4.2 Enzymaktivitätsbestimmungen Durch diese Standardisierung der Verfahren wurde die Vergleichbarkeit der Ergebnisse von Labor zu Labor sichergestellt. Inzwischen wurde durch eine einheitliche europäische Regelung die Messtemperatur auf 37 °C festgelegt, deshalb hat die DGKCH die optimierten Standardmethoden für diese Temperatur definiert. In den aktuellen Tabellen sind daher die Normal- und Sollwerte für 37 °C angegeben. Die Aktivität von Enzymen wird durch internationale Einheiten (IU) charakterisiert. Eine internationale Einheit ist diejenige Enzymaktivität, die unter definierten Bedingungen die Umwandlung von 1 Mikromol Substrat pro Minute katalysiert. Es existiert eine neue Definition einer Enzymeinheit, genannt Katal (kat). Diese neue Einheit ist definiert als die katalytische Aktivität, die die Umwandlung von 1 Mol Substrat pro Sekunde unter Standardbedingungen katalysiert. Die Umrechnung von alten in neue Einheiten geschieht nach folgender Formel: 1 IU/l (μmol/min) = 1/60 μkat (μmol/sec) = 16,67 nkat/l Aus Gründen der Vereinfachung werden hier die Enzymaktivitäten nur in internationalen Einheiten (IU) angegeben. Im Folgenden werden nun die wichtigsten im klinisch-chemischen Labor durchgeführten Enzymbestimmungsmethoden vorgestellt und in ihrer Pathobiochemie sowie ihrer Bedeutung hinsichtlich diagnostischer Aussagen kurz charakterisiert. 4.2.1 Lactatdehydrogenase (LDH) 쐍 Charakterisierung Lactatdehydrogenase katalysiert die Reaktion: LDH Pyruvat + NADH + H+ ˇ k k Lactat + NAD+ ˇ k k 왔 die für jede Methode folgende Kriterien festlegten: 쐌 Temperatur = 25 °C (jetzt auf 37 °C angehoben), 쐌 definierter, optimaler pH-Wert, 쐌 definierte Pufferzusammensetzung, 쐌 definierte, maximal mögliche Substratkonzentration, 쐌 definierte, maximal mögliche Koenzymkonzentration, 쐌 ggf. definierte, maximal mögliche Aktivatorkonzentration. 91 쐍 Bestimmungmethode Die LDH wird nach einer optimierten IFCCMethode bestimmt. Gemessen wird die Zunahme der NADH-Konzentration mit der Zeit bei 340 nm im Spektralphotometer oder bei 334 bzw. 365 nm im Linienphotometer mit einer Quecksilberlampe. 쐍 Referenzbereich Serum/Plasma: Männer: 울 225 IU/l Frauen: 울 214 IU/l ! Fehlerquellen Aufgrund der hohen Aktivität von LDH in Thrombozyten und Erythrozyten sind im Serum um ca. 20−30 IU/l höhere LDH-Aktivitäten im Vergleich zum Plasma nachweisbar. Aus diesem Grund darf auch hämolytisches Serum wegen der Verfälschung der LDH-Aktivität durch ErythrozytenLDH nicht zur Bestimmung gelangen. 쐍 Bewertung/Pathopyhsiologie Die LDH ist ein Beispiel dafür, dass einige Enzyme in multiplen Formen, als so genannte Isoenzyme, vorkommen. Diese besitzen eine vergleichbare Substratspezifität, unterscheiden sich jedoch in chemischen und physikalischen Eigenschaften, im pH-Optimum, in der Affinität zum Substrat und in der Empfindlichkeit gegenüber Inhibitoren. Im Falle der LDH, die als Tetramer vorliegt, existieren zwei verschiedene Typen von Polypeptidketten: der »Herztyp« H und der »Muskeltyp« M. Die resultierenden fünf LDHIsoenzyme H4, H3M, H2M2, HM3 und M4 – in dieser Reihenfolge auch als LDH1 bis LDH5 4 Diagnostischer Einsatz klinisch-chemischer Methoden bezeichnet – können elektrophoretisch aufgetrennt werden. Die LDH kommt fast in allen Organen bzw. Zellsystemen vor. Hohe Aktivitäten finden sich in der Niere, in der Herz- und Skelettmuskulatur sowie in der Leber, jedoch auch in Erythrozyten, Thrombozyten und Leukozyten. Die im elektrischen Feld bei pH 8,5 am schnellsten wandernden Fraktionen LDH1 und LDH2 finden sich vorwiegend in der Herzmuskulatur und in Erythrozyten, die langsamste Fraktion LDH5 stammt vor allem aus Leber und Skelettmuskulatur. Die LDH ist deutlich erhöht bei: 쐌 Herzerkrankungen einschließlich Myokardinfarkt (LDH-Anstieg 6−12 h nach Myokardinfarkt), 쐌 Skelettmuskelerkrankungen, 쐌 Erkrankungen der Leber und der Gallenwege, 쐌 hämolytischen Anämien, 쐌 perniziöser Anämie, 쐌 mechanischer Hämolyse bei künstlichen Herzklappen, 쐌 Leukämien und anderen malignen Erkrankungen. Bei Nierenerkrankungen sind erhöhte LDHAktivitäten im Harn, nicht jedoch im Serum nachzuweisen. Bei erhöhten Thrombozytenzahlen (Thrombozytosen, Thrombozytämien) sind im Serum erhöhte Aktivitäten nachzuweisen. Aus methodischen Gründen ist in solchen Fällen dann besser heparinhaltiges Plasma zu untersuchen (zum Nachweis der LDH in Pleuraund Aszitespunktaten vgl. Kap. 13.5, S. 391 ff.) 4.2.2 x -HydroxybutyratDehydrogenase ( x -HBDH) 쐍 Charakterisierung Mit der Bestimmung der ⁄ -HBDH werden die Isoenzyme LDH1 und LDH2 erfasst. Diese katalysieren die Reaktion: ⁄ -Ketobutyrat ⁄ -HBDH ⁄ -Hydroxybutyrat + NADH + H+ ˇ k k k k + NAD+ ˇ k k k k 92 쐍 Bestimmungsmethode Die ⁄ -HBDH wird nach einer optimierten Standardmethode bestimmt. Gemessen wird die Abnahme der NADH-Konzentration, wie bei der LDH beschrieben. 쐍 Referenzbereich Serum/Plasma: 울 182 IU/l ! Fehlerquellen Durch die ⁄ -HBDH aus Erythrozyten kommt es in hämolytischen Seren zu falsch (pathologisch) erhöhten Werten. 쐍 Bewertung/Pathophysiologie LDH und ⁄ -HBDH bleiben nach einem akuten Herzinfarkt am längsten deutlich erhöht und sind damit zur Spätdiagnostik des Myokardinfarkts besonders geeignet. Allerdings führen auch andere Herzmuskelschädigungen (Myokarditis, Herzoperationen) zur LDH- und ⁄ -HBDH-Erhöhung. Weiterhin ist die Aktivitätszunahme der Isoenzyme LDH1 und LDH2 im Serum ein typischer Befund bei hämolytischen Anämien der verschiedensten Pathogenese. 4.2.3 Aspartataminotransferase (AST oder ASAT) 쐍 Charakterisierung Aspartataminotransferase (früher GlutamatOxalacetat-Transaminase [GOT]) und Alaninaminotransferase (s. Abschn. 4.2.4) gehören zur Gruppe der Transaminasen, die durch Übertragung einer Aminogruppe die Umwandlung von ⁄ -Ketosäuren in die entsprechenden Aminosäuren katalysieren. Sie benötigen als Koenzym Pyridoxal-5-phosphat. Die AST katalysiert die Reaktion: 4.2 Enzymaktivitätsbestimmungen ˇ k k 쐍 Bestimmungsmethode Die AST wird nach einer optimierten Standardmethode bestimmt. Das in der Primärreaktion gebildete Oxalacetat wird in der Indikatorreaktion durch Malatdehydrogenase (MDH) zu Malat reduziert. Dabei kommt es zu einer Abnahme der NADH-Konzentration, die pro Zeiteinheit gemessen wird. 쐍 Referenzbereich Serum/Plasma: Männer: 울 36 IU/l Frauen: 울 31 IU/l ! Fehlerquellen Hämolytische Seren ergeben falsch hohe Aktivitäten. Proben mit ausgeprägter Hyperlipoproteinämie können zu Messfehlern mit Trübungen in der Küvette führen und sind daher nur nach Entfernung der Lipide (Ausschütteln mit Frigen) zu untersuchen. 쐍 Bewertung/Pathophysiologie Die höchsten Enzymaktivitäten der AST kommen im Herzmuskel, in der Leber und in der Skelettmuskulatur vor. Dabei ist die AST intrazellulär zu ca. 80 % mitochondrial lokalisiert, lediglich 20 % der Aktivität befinden sich im Zytosol. Erhöhte Aktivitäten der Serum-AST finden sich bei Herzinfarkt (Enzymanstieg 4−8 h nach Myokardinfarkt in Korrelation zur Größe des infarzierten Gebiets) und akuter infektiöser oder toxischer Hepatitis. Bei schwersten Leberschäden (durch Tetrachlorkohlenstoff, Knollenblätterpilzvergiftungen) können durch akute Leberatrophie oft nur noch geringgradig erhöhte Werte der Serum-AST gemessen werden, sodass die Höhe der Enzymaktivität und die Schwere des Krankheitsbildes dann nicht mehr korrelieren. Bei Erkrankungen der Skelettmuskulatur (z. B. bei progressiven Muskeldystro- 4.2.4 Alaninaminotransferase (ALT) 쐍 Charakterisierung Die Alaninaminotransferase (früher GlutamatPyruvat-Transaminase [GPT]) katalysiert die Reaktion: ALT Alanin + 2-Ketoglutarat ˇ k Pyruvat + Glutamat LDH Pyruvat + NADH + H+ ˇ k k Lactat + NAD+ ˇ k k ˇ k MDH Oxalacetat + NADH + H+ ˇ k k Malat + NAD+ phien) können ebenfalls stark erhöhte ASTWerte im Serum beobachtet werden. ˇ k AST Aspartat + 2-Ketoglutarat ˇ k Oxalacetat + Glutamat 93 쐍 Bestimmungsmethode Die ALT wird nach einer optimierten Standardmethode bestimmt. Das in der Primärreaktion gebildete Pyruvat wird in der Indikatorreaktion durch Lactatdehydrogenase (LDH) zu Lactat reduziert. Dabei kommt es zu einer Abnahme der NADH-Konzentration, die pro Zeiteinheit gemessen wird. 쐍 Referenzbereich Serum/Plasma: Männer: 울 46 IU/l Frauen: 울 29 IU/l ! Fehlerquellen Auch hier können Proben mit ausgeprägter Hyperlipoproteinämie zu Messfehlern mit Trübungen in der Küvette führen und sind daher nur nach Entfernung der Lipide (Ausschütteln mit Frigen) zu untersuchen. 쐍 Bewertung/Pathophysiologie Da die Aktivität der ALT in der Leber am höchsten ist, sind Aktivitätsanstiege dieses Enzyms im Serum weitgehend spezifisch für Leberzellläsionen. Das zytoplasmatisch lokalisierte Enzym weist Erhöhungen seiner Serumaktivität auf bei: akuter Virushepatitis, toxischem Leberschaden (z. B. durch Tetrachlorkohlenstoff, Knollenblät- 4 Diagnostischer Einsatz klinisch-chemischer Methoden terpilzvergiftung), Lebermetastasen, Leberzirrhose (besonders primär biliäre Zirrhose), Verschlussikterus, toxischem Medikamentenschaden (Tuberkulostatika, Ovulationshemmer, Antibiotika usw.) und Leberstauung bei Herzinsuffizienz. 4.2.5 ‰ -Glutamyl-Transferase ( ‰ -GT) 쐍 Charakterisierung Die w -GT katalysiert die Reaktion: 4-nitroanilid + Glycylglycin w -Glutamylglycylw -GT glycid + 5-Aminoˇ k k ˇ k k w -Glutamyl-3-carboxy- 2-nitrobenzoat 쐍 Bestimmungsmethode Die w -GT überträgt die w -Glutamylgruppe des Substrats auf das Dipeptid Glycylglycin. Dabei wird das gelb gefärbte 5-Amino-2-nitrobenzoat freigesetzt. Durch Messung der Extinktionszunahme bei 405 nm kann die Enzymaktivität registriert werden. 쐍 Referenzbereich Serum/Plasma: Männer:울 66 IU/l Frauen: 울 39 IU/l ! 쐍 Fehlerquellen Bei Verwendung hämolytischer Seren kommt es zu fälschlich erniedrigten Werten (durch die starke Absorption des Hämoglobins bei 405 nm). Proben mit ausgeprägter Hyperlipoproteinämie führen wiederum zu Messfehlern mit Trübungen in der Küvette und sind daher nur nach Entfernung der Lipide (Ausschütteln mit Frigen) zu untersuchen. se (insbesondere bei alkoholbedingter Fettleber, aber auch bei Leberzirrhose und Lebermetastasen), bei Cholestase verschiedener Pathogenese, bei medikamentös-toxischen Schäden (Antiepileptika, Ovulationshemmer), bei Pankreatitiden und anderen Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse. Die alkoholbedingte Erhöhung der w -GT ist unter Alkoholkarenz zumeist völlig reversibel. Deshalb dient bei der Therapie von Alkoholikern die w -GT häufig zur Überwachung der Abstinenz. Die hohe Aktivität der w -GT im Nierenparenchym führt bei Nierenerkrankungen nicht zu erhöhten Serumaktivitäten. Im Harn ist das Enzym jedoch je nach Krankheitsprozess in unterschiedlicher Höhe nachweisbar. 4.2.6 Glutamatdehydrogenase (GLDH) 쐍 Charakterisierung Die GLDH katalysiert die Reaktion: + 2-Ketoglutarat GLDH L-Glutamat + NAD + ˇ k k + NADH + NH 4 + H2O ˇ k k 94 쐍 Bestimmungsmethode Die GLDH wird nach einer optimierten Standardmethode bestimmt. Durch Messung der Extinktionsabnahme des NADH pro Zeiteinheit kann die Enzymaktivität registriert werden. 쐍 Referenzbereich Serum/Plasma: Männer: 울 7 U/l Frauen: 울 5 U/l mit Hyperlipoproteinämie führen ! Proben auch hier zu Messfehlern infolge von TrüFehlerquellen Bewertung/Pathophysiologie Die Serumaktivität der w -GT rührt im gesunden wie im pathologischen Zustand fast ausschließlich von der Leber her. Erhöhte Serumaktivitäten finden sich bei Leberparenchymschäden jeglicher Pathogene- bungen und sind daher nur nach Entfernung der Lipide (Ausschütteln mit Frigen) zu analysieren. Im Referenzbereich werden nur geringe Extinktionsdifferenzen gemessen, deshalb ist hier die analytische Präzision eingeschränkt. Da bei mehr als der Hälfte der 4.2 Enzymaktivitätsbestimmungen Seren anfangs unspezifische Störreaktionen (durch Pyruvat und Ammoniak in der Probe) auftreten, wird eine 5-minütige Vorinkubation empfohlen, bevor die eigentliche Reaktion mit 2-Ketoglutarat gestartet wird. 쐍 Bewertung/Pathophysiologie Die GLDH ist ein weitgehend leberspezifisches Enzym, das ausschließlich in den Mitochondrien lokalisiert ist. Das Enzym dient vorwiegend der Eliminierung von Ammoniak. Dieses wird durch die GLDH als Glutamat gebunden und damit entgiftet. Schwere Leberzellschäden, wie Leberdystrophie, nekrotisierende Hepatitis, Lebermetastasen oder Verschlussikterus, induzieren eine relativ hohe GLDH-Aktivität im Serum. 4.2.7 Cholinesterase (CHE) 쐍 Charakterisierung Unter dem Oberbegriff »Cholinesterase« verbirgt sich eine Gruppe von Enzymen. Neben der substratspezifischen Acetylcholinesterase, die im Gehirn und Muskel an den Endplatten den Neurotransmitter Acetylcholin spaltet, existiert eine unspezifische Cholinesterase (auch Serum- oder Pseudocholinesterase genannt), die aus der Leber stammt. Die Cholinesterase (CHE) katalysiert die Reaktion: CHE Thiocholin Butyrylthiocholin + H2O ˇ k k + Butyrat ˇ k k Thiocholin + 2-Nitro-5-mercaptobenzoat 5,5’-Dithiobis- ˇ k k + 5-Mercaptothiocholin2-nitrobenzoat Nitrobenzoat ˇ k k 쐍 Bestimmungsmethode In der Primärreaktion wird Butyrylthiocholin durch CHE gespalten; die freiwerdende SHGruppe des Thiocholins reagiert in der Indikatorreaktion mit Ellman-Reagens (5,5’-Dithiobis-2-nitrobenzoat) und setzt dabei das gelb gefärbte 2-Nitro-5-mercaptobenzoat frei, des- 95 sen Extinktion bei 405 nm zeitabhängig registriert wird. Die spezifische Acetylcholinesterase wird qualitativ mit Elektrophorese oder quantitativ photometrisch mit dem Substrat Acetylthiocholin unter Zusatz von Inhibitoren der Pseudocholinesterasen bestimmt. 쐍 Referenzbereich Serum/Plasma: 5 300−12 900 U/l Junge Frauen, insbesondere bei Einnahme von oralen Kontrazeptiva, haben etwas niedrigere Werte. 쐍 Bewertung/Pathophysiologie Die Höhe der Serumaktivität der CHE hängt von der Leberparenchymmenge ab und ist ein Indikator der Proteinsynthese in der Leber. Bei allen Formen chronischer Lebererkrankungen, insbesondere bei der Leberzirrhose, wird die Erniedrigung der CHE als empfindlicher Verlaufsparameter gewertet. Vergiftungen mit Alkylphosphaten (z. B. E 605, ein insektizides Organophosphat) lassen sich frühzeitig und empfindlich durch die Analyse der CHE nachweisen. Erniedrigte Aktivitäten der CHE finden sich jedoch nicht nur bei Intoxikationen mit Alkylphosphaten, Insektiziden, Knollenblätterpilzen usw., sondern auch bei angeborenen Enzymvarianten. Bei manchen dieser Varianten der CHE besteht im Rahmen von Narkosen die Gefahr einer malignen Hyperthermie. Weiterhin ist für die Anästhesie von Bedeutung, dass die CHE Muskelrelaxanzien, wie z. B. Succinylbischolin, abbaut. Bei stark erniedrigten CHEAktivitäten oder angeborenen CHE-Varianten können daher Narkosezwischenfälle (verlängerte Apnoe) auftreten. Erhöhte Aktivitäten der CHE werden bei starken Proteinverlusten (bei nephrotischem Syndrom, bei exsudativer Enteropathie) gemessen. Hierbei ist die Ursache des Aktivitätsanstiegs eine kompensatorisch angeregte Proteinsynthese. 96 4 Diagnostischer Einsatz klinisch-chemischer Methoden 4.2.8 Creatinkinase (CK) 쐍 Charakterisierung Die Creatinkinase katalysiert die Reaktion: CK Creatinphosphat + Glucose ˇ k Creatin + ATP ˇ k Zur Aktivitätsbestimmung schließen sich eine Hilfs- und eine Indikatorreaktion an: Hexokinase ˇ k k k ATP + Glucose ˇ k k k ADP + Glucose-6-phosphat Glucose-6-phosphat G-6-PDH 6-Phosphogluconat ˇ k k k + NADPH + H+ + NADP+ ˇ k k k 쐍 Bestimmungsmethode Die CK wird nach einer optimierten Standardmethode bestimmt. Die pro Zeiteinheit gemessene Zunahme der NADPH-Konzentration ist der CK-Aktivität proportional. Da die CK nach der Blutentnahme durch Oxidation einer für die katalytische Wirkung erforderlichen SHGruppe schnell inaktiviert wird, muss sie vor der Bestimmung durch Zugabe von Reagenzien, die SH-Gruppen enthalten, reaktiviert werden. In der optimierten Standardmethode kommt diese Rolle dem N-Acetylcystein (NAC) zu. 쐍 Referenzbereich Serum/Plasma: Männer: 울 190 IU/l Frauen: 울 167 IU/l ! 쐍 Fehlerquellen Hämolytische Seren dürfen nicht analysiert werden, da aus den Erythrozyten große Mengen Adenylatkinase freigesetzt werden, die als Störreaktion die Umsetzung von ADP zu AMP und ATP katalysiert. Bewertung/Pathophysiologie Die CK kommt v. a. in Zellen der Herz- und Skelettmuskulatur, aber auch im ZNS vor. Das Enzym ist überwiegend in löslicher Form im Zytoplasma lokalisiert. Es handelt sich um ein dimeres Enzym, das aus zwei unterschied- lichen Typen von Untereinheiten aufgebaut sein kann – dem Muskeltyp »M« und dem Gehirntyp »B« (brain). Daraus resultieren die folgenden drei Isoenzyme: 쐌 CK-MM, das Skelettmuskelenzym, 쐌 CK-MB, das Herzmuskelenzym, und 쐌 CK-BB, das Gehirnenzym. Allerdings ist die Verteilung der Isoenzyme in diesen Organen nicht exklusiv. Im Skelettmuskel werden neben der überwiegenden CKMM- auch 3−5 % CK-MB-Aktivität gefunden, während im Herzmuskel neben 60 % CK-MMauch 40 % CK-MB-Aktivität vorliegen. Aufgrund dieser Tatsache eignet sich die spezifische Bestimmung des CK-MB-Isoenzyms besonders zur Herzinfarktdiagnose. Lediglich das ZNS enthält ausschließlich CK-BB. Erhöhte Aktivitäten der CK im Serum finden sich vor allem bei folgenden Erkrankungen: akuter Myokardinfarkt (Enzymanstieg nach 4− 6 h), Myokarditis, Schädigungen der Skelettmuskulatur (harte körperliche Arbeit, Leistungssport, Muskeltraumen, z. B. intramuskuläre Injektionen von Medikamenten, epileptische Anfälle, maligne Hyperthermie), Erkrankungen der Skelettmuskulatur (progressive Muskeldystrophie Typ Duchenne), Myositis, Polymyositis, Dermatomyositis. 4.2.9 Creatinkinase, MB-Isoenzym (CK-MB) 쐍 Bestimmungsmethode Durch Zusatz eines Antikörpers gegen die Untereinheit M der Creatinkinase zum Serum werden die CK-MM und der M-Anteil der CK-MB gehemmt, sodass nur die Aktivität von B-Untereinheiten bestimmt wird. Dies geschieht mit der unter 4.2.8 beschriebenen optimierten CK-Standardmethode. Da das Serum normalerweise keine CK-BB enthält, entspricht unter diesen Bedingungen das Resultat dem B-Anteil der CK-MB.