Untersuchung des gelösten Tabakmosaikvirus-Proteins

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F. A. ANDERER, 0 . KRATKY UND R. L 0
906
Untersuchung des gelösten Tabakmosaikvirus-Proteins mittels der
Röntgen-Kleinwinkelstreuung unter V erw endung der Absolutintensität
Von F.
A . A nderer,
0.
K ratky
und R. Lo
Aus dem Institut für physikalische Chemie der U niversität Graz und dem M ax-Planck-Institut
für Virusforschung, T übingen
(Z. Naturforschg. 19 b, 906— 916 [1964] ; eingegangen am 12. Mai 1964)
Das Verhalten von TM V-Proteinmolekülen in verschiedenen Lösungsm itteln wurde untersucht.
In Essigsäure liegen partiell denaturierte Monomere vom Mol.-Gew. 17 300 vor. In 0,01-re. NaOH
bilden sich aus m ehreren Monomeren stäbchenförmige Aggregate. In 36-proz. Harnstofflösung wird
das TM V-Protein völlig denaturiert. Im Grenzfall unendlicher Verdünnung findet man isotrope
monomere Fadenknäuel. Bei höherer Proteinkonzentration lagern sich diese in kom plizierter Weise
zu Aggregaten zusammen, die bei 2% Proteingehalt bereits aus durchschnittlich fünf Monomeren
bestehen.
I. Problem stellung, M ethodik
Durch Elektronenmikroskopie, Röntgenbeugung und
partiellen chemischen Abbau ist heute weitgehend ge­
sichert, daß die Proteinhülle des Tabakmosaikvirus
(TMV) die Form eines langen Hohlzylinders hat. Das
Protein eines intakten Viruspartikels besteht aus identi­
schen Polypeptidketten, deren Anzahl durch verschie­
dene chemische und physikalische Methoden zu 2100
bis 2200 pro Partikelgewicht M = 3 8 -IO6 bestimmt
werden konnte1. Die einzelne Polypeptidkette ist aus
158 Aminosäuren aufgebaut, die zusammen ein Mol.Gew. von 17 530 ergeben. Die Reihenfolge der Amino­
säuren in der Polypeptidkette konnte während der letz­
ten Jahre festgelegt werden2-4. Im Virus sind die
Polypeptidketten als strukturidentische Untereinheiten
helixartig angeordnet, wodurch letztlich die Form eines
Hohlzylinders bedingt wird5. Die Virusnucleinsäure,
der eigentliche Träger der Infektiosität, ist in die Ma­
krohelix der Proteinuntereinheiten eingebettet.
Auf welche Weise die Polypeptidketten im nativen
Zustand in den Untereinheiten gepackt und gefaltet
sind, ist noch ziemlich unbekannt. Außer der radialen
Verteilung der Elektronendichte im Virus wie auch im
Hohlzylinder-förmig aggregierten Virusprotein kennen
wir nur den ungefähren Gehalt an a-Helix, der nach
Messungen der optischen Rotationsdispersion bei 25
bis 35% lie g t6. Studien an verdünnten Lösungen von
TMV-Protein gestalten sich in gewisser Hinsicht schwie­
rig, da die Proteinuntereinheiten je nach den Bedingun­
gen mehr oder weniger stark aggregiert vorliegen und
1 Übersicht:
[1963].
F . A . A n d e re r,
E. W e b e r u . G . S c h r a m m , N ature
[London] 186. 922 [I960].
F . A . A n d e r e r u . D. H a n d s c h u h , Z. Naturforschg. 17 b, 536
[1962].
A. T s u g i t a , D. T . G i s h , J. Y o u n g , H. F r a e n k e l - C o n r a t , C .
A. K n i g h t u . W . M. S t a n l e y , Proc. nat. Acad. S e i . 46, 1463
[I960].
2 F . A . A n d e r e r, H . U h lig ,
3
4
Advances Protein Chem. 18, 1
die durchschnittliche Größe der Aggregate wesentlich
von der Konzentration des Proteins abhängt. Es war
daher für weitere Studien angebracht, zunächst Lösun­
gen von TMV-Protein zu untersuchen, in denen das
Protein in die einzelnen Polypeptidketten dissoziiert
ist. Dies ist für 0 , 1 —2 -proz. Proteinkonzentrationen
nur in denaturierenden Lösungsmitteln der Fall und
so konnten daher auch für die Abtrennung der Virus­
nucleinsäure vom Protein ausschließlich Methoden be­
nützt werden, bei denen das Virusprotein teilweise oder
ganz denaturiert wird.
In 6 6 -proz. Essigsäure fällt die Virusnucleinsäure aus
und das Protein bleibt vollständig dissoziiert (mono­
mere Polypeptidketten) in Lösung 7> 8 und kann direkt
untersucht werden. Anders verhält es sich bei der Ex­
traktion des Virusproteins aus dem Virus mit 75-proz.
Phenol, wo das Protein durch Alkoholfällung isoliert
werden muß. Dieses Protein wurde nach einem früher
beschriebenen Verfahren 9 renaturiert und als Lösung
in 0,01-«. NaOH und in 6 -m. Harnstoff weiter unter­
sucht. In diesen Lösungsmitteln kann die monomere
Proteinuntereinheit in drei verschiedenen Formen vor­
liegen: 1. mit weitgehend intakter Sekundär- und Ter­
tiärstruktur (analog dem nativen Zustand), 2. mit par­
tiell aufgelöster und 3. mit völlig aufgelöster Sekundärund Tertiärstruktur. Im letzten Falle dürften die Poly­
peptidketten weitgehend einem K u h n sehen Faden­
knäuel entsprechen.
Zur Methodik der Röntgen-Kleinwinkelstreuung sei
auf neuere zusammenfassende Darstellungen verwie5 Ü bersicht: A. K l u g u . D. L. D. C a s p a r , Advances Virus
Res. 7, 225 [I9 6 0 ],
6 N. S . S im m o n s u . E. R. B l o u t , Biophys. J. 1, 1 [I960].
7 H. F r a e n k e l - C o n r a t , Virology 4, 1 [1957].
8 H. G. W i t t m a n n , E xperientia [Basel] 15, 174 [1959].
9 F . A . A n d e r e r , Z. Naturforschg. 14 b, 642 [1959].
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UNTERSUCHUNG DES GELÖSTEN TMV MITTELS RÖNTGEN-KLEINWINKELSTREUUNG
s e n 10’ 11. D as Röntgenlicht des strichförm igen B renn­
fleckes einer käuflichen A n lage von hoher D osiskon­
stanz wurde durch ein praktisch störungsfrei arbeiten­
des B lendensystem 12 zu einem flachen Strahlenbündel
m it definierter Intensitätsverteilung beschnitten und
durch die in einer M ark-K apillare befindliche P rotein­
lösung hindurchgesandt. D ie R egistrieru ng der K leinw inkelstreuung erfolgte m ittels ein es Proportionalzähl­
rohres, wobei durch elektronische D isk rim inierun g nur
die der CuK a-Linie entsprechenden Im p ulse zur Zäh­
lung kom m en. D ie U ntergrundstreuung des reinen
L ösungsm ittels wurde in einer B lin dau fnahm e festg e­
stellt und jedesm al vom Streueffekt der P rotein lösun g
subtrahiert. D ie Elim inierung des durch den Prim är­
strahl von strichförm igem Q uerschnitt bedin gten Kollim ationsfeh lers („E ntschm ierung“) erfolgte m ittels
einer elektronischen R echenanlage nach einem in unse­
rem A rbeitskreis entwickelten und program m ierten Ver­
fahren 13> 14.
B ei der D arstellung der Streukurven wird die In ten­
sität I in Im p/m in gegen den als A b szisse verw endeten
A bstand m (in cm) des M eßpunktes vom Schw erpunkt
des P rim ärstrahles aufgetragen. E s gilt dann genügend
genau
m /a = sin 2 # .
a = A bstand Präparat —R egistrierebene, 2 #
w inkel.
= Streu­
D ie E rm ittlung der T eilchengew ichte erfolgte m ittels
der A b so lu tin te n sitä t, d. h. dem V erhältnis der gestreu­
ten zur P rim ärenergie. Zur M essung der P rim ärenergie
benützten wir das a. a. 0 . beschriebene R o ta to r v erfa h ­
In Essigsäure
In 0,01 -n • NaOH
In H arnstoff
Po
(106 Im p/cm - sec)
d
[cm]
20,37
22,89
23,08
85,81
40,05
86,56
18,36
0,1270
0,1197
0,1197
0,1010
0,1091
0,1010
0,1197
907
ren 15’ 16. U m Streukurven verschiedener P räparate m it­
einander vergleichbar zu m achen, ist es zweckm äßig,
die exp erim en tellen Kurven auf gleiche „Streukraft“
und gleiche P rim ärintensität P 0 ( = Energie pro L ängen­
ein h eit des P rim ärstrahls, gem essen in der R egistrier­
ebene) zu beziehen. U nter der „Streukraft“ 5 ein es
System s verstehen wir eine nur durch die m aterielle
Z usam m ensetzung bestim m te Größe, die nicht vom D is­
persitätsgrad abhängt. Es gilt:
S = 0 ,0 4 7 6 - d - c (A z ) 2/a 2
m it
d =
P räparatdicke in cm,
c =
K onzentration in g /m l Lösung,
(1)
Az
=
Überschuß-G ram m elektronen pro Gramm
gelöster Substanz = z t — V i Q2 ,
zt
=
G ram m elektronen pro Gramm Substanz,
V\ — p artielles spezifisches V olum en der S u b ­
stanz,
q2
=
E lektronendichte des L ösungsm ittels.
W ir bezeichnen I n = l / S " P 0 als norm ierte Streufun k­
tion. S ie ist nur noch abh ängig von der M asse, Größe
und G estalt der gelösten T eilchen und wird, sofern die
K onzentration nicht genügend k lein ist, von interparti­
kulären Interferenzeffekten beeinflußt. K önnen diese
als vernachlässigbar betrachtet werden, so stellt ihr
W ert beim Streuw ink el nu ll 7n (0) das M ol.-G ew . 17
(bzw. das G ew ichtsm ittel bei P olyd ispersität) dar. D ie
folgen d e T ab. 1 enthält die W erte, welche obige Grö­
ßen bei unseren M essungen hatten.
[1 02-g/m l = %]
0,8550
0,4014
0,7542
0,5454
1,1226
1,4929
2,2608
Az
0,1155
0,1177
0,1177
0,0595
0,0600
0,0595
0,0600
a
[cm]
[m l/g]
23,4
23,4
23,4
23,4
23,4
23,4
23,4
0,75
0,75
0,75
0,787
0,787
0,787
0,787
Tab. 1. Größen, die zur Umrechnung der Streuintensität in die norm ierte Streufunktion gebraucht werden.
10 W . Beeman, P . K aesb erg, J . W . A n d ereg g u . M . B. W ebb,
S iz e o f P a r ticle s and L a ttic e D e fe c ts, in H an d b u ch der
P h y sik , Bd. 32, H erausg. S. F lü g g e , S p rin g er-V erla g 1957 ;
V . G e r o ld , Z. an g ew . P h y sik 9, 43 [1 9 5 7 ] ; A . G uinier u .
G. F o u rn et, in : S m a ll A n g le S c a tte r in g o f X-Rays, J. W i­
le y S o n s Inc., N ew Y ork, u. C hapm an H a ll, L o n d o n 1955;
O. K r a tk y , K olloid -Z . 182, 7 [1962] ; M a k ro m o lek u la re
C hem . 35 A , 12 [1960] ; N a tu r w isse n sc h a ften 42, 237
[1955] ; Z. E lektrochem . Ber. Bunsenges. p h y sik . C hem .
60, 245 [1956]; A n g ew . C hem . 72, 467 [1960] ; G. P o ro d ,
M ak rom o lek u la re C hem . 35, 1 [I960].
11
12
O. K r a t k y , Progr. in Biophysics 13, 105 [1963].
O. K r a t k y , Z. Elektrochem. Ber. Bunsenges. physik. Chem.
62, 66 [1958]; 0 . K r a t k y u . Z. S k a l a , Z. Elektrochem.
Ber. Bunsenges. physik. Chem. 62, 73 [1958] ; 0 . K r a t k y
u. H. L e o p o l d , M akrom olekulare Chem., im Druck.
H e i n e u . J . R o p p e r t , Acta physica austriaca 15, 148
[1962] ; S . H e i n e , Acta physica austriaca 16, 144 [1963].
14 Vgl. die zusammenfassende D arstellung aller m it dem
Kollim ationseinfluß zusammenhängenden Problem e: O.
K r a t k y , G. P o r o d u . Z. S k a l a , Acta physica austriaca 13,
76 [I9 6 0 ].
15 0 . K r a t k y u . H . W a w r a , Mh. Chem. 94, 981 [1963].
18 0 . K r a t k y , Z. analyt. Chem. 2 0 1 , 161 [1964].
17 Die obigen Zusamm enhänge zur Berechnung des Mol.-Gew.
sind in form al zwar etwas anderer, aber gleichwertiger
Form erstm alig gegeben worden bei: O. K r a t k y , G. P o r o d
u. L. K a h o v e c , Z. Elektrochem. 55, 53 [1951]. Uber die
erste Mol.-Gew.-Bestimmung m ittels der A bsolutintensität
der Röntgen-K leinwinkelstreuung wurde in dieser Zeit­
schrift berichtet: J . C . C l e e m a n n u . 0 . K r a t k y , Z. N atur­
forschg. 1 5 b , 525 [I960].
13 S .
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908
F. A. ANDERER, O. KRATKY UND R. LO
II. TM V-Protein in essigsaurem Medium
Es war zunächst unser Bestreben die Moleküle in
einem vom nativen möglichst wenig verschiedenen
Zustand zu erhalten. Zu diesem Zweck extrahierten
wir aus einem TMV-Präparat das Protein nach einer
V orschrift7- 8, die dieses als ca. 0.9-proz. Lösung in
ca. 60-proz. Essigsäure liefert. Abb. 1 zeigt u. a. die
von dieser Lösung gelieferte Streukurve in normier­
ter Form. D ie Kurventeile für m kleiner als 0,1 cm
wurden durch Extrapolation des G a u ß sehen Be­
reiches erhalten.
Für das Mol.-Gew. M findet man / n( 0 ) = M =
17 300. In essigsaurem Medium liegen also tat­
sächlich monomere Proteinmoleküle vor, wie die
ausgezeichnete Übereinstimmung mit dem Mol.-Gew.
aus der Aminosäuresequenz beweist.
Das Teilchenvolumen erhält man nach P o r o d 18
V (Q) =0,291 • as • l n(0) /Q
(3)
Q, die P o r o d sehe Invariante 18, erhält man durch
Integration der mit rrr durchmultiplizierten, nor­
mierten Streukurve /„ von 0 bis oo. Die Integration
wurde im experimentell vorliegenden Innenteil gra­
phisch vorgenommen. Ab m = 3,4 cm zeigt die Streu­
kurve den theoretisch zu erwartenden Auslauf nach
I n = k /m 1, k = 3700, so daß die weitere Integration
analytisch möglich war. Gl. (3) liefert das Volumen
zu V (Q ) = 23 900 Ä 3. Andererseits ist das „kom ­
pakte“ Volumen nach
V (M) =M -z;1/0,603 mit ^ = 0,75
(4)
auch über das Mol.-Gew. zu berechnen. Man findet
es zu V (M ) = 2 1 520 Ä 3. Der Quotient beider Werte
liefert uns den Quellungsgrad q zu 1,11, die Teil­
chen erscheinen also nur zu 11 Vol.-% gequollen,
d. h. sie enthalten 0,0 8 5 g H 20 /1 g Protein. Dieser
Wert ist viel niedriger als sonst bei Proteinen, die
meist etwa 0.33 g H 20 /1 g Protein in Bindung hal­
ten. Dennoch glauben wir nicht, daß sich darin ein
grundsätzlicher Unterschied zu erkennen gibt. Die
normale Quellung bedeutet, daß die das Protein
umhüllende Gestalt auch die durch den Quellungs­
grad zum Ausdruck kommende Wassermenge ent­
hält. Wenn aber das Protein wie dieses sehr ge­
streckt ist (s. w. u.) und auch noch der Querschnitt
eine Anisotropie erkennen läßt, dann gibt es in die­
sem Makromolekül kaum mehr ein „innen“, fast alle
Ketten liegen an der Oberfläche und die streuungs­
äquivalente Gestalt umfaßt dann im wesentlichen tat­
sächlich nur das Protein als solches. Jedenfalls scheint
uns diese Erklärung des von der Norm abweichenden
Verhaltens plausibel. Eine äußere Solvathülle, die
sich in der Elektronendichte nicht nennenswert vom
Lösungsmittel unterscheidet, „sieht“ der Röntgen­
strahl nicht und sie ist daher bei der obigen Rech­
nung nicht in den Quellungsgrad einbezogen.
Die Form der Streufunktion / n weist sie als reine
Partikelstreukurve aus, denn sie zeigt im Innenteil
G a u ß sehen Verlauf, wie Abb. 2 zeigt. Die Teilchen
müssen aber langgestreckt sein, denn die Kurve ist
gegen die Abszisse sehr stark konvex gekrümmt.
Abb. 1. Natürliche A uftragung der Gesamt­
streukurve. Innere Kurven: / n ; äußere K ur­
ven: In ' 102. A : 0.4% TMV-Protein in 0,01«.
N aO H ; V : 0,75% TMV-Protein in 0,01-n.
NaO H ; 0 : 0,9% TMV-Protein in 60-proz.
Essigsäure.
18 G. P o r o d , Kolloid-Z. 142, 83 [1951]; 125, 51 [1951].
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UNTERSUCHUNG DES GELÖSTEN TMV MITTELS RÖNTGEN-KLEINWINKELSTREUUNG
Den gleichen Schluß zieht man auch aus dem Quer­
schnittsfaktor, der bei G u i n i e r scher Auftragung
geradlinig verläuft (Abb. 3 ), er weicht allerdings
bei kleinsten Winkeln nach unten ab, da die T eil­
chen endliche Länge besitzen. Aus dem auf m = 0
extrapolierten Wert des Querschnittsfaktors 19
lim I n ' m
m->o
läßt sich die Querschnitts-Massenbelegung M q , d. h.
das Mol.-Gew, pro 1 Ä Länge, berechnen 20,16.
M q = 1,30 lim -/n * m /a
m—»0
M /M q = L
(6 )
u . G. P o r o d , Acta physica austriaca 2, 133
[1948]; G. P o r o d , Acta physica austriaca 3, 66 [1949],
20 Die Beziehung wurde gegeben bei O. K r a t k y u . G. P o r o d ,
in : Physik der Hochpolymeren, Bd. 2, H erausgeber H. A.
19 O . K r a t k y
erhält man sofort die Länge L des Moleküls zu 169 Ä.
D ie im essigsauren Medium vorliegenden Moleküle
haben somit nicht mehr die ursprüngliche native
Form, denn sie sind ca. 2 , 6 -mal länger als das
Monomere in der Form, in der es die TMV-Hülle
aufbaut. Günstigstenfalls ist die sekundäre Wende­
lung (a-Helix) der Polypeptidkette unangegriffen,
die Tertiärstruktur jedoch erscheint mit Sicherheit
aufgelöst.
Die Querschnittsfläche F findet man nach
F = 0 ,3 7 8 -a 2 lim /„«
(5)
Man findet Afq= 102,3. Aus
909
(7)
vi —*0
zu F = 1 4 1,8 Ä 2. Dieser Wert liefert jedoch zusam­
men mit dem Volumen keine von M /M q unabhän-
Springer-Verlag 1953, und zuerst angewendet bei:
H. S e m b a c h , M akrom olekulare Chem. 18/19,
463 [1956],
S tu a rt,
O . K ra tk y u.
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F. A. ANDERER, 0 . KRATKY UND R. LO
910
gige Bestimmung der Länge, denn deren Wert wird
auf beiden Wegen vom Verhältnis 7n( 0 ) /lim In’m
m -+ 0
bestimmt. Ein unabhängiger Weg führt jedoch über
die Streumassenradien von Gesamtteilchen und Teil­
chenquerschnitt. Ist
/? = 0,644-a
d log In
dm2
(8)
der aus der Neigung der G u i n i e r - Geraden be­
stimmte Streumassenradius des Teilchens und
d log 7n m
Rq = 0,526 a
dm2
\ Vt
\ m-+()!
(9)
sein Querschnitts-Streumassenradius, so gilt für die
Länge L:
L2 = 12{R 2- R q2).
(10)
Aus den gefundenen Werten, /? = 4 6 ,1 Ä und R q
= 19,1 Ä, erhält man L = 1 4 5 Ä , ein Wert, der um
14% niedriger liegt als der aus M und M q bestimmte.
Nun ist allerdings zu bedenken, daß die Beziehung
(9) nur dann streng gilt, wenn das Teilchen ent­
lang seiner großen Dimension einen einheitlichen
Querschnitt aufweist. Bei einer Abweichung ergibt
sich nach ( 6 ) und (10) je die Länge eines streu­
ungsäquivalenten Körpers und man kann leicht zei­
gen, daß sie bei den beiden Berechnungsweisen nicht
identisch herauskommen können. Der Unterschied
zwischen 169 und 145 Ä ist danach ein Ausdrude
für die Abweichung von der streng zylindrischen
Gestalt. Immerhin wird für das denaturierte Pro­
tein, wie es im essigsauren Medium vorliegt, die
Annahme der Gestalt eines Zylinders mit einer zwi­
schen 145 und 169 Ä liegenden Länge als Näherung
zulässig sein.
monomeren Teilchen vor, vielmehr lagern sie sich
in offenbar konzentrationsabhängiger Weise zu grö­
ßeren Komplexen zusammen. Die errechneten A s­
soziationsgrade sind 3,25 bzw. 4. Die Ganzzahligkeit im zweiten Fall ist zweifellos ein Zufall, denn
erstens handelt es sich bei Annahme eines Dissoziations-Gleichgewichtes der Oligomeren nur um Mittel­
werte und zweitens können beide Werte durch inter­
partikuläre Interferenzeffekte merklich verfälscht
sein. Wir werden auch alle weiteren Angaben
über Assoziationsgrade nur als Mittelwerte auffas­
sen dürfen.
Bemerkenswert ist der im G a u ß sehen Verlauf
auftretende Knick (Abb. 2 ). Wir können ihn als
Zeichen einer inhomogenen Dichteverteilung in den
Molekül-Assoziaten deuten, dergestalt, daß ein dich­
terer Kern von einer weniger dichten Hülle umgeben
ist. Die Massen und Streumassenradien beider An­
teile lassen sich dann durch Amplitudenzerlegung
der Gesamtstreukurve berechnen. Es g ilt 21, 2 2 , 11
M k = k ‘M
M e = M —Mk
—log k = log A (0) —log A k (0),
log 7n ( 0 ) = 2 log ,4(0),
log /n,K ( 0 ) = 2 log AK( 0 ).
Darin bedeuten: M = Masse des gesamten Teil­
chens, Mk = Kernmasse, Mh = Hüllenmasse, k =
Kernmassenanteil, 7n( 0 ),^ (0 ) = die auf m = 0 ex­
trapolierte Streuintensität bzw. Streuamplitude des
Gesamtteilchens (aus dem inneren Gauß-Bereich),
Ai,K (0), A k (0) = die auf m = 0 extrapolierte Streu­
intensität bzw. Streuamplitude des Kerns (aus dem
äußeren Gauß-Bereich).
Gesamtstreumassenradius R und Kernstreumassenradius /?k findet man nach Gl. ( 8 ) direkt aus
dem Anstieg von innerem und äußerem G a u ß - B e ­
reich, jener der Hülle, 7?h , ergibt sich nach
III. TM V-Protein im alkalisdien Medium
Zum Studium des Verhaltens in alkalischen Me­
dien untersuchten wir zunächst zwei Lösungen von
0 ,4 0 und 0,75 Gew.-% in 0,01-n. NaOH. D ie Prä­
paration des Proteins wurde im Abschnitt I bespro­
chen. Abb. 1 zeigt die nach (2) normierten Streu­
kurven, Abb. 2 deren G u i n i e r - Auftragungen.
Die auf m = 0 extrapolierten Streuintensitäten lie­
fern die Mol.-Gew. M = 56 630 für die verdünntere,
M = 69 660 für die konzentriertere der beiden Lö­
sungen. Unter diesen Bedingungen liegen also keine
21 V.
L u z z a t i , J.
379 [1961].
W itz
u.
A.
N ic o la ie ff,
J. molecular Biol. 3.
(1 1 )
Rn2= ( R 2- k - R K* ) / ( l - k ) .
(12 )
D ie nachfolgende Tab. 2 enthält die über Gl. (11)
und ( 1 2 ) erhaltenen Werte sowie die restlichen
Teilchenparameter, die über Gl. (3) bis (10) erhal­
ten wurden, sowie den Assoziationsgrad, d. h. den
Quotienten M / l l 530.
D iese Ergebnisse lassen sich zwanglos in folgen­
der Weise deuten:
In 0,01-n. NaOH lagern sich, je nach Proteinkon­
zentration, drei bis vier auf ähnliche Art wie im
sauren Medium denaturierte Moleküle zu Bündeln
22 O .
K r a t k y , I. P i l z , P . J. S c h m i t z u. R.
turforschg. 18 b, 180 [1963].
O berdörfer,
Unauthenticated
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Z. Na­
UNTERSUCHUNG DES GELÖSTEN TMV MITTELS RÖNTGEN-KLEINWINKELSTREUUNG
G ew.-% Protein
Mol.-Gew. M
K ernm asse M k
H üllm asse M^l
Kernm assenanteil k
Gesamtstreumassenradius R [Ä]
K ern -Streumassenradius
Ä k [A]
H üllen -Streumassenradius
-Rh [A]
Volum en V(Q) [Ä3]
Volum en V (M) [Ä3]
Volumsquellungsgrad q
g H 20 / g Protein
Querschnitts-M assenbelegung M q
Querschnitts-Streumassenradius
Ä q [A]
Querschnittsfläche F [A 2]
M oleküllänge aus M / M q [Ä]
M oleküllänge aus R und R q [Ä]
Assoziationsgrad g
0,7542
69660
35640
34020
0,512
42,8
0,4014
56630
30410
26220
0,537
42,1
18,0
17,5
58,5
126300
86640
1,46
0,34
444
58,9
104270
70440
1,48
0,36
379
15,1
808
156
139
4,00
14,8
700
149
137
3,25
Tab. 2. Teilchenparam eter von TMV-Protein, gelöst in
0,01-n. NaOH.
zusammen. Die Anlagerung erfolgt seitlich, Längs­
seite an Längsseite, denn die Länge dieser O ligo­
meren ist mit 137 — 156 Ä etwa gleich jener des de­
naturierten Monomeren im essigsauren Medium
(1 4 5 —169 Ä ). Sie erfolgt weiters in einer Ebene,
denn die Größe von R und Rq entspricht jener
eines Prismas von 49 Ä Breite, 15 Ä Höhe und
137 Ä Länge. Die Querschnittsfläche dieses Prismas
(7 3 5 Ä 2) liegt innerhalb der Grenzen der gefunde­
nen Werte (700 —8 0 8 ), desgleichen liegt sein V olu­
men mit 1 0 0 0 0 0 Ä 3 in der richtigen Größenord­
nung (1 0 4 000 bis 126 000 Ä3) .
D ie Zusammenlagerung erfolgt zweifellos auf
Grund intermolekularer Kräfte, die u. a. zur Aus­
bildung von Wasserstoff brücken führen. Verglichen
mit der wohldefinierten stabilen Form des Proteins
911
im nativen Zustand hat das denaturierte Mono­
mere, bei aufgelöster Tertiär- und wahrscheinlich
angegriffener Sekundär-Struktur, eine variable und
unregelmäßige Form. Es ist plausibel, daß es bei
der Assoziation zur Ausbildung eines engen ver­
netzten Kernes und einer lockeren, aus abstehenden
Molekülteilen, Schlingen etc. gebildeten Hülle kom­
men kann. Dementsprechend erscheinen die aggre­
gierten Teilchen auch stärker gequollen als die M ono­
meren im sauren Medium: das Mittel der beiden im
alkalisdien Medium gefundenen Werte ist ein Quel­
lungsgrad von 47 Vol.-%, der einer Aufnahme von
0,3 5 g Wasser pro 1 g Protein entspricht und dem­
nach das gewohnte Ausmaß hat.
D iese Befunde erweckten unser Interesse für die
Frage, wie sich wohl völlig denaturiertes TMV-Pro­
tein verhalten würde.
IV. TM V-Protein in Harnstofflösung
Um die Überstruktur der Proteinuntereinheiten
mit Sicherheit zu zerstören, wurde das Protein in
einer 36-Gew.-% enthaltenden wässerigen Harnstoff­
lösung gelöst. Studiert wurde eine Konzentrations­
reihe von 0,5, 1,0, 1,3 und 2% TMV-Protein.
Abb. 4 zeigt die nach ( 2 ) erhaltenen, normier­
ten Streukurven /„ , Abb. 5 dieselben in G u i n i e r scher Auftragung, Abb. 6 den Verlauf der Quer­
schnittsfaktoren In'm und Abb. 7 die mit mr durch­
multiplizierten Streukurven. Diese letzte Abbildung
zeigt, daß die Streukurven in ihrem ganzen Habitus,
von jener mit c = 0,5 abgesehen, die typischer Faden­
strukturen sind, weil sie mit l / $ auslaufen. In der
G u i n i e r sehen Auftragung von Abb. 5 wird fer-
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912
F. A. ANDERER. O. KRATKY UND R. LO
m2[cm2]
Abb. 6. Natürliche A uftragung der
Querschnittsfaktoren.
L ösungsm ittel:
36-proz. Harnstofflösung. Konzentration
des TM V-Proteins: O : 0,5%; A : 1%;
V : 1,3%; O : 2 Prozent.
3,0
3,5
m [cm j —
■103
Abb. 7.
Natürliche
A uftragung von
36-proz. H arn­
stofflösung. Konzentration des TMVProteins: O : 0,5%; A : 1,0%;
V : 1,3%; □ : 2 Prozent.
In 'm 2. Lösungsm ittel:
m [cm ]-
ner offenbar, daß jeweils zwei G a u ß - Bereiche vor­
handen sind, was durch das Auftreten einer Inhom o­
genität der Elektronendichte der streuenden Teilchen
gedeutet werden kann. Auswertung nach (11) und
(12) liefert die Mol.-Gew. von Kern. Hülle und
Gesamtteilchen sowie deren Streumassenradien. Die
Ergebnisse sind in Tab. 3 zusammengestellt. Die
Teilchengröße steigt also stark mit der Proteinkon­
zentration, wobei hauptsächlich die Hüllmasse zu­
nimmt. während die Masse des dichteren Kernes nur
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UNTERSUCHUNG DES GELÖSTEN TMV MITTELS RÖNTGEN-KLEINWINKELSTREUUNG
schwach ansteigt (Abb. 8 ). Das Mol.-Gew., dividiert
durch 17 530, liefert den Assoziationsgrad g in Ab­
hängigkeit von der Proteinkonzentration. Abb. 9
läßt klar erkennen, daß er mit abnehmender K on­
zentration gegen 1 strebt.
c [g/m l L ösung • 102]
G esam tm asse M
K ern m asse M k
H ü llenm asse M h
K e rn m assen a n teil k
G esam tstreu m assenradius
913
0,5454
22800
13488
9312
0,5916
1,1226
31190
16069
15121
0,5152
1,4929
44570
18666
25904
0,4188
2,2608
3330
25414
67916
0,2723
21 2
42,4
47,0
61,8
14,0
18,5
13,2
10,3
28,6
57,8
60,7
72,2
43,3
1,31
29760
62,9
1,79
40720
83,5
2,56
58180
97,0
5,38
121840
R / R ku
16,95
1,25
18,7
2,26
20,4
2,31
27,1
2,28
H y d ro d y n am isch e
L änge L [A]
526
496
534
962
R [A ]
K e rn streu m a sse n ra d iu s R k [A]
H üllenstreum assenra d iu s R h [Ä]
Q u e rsc h n itts­
m asse M q
A ssoziationsgrad g
V olum en V (M ) [Ä3]
(V = K ugel) i?Ku
[A]
T ab. 3. Teilchenparam eter von TM V-Protein in Harnstoff­
lösung.
Abb. 8. Gesamt-, Kern- und Hüllengewicht M , M k , M h von
TMV-Protein (in 36-proz. Ham stofflösung) in A bhängigkeit
von der Proteinkonzentration. (Fehlerberichtigung: die Z ah­
len der Ordinate sind mit 104, nicht 103 m ultipliziert zu
denken.)
Tab. 3 enthält auch die aus den Mol.-Gew. nach
(4) berechneten Volumina V (M ) der ungequollenen Teilchen. Da bei Fadenstreukurven die P o r o d sche Invariante nicht bestimmt werden kann, ist es
nicht möglich, die gequollenen Teilchenvolumina
und den Quellungsgrad zu bestimmen. Wir nehmen
daher an, und die Berechtigung dieser Annahme
wird sich sogleich heraussteilen, daß die Quellung
in Harnstofflösung nicht wesentlich von jener in
0,01-n. NaOH verschieden ist. Wir multiplizieren
die Volum ina der ungequollenen Teilchen daher mit
einem Faktor 1,47 und erhalten so die unter
obiger Annahme zu erwartenden Volumina der ge­
quollenen Teilchen. Berechnet man nun die Streumassenradien /?ku ; die diesen entsprächen, falls es
Abb. 9. M ittlerer Assoziationsgrad g von TM V-Protein (in
36-proz. Harnstofflösung) in A bhängigkeit von der P rotein­
konzentration.
Da alle bei höheren Konzentrationen als c = 0
gefundenen Werte wiederum durch interpartikuläre
Interferenzeffekte in unbekanntem Ausmaß ver­
fälscht sind — wenn deren Auswirkung auch neben
der durch Konzentrationszunahme bedingten A sso­
ziation klein sein mag — muß unser Streben darauf
gerichtet sein, aus den vorhandenen Meßdaten auf
die Teilcheneigenschaften bei der Nullkonzentration
zu schließen.
9
Abb. 10. A nisotropiefaktor R /R ku in Abhängigkeit vom
m ittleren Assoziationsgrad g, in 36-proz. Harnstofflösung
als Lösungsmittel.
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914
F. A. ANDERER, O. KRATKY UND R. LO
sich um Kugeln handelte [Zeile /?ku {V = Kugel) in
Tab. 3 ] , erhält man in dem Quotienten /?//?ku , den
wir Anisotropiefaktor nennen wollen, ein Maß für
die Abweichung von der Kugelgestalt. In Abb. 10
ist dieser in Abhängigkeit vom Assoziationsgrad g
aufgetragen: man sieht, daß die Kurve für g — 1
zwanglos nach R /R k u = 1 oder in unmittelbare
Nähe von 1 strebt. Das bedeutet aber erstens, daß der
angenommene Quellungsgrad stimmt und zweitens,
daß die Teilchen bei unendlicher Verdünnung kugel­
förm ig sind. Nehmen wir die Tatsache hinzu, daß
unter diesen Bedingungen Monomere vorliegen, so
können wir das Volumen letzterer berechnen. Man
erhält es zu 25 850 Ä 3, entsprechend einem Radius
von 18,4 Ä und einem Streumassenradius von 14,2 Ä.
D ie Richtigkeit dieser Größen läßt sich noch dadurch
belegen, daß sie sich auch zwanglos direkt durch
graphische Extrapolation der experimentellen Werte
ergeben.
Wir gehen jedoch vorher noch einen Schritt w ei­
ter. In Abb. 1 1 ist der nach (11) experimentell ge­
fundene Kernmassenanteil k als Funktion der Pro­
teinkonzentration aufgetragen. Es zeigt sich, daß er
linear mit dieser sinkt. Bei der Nullkonzentration
Nullkonzentration soeben abgeleiteten Größen fügen
sich glatt in die Kurven ein.
Abb. 12. Streum assenradius von Gesamtteilchen (/?), Kern
(R k .) und H ülle ( ä h ) in A bhängigkeit von der TMV-Protein-Konzentration, in 36-proz. Harnstofflösung als Lösungs­
mittel.
An den G a u ß sehen Innenteil schließt sich bei
Fadenstreukurven ein 1/m 2 und daran ein 1/m-Bereich an. D ies gilt jedoch exakt nur für unendlich
dünne und sehr lange Fäden statistischer Verknäuelung. Bei der Polypeptidkette des TMV-Proteins
handelt es sich nun sicherlich um einen dicken und
relativ kurzen Strang. D ies könnte ohne weiteres
erklären, daß der l/m 2-Bereich nahezu vollkommen
verschwindet, d .h . der 1/m-Bereich fast direkt in
Abb. 11. K ernm assenanteil k in A bhängigkeit von der TMVProtein-K onzentration in 36-proz. Harnstofflösung als Lö­
sungsmittel.
hat er mit rund 70% (k = 0,693) seinen Höchstwert.
Dies versetzt uns in die Lage, die Abmessungen des
Kerns näherungsweise (!) zu berechnen. Wir erhal­
ten seinen Radius zu 16 Ä, seinen Streumassen­
radius zu 12,4 Ä und daraus weiter [nach ( 12 ) ]
jenen der Hülle zu 17.6 Ä. In Abb. 12 sind die ex­
perimentellen Werte von R, R k und Rn als Funktion
der Proteinkonzentration aufgetragen: die für die
Abb. 13. Mol.-Gew. M q pro Längeneinheit (1 Ä) in A bhän­
gigkeit vom Assoziationsgrad g, in 36-proz. Harnstofflösung
als Lösungsm ittel.
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UNTERSUCHUNG DES GELÖSTEN TMV MITTELS RÖNTGEN-KLEINWINKELSTREUUNG
den G a u ß sehen Bereich übergeht. Daß aber, wie
uns Abb. 7 zeigte, die Kurve etwa in der Gegend, in
welcher man l/ m 2-Bereiche erwarten würde, durch
aufgesetzte Buckel modifiziert ist, läßt sich nur
durch Abweichungen von der statistischen Gestalt
erklären. Es ist derzeit eine quantitative Interpreta­
tion für diese Erscheinung kaum zu geben. Jedoch
ist es möglich, aus der Absolutintensität des l/m Bereiches nach (5) die Querschnitts-Massenbelegung
M q der Fäden zu berechnen. Man findet die in
Tab. 3 enthaltenen Werte, die in Abb. 13 als Funk­
tion des Assoziationsgrades aufgetragen sind. Die
Kurve läßt sich m ühelos auf den Absorptionsgrad 1
extrapolieren und liefert für diesen ein Mol.-Gew. von
3 0 pro Ä. Da das mittlere Mol.-Gew. eines Amino­
säurerestes im TMV-Protein 17 5 3 0 /1 5 8 = 111 be­
trägt, steht für diesen eine Länge von 1 1 1/30 =
3 ,7 0 Ä zur Verfügung, was praktisch genau dem
theoretischen Wert der reinen, ungewendelten ßPolypeptidkette entspricht. Damit erweist es sich,
daß das TM V-Protein in 36-proz. Harnstofflösung
zumindest bei unendlicher Verdünnung als reine,
fadenförm ige Polypeptidkette vorliegt, die sich
statistisch zu einem kugelförmigen Knäuel von
18 Ä Radius einrollt. 70% der Masse sind zu einem
Kern von 16 Ä Radius vereinigt. Bei einer durch­
schnittlichen Massenbelegung von 30 /Ä beträgt die
hydrodynamische Länge des Fadens 580 Ä.
In Tab. 4 sind alle Befunde über die Teilchen­
eigenschaften bei unendlicher Verdünnung zusam­
mengestellt.
G esam t-M ol.-G ew . M
K ern-M ol.-G ew . M k
H üllen-M ol.-G ew . J / h
V olum en, gequollen V
K e rn v o lu m e n , gequollen F k
Q uerschnitts-M assenbelegung ilfq
H y d ro d y n a m isch e L änge L
G e sa m t-S tre u m a ssen ra d iu s R
K e rn -S treu m a sse n ra d iu s R K
H ü llen -S tre u m assen ra d iu s R a
R a d iu s des G e sam tk n äu els
K e rn ra d iu s
Q uellungsgrad q
A ssoziationsgrad g
A n iso m e trie fa k to r R / R Ku
[Ä3]
[A3]
[A]
[A]
[A]
[A]
[A]
[A]
17400
12060
5340
25850
17230
30
580
14,2
12,4
17,6
18,4
16,0
1,47
1,0
1,0
Tab. 4. Grenzwerte der Teilcheneigenschaften für 0%
Proteinkonzentration.
Nun bleibt nur noch die Aufgabe, die Vorgänge bei
Konzentrationserhöhung zu interpretieren. Aufschluß­
reich ist hier der Verlauf der Teilchenanisometrie
(Abb. 1 0 ), der Querschnittsmassen-Belegung (Abb.
915
13) und der hydrodynamischen Länge (Abb. 14)
mit dem Assoziationsgrad bzw. der Proteinkonzen­
tration. Beim Übergang vom Monomeren zum D i­
meren nimmt die Anisometrie stark zu, die Quer­
schnittsmasse verdoppelt sich, woraus bereits folgt,
daß die Fadenlänge praktisch konstant bleibt. Man
■io2
9
t
m
S,
3
0
0,5
1,0
1,5
2,0
% TMVP — *►
Abb. 14. Hydrodynamische Länge von TM V-Protein in A b­
hängigkeit von der Proteinkonzentration, in 36-proz. H arn­
stofflösung als Lösungsm ittel.
kann dies nur dadurch deuten, daß sich zwei Faden­
stränge längs aneinanderlegen, sich also nicht in
ganz willkürlicher W eise verbinden. Vielleicht b il­
den sich sogar Wasserstoffbrücken an weiter innen
gelegenen Stellen aus, die dem Einfluß des Harn­
stoffs entzogen sein können. Das Resultat ist ein
längliches Doppelmolekül, dessen Strang, aus zwei
Polypeptidketten bestehend, zu steif ist um eine
kugelige Verknäuelung zu gestatten. Daß die Länge
des Stranges sogar eher absinkt (M q steigt auf etwas
mehr als das D oppelte), deutet auf eine gewisse
Kontraktion der unter gegenseitiger Wechselwirkung
stehenden Teilstränge. Offenbar ist es noch einem
dritten Molekül möglich, sich in gleicher W eise an­
zulagern, denn die Querschnittsmasse steigt beim
Trimeren auf das Dreifache, dagegen bleiben Länge
des Stranges und Anisometrie gleich. Anders jedoch
erfolgt die Hinzunahme des vierten und fünften
Monomeren: da die Querschnittsmasse nur schwach
zunimmt, die Anisometrie jedoch eher wieder ab­
nimmt, müssen wir annehmen, daß sich diese nicht
mehr parallel zu den schon vorhandenen Fäden einfügen, sondern sich willkürlich um das Trimere
schlingen. Dafür spricht auch die starke Zunahme
der Hüllmasse, die bei dieser Konzentration (ca.
1,4%) einsetzt (Abb. 8 ).
Soviel zur Deutung des überaus komplexen Ver­
haltens des TM V-Proteins unter dem Einfluß von
Harnstoff, die sich notgedrungen auf das Phänomen
beschränken mußte, da eine wirkliche Erklärung nur
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916
TH. LUTHARDT UND W. FISCHER
auf chemischer Basis mit einem weit umfangreiche­
ren Material an Wissen und Tatsachen zu geben
wäre, als es uns heute zur Verfügung steht.
Was aber die Interpretation der Streukurven be­
trifft, so müssen zwei Tatsachen herausgestrichen
werden.
1.
Es ist klar, daß viele Angaben nicht jene
Schärfe und Sicherheit haben, wie wir sie bei der
Interpretation der Kleinwinkelstreuung von m ono­
dispersen Proteinen oder Viruslösungen gewöhnt
sind. Was wir vor uns haben ist das Ergebnis einer
komplexen Wirkung der Denaturierung bei der Ab­
trennung des Proteins von der Nucleinsäure und
einer Wechselwirkung der somit ihrer natürlichen
Stabilität beraubten Teilchen untereinander. Immer­
hin sagen die gewonnenen Kennzahlen manches —
wenngleich nicht alles. Man darf aber nicht verges­
sen, daß auch bei den monodispersen Lösungen die
so klar und einfach scheinenden Ergebnisse nicht ein
wirklich strenges Abbild der Natur zu geben vermö­
gen, denn was man ausrechnet sind stets nur streu­
ungsäquivalente. einfache geometrische Körper. Man
vergleiche etwa das auf Hohlzylinder lautende Kleinwinkelergebnis vom Hämoglobin mit dem Ergebnis
der P e r u t z sehen Kristallstrukturanalyse!
2.
Unsere experimentellen Kurven weisen noch
manche Züge auf. z. B. die Nebenmaxima. die bisher
nicht einwandfrei interpretiert wurden. Es schien uns
im gegenwärtigen Stadium noch nicht angebracht,
einen Versuch in dieser Richtung zu unternehmen,
vielmehr sollte nachgesehen werden, ob es in gro­
ßen Zügen möglich ist, Veränderungen von Protein­
molekülen und Wechselwirkungen in Lösung zu er­
fassen. Wir glauben einige Daten beigebracht zu
haben, die weitere Versuche in dieser Richtung aus­
sichtsreich erscheinen lassen.
Der R o c k e f e l l e r F o u n d a t i o n sagen wir
für die Überlassung apparativer Hilfsmittel für die
Durchführung dieser Untersuchung unseren verbind­
lichsten Dank.
Atmung, Glykolyse und Uberlebensdauer
von M onolayer-G ew ebekultur-Zellen nach Verbringen in Suspension*
Von T h .
L u th a r d t
und W.
F isc h e r
Aus der U niversitäts-K inderklinik Freiburg/B r. (D irektor: Professor Dr. W.
K ü n z e r)
(Z. Naturforschg. 19 b, 916— 922 [1964]; eingegangen am 15. Juli 1964)
The suspension of cells from m onolayer cultures for m anom etric measurements provides a techni­
cal sim plification and has therefore become a frequent m anipulation in such studies. In the ex­
perim ents described respiration, aerobic glycolysis and lifespan of the cells after their transition
from the intact cell-layer to the suspension were studied.
The glycolytic rate rem ains unchanged in the suspension, if the culture medium was not changed.
Cultures w ithout glycolysis do not glycolyse in the suspension either.
The respiratory rate is independant of glycolysis. Under the conditions used it is somewhat
accelerated in cell-suspensions. The lifespan of the cells is considerably reduced. A fter 5 to 10 hrs.
a distinct loss of respiratory rate can be noted, which does not take place in cell-layers.
The reproducability of the results in cell suspensions is not sufficient.
Considered in the light of these findings cell suspensions of monolayer cultures seem only con­
ditionally suitable for m anom etric m easurem ents and should only be used when m easurements
with intact cell-layers are not possible.
Aerobe Glykolyse in Gewebekulturen ist so häufig
beschrieben worden, daß der glykolytische Stoff­
wechsel als typisches Merkmal für diese Zellsysteme
angesehen wird. Mit Langzeituntersuchungen an in­
takten Monolayer-Kulturen konnten wir für Affen­
* Die Untersuchung wurde in großzügiger W eise finanziell
von der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t
unterstützt.
nieren- und HeLa-Zellkulturen nachweisen, daß im
Laufe der in vitro-Züchtung mit gleicher R egel­
mäßigkeit eine nicht glykolytische, reine Atm ungs­
phase auftritt, wie das für die glykolytische Phase
bekannt i s t 1- 2; je nach Mediumbedingungen wech1 Th. L u th a r d t,
2
G.
G rie s h a b e r
u.
forsdig. 16 b. 740 [1961].
T h . L u t h a r d t , R. S a u t h o f f u . H.
turforsdig. 14 b . 253 [1959].
R.
S a u th o ff,
Z. N atu r­
K . M itte ls tra s s ,
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Z. N a­
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