,9 %
MSCI AC World €
+ 1,0 %
+ 8,6 %
+20,5 %
Dollar/Euro
+ 6,8 %
+15,5 %
- 2,3 %
Goldpreis
+ 3,9 %
+24,1 %
+27,4 %
Rentenindex Unternehmen
+ 2,0 %
+ 7,2 %
+10,3 %
Rentenindex REX P (DEU)
+ 1,5 %
+ 9,8 %
+ 9,5 %
Rohstoffindex
- 3,7 %
+ 0,8 %
+14,1 %
Werte in €
Stand 30.06.2012
Wo ist der Masterplan gegen die Eurokrise?
Geht es Ihnen auch so, wie den meisten Menschen, sie verstehen nicht mehr, was die
Politiker auf Ihren ununterbrochen stattfindenden Gipfeln eigentlich besprechen?
Trösten Sie sich, die Politiker wissen auch nicht, wie dem Dilemma begegnet werden kann.
Sie müssen Ihren Wählern aber ständig erklären, sie hätten einen Masterplan. Die
Regierung hat den Masterplan, die Opposition sowieso und die anderen Europartner
selbstredend auch.
Und dann gibt es noch die zahlreichen Experten, Medienleute, Professoren und Banker, die
zwar auch nicht mehr wissen, aber den Vorteil haben munter Ideen in die Welt geben zu
können, weil Sie keine Verantwortung tragen. In dieser Kategorie kann sich auch der Autor
dieser Zeilen ungestraft auslassen.
Auch wenn wir in zahlreichen Punkten zur Lösung der Eurokrise andere Schwerpunkte
setzten würden als die Kanzlerin, so erscheint uns doch das allzu billige Poltikerbashing,
dass man hier umgefallen sei, dort zu hart gewesen ist oder hier rote Linien überschritten
habe, nicht wirklich angemessen. Denn es gibt für die Lösung dieser Krise keine
Erfahrungswerte, keine Blaupause und erst recht keinen Masterplan. Aber es gibt eine
Kernursache.
Wir erläutern am Ende, dass es für die Eurozone im Grunde nur zwei Alternativen gibt: Ein
Auseinanderbrechen oder eine Transferunion. Teuer werden für den Steuerzahler beide
Varianten, es geht also nur noch darum herauszufinden, welche Investition sich langfristig
mehr lohnt und ganz wichtig, wie man sie gestaltet.
1
Ökonomische Fakten in Südeuropa
Es ist auf den ersten Blick einsichtig, wenn Länder mit hoher Verschuldung sparen sollen.
Doch wie soll angesichts der z.T. extrem negativen Wachstumsraten und der unverantwortlich hohen Arbeitslosigkeit Sparen zum Ziel führen. Damit stürzt man Staaten die am
Abgrund stehen endgültig über die Klippe und erhöht angesichts des sich verschärfenden
Rezessionsklimas die Schulden weiter.
Im Grunde benötigen diese Staaten Hilfe bei der Entwicklung eines neuen
Geschäftsmodells. Selbst in Griechenland (bzw. in der Schweiz) gibt es genügend Geld, in
Spanien und Italien sowieso.
Lösung nur möglich, wenn Ursache bekannt
Um die internationale Staatsschuldenkrise und im Besonderen die Eurokrise einer Lösung
zuzuführen, ist es notwendig, die Ursache der Krise zu verstehen. Denn ein wichtiger Aspekt
ist, dass diese Krise der westlichen Industrienationen kein Solvenzproblem darstellt. Sie ist
eine Verteilungskrise. In Europa eine Krise zwischen Staaten aber vor allem auch zwischen
den Sektoren in einer Volkswirtschaft. Wenn der Privatsektor bei zunehmender
Ungleichverteilung in der Eurozone in der Lage ist, durch einen Transfer von 40% seines
Vermögens alle Staatsschulden zu tilgen, liegt auf der Hand dass das Wohlfahrtsniveau zu
Lasten aller (des Staates) an wenige Private umverteilt wurde.
Quelle: Dr. Jochen Felsenheimer, asénagon
2
Besonders augenfällig wurde dieser Umstand, als die Staatsschulden der Industrienationen
im Zuge der Lehman Pleite binnen kurzer Zeit um ca. 30% stiegen und erst hierdurch
verursacht in die derzeit unhaltbaren Höhen anstiegen (siehe Q4 2011). Dies geschah ganz
einfach durch Umwidmung privater Schulden in Staatsschulden. Wenn man die
Abhängigkeiten nicht kennen würde, müsste man von Politikern erwarten, dass sie in jedes
Mikro, was ihnen entgegengehalten wird, dies lautstark beklagen.
Sehr deutlich wird diese Schuldenverschiebung am Beispiel der USA von 2008 bis heute.
Während sich die Gesamtschuldenquote in % des BIP kaum veränderte, konnten private
Haushalte, Unternehmen und insbesondere Banken ihre Schulden beim Steuerzahler
abladen. Gleichzeitig wurden die Anleiheinvestoren zu Lasten aller verschont.
Fazit: Das Verteilungsproblem hat zentrale Bedeutung und genau hier sollte der Ansatz für
eine umfassende Lösung kommen.
Ursache für die Marktbelastungen der Eurozone
Betrachtet man sich die Staatsschuldenquoten sowie die Neuverschuldung der westlichen
Industrienationen der letzten Jahre, so ist festzustellen, dass die Eurozone weit besser
dasteht, als die hochverschuldeten angelsächsischen Staaten sowie Japan.
Quelle: LOYS AG
3
Im Visier der Finanzmärkte steht aber ausschließlich die Peripherie Europas. Warum ist dies
so? Während USA, GB und Japan eine eigene Zentralbank haben, die klar signalisiert im
Notfall immer die Druckerpresse anzuwerfen, können die Südländer damit nicht aufwarten
und sind somit schutzlos den Märkten ausgeliefert.
Italien steht aktuell unter starkem Druck der Finanzmärkte. Und tatsächlich weist das Land
erhebliche Ineffizienzen der staatlichen Institutionen und Strukturen sowie eine hohe
Staatsverschuldung auf. Eine Agenda 2020 würde hier sicher gut tun.
Schauen wir aber auf die realen Zahlen, so müsste eher Großbritannien an deren Stelle
stehen: Im Gegensatz zu Großbritannien glänzt Italien mit einem starken industriellen Sektor.
Das Land hat in den letzten 10 Jahren eine der geringsten Neuverschuldungsdynamiken
weltweit verzeichnet (aktuell 1,7% gegenüber 7% GB). Der Privatsektor in Italien weist
extrem niedrige Verschuldungswerte auf, die privaten Ersparnisse sind überdurchschnittlich
hoch.
Die einzige nennenswerte Industrie die GB aufweist ist der Finanzsektor. Und der Finanzsektor ist mit unglaublichen 600% des Sozialproduktes irrsinnig hoch verschuldet. Insgesamt
ist GB das am höchsten verschuldete Land der Welt. Es müsste eigentlich an Harakiri
grenzen, diesem Land oder seinen Banken auch nur einen Cent anzuvertrauen. Aber die
Realität, die von genau dieser Verschuldungslobby in der Londoner City gesteuert wird, sieht
anders aus, nochP. Gut dass Großbritannien nicht im Euro ist!
Im Gegensatz zu Italien, benötigt Spanien ganz andere Hilfe. Das Land befindet sich nach
dem Platzen der Immobilienblase in einer Bilanzrezession. Denn die privaten Haushalte wie
auch die Unternehmen haben notgedrungen sehr hohe Sparanstrengungen unternommen,
also weder konsumiert, noch investiert. Gleichzeitig wurde auch der Staatssektor gezwungen
stark zu sparen, was die Wirtschaftstätigkeit zum Erliegen brachte und in einer solchen
Situation völlig kontraproduktiv ist. Die damit verursachte sehr schwerwiegende soziale und
wirtschaftliche Situation wird durch noch mehr Sparen definitiv explodieren.
Wir lehnen daher ab, dass jedes Land gleich behandelt werden sollte. Vielmehr sind die
politischen Institutionen aufgefordert etwas differenzierter zu arbeiten, als Fiskalpakte nach
dem Gießkannenprinzip zu verabreichen.
4
Euro Endspiel
Im Folgenden geht es nicht um Fußball sondern vielmehr um das Endspiel in der
Währungsunion. Eine solche kann auf Dauer nicht ohne politische Union, ohne
Fiskalunion und ohne Bankenunion existieren. Wenn Europa dies nicht will, sollten alle
Kräfte darauf verwendet werden das Ende des Euro diszipliniert vorzubereiten, um das
wirtschaftliche Desaster in Grenzen zu halten.
Wenn wir die deutsche Regierung und deren europäische Partner richtig verstehen, soll die
Währungsgemeinschaft dringend erhalten werden. Wir denken, dass die Kanzlerin das
Wesen der Krise im Kern verstanden hat. Sie ist einerseits gehemmt durch innenpolitische
Zwänge und läuft andererseits der Dynamik der Krise hinterher. Sie strebt vermutlich genau
diese Reihenfolge an: Politische Union, Fiskalunion und dann Bankenunion. In normalen
Zeiten wäre dies ein vernünftiger Plan. Ein solches Vorhaben ist aber erstens den
zunehmend skeptischeren Wählern noch schmackhaft zu machen und zweitens werden die
europäischen Institutionen viele Jahre zur Umsetzung benötigen.
Diese Zeit lassen die Märkte der Kanzlerin aber nicht. Sie werden die Haftungsgemeinschaft
fordern und bekommen. Es wird nur darauf ankommen, wieviele Kontroll- und
Sanktionspflöcke noch eingeschlagen werden können. Die Krise ist schneller als die
europäischen Institutionen handeln können. Die Regierung und auch die Bundesbank
müssen ihre Sichtweise ändern und damit auch die Reihenfolge: Erst Bankenunion, dann
Fiskalunion und schließlich politische Union.
Bei der Bankenunion geht es im Kern um Bankenaufsicht und Einlagensicherung, nicht wie
aktuell un-„Sinn“-ige Beiträge vermuten lassen um komplette Schuldenübernahme der
Banken. Sie erscheint uns deswegen unverzichtbar, weil zunächst der massiv gestörte Interbankenmarkt wiederbelebt würde. Dies ermöglicht den Staaten die Rückkehr zu den
Kapitalmärkten. Die europäischen Notenbanken könnten sich dann aus ihren unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen der letzten Jahre zurückziehen. Mit einem nun
normal funktionierenden Kapitalmarkt bliebe anschließend den politischen Akteuren
ausreichend Zeit das institutionelle Gefüge der Eurozone zu bauen.
Die Lösung der Eurokrise gelingt nur im Kontext mit Lösung der Schuldenkrise. Im
Quartalsbericht 4-2011 hatten wir bereits ausführlich begründet, warum im Wesentlichen
Inflation mit Finanzrepression in der Lage sein wird, die Schuldenberge abzutragen. Damit ist
gleichzeitig der Kernursache der heutigen Problematik, nämlich der divergierenden
Vermögensverteilung beizukommen. Wenn die Inflation höher ist als der Zins, werden die
Vermögensverluste umso höher sein, je höher das Vermögen ist. Die Hoffnung, dass die
Politik jemals die oligopolistischen Bankstrukturen beseitigen wird, haben wir aufgegeben.
Für den Anleger
Ob der Erwerb einer Immobilie (soweit nicht selbst genutzt) jetzt gerechtfertigt ist, sollten Sie
sehr kritisch prüfen. Immobilienanleger haben in den letzten 112 Jahren mit 1,5% p.a.
Realertrag weniger verdient als Besitzer von Anleihen (2,25% real) und dies trotz erheblicher
Wertschwankungen. Trotzdem hält sich weiter das Gerücht, die Immobilie sei ein Safe
Heaven. Denken Sie darüber nach. Übrigens hat der Aktienbesitzer (Produktivkapital) in der
gleichen Zeit real 6,9% verdient. Verloren hingegen hat langfristig immer der Festgeldsparer.
Unsere Empfehlung ändert sich nicht: Diversifikation erhält Vermögen
Marburg, 06. Juli 2012
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