Bachelorarbeit Die Leber

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MEDIZINISCHE UNIVERSITÄT GRAZ
BACHELORSTUDIUM GESUNDHEITS- UND PFLEGEWISSENSCHAFT
Bachelorarbeit
Die Leber – das zentrale
Stoffwechselorgan des Menschen
Sabrina Lichtenegger
Datum der Einreichung: 01.09.2014
Begutachterin:
Ao.Univ.-Prof. Dr.phil. Anna Gries
Institut für Physiologie
Harrachgasse 21/V
8010 Graz
Lehrveranstaltung:
Physiologie
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet und die den
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe.
Graz, am 01. September 2014
Sabrina Lichtenegger eh
Zusammenfassung
Ziel
Ziel dieser Arbeit ist es, die Leber und deren Aufgabe im Energiestoffwechsel zu
beschreiben. Zudem sollen die Folgen von Störungen des Energiestoffwechsels erörtert
werden. Daher lauten die Forschungsfragen wie folgt:
1. Welche für den Energiestoffwechsel relevanten Prozesse finden in der Leber statt?
2. Welche Auswirkungen haben Stoffwechselstörungen auf den Gesamtorganismus?
Methode
Durch eine empirische Literaturrecherche werden die relevanten Literaturquellen ausfindig
gemacht und das Thema eingegrenzt. Bereitgestellt wird die Literatur aus den Bibliotheken
der Medizinischen Universität Graz und der Karl-Franzens-Universität Graz; zudem
werden auch Onlineressourcen wie die Datenbank PubMed hinzugezogen.
Ergebnisse
In der Leber wird Glukose mittels Glykolyse verbrannt sowie in Form von Glykogen
gespeichert. In Hungerzeiten stellt sie mittels Glukoneogenese selbst Glukose her.
Fette werden in der Leber unter anderem zu Cholesterin synthetisiert. Fettsäuren
verbrennt sie in der β-Oxidation zur Energiebereitstellung.
Die Leber ist auch ein Ort der Proteinsynthese: Es werden Plasmaproteine sowie Enzyme
hergestellt. Außerdem baut die Leber Muskelprotein zur Versorgung lebenswichtiger
Organe um; den toxischen Ammoniak wandelt sie in den unschädlichen Harnstoff um.
Stoffwechselstörungen haben enorme Auswirkungen auf den Gesamtorganismus.
Diabetes mellitus führt neben weiteren Spätkomplikationen zu Makro- und
Mikroangiopathien, die letal als Herzinfarkt, Schlaganfall oder Niereninsuffizienz enden
können. Hyperlipoproteinen führen zu Arteriosklerose und erhöhen damit das Risiko, einen
Herzinfarkt zu erleiden. Kann der toxische Ammoniak nicht abgebaut werden, führt er im
Gehirn zu weitreichenden Schäden und neurologischen Defiziten.
Diskussion
Stoffwechselstörungen beeinträchtigen den Organismus auf verschiedene Weise und
können ebenso letal enden. Vor allem erworbene Störungen sind weit verbreitet und deren
schwerwiegende Spätkomplikationen werden von den Betroffenen oftmals unterschätzt.
Viele Erkrankungen wären mit einer Ernährungsumstellung und vermehrter körperlicher
Aktivität zu heilen. Leider sind sich viele Erkrankte dessen nicht bewusst.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ............................................................................................................. 1
2. Morphologie der Leber ......................................................................................... 3
2.1 Anatomie ....................................................................................................... 3
2.2 Histologie ....................................................................................................... 5
2.3 Pfortaderkreislauf........................................................................................... 7
3. Der Energiestoffwechsel ...................................................................................... 8
3.1 Der Kohlenhydratstoffwechsel ..................................................................... 10
3.1.1 Glykolyse ............................................................................................ 10
3.1.2 Glukoneogenese ................................................................................. 14
3.2 Der Fettstoffwechsel .................................................................................... 16
3.2.1 β-Oxidation ......................................................................................... 17
3.2.2 Cholesterinbiosynthese ...................................................................... 20
3.3 Der Proteinstoffwechsel ............................................................................... 22
3.3.1 Proteinsynthese .................................................................................. 23
3.3.2 Proteolyse & Harnstoffzyklus .............................................................. 26
4. Störungen des Energiestoffwechsels ................................................................. 29
4.1 Kohlenhydratstoffwechselstörungen ............................................................ 29
4.2 Fettstoffwechselstörungen ........................................................................... 33
4.3 Proteinstoffwechselstörungen ...................................................................... 37
5. Schlussfolgerung und Diskussion ...................................................................... 39
6. Literaturverzeichnis ............................................................................................ 42
7. Abbildungsverzeichnis........................................................................................ 44
1. Einleitung
Der Stoffwechsel des Menschen – ein komplexer Vorgang, dessen Dreh- und Angelpunkt
die Leber ist. Ein sehr relevantes Thema, wenn man bedenkt, dass die Prozesse des
Stoffwechsels auch den Ausgangspunkt für zahlreiche Pathologien bieten.
Stoffwechselstörungen können mitunter schon als Gesellschaftsproblem bezeichnet
werden. Die Zahl an Personen, die an Diabetes mellitus oder einer Hyperlipidämie leiden,
steigt rasant an, um nur zwei der Stoffwechsel-Entgleisungen zu erwähnen.
Auch die Funktion der Leber ist sehr vielfältig. Sie wirkt nicht nur als exokrine Drüse,
indem sie die Galle produziert und abgibt, die für die Verdauung essentiell ist. Wie bereits
erwähnt, ist sie auch stark in den Intermediärstoffwechsel involviert. Sie filtert die
Nährstoffe im Blut, scheidet sie gegebenenfalls aus oder baut sie um. So wandelt sie
beispielsweise Glukose in ihre speicherbare Form Glykogen um. Des Weiteren speichert
sie auch Vitamine und Spurenelemente. Als Entgiftungsorgan ist sie befähigt, Hormone
und Medikamente zu inaktivieren. In der Fetalzeit war sie der Ort der Blutbildung und noch
heute leistet sie einen wichtigen Beitrag zu den Blutbestandteilen – sie produziert
Plasmaproteine und Blutgerinnungsfaktoren (vgl. Anderhuber et al. 2012, p. 546).
Ziel dieser Arbeit ist es, die Leber und deren Aufgabe im Energiestoffwechsel zu
beschreiben. Zudem sollen die Folgen von verschiedenen Stoffwechselstörungen auf den
Gesamtorganismus erörtert werden.
Daher lauten die Forschungsfragen wie folgt:

Welche für den Energiestoffwechsel relevanten Prozesse finden in der Leber statt?

Welche Auswirkungen haben Stoffwechselstörungen auf den Gesamtorganismus?
Um diese zu beantworten, wird in dieser Arbeit auf die Methode der empirischen
Literaturrecherche zurückgegriffen. Hinzugezogen wird Literatur aus den Bibliotheken der
Medizinischen Universität Graz und der Karl-Franzens-Universität Graz; zudem werden
Internet-Recherchen in der Datenbank PubMed, dem Onlinekatalog des klinischen
Wörterbuches Pschyrembel und diversen fachspezifischen Internetseiten durchgeführt.
1
Zu Beginn der Arbeit soll die Morphologie der Leber durch einen Einblick in die Anatomie
und Histologie nähergebracht werden; dies ist wichtig um die Funktionsweise dieses
Organes besser zu verstehen.
Anschließend soll der Energiestoffwechsel des Menschen betrachtet werden. Dessen
Komponenten – der Kohlenhydratstoffwechsel, der Fettstoffwechsel und der
Proteinstoffwechsel – finden natürlich nicht ausschließlich in der Leber statt, jedoch
begrenzt sich diese Arbeit auf die dort stattfindenden Prozesse. Diese biochemischen
Mechanismen sollen aber im Zusammenhang mit dem Zustand des Gesamtorganismus
verstanden werden; Begriffe wie Resorptionsphase und Postresorptionsphase sollen
daher nicht unerwähnt bleiben.
Darauffolgend werden Pathologien des Energiestoffwechsels vorgestellt. Die
Verstoffwechselung eines jeden Nährstoffes kann auf verschiedene Weisen gestört sein;
der Hauptfokus liegt in der vorliegenden Arbeit aber auf der Beschreibung der Krankheiten
Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie und Phenylketonurie und Hyperammoniämie.
In der Schlussfolgerung dieser Arbeit sollen noch einmal alle gesammelten Erkenntnisse
zusammengefasst werden, um die Forschungsfragen zufriedenstellend zu beantworten.
2
2. Morphologie der Leber
In diesem Kapitel soll der Aufbau des Organs betrachtet werden. Neben der anatomischen
und histologischen Beschreibung des Organs selbst liegt der Fokus auf der
Blutversorgung der Leber, da der Pfortaderkreislauf unerlässlich für die Funktionsweise
des Stoffwechsels ist. Daher ist ihm auch ein eigenes Unterkapitel gewidmet.
2.1 Anatomie
Die Leber ist mit einem Gewicht von etwa 1.500 Gramm das größte Organ des
Verdauungssystems; das auch Hepar genannte Organ entwickelt sich in der vierten
Embryonalwoche aus dem hepatopankreatischen Ring des Vorderdarms. Beim
Neugeborenen ist die Leber relativ zum Körpergewicht gesehen viel größer als beim
Erwachsenen; im Alter atrophiert sie. Außerdem nimmt ihr Volumen während des
Verdauungsvorganges zu (vgl. Anderhuber et al. 2012, pp. 536f.).
Abbildung 1: Lage der Leber. Fritsch & Kühnel 2009, p. 213.
Durch ihre Verwachsung mit dem Zwerchfell folgt die Leber nicht nur den
Atembewegungen, sie passt sich auch der Form der Zwerchfellkuppeln an, die sie kranial
begrenzen; damit liegt der Leber-Oberrand rechts auf Höhe des vierten Intercostalraumes
und links etwas tiefer, im Bereich des fünften Intercostalraumes. Der tastbare LeberUnterrand reicht rechts etwa bis zum rechten Rippenbogen hinunter und verläuft dann
schräg nach oben zur rechten Körperhälfte. Dabei folgt sie einer Linie, die sich zwischen
3
dem Ansatz des Rippenknorpels der neunten Rippe rechts und der Knochenknorpelgrenze
der siebenten Rippe links erstreckt (vgl. Anderhuber et al. 2012, pp. 538f.).
Abbildung 1 soll diese Lagebeziehungen verdeutlichen.
Die Form der Leber ist aufgrund ihrer weichen Struktur geprägt von den ihr anliegenden
Organen. Bis auf die dreieckige Area nuda, an der die Leber mit dem Zwerchfell
verbunden ist, ist die Leber vom Peritoneum viscerale, dem inneren Blatt des Bauchfelles,
überzogen, weshalb ihre Oberfläche glänzend und glatt erscheint. Sie gliedert sich in eine
bauchwärts zeigende, konkave Facies visceralis und eine den Rippen zugewandte,
konvexe Facies diaphragmatica. Der Unterrand der Leber, Margo inferior wird durch das
Ligamentum teres hepatis eingeschnitten; diese Stelle wird Incisura lig. teretis genannt
(vgl. Anderhuber et al. 2012, p. 537).
An der Facies diaphragmatica (vgl. Abbildung 2) kann man dorsokranial die Area nuda
erkennen; dieser auch Pars affixa genannte Bereich ist in der Abbildung als hellbraune,
dreieckige Fläche gekennzeichnet. Sie ist durch das Kranzband (Ligamentum
coronarium), das sich aus dem Ligamentum triangulare dextrum und sinistrum
zusammensetzt, vom Rest der Leberoberfläche, der als Pars libera bezeichnet wird,
abgegrenzt. Am Lobus hepaticus dexter kann man schräge Furchen erkennen, die durch
das enge Anliegen an den Rippen entstehen (vgl. Anderhuber et al. 2012, p. 537).
Abbildung 2:
Leber des Erwachsenen. Facies diaphragmatica. Anderhuber et al. 2012, p. 537.
4
Die Eingeweidefläche der Leber, die Facies visceralis, weist aufgrund ihrer engen
Lagebeziehungen Abdrücke von den Nachbarorganen auf: Am linken Lappen sind dies die
Impressio oesophagealis durch den Bauchabschnitt der Speiseröhre und die Impressio
gastrica durch die kleine Kurvatur des Magens. Am rechten Leberlappen hinterlassen die
rechte Niere und die rechte Nebenniere die Impressio renalis und suprarenalis. Hier
erzeugen auch Colon und Duodenum Abdrücke, die Impressio colica und die Impressio
duodenalis. Der Magenpförtner erzeugt am Lobus quadratus eine Impressio pylorica. Im
Zentrum der Facies visceralis liegt die Leberpforte, Porta hepatis, an der die Pfortader mit
der Lebervene und –arterie und den Lebergängen ein- und austritt. Links davon verläuft
die Nebengrenzspalte der Leber, die Fissura sagittalis sinistra. Rechts neben der
Leberpforte bildet die Fissura sagittalis dextra die Hauptgrenzspalte. Die
Hauptgrenzspalten und die Leberpforte ergeben zusammen das „H“ der Leber. Außerdem
schnürt die Fissura sagittalis dextra vom rechten Lappen hinten den Lobus caudatus und
vorne den Lobus quadratus ab (vgl. Anderhuber et al. 2012, p. 538.). Diese anatomischen
Bezeichnungen können mithilfe der Abbildung 3 nachvollzogen werden.
Abbildung 3: Leber des Erwachsenen. Facies visceralis. Anderhuber et al. 2012, p. 539.
2.2 Histologie
Lichtmikroskopisch kann man eine Kapsel aus straffem Bindegewebe erkennen, die das
Organ überzieht – die Capsula fibrosa, auch Glisson-Kapsel genannt. Dieses
Bindegewebe zieht mit blutführenden Gefäßen durch die Leberpforte bis ins Innere des
Organes, wo es an den periportalen Feldern die Capsula fibrosa perivascularis bildet und
die Gefäße umhüllt (vgl. Hartmann et al. 2011, p. 125).
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Wie Abbildung 4 zeigt, ist die Leber aus Läppchen aufgebaut; diese werden
Zentralvenenläppchen genannt. Sie sind von unregelmäßiger Form und etwa ein bis zwei
Millimeter groß. Die Mitte eines solchen Läppchens bildet eine Zentralvene, in die die
radiär auf sie ausgerichteten Lebersinus münden. Die Lebersinus sind Kapillaren und
verfügen über ein sogenanntes diskontinuierliches Endothel – das heißt ihre Wände sind
sehr dünn und von zahlreichen Poren durchsetzt; an ihrer Lumenseite befinden sich
Kupffer-Zellen, die im Sinne der Immunabwehr Phagozytose betreiben. Jede der
Leberzellen (Hepatozyten) grenzt mit mindestens einer Seite an einen Lebersinus.
Zwischen deren Zellmembran und dem Endothel der Kapillare liegt der sogenannt DisseRaum, in dem der Stoffaustausch stattfindet. „Hier werden Stoffe aus dem Blut
aufgenommen (z. B. Glukose, Aminosäuren, auszuscheidende Stoffe) und
Syntheseprodukte (z. B. Proteine) und Glukose an das Blut abgegeben“ (zit. nach
Hartmann et al. 2011, p. 126). In diesem Bereich findet man auch Ito-Zellen, die mithilfe
von Fetttröpfchen Vitamin A in ihrem Zytoplasma speichern können. Außerdem liegen
auch die Hepatozyten einander unmittelbar an: Zwischen ihnen werden die dicht
abgeschlossenen Gallenkanälchen gebildet, in die die von den Hepatozyten produzierte
Galle hinein sezerniert wird. Diese Kanälchen ziehen an die Enden der Läppchen, wo sie
in die intralobulären Gallengänge übergehen (vgl. Hartmann et al. 2011, p. 126).
Abbildung 4:
Leberläppchen. Vergrößerung 4x. Hartmann et. al 2011, Übungs-DVD.
Leberläppchen (gelb), Zentralvene (rot) und periportales Feld (grün)
6
Dort, wo mindestens drei Zentralvenenläppchen aneinander grenzen, bildet sich ein
periportales Feld. Hier liegen, eingebettet in die Capsula fibrosa perivascularis, die Venae
interlobulares, die Arteriae interlobulares und die Ductus interlobulares biliferi; gemeinsam
werden sie Glisson-Trias genannt (vgl. Hartmann et al. 2011, p. 127).
2.3 Pfortaderkreislauf
Die Pfortader, Vena portae, steht im Dienste des Gesamtorganismus und wird deshalb als
Vas publicum der Leber bezeichnet. Sie entsteht aus dem Zusammenfluss der Vena
mesenterica inferior, der Vena mesenterica superior, der Vena splenica und der linken und
rechten Vena gastrica; diese werden als Pfortaderwurzeln bezeichnet. „Die Pfortader führt
das mit Hormonen (Pankreas), Nährstoffen und Stoffwechselzwischenprodukten (Darm)
sowie Abbaustoffen (Milz) beladene Blut direkt zur Leber. Sie sammelt das Blut aus dem
größten Teil des Darmkanals, von der Cardia des Magens bis zur oberen Hälfte des
Mastdarmes, vom Pankreas und von der Milz. Hinter dem Pankreas vereinigen sich 4
Venen (Pfortaderwurzeln) zum Hauptstamm“ (zit. nach Anderhuber et al. 2012, p. 544).
Im Bereich der Leberpforte teilt sich die Vena portae in einen linken und einen rechten Ast
auf, welche am periportalen Feld zu Venae interlobulares zerfallen und schließlich in die
Lebersinusoide münden (vgl. Anderhuber et al. 2012, pp. 544f.).
Neben diesem Pfortaderkreislauf bedarf es noch eines weiteren Systems, das der
Versorgung der Leber mit Sauerstoff und Nährstoffen dient. Die deshalb als Vas privatum
bezeichnete Arteria hepatica propria bildet somit das Hochdrucksystem der Leber (vgl.
Anderhuber et al. 2012, p. 539). Sie teilt sich auf in die linke und rechte Leberarterie. Im
Leberparenchym teilen sich diese Äste in Segmentarterien, die anschließend zu den
Arteriae interlobulares zerfallen. Sie ziehen mit den beiden anderen Gefäßen der Glisson
Trias zu den periportalen Feldern. Schließlich gehen sie über in die Lebersinusoide (vgl.
Anderhuber et al. 2012, p. 544).
Somit fließt sowohl das arterielle Blut des Vas privatum als auch das nährstoffreiche Blut
des Vas publicum in die Lebersinusoide, wo sich das Blut mischt. Dieses kommt in die
Zentralvenen der Leberläppchen. Mehrere solcher Zentralvenen bilden gemeinsam
Sammelvenen, welche schließlich in die Lebervenen münden und das Blut an die untere
Hohlvene abgeben (vgl. Hartmann et al. 2011, p. 127).
7
3. Der Energiestoffwechsel
Aufgabe des Energiestoffwechsels ist es – wie der Name an sich schon deutlich macht –
den Organismus adäquat mit Energie zu versorgen. Da wir nicht kontinuierlich Nährstoffe
über die Nahrung aufnehmen, kommt es zwangsläufig zur Unterscheidung von zwei
verschiedenen Stoffwechsellagen – der Resorptionsphase und der Postresorptionsphase.
Erstere stellt sich unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme ein. Der Körper bekommt ein
Überangebot an Nährstoffen, das es durch die Leber zu portionieren und zu verteilen gilt.
Ist eine Mahlzeit schon einige Zeit her, müssen die gespeicherten Reserven für den
Organismus wieder bereitgestellt werden; man spricht nun von der Postresorptionsphase
(vgl. Horn et al. 2005, p. 350).
Geregelt werden diese Vorgänge fast ausschließlich durch fünf verschiedene Hormone.
Ihr gemeinsamer Wirkmechanismus ist die Beeinflussung des Glukosespiegels im
Blutplasma; nicht nur deshalb ist die Glukose eines der zentralen Moleküle im
Energiestoffwechsel. Die hauptverantwortlichen Hormone der Blutzuckerregulation sind
das Insulin, das als einziges den Blutzuckerspiegel zu senken vermag und das Glukagon,
welches ihn steigen lässt – so wird der physiologische Spiegel von 80-120mg/dl gehalten.
Zudem bewirkt temporärer Stress mittels Adrenalin-Ausschüttung das Ansteigen des
Glukosespiegels; bei chronischer Stress-Exposition vermitteln Glukokortikoide die
Erhöhung; auch Schilddrüsenhormone tragen zur längerfristigen Anhebung des
Blutglukosespiegels bei (vgl. Horn et al. 2005, p. 350).
Die Resorptionsphase
In der Resorptionsphase steigt die Konzentration von Glukose, Aminosäuren und Lipiden
im Blutplasma stark an; darauf antwortet der Organismus mit der Ausschüttung des
anabolen Hormons Insulin. Es bewirkt die Verarbeitung und Speicherung von Glukose.
In der Leber werden also die Produktion von Glykogen, der Speicherform der Glukose und
auch die Fettsäuresynthese initiiert.
Im Fettgewebe wird Insulin-vermittelt Lipogenese betrieben; das heißt die Fettsäuren aus
der Leber werden in ihre Speicherform Triacylglycerin umgewandelt und im Fettgewebe
als Reserve gespeichert. Das Fettgewebe gewinnt die für diesen Prozess notwendige
Energie aus der Glykolyse – die dazu notwendige Glukose ist in der Resorptionsphase
ohnehin zur Genüge im Blut vorhanden.
Im Muskelgewebe sind die Stoffwechselprozesse eher der Arbeitsleistung als dem
Substratangebot angepasst. Jedoch füllt auch die Muskulatur bei großem
8
Nährstoffangebot seine Glykogen- und Kreatin-Reserven auf; resorbierte Aminosäuren
werden zu Proteinen umgewandelt.
Der Herzmuskel braucht eine konstant hohe Energiezufuhr und verbrennt – wie glatte
Muskelzellen – hauptsächlich Fettsäuren im Rahmen der β-(„Beta“)-Oxidation und
Glukose über die Glykolyse. Herzmuskelzellen vermögen zudem auch Laktat und
Ketonkörper zur Energiebereitstellung zu verwerten.
Hirn- und Nervengewebe sind auf die Bereitstellung von Glukose angewiesen – sie
gewinnen ihre Energie ausschließlich durch Glykolyse. Herrscht jedoch große Knappheit
der Glukosereserven, sind sie in der Lage, auch Ketonkörper zu verstoffwechseln um den
Energiebedarf zu decken (vgl. Horn et al. 2005, pp. 538f.).
Die Postresorptionsphase
Diese Phase ist geprägt durch das Wirken des Hormons Glukagon; allgemein vermittelt es
die Freisetzung von Nährstoffen aus ihrer Speicherform zur Energiebereitstellung.
Die Leber stellt vor allem die Glukose für Gehirn, Nierenmark und Erythrozyten bereit, da
sie deren obligate Energiequelle darstellt. In erster Linie werden die Glykogenspeicher
abgebaut; ist dies zu wenig betreibt sie Glukoneogenese: neue Glukosemoleküle werden
aus anderen Nährstoffen wie Aminosäuren, Glycerin und Laktat aufgebaut. Außerdem
betreibt die Leber mittels Fettsäuren aus dem Fettgewebe die Biosynthese von
Ketonkörpern; verstoffwechseln kann sie die Leber selbst allerdings nicht.
Im Fettgewebe initiiert das Glukagon die Lipolyse: Das Enzym Lipase spaltet das
Speicherfett in Glycerin und Fettsäuren; Glycerin wird zur Glukoneogenese in der Leber
verwendet und die Fettsäuren werden einerseits durch β-Oxidation in Muskeln, Herz und
Nierenrinde verbrannt und andererseits in der Leber zur oben bereits angesprochenen
Ketonkörper-Biosynthese verwendet.
Das Muskelgewebe deckt seinen Energiebedarf in der Postresorptionsphase über den
Verbrauch seiner Kreatinphosphat-Reserven. Ist dieser Vorrat erschöpft, betreibt es –
gefördert von Adrenalin und hohem Kalziumspiegel – Glykogenolyse zur
Glukosegewinnung und -verstoffwechselung. Während einer länger andauernden
Hungerperiode allerdings beginnt die Muskelzelle Proteolyse zu betreiben: Proteine
werden abgebaut, um der Leber Aminosäuren zur Biosynthese von Ketonkörpern für die
obligaten Glukoseverwerter bereitzustellen.
Das Herz lässt sich wie das Gehirn und die Erythrozyten von anderen Organen mit
Nährstoffen versorgen; Glukose und auch Ketonkörper sichern ihnen die
Energieversorgung (vgl. Horn et al. 2005, pp. 539f.).
9
3.1 Der Kohlenhydratstoffwechsel
Im Kohlenhydratstoffwechsel geht es um die kontinuierliche Versorgung aller Organe des
menschlichen Organismus mit Glukose. Für das Gehirn und die Erythrozyten ist sie wie
bereits erwähnt unabdinglich zur Energieversorgung; die roten Blutkörperchen
verbrauchen pro Stunde rund 1,5 Gramm Glukose, das Gehirn ganze sechs Gramm.
Durchschnittlich werden bei einer Mahlzeit aber dreißig bis sechzig Gramm Glukose
aufgenommen. Dieses Überangebot an Monosacchariden aus der Nahrung wird im Darm
resorbiert und gelangt über die Pfortader in die Leber, wo die Verstoffwechselung
stattfindet (vgl. Horn et al. 2005, pp. 540f.).
In der Resorptionsphase werden, abhängig vom Energiebedarf, verschiedene
Stoffwechselprozesse in Gang gesetzt: Überschüssige Glukose wird als Reserve in Form
von Glykogen gespeichert. Die Glykolyse hingegen stellt sofort Energie bereit, indem die
Glukosemoleküle verbrannt werden; da die Glykolyse ein sehr wichtiger Prozess ist, wird
sie in Kapitel 3.1.1 noch einmal genauer beschrieben. Neben der Speicherung und
Verbrennung kann die Glukose auch noch zur Produktion von Glykoproteinen im
Blutplasma herangezogen werden und dient der Produktion von Nukleotiden und anderen
wichtigen Molekülen (vgl. Horn et al. 2005, p. 541).
In der Hungerphase ist der Kohlenhydratstoffwechsel davon geprägt, dass die Leber alle
anderen Organe mit ausreichend Glukose versorgt. Dafür werden die Glykogenspeicher
aufgebraucht, was etwa 4,5 Gramm Glukose pro Stunde bringt. Ist dies nicht ausreichend,
beginnt die Leber zusätzlich Glukoneogenese zu betreiben: aus Laktat, Aminosäuren
sowie Glycerin werden pro Stunde etwa drei Gramm Glukose bereitgestellt (vgl. Horn et al.
2005, p. 541). Da die Glukoneogenese ebenfalls ein essentieller Stoffwechselweg ist, wird
in Kapitel 3.1.2 noch einmal genauer auf darauf eingegangen.
3.1.1 Glykolyse
Die Glykolyse findet in jeder unserer Körperzellen statt und dient der Energiegewinnung.
Die Glukose wird, dem Schema in Abbildung 5 folgend, aerob zu Pyruvat oder anaerob zu
Laktat umgewandelt, wobei Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) frei wird. Der
aerobe Weg bringt wesentlich mehr Energie, jedoch ist die Laktat-produzierende Variante
bei Sauerstoffmangel lebensrettend für unsere Körperzellen (vgl. Horn et al. 2005, p. 77).
10
Abbildung 5: Glykolyse. Horn et al. 2009, p. 83.
11
Grundprinzip der im Zytoplasma der Zelle stattfindenden Glykolyse ist es, Energie
freizusetzen, indem Verbindungen gespalten werden, die im Rahmen des Abbaus von
Glukose entstehen. Unter diesem Aspekt kann man zwei Phasen der Glykolyse
unterscheiden: Die ersten fünf Reaktionsschritte gehören zur Vorbereitungsphase, in der
zunächst Energie – also ATP – vom Körper zur Verfügung gestellt werden muss, um die
zweite Phase, die Phase der Energieerzeugung, überhaupt erst zu ermöglichen (vgl. Horn
et al. 2005, p. 78).
Ziel der ersten Phase ist es, die aufgenommene Glukose in zwei Moleküle Glyceral-3Phosphat zu teilen – dabei handelt es sich um phosphorylierte 3er Zucker.
Zunächst gelangt die Glukose mittels eines Transporters in die Zelle, wo sie durch das
Enzym Hexokinase unter ATP-Verbrauch phosphoryliert wird; so entsteht Glukose-6Phosphat, welches aufgrund der Übertragung des Phosphatrestes das Zytoplasma nicht
mehr verlassen kann. Da es sich hierbei um eine irreversible Reaktion handelt (vgl.
Abbildung 5: Pfeil geht nur in eine Richtung), handelt es sich um eine der drei
Schlüsselreaktionen der Glykolyse.
Im nächsten Schritt verändert die Glukose-6-Phosphat-Isomerase die Form des Moleküls,
sodass Fruktose-6-Phosphat entsteht; diese Formveränderung ist wichtig für die spätere
Teilung des Zuckers.
Nun wird dem 6er Zucker noch ein weiterer Phosphatrest angehängt und Fruktose-1,6Bisphosphat entsteht – dies ist notwendig, damit nach der Aufspaltung jedes Molekül
immer noch phosphoryliert ist. Auch diese Phosphorylierung benötigt ATP und erfolgt
durch das Enzym Phosphofruktokinase. Dieser Reaktionsschritt ist sehr wichtig, da es sich
zum einen wieder um eine irreversible Reaktion handelt (Schlüsselreaktion) und zum
anderen auch am meisten Zeit in der ganzen Glykolyse benötigt; damit ist sie die
Schrittmacherreaktion. Wie auf Abbildung 5 ersichtlich, erfolgt eine strenge
Rückkoppelung mit anderen Substanzen – so hemmen zum Beispiel ATP, NADH/H+ und
Citrat die Phosphofruktokinase, da diese in einer Lage der guten Energieversorgung
zuhauf vorhanden sind und die Glykolyse damit nicht benötigt wird.
Jetzt kann die Teilung des 6er Zuckers in zwei 3er Zucker erfolgen: das Enzym Aldolase
spaltet Fruktose-1,6-Bisphosphonat in Glyceral-3-Phosphat und Glyceron-3-Phosphat; die
beiden Moleküle sind Isomere, das heißt ihre Atome sind identisch, jedoch unterscheidet
sich ihre Struktur. Daher muss das Enzym Triosephosphat-Isomerase das Glyceron- noch
in das Glyceral-3-Phosphat umwandeln. Damit können die beiden identischen Moleküle
nun in die Phase der Energiegewinnung eintreten (vgl. Horn et al. 2005, p. 78ff.).
12
Wie in Abbildung 5 ersichtlich, laufen nun alle Vorgänge doppelt ab, da ja zwei Moleküle
Glyceral-3-Phosphat aus einem Molekül Glukose bereitgestellt wurden.
Diese werden durch das Enzym Glyceral-3-Phosphat-Dehydrogenase oxidiert; dafür wird
ein Redoxpartner benötigt, nämlich das Coenzym NAD+, das infolge dieser Reaktion zu
NADH/H+ reduziert wird. So kann dem 3er Zucker ein anorganisches Phosphat angefügt
werden – es wird also ohne ATP-Verbrauch phosphoryliert (vgl. Horn et al. 2005, p. 80).
„Das Produkt ist 1,3-Bisphosphoglycerat mit einer energiereichen Säureanhydridbindung
am C1“ (zit. nach Horn et al. 2005, p. 80).
Im nächsten Schritt wird das erste Mal Energie erzeugt. Durch die Abspaltung des vorhin
eingefügten Phosphates und dessen Übertragung auf ADP entstehen pro Molekül Glukose
2 ATP; dies bewerkstelligt das Enzym Phosphoglycerat-Kinase, das damit einhergehend
das 1,3-Bisphosphoglycerat in 3-Phosphoglycerat ändert.
Bei diesem wird unter Einwirkung des Enzyms Phosphoglycerat-Mutase die
Bindungsstelle des Phosphats umgelagert, um die folgenden Reaktionen zu ermöglichen;
so entsteht 2-Phosphoglycerat (vgl. Horn et al. 2005, p. 80).
„Durch eine simple Wasserabspaltung mittels der Enolase entsteht Phosphoenolpyruvat,
das Molekül mit dem höchsten Phosphatgruppen-Übertragungspotential unseres Körpers
(…). Phosphoenolpyruvat ist damit wesentlich energiereicher als ATP (…) und kann daher
für die Herstellung von ATP aus ADP genutzt werden“ (zit. nach Horn et al. 2005, p. 80).
Nun folgt der letzte Schritt der Glykolyse. Die Pyruvat-Kinase, das letzte der drei
Schlüsselenzyme der Glykolyse, überträgt den Phosphatrest des Phosphoenolpyruvats
auf ADP; damit entstehen je zwei Moleküle Pyruvat und ATP (vgl. Horn et al. 2005, p. 81).
Was den Energiegewinn der Glykolyse betrifft, wurden somit nicht nur die zwei in der
Vorbereitungsphase investierten Moleküle ATP wieder hereingeholt, sondern auch weitere
zwei ATP Nettoausbeute erwirtschaftet. Zudem kann in der Weiterverarbeitung des
Pyruvats noch viel mehr Energie entstehen: Bei anaerober Stoffwechsellage – das heißt
es ist zu wenig Sauerstoff vorhanden, oder die entsprechende Zelle verfügt über keine
Mitochondrien zur Verarbeitung wie zum Beispiel die Erythrozyten – wird das Pyruvat
durch die Laktat-Dehydrogenase im Zytosol zu Laktat umgewandelt; das heißt es bleibt
bei den zwei ATP aus der Glykolyse. Unter aeroben Bedingungen jedoch kann das
Pyruvat in den Mitochondrien durch die Pyruvat-Dehydrogenase zu Acetyl-CoA abgebaut
werden, welches in den Citratzyklus einfließt und sehr viel Energie in Form von ATP bringt
(vgl. Horn et al. 2005, pp. 85, 90).
13
3.1.2 Glukoneogenese
In Horn et al. 2005 (p. 97) wird die Glukoneogenese folgendermaßen definiert: „Die
Glukoneogenese (gr. neo = neu; genesis = Erzeugung) ist die endogene Biosynthese von
Glukose aus Nicht-Zuckern.“ Sie dient der Energieversorgung der Glukose-abhängigen
Zellen, also vor allem der Erythrozyten und des Gehirns, während der
Hungerstoffwechsellage. Normalerweise reicht es aus, die in der Leber als Glykogen
gespeicherte Glukose abzubauen um deren Versorgung zu gewährleisten, jedoch ist
dieser Speicher mit 150 Gramm Glukose pro Tag begrenzt. Deshalb muss schon nach
einer Nacht Glukoneogenese betrieben werden; besonders während längerer
Fastenperioden oder nach sehr starker körperlicher Aktivität läuft dieser Reaktionszyklus
verstärkt ab (vgl. Horn et al. 2005, pp. 96f.).
Grundbausteine, aus denen endogen Glukose aufgebaut werden kann, sind Moleküle, die
gerade in der Hungerstoffwechsellage vermehrt vorhanden sind – allen voran das Laktat,
das beim anaeroben Stoffwechsel der Erythrozyten kontinuierlich anfällt; zudem wird es
auch in den Muskelzellen produziert, wenn schwere körperliche Arbeit verrichtet wird.
Abgesehen davon liefert die Muskulatur weitere Substrate für die Glukoneogenese: der
Proteinabbau kann hier relativ schnell vonstattengehen, und so ist Alanin gemeinsam mit
einigen anderen Aminosäuren rasch verfügbar. Auch das Fettgewebe ist an der
Glukoseherstellung beteiligt: die beim Fettabbau freiwerdenden Fettsäuren können zwar
nicht direkt in die Glukoneogenese einfließen, jedoch liefern sie der Leber die dafür nötige
Energie; zudem fällt bei diesem Prozess auch Glycerin an, das sehr wohl zum Aufbau der
Glukose verwendet werden kann (vgl. Horn et al. 2005, p. 100).
Wie in Abbildung 6 ersichtlich, gelangen alle diese Substrate aus dem Blutstrom in das
Zellplasma der Leberzellen und werden in die gemeinsame Glukose-Vorstufe Pyruvat
umgewandelt; Laktat benötigt dazu das Enzym Lakat-Dehydrogenase (LDH), Alanin die
Alanin-Transaminase (ALT). Wie das Pyruvat als Startpunkt der Glukoneogenese schon
nahelegt, kann man diesen Prozess im Großen und Ganzen als Umkehr der Glykolyse
ansehen – mit einigen wichtigen Veränderungen, die sich daraus ergeben, dass die drei
Schlüsselreaktionen der Glykolyse nicht frei umkehrbar sind wie die übrigen Reaktionen.
Man muss sie also umgehen, was zum einen den Einsatz anderer Enzyme erfordert und
zum anderen auch erklärt, warum die Glukoneogenese in drei verschiedenen
Zellkompartimenten stattfindet: dem Zytosol, dem Mitochondrium und dem
endoplasmatischen Retikulum (ER) (vgl. Horn et al. 2005, pp. 96f.).
14
Abbildung 6: Glukoneogenese. Horn et al. 2009, p. 101.
Wie auf Abbildung 6 ersichtlich, wird das Pyruvat in das Mitochondrium der Leberzelle
eingeschleust; dort erfolgt die Oxidation zum Oxalacetat mithilfe des Enzyms PyruvatCarboxylase, welches das Coenzym Biotin benötigt um die Reaktion zu ermöglichen.
Eben genanntes Oxalacetat muss zur weiteren Reaktionsabfolge wieder ins Zytoplasma
befördert werden, jedoch kann es die Mitochondrienmembran nicht durchdringen. Daher
wird es zunächst in Malat umgewandelt, welches problemlos die Barriere überwindet, um
15
dann im Zytosol wieder in Oxalacetat umgewandelt zu werden; dieser Ausweichprozess
wird als Malat-Shuttle bezeichnet. Auch NADH/H+, das für eine spätere Reaktion
gebraucht wird, gelangt so in das Zellplasma.
Nun kann die Reaktion des Oxalacetats zum Phosphoenolpyruvat erfolgen; dafür spaltet
das Enzym Phosphoenolpyruvat-Carboxykinase (PEP-CK) CO2 vom Oxalacetat ab und
hängt einen Phosphat-Rest an den nun entstandenen 3er Zucker an.
Die nun folgenden Reaktionsschritte bis zum Fruktose-1,6-Bisphosphat können auf
Abbildung 6 eingesehen werden; sie sind ident mit denen der Glykolyse, sie laufen nur
rückwärts ab.
Da die nun folgende Reaktion des Fruktose-1,6-Bisphosphat zum Fruktose-6-Phosphat
eine der Schlüsselreaktionen der Glykolyse umkehren soll, muss nun ein anderes Enzym
anstelle der aus der Glykolyse bekannten Phosphofruktokinase zum Einsatz kommen: die
Fruktose-1,6-Bisphosphatase; sie spaltet einen der beiden Phosphatreste des Fruktose1,6-Bisphosphats ab.
Das entstandene Produkt kann nun bei Bedarf reversibel in Glukose-6-Phosphat
umgewandelt werden, welches für die letzte, entscheidende Reaktion ins
endoplasmatische Retikulum (ER) eingeschleust werden muss.
Dort wird der verbliebene Phosphatrest abgespalten und freie Glukose, die ins Blut
abtransportiert werden kann, entsteht. Diese letzte Reaktion wird durch das Enzym
Glukose-6-Phosphatase bewerkstelligt, das nur in den Glukoneogenese-betreibenden
Zellen vorhanden ist (vgl. Horn et al. 2005, pp. 98f.).
3.2 Der Fettstoffwechsel
Lipide aus der Nahrung gelangen in der Resorptionsphase nicht wie alle anderen
Nährstoffe über den Pfortaderkreislauf zur Leber, sondern umgehen diese zunächst:
„Bemerkenswert ist, dass die Lipide nach der Aufnahme in die Darmzellen nicht ans Blut,
sondern ans Lymphsystem abgegeben werden. Erst über den Ductus thoracicus gelangen
die Lipide in den linken Venenwinkel und damit ins Blut. Der Grund für diesen Umweg ist
die Funktion der Lipide als Energiespeicher unseres Körpers: Nach der
Nahrungsaufnahme ist unser Körper mit reichlich Nährstoffen (Glukose, Aminosäuren,
Lipide) versorgt. Er muss also nicht auf die Lipide als Energiequelle zurückgreifen,
sondern kann sie als Energiespeicher – an der Leber vorbei – direkt ins Fettgewebe
transportieren“ (zit. nach Horn et al. 2005, p. 121).
16
Überschüssige Lipide, die vom Fettgewebe nicht als Triacylglycerin gespeichert werden,
kommen zurück in die Leber, wo sie entweder modifiziert und erneut zum Fettgewebe
entsandt werden oder aber zur Biosynthese verwendet werden: Aus den Fettsäuren
entstehen für den Organismus essentielle Moleküle wie Phosphoglyceride, die als
Membranbausteine fungieren und somit der Aufrechterhaltung des Zellmilieus dienen.
Eine der wichtigsten anabolen Funktionen der Leber im Bezug auf den Fettstoffwechsel ist
wohl ihre Fähigkeit zur Cholesterin-Biosynthese (vgl. Horn et al. 2005, p. 541).
Diese wird in Kapitel 3.2.2 daher detaillierter betrachtet.
In der Postresorptionsphase verarbeitet die Leber überschüssige Fettsäuren aus der
Peripherie bei der β-Oxidation zu Acetyl-CoA, einer sehr energiereichen Verbindung, oder
– bei Glukosemangel – zu Ketonkörpern zur Versorgung der Glukose-abhängigen Organe
(vgl. Horn et al. 2005, p. 541). Diesem Prozess widmet sich das nachfolgende Kapitel
3.2.1.
3.2.1 β-Oxidation
Der Abbau von Fettsäuren erfolgt über die β-Oxidation in den Mitochondrien aller
Körperzellen mit Ausnahme der Gehirnzellen – Fettsäuren können die Blut-Hirn-Schranke
nicht durchdringen – und der Erythrozyten; diese besitzen wie bereits erwähnt keine
Mitochondrien. Wichtigster Abbauort ist jedoch die Leber, die wie der Herzmuskel und die
Arbeitsmuskulatur den Großteil ihrer Energie aus dem Abbau von Fettsäuren bezieht.
Allerdings müssen die Fettsäuren erst im Zytosol aktiviert werden, bevor die
energiebringende Reaktion im Mitochondrium gestartet werden kann. Da allerdings
aktivierte Fettsäuren die Mitochondrienmembran nicht durchdringen können, wird nun ein
spezieller Transporter benötigt, um sie hineinzubringen (vgl. Horn et al. 2005, pp. 122f.).
Das Schema dieses Prozesses ist in Abbildung 7 dargestellt.
Der Name β-Oxidation leitet sich vom Mechanismus ab, wie die Fettsäuren abgebaut
werden: sie werden am β-C-Atom oxidiert, das heißt hier wird ein Sauerstoffatom in das
Molekül eingefügt (vgl. Horn et al. 2005, p. 124).
Wo diese Stelle liegt, wird folgendermaßen erklärt:
„Das α-C-Atom stellt das Kohlenstoffatom dar, das zu einer funktionellen Gruppe direkt
benachbart ist und dient der Nummerierung. Das folgende heißt β-C-Atom usw. entsprechend dem griechischen Alphabet“ (zit. nach DocCheck Flexikon,
http://flexikon.doccheck.com/de/Alpha-C-Atom, aufgerufen am 9. August 2014).
17
Abbildung 7: Abbau der Fettsäuren. Horn et al. 2009, p. 128.
Fettsäuren werden aktiviert indem sie zu Acyl-CoA umgewandelt werden; dazu werden
das Enzym Acyl-CoA-Synthetase, das Coenzym A und ein Molekül ATP benötigt. Die
Fettsäure verbindet sich mit dem ATP, wobei Pyrophosphat (in der Abbildung als P~P
bezeichnet) abgespalten wird und das ATP zu AMP wird; das Zwischenprodukt dieser
Reaktion ist Acyl-Adenylat. An dieses bindet nun anstelle des AMP das Coenzym A und
die aktivierte Fettsäure Acyl-CoA entsteht. Die Acyl-CoA-Synthetase dient dabei beiden
Schritten als Katalysator.
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Nun wird das Acyl-CoA für den Transport in das Mitochondrium vorbereitet, welcher
mittels der Carnitin-Acylcarnitin-Translokase vonstattengeht. Dazu wird der Acyl-Teil des
Acyl-CoA von Coenzym A abgelöst und auf Carnitin übertragen; so wandelt die CarnitinAcyl-Transferase I es in Acylcarnitin um.
In diesem Zustand durchdringt das Molekül die Mitochondrienmembran und erfährt, innen
angekommen, sogleich die Rückumwandlung in Acyl-CoA durch die Carnitin-AcylTransferase II. So kann einerseits das Acyl-CoA gleich in die β-Oxidation einfließen und
andererseits der Transportprozess durch die Mitochondrienmembran aufrecht erhalten
werden; wie ihr Name bereits nahe legt, schleust die Carnitin-Acylcarnitin-Translokase
nämlich nur Acylcarnitin in das Mitochondrium ein, wenn im Gegenzug auch freies Carnitin
ins Zytosol ausgeschleust wird (vgl. Horn et al. 2005, pp. 123f.).
Nun kann der wesentliche Teil des Fettsäure-Abbaus beginnen – die β-Oxidation. Sie wird
am unteren Ende der Abbildung 7 als Kreislaufsprozess mit vier Reaktionsschritten
dargestellt; sie ist deshalb als Zyklus abgebildet, weil sich die Schritte so lange
wiederholen, bis die Fettsäure komplett abgebaut ist. Dabei entstehen im Verlauf FADH 2
und NADH/H+, wobei es sich um Reduktionsäquivalente handelt, die später zur
Energiegewinnung genutzt werden können. Das Endprodukt der β-Oxidation – Acetyl-CoA
– wird im Citratzyklus zu einer beträchtlichen Menge ATP verstoffwechselt.
Der erste Schritt der β-Oxidation ist eine Oxidation – am Acyl-CoA werden mittels des
Enzyms Acyl-CoA-Dehydrogenase zwei Wasserstoffatome abgespalten; dieser Vorgang
wird als Dehydrierung bezeichnet. Das Produkt dieser Reaktion ist Enoyl-CoA.
Diesem wird sogleich durch die Enoyl-CoA-Hydratase Wasser (H2O) angelagert und das
Molekül Hydroxyacyl-CoA entsteht.
Nun erfolgt die zweite Oxidation: von der eben genannten Verbindung werden durch die
Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase zwei weitere Wasserstoffatome abgespalten und
Ketoacyl-CoA entsteht. So wird, wie in Abbildung 7 zu sehen, aus der OH-Gruppe am β-CAtom eine Ketogruppe.
Im vierten und letzten Schritt der β-Oxidation wird das Ketoacyl-CoA thiolytisch gespalten
– das heißt, das Molekül wird unter Anlagerung von Schwefel durch das Enzym Thiolase
in zwei Hälften geteilt; dabei wird die Acyl-Hälfte im selben Schritt an Coenzym A
gebunden. So entstehen schlussendlich das Acetyl-CoA, das zur Energiegewinnung in
den Citratzyklus eingeführt wird und ein neues Molekül Acyl-CoA, das den Kreislauf der βOxidation erneut durchläuft – wie oben erwähnt so lange, bis die Fettsäure komplett
abgebaut ist (vgl. Horn et al. 2005, pp. 125f.).
19
3.2.2 Cholesterinbiosynthese
Das Cholesterin ist die wohl bekannteste Verbindung aus dem Bereich des
Fettstoffwechsels. Es ist unabdinglich für unseren Körper und sein Tagesbedarf ist mit
1.000 Milligramm pro Tag recht hoch; dabei wird aber weniger als die Hälfte mit der
Nahrung zugeführt; der Hauptanteil wird über die endogene Cholesterinbiosynthese, die
hautsächlich in der Leber stattfindet, gedeckt. Abgebaut werden kann das Cholesterin
nicht – es wird nach seiner Umwandlung in Gallensäure über den Darm ausgeschieden
(vgl. Horn et al. 2005, p. 146).
Abbildung 8: Biosynthese des Cholesterins. Horn et al. 2009, p. 151.
20
Im Gastrointestinaltrakt erfüllt es als Gallensäure aber auch eine wichtige Aufgabe als
Emulgator von Nahrungsfetten und erleichtert so die Fettverdauung. Des Weiteren wird
Cholesterin benötigt, um Steroidhormone zu produzieren; zu ihnen zählen unter anderem
die Sexualhormone Östrogen und Testosteron. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass
Cholesterin, wie bereits erwähnt, in Zellmembranen eingebaut wird und somit für jede
einzelne Körperzelle unerlässlich ist (vgl. Horn et al. 2005, pp. 149f., p. 402).
Ausgangspunkt für die Synthese des Cholesterins ist das bereits aus der β-Oxidation
bekannte Acetyl-CoA. Aus diesem Molekül mit zwei C-Atomen wird im Verlauf eines
komplexen Reaktionsweges das Cholesterin mit 27 C-Atomen aufgebaut. Wie dieser
Prozess vonstattengeht, veranschaulicht Abbildung 8. Generell ist zu sagen, dass die
Reaktionen in zwei Zellkompartimenten stattfinden, nämlich im Zytosol (linke Seite) und im
endoplasmatischen Retikulum (ER; rechte Seite) (vgl. Horn et al. 2005, pp. 145f.)
Der erste Teilschritt in der Cholesterinbiosynthese ist die Bildung des Mevalonats; dieses
besteht aus fünf C-Atomen. Dazu werden zwei Moleküle Acetyl-CoA mithilfe des Enzyms
Thiolase zu einem Acetoacetyl-CoA verschmolzen, dem ein weiteres Acetyl-CoA
angelagert wird, sodass daraus β-HMG-CoA (β-Hydroxy- β-Methylglutaryl-CoA) entsteht;
diese Reaktion vermittelt das Enzym β-HMG-CoA-Synthase. Nun folgt die
Schlüsselreaktion der Cholesterinbiosynthese; sie bestimmt die Geschwindigkeit der
Reaktionsabfolge: Durch die β-HMG-CoA-Reduktase wird die Reduktion des zuvor
entstandenen Moleküls durch NADPH/H+ ermöglicht; es werden zwei Wasserstoffionen
eingefügt und das Mevalonat entsteht.
Daraus wird im nächsten Teilschritt Isopentenyl-PP mit ebenfalls fünf C-Atomen
hergestellt; PP steht dabei hier und im Folgenden für Pyrophosphat. Dazu erfolgen am
Mevalonat drei Phosphorylierungen, von denen jede für sich Energie in Form eines ATP
benötigt. So entsteht ein Molekül mit dem komplexen Namen 3-Phospho-5-PyrophosphoMevalonat, bei dem sogleich einer der Phosphatreste sowie CO2 abgespalten wird – damit
wurde Isopentenyl-PP (IPP) synthetisiert.
Im vorletzten Teilschritt wird aus dem IPP Squalen gebildet: Dazu wird ein Molekül IPP zu
Dimethyl-Allyl-PP isomerisiert; das heißt der Stoff an sich verändert sich nicht, nur seine
Form. Dieses lagert sich dann unter Abspaltung eines PP mit einem weiteren Molekül IPP
zusammen und das Geranyl-PP entsteht, welches bereits über zehn C-Atome verfügt.
Diesem wird nun ein weiteres Molekül IPP unter PP-Abspaltung angelagert, welches somit
zum Farnesyl-PP mit 15 C-Atomen wird. Die letzte Reaktion dieses Teilschrittes erfolgt im
21
endoplasmatischen Retikulum: Drinnen werden zwei Farnesyl-PP unter Mithilfe der bereits
bekannten Reduktionsäquivalente NADPH/H+ zum Squalen mit 30 C-Atomen
verschmolzen.
Nun kann der letzte Teilschritt und damit die endgültige Bildung des Cholesterins erfolgen.
Aus Squalen stellt die Squalen-Monooxigenase das Squalen-2,3-Epoxid her; dazu werden
molekularer Sauerstoff und einmal mehr NADPH/H+ benötigt. Eine Zyklase verhilft diesem
Molekül nun zum Ringschluss und das Lanosterin, das dem fertigen Cholesterin schon
sehr ähnlich sieht, entsteht. Um die Biosynthese zu vollenden folgen darauf noch etwa
zwanzig weitere Reaktionen, die unter anderem dazu führen, dass drei Methyl-Gruppen (3
CH3) abgespalten werden. Unter Verzicht auf eine komplexere Darstellung wurde nun das
Ende, nämlich ein Molekül mit 27 C-Atomen erreicht: Das Cholesterin (vgl. Horn et al.
2005, pp. 146ff.).
3.3 Der Proteinstoffwechsel
In der Resorptionsphase wird die große Menge an Aminosäuren aus der Nahrung dazu
verwendet, um Proteine neu zu synthetisieren (vgl. Horn et al. 2005, p. 541).
Grundsätzlich handelt es sich um die folgenden fünf Grundtypen an Proteinen, die dabei
hergestellt werden. Der Weg der Proteinbiosynthese wird zudem nachfolgend in Kapitel
3.3.1 noch genauer erörtert.
Zum einen sind es die Faktoren der Blutgerinnung (Faktor V, VII, IX, X, XI, XII), die in der
Leber synthetisiert werden – dies erklärt auch die erhöhte Blutungsneigung bei Personen
mit einer Lebererkrankung.
Außerdem wird das häufigste Protein des Blutplasmas, das Albumin gebildet. Neben
seiner Funktion als Transportprotein ist es auch sehr wichtig für die Stabilität des kolloidosmotischen Drucks, der dafür sorgt, dass das Wasser nicht aus den Gefäßen ins
Gewebe entweicht und zu Ödemen und Aszites führt.
Des Weiteren werden Lipoproteine wie VLDL und LDL hergestellt; ihre Aufgabe ist der
Transport von Fettmolekülen im Blut. Bei gewissen Leberkrankungen ist ihre Anzahl oft
deutlich pathologisch verändert (vgl. Horn et al. 2005, p. 542).
Auch der Großteil an Enzymen wird aus Aminosäuren aufgebaut. Enzyme werden
benötigt, um den Ablauf aller biochemischen Reaktionen zu beschleunigen und somit
überhaupt erst zu ermöglichen. Sie sind sehr spezifisch und wirken nur auf die gerade
benötigten Prozesse. Von den Enzymen, deren Name aus dem Griechischen (en zyme)
kommt, sind derzeit etwa 2.000 verschiedene bekannt (vgl. Horn et al. 2005, p. 52, p.
542).
22
Der letzte wichtige Subtyp von Proteinen, die aus Aminosäuren synthetisiert werden, sind
die biogenen Amine. Da dieser Prozess aber zumeist nicht in der Leber stattfindet,
sondern peripher wie etwa die Histamin-Biosynthese in Mastzellen, wird an dieser Stelle
nicht näher auf sie eingegangen (vgl. Horn et al. 2005, pp. 193f., p. 542).
Bei einem Energiemangel werden Proteine aus den Muskeln abgebaut; die anfallenden
Aminosäuren werden in der Leber zur Produktion von Nährstoffen für die Glukoseabhängigen Organe verwendet: Glukogene Aminosäuren werden in der Glukoneogenese
verarbeitet und aus ketogenen Aminosäuren entstehen Ketonkörper.
Werden gewisse Aminosäuren nicht mehr gebraucht, erfolgt ihr Ab- beziehungsweise
Umbau in der Leber. Jedoch entsteht bei diesem Vorgang ein Produkt, das für den Körper
nicht ungefährlich ist – Ammoniak (NH3). Das zytotoxische Molekül wird in der Leber im
Rahmen des Harnstoffzyklus zum unschädlichen Harnstoff abgebaut und kann so über die
Nieren ausgeschieden werden (vgl. Horn et al. 2005, p. 542).
In Kapitel 3.3.2 werden Proteolyse und Harnstoffzyklus noch einmal genauer behandelt.
3.3.1 Proteinsynthese
Täglich werden rund 400 Gramm Proteine im menschlichen Organismus hergestellt;
dieser Prozess erfolgt an den Ribosomen der Zellen, welche frei im Zytoplasma vorliegen.
Die gesamte Information über den Aufbau, die Funktion und den Einsatzort des
herzustellenden Proteins ist dabei schon auf der DNA festgelegt.
Die eigentliche Synthese erfolgt dabei in einem Prozess namens Translation. Dafür wird
die Erbinformation aus dem Zellkern in Form von mRNA in das Zytosol ausgeschleust.
Diese wird an den Ribosomen gebunden; anhand dieses Informations-Moleküls werden
nun aus einzelnen Aminosäuren lange Peptidketten geformt (vgl. Horn et al. 2005, p. 166).
Nun müssen die neu synthetisierten Proteine in Bezug auf ihren späteren Bestimmungsort
sortiert werden. Man unterscheidet dabei den zytosolischen vom sekretorischen Weg der
Proteine; dies zeigt auch Abbildung 9.
Zytosolische Proteine, also Proteine, die im Zytosol der Zelle verbleiben, werden an den
Ribosomen fertiggestellt. In diese Kategorie fallen vor allem Enzyme, beispielsweise jene
der Glykolyse, die ja im Zytosol stattfindet. Auch die meisten Proteine der Mitochondrien
werden auf diese Art und Weise hergestellt. Bei Proteinen, die für den Zellkern oder die
Peroxisomen bestimmt sind, wird genauso verfahren (vgl. Horn et al. 2005, pp. 166f.).
23
Abbildung 9:
Zytosolischer und sekretorischer Weg der Proteinbiosynthese. Horn et al. 2009, pp. 172f..
Proteine, die den sekretorischen Weg einschlagen, verbleiben nicht in der Zelle, sondern
werden nach außen abgegeben. Dazu zählen unter anderem Exportproteine wie Kollagen
und Insulin, aber auch Membranproteine und Proteine für die Lysosomen, das
endoplasmatische Retikulum und den Golgi-Apparat.
Diese Proteine verfügen über eine Signalsequenz, sodass sie nach dem Synthesebeginn
an den freien Ribosomen zur Weiterverarbeitung abtransportiert werden können. Zunächst
gelangen sie ins endoplasmatische Retikulum, in dessen Lumen die Translation
weitergeht und einige Modifikationen wie beispielsweise eine Glykosylierung stattfinden.
Danach werden sie an den Golgi-Apparat abgegeben, wo ebenfalls noch gewisse
Veränderungen an den Proteinen vorgenommen werden können; zudem werden sie dort
auch in Vesikel verpackt, damit sie an ihren zukünftigen Bestimmungsort transportiert
werden können (vgl. Horn et al. 2005, pp. 167f.).
Jedoch funktionieren die hergestellten Proteine noch nicht; sie müssen erst Modifikationen
wie der zuvor erwähnten Glykosylierung unterzogen werden. Zusammengefasst werden
all diese Bearbeitungsschritte nach Abschluss der Translation bis hin zum
funktionstüchtigen Protein als posttranslationale Prozessierung.
24
Zunächst müssen die Proteine gefaltet werden; diese Ausbildung der so genannten
Tertiärstruktur ist wichtig für ihre spätere Funktionstüchtigkeit; bewerkstelligt wird dies
durch die Chaperone, die die Faltung katalysieren. Das HSP60 (Hitzeschock-Protein 60)
beispielsweise arbeitet als solch ein Helfer in der Proteinfaltung.
Nun erfolgt die Modifizierung der Proteine; dabei gibt es neben der zuvor erwähnten
Glykosylierung noch die kontrollierte Proteolyse, die später besprochen wird.
Bei der Glykosylierung wird ein Kohlenhydrat-Rest an eine der Aminosäuren des Proteins
angehängt. Eine derartige Modifikation liegt beispielsweise bei den Blutgruppenantigenen
auf der Oberfläche der Erythrozyten vor. Glykosyliert wird im endoplasmatischen
Retikulum und im Golgi-Apparat; daraus folgt, dass bei zytosolischen Proteinen nie eine
derartige Modifikation vorliegt. Je nachdem, an welcher Aminosäure der KohlenhydratRest angefügt wird, unterscheidet man eine N-glykosidische von einer O-glykosidischen
Bindung: als O-glykosidisch bezeichnet man die Anheftung an die Aminosäuren Serin oder
Threonin, weil sie an einer OH-Gruppe erfolgt; bei den N-glykosidischen Bindung wird der
Zucker an einen NH-Rest der Aminosäure Asparagin angehängt, wobei die letztere
Variante etwas häufiger ist (vgl. Horn et al. 2005, pp. 168f.).
Auch die kontrollierte Proteolyse ist, wie bereits erwähnt, ein wichtiger Bestandteil der
posttranslationalen Prozessierung. Zum einen können die Signalsequenzen auf diese
Weise entfernt werden, wenn das Protein an seinem Bestimmungsort angekommen ist
und zum anderen hat dieser Vorgang auch eine wichtige Schutzfunktion: Vor allem
Verdauungsenzyme werden als inaktive Vorstufen synthetisiert und erst im Darmlumen
durch limitierte Proteolyse in ihre aktive Form umgewandelt. Dies schützt die Zellen des
Gastrointestinaltrakts vor Selbstverdauung; eine Störung dieser Funktion liegt
beispielsweise bei einer Pankreatitis vor (vgl. Horn et al. 2005, p. 172). „Ein weiteres
Anwendungsgebiet der kontrollierten Proteolyse ist das Herausschneiden von definierten
Peptiden aus großen Vorläuferproteinen, wie es z.B. beim Proopiomelanocortin (POMC)
der Fall ist. Durch die proteolytische Spaltung an bestimmten Stellen im POMC entstehen
die gewünschten Endproteine Kortikotropin, verschiedene Melanotropine, Lipotropine,
Enkephaline und Endorphine, die alle sehr verschiedene Aufgaben haben (…)“ (zit. nach.
Horn et al. 2005, p. 172).
Ein sehr wichtiges Produkt der Proteinsynthese stellt die Gruppe der Plasmaproteine dar,
welche in der Leber nach dem zuvor beschriebenen Schema gebildet werden; sie gehen
den sekretorischen Weg, da sie ja mithilfe von Vesikeln ins Blut gelangen müssen.
25
Um einen Überblick über die vielen verschiedenen Plasmaproteine zu bekommen, ist es
sinnvoll, sie in fünf verschiedene Gruppen einzuteilen:
Transportproteine
Das wahrscheinlich wichtigste Plasmaprotein überhaupt, das Albumin, wurde bereits auf
Seite 22f. vorgestellt. Weitere Transportproteine sind das Transferrin, das Eisen im
Blutstrom transportiert, das Caeruloplasmin, das an Kupfer bindet und das Haptoglobulin
für den Transport von frei im Blut vorliegendem Hämoglobin.
Proteine der Immunabwehr
Alle Proteine des Komplementsystems, also der unspezifischen, humoralen Immunabwehr
sind Plasmaproteine. Auch Akute-Phase-Proteine wie das CRP (C-reaktives Protein)
zählen dazu und dienen gleichzeitig als wichtige Entzündungsparameter.
Ebenfalls in diese Gruppe fallen Proteasehemmer wie das α 1-Antitrypsin, welche – wie ihr
Name schon sagt – Proteasen hemmen können und damit beispielsweise bei einer
Infektion Gewebezerstörungen eindämmen können.
Proteine der Blutgerinnung
Diese wurden bereits auf Seite 22f. besprochen und sollen nicht näher betrachtet werden.
Lipoproteine
Eine weiterführende Darstellung dieser fetttransportierenden Proteine folgt in Kapitel 4.2.
Cholinesterase
Die Funktion dieses Plasmaproteins ist noch wenig erforscht, jedoch kann es als
Laborparameter zur Erkennung von Leberfunktionsstörungen benutzt werden
(vgl. Horn et al. 2005, pp. 545f.).
3.3.2 Proteolyse & Harnstoffzyklus
Um Energie bereitstellen zu können, betreibt der menschliche Organismus neben der
Fettverbrennung auch Proteolyse von Muskelproteinen; diese sind leicht verfügbar und
können somit schnell verwertet werden. Vor allem bei länger andauerndem Fasten bedient
sich der Körper dieser Form der Energiebereitstellung. So werden beim Abbau der
Muskelproteine, die ja aus einzelnen Aminosäuren bestehen, deren Amino-Gruppen auf
Pyruvat, welches bereits aus dem Kohlenhydratstoffwechsel bekannt ist, übertagen; diese
Reaktion nennt sich Transaminierung und wird mithilfe der Alanin-Aminotransferase (ALT)
bewerkstelligt. Das Produkt dieser Reaktion ist Alanin, welches über den Blutweg die
Leber erreicht und dort mithilfe eines weiteren Enzyms ALT in Pyruvat rückumgewandelt
wird. Nun kann Glukoneogenese betrieben werden und der Energiemangel ist beseitigt.
26
Doch nicht nur zu diesem Zweck erfolgen in der Leber Transaminierungen – um die
Konzentrationen der verschiedenen Aminosäuren auf ihrem physiologischem Level halten
zu können, werden sie durch Aminotransferasen ineinander umgewandelt oder, wenn sie
nicht mehr benötigt werden, abgebaut. Wie bereits erwähnt, wird der dabei anfallende
Ammoniak zu unschädlichem Harnstoff abgebaut (vgl. Horn et al. 2005, pp. 178f.).
Die Harnstoff-Biosynthese erfolgt im Rahmen des Harnstoffzyklus, welcher im Zytosol und
in den Mitochondrien der Leberzellen stattfindet; eine schematische Darstellung ist in
Abbildung 10 ersichtlich (vgl. Horn et al. 2005, p. 186).
Abbildung 10: Der Harnstoffzyklus. Horn et al. 2009, p. 190.
27
Startpunkt des Harnstoffzyklus ist zumeist die Aminosäure Glutamat, die mittels diverser
Transaminierungsreaktionen aus den anderen Aminosäuren entsteht. Deren Aminogruppe
(NH2-) aus der NH3 (Ammoniak) entsteht, soll zum Harnstoff abgebaut werden, der renal
eliminiert werden kann.
Die erste Reaktion, die im Mitochondrium stattfindet, ist gleichzeitig die
Schrittmacherreaktion: Der NH3 wird mithilfe der Carbamoyl-Phosphat-Synthase I an CO2
gebunden; dafür ist Energie in Form von 2 ATP erforderlich. Das so entstandene Produkt
Carbamoyl-Phosphat besteht aus Kohlenstoff (C), an dem ein Amino-Rest (H2N) und ein
Phosphat-Rest (P) gebunden sind.
Dieses Molekül verbindet sich mit dem sich ebenfalls im Mitochondrium befindlichen
Ornithin zu Citrullin; dies geschieht unter Abspaltung des Phosphat-Restes und wird durch
das Enzym Ornithin-Carbamoyl-Transferase katalysiert. Das Citrullin vermag die
Mitochondrien-Membran zu passieren, sodass der weitere Reaktionsweg im Zytosol der
Leberzelle stattfinden kann.
Hier wird dem Citrullin eine weitere Aminosäure, nämlich Aspartat, angelagert. Auch das
erfordert ATP, von dem im Zuge der Reaktion Pyrophosphat (P~P) abgespalten wird; so
stellt die Arginino-Succinat-Synthase das Produkt Argininosuccinat her.
Nun wird vom Argininosuccinat durch die Arginino-Succinase Fumarat abgespalten,
welches, wie in Abbildung 10 ersichtlich, über mehrere Reaktionsschritte wieder zu
Aspartat umgewandelt wird und so erneut in den Harnstoffzyklus einfließen kann. Das
Produkt dieser Reaktion ist die Aminosäure Arginin, die nun entweder für diverse
Biosynthese-Wege genutzt werden kann (vgl. Abb. 10) oder endgültig zu Harnstoff
abgebaut wird.
Dazu wird das Arginin unter Wasseranlagerung durch die Arginase gespalten; so entsteht
zum einen Isoharnstoff, der sich spontan in Harnstoff umwandelt und ausgeschieden
werden kann und zum anderen Ornithin, das wieder in das Mitochondrium
zurücktransportiert wird und so zur erneuten Harnstoffbildung dient (vgl. Horn et al. 2005,
pp. 187ff.).
28
4. Störungen des Energiestoffwechsels
Stoffwechselstörungen sind weit verbreitet und können Auswirkungen auf den gesamten
Organismus haben. Eine häufige Ursache dafür ist eine Fehlregulation auf hormoneller
Ebene, wie es beispielsweise bei Diabetes mellitus der Fall ist; dieses Krankheitsbild wird
in Kapitel 4.1 aufgegriffen. Ebenfalls weit verbreitet sind Fehlfunktionen aufgrund von
defekten Enzymen; bei diesen sogenannten Enzymopathien handelt es sich um
Funktionsstörungen, die sich bereits auf der genetischen Ebene manifestieren – durch
einen Gendefekt können die Enzyme im Rahmen der Proteinbiosynthese nicht korrekt
hergestellt werden; siehe auch Kapitel 3.3.1.
Eine solche Enzymopathie zieht unterschiedliche Auswirkungen nach sich: Einerseits
steigt die Konzentration jenes Substrates, das normalerweise von diesem Enzym
verarbeitet wird. Aufgrund dessen kann es vorkommen, dass das angestaute Substrat
eingespeichert wird, wie es bei Speicherkrankheiten wie Glykogenosen oder Lipidosen der
Fall ist. Zudem ist es auch möglich, dass das nicht bearbeitete Substrat in höheren Dosen
für den menschlichen Organismus gefährlich ist. Kann beispielsweise Harnsäure nicht
ordnungsgemäß verstoffwechselt werden, fällt sie aus und führt zu schmerzhaften
Gichtanfällen. Andererseits verursacht das defekte Enzym auch einen Mangel an dem
Stoff, den es im Regelfall selbst produziert. Um wieder das Beispiel der Glykogenosen
aufzugreifen, verursacht der Enzym-Ausfall einen Energiemangel, da keine Glukose und
damit kein ATP produziert werden kann (vgl. Silbernagl & Lang 2009, p. 260).
4.1 Kohlenhydratstoffwechselstörungen
Auch Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels können sowohl hormonelle Dysregulation
oder Enzymopathien zugrunde liegen. Zunächst sollen Enyzmdefekte am Beispiel der
Galaktosämie kurz erläutert werden, anschließend wird die Volkskrankheit Diabetes
mellitus näher betrachtet.
Bei der Galaktosämie fehlt im Gastrointestinaltrakt das Enzym Galaktose-1-PhosphatUridyltransferase; infolgedessen kann Galaktose-1-Phosphat nicht abgebaut werden und
lagert sich im menschlichen Organismus ab (vgl. Silbernagl & Lang 2009, p. 262). Die
erhöhte Konzentration des Galaktose-1-Phosphats kann im Blut gemessen werden, was
üblicherweise auch im Rahmen des Neugeborenen-Screenings passiert. Im Krankheitsfall
muss das Stillen sofort beendet und auf galaktosefreie Kost umgestellt werden, um
Spätfolgen wie beispielsweise eine Leberzirrhose zu vermeiden (vgl. Reinhardt et al. 2014,
p. 117).
29
Bei einer anderen Enzymopathie, der hereditären Fruktoseintoleranz, ist das Enzym
Fruktose-1-P-Aldolase funktionsunfähig und die Fruktose in Obst oder Saccharose kann
nicht abgebaut werden; dadurch sammelt sich das Substrat Fructose-1-P an, das die
Hemmung von Enzymen des Kohlenhydratstoffwechsels bewirkt; dies äußert sich in einer
Hypoglykämie und führt schlimmstenfalls zu einer Leberzirrhose oder einem akuten
Leberversagen (vgl. Silbernagl & Lang 2009, p. 262).
Diabetes mellitus
Diabetes mellitus wird definiert als „Glukosestoffwechselstörung unterschiedlicher
Ätiologie und Symptomatik mit relativem oder absolutem Mangel an Insulin und
Hyperglykämie als gemeinsame Kennzeichen“ (zit. nach Pschyrembel,
http://www.degruyter.com/view/kw/4383116, aufgerufen am 20. August 2014).
Bei Diabetes mellitus Typ I liegt ein absoluter Insulinmangel vor; Ursache dafür ist die
Zerstörung der β-Zellen des Pankreas, welche das Insulin produzieren. Ausgelöst wird
dies durch eine Autoimmunreaktion, die durch eine Virusinfektion getriggert werden kann.
Des Weiteren ist auch eine genetische Disposition bekannt. Jedoch liegt bei lediglich zehn
Prozent der an Diabetes mellitus erkrankten Personen ein Typ I vor.
Damit ist mit etwa 90 Prozent Diabetes mellitus Typ II die häufigste Form; hier liegt ein
relativer Insulinmangel vor – das heißt es wird eine ausreichende oder sogar
überschießende Menge an Insulin produziert, jedoch sind die Zielzellen weniger
empfindlich für das Hormon. Generell ist bei den Erkrankten das Verhältnis zwischen
Nährstoffaufnahme und Nährstoffverbrauch zugunsten der Nährstoffaufnahme
verschoben; dazu trägt unter anderem auch eine gewisse genetische Veranlagung bei.
Dieses Missverhältnis führt neben Bewegungsmangel dazu, dass die meisten Typ II
Diabetikerinnen und Diabetiker an Adipositas leiden. Durch das Übergewicht steigt die
Konzentration der freien Fettsäuren im Blut, weswegen in weiterer Folge in der Muskulatur
und dem Fettgewebe weniger Glukose verarbeitet wird. Daraus entwickelt sich eine
Insulinresistenz; um die Unempfindlichkeit der Zielzellen gegenüber dem Insulin
auszugleichen, wird mehr Insulin ausgeschüttet. Allerdings erfolgt darauf reaktiv eine
Downregulation der Rezeptoren an den Zielzellen – folglich werden weniger Rezeptoren
an der Zelloberfläche ausgebildet, wodurch sich die Insulinresistenz noch stärker
ausprägt. Des Weiteren hemmt die erhöhte Insulinausschüttung auch die Lipolyse,
wodurch die Entwicklung von Adipositas abermals begünstigt wird. Dieser Verlauf macht
sich unter anderem durch eine erhöhte Plasmaglukosekonzentration bemerkbar (vgl.
Silbernagl & Lang 2009, pp. 308f.).
30
Welche enormen Auswirkungen die Hyperglykämie bei nicht oder schlecht behandeltem
Diabetes mellitus hat, soll anhand von Abbildung 11 beschrieben werden:
Abbildung 11: Diabetes mellitus: Spätkomplikationen. Silbernagl & Lang 2009, p. 313.
31
Viele Zellen sind mit dem Enzym Aldosereduktase ausgestattet, wodurch die Glukose, die
in diese Zellen aufgenommen wird, in den Polyalkohol Sorbit umgewandelt wird. Sorbit
kann die Zellmembran nicht mehr passieren und verbleibt in den Zellen; zudem begünstigt
er die Wassereinlagerung, wodurch es zu einer osmotischen Zellschwellung kommt.
Dieser pathophysiologische Vorgang äußert sich an der Augenlinse als Linsentrübung
(Katarakt), an den Schwann-Zellen des Nervensystems schädigt er die Nervenleitung und
führt so zu einer Polyneuropathie und auch die Endothelzellen der Gefäße werden
beeinträchtigt.
Andere Zellen, die nicht genügend Glukose aufnehmen, schrumpfen aufgrund der
Hyperosmolarität des Extrazellulärraumes, in dem sich eine hohe Glukosekonzentration
befindet. Zu diesen zählen unter anderem Zellen des Immunsystems, nämlich die
Lymphozyten; gehen diese zugrunde, treten vielfach Infekte auf, besonders häufig als
Furunkel der Haut oder Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis).
Des Weiteren erhöht die hohe Plasmaglukosekonzentration die Bereitschaft, Proteine zu
glykosylieren. Dadurch werden vermehrt Proteine gebildet, die die Viskosität des Blutes
steigern, was sich in einem stark erhöhten Thromboserisiko manifestiert. Zu diesen
gerinnungsfördernden Proteinen zählen die Gerinnungsfaktoren V und VIII sowie die
Plasmaproteine Fibrinogen und Haptoglobulin.
Außerdem kann die freie Glukose an die Aminogruppen von Proteinen anhaften, wodurch
sogenannte „advanced glycation end products“ (AGEs) entstehen. Diese AGEs sind für
zahlreiche pathophysiologische Vorgänge verantwortlich; unter anderem fördern sie die
Einlagerung von Kollagen in die Basalmembranen von Gefäßen, die infolgedessen
verdicken und zu einer Mikroangiopathie führen.
Unter der anhaltenden Hyperglykämie werden auch vermehrt Wachstumsfaktoren wie
TGFβ (tumor growth factor beta) und PAI-1 (plasminogen activator inhibitor 1)
synthetisiert, welche ebenfalls Kollageneinlagerungen begünstigen und damit die Nieren
schädigen indem sie eine Glomerulosklerose hervorrufen. Dadurch sinkt die
Filtrationsleistung der Nieren, was sich als Proteinurie, also als vermehrte
Proteinausscheidung mit dem Harn, äußert. Sowohl die Glomerulosklerose als auch die
zuvor erwähnte Pyelonephritis können terminal eine Niereninsuffizienz verursachen;
zudem wird die Entstehung von Bluthochdruck gefördert. Der Hypertonus ist neben der
bereits angesprochenen Mikroangiopathie ein ursächlicher Faktor für Retinopathie; hierbei
handelt es sich um eine verstärkte Neubildung von Blutgefäßen an der Netzhaut, was bei
schwerwiegenden Formen zum Erblinden führen kann.
32
Eine weitere wichtige Komplikation ist die Makroangiopathie; hervorgerufen wird sie durch
das Zusammenspiel von Hypertonie, Thromboseneigung und geschädigten
Endothelzellen. Die Makroangiopathie äußert sich unter anderem als Hirninfarkt,
Herzinfarkt, Niereninsuffizienz oder als diabetischer Fuß im Rahmen einer peripheren
Durchblutungsstörung.
Außerdem bewirkt die hohe Glukosemenge eine Glykosylierung des
sauerstofftransportierenden Hämoglobins im Blut: HbA wird in HbA1c umgewandelt. Der
Prozentsatz an HbA1c im Blut gibt Auskunft über das Andauern der Hyperglykämie und
kann somit als Laborparameter verwendet werden. Außerdem bindet es stärker an
Sauerstoff als normales Hämoglobin, was zu einer schlechteren Sauerstoffversorgung im
Gewebe führt. Dieser Effekt wird durch den Mangel an BPG (2,3-Bisphosphoglycerat),
welcher durch Insulinmangel hervorgerufen wird, verstärkt; BPG ist nämlich in der Lage,
die Sauerstoffaffinität des Hämoglobins zu senken und somit eine ausreichende
Sauerstoffabgabe in der Peripherie zu gewährleisten (vgl. Silbernagl & Lang 2009, p. 312).
4.2 Fettstoffwechselstörungen
Zu den häufigsten Störungen des Lipidstoffwechsels zählen die Hyperlipoproteinämien;
diese werden definiert als „Krankheiten mit erhöhten Blutfetten im Nüchternserum. Da
Lipide grundsätzlich an Proteine (Apolipoproteine) gebunden sind, sind Hyperlipidämien
immer auch Hyperlipoproteinämien“ (zit. nach Arastéh et al. 2013, p. 700)
Sie sind besonders in der westlichen Welt sehr häufig und nehmen, bedingt durch die
weite Verbreitung eines Lebensstils, der ungesunde Ernährung und wenig Bewegung
beinhaltet, immer mehr zu; Schätzungen zufolge weist derzeit mehr als die Hälfte der
Personen mit einem Lebensalter von über 40 Jahren einen erhöhten Cholesterinspiegel
auf (vgl. Arastéh et al. 2013, p. 700).
Lipoproteine, die es ermöglichen, die hydrophoben Fettmoleküle im wässrigen Milieu des
Blutes zu transportieren, können anhand ihrer Dichte in vier verschiedene Klassen
eingeteilt werden (vgl. Arastéh et al. 2013, p. 700). Eine Übersicht über diese
verschiedenen Arten von Lipoproteinen und welche Fette sie transportieren bietet
Abbildung 12.
33
Abbildung 12: Charakteristika der Lipoproteine. Arastéh et al. 2013, p. 700.
Lipoproteine sind aus verschiedenen Fetten zusammengesetzt – unter anderem
Triglyceride, Cholesterin oder auch Phospholipide – und verfügen zudem über
Apolipoproteine an ihrer Oberfläche. Diese übernehmen eine Vielzahl an verschiedenen
Aufgaben: sie dienen der Bindung an einen Rezeptor an der Zielzelle, sie wirken selbst als
Enzyme oder vermögen andere Enzyme zu stimulieren.
Die kleinsten Lipoproteine sind die Chylomikronen, die das Nahrungsfett aufnehmen und
es in die Peripherie transportieren. Dort werden die Triglyceride aufgespalten und die
daraus entstehenden freien Fettsäuren entweder gleich zur Energieversorgung genutzt
oder im Fettgewebe gespeichert. Von den Chylomikronen sind dann nur noch sogenannte
Remnants vorhanden, die noch reichlich mit Cholesterin beladen sind; dieses wird zur
Leber transportiert und fließt in die endogene Lipidproduktion ein.
Fette, die von der Leber synthetisiert werden, werden als VLDL zu den Zielzellen
transportiert; sie werden dort nach demselben Prinzip wie exogene Lipide verarbeitet;
nach diesem Vorgang sind auch von den VLDL nur noch Remnants übrig – diese sind
Vorläufer des LDL und werden als IDL (intermediate density lipoproteins) bezeichnet.
LDL spielt eine Schlüsselrolle im Lipidstoffwechsel; es ist unter anderem verantwortlich für
die Regulation des Cholesterinspiegels. Seine Aufgabe ist es, Zellen in der Peripherie mit
Cholesterin zu versorgen; diese verfügen zu diesem Zweck über LDL-Rezeptoren, die die
Aufnahme des Cholesterins regeln. Liegt ein Defekt an einem solchen LDL-Rezeptor vor
34
oder sind zu wenige davon an der Zelloberfläche exprimiert, verbleiben die
cholesterinreichen Moleküle im Blutstrom. Um sie dennoch aus dem Blut zu entfernen,
versuchen die Makrophagen des Immunsystems das LDL durch Endozytose zu
eliminieren. Bei diesem Vorgang gehen sie jedoch selbst zugrunde und werden zu
Schaumzellen, die sich in die Gefäßwand einlagern und so zur Entstehung von
Arteriosklerose führen.
Diesem Prozess kann ein anderes Lipoprotein, das HDL, entgegenwirken: es transportiert
überschüssiges Cholesterin zurück in die Leber, was protektiv auf die Gefäßwände wirkt
und somit das Risiko einer Arteriosklerose mindert (vgl. Arastéh et al. 2013, pp. 700f.).
Generell kann man Hyperlipoproteinämien in zwei Formen einteilen: Primäre
Hyperlipoproteinämien sind genetisch bedingt, während sekundäre Hyperlipoproteinämien
sich als Symptom anderer Erkrankungen oder Medikamente äußern. Von den primären
Hyperlipoproteinämien gibt es zahlreiche Unterarten; um einen groben Überblick zu
erhalten, sind diese in Abbildung 13 kurz dargestellt (vgl. Arastéh et al. 2013, p. 701).
Abbildung 13: Primäre hereditäre Hyperlipoproteinämien. Arastéh et al. 2013, p. 702.
Mit Abstand die häufigste Form ist die polygene Hypercholesterinämie. Hierbei liegt eine
gewisse genetische Prädisposition für erhöhte Cholesterinspiegel vor, jedoch ist dies nicht
der ausschlaggebende Faktor – vor allem ein ungesunder Lebensstil einschließlich
Adipositas führt zu diesem Krankheitsbild. Der Zustand ist für gewöhnlich asymptomatisch,
jedoch steigt das Risiko von Folgeerkrankungen wie KHK (koronare Herzerkrankung) und
Herzinfarkt signifikant an.
Eine weitere Form ist die familiäre Hypercholesterinämie; sie ist mit einer Häufigkeit von
0,1-1,5 Prozent seltener als die zuvor beschriebene Form. Jedoch beruhen beide auf
35
demselben Pathomechanismus – bei beiden Formen weist der LDL-Rezeptor eine
pathologische Veränderung auf; er ist entweder zu wenig aktiv oder in zu geringer Zahl
exprimiert. Bei der familiären Hypercholesterinämie beruht dies jedoch auf einem
Gendefekt, der autosomal-dominant vererbt wird. Klinisch manifestiert sich der zu hohe
Cholesterinspiegel durch Xanthome, vorwiegend an der Haut um die Augen und an
Sehnen, insbesondere an der Achillessehne (vgl. Arastéh et al. 2013, p. 703). Als
Xanthom bezeichnet man einen gelben Knoten, der durch Einlagerung von
überschüssigen Lipoproteinen entsteht (vgl. Pschyrembel,
http://www.degruyter.com/view/kw/4409887, aufgerufen am 21. August 2014). Je nach
Ausprägung der genetischen Veranlagung kann die familiäre Hypercholesterinämie
unbehandelt schon sehr früh zu KHK führen; homozygote Erkrankte können bereits im
Kindesalter einen Herzinfarkt erleiden (vgl. Arastéh et al. 2013, p. 703).
Wesentlich häufiger sind sekundäre Hyperlipoproteinämien. Sie treten aufgrund
verschiedener Grunderkrankungen auf; werden diese angemessen behandelt, ist auch die
Hyperlipoproteinämie zumeist beseitigt. Häufig tritt sie im Rahmen von Diabetes mellitus
Typ II auf; dieser begünstigt die Synthese von VLDL durch eine Kombination aus
Triggerfaktoren wie Übergewicht, Hyperglykämie und zu hohe Insulinspiegel. Etwa die
Hälfte der Diabetikerinnen und Diabetiker leidet auch an einer Hyperlipoproteinämie.
Auch Lebererkrankungen können sich in einer Hyperlipoproteinämie äußern: bei einer
Zirrhose verändert sich das LDL pathologisch und der Cholesterinspiegel steigt. Bei
entzündlichen Prozessen wie einer Hepatitis-Infektion steigt der Triglyceridspiegel.
Bei einer Niereninsuffizienz kommt es ebenso zu Hyperinsulinismus wie beim Diabetes
mellitus Typ II – dies hemmt den Abbau von Triglyceriden und fördert deren Produktion.
Bei einer weiteren Nierenerkrankung, dem nephrotischen Syndrom, kommt es auch zu
einem Anstieg des LDL; auch eine Erhöhung der Triglyceride ist möglich.
Im Rahmen einer Schilddrüsenunterfunktion kann das LDL ansteigen, da der
Cholesterinabbau aufgrund der Verlangsamung des katabolen Stoffwechsels
beeinträchtigt wird.
Ein ungesunder Lebensstil mit einer auf Zucker, Fett und Alkohol betonten Ernährung
begünstigt die Entwicklung einer sekundären Hyperlipoproteinämie ebenso wie die
Einnahme bestimmter Medikamente wie beispielsweise hormoneller Kontrazeptiva oder
Kortikosteroide (vgl. Arastéh et al. 2013, p. 702).
36
4.3 Proteinstoffwechselstörungen
Auch im Proteinstoffwechsel kann es zu Fehlfunktionen kommen; die Defekte betreffen
dabei die Bausteine der Proteine – die Aminosäuren. Nicht nur Proteine werden aus ihnen
auf- und abgebaut, auch die Synthese von Hormonen, Transmittern und anderen
Molekülen des menschlichen Organismus beginnt mit Aminosäuren.
Störungen sind häufig in einem Missverhältnis der verschiedenen Aminosäuren
zueinander begründet. Fehlt eine essentielle Aminosäure, kann die Ursache in
unausgewogener Ernährung liegen. Auch jene Moleküle, die die Aminosäuren
transportieren – so genannte Carrier – können defekt sein und Erkrankungen hervorrufen.
Zudem kann der Abbau des toxischen Ammoniaks im Rahmen des Harnstoffzyklus gestört
sein (vgl. Silbernagl & Lang 2009, p. 260). Bei diesen sogenannten Hyperammoniämien ist
eines der verschiedenen Enzyme, die die Schritte des Harnstoffzyklus katalysieren, defekt.
Durch den verminderten oder sogar ganz fehlenden Abbau von Ammoniak zu Harnstoff
steigt der Plasmaspiegel des Ammoniaks drastisch an, was schwere Folgen hat. Vor allem
das Gehirn ist davon betroffen. In schweren Fällen kann dies sogar zum Tod des
Neugeborenen führen. Bei milderen Verlaufsformen führt die Hyperammoniämie
unbehandelt zu Gehirnentwicklungsstörungen und Intelligenzdefiziten. Bei einer anderen,
ebenfalls leichten Form zeigt sich in den ersten Lebensjahren überhaupt keine
Symptomatik; sie bricht erst bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus.
Die Erkrankung ist mit einer Erkrankungsrate von 1 von 30.000 Lebendgeburten relativ
häufig (vgl. Röhm 2014, pp. 352f.).
Abbildung 14: Phenylketonurie. Silbernagl & Lang 2009, p. 261.
37
Neben diesen gibt es noch viele weitere Störungen des Aminosäurenstoffwechsels; eine
der bekanntesten Erkrankungen ist die Phenylketonurie. Die Störung geht hervor aus
einem Defekt der Phenylalanin-4-Monooxygenase, einem Enzym, das die Umwandlung
von Phenylalanin in Tyrosin katalysiert. Eine schematische Darstellung der Erkrankung
zeigt Abbildung 14. Die erhöhte Konzentration an Phenylalanin beeinträchtigt den
Transport anderer Aminosäuren wie Tryptophan in das Gehirn und bewirkt dadurch
neurologische Störungen und geistige Defizite. Zudem weicht das Phenylalanin auf einen
alternativen Stoffwechselweg zum Abbau aus, aus welchem das Phenylpyruvat
hervorgeht. Dieses Produkt wird mit dem Harn ausgeschieden, was als Phenylketonurie
bezeichnet wird und damit namensgebend für die Erkrankung ist.
Des Weiteren fehlt durch den Mangel an Tyrosin ein wichtiger Grundstoff zur
Melaninproduktion; dies äußert sich als ausgeprägte Lichtempfindlichkeit und
Pigmentierungsstörung. Basis einer erfolgreichen Therapie der Phenylketonurie ist das
frühzeitige Erkennen der Erkrankung und darauffolgend eine Phenylalanin-arme Diät.
Im linken Teil der Abbildung 14 ist eine seltenere Variante der Phenylketonurie dargestellt.
Die mit der Ziffer 2 gekennzeichnete Dihydropteridin-Reduktase ist hierbei aufgrund eines
Defekts funktionslos, sodass die Umwandlung von Dihydropteridin in Tetrahydropteridin
beeinträchtigt ist (vgl. Silbernagl & Lang 2009, p. 260). Der Mangel an diesem Stoff äußert
sich in einer ähnlichen Symptomatik wie die gewöhnliche Phenylketonurie, jedoch
kommen weitere neurologische Defizite wie Schluckstörungen vor (vgl. Pschyrembel,
http://www.degruyter.com/view/kw/4406782 aufgerufen am 27. August 2014).
38
5. Schlussfolgerung und Diskussion
An diesem Punkt sollen nun anhand der Ausführungen in den vorangegangen Kapiteln die
Forschungsfragen beantwortet werden.
Welche für den Energiestoffwechsel relevanten Prozesse finden in der Leber statt?
Der Energiestoffwechsel lässt sich anhand der vorwiegend verarbeiteten Moleküle in drei
Teilbereiche aufgliedern; zudem wird zwischen der substratreichen Resorptionsphase und
der nährstoffarmen Postresorptionsphase unterschieden:
In der Resorptionsphase wird im Kohlenhydratstoffwechsel die große Anzahl an
vorhandenen Glukosemolekülen in der Leber verarbeitet. Um schnell Energie bereitstellen
zu können, wird die Glukose im Rahmen der Glykolyse verbrannt, sodass das
energiereiche ATP entsteht. Des Weiteren wird jene Glukose, die aktuell nicht benötigt
wird, als Glykogen in der Leber gespeichert.
Diese Glykogenspeicher können in der Postresorptionsphase abgebaut werden. Zur
weiteren Energiegewinnung wird in der Leber aus Substraten des Hungerstoffwechsels
Glukoneogenese betrieben, um vor allem die Glukose-abhängigen Zellen wie die
Erythrozyten und die Gehirnzellen mit Energie zu versorgen (vgl. Horn et al. 2005).
Im Fettstoffwechsel werden in der Resorptionsphase all jene Lipide, die nicht in der
Peripherie gespeichert werden, in der Leber weiterverarbeitet. Sie modifiziert sie und nutzt
sie zur Biosynthese von wichtigen Bausteinen für den Organismus. Neben der Herstellung
von Phosphoglyceriden für die Zellmembranen ist auch die Cholesterin-Biosynthese eine
wichtige Aufgabe der Leber; Cholesterin dient als Grundbaustein für Steroidhormone wie
Östrogen und Testosteron und wird auch in Zellmembranen eingelagert. Zudem ist es
nach seiner Umwandlung in Gallensäure ein wichtiger Bestandteil in der Fettverdauung.
In der Postresorptionsphase betreibt die Leber vor allem β-Oxidation; dadurch werden
einerseits Acetyl-CoAs zur ATP-Gewinnung und andererseits Ketonkörper zur
Energieversorgung des Gehirns in Hungerzeiten synthetisiert (vgl. Horn et al. 2005).
In der Resorptionsphase des Proteinstoffwechsels werden die vielen, mit der Nahrung
aufgenommen Aminosäuren zur Synthese neuer Proteine genutzt. Die Leber stellt dabei
vor allem Enzyme für Stoffwechselprozesse sowie Plasmaproteine her; dazu zählen unter
anderem Albumin, Lipoproteine und die Blutgerinnungsfaktoren V, VII, IX, X, XI und XII.
39
Postresorptiv werden Muskelproteine abgebaut und zur Leber gebracht, um sie dort
energiebringenden Prozessen wie der Glukoneogenese und der Ketonkörper-Biosynthese
zuzuführen. Auch der Umbau verschiedener Aminosäuren erfolgt in der Leber; damit wird
die Homöostase der Aminosäuren-Konzentrationen aufrecht erhalten. Das beim Abbau
von Aminosäuren anfallende Ammoniak wird im Harnstoffzyklus in der Leber unschädlich
gemacht, sodass es als Harnstoff unbedenklich über die Nieren ausgeschieden werden
kann (vgl. Horn et al. 2005).
Welche Auswirkungen haben Stoffwechselstörungen auf den Gesamtorganismus?
Auch bei der Beantwortung dieser Forschungsfrage werden die drei Teilbereiche des
Stoffwechsels getrennt voneinander betrachtet, um einen besseren Überblick zu behalten.
Bei einer der Enzymopathien des Kohlenhydratstoffwechsels, der Galaktosämie, ist ein
Enzym, das die Verstoffwechselung von Galaktose katalysiert, defekt; dies führt zu hohen
Konzentrationen eines Stoffes namens Galaktose-1-Phosphat im Organismus; dies kann
im schlimmsten Fall zu einer Leberzirrhose führen.
Bei der hereditären Fruktoseintoleranz kann keine Fruktose abgebaut werden; das sich
dadurch anhäufende Substrat hemmt Enzyme des Kohlenhydratstoffwechsels, was sich in
einer Hypoglykämie äußert und unbehandelt zu akutem Leberversagen führen kann.
Die weit verbreitete Erkrankung Diabetes mellitus Typ II hat sehr weitreichende Folgen;
Abbildung 11 (p. 31) veranschaulicht die komplexen Zusammenhänge der durch
Hyperglykämie entstandenen Folgen. Aufgrund verschiedener Mechanismen werden die
Augen durch Katarakt und Retinopathie beeinträchtigt; dies kann bis zum Erblinden
führen. Auch die Nerven werden durch die hohen Plasmaglukosespiegel geschädigt: es
kommt zu einer Polyneuropathie, die sich in Sensibilitäts- und Reflex-Ausfällen äußert.
Eine Niereninsuffizienz kann durch die hohe Infektanfälligkeit sowie geschädigte Gefäße
entstehen. Zudem begünstigt die Makroangiopathie auch Störungen der peripheren
Durchblutung, sowie das Auftreten eines Herzinfarktes oder Schlaganfalles; verstärkt wird
das Risiko durch die von der Hyperglykämie hervorgerufene Hypertonie und
Thromboseneigung (vgl. Silbernagl & Lang 2009; Reinhardt et al. 2014).
Störungen des Fettstoffwechsels äußern sich zumeist in einer Erhöhung des
Cholesterinspiegels. Unabhängig davon, ob es sich um eine primäre oder eine sekundäre
Hyperlipoproteinämie handelt, können die Auswirkungen gravierend sein. Während
sekundäre Hyperlipoproteinämien infolge verschiedener Grunderkrankungen sehr häufig
40
auftreten, sind die Komplikationen der primären Formen, die auf Basis eines Gendefektes
entstehen, oft schwerwiegender. Beide sorgen für ein signifikant erhöhtes Risiko der
Arteriosklerose-Entstehung; dies begünstigt das Auftreten einer koronaren
Herzerkrankung (KHK) mit all ihren Spätkomplikationen. Bei schweren Formen der
familiären Hypercholesterinämie erleiden zum Teil bereits Kinder einen Herzinfarkt (vgl.
Arastéh et al. 2013).
Im Proteinstoffwechsel sind häufig Enzyme des Harnstoffzyklus von einem Gendefekt
betroffen; dadurch kann das beim Aminosäuren-Abbau entstehende Ammoniak nur
unzureichend zum ungefährlichen Harnstoff verstoffwechselt werden und es kommt zu
einer Hyperammoniämie. Vor allem auf das Gehirn wirkt der hohe Plasmaspiegel an
Ammoniak toxisch: schwerwiegende Hyperammoniämien können für ein Neugeborenes
letal enden, während leichtere Verläufe neurologische Defizite hervorrufen und zu einer
Minderung der Intelligenz führen.
Eine häufige Störung des Proteinstoffwechsels ist die Phenylketonurie. Bei dieser
Erkrankung ist das Enzym, das Phenylalanin in Tyrosin umwandelt, defekt. Nachweisbar
ist dies im Urin. Die hohe Konzentration an Phenylalanin behindert andere
Stoffwechselwege im Gehirn und sorgt damit für neurologische Schäden. Der Mangel an
Tyrosin führt zu einer erhöhten Lichtempfindlichkeit sowie einer Pigmentstörung, weil zu
wenig Melanin zur Verfügung steht (vgl. Silbernagl & Lang 2009; Röhm 2014).
Abschließend ist zu sagen, dass die Leber eine äußerst wichtige Aufgabe in unserem
Stoffwechsel hat, da nahezu alle lebenswichtigen Stoffwechselprozesse von ihrer
Funktionstüchtigkeit abhängen. Zudem ist es bemerkenswert, wie weitläufig und
schwerwiegend sich „kleine“ Störungen des Stoffwechsels auswirken. Daraus kann man
vor allem zwei Dinge mitnehmen:
Um angeborene Störungen des Stoffwechsels zeitnah zu erkennen und optimal
therapieren zu können, ist es essentiell, das Neugeborenen-Screening beizubehalten und
eventuell sogar zu erweitern.
Sekundäre, also erworbene Stoffwechselstörungen sind nicht zu unterschätzen. Sie sind
sehr weit verbreitet und werden oftmals von den Betroffenen nicht allzu ernst genommen.
Viele Erkrankungen sind mit einer Ernährungsumstellung und einer Erhöhung des
Sportpensums in den Griff zu bekommen. Die weitreichenden, zum Teil tödlich endenden
Spätfolgen wären einfach zu vermeiden. Es bleibt zu hoffen, dass viele Betroffene diese
Chance nutzen und sich für ein gesundes Leben entscheiden.
41
6. Literaturverzeichnis
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Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Xanthom.
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Anderhuber F, Pera F, Streicher J (Hrsg.) (2012) Waldeyer - Anatomie des Menschen.
19. Auflage. Berlin, Deutschland: Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, p. 539.
Abbildung 4: Leberläppchen. Vergrößerung 4x. .................................................................. 6
Hartmann M, Pabst MA, Dohr G (2011) Zytologie, Histologie und Mikroskopische
Anatomie. Licht- und elektronenmikroskopischer Bildatlas. 5. Auflage.
Wien, Österreich: facultas.wuv Verlag. Übungs-DVD.
Abbildung 5: Glykolyse. ..................................................................................................... 11
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Stuttgart, Deutschland: Georg Thieme Verlag, p. 83.
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Horn F, Moc I, Schneider N et al. (2009) Biochemie des Menschen. 4. Auflage.
Stuttgart, Deutschland: Georg Thieme Verlag, p. 101.
Abbildung 7: Abbau der Fettsäuren. .................................................................................. 18
Horn F, Moc I, Schneider N et al. (2009) Biochemie des Menschen. 4. Auflage.
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Horn F, Moc I, Schneider N et al. (2009) Biochemie des Menschen. 4. Auflage.
Stuttgart, Deutschland: Georg Thieme Verlag, p. 151.
44
Abbildung 9: Zytosolischer und sekretorischer Weg der Proteinbiosynthese..................... 24
Horn F, Moc I, Schneider N et al. (2009) Biochemie des Menschen. 4. Auflage.
Stuttgart, Deutschland: Georg Thieme Verlag, pp. 172f..
Abbildung 10: Der Harnstoffzyklus. .................................................................................... 27
Horn F, Moc I, Schneider N et al. (2009) Biochemie des Menschen. 4. Auflage.
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Abbildung 11: Diabetes mellitus: Spätkomplikationen. ...................................................... 31
Silbernagl S, Lang F (2009) Taschenatlas Pathophysiologie. 3. Auflage.
Stuttgart, Deutschland: Georg Thieme Verlag, p. 309.
Abbildung 12: Charakteristika der Lipoproteine. ................................................................ 34
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3. Auflage. Stuttgart, Deutschland: Georg Thieme Verlag, p. 700.
Abbildung 13: Primäre hereditäre Hyperlipoproteinämien.................................................. 35
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3. Auflage. Stuttgart, Deutschland: Georg Thieme Verlag, p. 702.
Abbildung 14: Phenylketonurie. ......................................................................................... 37
Silbernagl S, Lang F (2009) Taschenatlas Pathophysiologie. 3. Auflage.
Stuttgart, Deutschland: Georg Thieme Verlag, p. 261.
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