1 Herz 1 Die Entfernung von Calcium aus dem Zytosol der Herzmuskelzellen ist vollständig, wenn das Calcium intrazellulär in der Diastole um den Faktor 10 000 geringer konzentriert ist als extrazellulär. Hier noch mal die exakten Zahlen: Calcium extrazellulär: 10−3 mol/l; intrazellulär diastolisch: 10−7 mol/l, systolisch: 10−5 mol/l. Übrigens … Das Medikament Digitalis, das manchmal zur Therapie schwerer Herzinsuffizienz eingesetzt wird, macht sich das Calcium zunutze, um die Kontraktionskraft des Herzens – also die Inotropie – zu steigern: Es hemmt die NatriumKalium-ATPase der Herzmuskelzellen und damit indirekt den Natrium-Calcium-Antiporter. Dadurch kann weniger Calcium aus dem Zytosol entfernt und in den Extrazellulärraum geschafft werden. Stattdessen wird mehr Calcium ins sarkoplasmatische Retikulum gepumpt, wo es für die nächste Kontraktion wieder zur Verfügung steht. In der folgenden Systole kann dadurch mehr Calcium mobilisiert werden und die Kontraktionskraft des ­Herzens steigt. Merke! –– In der Systole steigt die intrazelluläre Calcium-Ionen-Konzentration um den Faktor 100 an. –– Ein positiv-inotroper Effekt resultiert aus der Erhöhung der intrazellulären Calcium-Konzentration. Elektromechanische Entkopplung Unter bestimmten pathologischen Bedingungen – z. B. als Folge eines Herzinfarkts oder eines Atemstillstands – kann es zur Dissoziation von Aktionspotenzialen und Herzaktion kom- 16 men, d. h., dass trotz erhaltenen Aktionspotenzialen keine Kontraktionen mehr stattfinden. Dieses Phänomen nennt man elektromechanische Entkopplung oder auch pulslose elektromechanische Dissoziation. 1.2.6 Herzrhythmusstörungen/­ Erregungsleitungsstörungen Bei den Herzrhythmusstörungen unterscheidet man zwischen tachykarden (mit zu schnell ­aufeinanderfolgenden Aktionspotenzialen) und bradykarden (mit zu langsam aufeinanderfolgenden Aktionspotenzialen) Störungen. Die wahrscheinlich bekannteste und auch gefährlichste tachykarde Rhythmusstörung ist das Kammerflimmern. Dabei laufen die Aktionspotenziale der Herzmuskelzellen völlig asynchron und es kommt zu keiner geordneten Herzaktion mehr. Die effektivste Therapie des Kammerflimmerns ist die elektrische Defibrillation. Kammerflimmern kann entstehen, wenn Aktionspotenziale während der „vulnerablen Phase“ (während des aufsteigenden Abschnitts der T-Welle)des Aktionspotenzials einfallen. Ein Risikofaktor dafür ist die Verkürzung des Aktionspotenzials mit daraus folgender Verkürzung der Refraktärzeit. Eine wesentlich harmlosere Herzrhythmusstörung, die auch bei gesunden Menschen hin und wieder vorkommt, ist die ventrikuläre Extrasystole. Diese Erregungen gehen von einigen vorzeitig depolarisierenden Ventrikelzellen aus. Im EKG erscheinen sie als vorzeitig auftretende, deformierte und verbreiterte QRS-Komplexe. Nach der Extrasystole fällt der erste QRS-Komplex weg, anschließend geht es jedoch wieder im ursprünglichen Rhythmus weiter. Dieses Phänomen nennt man eine vollständige kompensatorische Pause. Treten die ventrikulären Extrasystolen aber während der vulnerablen Phase (während der T-Welle) auf, kann es sein, dass sie über den ganzen Ventrikel weitergeleitet werden und so ein Kammerflimmern auslösen.