Nicht-rekombinierbare Binomialbäume und ihre Anwendung in der Finanzmathematik Masterarbeit am Lehrstuhl für angewandte Mathematik der Universität Bayreuth bei Prof. Dr. Lars Grüne von Michaela Baumann, B.Sc. 1244878 28. Februar 2014 Inhaltsverzeichnis Einleitung 1 Das 1.1 1.2 1.3 1.4 Marktmodell Das Einperiodenmodell . Das Mehrperiodenmodell Transaktionskosten . . . . Dividenden . . . . . . . . 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 7 13 20 21 2 Optionen 2.1 Contigent Claims und Derivate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Beispiele für Contigent Claims . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Eigenschaften von Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Vollständige Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Zusammenhang und Abschätzungen von europäischen und amerikanischen Call- und Putoptionen . . . . . . . . . . . 23 23 27 32 32 3 Der 3.1 3.2 3.3 3.4 rekombinierbare Binomialbaum Einführung des CRR-Modells . . . . . . . . . . . . Optionsbewertung und Hedging im Binomialmodell Beispiel anhand des europäischen Calls . . . . . . . Algorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 41 44 47 49 4 Der 4.1 4.2 4.3 nicht-rekombinierbare Binomialbaum Diskrete, feste Dividendenzahlungen . . . . . . . . . . . Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Diskrete Dividendenzahlungen und Algorithmen 4.3.2 Programmierbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3 Szenario-Bäume . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4 LIBOR-Markt-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 53 56 58 58 65 69 71 . . . . . . . Wahl von λ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 74 76 77 77 86 5 Konstruktion mithilfe von Marktdaten 5.1 Binomialbaum mit Modellannahmen . . 5.1.1 Arbitragefreiheit des Modells mit 5.1.2 Optimierung im λ-Modell . . . . 5.1.3 Generischer Suchalgorithmus . . 5.1.4 Verfahren des goldenen Schnitts 3 . . . . . . geeigneter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 4 INHALTSVERZEICHNIS 5.1.5 5.2 Beispielanwendung des λ-Modells zur Optionspreisfindung mit fiktiven Marktdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.6 Test des λ-Modells mit echten Marktdaten . . . . . . . . Binomialbaum ohne Modellannahmen . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Initialisierung des nicht-rekombinierbaren Binomialbaums 5.2.2 Risikoneutrale Übergangswahrscheinlichkeiten . . . . . . . 5.2.3 Bedingungen für Arbitragefreiheit . . . . . . . . . . . . . 5.2.4 Das Optimierungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.5 Quasi-Newton-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.6 Differenzierbare Approximation für die Auszahlungsfunktion einer Call-Option . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.7 Implementierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.8 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschluss und Ausblick A Anhang 92 97 100 102 103 103 104 106 109 111 116 119 121 Einleitung In der vorliegenden Masterarbeit sollen nicht-rekombinierbare Binomialbäume und ihre Anwendung bei der Optionspreisfindung bzw. der Entwicklung von Hedgingstrategien betrachtet werden. Hierfür wird zunächst der Finanzmarkt als mathematisches Modell in einer Periode eingeführt und anschließend auf beliebig viele Perioden ausgeweitet. Wichtig ist dabei das Konzept der Arbitragefreiheit, das als Grundlage vieler Berechnungen dient und auch im realen Markt gut begründbar ist. Kapitel 1 ist dabei in groben Zügen an [10] angelehnt. Im nächsten Teil werden dann Optionen vorgestellt, wobei das Hauptaugenmerk auf europäischen Call- und Putoptionen liegt. Für diese Optionen soll ein arbitragefreier Preis sowie eine passende Hedgingstrategie gefunden werden. Das Prinzip der vollständigen Märkte wird ebenfalls kurz aufgegriffen und im nachfolgenden Kapitel ein Beispiel für ein solches Marktmodell gegeben. Dieses Beispiel ist das nach ihren Begründern benannte Cox-Ross-RubinsteinModell (kurz: CRR- Modell), das einem Wertpapier eine Entwicklung anhand eines rekombinierbaren Binomialbaums unterstellt. Wie in diesem Modell Optionen bewertet und gehedged werden, wird in Algorithmen angegeben sein. Programmierbeispiele finden sich allerdings erst in Kapitel 4, welches nichtrekombinierbare Binomialbäume vorstellt. Zunächst wird der allgemeine Aufbau solcher Bäume erläutert und eine Abgrenzung zum rekombinierbaren Binomialbaum, die vor allem in der Periodenunabhängigkeit bestimmter Parameter liegt, vorgenommen. Die Notwendigkeit der Verwendung von nicht-rekombinierbaren Binomialbäumen wird mithilfe von Dividendenzahlungen aufgezeigt, welche das CRR-Modell nicht berücksichtigt. In einem ausführlichen Programmbeispiel wird ein nicht-rekombinierbarer Binomialbaum erzeugt und für eine europäische Calloption, wobei ein Wechsel zur Putoption ebenfalls möglich ist, eine Hedgingstrategie angegeben und ein fairer Preis bestimmt. Mehrere Plots sollen den nicht-rekombinierbaren Binomialbaum veranschaulichen. Kapitel 5 beschreibt dann eine gezielte Anwendung von nicht-rekombinierbaren Binomialbäumen, bei der mit Hilfe einer endlichen Anzahl von vorhandenen Optionspreisen am Markt für beliebige Optionen auf dasselbe Wertpapier der arbitragefreie Preis bestimmt werden kann. Diese Anwendung erfolgt in zwei Stufen. Im ersten Teil wird dem Wertpapier, auf dem die Option liegt, ein bestimmtes Entwicklungsschema zugrundegelegt, das auf die gegebenen Markt5 6 EINLEITUNG preise angepasst wird. Diese Schemavorgabe hat den Vorteil, dass nach nur einer Variablen optimiert werden muss. Ein entsprechendes Programm für diesen Anwendungsfall sowie ein Test, beruhend auf realen Daten einer Aktie, ist aufgeführt. Im zweiten Abschnitt des Kapitels 5 wird das vorgegebene Schema verlassen und der Baum Knoten für Knoten an die Marktdaten angepasst. Diese Methode bezieht sich auf die Arbeit [7], Implied non-recombining trees and calibration ” for the volatility smile“ von C. Charalambous, N. Christofides, E. D. Constantinide und S. H. Martzoukos, und erfordert deutlich mehr Programmieraufwand, da nach einem Parametervektor, dessen Länge exponentiell mit der Höhe des Baums steigt, optimiert wird. Für diese abgewandelte Anwendung ist in der vorliegenden Arbeit kein Programm aufgeführt, da sich ein ausführliches Beispiel in [7] befindet. Alle Prgramme in dieser Arbeit sind mit der Statistiksoftware R implementiert, die zum Beispiel auf http://www.r-project.org/ frei verfügbar ist. Ausführliche Handbücher des R Development Core Teams finden sich auf der Seite http://cran.r-project.org/manuals.html, wobei eine Einführung sowie eine knappe Auflistung der wichtigsten Befehle sich auch in [18] befinden. Die Plots sind ebenfalls mit R erzeugt, wofür der Quellcode entweder direkt in der Arbeit oder im Anhang zu finden ist. Kapitel 1 Das Marktmodell 1.1 Das Einperiodenmodell Zunächst wollen wir ein Marktmodell mit nur einer Periode betrachten. Hierfür sind • d + 1 Wertpapiere, d ∈ N, sowie • zwei Zeitpunkte t = 0 und t = 1 gegeben. t = 0 sei die Gegenwart, t = 1 die Zukunft. Zum Zeitpunkt t = 0 sind die Preise S0 der Wertpapiere bekannt: S0i ≥ 0 für i = 0, . . . , d. Die zukünftigen Preise, im Einperiodenmodell die zum Zeitpunkt t = 1, sind jedoch unbekannt. Sie werden als Zufallsvariablen S1 auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P) modelliert: S1i : Ω → [0, ∞), i = 0, 1, . . . , d Der Preis des i-ten Wertpapiers bei einer Realisierung ω ∈ Ω wird also als S1i (ω) bezeichnet. S 0 stellt überdies kein richtiges“ Wertpapier dar, sondern sei der Bond, in ” unserem Fall die Bank. Der Wert des Bonds zum Zeitpunkt t = 0 sei S00 := 1, zum Zeitpunkt t = 1 sei S10 = S10 (ω) = 1 + r. Hierbei gibt r den Zinssatz an, wobei gilt: r > −1. Da die Entwicklung des Bonds S 0 zum Zeitpunkt t = 0 bereits feststeht, spricht man hier von einem risikolosen Wertpapier. Die übrigen Wertpapiere S 1 , . . . , S d werden als risikobehaftete Wertpapiere bezeichnet. Definition 1.1. Ein Portfolio V ist eine bestimmte Zusammenstellung dieser betrachteten Wertpapiere und wird durch den Strategievektor ξ = (ξ 0 , ξ 1 , . . . , ξ d ) ∈ Rd+1 beschrieben. 7 8 KAPITEL 1. DAS MARKTMODELL ξ i gibt an, wie oft Wertpapier i im Portfolio vorhanden ist. Insbesondere lässt sich in ξ 0 die Menge an Geld auf der Bank erkennen (wegen S00 = 1). Das Portfolio V hat einen Anfangswert V0 in t = 0 und einen Endwert V1 in t = 1, die jeweils gegeben sind durch V0 = ξ · S0 und V1 = ξ · S1 , wobei St = (St0 , St1 , . . . , Std ), t = 0, 1. Eine Änderung des Portfoliowerts findet also dann statt, wenn sich die Wertpapiere ändern, da ihre Anzahl im Portfolio bei nur einem Zeitschritt konstant bleibt. Es ist außerdem möglich, dass die ξ i negativ sind. Wenn gilt, dass ξ 0 < 0, so wird im Zeitpunkt t = 0 die Menge |ξ 0 | an Geld von der Bank geliehen, das zum Zeitpunkt t = 1 aufgezinst zurückgezahlt werden muss, also |ξ 0 |(1 + r). Sind die ξ i < 0 für i = 1, . . . , t, so spricht man von Short-Selling bzw. Leerverkäufen, d. h. im Zeitpunkt t = 0 wird eine bestimmte Menge des Wertpapiers i verkauft, das man noch gar nicht besitzt. Zusätzlich zu den bisherigen Definitionen gelte in unserem Marktmodell (S0 , S1 ) noch Folgendes: • Es gibt keine Transaktionskosten. • Der Preis für Kauf und Verkauf eines Wertpapiers ist der gleiche. • Wertpapiere (inklusive des Bonds) können jederzeit (im Einperiodenmodell in t = 0) in beliebiger Anzahl und Höhe angekauft bzw. verkauft werden. • Allen Agenten stehen sämtliche Informationen sofort zur Verfügung (effizienter Markt). Zum Zinssatz r muss im Einperiodenmodell noch keine Annahme getroffen werden, außer r > −1. Um die Preise der Wertpapiere zum Zeitpunkt t = 1 mit denen zum Zeitpunkt t = 0 vergleichen zu können, müssen sie diskontiert (abgezinst) werden. Definition 1.2. Der diskontierte Preis X1i eines Wertpapiers S1i (Barwert) ist gegeben durch S1i X1i = , i = 0, 1, . . . , d. 1+r 1 An dieser Stelle ist es auch möglich, den Diskontierungsfaktor nicht als 1+r −r zu definieren, sondern als e . Diese Annäherung macht jedoch bei nur einem Zeitschritt wenig Sinn und wird deshalb an dieser Stelle erst einmal nicht angewendet. Werden mehrere Zeitschritte betrachtet, kann man aber darauf zurückgreifen (siehe im Anhang, Seite 121). Ziel eines Wertpapierhandels ist es nun, Gewinn zu erzielen. Hierbei kann ein besonderes Szenario eintreten, nämlich das des risikolosen Gewinns“. Man spricht ” hierbei auch von einer Arbitragemöglichkeit. Sie wird wie folgt definiert: 1.1. DAS EINPERIODENMODELL 9 Definition 1.3. Eine Strategie ξ ∈ Rd+1 heißt Arbitragemöglichkeit, falls P-fast sicher gilt: S0 · ξ ≤ 0, ξ · S1 ≥ 0 und P[ξ · S1 > 0] > 0. Anhand dieser Definition ist es im ersten Augenblick schwierig, die Arbitragemöglichkeit zu sehen. Eine äquivalente Bedingung aber lässt den risikolosen Gewinn erkennen. Satz 1.4. Es gilt: Arbitrage ⇐⇒ ∃ξ ∗ ∈ Rd : ξ ∗ · S1∗ ≥ (1 + r)ξ ∗ · S0∗ P-fast sicher und P[ξ ∗ · S1∗ > (1 + r)ξ ∗ · S0∗ ] > 0, mit ξ = (ξ 0 , ξ ∗ ), St = (St0 , St∗ ), t = 0, 1. Diese äquivalente Bedingung macht deutlich, dass es bei Arbitrage also möglich ist, auf jeden Fall mindestens genau so viel Geld durch das Anlegen einer bestimmten Summe in Wertpapieren (ohne den Bond) zu erhalten, als wenn man diese Summe auf die Bank gelegt hätte. In mindestens einem Szenario, das mit positiver Wahrscheinlichkeit eintreten kann, gewinnt man sogar mehr Geld als bei der risikolosen Verzinsung. Beweis der Äquivalenz: =⇒“: Nach Definition der Arbitragemöglichkeit gilt ” 0 ≥ ξ · S0 = ξ 0 + ξ ∗ · S0∗ , also ξ 0 ≤ −ξ ∗ · S0∗ . Es folgt damit ξ ∗ · S1∗ − (1 + r)ξ ∗ · S0∗ ≥ ξ ∗ · S1∗ + (1 + r)ξ 0 = ξ · S1 ≥ 0 P-fast sicher, wobei P[ξ · S1 > 0] > 0, also erst recht P[ξ ∗ · S1∗ − (1 + r)ξ ∗ · S0∗ > 0] > 0 gilt. ⇐=“: Es sei ξ ∗ wie auf der rechten Seite gegeben. Man definiere ξ 0 := −ξ ∗ · S0∗ . ” Dann ist ξ · S0 = ξ 0 + ξ ∗ · S0∗ = 0 nach Definition von ξ 0 und ξ · S1 = −(1 + r)ξ ∗ · S0∗ + ξ ∗ · S1∗ ≥ 0 mit P[ξ · S1 > 0] > 0. Unser Marktmodell wird um eine Annahme erweitert: • Es gibt keine Arbitragemöglichkeiten, d. h. der Markt ist arbitragefrei. Diese Annahme ist insofern gerechtfertigt, als dass im echten Markt bei Vorhandensein von Arbitragemöglichkeiten diese sofort von den Agenten ausgenutzt werden (als Möglichkeit auf risikolosen Gewinn, verglichen mit dem Bond), sich aber durch den selbstregulierenden Charakter des Markts bald wieder auflösen und von selbst verschwinden. Chancen auf Arbitrage bestehen also meist nur sehr kurz, weswegen wir sie in unserem Modell nicht zulassen. Eine Konsequenz aus dieser Annahme ist folgende: 10 KAPITEL 1. DAS MARKTMODELL Satz 1.5. S1i = 0 fast sicher =⇒ S0i = 0, i = 0, . . . , d. Beweis. Für den Bond (i = 0) ist die Folgerung auch ohne Annahme von Arbitragefreiheit gültig. Sei also i > 0 fest. Si Angenommen S1i = 0, aber S0i > 0. Definiere eine Strategie ξ 0 := S00 , ξ i := −1 und ξ j := 0 ∀0 < j 6= i. Dann ist 0 S00 ξ 0 + S0i ξ i = S0i − S0i = 0 und S10 ξ 0 + S1i ξ i = S10 · S0i S0i 0 + 0 = S (1 + r) · = (1 + r)S0i > 0. 0 S00 S00 Das so definierte ξ bietet also nach Definition eine Arbitragemöglichkeit, was wir in unserem Marktmodell ausschließen. Folglich muss unter der Annahme S1i = 0 auch S0i = 0 gelten. Um Märkte also auf Arbitragemöglichkeiten zu untersuchen, reicht es aus, eine Strategie ξ zu finden, die die Definition von Arbitrage bzw. die äquivalente Bedingung erfüllt. Möchte man aber Arbitragefreiheit untersuchen, muss ein weiterer Begriff eingeführt werden, nämlich der des Martingalmaßes: Definition 1.6. Ein Wahrscheinlichkeitsmaß P∗ auf (Ω, F) heißt risikoneutrales Maß oder Martingalmaß, falls i S1 i S0 = EP∗ , für alle i = 0, . . . , d. 1+r Definition 1.7. Zwei Maße P und P∗ heißen äquivalent, falls gilt: ∀A ∈ F : P[A] = 0 ⇔ P∗ [A] = 0. Man schreibt dann: P ∼ P∗ . Die Menge P sei die Menge aller Martingalmaße, die zu P äquivalent sind, also P = {P∗ |P∗ ∼ P, P∗ ist Martingalmaß}. Mit diesen Definitionen kann nun das 1st Fundamental Theorem of Asset Pricing formuliert werden: Satz 1.8 (1st FTAP). Ein Marktmodell ist genau dann arbitragefrei, falls P = 6 ∅. ∗ hat. In diesem Fall existiert ein P∗ ∈ P, das eine beschränkte Dichte dP dP Beweis. Zeige zunächst die Richtung ⇐“, also dass die Existenz eines risi” koneutralen Maßes das Fehlen von Arbitrage impliziert. Sei dazu P∗ ∈ P ein risikoneutrales Maß. Wähle einen Strategievektor ξ ∈ Rd+1 , sodass ξ · S1 ≥ 0 P-fast sicher und E[ξ · S1 ] > 0. Es ist ξ · S1 ≥ 0 ∧ P(ξ · S1 > 0) > 0 ⇔ ξ · S1 ≥ 0 ∧ E[ξ · S1 ] > 0. 1.1. DAS EINPERIODENMODELL 11 Beide Eigenschaft gelten auch unter P∗ , da P und P∗ äquivalent sind (ξ · S1 ≥ 0 P-fast sicher ⇔ ξ ·S1 ≥ 0 P∗ -fast sicher, mit E[ξ ·S1 ] > 0 folgt dann E∗ [ξ ·S1 ] > 0 wegen P ∼ P∗ ). Damit folgt i i d d X X ξ · S1 ξ S1 i i S0 · ξ = = EP∗ > 0. S0 ξ = EP∗ 1+r 1+r i=0 i=0 ξ kann also keine Arbitragemöglichkeit sein, denn sonst müsste S0 · ξ ≤ 0 sein. Für die umgekehrte Richtung ⇒“ verwenden wir die Schreibweise für den ” Zufallsvektor der diskontierten Nettogewinne Y = (Y 1 , . . . , Y d ), der definiert ist über S1i Y i := − S0i = X1i − S0i , i = 1, . . . , d. 1+r Mit dieser Schreibweise lässt sich Satz 1.4 umschreiben zu Arbitrage ⇐⇒ ∃ξ ∗ ∈ Rd : ξ ∗ · Y ≥ 0 P-fast sicher mit P(ξ ∗ · Y > 0) > 0. Für Arbitragefreiheit gilt also: Aus ξ ∗ ∈ Rd mit ξ ∗ · Y ≥ 0 P-fast sicher folgt ξ ∗ · Y = 0 P-fast sicher. Da Y i von unten durch −S0i beschränkt ist wegen S1i ≥ 0 ∀i, ist der Erwartungswert EP∗ [Y i ] wohldefiniert für jedes P∗ . Mit Definition 1.6 folgt, dass P∗ ist Martingalmaß ⇐⇒ EP∗ [Y i ] = 0 ∀i = 1, . . . , d. Mit der Kurzschreibweise EP∗ [Y ] für den d-dimensionalen Vektor mit Komponenten EP∗ [Y i ] kann die Äquivalenz in der Aussage des Satzes umgeschrieben werden zu: Für ξ ∗ ∈ Rd : ξ ∗ · Y ≥ 0 P-fast sicher ⇒ ξ ∗ · Y = 0 P-fast sicher. ⇐⇒ ∃P∗ ∼ P : EP∗ [Y ] = 0. Beweise nun ⇒“ für diese umgeschriebene Aussage. Sei hierfür zunächst ange” nommen, dass E[|Y |] < ∞. Mit Q werde die Menge aller Wahrscheinlichkeitsmaße Q ∼ P mit beschränkten Dichten dQ dP bezeichnet. Wegen unserer Annahme ist EQ [Y i ] endlich für alle i = 1, . . . , d. Es sei C := {EQ [Y ]|Q ∈ Q}. Diese Menge C ist konvex in Rd , denn: Für Q1 , Q2 ∈ Q und 0 < α < 1 ist Qα := αQ1 + (1 − α)Q2 ∈ Q und dQ1 dQ2 αEQ1 [Y ] + (1 − α)EQ2 [Y ] = αE Y + (1 − α)E Y dP dP dQ2 dQ1 =E Y α + (1 − α) dP dP dQα =E Y dP = EQα [Y ] ∈ C. 12 KAPITEL 1. DAS MARKTMODELL Wir müssen nun zeigen, dass 0 ∈ C. Dies zeigen wir durch Widerspruch und nehmen dafür an, dass 0 ∈ / C. Mit Satz A.1 aus dem Appendix finden wir ein ξ ∈ Rd , sodass ξ · x ≥ 0 für alle x ∈ C und sodass ξ · x0 > 0 für mindestens ein x0 ∈ C. Dieses ξ erfüllt also EQ [ξ · Y ] ≥ 0 für alle Q ∈ Q und EQ0 [ξ · Y ] > 0 für ein Q0 ∈ Q. Letzteres impliziert, dass P[ξ · Y > 0] > 0. Aus der ersten Bedingung lässt sich wie nachfolgend gezeigt folgern, dass ξ · Y P-fast sicher nicht negativ ist: Seien hierfür A := {ξ · Y < 0} und Funktionen ϕn definiert über 1 1 ϕn := 1 − · IA + · IAc . n n Mithilfe dieser Funktionen werden Dichten Qn gebildet: dQn 1 := · ϕn , n = 3, 4, . . . dP E[ϕn ] Da 0 < ϕn < 1, ist Qn ∈ Q, und deswegen gilt 0 ≤ ξ · EQn [Y ] = 1 E[ξ · Y ϕn ]. E[ϕn ] ϕn Mit dem Satz über die dominierte Konvergenz ( E[ϕ ≤ c ∈ R) folgt n] E[ξ · Y IA ] = lim E[ξ · Y ϕn ] ≥ 0, n%∞ was ein Widerspruch zur Definition von A ist und die obige Behauptung, ξ · Y sei P-fast sicher nicht negativ, zeigt. Dies und P[ξ · Y > 0] > 0 ist aber ein Widerspruch zu unserer Annahme nach Arbitragefreiheit, woraus folgt, dass 0 ∈ C. Für E[|Y |] < ∞ ist das FTAP also gezeigt. Sei nun Y nicht P-integrierbar. Wir definieren ein zu P äquivalentes Wahrscheinlichkeitsmaß P̃, dessen Dichte ddPP̃ beschränkt ist und für das EP̃ [|Y |] < ∞ gilt. Dies ist beispielsweise erfüllt für −1 dP̃ c 1 := mit c := E , dP 1 + |Y | 1 + |Y | denn: 0< und dP̃ <c dP " # dP̃ c EP̃ [|Y |] = E |Y | =E · |Y | < c. dP 1 + |Y | Für dieses P̃ ∼ P, für das die gleichen Bedingungen für Arbitragefreiheit in unserem Marktmodell gelten wie für P, finden wir wegen des bisher Gezeigten ∗ ein äquivalentes Martingalmaß P∗ mit durch c1 beschränkter Dichte dP und dP̃ EP∗ [Y ] = 0. Es ist aber auch P∗ ∼ P, denn P∗ ∼ P̃ ∼ P und die Dichte dP∗ dP∗ dP̃ ∗ dP = dP̃ · dP < c · c1 ist beschränkt. P ist also wie gewünscht und der Satz somit vollständig bewiesen. 1.2. DAS MEHRPERIODENMODELL 13 Wenn also mindestens ein Maß existiert, für das S0i = EP∗ in diesem Marktmodell keine Arbitragemöglichkeiten. h S1i 1+r i gilt, so gibt es Beispiel 1.9. Wir befinden uns in einem einperiodigen Markt mit d = 1. t 0 1 S0 1 1+r S1 S01 S11 Ω = {ω1 , ω2 }, F = 2Ω , 1 > P(ω1 ) = p1 > 0, P(ω2 ) = p2 = 1 − p1 , also p1 S11 (ω1 ) = s1 S01 p2 S11 (ω2 ) = s2 mit s1 ≥ s2 . Wann ist dieser Markt arbitragefrei? ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ Finde h P i mit 1 > P (ω1 ) = p1 =: p > 0 und P (ω2 ) = p2 = 1 − p sodass EP∗ S11 1+r EP∗ = S01 . Es ist S11 s1 s2 s1 s2 s2 = p∗ + (1 − p∗ ) = p∗ + − p∗ = S01 1+r 1+r 1+r 1+r 1+r 1+r s1 s2 s2 ⇔ p − = S01 − 1+r 1+r 1+r s1 s2 s2 ∗ 1 ⇔ p = S0 − / − 1+r 1+r 1+r ∗ Für s1 6= s2 existiert also ein eindeutiges p∗ , wobei noch garantiert werden muss, in Abhängigkeit von r, dass p∗ ∈ (0, 1): s2 s1 s2 s1 p∗ < 1: Es muss gelten S01 − 1+r < 1+r − 1+r , also S01 < 1+r . s1 s2 s2 − 1+r > 0 ist p∗ > 0 genau dann, wenn S01 > 1+r . p∗ > 0: Da 1+r Der Anfangswert des Wertpapiers muss also zwischen den abgezinsten Werten, zu denen es sich in t = 1 entwickeln kann, liegen. 1.2 Das Mehrperiodenmodell Im Folgenden sei stets (Ω, F, P) der zugrunde liegende Wahrscheinlichkeitsraum. Die betrachteten Zeitschritte unseres Mehrperiodenmodells seien t = 0, 1, . . . , T . Wie im Einperiodenmodell werden d+1 Wertpapiere betrachtet, deren Wert zum Zeitpunkt t als nicht-negative Zufallsvariable Sti , i = 0, 1, . . . , d, auf dem gegebenen Wahrscheinlichkeitsraum modelliert wird. 14 KAPITEL 1. DAS MARKTMODELL Definition 1.10. Sei (E, E) ein messbarer Raum. Ein stochastischer Prozess X = (Xt )t∈{0,1,...,T } mit Werten in (E, E) ist eine Familie von Zufallsvariablen Xt , t = 0, 1, . . . , T, mit Werten in (E, E), falls ∀t = 0, . . . , T Xt : (Ω, F) → (E, E). Dabei ist Xt = Xt (ω) = X(t, ω). Es ist also S = (St )t=0,...,T ein stochastischer Prozess. Außerdem sei St = (St0 , St∗ ) = (St0 , St1 , . . . , Std ) messbar bezüglich einer σ-Algebra Ft ⊂ F. Hierbei stelle Ft die bis zum Zeitpunkt t verfügbaren Informationen bzw. beobachtbaren Ereignisse dar. Es gilt: F0 = {∅, Ω} ⊂ F1 ⊂ . . . ⊂ FT = F. Definition 1.11. Eine Familie (Ft )t=0,1,...,T von σ-Algebren Ft ⊂ F auf (Ω, F) heißt Filtration, falls für alle s < t Fs ⊂ Ft . D. h. die Familie von σ-Algebren im Mehrperiodenmodell stellt eine Filtration dar. Definition 1.12. Sei (Xt )t∈{0,1,...,T } ein stochastischer Prozess auf dem filtrierten Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, (Ft )t∈{0,1,...,T } , P). (1) Der Prozess ist zur gegebenen Filtration (Ft )t adaptiert, falls gilt: Xt ist Ft -messbar ∀t ∈ {0, 1, . . . , T }. (2) Der Prozess ist vorhersehbar bezüglich (Ft )t , falls gilt: Xt ist Ft−1 -messbar ∀t ∈ {1, . . . , T }. Die Wertpapiere (St )t im Mehrperiodenmodell sind also adaptiert zu (Ft )t . Analog zum Einperiodenmodell lässt sich auch für mehrere Zeitpunkte eine Strategie definieren: Definition 1.13. Eine Handelsstrategie ξ = (ξ 0 , ξ ∗ ) = (ξt0 , ξt1 , . . . , ξtd )t=1,2,...,T ist ein vorhersehbarer, stochastischer Prozess bezüglich (Ft )t , d. h. jede Zufallsvariable ξt ist Ft−1 -messbar. Dies ist so zu verstehen, dass ξt in t − 1 festgelegt wird und deshalb in t − 1 bereits bekannt ist. In Zeitpunkt t wird dann ξt+1 festgelegt. ξti gebe die Anzahl des Wertpapiers S i zwischen den Zeitpunkten t − 1 und t an, i i = 0, . . . , d. Der Betrag ξti St−1 ist also derjenige, welcher zum Zeitpunkt t − 1 i i i in S investiert wird, ξt St gibt an, wie viel der investierte Betrag zum Zeitpunkt 1.2. DAS MEHRPERIODENMODELL 15 t, also einen Zeitschritt später, dann Wert ist. Der Wert eines Portfolios V mit Handelsstrategie ξ beträgt also im Zeitpunkt t − 1 ξt · St−1 = d X i ξti St−1 , i=0 und zum Zeitpunkt t ξt · S t = d X ξti Sti . i=0 Im Zeitpunkt t kann dann umgeschichtet werden, also die Anzahl der Wertpapiere S i im Portfolio verändert werden zu ξt+1 . Das Portfolio hat dann den Wert ξt+1 St und entwickelt sich analog innerhalb eines Zeitschritt zu ξt+1 St+1 . Definition 1.14. Eine Handelsstrategie ξ heißt selbstfinanzierend, falls ξt · St = ξt+1 · St ∀t = 1, 2, . . . , T − 1 gilt. Selbstfinanziertheit bedeutet also, dass zu den verschiedenen Zeitpunkten t weder Geld in das Portfolio investiert noch aus dem Portfolio entnommen wird. Eine Änderung des Portfoliowerts geschieht allein durch den sich ändernden Wert der Wertpapiere innerhalb der Perioden. Wie im Einperiodenmodell modelliert S 0 den risikolosen Bond, also ein Bankkonto, das sich entsprechend St0 = t Y (1 + rk ), t = 1, 2, . . . , T, mit S00 := 1 k=1 entwickelt. rt sei dabei der Zinssatz zum Zeitpunkt t, der Ft−1 -messbar ist. (rk )k=1,...,T ist also, wie die Handelsstrategie, ein vorhersehbarer Prozess. Mit S00 = 1 und rt > −1 ∀t ist dann St0 > 0 ∀t. Anschaulich entwickelt sich eine Anlage von x auf der Bank wie folgt: t: 0 1 x x(1 + r1 ) 2 3 x(1 + r1 )(1 + r2 ) x(1 + r1 )(1 + r2 )(1 + r3 ) Wir verwenden hier wiederum den korrekten Zinsfaktor (1 + rt ) anstatt die Näherung ert (siehe dazu im Anhang, Seite 121). Eine Diskontierung der Wertpapierpreise erfolgt wie im Einperiodenmodell mit Hilfe des Bonds. Definition 1.15. Die diskontierten Preise der verschiedenen Wertpapiere S i , i = 0, . . . , d zu den unterschiedlichen Zeitpunkten t, t = 0, . . . , T sind Xti = Sti . St0 Es gelten wieder die Schreibweisen Xt = (Xt0 , Xt∗ ) = (Xt0 , Xt1 , . . . , Xtd ). 16 KAPITEL 1. DAS MARKTMODELL Auch im Mehrperiodenmodell kann es die Möglichkeit auf risikofreien Gewinn (verglichen mit dem Bond), also auf Arbitrage, geben. Diese wird über die diskontierten Wertpapierpreise angegeben, um die Vergleichbarkeit der Werte zu den verschiedenen Zeitpunkten zu gewährleisten. Wichtig hierbei ist, dass immer von selbstfinanzierenden Strategien ausgegangen wird. Definition 1.16. Eine selbstfinanzierende Handelsstrategie ξ heißt Arbitragemöglichkeit, falls ξ1 · X0 ≤ 0 und ξT · XT ≥ 0, wobei P[ξT · XT > 0] > 0 gelten muss. Definition 1.17. Der (diskontierte) Werteprozess V = (Vt )t=0,...,T zu einer gegebenen Handelsstrategie ξ ist gegeben durch V0 := ξ1 · X0 und Vt := ξt · Xt für t = 1, . . . , T. Es kann gezeigt werden (siehe [10]), dass ein Mehrperiodenmodell genau dann arbitragefrei ist, wenn die einzelnen Perioden arbitragfrei nach Definition 1.3 sind. Umgekehrt macht der folgende Satz eine Aussage darüber, wann in einem Marktmodell die Chance auf Arbitrage vorhanden ist. Satz 1.18. Ein Marktmodell bietet eine Arbitragemöglichkeit genau dann, wenn ∃t ∈ {1, . . . , T }, η ∈ L0 (Ω, Ft−1 , P; Rd ), sodass ∗ ∗ η(Xt∗ − Xt−1 ) ≥ 0, P(η(Xt∗ − Xt−1 ) > 0) > 0. Für die Definition des L0 -Raums siehe Definition A.2 im Anhang. Beweis. ⇒“: ξ = (ξ 0 , ξ ∗ ) sei eine Arbitragemöglichkeit. ” Sei τ := min{s | ξs ·Xs ≥ 0, P(ξs ·Xs > 0) > 0}. Es ist τ ≤ T und ξτ −1 ·Xτ −1 ≤ 0. Unterscheide nun zwei Fälle: 1. Fall: ξτ −1 · Xτ −1 = 0. Setze η := ξτ∗ und es ist mit Selbstfinanziertheit η(Xτ∗ − Xτ∗−1 ) = ξτ∗ (Xτ∗ − Xτ∗−1 ) = ξτ∗ · Xτ∗ − ξτ∗−1 · Xτ∗−1 ≥ 0, wobei P(η(Xτ∗ − Xτ∗−1 ) > 0) > 0. 2. Fall: P(ξτ −1 · Xτ −1 < 0) > 0. Setze η := ξτ∗ I{ξτ −1 ·Xτ −1 <0} und es ist wiederum mit Selbstfinanziertheit η(Xτ∗ − Xτ∗−1 ) = I{ξτ −1 ·Xτ −1 <0} · ξτ∗ (Xτ∗ − Xτ∗−1 ) = I{ξτ −1 ·Xτ −1 <0} (ξτ∗ · Xτ∗ − ξτ∗−1 · Xτ∗−1 ) = I{ξτ −1 ·Xτ −1 <0} ξτ∗ · Xτ∗ − I{ξτ −1 ·Xτ −1 <0} ξτ∗−1 · Xτ∗−1 ≥ 0, wobei P(η(Xτ∗ − Xτ∗−1 ) > 0) > 0. ⇐“: Zunächst gilt für den diskontierten Werteprozess Vt = ξt ·Xt , t = 1, . . . , T , ” und V0 = ξ1 · X0 : ξt · Xt = Vt = (Vt − Vt−1 ) + (Vt−1 − Vt−2 ) + . . . + (V1 − V0 ) + V0 . 1.2. DAS MEHRPERIODENMODELL 17 Für alle s ist wegen Selbstfinanziertheit von ξ Vs − Vs−1 = ξs · Xs − ξs−1 · Xs−1 = ξs · Xs − ξs · Xs−1 = ξs (Xs − Xs−1 ) = d X k ξsk (Xsk − Xs−1 ) k=0 = = d X k ξsk (Xsk − Xs−1 ) k=1 ξs∗ (Xs∗ ∗ − Xs−1 ), 0 = 0. Also ist da Xs0 − Xs−1 Vt = ξt · Xt = t X ∗ ) + ξ1 · X0 . ξk∗ (Xk∗ − Xk−1 k=1 Definiere ξk∗ ( η := 0 k=t . sonst Dann ist mit V0 = ξ1 · X0 = 0 VT = ξT · XT = T X ∗ ∗ ∗ ) = ξt∗ (Xt∗ − Xt−1 ) = η(Xt∗ − Xt−1 ) ≥ 0, ξk∗ (Xk∗ − Xk−1 k=1 wobei P(ξT ·XT > 0) > 0. Das so definierte ξ ist also eine Arbitragestrategie. Bemerkung 1.19. Für die Bond-Komponente ξ 0 einer selbstfinanzierenden Strategie ξ, also (ξt+1 − ξt ) · Xt = 0, t = 1, . . . , T − 1, gilt wegen Xt0 = 1 0 ∗ ξt+1 − ξt0 = −(ξt+1 − ξt∗ )Xt∗ . Außerdem ist wegen V0 = ξ1 · X0 = ξ10 + ξ1∗ · X0∗ ξ10 = V0 − ξ1∗ · X0∗ . Der ganze Prozess ξ 0 hängt also nur von der anfänglich investierten Summe V0 sowie vom d-dimensionalen Prozess ξ ∗ ab. Wenn also eine Konstante V0 und ein beliebiger d-dimensionaler, vorhersehbarer Prozess ξ ∗ gegeben sind, so kann über die obigen beiden Formeln ein vorhersehbarer Prozess ξ 0 berechnet werden, sodass ξ = (ξ 0 , ξ ∗ ) eine selbstfinanzierende Handelsstrategie ergibt. Martingalmaße können ebenfalls im Mehrperiodenmodell definiert werden. Sie entsprechen der mathematischen Formulierung eines fairen Spiels“, das da” durch gekennzeichnet ist, dass die bedingte Erwartung eines zukünftigen Gewinns (zum Zeitpunkt t) zu jedem vorhergehenden Zeitpunkt s < t gegeben der Information in s gleich null ist. Um Martingalmaße definieren zu können, werden zunächst Martingale definiert: 18 KAPITEL 1. DAS MARKTMODELL Definition 1.20. Ein stochastischer Prozess M = (Mt )t=0,...,T auf einem filtrierten Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, (Ft )t=0,...,T , F, Q) heißt Martingal, falls 1. M adaptiert an (Ft )t=0,...,T ist, 2. EQ [|Mt |] < ∞ ist für alle t = 0, . . . , T und 3. Ms = EQ [Mt |Fs ] für 0 ≤ s ≤ t ≤ T . Bemerkung 1.21. Letzte Bedingung (Bedingung 3) ist äquivalent zu Mt−1 = EQ [Mt |Ft−1 ] ∀t = 1, . . . , T. Für einen Beweis dieser Äquivalenz siehe [10]. Es gilt: Mit F0 = {∅, Ω} ist E[·|F0 ] = E[·] und somit gilt für ein Martingal (Mt )t , dass E[Mt ] = E[Mt |F0 ] = M0 für alle t = 0, . . . , T . Definition 1.22. Ein Wahrscheinlichkeitsmaß Q auf (Ω, F) heißt risikoneutrales Maß oder Martingalmaß, falls die diskontierten Preisprozesse X i , i = 1, . . . , d, Q-Martingale bezüglich (Ft )t=0,...,T sind. Ein Martingalmaß P∗ heißt äquivalentes Martingalmaß, falls es äquivalent zum ursprünglichen Maß auf F ist. Alle zu P äquivalenten Martingalmaße werden wieder in der Menge P zusammengefasst. Folgender Satz ist nützlich für den Umgang mit Martingalmaßen und besagt, dass ein faires Spiel auf keine realistische Weise positiven, erwarteten Gewinn erlaubt. Satz 1.23. Für ein Wahrscheinlichkeitsmaß Q auf (Ω, F, Ft ) sind folgende Aussagen äquivalent: • Q ist ein Martingalmaß • Ist ξ = (ξ 0 , ξ ∗ ) selbstfinanzierend und ξ ∗ = (ξ 1 , . . . , ξ d ) beschränkt ⇒ Vt = ξt · Xt ist ein Q-Martingal. Beweis. Wir werden hier nur die eine Richtung zeigen. Für den vollständigen Beweis siehe [10], Theorem 5.14. Sei also Q ein Martingalmaß und V der Werteprozess einer selbstfinanzierenden Handelsstrategie ξ, für die gilt, dass |ξ i | ≤ c für alle i und eine Konstante c. Vt lässt sich wegen der Selbstfinanziertheit von ξ schreiben als Vt = ξt · Xt = V0 + t X ∗ ξi∗ (Xi∗ − Xi−1 ) i=1 (siehe Beweis von Satz 1.18) und ist Ft -messbar. Weiter gilt |Vt | = |V0 + t X ∗ ξi∗ (Xi∗ − Xi−1 )| i=1 ≤ |V0 | + c ≤ |V0 | + c t X i=1 t X i=1 ∗ |Xi∗ − Xi−1 | ∗ (|Xi∗ | + |Xi−1 |). 1.2. DAS MEHRPERIODENMODELL 19 Da EQ [|Xi∗ |] < ∞, i = 0, . . . , t, ist also auch EQ [|Vt |] < ∞. Nun bleibt noch zu zeigen: EQ [Vt |Fs ] = Vs ∀s < t bzw. die äquivalente Bedingung EQ [Vt |Ft−1 ] = Vt−1 ∀t. Es ist Vt = V0 + t X ∗ ξi∗ (Xi∗ − Xi−1 ) = V0 + i=1 t−1 X ∗ ∗ ξi∗ (Xi∗ − Xi−1 ) + ξt∗ (Xt∗ − Xt−1 ) i=1 ∗ = Vt−1 + ξt∗ (Xt∗ − Xt−1 ). Da ξ ein vorhersehbarer Prozess ist, ist ξt nach Definition von Vorhersehbarkeit Ft−1 -messbar, und für X gilt, dass EQ [Xt |Ft−1 ] = Xt−1 ⇔ EQ [Xt − Xt−1 |Ft−1 ] = 0, da X adaptiert ist. Es folgt: ∗ EQ [Vt |Ft−1 ] = EQ [Vt−1 + ξt∗ (Xt∗ − Xt−1 )|Ft−1 ] ∗ = EQ [Vt−1 |Ft−1 ] + ξt∗ EQ [(Xt∗ − Xt−1 )|Ft−1 ] = Vt−1 + ξt∗ · 0 = Vt−1 Somit ist V ein Q-Martingal. In Satz 1.23 gelten sogar noch die Äquivalenzen zu folgenden Aussagen: • Ist ξ selbstfinanzierend und EQ [− min(VT , 0)] < ∞ ⇒ Vt ist ein Q-Martingal. • Ist ξ selbstfinanzierend und VT ≥ 0 ⇒ EQ [VT ] = V0 . Ein Beweis kann wiederum in [10] nachgelesen werden. Das 1st Fundametal Theorem of Asset Pricing kann jetzt auch für das Mehrperiodenmodell definiert werden. Satz 1.24 (1st FTAP für mehrere Perioden). Das Marktmodell in mehreren Perioden ist genau dann arbitragefrei, wenn die Menge P aller äquivalenten Martingalmaße nicht leer ist. Beweis. Ein Beweis findet sich in [10], Kapitel 5. Im Folgenden werden stets Märkte betrachtet, die arbitragefrei sind, denn einige Rechnungen gelten nur unter dieser Bedingung. Dass diese Annahme aber, im Gegensatz zu vielen der anderen Marktannahmen, die in diesem und im vorigen Kapitel gemacht wurden, plausibel ist, wurde bereits gesagt. Im nächsten Abschnitt sollen Transaktionskosten, die im bisherigen Marktmodell nicht beachtet wurden, untersucht werden. 20 1.3 KAPITEL 1. DAS MARKTMODELL Transaktionskosten Werden Transaktionskosten zugelassen, verändert das unser Marktmodell aus Abschnitt 1.1. Wir betrachten Transaktionskosten, die sich proportional zum gehandelten Wertpapier verhalten (siehe dazu [22]), das bedeutet, dass man für den Kauf eines Wertpapiers S zum Zeitpunkt t anstatt den wahren Wert St etwas mehr zahlt, nämlich (1+λt )St , λt ≥ 0. Entsprechend erhält der Verkäufer eines solchen Wertpapiers lediglich die Summe (1 − µt )St , µt ∈ [0, 1). In der Praxis werden die Kosten oft voneinander abhängig gewählt: λt = κ und µt = κ 1+κ , ∀t ∈ 1, . . . , T oder λt = κ und µt = κ, ∀t ∈ 1, . . . , T . Betrachtet man nun erneut Handelsstrategien, sollen diese auch mit Transaktionskosten selbstfinanzierend sein. Die bisherige Bedingung ändert sich dann dementsprechend ab, ob Anteile des Wertpapiers ge- oder verkauft werden. Zur besseren Lesbarkeit wird hier nur ein risikobehaftetes Wertpapier betrachtet. Ebenso werden auf Transaktionen, die den Bond betreffen, keine Kosten erhoben. Selbstfinanziertheit bei Verkauf von Aktien zum Zeitpunkt t, also 1 ξt1 > ξt+1 Der Anteil des risikobehafteten Wertpapiers ξt1 St1 kann in Zeitpunkt t in den 1 )S 1 , und in Teil zerlegt werden, der verkauft werden soll, nämlich (ξt1 − ξt+1 t 1 1 den, der behalten wird: ξt+1 St . Werden Transaktionskosten erhoben, erhält der Verkäufer aber nicht den vollen Wert des verkauften Anteils, sondern lediglich 1 )S 1 . Die verbliebenen µ (ξ 1 − ξ 1 )S 1 gehen für ihn verloren“, (1 − µt )(ξt1 − ξt+1 t t t t+1 t ” müssen also in der bisherigen Formel für die Selbstfinanziertheit auf der linken Seite abgezogen werden (bzw. auf der rechten hinzugezählt), da dieses Geld für ihn nicht mehr zur Verfügung steht. Deswegen ergibt sich: 1 0 1 ξt0 St0 + ξt1 St1 − µt (ξt1 − ξt+1 )St1 = ξt+1 St0 + ξt+1 St1 bzw. 0 1 1 ξt0 St0 + ξt1 St1 = ξt+1 St0 + ξt+1 St1 + µt (ξt1 − ξt+1 )St1 . Selbstfinanziertheit bei Kauf von Aktien zum Zeitpunkt t, also ξt1 < 1 ξt+1 Analog zum Verkauf können hier ähnliche Überlegungen gemacht werden. An1 − ξ 1 )S 1 muss der statt des eigentlichen Wertes des hinzugekauften Anteils (ξt+1 t t 1 1 1 1 −ξ 1 )S 1 mehr Käufer (1+λt )(ξt+1 −ξt )St für diesen zahlen. Er zahlt also λt (ξt+1 t t als beim Marktmodell ohne Transaktionskosten. Diese Mehrkosten müssen bei der Umschichtung auf der rechten Seite als zusätzlicher Posten berücksichtigt werden und es ergibt sich: 1 0 1 ξt0 St0 + ξt1 St1 = ξt+1 St0 + ξt+1 St1 + λt (ξt+1 − ξt1 )St1 . 1.4. DIVIDENDEN 21 Zusammengefasst können beide Gegebenheiten in folgender Formel aufgeschrieben werden: 0 1 ξt0 St0 + ξt1 St1 = ξt+1 St0 + ξt+1 St1 1 + µt (ξt1 − ξt+1 )St1 · Iξt1 >ξt+1 1 1 + λt (ξt+1 − ξt1 )St1 · Iξt1 <ξt+1 1 Transaktionskosten werden in Kapitel 3, welches das CRR-Modell behandelt, weiterhin ausgeschlossen, können jedoch im Zusammenhang mit dem nichtrekombinierbaren Binomialmodell aus Kapitel 5 unter leichten Änderungen des Modells (siehe hierzu [9]) zugelassen werden. Ähnlich verhält es ich mit Dividenden, die nun kurz eingeführt werden. Man bemerke, dass Dividenden bislang, im allgemeinen, mehrperiodigen Marktmodell, nicht explizit ausgeschlossen wurden. 1.4 Dividenden Eine Dividende bzw. Gewinnausschüttung ist ein Teil des Gewinns, den beispielsweise eine Aktiengesellschaft an ihre Aktionäre zu festgelegten Zeitpunkten auszahlt. Solche Dividendenzahlungen lassen sich grundsätzlich in zwei verschiedene Arten unterteilen: In Dividenden, die anteilsmäßig vom Wert des Wertpapiers gezahlt werden, und in Dividenden mit festem Geldbetrag. Werden auf Wertpapiere Dividenden mit fixem Betrag gezahlt, so ändert sich der Wert der Wertpapiere zu den Ausschüttungszeitpunkten td1 , . . . , tdn , wobei tdi < tdj für i < j und {td1 , . . . , tdn } ⊆ {1, . . . , T − 1} gelte, auf die Weise, dass das Wertpapier zum jeweiligen Zeitpunkt gleich nach der Ausschüttung um den ausgeschütteten Betrag vermindert wird. Mit D1 , . . . , Dn werden die Dividendenzahlungen in den entsprechenden Zeitpunkten bezeichnet. Wird im Zeitpunkt t die Dividende Dj für das Wertpapier S k ausgezahlt, also t = tdj , so ist das Wertpapier S k zu diesem Zeitpunkt direkt nach Ausschüttung Stk − Dj k wert, wenn es sich zwischen den Zeitpunkten t − 1 und t von St−1 nach Stk entk wickelt hat. Bei der Entwicklung von S0k nach St−1 wurden etwaige Dividenden Dl mit l < j zu den entsprechenden Zeiten auf gleiche Weise vom Wertpapier bereits abgezogen. Wie wir später sehen werden, führt die Auszahlung von solchen, festen Dividenden zu einem nicht-rekombinierbaren Binomialbaum, wenn das Wertpapier ohne Dividenden dem rekombinierbaren Binomialmodell genügt (siehe Abschnitt 4.1). Anteilsmäßige Dividenden δi beeinflussen das Wertpapier auf folgende Weise: Wird im Zeitpunkt t = tdi eine Dividende in Höhe von Stk · δi ausbezahlt, so beträgt der Wert des Wertpapiers direkt nach diesem Zeitpunkt Stk (1 − δi ), 22 KAPITEL 1. DAS MARKTMODELL wenn er ohne die Zahlung Stk betragen hätte. Ähnlich wie bei der Verzinsung, lässt sich bei einer solchen anteilsmäßigen Dividendenzahlung unter der Voraussetzung, dass die betrachteten Zeitpunkte nahe genug beieinander liegen, der Wert Stk (1 − δi ) durch eine stetige, anteilsmäßige Dividendenzahlung approximieren, siehe dazu im Anhang, Seite 121: Stk · e−δi . Auf diese Weise werden später in Abschnitt 5.2 Dividenden berücksichtigt. Kapitel 2 Optionen 2.1 Contigent Claims und Derivate In Finanzmärkten werden nicht nur Wertpapiere selbst gehandelt. Oft werden auch sogenannte Derivate veräußert. Derivate hängen in irgendeiner Weise von marktbezogenen Referenzgrößen, beispielsweise von Wertpapieren, ab und dienen unter anderem zum Transfer von Risiken. Insbesondere sollen die Marktrisiken des Basiswertes, also der Referenzgröße, auf die sich das Derivat bezieht, getrennt vom Basiswert selbst gehandelt werden können. Definition 2.1. Eine Zufallsvariable C ≥ 0 auf (Ω, FT , P) wird auch Contingent Claim mit Fälligkeitszeitpunkt (Maturität) T genannt, wenn gilt, dass 0≤C<∞ P-fast sicher. Ist FT = σ(S 0 , . . . , S d ), so heißt C Derivat. Das diskontierte Contigent Claim bzw. Derivat ist C . ST0 H := Hierbei ist σ(S 0 , . . . , S d ) die von den Zufallsvariablen S 0 , . . . , S d erzeugte σAlgebra. Obige Bedingung kann auch umformuliert werden zu: C = f (S 0 , . . . , S d ), wobei f eine messbare Funktion auf Rd+1 ist. Definition 2.2. Ein Contingent Claim C ist erreichbar, wenn eine selbstfinanzierende Handelsstrategie ξ = (ξt0 , . . . , ξtd )t=0,...,T existiert, für die gilt, dass C = ξT · ST , wenn C also eine Linearkombination der Wertpapiere zum Zeitpunkt T ist. Äquivalent dazu ist natürlich die Bedingung für die diskontierten Werte: H = ξT · XT = VT + T X ∗ ξt∗ · (Xt∗ − Xt−1 ). t=1 ξ wird dann replizierende Strategie für C bzw. H genannt. 23 24 KAPITEL 2. OPTIONEN Der nächste Satz besagt, dass ein erreichbares, diskontiertes Contingent Claim bezüglich jedes äquivalenten Martingalmaßes integrierbar ist. Für nicht abgezinste Contingent Claims muss dies aber nicht gelten. Satz 2.3. Jedes erreichbare, diskontierte Claim H ist integrierbar bezüglich jedes äquivalenten Martingalmaßes, d. h. E∗ [H] < ∞ ∀P∗ ∈ P. Außerdem erfüllt für jedes P∗ ∈ P der Werteprozess jeder replizierenden Strategie Vt = E∗ [H|Ft ] P-fast sicher für t = 0, . . . , T. V ist also ein nicht negatives P∗ -Martingal. Beweis. Sei H ein erreichbares, diskontiertes Claim. Dann existiert eine selbstfinanzierende Strategie ξ mit ξT · XT = H ≥ 0. Wie in Satz 1.23 gezeigt, ist Vt = ξt · Xt ein P∗ -Martingal. Mit VT = ξT · XT = H ist dann Vt = E∗ [VT |Ft ] = E∗ [H|Ft ] ∀P∗ ∈ P. Da H ≥ 0 ist auch Vt = E∗ [H|Ft ] ≥ 0 und außerdem ist mit V0 = ξ1 · X0 < ∞ auch V0 = E∗ [Vt |F0 ] = E∗ [VT ] = E∗ [H] < ∞ ∀P∗ . Dieser Satz zeigt uns, dass V0 = E∗ [H] weder von der replizierenden Strategie ξ, noch vom äquivalenten Martingalmaß P∗ abhängt, denn V0 ist eindeutig für alle P∗ . Dasselbe gilt auch für Vt mit t > 0. Die Preise der Wertpapiere S i , i = 0, . . . , d zum Zeitpunkt t = 0 sind bekannt. Nun soll der Preis eines Contingent Claims zum Zeitpunkt t = 0 bestimmt werden. Hierzu wird der Markt, dargestellt durch die diskontierten Wertpapiere, erweitert zu (Xtd+1 )t=0,...,T mit X0d+1 = π H , XTd+1 = H und Xtd+1 ≥ 0 ∀t. (2.1) Definition 2.4. Sei H ein (diskontiertes) Contingent Claim. π H ist ein arbitragefreier Preis für H, wenn der erweiterte Markt (X 0 , . . . , X d+1 ) arbitragefrei ist. Die arbitragefreien Preise von H werden in der Menge Π(H) zusammengefasst. Satz 2.5. Die Menge der arbitragefreien Preise für ein (diskontiertes) Contingent Claim H ist gegeben durch Π(H) = {E∗ [H]|P∗ ∈ P, E∗ [H] < ∞}. 2.1. CONTIGENT CLAIMS UND DERIVATE 25 In der Tat ist der Preis für H zunächst einmal eine Menge an Preisen, für die eine untere und obere Schranke angegeben werden kann: Πinf(H) := π H ∈Π(H) inf π H = inf E∗ [H] ∗ sup π H = sup E∗ [H]. P ∈P und Πsup(H) := π H ∈Π(H) P∗ ∈P In den Marktmodellen, die weiter betrachtet werden, wird der Preis für ein Contingent Claim jedoch immer eindeutig sein. Bevor der Satz bewiesen wird, soll ein kleines Beispiel zeigen, warum bei einem Preis für ein erreichbares H außerhalb der angegebenen Menge Arbitrage möglich ist. Beispiel 2.6. Es sei π H ein Preis für H, wobei H erreichbar ist und π H > E∗ [H]. Verkauft ein Agent H zum Zeitpunkt t = 0 für π H , so kann er die Menge π H − E∗ [H] auf die Bank legen und mit E∗ [H] eine replizierende Strategie für H finanzieren. Sein Portfolio hat dann zum Zeitpunkt t = 0 den Wert V0 = π H − (π H − E∗ [H]) − E∗ [H] = 0. Im Zeitpunkt t = T hat das auf die Bank gelegte Geld den Wert (π H −E∗ [H])ST0 , während vom restlichen Geld ja gerade H repliziert wurde, was in t = T den Wert C = H · ST0 hat und was der Agent an den Käufer zurückzahlen muss. Für das Portfolio gilt also VT = (π H − E∗ [H])ST0 + C − C = π H − E∗ [H] > 0, ST0 wobei P(VT > 0) > 0. Der für H gewählte Preis bietet also eine Arbitragemöglichkeit. Wird π H < E∗ [H] gewählt, so kann eine ähnliche Überlegung geführt werden. Der Agent leiht sich in t = 0 die Menge E∗ [H] von der Bank. Davon kauft er sich H zum Preis π H und legt den Rest, E∗ [H] − π H , risikofrei auf der Bank an. Es ist V0 = E∗ [H] − π H − (E∗ [H] − π H ) = 0. In t = T muss er E∗ [H] · ST0 an die Bank zurückzahlen, dafür bekommt er H mit dem Wert C = E∗ [H] · ST0 und sein auf die Bank gelegtes Geld hat in t = T den Wert (E∗ [H] − π H )ST0 . Für VT gilt also VT = −E∗ [H] · ST0 + C + (E∗ [H] − π H )ST0 = E∗ [H] − π H > 0, ST0 was wiederum risikoloser Gewinn ist. Nun zum Beweis von Satz 2.5, für den die Erreichbarkeit von H nicht gefordert wird. Beweis. Definiere zunächst A := {E∗ [H]|P∗ ∈ P, E∗ [H] < ∞}. Π(H) sei wie in Definition 2.4 die Menge der arbitragefreien Preise π H für H, für die der Markt 26 KAPITEL 2. OPTIONEN (X 0 , . . . , X d+1 ) arbitragefrei ist mit X d+1 wie in Formel (2.1). Zeige: Π(H) ⊆ A. Sei dafür π H ∈ Π(H). Es existiert also X d+1 mit X0d+1 = π H , XTd+1 = H, sodass (X 0 , . . . , X d+1 ) arbitragefrei ist. Der FTAP besagt, dass ein äquivalentes Martingalmaß P̃∗ für X 0 , . . . , X d+1 existiert. Unter P̃∗ ist X d+1 ein P̃∗ -Martingal, für das gilt, dass π H = X0d+1 = Ẽ∗ [XTd+1 ] = Ẽ∗ [H]. Da P̃∗ aber auch Martingalmaß für X 0 , . . . , X d ist, ist P̃∗ ∈ P. Es folgt also π H ∈ A und somit die erste Inklusion. Zeige: A ⊆ Π(H). Sei dafür c = E∗ [H], P∗ ∈ P. Es muss gezeigt werden, dass X d+1 existiert mit X0d+1 = c, XTd+1 = H, Xtd+1 ≥ 0 und (X 0 , . . . , X d+1 ) ist arbitragefrei. Definiere dazu Xtd+1 := E∗ [H|Ft ]. Das so definierte X d+1 ist ein P∗ -Martingal mit X0d+1 = E∗ [H] = c, XTd+1 = H, Xtd+1 ≥ 0. Außerdem ist (X 0 , . . . , X d , (E∗ [H|Ft ])t ) ein d + 2-dimensionales P∗ -Martingal, da P∗ aus P gewählt war. Laut dem 1st FTAP ist dieser Markt also arbitragefrei und somit c ∈ Π(H). Der folgende Satz sagt etwas über die Eindeutigkeit von arbitragefreien Preisen für H aus, wenn H erreichbar ist. Satz 2.7. Sei H ein diskontiertes Contingent Claim. (a) Falls H erreichbar ist, dann besteht Π(H), also die Menge der arbitragefreien Preise für H, aus einem einzigen Element V0 , wobei V der Werteprozess jeder replizierenden Strategie für H ist. Insbesondere ist Vt für alle t = 0, . . . , T eindeutig. (b) Umgekehrt gilt: Falls H nicht erreichbar ist, so ist Πinf (H) < Πsup (H) und Π(H) = (Πinf (H), Πsup (H)) ⊆ R. Da wir im Folgenden nur erreichbare Contingent Claims betrachten, wird nur der erste Teil des Satzes bewiesen. Ein vollständiger Beweis findet sich in [10]. Beweis. Beweis von (a): Da H erreichbar ist, existiert eine replizierende Strategie ξ für H mit diskontiertem Portfoliowert V . In Satz 2.3 wurde bewiesen, dass Vt = E∗ [H|Ft ] ∀t = 0, . . . , T ∀P∗ ∈ P gilt. Für erreichbares H ist dieser Werteprozess aber eindeutig für alle t, also insbesondere auch für t = 0. 2.2. BEISPIELE FÜR CONTIGENT CLAIMS 2.2 27 Beispiele für Contigent Claims Eine Art von Derivat bzw. Contingent Claim stellen Optionen dar. Mit einer Option hat der Käufer das Recht, nicht aber die Pflicht, zu einem vertraglich festgelegten Fälligkeitszeitpunkt (europäische Option) oder innerhalb eines bestimmten Zeitraumes vor dem Fälligkeitszeitpunkt (amerikanische Option) eine bestimmte Menge an Basiswerten zu einem bei Vertragsabschluss festgelegten Preis zu kaufen (Calloption) oder zu verkaufen (Putoption). Optionen werden auch als bedingte Termingeschäfte bezeichnet, denn die Entscheidung, ob und eventuell auch wann eine Option ausgeübt wird, erfolgt einseitig vom Optionsinhaber. Der Stillhalter, also der Verkäufer der Option, bleibt dabei außen vor. Im Folgenden werden einige Beispiele für Optionen aufgeführt. Europäische Call- und Putoption Die europäischen Call- und Putoptionen sind zwei Standardoptionen, manchmal auch Plain Vanilla Optionen genannt, die zum Kauf bzw. Verkauf des Basiswertes bei Fälligkeitszeitpunkt T zu einem zuvor festegelegten Ausübungspreis K, auch Strike genannt, berechtigen. Das Contingent Claim ist im Fall eines Calls von der Form C call = (STi − K)+ und im Fall eines Puts von der Form C put = (K − STi )+ wobei der Basiswert in diesem Fall das Wertpapier S i ist. C call STi K Falls zum Fälligkeitszeitpunkt gilt, dass K < STi , der Inhaber einer Calloption also das Recht hat, S i zum geringeren Preis K zu kaufen anstatt zum Marktpreis STi , so wird er die Option ausüben. Bei gleichen Bedingungen würde der Inhaber einer Putoption die Option verfallen lassen, da er S i zum geringeren Preis K verkaufen würde, anstatt den höheren Marktpreis STi dafür zu bekommen. Warum ist es aber überhaupt sinnvoll, Optionen zu kaufen, anstatt den Basiswert selber? Für folgenden Fall ist es von Nachteil, die Option gekauft zu haben, obwohl deren Ausübung in T sinnvoll ist: Wenn der (aufgezinste) Preis für eine Calloption 28 KAPITEL 2. OPTIONEN C put K STi K plus ihr Ausübungspreis K zusammen mehr sind, als der Wert des Basiswerts zum Zeitpunkt T , K selbst aber weniger als STi wert ist, so zahlt man insgesamt mehr, als wenn man den Basiswert direkt gekauft hätte. Außerdem ist klar, dass der absolute Gewinn, falls einer vorhanden ist, bei Wertpapiergeschäften ohne Optionen immer höher sein wird als bei Wertpapiergeschäften mit Optionen. Wo aber die Vorteile beim Optionsgeschäft liegen, zeigt folgendes Beispiel auf. Beispiel 2.8. Wir befinden uns im Einperiodenmarkt mit dem risikobehafteten Wertpapier S mit S0 = 1.000 und einer Calloption auf S mit K = 1.000 und Optionspreis C0 . Steigt der Wert von S zum Auszahlungszeitpunkt auf 1.100, so wäre der Gewinn bei direktem Kauf von S in t = 0 und Verkauf in t = 1 genau 100, bei Kauf und Ausüben der Option lediglich 100 − C0 , wenn S für K = 1.000 gekauft wird und gleich darauf wieder zum Marktpreis 1.100 verkauft wird. Allerdings ist das eingesetzte Kapital bei direktem Kauf 1.000 und 100 die zugehörige Kapitalrendite 1.000 = 10%, während beim Optionsgeschäft nur 0 C0 < 1.000 eingesetzt wurde und die Rendite 100−C beträgt. Bei einem Preis C0 von C0 = 50 hätte man beispielsweise eine Kapitalrendite von 100% und erst bei C0 > 90, 9 wäre die Kapitalrendite kleiner als beim direkten Wertpapierkauf. Sinkt S im Zeitpunkt t = 1 auf 800, so beträgt der Verlust bei direktem Kauf 200, während beim Optionsgeschäft lediglich“ (und niemals mehr als) C0 ver” loren gehen, da die Calloption in diesem Fall nicht ausgeübt wird. Ebenso kann man für die Putoption eine beispielhafte, praktische Anwendung nennen. Beispiel 2.9. Wieder befinden wir uns im Einperiodenmarkt. Angenommen, ein Unternehmen erwartet in t = 1 eine Lieferung von 1.000 Rohstoffeinheiten. Es kann sich in t = 0 eine Putoption auf den Rohstoff kaufen mit Ausübungspreis K = 1 pro Einheit, bekommt also in t = 1 für die gesamte Rohstoffmenge garantiert 1.000. Abzüglich des Optionspreises stehen dem Unternehmen mindestens 1.000 − C0 in t = 1 durch den Rohstoffverkauf zur Verfügung, was bereits in t = 0 sicher eingeplant werden kann (vorausgesetzt, der Rohstoff wird geliefert). Ist der Marktwert des Rohstoffes in t = 1 über dem Strike, verkauft das Unternehmen natürlich zum größeren Preis. 2.2. BEISPIELE FÜR CONTIGENT CLAIMS 29 Asiatische Option Die Auszahlung einer asiatischen Option hängt immer in irgendeiner Weise vom i des Basiswertes S i ab. Sei hierfür T ⊆ {0, . . . , T } eine Durchschnittswert Sav Menge vorher festgelegter Zeitpunkte. Der arithmetische Durchschnittwert wird dann gebildet durch 1 X i i Sava := St . |T | t∈T Ebenso ist es möglich, ein geometrisches Mittel für die weiteren Formeln zu verwenden, das sich zusammensetzt als ! i Savg := Y Sti 1 |T | . t∈T Eine Beziehung dieser beiden Varianten erkennt man, wenn man den Basiswert S i logarithmiert. Es gilt nämlich ! 1 X i i i ln Savg i Savg = e = exp ln(St ) = eLava , |T | t∈T mit Lit := ln(Sti ). Mit der Form der Jensenschen Ungleichung Pn Pn f (xi ) i=1 xi f ≤ i=1 n n für eine konvexe Funktion f folgt somit, da exp konvex ist, dass i i Savg ≤ Sava . (2.2) i bezeichnet wird, Mittels eines dieser Durchschnittswerte, der allgemein mit Sav können nun verschiedene Optionen gebildet werden, beispielsweise: • Average Price Calloption mit Strike K: call i Cav := (Sav − K)+ • Average Price Putoption mit Strike K: put i + Cav := (K − Sav ) Diese Average Price Optionen beziehen sich nun nicht nur auf den Preis des Basiswerts zum Fälligkeitszeitpunkt, sondern berücksichtigen den Verlauf des Basiswerts zu ausgewählten Zeitpunkten auch während der Laufzeit. Der Ausübungspreis K ist jeweils festgelegt. Angewendet werden sie vor allem bei Basiswerten mit größeren Schwankungen, um sich gegen unerwünschte Entwicklungen gegen Laufzeitende abzusichern. Weitere Formen von asiatischen Optionen sind folgende: 30 KAPITEL 2. OPTIONEN • Average Strike Calloption: i + (STi − Sav ) • Average Strike Putoption: i (Sav − STi )+ . Hier ist der Strikepreis kein vorher festgelegter Wert, sondern ein Durchschnittwert des Basiswerts. Ein Average Strike Put kann zum Beispiel angewendet werden, um sich gegen das Risiko abzusichern, ein Wertpapier in T zu verkaufen, das in erfolgreichen, vorangegangenen Zeiten gekauft wurde. Wegen Formel (2.2) gilt für die Asiatischen Calloptionen (Average Price), dass sie zu Laufzeitende mit dem arithmetischen Mittel genau so viel oder mehr wert sind als mit dem geometrischen, und für die Putoptionen (Average Price), dass sie mit dem geometrischen Mittel genau so viel oder mehr wert sind als mit dem arithmetischen. Entsprechend unterscheiden sich natürlich auch die Preise je nach verwendetem Mittelwert. Barriereoption Die Auszahlung einer Barriereoption hängt davon ab, ob der Basiswert vor Fälligkeitszeitpunkt einen bestimmten, vorher festgelegten Level erreicht hat oder nicht, es muss also auch, wie bei Asiatischen Optionen, der gesamte Verlauf des Basiswerts betrachtet werden. Barriereoptionen unterscheiden sich in Knock-In und Knock-Out Optionen. Knock-In-Optionen werden aktiviert, wenn eine bestimmte Barriere vor Fälligkeit erreicht wurde, Knock-Out-Optionen verfallen in diesem Fall. Ein einfaches Beispiel ist die Digital-Barriereoption mit Auszahlungsprofil ( 1 wenn max0≤t≤T Sti ≥ B + dig C := 0 sonst. Sie liefert eine einheitliche Auszahlung, sobald der Basisprozess S i eine obere Schranke B + mit B + > S0i erreicht. Andere Formen können zum Beispiel sein • Down-and-In Putoption mit Strike K: ( (K − STi )+ wenn min0≤t≤T Sti ≤ B − , B − < S0i put Cdi := 0 sonst. • Up-and-Out Calloption mit Strike K: ( (STi − K)+ wenn max0≤t≤T Sti < B + , S0i < B + call Cuo := 0 sonst. Analog existieren dazu noch die Down-and-Out und die Up-and-In Optionen, alle als Put- und Callvarianten. Eine Up-and-Out Calloption mit K = 90 und B + = 120 hat dann eine positive Auszahlung, wenn der Basiswert zur Fälligkeit über 90 ist, in seinem Verlauf aber nie die Marke von 120 erreicht hat. Überschreitet der Basiswert zu irgendeinem Zeitpunkt t ≤ T das vorgegebene Level B + , so ist die Auszahlung 0 unabhängig vom Endwert STi . 2.2. BEISPIELE FÜR CONTIGENT CLAIMS 31 Lookback Option Bei einer Lookback Option kann der Basiswert zu seinem höchsten bzw. tiefsten Wert, der während der Laufzeit der Option aufgetreten ist, gehandelt werden. Es werden wieder die Fälle für einen Call und Put unterschieden: • Lookback Calloption: Call Clb := STi − min Sti 0≤t≤T • Lookback Putoption: P ut Clb := max Sti − STi . 0≤t≤T Die Maximumsfunktion (·)+ muss hierbei nicht verwendet werden, da die angegebenen Formeln immer ≥ 0 sind. Da die Risiken bei dieser Art von Option gering sind, die Chancen aber sehr hoch, ist auch der Preis solcher Optionen dementsprechend hoch, da keine Arbitragemöglichkeiten auftreten dürfen. Alle bisher aufgezählten Beispiele benötigen zwar, mit Ausnahme der Plain Vanilla Optionen, also der normalen europäischen Call- und Putoptionen, Kenntnis über den Verlauf des Basiswerts, und nicht nur über dessen Wert am Ende der Laufzeit, über eine Ausführung wird aber immer erst zum Fälligkeitszeitpunkt T entschieden. Solche Optionen werden ganz allgemein als europäische Contingent Claims bezeichnet. Im Gegensatz dazu gibt es auch Optionen, bei denen bereits zu einem früheren Zeitpunkt über eine Ausführung entschieden werden kann, die sogenannten amerikanischen Optionen. Amerikanische Option Definition 2.10. Ein amerikanisches Contingent Claim ist ein auf dem filtrierten Messraum (Ω, (Ft )t=0,...,T , F) nicht-negativer, adaptierter Prozess C = (Ct )t=0,...,T . Für jeden Zeitpunkt t wird die Zufallsvariable Ct als Auszahlung des amerikanischen Contingent Claims interpretiert, wenn dieser in t ausgeübt wird. T spielt dabei die Rolle des Fälligkeitszeitpunkts des Claims. Wird eine amerikanische Calloption in t ausgeübt, beträgt die Auszahlung Ctcall := (Sti − K)+ . Entsprechend beträgt die Auszahlung für einen amerikanischen Put in t Ctput := (K − Sti )+ . Wird die amerikanische Call- bzw. Putoption in t = T ausgeübt, entspricht die Auszahlung der der europäischen Call- bzw. Putoption. Deswegen kann gefolgert werden, dass die amerikanische Call- bzw. Putoption mindestens so viel wert ist wie die europäische, da bei der amerikanischen Option auch ein höherer Gewinn für ein t < T realisiert werden kann. 32 KAPITEL 2. OPTIONEN Bermudaoption Die Bermudaoption ist ein Finanzinstrument zwischen europäischen und amerikanischen Optionen. Während bei europäischen Optionen die Menge der Ausübungszeitpunkte T nur aus einem Zeitpunkt, nämlich T = {T }, besteht, und bei amerikanischen Optionen aus allen Zeitpunkten, T = {0, . . . , T }, ist bei der Bermudaoption T eine nicht-leere Teilmenge von {0, . . . , T }. Sie kann also als Spezialfall der amerikanischen Option angesehen werden mit Auszahlung Ct = 0 für t ∈ / T . In diesem Sinne ist sogar die europäische Option ein Spezialfall der amerikanischen. 2.3 2.3.1 Eigenschaften von Optionen Vollständige Märkte Definition 2.11. Ein arbitragefreier Markt ist vollständig, wenn jedes Contingent Claim erreichbar bzw. replizierbar ist. Vollständige Märkte sind also solche, in denen jedes Contingent Claim einen eindeutigen, arbitragefreien Preis hat und, falls zwei Contingent Claims denselben arbitragefreien Preis haben, diese zwei Claims gleich sind. In diskreter Zeit erfüllen nur wenige Modelle diese Eigenschaft, so zum Beispiel das CRRModell (Binomialmodell), das im nächsten Kapitel betrachtet wird. Die folgende Charakterisierung für Vollständigkeit von Märkten wird oft als das zweite Fundamental Theorem of Asset Pricing“ bezeichnet (2nd FTAP). ” Satz 2.12. Ein arbitragefreies Marktmodell ist vollständig genau dann, wenn genau ein äquivalentes Martingalmaß existiert, also P = {P∗ }. In diesem Fall ist die Anzahl von Atomen auf (Ω, FT , P) nach oben beschränkt durch (d + 1)T . Definition 2.13. Eine Menge A ∈ F heißt Atom auf (Ω, F, P), wenn P(A) > 0 und für jedes B ∈ F mit B ⊆ A gilt, dass entweder P(B) = 0 oder P(B) = P(A). Für den Einperiodenmarkt lässt sich insbesondere zeigen, dass für jedes vollständige Marktmodell eine Partition von Ω in höchstens d + 1 Atome auf (Ω, F, P) existiert. Beweis von Satz 2.12. ⇒“: Der Markt sei vollständig, A ∈ FT . Dann ist IA > ” 0 ein Contingent Claim, welches erreichbar ist. Es gilt P∗ (A) = EP∗ [IA ] = EQ∗ [IA ] = Q∗ (A), da der Preis bzw. der Wert der replizierenden Strategie für erreichbare Claims eindeutig ist. Obige Aussage gilt für alle A ∈ FT sowie für alle P∗ , Q∗ ∈ P, es ist also P∗ = Q∗ . ⇐“: Ist P = {P∗ }, so gilt für die arbitragefreien Preise eines Contingent Claims ” Π(H), dass |Π(H)| = 1, nämlich Π(H) = {E∗ [H]}. Der Preis für H ist also eindeutig, somit ist H erreichbar. 2.3. EIGENSCHAFTEN VON OPTIONEN 33 Die zweite Aussage des Satzes wird mit Induktion über T bewiesen. Beginne mit T = 1 (Einperiodenmarkt): Definiere V := {ξ · S1 |ξ ∈ Rd+1 } als Menge aller erreichbaren Auszahlungen. Es sei V ∈ V mit V = ξ · S1 . Dann ist V S1 ∗ ξ · S1 ∗ ∗ =E =E π(V ) = ξ · S0 = ξ · E 1+r 1+r 1+r ⇒ π(V ) · (1 + r) = E∗ [V ] < ∞ ⇒ V ∈ L1 (Ω, F, P∗ ) ∀P∗ ∈ P. ⇒ V ⊆ L1 (Ω, F, P∗ ) ⊆ L0 (Ω, F, P∗ ) = L0 (Ω, F, P). Für vollständige Märkte gilt außerdem, dass L0 (Ω, F, P) ⊆ V ⇒ V = L1 (Ω, F, P). Und da dim V ≤ d + 1 ist auch dim L0 (Ω, F, P) ≤ d + 1. (2.3) Für Lp -Räume gilt folgende Aussage: Satz 2.14. dim Lp (Ω, F, P) = sup{n ∈ N | ∃ Partition A1 , . . . , An von Ω mit Ai ∈ F und P(Ai ) > 0}. Desweiteren ist n := dim Lp (Ω, F, P) < ∞ genau dann, wenn eine Partition von Ω in n Atome von (Ω, F, P) existiert. S (Ai )i ist eine Partition von Ω, falls Ω = ni=1 Ai und Ai ∩ Aj = ∅ ∀i, j ∈ {1, . . . , n} für i 6= j. Beweis von Satz 2.14. Es sei Lp := Lp (Ω, F, P) und N := {n ∈ N | ∃ Partition A1 , . . . , An von Ω mit Ai ∈ F und P(Ai ) > 0}. Betrachte eine Partition A1 , . . . , An von Ω mit Ai ∈ F und P(Ai ) > 0. Die zugehörigen Indikatorfunktionen IA1 , . . . , IAn können als linear unabhängige Vektoren in Lp angesehen werden mit p i E[IA i ] = E[IAi ] = P(A ) < ∞. Somit ist dim Lp ≥ n ∀p ∈ [0, ∞], also dim Lp (Ω, F, P) ≥ sup N ∀p. Ist sup N = ∞, so ist wegen dim Lp ≥ sup N auch dim Lp = ∞ und somit dim Lp = sup N . Zu betrachten bleibt also der Fall sup N < ∞: Es sei sup N = n0 < ∞ und für die zugehörige Partition A1 , . . . , An0 von Ω mit Ai ∈ F und P(Ai ) > 0 gilt, dass Ai ∀i = 1, . . . , n0 ein Atom von Ω ist, denn: Angenommen, es existierte B ∈ F mit o.B.d.A. B ⊆ An0 . Falls B > 0 und P(B) 6= P(An0 ), so wäre A1 , . . . , An0 −1 , An0 \ B, B eine neue Partition von Ω und somit sup N > n0 , was ein Widerspruch zur Definition von n0 ist. Für diese Partition gilt, dass jede Zufallsvariable Z ∈ Lp P-fast sicher konstant auf jedem Ai ist. Angenommen, dies wäre nicht so und es gäbe zwei Werte z1 und z2 , die Z auf Ai annimmt. Definiere dann B1 := {ω ∈ Ai |Z(ω) = z1 } ⊆ Ai , B1 ∈ F 34 KAPITEL 2. OPTIONEN und B2 := {ω ∈ Ai |Z(ω) = z2 } ⊆ Ai , B2 ∈ F. Da Ai ein Atom ist, ist entweder P(B1 ) = P(Ai ) und P(B2 ) = 0 oder P(B1 ) = 0 und P(B2 ) = P(Ai ). Es ist also Z(ω) = z1 oder Z(ω) = z2 für fast alle ω ∈ Ai . Es sei zi der Wert, den Z auf Ai annimmt. Z lässt sich somit schreiben als Z= n0 X zi IAi ∀Z ∈ Lp . i=1 ⇒ dim Lp ≤ n0 ∀p. Insgesamt ergibt sich also die Aussage, dass dim Lp = sup N ∀p ∈ [0, ∞]. Satz 2.14 zusammen mit (2.3) führt also zu der Aussage, dass auf Ω eine Partition aus höchstens d+1 Atomen auf (Ω, F, P) existiert, was den Induktionsanfang darstellt. Nehme nun an, die Aussage gelte für T − 1. Da nach Annahme der Markt vollständig ist, kann jedes H ∈ L∞ (Ω, FT , P) geschrieben werden als H = VT −1 + ξT∗ (XT∗ − XT∗ −1 ) = ξT · XT . VT −1 sowie ξT∗ sind FT −1 -messbar und somit konstant auf jedem Atom A auf (Ω, FT −1 , P) (siehe Beweis zu Satz 2.14). H ist auf Atom A also eine Linearkombination von XT0 , . . . , XTd , was bedeutet, dass dim L∞ (Ω, FT , P(·|A)) ≤ d + 1, wobei P(·|A) folgendermaßen definiert ist: Für alle B ∈ FT und P(A) > 0 ist P(B|A) = P(B∩A) P(A) . Jedes Atom von (Ω, FT −1 , P) enthält also maximal d + 1 Atome von (Ω, FT , P). Nach der Induktionsvoraussetzung ist die Anzahl der Atome auf (Ω, FT −1 , P) ≤ (d + 1)T −1 , was dazu führt, dass Anzahl Atome von (Ω, FT , P) ≤ (d + 1)T −1 · (d + 1) = (d + 1)T , was den Satz vollständig beweist. 2.3.2 Zusammenhang und Abschätzungen von europäischen und amerikanischen Call- und Putoptionen Die Formel für die europäische Calloption aus Abschnitt 2.2 bzw. ihr Wert zu Laufzeitende ist C call = max{STi − K, 0} =: (STi − K)+ , der für die europäische Putoption C put = max{K − STi , 0} =: (K − STi )+ . Diese beiden Optionen stehen in engem Zusammenhang, wie der folgende Satz zeigt. Gültigkeit hat der Satz allerdings nur in einem Marktmodell ohne Transaktionskosten, ohne Dividenden, sowie unter der Voraussetzung, dass die Laufzeit und der Basiswert für die Call- und die Putoption gleich sind. 2.3. EIGENSCHAFTEN VON OPTIONEN 35 Satz 2.15 (Put-Call-Parität). Es sei V call (t) = E∗ [H call |Ft ], wobei H call = C call die diskontierte Calloption auf den Basiswert S i ist, analog sei V put (t) S0 T definiert. Für alle t ∈ [0, T ] gilt V call (t) − V put (t) = Xti − K . ST0 Mit dieser Gleichung ist es möglich, den arbitragefreien Preis einer Putoption, wenn der arbitragefreie Preis einer Calloption mit selber Laufzeit und selbem Basiswert bereits bekannt ist, einfach zu berechnen, und umgekehrt. Beweis. Für den Beweis betrachten wir ein Portfolio V , das sich aus dem Basiswert S i , dem Werteprozess für die Putoption V put sowie dem für die Calloption V call folgendermaßen zusammensetzt: Vt = Xti + V put (t) − V call (t). Der Wert dieses Portfolios zum Zeitpunkt T beträgt VT = XTi + V put (T ) − V call (T ) = XTi + = XTi + = C put C call − 0 ST0 ST (K − STi )+ (STi − K)+ 1 − = 0 (STi + (K − STi )+ − (STi − K)+ ) 0 0 ST ST ST K ST0 Der Wert dieses Portfolios zum Zeitpunkt t beträgt ebenfalls K ∗ ∗ K Vt = E [VT |Ft ] = E |Ft = 0 , 0 ST ST da ST0 ein bekannter Wert ist. Die Put-Call-Parität ist somit gezeigt. Ohne den genauen, arbitragefreien Preis für europäische Call- und Putoptionen zu kennen, lässt sich dieser aber jeweils auf ein Intervall abhängig vom (diskontierten) Basiswert und dem Ausübungspreis einschränken. Satz 2.16. Für alle t ∈ [0, T ] gelten die Abschätzungen (1) (Xti − K + ) ST0 ≤ V call (t) ≤ Xti (2) ( SK0 − Xti )+ ≤ V put (t) ≤ T K ST0 K + ) ST0 K . ST0 Beweis. Beweis von (1), 1. Ungleichung: (Xti − Zu zeigen ist V call (t) ≥ 0 und V call (t) ≥ Xti − Da V call (T ) = (STi −K)+ ST0 ≤ V call (t). ≥ 0 und V call (t) = E∗ [V (T )|Ft ] ist wegen den Ei- genschaften des (bedingten) Erwartungswerts auch V call (t) ≥ 0. Ebenso gilt, dass V (T ) = (XTi − SK0 )+ ≥ XTi − SK0 , was wiederum mit den Eigenschaften T T 36 KAPITEL 2. OPTIONEN des (bedingten) Erwartungswerts und P∗ als Martingalmaß dazu führt, dass V call (t) = E∗ [V (T )|Ft ] ≥ E∗ [XTi − SK0 |Ft ] = E∗ [XTi |Ft ] − SK0 = Xti − SK0 . T T T Beweis von (1), 2. Ungleichung: V call (t) ≤ Xti . Es ist (XTi − SK0 )+ ≤ (XTi )+ = XTi , da Sti ≥ 0 ∀t, i. Wie oben gilt dann, da X i T ein P∗ -Martingal ist, dass V call (t) = E[V call (T )|Ft ] ≤ E[XTi |Ft ] = Xti , und (1) ist gezeigt. Beweis von (2). Wegen der Put-Call-Parität (Satz 2.15), ist V call (t) = Xti − K ST0 + V put (t). Ein- gesetzt in die Ungleichungskette (1) ergibt sich ⇔ Falls Xti ≥ Falls Xti ≤ K ST0 K ST0 Xti K − 0 ST + Xti K − 0 ST + ≤ Xti − K + V put (t) ≤ Xti ST0 − Xti + K K ≤ V put (t) ≤ Xti − Xti + 0 0 ST ST ist, lautet die linke Seite der Ungleichungskette 0 ≤ V put (t). K − Xti ≤ V put (t). ST0 ( SK0 − Xti )+ ≤ V put (t) T ist, lautet sie Zusammengefasst ist dies und (2) ist gezeigt. Wie schon in Abschnitt 2.2 erwähnt, gilt beim Vergleich von europäischen und amerikanischen Call- und Putoptionen, dass die Auszahlungen der amerikanischen Optionen mindestens so hoch sind wie die der europäischen, da die europäischen Optionen als Spezialfall der amerikanischen angesehen werden können und ihre Auszahlungen somit über amerikanische Optionen realisiert werden können, wenn diese nicht vorzeitig, sondern in t = T ausgeübt werden. Mit den Schreibweisen Vecall und Veput für die diskontierten Werteprozesse der europäischen Optionen und Vacall und Vaput für die der amerikanischen Optionen gilt also Vacall (t) ≥ Vecall (t) und Vaput (t) ≥ Veput (t). Der nächste Satz zeigt, dass es sich bei amerikanischen Calloptionen nicht lohnt, vorzeitig auszuüben, und somit der Ertrag gleich der einer europäischen Calloption ist. Satz 2.17. Der (diskontierte) Gewinn einer amerikanischen Calloption mit Basiswert S i ist durch vorzeitige Ausübung zum Zeitpunkt t < T nie größer als der Optionswert zum entsprechenden Zeitpunkt, also K + i Xt − 0 ≤ Vacall (t). St Falls Xti > K , St0 ist sogar (Xti − K + ) St0 < Vacall (t). Es folgt also Vacall (t) = Vecall (t). 2.3. EIGENSCHAFTEN VON OPTIONEN 37 Beweis. Wird eine amerikanische Calloptionen in t < T ausgeübt, erhält man den diskontierten Betrag (Xti − SK0 )+ . Für den Bond gilt, dass ST0 > St0 für t < T , weswegen K ST0 t K und somit (Xti − SK0 )+ ≥ (Xti − SK0 )+ , wobei die Ungleichung St0 t T Xti > SK0 . Mit der Abschätzung für europäische Calloptionen und < strikt ist, falls t der Überlegung über den Zusammenhang von europäischen und amerikanischen Optionen folgt K + K + i call call i ≥ Xt − 0 , Va (t) ≥ Ve (t) ≥ Xt − 0 ST St bzw. eine Striktheit des letzten Ungleichheitszeichens unter oben genannter Bedingung. Die amerikanische Calloption ist also immer mindestens so viel wert, wie der Ertrag einer Ausübung. Eine Ausübung ist aber nur sinnvoll, falls Xti > SK0 , was dazu führt, dass der Wert der Calloption echt größer ist als t der Ertrag einer Ausübung zu den Zeitpunkten t < T , wenn dieser positiv ist. Somit ist eine Ausübung, wenn überhaupt, nur in t = T sinnvoll, was genau dem Ausübungsprofil einer europäischen Calloption entspricht. Für die amerikanische Putoption lässt sich zeigen, dass eine vorzeitige Ausübung durchaus sinnvoll sein kann, was in dieser Arbeit aber nicht genauer ausgeführt wird. Erläuterungen zu den optimalen Ausübungszeitpunkten von amerikanischen Putoptionen finden sich beispielsweise in [10], Kapitel 6. Bemerkung 2.18. Die bisherigen Aussagen über die Ausübung von amerikanischen Optionen gelten nur unter der Marktannahme, dass keine Dividenden gezahlt werden. Werden Dividendenausschüttungen mit berücksichtigt, so gelten die bisherigen Aussagen genau andersherum: Für den Call kann eine vorzeitige Ausübung sinnvoll sein, während für den Put das Halten der Option bis t = T optimal ist. Ohne zusätzliche Definitionen lässt sich folgende Abwandlung der Put-CallParität für amerikanische Optionen sowie eine Abschätzung des amerikanischen Puts zeigen. Die Abschätzungen des amerikanischen Calls entsprechen denen des europäischen Calls wegen obiger Gleichheit. Satz 2.19. Für alle t ∈ [0, T ] gilt folgender Zusammenhang zwischen dem amerikanischen Call und Put (1) K ST0 ≤ Xti + Vaput (t) − Vacall (t) ≤ K St0 sowie folgende Abschätzung der Putoption (2) ( SK0 − Xti )+ ≤ Vaput (t) ≤ T K . St0 Beweis. Beweis von (1), 1. Ungleichung: Wegen Vacall (t) = Vecall (t) und Vaput (t) ≥ zeigenden Ungleichung K ≤ Xti + ST0 Veput (t) gilt Vaput (t) − Vecall (t) für die rechte Seite der zu Xti + Vaput (t) − Vacall (t) ≥ Xti + Veput (t) − Vecall (t). 38 KAPITEL 2. OPTIONEN Dies ist aber mit der Put-Call-Parität für europäische Optionen = folgt, dass K Xti + Vaput (t) − Vacall (t) ≥ 0 . ST K ST0 , woraus Beweis von (1), 2. Ungleichung: Xti + Vaput (t) − Vacall (t) ≤ SK0 t Wegen der Abschätzung des europäischen Calls und der Gleichheit der Werteprozesse von europäischem und amerikanischem Call gilt (Xti − SK0 )+ ≤ Vacall (t). T Es ist also K + i put call i put i . Xt + Va (t) − Va (t) ≤ Xt + Va (t) − Xt − 0 ST Bezeichne nun mit s ∈ [t, T ] den Ausübungszeitpunkt der Putoption und unterscheide zwei Fälle: 1. Fall: SK0 ≥ Xsi s Es ist dann K + K + K i put i i i i Xs + Va (s) − Xs − 0 = Xs + 0 − Xs − Xs − 0 Ss ST ST + K K = 0 − Xsi − 0 Ss ST K K + i ≤ 0 − Xs − 0 Ss Ss K = 0 Ss 2. Fall: K Ss0 ≤ Xsi Xsi + Vaput (s) − Xsi K − 0 ST Es ist also Xsi + Vaput (s) − Vacall (s) ≤ neutralen Maßes gilt + K Ss0 K + i = + 0 − Xs − 0 ST + K ≤ Xsi − Xsi − 0 Ss K = 0 Ss Xsi und wegen der Eigenschaft des risiko- Xti + Vaput (t) − Vacall (t) = E∗ [Xsi + Vaput (s) − Vacall (s)|Ft ] ∗ K ≤E |Ft Ss0 K = 0 Ss K ≤ 0 , da t ≤ s ⇒ St0 ≤ Ss0 . St 2.3. EIGENSCHAFTEN VON OPTIONEN 39 (1) ist gezeigt, zeige nun (2): ( SK0 − Xti )+ ≤ Vaput (t) ≤ T K . St0 Wegen (1) ist K K − Xti + Vacall (t) ≤ Vaput (t) ≤ 0 − Xti + Vacall (t). 0 ST St Betrachte die Ungleichungen wieder getrennt. Wegen Vacall (t) = Vecall (t) und der Abschätzung des europäischen Calls Vecall (t) ≤ Xti gilt für die rechte Ungleichung Vaput (t) ≤ K K K − Xsi + Vecall (t) ≤ 0 − Xti + Xti = 0 . 0 St St St Nutze auch in der linken Ungleichung die Gleichheit der Calloptionen sowie die Abschätzung der europäischen Calloption (Xti − SK0 )+ ≤ Vecall (t) und erhalte T Vaput (t) K K + K i call i i . ≥ 0 − Xt + Ve (t) ≥ 0 − Xt + Xt − 0 ST ST ST Unterscheide die beiden Fälle Xti − 1. Fall: Xti − K ST0 K ST0 ≥ 0 und Xti − K ST0 ≤ 0. ≥ 0: Vaput (t) 2. Fall: Xti − K ST0 K K + i i ≥ 0 − Xt + Xt − 0 = 0. ST ST ≤ 0: Vaput (t) K K + K i i ≥ 0 − Xt + Xt − 0 = 0 − Xti ST ST ST Werden beide Fälle zusammengefasst ergibt sich + K put i Va (t) ≥ − Xt ST0 und die zweite Ungleichungskette ist bewiesen. 40 KAPITEL 2. OPTIONEN Kapitel 3 Der rekombinierbare Binomialbaum 3.1 Einführung des CRR-Modells Das von Cox, Ross und Rubinstein entwickelte (rekombinierbare) Binomialmodell (kurz auch CRR-Modell genannt) stellt eine einfache Möglichkeit dar, Anlagen und darauf aufbauend Optionen zu betrachten, und erfüllt zudem die Bedingungen des Marktmodells aus 1.1. Es beinhaltet den risikolosen Bond St0 := (1 + r)t , t = 0, . . . , T, wobei r > −1 sei, sowie eine risikobehaftete Anlage S 1 = S, deren Ertrag in der t-ten Periode gegeben ist durch Rt := St − St−1 . St−1 Entsprechend dieser Umbenennung des risikobehafteten Wertpapiers werde die Handelsstrategie für (S 0 , S) im weiteren Verlauf mit (ξ 0 , ξ) bezeichnet. Der Ertrag Rt kann genau zwei mögliche Werte u, d ∈ R annehmen, wobei −1 < d < u gilt. St entwickelt sich also aus St−1 , indem der Wert der Anlage im Vergleich zum Bond entweder nach oben springt mit St = St−1 (1 + u) oder nach unten mit St = St−1 (1 + d). 41 42 KAPITEL 3. DER REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM S0 (1 + u)2 S0 (1 + u)2 S0 (1 + u) S0 (1 + u) S0 (1 + u)(1 + d) S0 S0 S0 (1 + u)(1 + d) S0 (1 + d)(1 + u) S0 (1 + d) S0 (1 + d) 2 S0 (1 + d) t S0 (1 + d)2 t 0 1 2 0 1 2 Wie man sieht, wird bereits in t = 2 ein Wert doppelt erreicht, weswegen man die Knoten des Baumes in diesem Punkt zusammenlegt und dann von einem rekombinierbaren Binomialbaum spricht. Zum Zeitpunkt t hat der rekombinierbare Binomialbaum t + 1 verschiedene Werte. In diesem Modell ist es möglich, explizite Formeln für arbitragefreie Preise und replizierende Strategien von verschiedenen Contingent Claims anzugeben. Der Ergebnisraum Ω ist von folgender Gestalt: Ω := {−1, +1}T = {ω = (y1 , . . . , yT ) | yt ∈ {−1, +1}}. Für ω = (y1 , . . . , yT ) definiere die Projektion auf die t-te Koordinate durch Yt (ω) := yt . Für den Ertrag R gilt dann 1 − Yt (ω) 1 + Yt (ω) Rt (ω) := d · +u· = 2 2 ( d falls Yt (ω) = −1 u falls Yt (ω) = +1 Deswegen kann St geschrieben werden als St := S0 t Y (1 + Rk ), k=1 wobei der Startwert S0 > 0 eine gegebene Konstante ist. Das diskontierte Wertpapier X entwickelt sich in der Form t Y 1 + Rk St Xt = 0 = S0 . 1+r St k=1 Diese Art von Prozess wird auch multiplikativer Randomwalk genannt. Als Filtration verwenden wir die durch das Wertpapier S induzierte σ-Algebra: Ft := σ(S0 , . . . , St ) = σ(X0 , . . . , Xt ), t = 0, . . . , T 3.1. EINFÜHRUNG DES CRR-MODELLS 43 Es gilt, dass F0 = {∅, Ω} und der Ereignisraum F = FT = 2Ω ist die Potenzmenge von Ω. Außerdem ist für t = 1, . . . , T Ft = σ(Y1 , . . . , Yt ) = σ(R1 , . . . , Rt ). Das Wahrscheinlichkeitsmaß P sei ein beliebiges Wahrscheinlichkeitsmaß, für das gelte P({ω}) > 0 für alle ω ∈ Ω, (3.1) das heißt, jeder Pfad durch den Baum tritt mit positiver Wahrscheinlichkeit auf. Der folgende Satz charakterisiert die Parameterwerte u, d und r, für die das eben aufgestellte Binomialmodell arbitragefrei ist. Satz 3.1. Das CRR-Modell ist arbitragefrei genau dann, wenn d < r < u ist, die risikobehaftete Anlage also die Möglichkeiten hat, sowohl stärker als der risikolose Bond zu steigen, als auch unter den Wert des Bonds zu fallen. In diesem Fall ist das CRR-Modell vollständig und es existiert ein eindeutiges Martingalmaß P∗ , für das gilt, dass die Zufallsvariablen R1 , . . . , RT unabhängig sind und folgender Verteilung genügen: P∗ (Rt = u) = p∗ := r−d , t = 1, . . . , T. u−d Beweis. Ein Maß Q auf (Ω, F) ist genau dann ein Martingalmaß, wenn der diskontierte Preisprozess (Xt )t ein Martingal unter diesem Maß Q ist, d. h. 1 + Rt+1 1 + Rt+1 Xt = EQ [Xt+1 |Ft ] = EQ Xt |Ft = Xt EQ |Ft Q-fast sicher 1+r 1+r für alle t ≤ T − 1. Diese Gleichung kann umgeformt werden zu 1 + Rt+1 Xt = Xt EQ |Ft 1+r 1 + Rt+1 ⇔ 1 = EQ |Ft 1+r ⇔ 1 + r = EQ [1 + Rt+1 |Ft ] ⇔ 1 + r = 1 + EQ [Rt+1 |Ft ] ⇔ r = EQ [Rt+1 |Ft ]. Es ist EQ [Rt+1 |Ft ] = u · Q(Rt+1 = u|Ft ) + d · Q(Rt+1 = d|Ft ) = u · Q(Rt+1 = u|Ft ) + d · (1 − Q(Rt+1 = u|Ft )), was mit Q(Rt+1 = u|Ft ) = p∗ folgende Bedingung impliziert: r = u · p∗ + d · (1 − p∗ ) ⇔ p∗ = r−d für Q-fast alle ω ∈ Ω. u−d Diese Bedingung ist genau dann erfüllt, wenn die Zufallsvariablen R1 , . . . , RT unabhängig und identisch verteilt unter Q sind mit der unbedingten Verteilung Q(Rt = u) = p∗ . 44 KAPITEL 3. DER REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM Insbesondere existiert damit höchstens ein Martingalmaß für X. Für die Arbitragefreiheit des Marktmodells muss gelten, dass ein äquivalentes Martingalmaß P∗ existiert. Aus der Bedingung P∗ ∼ P folgt p∗ = P∗ (Rt = u) ∈ (0, 1), dass also positive Wahrscheinlichkeiten für einen Sprung nach oben und unten existieren, was genau dann gilt, falls d < r < u. Für die umgekehrte Richtung gilt, dass, wenn d < r < u, wir ein Maß P∗ ∼ P auf (Ω, F) definieren können durch P∗ ({ω}) := (p∗ )k · (1 − p∗ )T −k > 0, r−d wobei k die Anzahl der +1 in ω = (y1 , . . . , yT ) angibt und p∗ := u−d . Unter ∗ diesem so definierten P sind Y1 , . . . , YT , also auch R1 , . . . , RT , unabhängige Zufallsvariablen mit unbedingter Verteilung P∗ (Yt (ω) = yt = +1) = P∗ (Rt = u) = P∗ (Rt = u|Ft−1 ) = p∗ . P∗ ist ein äquivalentes Martingalmaß, denn für dieses Maß gilt ∗ ∗ 1 + Rt+1 E [Xt+1 |Ft ] = Xt E |Ft 1+r Xt (1 + (u · p∗ + d · (1 − p∗ ))) = 1+r Xt = (1 + r) = Xt . 1+r Im Folgenden werden stets arbitragefreie CRR-Modelle betrachtet, deren eindeutiges, äquivalentes Martingalmaß mit P∗ bezeichnet wird. Es sei angemerkt, dass dieses eindeutige Martingalmaß vollkommen unabhängig von der Wahl des Wahrscheinlichkeitsmaßes P zu Anfang ist, es muss lediglich P ∼ P∗ gelten und P muss Bedingung 3.1 erfüllen. Für die Bewertung von Contingent Claims spielt dieses P also ebenfalls keine Rolle. 3.2 Optionsbewertung und Hedging im Binomialmodell C sei ein beliebiges Contingent Claim, dessen diskontierter Wert H = schrieben werden kann als C ST0 ge- H = h(S0 , . . . , ST ) ≥ 0 für eine geeignete Funktion h. Für einen europäischen Call ist h beispielsweise + gegeben durch h : (S0 , . . . , ST ) 7→ (ST S−K) , also H = h(ST ). 0 T 3.2. OPTIONSBEWERTUNG UND HEDGING IM BINOMIALMODELL 45 Satz 3.2. Der Werteprozess Vt = E∗ [H|Ft ], t = 0, . . . , T einer replizierenden Strategie für H = h(S0 , . . . , ST ) ist von der Form Vt = vt (S0 , . . . , St ), bzw. Vt (ω) = vt (S0 , S1 (ω), . . . , St (ω)), wobei die Funktion vt gegeben ist durch S1 ST −t ∗ vt (x0 , . . . , xt ) = E h x0 , . . . , xt , xt , . . . , xt . S0 S0 Beweis. Es sei Vt der (diskontierte) Portfoliowert einer replizierenden Strategie für H, also Vt = E∗ [H|Ft ]. Mit H = h(S0 , . . . , ST ) ist Vt = E∗ [h(S0 , . . . , ST )|Ft ] = E∗ [h(S0 , . . . , St , St+1 , St+2 , . . . , ST )|Ft ] = E∗ [h(S0 , . . . , St , St (1 + Rt+1 ), St (1 + Rt+1 )(1 + Rt+2 ), . . . , St (1 + Rt+1 ) · · · (1 + RT ))|Ft ] St+1 St+2 ST ∗ = E h S0 , . . . , St , St , St , . . . , St |Ft . St St St Da jeder Quotient SSt+s unabhängig von Ft ist, hat er wegen der Unabhängigkeit t und identischen Verteilung der Rk , unter P∗ die gleiche Verteilung wie s Y Ss = (1 + Rk ), s = 1, . . . , T − t. S0 k=1 Für bedingte Erwartungswerte gilt Folgendes: Ist E ⊆ F, X unabhängig von E und Y E-messbar. Dann ist mit messbarem f ≥0 E[f (X, Y )|E] = E[f (X, y)]|y=Y . Identifizieren wir also E = Ft , X = SSt+s , s = 1 . . . , T − t, Y = Sl , l = 0, . . . , t, t so erhalten wir St+1 St+2 ST , xt , . . . , xt |x0 =S0 ,...,xt =St Vt = E∗ h x0 , . . . , xt , xt St St St S1 S2 ST −t ∗ = E h x0 , . . . , xt , xt , xt , . . . , xt |x0 =S0 ,...,xt =St . S0 S0 S0 Da V die Rekursion VT := H und Vt = E∗ [Vt+1 |Ft ], t = T − 1, . . . , 0 46 KAPITEL 3. DER REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM erfüllt, kann auch für vt eine rekursive Formel angegeben werden, nämlich vT (x0 , . . . , xT ) = h(x0 , . . . , xT ) vt (x0 , . . . , xt ) = p∗ · vt+1 (x0 , . . . , xt , xt (1 + u)) + (1 − p∗ ) · vt+1 (x0 , . . . , xt , xt (1 + d)), denn mit der Turmeigenschaft für bedingte Erwartungswerte gilt vt (x0 , . . . , xt ) = E∗ [h(x0 , . . . , xt , xt SS01 , xt SS02 , . . . , xt ST −t S0 )] ST −t−1 S0 )] S E∗ [E∗ [h(x0 , . . . , xt , xt (1+Rt+1 ), xt (1+Rt+1 ) SS10 , . . . , xt (1+Rt+1 ) T S−t−1 )]|Ft ] 0 E∗ [vt+1 (x0 , . . . , xt , xt (1 + Rt+1 ))|Ft ] p∗ · vt+1 (x0 , . . . , xt , xt (1 + u)) + (1 − p∗ ) · vt+1 (x0 , . . . , xt , xt (1 + d)). = E∗ [h(x0 , . . . , xt , xt (1 + Rt+1 ), xt (1 + Rt+1 ) SS10 , . . . , xt (1 + Rt+1 ) = = = Als nächstes soll eine explizite Formel für die Hedgingstrategie (ξ 0 , ξ) des diskontierten Claims H = h(S0 , . . . , ST ) angegeben werden. Satz 3.3. Die Hedgingstrategie (ξ 0 , ξ) für H ist gegeben durch ξt (ω) = (1 + r)t v (S , . . . , S (ω), S (ω)(1 + u)) t 0 t−1 t−1 St−1 (ω)(u − d) vt (S0 , . . . , St−1 (ω), St−1 (ω)(1 + d)) − . St−1 (ω)(u − d) Beweis. Ist (ξ 0 , ξ) eine replizierende Strategie für H, so muss für jedes ξt und ω = (y1 , . . . , yT ) gelten ξt (ω)(Xt (ω) − Xt−1 (ω)) = Vt (ω) − Vt−1 (ω). Hierbei hängen die Zufallsvariablen ξt , Xt−1 und Vt−1 nur von den ersten t − 1 Komponenten von ω ab. Für festes t definiere ω + und ω − so, dass an der t-ten Stelle von ω bekannt ist, welchen Wert yt annimmt, also ω ± := (y1 , . . . , yt−1 , ±1, yt+1 , . . . , yT ). Setzt man dieses ω + und ω − getrennt in obige Formel ein und beachtet, in welchen Zufallsvariablen die t-te Stelle von ω eine Rolle spielt, so erhält man die beiden Gleichungen 1+u − Xt−1 (ω)) = Vt (ω + ) − Vt−1 (ω), 1+r 1+d − Xt−1 (ω)) = Vt (ω − ) − Vt−1 (ω). ξt (ω)(Xt−1 (ω) 1+r ξt (ω)(Xt−1 (ω) 3.3. BEISPIEL ANHAND DES EUROPÄISCHEN CALLS 47 Die zweite Gleichung von der ersten abgezogen führt dann zu 1+u 1+d = Vt (ω + ) − Vt (ω − ) ξt (ω) Xt−1 (ω) − Xt−1 (ω) 1+r 1+r Xt−1 (ω) ⇔ ξt (ω) (u − d) = Vt (ω + ) − Vt (ω − ) 1+r Vt (ω + ) Vt (ω − ) ⇔ ξt (ω) = (1 + r) − Xt−1 (ω)(u − d) Xt−1 (ω)(u − d) v (S , . . . , S (ω), S (ω)(1 + u)) t 0 t−1 t−1 ⇔ ξt (ω) = (1 + r) Xt−1 (ω)(u − d) vt (S0 , . . . , St−1 (ω), St−1 (ω)(1 + d)) − Xt−1 (ω)(u − d) v (S , . . . , S (ω), S (ω)(1 + u)) t 0 t−1 t−1 ⇔ ξt (ω) = (1 + r)t St−1 (ω)(u − d) vt (S0 , . . . , St−1 (ω), St−1 (ω)(1 + d)) − . St−1 (ω)(u − d) Oft wird eine abkürzende Schreibweise ξt (ω) = ∆t (S0 , S1 (ω), . . . , St−1 (ω)) mit ∆t (x0 , . . . , xt−1 ) vt (x0 , . . . , xt−1 , xt−1 (1 + u)) − vt (x0 , . . . , xt−1 , xt−1 (1 + d)) := (1 + r)t xt−1 (u − d) verwendet. Hierbei kann ∆t als diskrete Ableitung“ der Funktion vt bezüglich ” der möglichen Änderungen des Wertpapiers angesehen werden. Eine solche Hedgingstrategie, die auf der Ableitung des Werteprozesses basiert, wird auch DeltaHedge genannt. Eine stetige Version hierfür findet sich in der Black-ScholesTheorie, siehe dazu im Anhang, Formeln A.3 bzw. A.4. 3.3 Beispiel anhand des europäischen Calls Bevor die Bewertungsformel und eine Hedgingstrategie für den europäischen Call angegeben werden, kann Satz 3.2 für einen Spezialfall vereinfacht werden. Satz 3.4. Falls H = h(ST ) nur vom letzten Wert von S abhängt, so hängt Vt auch nur vom aktuellen Wert St des Wertpapiers ab: Vt (ω) = vt (St (ω)). Desweiteren vereinfacht sich die Formel für vt zu einem Erwartungswert der Binomialverteilung mit Parameter p∗ T −t T − t X vt (xt ) = h xt (1 + d)T −t−k (1 + u)k (p∗ )k (1 − p∗ )T −t−k . k k=0 48 KAPITEL 3. DER REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM Beweis. Falls H = h(ST ) = VT , dann ist Vt = E∗ [VT |Ft ] = E∗ [h (ST ) |Ft ] ST −t ST ∗ ∗ |Ft = E h xt |xt =St = vt (St ). = E h St St S0 Mit der rekursiven Formel für vt ergibt sich vt (St ) = p∗ vt+1 (St (1 + u)) + (1 − p∗ )vt+1 (St (1 + d)) = p∗ p∗ vt+2 (St (1 + u)(1 + u)) + (1 − p∗ )vt+2 (St (1 + d)(1 + u)) + (1 − p∗ ) p∗ vt+2 (St (1 + d)(1 + u)) + (1 − p∗ )vt+2 (St (1 + d)(1 + d)) = (p∗ )T −t vt+(T −t) (St (1 + u)T −t ) + (T − t)(p∗ )T −t−1 (1 − p∗ )vt+(T −t) (St (1 + u)T −t−1 (1 + d)) + ... + (T − t)p∗ (1 − p∗ )T −t−t vt−(T −t) (St (1 + u)(1 + d)T −t−1 ) + (1 − p∗ )T −t vt−(T −t) (St (1 + d)T −t ) T −t X T −t = (p∗ )k (1 − p∗ )T −t−k h(St (1 + u)k (1 + d)T −t−k ). k k=0 Insbesondere ist der arbitragefreie Preis für ein H mit H = h(ST ) also π(H) = v0 (S0 ) = T X k T −k h(S0 (1 + u) (1 + d) k=0 T ) (p∗ )k (1 − p∗ )T −k . k + T −K) Für einen europäischen Call ist H call = h(ST ) = (S(1+r) und der arbitragefreie T Preis errechnet sich somit als T X (S0 (1 + u)k (1 + d)T −k − K)+ T call π(H ) = (p∗ )k (1 − p∗ )T −k (1 + r)T k k=0 T X 1 k T −k + T = (S0 (1 + u) (1 + d) − K) (p∗ )k (1 − p∗ )T −k . (1 + r)T k k=0 Genau wie die Formel zur Optionsbewertung vereinfacht sich die Formel für die Hedgingstrategie im Fall H = h(ST ) zu ξt (ω) = (1 + r)t vt (St−1 (ω)(1 + u)) − vt (St−1 (ω)(1 + d)) . St−1 (ω)(u − d) Ist h außerdem eine monoton wachsende Funktion, also zum Beispiel die Aus+ zahlungsfunktion eines europäischen Calls h(x) = (x−K) , dann ist auch (1+r)T ST −t vt (x) = E h x S0 ∗ 3.4. ALGORITHMEN 49 wachsend in x. Da u > d > −1 und St > 0 für alle t, ist St−1 (ω)(1 + u) > St−1 (ω)(1 + d) und wegen der Monotonieeignschaft von v gilt vt (St−1 (ω)(1 + u)) > vt (St−1 (ω)(1 + d)). Es folgt ξt (ω) ≥ 0, was bedeutet, dass im Fall H = h(ST ) bei der Hedgingstrategie keine Leerverkäufe des risikobehafteten Wertpapiers S auftauchen. Bemerkung 3.5. Für monoton fallendes h, zum Beispiel für den europäischen Put, gilt stets ξt (ω) ≤ 0, es werden also nur Leerverkäufe getätigt. Die Hedgingstrategie für einen europäischen Call hat, unter Verwendung von û := 1 + u, dˆ := 1 + d und p̂ := 1 − p∗ , folgende Gestalt: PT −t ˆT −t−1 ûk ) T −t (p∗ )k (p̂)T −k k=0 h(St−1 ûd t k ξt = (1 + r) St−1 (u − d) PT −t T −t−1 ˆˆ ûk ) T k−t (p∗ )k (p̂)T −k k=0 h(St−1 dd t − (1 + r) St−1 (u − d) PT −t k+1 dˆT −t−1 ) − h(S k ˆ T −t ) T −t (p∗ )k (p̂)T −k t−1 (û) (d) k=0 h(St−1 û t k = (1 + r) St−1 (u − d) PT −t (St−1 ûk+1 dˆT −t−1 −K)+ (St−1 ûk dˆT −t −K)+ T −t ∗ k T −k − ) k (p ) (p̂) k=0 ( (1+r)T (1+r)T = (1 + r)t St−1 (u − d) T −t (1 + r)t−T X = ((St−1 ûk+1 dˆT −t−1 −K)+ −(St−1 ûk dˆT −t −K)+ ) St−1 (u−d) T −t k p∗ k p̂T −k . k=0 3.4 Algorithmen zur Bestimmung des Optionspreises und einer Hedgingstrategie Mithilfe der Rekursionsformel für vt lässt sich der Optionswert einer gegebenen, diskontierten Option H bezüglich eines Wertpapiers S in wenigen Schritten berechnen. Algorithmus 3.1 ist ein Bewertungsalgorithmus für europäische Calloptionen, wobei St (j) den Wert von S zum Zeitpunkt t auf Höhe j, j = 0, . . . , t, im Baum angibt. Für die Hedgingstrategie hat man nun zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Die erste Möglichkeit ist die, die Anteile ξ des risikobehafteten Wertpapiers gemäß der Formel aus Abschnitt 3.2 zu berechnen. Zusammen mit der Formel für ξ 0 aus Bemerkung 1.19 erhält man dann die komplette Hedgingstrategie (ξ 0 , ξ) für H, wenn ein Anfangswert V0 = ξ10 · X00 + ξ1 · X0 = ξ10 + ξ1 · X0 , aus dem sich dann ξ10 berechnen lässt, vorgegeben wird. Über die Formel 0 ξt+1 = −(ξt+1 − ξt ) · Xt + ξt0 können alle Werte für ξ 0 berechnet werden. Oft wird V0 = 0 gewählt, das bedeutet, dass die komplette Anfangsinvestition ξ1 · X0 über einen Kredit von der 50 KAPITEL 3. DER REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM Eingabe: S0 ∈ R+ , T ∈ N, u > r > d ∈ R+ r−d p∗ = u−d for j = 0, . . . , T do ST (j) = S0 · (1 + u)j · (1 + d)T −j H(j) = VT (j) = (ST (j) − K)+ /(1 + r)T end for t = T − 1, . . . , 0 do for j = 0, . . . , t do Vt (j) = p∗ · Vt+1 (j + 1) + (1 − p∗ ) · Vt+1 (j) end end Ausgabe: V0 = V0 (0) ist arbitragefreier Preis einer europäischen Calloption Algorithmus 3.1: Algorithmus zur Berechnung des Optionswerts einer europäischen Calloption Bank finanziert wird. Eine zweite Möglichkeit nutzt direkt die Baumstruktur des CRR-Modells aus. Die folgende Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus diesem Baum mit der Entwicklung des risikobehafteten Wertpapiers S von Zeitpunkt t auf t + 1 und den Werten des replizierenden Portfolios zum Zeitpunkt t + 1 (vor dem Umschichten). St (1 + u) u 0 Vt+1 = ξt+1 + ξt+1 · St (1 + u)/(1 + r)t+1 St Vt St (1 + d) d 0 Vt+1 = ξt+1 + ξt+1 · St (1 + d)/(1 + r)t+1 0 ,ξ Zum Zeitpunkt t muss (ξt+1 t+1 ) so gewählt werden, dass beide Gleichungen für Vt+1 erfüllt sind, also dass in Zeitpunkt t so viele Teile des Bonds und des risikobehafteten Wertpapiers gekauft werden, dass beide Fälle abgedeckt werden. Das daraus resultierende Gleichungssystem 0 u u ξt+1 + ξt+1 · Xt+1 = Vt+1 0 d d + ξt+1 · Xt+1 = Vt+1 ξt+1 0 ,ξ ist eindeutig lösbar nach (ξt+1 t+1 ). Es ist u d u d ξt+1 · (Xt+1 − Xt+1 ) = Vt+1 − Vt+1 ⇔ ξt+1 = und somit 0 u ξt+1 = Vt+1 − u −Vd Vt+1 t+1 u − Xd Xt+1 t+1 u −Vd Vt+1 t+1 u · Xt+1 . u − Xd Xt+1 t+1 3.4. ALGORITHMEN 51 Eingabe: S0 ∈ R+ , T ∈ N, u > r > d ∈ R+ for t = 0, . . . , T do for j = 0 . . . , t do St (j) = S0 · (1 + u)j · (1 + d)t−j end end for j = 0, . . . , T do H(j) = VT (j) = (ST (j) − K)+ /(1 + r)T end for t = T − 1, . . . , 0 do for j = 0, . . . , t do ξt+1 (j) = (Vt+1 (j + 1) − Vt+1 (j))(1 + r)t+1 /(St+1 (j + 1) − St+1 (j)) 0 (j) = V t+1 ξt+1 t+1 (j + 1) − ξt+1 (j) · St+1 (j + 1)/(1 + r) 0 t Vt (j) = ξt+1 (j) + ξt+1 (j) · St (j)/(1 + r) end end Ausgabe: (ξ 0 , ξ) ist Hedgingstrategie und V0 = V0 (0) arbitragefreier Preis einer europäischen Calloption Algorithmus 3.2: Algorithmus zur Berechnung einer Hedgingstrategie für europäische Calloptionen, wobei zusätzlich der Optionspreis mitberechnet wird. Auf diese Weise lässt sich dann Vt als 0 Vt = ξt+1 + ξt+1 · Xt berechnen, was bedeutet, dass der Optionswert mit dieser Methode der Hedgingstrategieberechnung gleich mitgeliefert wird. Es ist dann nicht notwendig, das äquivalente Martingalmaß P∗ zu berechnen, wobei die Optionswertberechnung mit obigem Algorithmus natürlich als Kontrolle dienen kann. Ein Verfahren für die Berechnung der Hedgingstrategie mit gleichzeitiger Ausgabe des Optionswerts ist in Algorithmus 3.2 dargestellt. 52 KAPITEL 3. DER REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM Kapitel 4 Einführung des nicht-rekombinierbaren Binomialbaums Der rekombinierbare Binomialbaum ist ein Spezialfall eines (allgemeinen) Binomialbaums, der dadurch gekennzeichnet ist, dass jeder Knoten zwei Nachfolgeknoten besitzt, wie in der nachfolgenden Grafik dargestellt. Da wir im Folgenden den allgemeinen Fall eines Binomialbaums betrachten wollen, werden wir ihn explizit als nicht-rekombinierbaren Binomialbaum bezeichnen. Der Baum in unten stehender Abbildung ist nicht-rekombinierend, wenn x 6= y. Im Gegensatz zum rekombinierbaren Binomialbaum, der t + 1 verschiedene Werte zum Zeitpunkt t aufweist, kann man im nicht-rekombinierbaren Binomialbaum in t bis zu 2t verschiedene Werte bekommen. Man erhält genau dann 2t verschiedene Werte, wenn keine zwei Knoten im Baum aufeinandertreffen. Grundsätzlich sei dies aber erlaubt, sofern der Spezialfall des rekombinierbaren Binomialbaums, der im vorigen Kapitel bereits behandelt wurde, nicht eintritt. w x y z Es gebe in diesem Modell ebenfalls wieder einen Bond, S 0 , sowie eine risikobehaftete Anleihe S 1 = S, wobei deren Ertrag R nun nicht mehr periodenunabhängig nur die zwei Werte u und d annehmen muss. 4.1 Diskrete, feste Dividendenzahlungen Lässt man diskrete, feste Dividendenzahlungen wie in Abschnitt 1.4 im rekombinierbaren Binomialmodell zu, so verändert sich der Baum mit periodenun53 54 KAPITEL 4. DER NICHT-REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM abhängigen Parametern u und d S0 (1 + u)2 S0 (1 + u) S0 (1 + u)(1 + d) S0 S0 (1 + d) S0 (1 + d)2 zu einem Baum von folgender Gestalt: S0 (1 + u) (S0 (1 + u) − D1 )(1 + u) = S0 (1 + u)2 − D1 (1 + u) S0 (1 + u) − D1 S0 S0 (1 + d) (S0 (1 + u) − D1 )(1 + d) = S0 (1 + u)(1 + d) − D1 (1 + d) (S0 (1 + d) − D1 )(1 + u) = S0 (1 + u)(1 + d) − D1 (1 + u) S0 (1 + d) − D1 (S0 (1 + d) − D1 )(1 + d) = S0 (1 + d)2 − D1 (1 + d) Es handelt sich hierbei um einen nicht-rekombinierbaren Binomialbaum, da zu jedem Zeitpunkt, in dem eine Dividende ausgeschüttet wird, die Äste im nächsten Zeitschritt nicht mehr aufeinandertreffen. Im Falle eines Modells mit Dividendenzahlungen lässt sich die Rekombinierbarkeit aber wiederherstellen, sodass die im vorigen Kapitel vorgestellten Methoden im CRR-Modell zur Optionsbewertung wieder anwendbar sind. Eine Möglichkeit dieser Wiederherstellung nimmt statt Dividendenzahlungen zu den diskreten Zeitpunkten {td1 , . . . , tdn } ⊆ {1, . . . , T − 1} eine stetige Dividendenrendite an. Diese Vorgehensweise wird hier allerdings, da wir weiterhin diskrete Zeitpunkte und die daraus resultierende Baumstruktur betrachten wollen, nicht ausgeführt. Eine Durchführung findet sich beispielsweise in [21]. Eine weitere Möglichkeit ist die, einen bereinigten Verlauf Ŝ des Wertpapiers zu betrachten (das sogenannte escrowed dividend model, in [12],[21]). Hierbei wird das Wertpapier S zum Zeitpunkt t um alle Dividendenzahlungen, die nach t stattfinden, vermindert. Es ist Ŝt := St − X t≤tdi Di . (1 + r)tdi −t (4.1) Dieses Ŝ kann als risikobehaftete Komponente des Wertpapiers S angesehen werden, von dem die deterministische Komponente, die Summe der diskontierten Dividenden, abgezogen wurde. Es gilt Ŝt = St falls ∀i t > tdi . 4.1. DISKRETE, FESTE DIVIDENDENZAHLUNGEN 55 Um dieses Ŝ in einem rekombinierbaren Binomialbaum zu modellieren, werden die Knoten über die Formel Ŝ0 (1 + u)j (1 + d)t−j , j = 0, . . . , t aufgebaut. Der daraus resultierende Baum entspricht nicht ganz den Werten von Ŝt , t > 0, aus Formel (4.1), jedoch lassen sich auf ihn alle Ergebnisse aus Kapitel 3 anwenden, da er rekombinierbar ist, und er berücksichtigt in gewissem Maße die Dividendenzahlungen. Wie das nächste Zahlenbeispiel zeigt, äußern sich die bei dieser Methode entstehenden Fehler in einer geringeren Volatilität als ursprünglich, was bedeutet, dass sowohl europäische Call- als auch europäische Putoptionen unterbewertet werden. Beispiel 4.1. Es sei S0 = 100, u = 0, 25 und d = −0, 1. Der Zinssatz sei r = 0, 1, weshalb d < r < u und das Modell somit arbitragefrei ist. Wir betrachten drei Zeitpunkte t = 0, 1, 2, wobei in Zeitpunkt t = 1 eine Dividende D1 in Höhe von 5 gezahlt wird. Ohne Dividendenzahlung hätte der Baum folgende Gestalt: 156,25 125 112,5 100 90 81 Mit Dividendenzahlungen ist der Verlauf von S dargestellt in einem korrekten, nicht-rekombinierbaren Binomialbaum: 150 120 100 108 106,25 85 76,5 Die Werte, die S zum Zeitpunkt t = T = 2 annimmt, liegen also im Intervall [76, 5; 150]. Die Entwicklung des bereinigten Wertpapiers Ŝ über Formel (4.1) ist im nächsten, approximativen Baum (mit gerundeten Werten) abzulesen: 156,25 120 112,5 95,45 85 81 56 KAPITEL 4. DER NICHT-REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM Mit Startwert Ŝ0 = 95, 45 entwickelt sich folgender rekombinierbare Binomialbaum, der unter Berücksichtigung der Dividendenzahlung in t = 1 den Verlauf von S im nicht-rekombinierbaren Binomialbaum annähert: 149, 15 119, 32 107,39 95,45 85,91 77,32 Die Werte zum Zeitpunkt t = T = 2 liegen hier im Intervall [77, 32; 149, 15] ⊂ [76, 5; 150], was die geringere Volatilität andeutet. Tatsächlich kann dies auch bewiesen werden, siehe zum Beispiel [6]. Da die Fehler für eine längere Laufzeit, für mehr Dividendentermine sowie für Ausschüttungszeitpunkte näher bei T größer werden, ist die eben beschriebene Methode nur bedingt einsetzbar. Dasselbe Problem erhält man übrigens auch, wenn man Dividendenraten im Black-Scholes-Modell (siehe Anhang ab Seite 122) berücksichtigt, wie beispielsweise in [19] beschrieben. Wir wollen uns im Folgenden mit nicht-rekombinierbaren Binomialbäumen befassen, ohne diese auf rekombinierbare Bäume zurückzuführen. Im nicht-rekombinierbaren Binomialmodell können außerdem, wie in [9] nachzulesen, Transaktionskosten mit aufgenommen werden. 4.2 Aufbau eines nicht rekombinierbaren Binomialbaums Zur Beschreibung eines nicht-rekombinierbaren Binomialbaums wird jeder Knoten einzeln bezeichnet mit S(t, j), wobei t wie bisher die Zeit angibt, t = 0, . . . , T und j die Höhe des Knotens im Baum zum entsprechenden Zeitpunkt markiert, j = 0, . . . , 2t −1. Der Wert des zugrundliegenden Wertpapiers zur Zeit t auf Höhe j ist S(t, j). Anhand von t und j lässt sich nachvollziehen, welchen Pfad das Wertpapier bisher, also bis zum Zeitpunkt t, durch den Baum zurückgelegt hat. Ein Baum mit vier Perioden, was fünf Zeitpunkten entspricht, also t = 0, . . . , 4, hat mit diesen Bezeichnungen für das Wertpapier S eine Gestalt wie in Abbildung 4.1 skizziert. Jeder solche Baum setzt sich aus Knotentripeln zusammen, d. h. einem Knoten (ausgenommen Blattknoten) und seinen beiden Nachfolgerknoten. p(t, j) S(t + 1, 2j + 1) S(t, j) 1 − p(t, j) S(t + 1, 2j) 4.2. AUFBAU 57 S(3, 7) S(2, 3) S(3, 6) S(1, 1) S(3, 5) S(2, 2) S(3, 4) S(0,0) S(3, 3) S(2, 1) S(3, 2) S(1, 0) S(3, 1) S(2, 0) S(3, 0) S(4, 15) S(4, 14) S(4, 13) S(4, 12) S(4, 11) S(4, 10) S(4, 9) S(4, 8) S(4, 7) S(4, 6) S(4, 5) S(4, 4) S(4, 3) S(4, 2) S(4, 1) S(4, 0) t 0 1 2 3 4 Abbildung 4.1: Schematische Darstellung eines nicht-rekombinierbaren Binomialbaums mit vier Perioden (fünf Zeitpunkten). Eine Überkreuzung der Pfade ist wahrscheinlich, würde aber die Übersichtlichkeit mindern. p(t, j) ist die Wahrscheinlichkeit, mit der S(t, j) in der folgenden Periode steigt, 1 − p(t, j) die Wahrscheinlichkeit, dass S(t, j) fällt. Die Faktoren, mit denen S(t, j) steigt bzw. fällt werden mit 1 + u(t, j) und 1 + d(t, j) bezeichnet. Diese Faktoren können sowohl von der Zeit, als auch von der Höhe im Baum abhängen, weshalb hier die Rekombinierbarkeit verloren geht. Wieder dargestellt anhand eines Knotentripels lässt sich die Entwicklung des Baumes nachvollziehen: p(t, j) S(t + 1, 2j + 1) = S(t, j) · (1 + u(t, j)) S(t, j) 1 − p(t, j) S(t + 1, 2j) = S(t, j) · (1 + d(t, j)) Der risikoneutrale Zinsfaktor 1 + r wird, wie auch im CRR-Modell, als konstant über die Zeit angenommen. Um Arbitragefreiheit im nicht-rekombinierbaren Binomialmodell zu gewährleisten, muss im Prinzip die gleiche Bedingung wie im CRR-Modell erfüllt sein. Diese lautete: d<r<u und führte zu folgendem risikoneutralen Maß: P∗ (Rt = u) = p∗ := r−d , t = 1, . . . , T. u−d 58 KAPITEL 4. DER NICHT-REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM In Abhängigkeit von Zeit und Position im Baum ändert sich diese Bedingung für das nicht-rekombinierbare Modell und für alle t und j zu S(t, j)(1 + d(t, j)) < S(t, j)(1 + r) < S(t, j)(1 + u(t, j)) bzw. zu S(t + 1, 2j) < S(t, j)(1 + r) < S(t + 1, 2j + 1). Es muss also gelten d(t, j) < r < u(t, j) ∀t = 0, . . . , T − 1, j = 0, . . . , 2t − 1 bzw. max d(t, j) < r < min u(t, j). t,j t,j Da ein Knotentripel als einperiodiger, rekombinierbarer Binomialbaum aufgefasst werden kann, ist die Gültigkeit obiger Formeln für Arbitragefreiheit in den einzelnen Perioden klar. Außerdem ist ein Mehrperiodenmodell arbitragefrei, wenn jede einzelne Periode arbitragefrei ist, was mit obigen Formeln der Fall ist. Somit lässt sich das eindeutige, risikoneutrale Maß, also das Martingalmaß P∗ , errechnen über r − d(t, j) p∗ (t, j) = u(t, j) − d(t, j) bzw. in Abhängigkeit vom Wertpapier S an der Stelle (t, j) ausgedrückt p∗ (t, j) = S(t, j)(1 + r) − S(t + 1, 2j) , t = 0, . . . , T − 1, j = 0, . . . , 2t − 1. S(t + 1, 2j + 1) − S(t + 1, 2j) Beispiele für nicht-rekombinierbare Binomialbäume sind die Abbildungen 4.2 und 4.3. 4.3 Anwendungsbeispiele des nicht-rekombinierbaren Binomialbaums Während im CRR-Modell, dem rekombinierbaren Binomialbaum, nur sehr wenige Parameter vorgegeben werden müssen, nämlich S0 , u und d, um den Baum zu erzeugen, sind das im nicht-rekombinierbaren Modell je nach Anzahl der PePT t rioden weitaus mehr, inklusive S0 bis zu t=0 2 = 2T +1 −1. Es stellt sich hierbei die Frage, ob diese übermäßige Vorgabe an Parametern vom größeren Handlungsspielraum, der dem Wertpapier zugestanden wird, gerechtfertigt wird, vor allem, ob eine solch genaue Parametrisierung überhaupt sinnvoll und möglich ist. 4.3.1 Diskrete Dividendenzahlungen und Algorithmen Betrachten wir zunächst wieder das Binomialmodell mit diskreten, betragsmäßig festen Dividendenzahlungen, so lassen sich die neuen Up- und Down-Faktoren u(t, j) und d(t, j) aus denen im rekombinierbaren Binomialbaum und der Höhe der Dividenden berechnen. Zur Illustration soll wieder ein kurzes Beispiel dienen. 59 100 50 0 Kurs S 150 4.3. ANWENDUNGSBEISPIELE 0 1 2 3 4 Zeit/Periode Abbildung 4.2: Ein Beispiel für einen 4-periodigen nichtrekombinierbaren Binomialbaum, bei dem das exponentielle Wachstum der Knoten zu den verschiedenen Zeitpunkten deutlich erkennbar ist. Für den Baum wurde S0 = 100 gesetzt und die Up- und Downfaktoren anhand des λ-Modells aus dem nächsten Kapitel erzeugt. Das R-Programm für die Grafik√ findet sich im Anhang auf Seite 133. Weitere Parameter: ∆t 1 λ = ln( T1 |r−δ| σ(0) ) + 2 , σ(0) = 0, 03, ∆t = 0, 5, r = 0, 1 und δ = 0, 2. δ ist eine stetige Dividendenrate. KAPITEL 4. DER NICHT-REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM 0 200 400 Kurs S 600 800 1000 60 0 2 4 6 8 Zeit/Periode Abbildung 4.3: Dieser Baum hat n = 8 Perioden, ansonsten ist die Parameterwahl die gleiche wie in Abbildung 4.2. Die Anzahl der möglichen Endwerte ist deutlich höher als die im rekombineirbaren Binomialbaum. 4.3. ANWENDUNGSBEISPIELE 61 Beispiel 4.2. Wir befinden uns in einem zweiperiodigen Markt, in dem sich das Wertpapier S anhand eines Binomialmodells mit den Faktoren 1 + u und 1 + d entwickelt. Zum Zeitpunkt t = 1 wird eine Dividende in Höhe von D1 gezahlt. Das Wertpapier entwickelt sich, ausgehend von S0 in t = 0, also folgendermaßen, wobei in t = 1 die Dividende schon ausbezahlt wurde: (S0 (1 + u) − D1 )(1 + u) = S0 (1 + u)2 − D1 (1 + u) S0 (1 + u) − D1 (S0 (1 + u) − D1 )(1 + d) = S0 (1 + u)(1 + d) − D1 (1 + d) (S0 (1 + d) − D1 )(1 + u) = S0 (1 + d)(1 + u) − D1 (1 + u) S0 S0 (1 + d) − D1 (S0 (1 + d) − D1 )(1 + d) = S0 (1 + d)2 − D1 (1 + d) In der Schreibweise für nicht-rekombinierbare Binomialbäume ist S0 = S(0, 0). Außerdem ist hier u(1, j) = u und d(1, j) = d für j = 0, 1. Die Faktoren u(0, 0) und d(0, 0) müssen noch bestimmt werden. Es gilt S(1, 1) = S(0, 0)(1 + u(0, 0)) = S(0, 0)(1 + u) − D1 und S(1, 0) = S(0, 0)(1 + d(0, 0)) = S(0, 0)(1 + d) − D1 , woraus folgt, dass u(0, 0) = S(0, 0)(1 + u) − D1 − S(0, 0) D1 =u− S(0, 0) S(0, 0) d(0, 0) = S(0, 0)(1 + d) − D1 − S(0, 0) D1 =d− . S(0, 0) S(0, 0) und Dieses Modell ist außerdem arbitragefrei, wenn −1 < d < r < u − D1 D1 , da > 0. S(0, 0) S(0, 0) Mit den auf diese Weise generierten Werten für u(t, j) und d(t, j) lassen sich auch für Optionen, die als Basis Wertpapiere mit Dividendenzahlungen haben, die arbitragefreien Preise und Hedgingstrategien bestimmen. Folgende Algorithmen (Algorithmus 4.4 und 4.5) sind Abwandlungen der Algorithmen zur Optionspreis- und Hedgingstrategiebestimmung aus Abschnitt 3.4 für nichtrekombierbare Binomialbäume. Die Algorithmen gelten hier wieder für europäische Calloptionen. Der Ausdruck ∀t, j in der Eingabe meint hierbei ∀t = 0, . . . , T − 1, j = 0, . . . , 2t − 1. Beispiel 4.3. Um einen besseren Eindruck von der Entwicklungsstruktur eines Wertpapiers mit Dividendenzahlungen zu bekommen, wollen wir Beispiel 4.2 auf mehrere Perioden ausweiten. Um die Notation kurz zu halten, definieren wir û := 1 + u, dˆ := 1 + d und mit Dt sei eine Dividendenzahlung im Zeitpunkt t gemeint. Der Baum aus Beispiel 4.2, erweitert um eine Periode, hat die Gestalt 62 KAPITEL 4. DER NICHT-REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM Eingabe: S(0, 0) ∈ R+ ; T ∈ N; u(t, j), d(t, j) ∈ R+ ∀t, j; max d(t, j) < r < min u(t, j) ∀t, j for t = 0, . . . , T − 1 do for j = 0, . . . , 2t − 1 do r−d(t,j) p∗ (t, j) = u(t,j)−d(t,j) end end for t = 1, . . . , T do for j = 0, . . . , 2t − 1 do if j gerade then S(t, j) = S(t − 1, 2j ) · (1 + d(t − 1, 2j )) else j−1 S(t, j) = S(t − 1, j−1 2 ) · (1 + u(t − 1, 2 )) end end end for j = 0, . . . , 2T − 1 do V (T, j) = (S(T, j) − K)+ /(1 + r)T end for t = T − 1, . . . , 0 do for j = 0, . . . , 2t − 1 do V (t, j) = p∗ (t, j) · V (t + 1, 2j + 1) + (1 − p∗ (t, j)) · V (t + 1, 2j) end end Ausgabe: V (0, 0) ist arbitragefreier Preis einer europäischen Calloption Algorithmus 4.4: Es wird der Optionswert für eine europäische Calloption analog zu Algorithmus 3.1 berechnet. Alles innerhalb der ersten Schleife dient dazu, den Wert jedes Knoten im Baum zu berechnen. Die zweite Schleife berechnet dann den Wert der europäischen Calloption zum Auszahlungszeitpunkt T . Über die Rekursionsformel wird anschließend der Optionspreis in der Zeit rückwärts bis zum Zeitpunkt t = 0 (und somit auch j = 0) ausgerechnet. 4.3. ANWENDUNGSBEISPIELE 63 Eingabe: S(0, 0) ∈ R+ ; T ∈ N; u(t, j), d(t, j) ∈ R+ ∀t, j; max d(t, j) < r < min u(t, j) ∀t, j for t = 1, . . . , T do for j = 0, . . . , 2t − 1 do if j gerade then S(t, j) = S(t − 1, 2j ) · (1 + d(t − 1, 2j )) else j−1 S(t, j) = S(t − 1, j−1 2 ) · (1 + u(t − 1, 2 )) end end end for j = 0, . . . , 2T − 1 do V (T, j) = (S(T, j) − K)+ /(1 + r)T end for t = T − 1, . . . , 0 do for j = 0, . . . , 2t − 1 do ξ(t + 1, 2j) = (V (t+1, 2j+1)−V (t+1, 2j))(1+r)t+1 /(S(t+1, 2j+1)−S(t+1, 2j)) ξ 0 (t + 1, 2j) = V (t + 1, 2j + 1) − ξ(t + 1, j) · S(t + 1, 2j + 1)/(1 + r)t+1 V (t, j) = ξ 0 (t + 1, j) + ξ(t + 1, j) · S(t, j)/(1 + r)t end end Ausgabe: (ξ 0 , ξ) ist Hedgingstrategie und V (0, 0) arbitragefreier Preis einer europäischen Calloption Algorithmus 4.5: Es wird eine Hedgingstrategie für eine europäische Calloption im nicht-rekombinierbaren Binomialbaum berechnet, sowie der Wert des replizierenden Portfolios, der zusätzlich den arbitragefreien Preis angibt. Zu Beginn wird S in allen Knoten bestimmt, um den Optionspreis zur Zeit T zu bekommen. Es wird dann die Hedgingstrategie berechnet, wobei ξ den Anteil des risikobehafteten Wertpapiers und ξ 0 den Anteil am Bond bezeichne. 64 KAPITEL 4. DER NICHT-REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM S0 û3 − D1 û2 S0 û2 − D1 û S0 û2 dˆ − D1 ûdˆ S0 û − D1 S0 ûdˆ − D1 dˆ S0 ûdˆ2 − D1 dˆ2 ˆ 2 − D1 û2 S0 dû S0 ˆ − D1 û S0 dû S0 dˆ − D1 ˆ S0 dˆ2 û − D1 dû S0 dˆ2 − D1 dˆ S0 dˆ3 − D1 dˆ2 Man kann erkennen, dass sich ab t = 1, dem einzigen Zeitpunkt, an dem eine Dividende gezahlt wurde, rekombinierbare Binomialbäume entwickeln mit Startwerten S0 û − D1 und S0 dˆ − D1 . Für den Fall, dass ein Wertpapier mit nur sporadisch auftretenden Dividendenzahlungen untersucht werden soll, ist es auch vorstellbar, den Entwicklungsbaum dieses Wertpapiers zu zerlegen und die auftretenden rekombinierbaren Teilbäume einzeln mit den Methoden aus Kapitel 3 zu behandeln. Für unser Beispiel hier wären drei rekombinierbare Teilbäume zu betrachten: Teilbaum T B u mit Startwert S0 û − D1 , Teilbaum T B d mit Startwert S0 dˆ− D1 , sowie der (einperiodige) rekombinierbare Binomialbaum (Ergebnis T B u ) S0 (Ergebnis T B d ) Mit (Ergebnis T B j ), j = u, d, ist gemeint, dass für den Optionswert zum Endzeitpunkt, in diesem einperiodigen Baum also T = 1, jeweils der arbitragefreie Preis der vorher untersuchten Teilbäume T B u und T B d eingesetzt werden muss. Als Optionswerte zum Endzeitpunkt gehen in T B u und T B d die echten“ End” werte entsprechend ihrer Baumzugehörigkeit, die in der Grafik ablesbar ist, ein. Fällt in t = 2 ebenfalls eine Dividendenzahlung an, so formiert sich der Entwicklungsbaum von S um zu 4.3. ANWENDUNGSBEISPIELE 65 S0 û3 − D1 û2 − D2 û S0 û2 − D1 û − D2 S0 û − D1 S0 û2 dˆ − D1 ûdˆ − D2 dˆ S0 û2 dˆ − D1 ûdˆ − D2 û S0 ûdˆ − D1 dˆ − D2 S0 ûdˆ2 − D1 dˆ2 − D2 dˆ ˆ 2 − D1 û2 − D2 û S0 dû S0 S0 dˆ − D1 ˆ − D1 û − D2 S0 dû S0 ûdˆ2 − D1 ûdˆ − D2 dˆ ˆ − D1 û S0 dˆ2 û − D1 dû S0 dˆ2 − D1 dˆ − D2 S0 dˆ3 − D1 dˆ2 − D2 dˆ 4.3.2 Programmierbeispiel Es soll ein kurzes Beispiel für die Umsetzung der beiden Algorithmen im vorigen Abschnitt gegeben werden. Programmiert wurde in R. Die u(i, j) und d(i, j) wurden anhand des Modells aus Abschnitt 5.1 gebildet. Da in R stets ab 1 beginnend indiziert wird, ergibt sich, wie in allen Programmen in dieser Arbeit, eine nicht zu vermeidende Indexverschiebung in den Programmen. Der Punkt (0, 0) entspricht im Programm dem Punkt [1,1]. Erklärungen zum Programm wurden soweit möglich als Kommentar ins Programm eingebunden. Quellcode 1 (Optionspreisberechnung und Berechnung einer Hedgingstrategie): n <- 4 Deltat <- 0.5 T <- n * Deltat r <- 0.1 delta <- 0.2 S0 <- 100 B0 <- 100 # # Waehle ein sigma0 und lambda , initialisiere sigma , u , d sigma0 <- 0.3 sigma <- rep (0 , n ) lambda <- log ( abs (r - delta ) * sqrt ( Deltat ) / sigma0 ) / T lambda <- lambda + 0.75 u <- rep (0 , n ) d <- rep (0 , n ) # # Berechne sigma , u , d for ( i in 1: n ) { sigma [ i ] <- sigma0 * exp ( lambda * (i -1) * Deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 d [ i ] <- 1 / (1+ u [ i ]) -1 66 KAPITEL 4. DER NICHT-REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM } # # Berechne den Baum als Matrix S <- matrix (0 ,2^ n , n +1) S [1 ,1]= S0 for ( i in 1: n ) { for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [j , i +1] <- (1+ d [ i ]) * S [ j / 2 , i ] } else { S [j , i +1] <- (1+ u [ i ]) * S [( j +1) / 2 , i ] } } } # # Entwicklung des Bonds B <- rep ( B0 , n +1) for ( i in 2:( n +1)) { B [ i ]= B0 * exp ( r * (i -1) * Deltat ) } # # initialisiere Optionswert C <- matrix (0 ,2^ n , n +1) K <- 90 # # lege Optionstyp fest (0 fuer Call , 1 fuer Put ) Option <- 1 # # Optionswert zum Zeitpunkt T , abhaengig vom Typ for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Option == 0) { C [j , n +1] <- max ( S [j , n +1] - K ,0) } else { C [j , n +1] <- max (K - S [j , n +1] ,0) } } # # initialisiere Matrizen fuer Anteile an Bond und Aktie xi0 <- matrix (0 ,2^( n -1) , n ) xi1 <- matrix (0 ,2^( n -1) , n ) # # mit S e l b s t f i n a n z i e r t h e i t : C = xi0 * B + xi1 * S for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { H <- solve ( matrix ( c ( S [2 *j -1 , i +1] , S [2 *j , i +1] , B [ i +1] , B [ i +1]) , nrow =2 , ncol =2) , c ( C [2 *j -1 , i +1] , C [2 *j , i +1])) xi0 [j , i ] <- H [2] xi1 [j , i ] <- H [1] C [j , i ] <- xi0 [j , i ] * B [ i ]+ xi1 [j , i ] * S [j , i ] } } # # Der faire Preis # # Haette man auch leichter ueber die risikoneutrale 4.3. ANWENDUNGSBEISPIELE # # Bewertung berechnen koennen , # # doch so sieht man das Vorgehen beim Hedgen # # Risikoneutrale U e b e r g a n g s w a h r s c h e i n l i c h k e i t p <- rep (0 , n ) for ( i in 1: n ) { p [ i ] <( exp (( r - delta ) * Deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) } # # Zufaellige Abfolge von Nullen und Einsen mit # # Wa hr sc he in li ch ke it p erlauben eine # # Bestimmung der j - Werte ( also der Hoehe ) im Baum # # und erzeugen so einen zufaelligen Pfad durch den Baum Z <- rep (1 , n +1) for ( i in 1: n ) { if ( rbinom (1 ,1 , p [ i ])==1) { Z [ i +1] <- 2 * Z [ i ] -1 } else { Z [ i +1] <- 2 * Z [ i ] } } ## ## PS PC PB Initialisierung der Pfade ( Vektoren ) , die gezeichnet werden <- rep (0 , n +1) <- rep (0 , n +1) <- B # # Zusammensetzen der Pfade aus Hoehe ( aus Z ) und Zeit for ( i in 1:( n +1)) { PS [ i ] <- S [ Z [ i ] , i ] PC [ i ] <- C [ Z [ i ] , i ] } # # Plot fuer einen Verlauf des Wertpapiers plot (0: n , PS , type = " l " , ylim = c (0 , max ( S )) , xlab = " Zeit " , ylab = " Kurs " ) # # Einfuegen beliebig vieler , weiterer Pfade # # in den Baum ( auf Zufallsbasis ) for ( k in 1:10) { Z <- rep (1 , n +1) for ( i in 1: n ) { if ( rbinom (1 ,1 , p [ i ])==1) { Z [ i +1] <- 2 * Z [ i ] -1 } else { Z [ i +1] <- 2 * Z [ i ] } } for ( i in 1:( n +1)) { PS [ i ] <- S [ Z [ i ] , i ] 67 68 KAPITEL 4. DER NICHT-REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM PC [ i ] <- C [ Z [ i ] , i ] } lines (0: n , PS ) } # # Plot der drei Positionen # # ( Kurs ( solid ) , Optionswert ( dashed ) , Bond ( dotted )) # plot (0: n , PS , type =" l " , # ylim = c (0 , max ( c ( max ( PS ) , max ( PC ) , max ( PB )))) , # xlab =" Zeit " , # ylab =" Kurs ( solid ) , Option ( dashed ) , Bond ( dotted )") # lines (0: n , PC , lty =2) # lines (0: n , PB , lty =3) Einige Ausgaben aus dem Programm sollen dem Leser nicht vorenthalten werden. Für eine Parameterwahl wie in obigem Programm, in dem die Art der Option als Put festgelegt wurde, erhält man folgende Ausgaben in Matrixform, wobei die Wurzel der Bäume bei [1,1], also links oben ist. Die Baumstruktur von S lässt sich in der Matrixschreibweise gut erahnen. > S [1 ,] [2 ,] [3 ,] [4 ,] [5 ,] [6 ,] [7 ,] [8 ,] [9 ,] [10 ,] [11 ,] [12 ,] [13 ,] [14 ,] [15 ,] [16 ,] [ ,1] [ ,2] [ ,3] [ ,4] [ ,5] 100 123.63111 153.29455 190.64014 237.79815 0 80.88579 99.70773 123.26480 152.83409 0 0.00000 100.29313 123.99851 153.75640 0 0.00000 65.23389 80.17541 98.82002 0 0.00000 0.00000 124.72652 154.67161 0 0.00000 0.00000 80.64613 99.40823 0 0.00000 0.00000 81.12616 100.00813 0 0.00000 0.00000 52.45485 64.27574 0 0.00000 0.00000 0.00000 155.57970 0 0.00000 0.00000 0.00000 99.99187 0 0.00000 0.00000 0.00000 100.59529 0 0.00000 0.00000 0.00000 64.65311 0 0.00000 0.00000 0.00000 101.19407 0 0.00000 0.00000 0.00000 65.03794 0 0.00000 0.00000 0.00000 65.43043 0 0.00000 0.00000 0.00000 42.05247 > C [1 ,] [2 ,] [3 ,] [4 ,] [5 ,] [6 ,] [7 ,] [8 ,] [9 ,] [10 ,] [11 ,] [ ,1] [ ,2] [ ,3] [ ,4] [ ,5] 5.284058 1.85575 0.000000 0.00000 0.00000 0.000000 10.40118 4.482036 0.00000 0.00000 0.000000 0.00000 4.416286 0.00000 0.00000 0.000000 0.00000 19.391303 10.76651 0.00000 0.000000 0.00000 0.000000 0.00000 0.00000 0.000000 0.00000 0.000000 10.60857 0.00000 0.000000 0.00000 0.000000 10.44750 0.00000 0.000000 0.00000 0.000000 33.15580 25.72426 0.000000 0.00000 0.000000 0.00000 0.00000 0.000000 0.00000 0.000000 0.00000 0.00000 0.000000 0.00000 0.000000 0.00000 0.00000 4.3. ANWENDUNGSBEISPIELE [12 ,] [13 ,] [14 ,] [15 ,] [16 ,] 0.000000 0.000000 0.000000 0.000000 0.000000 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 69 0.000000 0.000000 0.000000 0.000000 0.000000 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 25.34689 0.00000 24.96206 24.56957 47.94753 [ ,3] 0.0000000 0.2622070 0.2583604 0.6429589 0.0000000 0.0000000 0.0000000 0.0000000 [ ,4] 0.0000000 0.0000000 0.0000000 0.5894639 0.0000000 0.5808166 0.5719982 0.7368577 > xi0 [1 ,] [2 ,] [3 ,] [4 ,] [5 ,] [6 ,] [7 ,] [8 ,] [ ,1] 0.2527556 0.0000000 0.0000000 0.0000000 0.0000000 0.0000000 0.0000000 0.0000000 [ ,2] 0.1160151 0.4275806 0.0000000 0.0000000 0.0000000 0.0000000 0.0000000 0.0000000 > xi1 [ ,1] [ ,2] [ ,3] [ ,4] [1 ,] -0.199915 -0.08364065 0.0000000 0.0000000 [2 ,] 0.000000 -0.42713475 -0.2456812 0.0000000 [3 ,] 0.000000 0.00000000 -0.2406641 0.0000000 [4 ,] 0.000000 0.00000000 -0.7920215 -0.7199143 [5 ,] 0.000000 0.00000000 0.0000000 0.0000000 [6 ,] 0.000000 0.00000000 0.0000000 -0.7052129 [7 ,] 0.000000 0.00000000 0.0000000 -0.6903963 [8 ,] 0.000000 0.00000000 0.0000000 -1.0000000 Ein zufälliger Pfad aus diesem S und die Entwicklung des entsprechenden Optionspreises (einer Putoption), ausgerechnet über die Hedgingstrategie (ξ 0 , ξ), ist in Abbildung 4.6 aufgezeichnet. Zur besseren Orientierung ist der Bond ebenfalls aufgetragen. Wie in Bemerkung 3.5 erwähnt, werden nur Leerverkäufe bzw. gar keine Käufe des risikobehafteten Wertpapiers beim Hedgen einer europäischen Putoption getätigt. Werden in einem 12-periodigen Baum die Übergangswahrscheinlichkeiten risikoneutral gewählt, so ergeben 20 aus dem Baum zufällig gezogene Pfade beispielsweise ein Bild wie in Abbildung 4.7. 4.3.3 Szenario-Bäume Ein anderer Ansatz, Bäume zu betrachten, soll in diesem Unterabschnitt der Übersicht halber kurz vorgestellt, aber nicht genauer behandelt werden. Für die exakten Verfahren kann in den unten genannten Artikeln nachgeschlagen werden. Um Preise für europäische Optionen zu erhalten, muss man eigentlich nur die Verteilung des Wertpapiers zum Fälligkeitszeitpunkt T sowie die initialen Parameter kennen, da europäische Optionen nur zu einem Zeitpunkt ausgeübt werden können. Es würde also genügen, einen einperiodigen Baum mit Wurzel und mehreren Blättern zu betrachten. Wie wir bereits gesehen haben ist die Verteilung eines Wertpapiers im re- KAPITEL 4. DER NICHT-REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM 0 20 40 60 80 Kurs (solid), Option (dashed), Bond (dotted) 100 120 70 0 1 2 3 4 Zeit 0 100 200 300 Kurs 400 500 600 700 Abbildung 4.6: Parameterwahl wie im Programm, n = 4. Aufgetragen ist eine Putoption, die dann mehr Wert wird, wenn der Kurs fällt. Der Optionswert in t = 0 lässt sich auch hier als ungefähr 5,28 ablesen. 0 2 4 6 8 10 12 Zeit Abbildung 4.7: Parameterwahl wie im Programm, λ = λ0 + 0, 5, n = 12. 4.3. ANWENDUNGSBEISPIELE 71 kombinierbaren Binomialmodell zur Zeit T binomialverteilt, also approximativ normalverteilt. Das CRR-Modell kann als Diskretisierung des Black-ScholesModells (siehe Anhang, Seite 124) aufgefasst werden, das von Normalverteilungsannahmen ausgeht. Möchte man aber Wertpapiere betrachten, bei denen eine andere Verteilung als die Binomial- bzw. Normalverteilung zum Fälligkeitszeitpunkt angenommen wird, kann dahinter kein rekombinierbarer Binomialbaum bzw. das BlackScholes-Modell liegen. Wie beispielsweise in [17], [13] oder [14] vorgestellt, kann zu jeder beliebigen Verteilung, die über die ersten vier Momente, bzw. über den Erwartungswert µ, die Varianz σ 2 , die Schiefe γ̃ und die Wölbung δ̃, [17], oder über die Copula, einer Funktion, die den Zusammenhang von Randverteilungen verschiedener Zufallsvariablen angibt, [13], gekennzeichnet ist, ein Baum generiert werden, ein sogenannter Szenario-Baum, dessen Blattknoten die gegebene Verteilung annähern und quasi eine Auswahl an Szenarien widerspiegeln, die den vorgegeben stochastischen Eigenschaften entsprechen. Damit ist es sogar möglich, Optionen auf mehrere Wertpapiere, zum Beispiel sogenannte Basket-Optionen, zu handhaben und zu hedgen. Es kann hierbei auch angegeben werden, ob die einzelnen Perioden voneinander abhängig oder unabhängig sein sollen. Die daraus entstehenden Bäume können dann wie bisher zur Optionspreisbestimmung verwendet werden. 4.3.4 LIBOR-Markt-Modell Das LIBOR-Marktmodell, auch BGM-Modell nach dessen Begründern Brace, Gatarek und Musiela genannt, ist ein Zinsstrukturmodell zur Bewertung von Zinsderivaten, vor allem exotischen Derivaten wie beispielsweise der Bermuda Swaption. Swaptions sind Optionen, die dem Käufer das Recht geben, zu einem (europäische Swaption) oder mehreren (amerikanische / Bermuda Swaption) festgelegten Zeitpunkten in einen Zinsswap einzutreten (siehe [1],[2],[3]). Für dieses Marktmodell, das hier nicht weiter behandelt wird, ist in [15] und [16] eine Möglichkeit vorgestellt, mit Hilfe von nicht-rekombinierbaren Binomialbäumen einen Preis für diese Zinsderivate zu finden. Auf diese Anwendung von nicht-rekombinierbaren Binomialbäumen möchte ich hier aber nicht eingehen, da unsere betrachteten Optionen keine Zinsderivate sind. 72 KAPITEL 4. DER NICHT-REKOMBINIERBARE BINOMIALBAUM Kapitel 5 Konstruktion und Kalibrierung eines nicht-rekombinierbaren Binomialbaums mithilfe von Marktdaten In diesem Kapitel wird die Optionsbewertung implizit mittels vorhandener Marktdaten von Optionen (Preise) mit gleicher Laufzeit betrachtet und unter Zuhilfenahme eines nicht-rekombinierbaren Binomialbaums durchgeführt, anstatt konkrete stochastische Eigenschaften (wie zum Beispiel eine Verteilung) anzunehmen. Die lokale Volatilität wird hierbei eine Funktion des zugrundeliegenden Wertpapiers sowie der Zeit sein. Mit einfachen, numerischen Minimierungsverfahren im ersten Teil bzw. Mitteln der nicht-linearen Optimierung unter Nebenbedingungen im zweiten Teil kann dann ein zu den vorhandenen Daten konsistenter, replizierender Baum, der auch Transaktionskosten berücksichtigen kann, erzeugt werden. Für diese Berücksichtigung ist eine Anpassung des entstehenden Baums notwendig, die in dieser Arbeit nicht durchgeführt wird. Ich verweise hier auf [9]. Um nun einen solchen Baum aus Marktdaten zur Optionsbewertung zu konstruieren werden zunächst mit CM kt (k) die Marktpreise von N Optionen (z. B. europäischen Calls) mit ihren Ausübungspreisen Kk , k = 1, . . . , N , bezeichnet. Der Ausübungszeitpunkt T = Tk sei bei allen der gleiche. Die theoretischen Preise CM od (x, k) für dieselben Optionen werden unter Verwendung von Modell x gebildet, wobei x ein Vektor aus Parametern des Modells ist. Ziel ist es nun, dasjenige Modell, charakterisiert durch seine Parameter, zu finden, dessen theoretische Preise den Marktpreisen am besten entsprechen. Es muss also min x N X wk f (CM od (x, k), CM kt (k)) k=1 73 74 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN gelöst werden, da in den meisten Fällen kein exaktes Modell gefunden werden kann, weswegen wir den Abstand zwischen den Marktpreisen und den Preisen, die das Modell liefert, unter Berücksichtigung der Arbitragefreiheit minimieren. Weiter können wir mit dem approximierten Zinssatz er , anstatt 1 + r, arbeiten (siehe im Anhang Seite 121), was viele Rechnungen einfacher macht. Tatsächlich könnte an dieser Stelle auch exakt mit einem Faktor der Form er̂ verzinst werden, wenn r̂ so gewählt wird, dass er̂ = 1 + r gilt. Wenn der Zinssatz allerdings zeitabhängig von der Form r(t) ist, müsste für jede Periode diese Umrechnung erfolgen. Wir werden es im Weiteren bei er belassen, auch wenn r wie bisher konstant über die Zeit bleibt. 5.1 Nicht-rekombinierbarer Binomialbaum mit Modellannahmen Da bei der im Folgenden vorgestellten Methode der nicht-rekombinierbare Binomialbaum nicht wie bisher bereits gegeben ist und den Verlauf des Wertpapiers zu den natürlichen Zeitpunkten darstellt, sondern anhand von Marktdaten erst generiert werden soll, ist nicht von vornherein klar, wie viele Perioden dieser Baum haben muss. Die Anzahl der Perioden ist grundsätzlich frei wählbar und nach Ermessen zu setzen. Deswegen sprechen wir im Weiteren auch nicht von Zeitpunkten t = 0, . . . , T wie bisher, sondern definieren n als Anzahl der Perioden im Baum und setzen ∆t = T ⇔ n · ∆t = T, n als Länge der Periode, wobei T der Ausübungszeitpunkt der Option ist. In allen bisherigen Betrachtungen war stets ∆t = 1. Die Knoten im Baum werden entsprechend mit S(i, j) bezeichnet, wobei i = 0, . . . , n und j = 0, . . . , 2i − 1. Als nächstes legen wir fest, nach welchem Schema sich der Baum aufbaut, d. h. wie die Up- und Down-Faktoren aussehen. Der Faktor, mit dem das Wertpapier nach oben springt, wird gewählt als 1 + u(i, j) = 1 + u(i) = eσ(i) √ ∆t , und der Faktor, mit dem es nach unten springt, als 1 + d(i, j) = 1 + d(i) = e−σ(i) √ ∆t = 1 , 1 + u(i) wobei i = 0, . . . , n−1 und j = 0, . . . , 2i −1. Hierbei beschreibt σ(i) die Volatilität in Periode i. Wie man erkennt, hängen die Faktoren nur von der Periode ab, nicht aber von der Höhe im Baum. Diese Wahl für 1 + u(i, j) und 1 + d(i, j) ist hierbei nicht willkürlich, sondern entspricht den Faktoren, unter denen der rekombinierbare Binomialbaum eine diskrete Approximation des Black-ScholesModells ist, näheres dazu im Anhang auf Seite 124. Der Unterschied besteht 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN 75 hierbei nur darin, dass die Volatilität nicht konstant über die Zeit ist. Sie sei über die Formel σ(i) = σ(0)eλ·i·∆t , λ ∈ R, i = 0, . . . , n − 1 gegeben. Hierbei ist λ konstant und σ(0) ein geeignet gewählter Startwert für die Volatilität. Die Praxis zeigt, dass diese Wahl von σ für viele Anwendungen geeignet ist (siehe [7]), da σ, abhängig von der Wahl von λ, über die Zeit größer oder kleiner werden kann. Für λ = 0 ändert sich die Volatilität über die Zeit nicht, es sind dann auch die Faktoren u und d über die Zeit gleich, was bedeutet, dass man einen rekombinierbaren Binomialbaum erhält, bei dem die Variablen so gewählt sind, dass er das Black-Scholes-Modell diskret annähert. Grafisch dargestellt ist die Entwicklung des Baums anhand des gegebenen Schemas folgende: p(i, j) λ·i·∆t S(i, j) · eσ(0)e √ ∆t S(i, j) 1 − p(i, j) S(i, j) · e−σ(0)e λ·i·∆t √ ∆t S(0, 0) ist der aktuelle Wert des zugrundeliegenden Wertpapiers und bekannt. Die Werte der geraden Knoten, d. h. diejenigen mit geradem j, erhält man über die Formel S(i, j) = S(i − 1, 2j ) · (1 + d(i − 1)), i = 1, . . . , n, j = 0, 2, . . . , 2i − 2, die Werte der ungerade Knoten über i S(i, j) = S(i − 1, j−1 2 ) · (1 + u(i − 1)), i = 1, . . . , n, j = 1, 3, . . . , 2 − 1. Für die eingezeichneten Wahrscheinlichkeiten gilt: p(i, j) = P[S(i, j) entwickelt sich zu S(i + 1, 2j + 1)] ∈ (0, 1), wobei P hier von vornherein das äquivalente Martingalmaß ist. Von welcher Gestalt P genau ist, spielt an dieser Stelle noch keine Rolle und wird in Abschnitt 5.2.2 genauer erläutert. σ(0) wird bei vielen Datensätzen als sogenannter Volatilitätsindex, der die implizite oder historische Volatilität misst, zusätzlich zum Börsenindex oft mitgeliefert, siehe hierfür zum Beispiel [4]. Eine Optimierung nach diesem Parameter (wenn λ = 0 gesetzt wird) wäre gleichzusetzen mit der Berechnung der impliziten Volatilität, da für λ = 0 der Baum rekombinierbar wird und eine diskrete Approximation des Black-Scholes-Modells darstellt. Ich werde solch eine Optimierung nicht durchführen und im Weiteren σ(0) als gegeben ansehen. Der einzige freie Parameter in diesem Baummodell ist also λ, nach welchem dann auch optimiert werden muss. Zunächst wollen wir aber sicherstellen, dass das Modell arbitragefrei ist. Hierzu müssen Bedingungen an λ gefunden werden. 76 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN 5.1.1 Arbitragefreiheit des Modells mit geeigneter Wahl von λ Man sieht, dass für λ > 0 die Volatilität mit i steigt, für λ < 0 die Volatilität mit i sinkt. Um die Arbitragefreiheit des Baumes zu gewährleisten, müssen folgende Bedingungen ∀(i, j) erfüllt sein, wobei r der risikoneutrale Zinssatz sei. √ S(i, j)er∆t ≤ S(i + 1, 2j) = S(i, j)(1 + u(i)) = S(i, j)eσ(i) ∆t √ S(i, j)er∆t ≥ S(i + 1, 2j − 1) = S(i, j)(1 + d(i)) = S(i, j)e−σ(i) (5.1) ∆t (5.2) Äquivalenzumformungen führen zu Bedingungen, die nur noch ∀i gelten müssen: √ √ (5.1) ⇔ r∆t ≤ σ(i) ∆t ⇔ σ(i) ≥ r ∆t (5.3) √ √ (5.2) ⇔ r∆t ≥ −σ(i) ∆t ⇔ σ(i) ≥ −r ∆t (5.4) Zusammengefasst können die Gleichungen (5.3) und (5.4) als √ σ(i) ≥ |r| ∆t, ∀i (5.5) geschrieben werden. Um das Verhalten von σ abhängig von λ zu untersuchen und somit λ geeignet wählen zu können, unterscheiden wir zwei Fälle: 1. Fall: λ ≥ 0 σ(i) = σ(0)eλ·i·∆t ist streng monoton steigend in λ und i, da λ · i · ∆t ≥ 0 ∀λ, i. ⇒ mini σ(i) √ = σ(0) √ ⇒ σ(i) ≥ |r| ∆t ⇔ σ(0) ≥ |r| ∆t. Da dies unabhängig von λ gelten muss, kann auf jeden Fall λ ∈ [0, ∞) gewählt werden. 2. Fall: λ < 0 σ(i) = σ(0)eλ·i·∆t ist streng monoton fallend in λ, da λ · i · ∆t ≤ 0 ∀λ, i. Da (5.5) für alle i = 0, . . . , n gelten muss, bedeutet dies, dass auch √ min σ(i) ≥ |r| ∆t erfüllt sein muss. Für streng monoton fallendes σ ist min σ(i) = σ(n) und es ist √ √ |r| ∆t λ·n·∆t σ(n) ≥ |r| ∆t ⇔ e ≥ . σ(0) Mit n · ∆t = T folgt √ |r| ∆t e ≥ σ(0) √ ! 1 |r| ∆t . ⇔ λ ≥ ln T σ(0) λ·T 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN 77 h √ Der Parameter λ muss also aus dem Intervall T1 ln |r|σ(0)∆t , 0 gewählt werden. Nimmt man beide Fälle zusammen, ergibt sich für λ: ! " √ ! |r| ∆t 1 , ∞ =: I ln λ∈ T σ(0) Tatsächlich können in dem Modell auch Dividenen berücksichtigt werden, wenn sie als stetige, jährliche Dividendenrate δ gegeben sind. Der Verzinsung des Wertpapiers mit er wird dann nach jeder Periode eine Abzinsung“ gegenüber” gestellt in Höhe von e−δ , weswegen an jeder Stelle statt er dann er−δ steht. Das Intervall für λ ist dann unter Berücksichtigung stetiger Dividenden von der Gestalt " ! √ ! 1 |r − δ| ∆t λ∈ ,∞ . ln T σ(0) 5.1.2 Optimierung im λ-Modell Das allgemeine Minimierungsproblem min x N X wk f (CM od (x, k), CM kt (k)) k=1 kann nun konkretisiert werden als Minimierungsproblem über λ, wobei als Bewertungsfunktion die Kleinste-Quadrate-Funktion f (a, b) = (a − b)2 verwendet wird und alle Gewichte auf N1 gesetzt werden: min λ∈I N 1 X (CM od (λ, k) − CM kt (k))2 . N k=1 Da keine geschlossene Formel im Modell für λ zu erwarten ist, soll die Optimierung numerisch erfolgen. Eine Möglichkeit, wie diese aussehen kann, wird im Folgenden vorgestellt und anhand eines Beispiels durchgerechnet. 5.1.3 Generischer Suchalgorithmus Es soll nun ein erster, naiver Algorithmus zur Lösung des Problems vorgestellt werden. Das Verfahren ist sehr anschaulich, allerdings bei weitem nicht optimal, weswegen in Abschnitt 5.1.4 ein weiterer Suchalgorithmus aus der Familie der Bisektionsverfahren vorgestellt wird. Zunächst wird eine Schranke ε ∈ R+ gewählt. Dann löst ein λ∗ das Minimierungsproblem approximativ, wenn N 1 X (CM od (λ∗ , k) − CM kt (k))2 ≤ ε. N k=1 Durch Setzen der Gewichte auf N1 kann man die Aussage treffen, dass die Modellpreise unter λ∗ im quadratischen Mittel stets weniger als ε vom jeweiligen 78 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN Marktpreis entfernt sind. Falls für dieses Minimierungsproblem kein approximatives λ∗ gefunden wird, der Fehler ε also zu klein festgelegt wurde, muss auf eine Fortführung dieses Modells, welche in Abschnitt 5.2 vorgestellt wird, zurückgegriffen werden. Eine Erhöhung von ε ist in der Regel nicht wünschenswert. Herangehensweise Bei der Suche nach λ∗ gehe wie folgt vor: • Bestimme eine Schrittweite s > 0 beliebig und setze λ0 = (= die untere Schranke des Intervalls I). 1 T ln √ |r| ∆t σ(0) • Schritt 0: P 2 Berechne N1 N k=1 (CM od (λ, k) − CM kt (k)) für λ = λ0 und λ = λ0 + s. Ist für einen der beiden Werte für λ das Ergebnis ≤ ε, so ist ein geeignetes λ gefunden und somit auch ein geeignetes Modell für das Wertpapier. Wenn nicht, fahre im nächsten Schritt fort. • Schritt 1: P 2 Berechne N1 N k=1 (CM od (λ, k) − CM kt (k)) für s 3s λ ∈ {λ0 , λ0 + 2 , λ0 + s, λ0 + 2 , λ0 + 2s}. (Tatsächlich ist für annähernd die Hälfte der Werte für λ im vorigen Schritt der Abstand der Markt- und Modellpreise bereits berechnet.) Prüfe wieder, ob ein Wert für λ geeignet ist. Wenn nicht, fahre im nächsten Schritt fort. • Schritt 2: P 2 Berechne N1 N k=1 (CM od (λ, k) − CM kt (k)) für 5s 3s 7s λ ∈ {λ0 , λ0 + 4s , λ0 + 2s , λ0 + 3s 4 , λ0 + s, λ0 + 4 , λ0 + 2 , λ0 + 4 , λ0 + 2s, λ0 + 5s 11s 13s 7s 15s 9s 4 , λ0 + 2 , λ0 + 4 , λ0 + 3s, λ0 + 4 , λ0 + 2 , λ0 + 4 , λ0 + 4s} ⇔ λ ∈ {λ0 + m·s 4 |m = 0, . . . , 16}. Prüfe wieder, ob ein Wert für λ geeignet ist. Wenn nicht, fahre im nächsten Schritt fort. • ··· • Schritt i: P 2 Berechne N1 N k=1 (CM od (λ, k) − CM kt (k)) für m·s 2i λ ∈ {λ0 + 2i |m = 0, . . . , 2 }. Prüfe wieder, ob ein Wert für λ geeignet ist. Wenn nicht, fahre im nächsten Schritt fort. • ··· Diese sukzessive Gitterbildung auf dem Intervall I ist so ausgeführt, dass in jedem Schritt die Spannweite, auf der nach geeignetem λ überprüft wird, verdoppelt wird, und dass der Abstand der überprüften Punkte halbiert wird. So könnte nach und nach das ganze Intervall I ausprobiert werden. Natürlich muss 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN 79 Eingabe: λ0 ; s > 0; ε > 0; I ∈ N; N ∈ N; Kk , CM kt (k), k = 1, . . . , N i = 0; λ = λ0 ; P 2 while N1 N k=1 (CM od (λ, k) − CM kt (k)) > ε do 2i for m = 0, . . . , 2 do ; λ = λ0 + m·s 2i for k = 1, . . . , N do berechne CM od (λ, k); end P 2 if N1 N k=1 (CM od (λ, k) − CM kt (k)) ≤ ε then beende for-Schleife; Ausgabe: λ = λ∗ end end i = i + 1; if i > I then beende while-Schleife end end Algorithmus 5.1: Iteratives Vorgehen zur Berechnung von λ∗ . eine Abbruchbedingung geschaffen werden, sodass die Überprüfung nicht unendlich lange dauert, falls für das gewählte ε auf dem kompletten Intervall I kein geeignetes λ existiert. Für die Schrittweite s gilt: Das Intervall, das bei der Schrittweite s in i Schritten überprüft wird, wird bei der Wahl von 2s als anfänglicher Schrittweite in i + 1 Schritten überprüft, allerdings mit fast doppelt so vielen Zwischenpunkten als bei der Wahl von s als anfänglicher Schrittweite. Dies kann bei der Wahl der Schrittweite berücksichtigt werden. i=0: i=1: i=2: λ0 + s λ0 + λ0 + s 2 s 4 2s 4 2s 2 3s 4 3s 2 =s 4s 4 5s 4 6s 4 4s 2 7s 4 = 2s 8s 4 9s 4 10s 4 11s 4 12s 4 13s 4 14s 4 15s 4 16s 4 Ein Verfahren für diese Überprüfung ist in Algorithmus 5.1 gegeben, wobei die Berechnung des Optionspreises im Modell sowie alle hierfür notwendigen Parameter nicht explizit angegeben sind. 80 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN Programm zum Finden des Modellbaums Das angegebene Verfahren soll nun anhand eines Beispiels durchexerziert werden. Die bekannten Werte und die zu wählenden Parameter sind hierbei nachfolgend aufgelistet. • Der Startwert des Kurses betrage S0 = S(0, 0) = 100. • Die Anzahl der Marktoptionen sei N = 10, darunter fünf Calloptionen mit Ausübungspreisen 120, 110, 100, 90, 80 sowie fünf Putoptionen mit Ausübungspreisen 150, 140, 130, 120, 110. • Der Fälligkeitszeitpunkt sei T = 5. • Der risikolose Zinssatz ist r = 0, 05. Die Verzinsung erfolgt mit er . • Die Volatilität im Zeitpunkt t = 0 ist σ(0) = 0, 1. • Die Schrittweite auf dem λ-Intervall werde mit s bezeichnet, der Fehler, wie weit die Preise im quadratischen Mittel maximal auseinander liegen dürfen, mit ε. Ein ε von 0, 02 bedeutet bespielsweise, dass, wenn es sich bei allen Werten von S und V um Europreise handelt, der quadratische Abstand von Markt- und Modellpreisen im Schnitt maximal 2 Cent betragen darf. • Mit I werde die maximale Anzahl bezeichnet, wie oft das Intervall, aus dem λ gezogen wird, verfeinert werden soll. Es folgen die Initialisierungen der variablen Variablen in R. Diese dienen zum Steuern des Modells und können angepasst werden, falls kein λ∗ gefunden wird. T <- 5 sigma _ 0 <- 0.1 S _ 0 <- 100 r <- 0.05 Typ <- c (0 , 0 , 0 , 0 , 0 , 1 , 1 , 1 , 1 , 1) # # 0= Call ,1= Put K <- c (120 ,110 ,100 ,90 ,80 ,130 ,120 ,110 ,140 ,150) n <- 9 s <- 0.02 epsilon <- 0.05 I <- 5 Anschließend werden die Variablen initialisiert, die das Programm R für die Rechnungen benötigt: sigma <- rep (0 , n ) u <- rep (0 , n ) d <- rep (0 , n ) p <- rep (0 , n ) S <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) S [1 ,1] <- S _ 0 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN 81 V <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) deltat <- T / n lambda _ 0 <- (1 / T ) * log ( abs ( r ) * sqrt ( deltat ) / sigma _ 0) Schritt <- 0 lambda _ best <- lambda _ 0 Fehler _ best <- -1 N <- length ( K ) C _ Mkt <- rep (0 , N ) C _ Mod <- rep (0 , N ) Als nächstes werden die Marktpreise eingegeben. Ich habe in diesem Fall keine echten“ Marktpreise verwendet, sondern die Preise, die das Black-Scholes” Modell (siehe Anhang, ab Seite 122, Formeln A.1 und A.2) unter den entsprechend gesetzten Parametern liefert. Würden echte Marktpreise verwendet werden, so müsste noch ein weiterer Schritt ausgeführt werden, nämlich die Bestimmung der Anfangsvolatilität σ(0). Hierfür gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine Methode verwendet ebenfalls die Marktpreise von Optionen und bietet sich in diesem Fall deswegen an. Man schätzt diese sogenannte implizite Volatilität (siehe Anhang auf Seite 125), die dann als Anfangsvolatilität σ(0) in unserem Modell verwendet werden kann. Es kann auch eine historische Volatilität berechnet werden, die sich aus vergangenen, bekannten Werten der Volatilität mit Verfahren der Zeitreihenanalyse errechnet. for ( k in 1: N ) { a <- ( log ( S _ 0 / K [ k ])+( r +( sigma _ 0)^2 / 2) * T ) / ( sigma _ 0 * sqrt ( T )) b <- a - sigma _ 0 * sqrt ( T ) if ( Typ [ k ] == 0) { C _ Mkt [ k ] <- S _ 0 * pnorm ( a ) - K [ k ] * exp ( - r * T ) * pnorm ( b ) } else { C _ Mkt [ k ] <- S _ 0 * ( pnorm ( a ) -1) - K [ k ] * exp ( - r * T ) * ( pnorm ( b ) -1) } } Nun erfolgt die eigentliche Berechnung der Modellpreise und eines geeigneten λ∗ . Die Variable Schritt zählt lediglich die Durchgänge der Intervallverfeinerungen. Mit Lambda werde der Vektor mit den Punkten aus dem λ-Intervall bezeichnet. Da in den einzelnen Verfeinerungsschritten zu den alten Punkten neue hinzukommen, muss immer nur, außer im ersten Schritt (Schritt == 0), von den neuen Kandidaten für λ∗ die Modellpreise und ihr Abstand zu den Marktpreisen berechnet werden. In jedem Schritt wächst die Menge der zu untersuchenden Punkte um etwa das Vierfache, doch nur circa 34 der Punkte sind neu. Die Initialisierung erfolgt in einer if-Schleife, die prüft, in welchem Schritt man sich befindet. if ( Schritt == 0){ Lambda <- c ( lambda _ 0 , lambda _ 0+ s ) } else { Lambda <- c ( seq ( s / 2^ Schritt ,2^( Schritt -1) *s - s / 2^( Schritt ) , s / 2^( Schritt -1)) , 82 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN seq (2^( Schritt -1) * s + s / 2^( Schritt ) ,2^ Schritt *s , s / 2^( Schritt )))+ lambda _ 0 } Für jeden einzelnen Punkt aus dem jeweiligen Intervall (im R-Code: lambda in Lambda), was einem Kandidaten für λ∗ entspricht, wird dann zunächst der Modellbaum gebildet: for ( i in 1: n ) { sigma [ i ] <- sigma _ 0 * exp ( lambda * (i -1) * deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( deltat )) -1 d [ i ] <- exp ( - sigma [ i ] * sqrt ( deltat )) -1 p [ i ] <- ( exp ( r * deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j ) / 2] * (1+ u [ i ]) } else { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j +1) / 2] * (1+ d [ i ]) } } } Dann werden für alle N Marktoptionen die Modellpreise berechnet: for ( k in 1: N ) { for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Typ [ k ] == 0){ V [ n +1 , j ] <- max (0 , S [ n +1 , j ] - K [ k ]) / exp ( r * n * deltat ) } else { V [ n +1 , j ] <- max (0 , K [ k ] - S [ n +1 , j ]) / exp ( r * n * deltat ) } } for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { V [i , j ] <- p [ i ] * V [ i +1 ,2 * j ]+(1 - p [ i ]) * V [ i +1 ,2 *j -1] } } C _ Mod [ k ] <- V [1 ,1] } Anschließend wird der Abstand der Preise bestimmt und überprüft, ob der Abstand klein genug ist. Falls ja, wird aus der Lambda-Schleife gesprungen und durch setzen von Schritt <- I dann auch die Intervallverfeinerungen gestoppt. Falls der Fehler noch nicht klein genug ist, wird lediglich überprüft, ob das gerade überprüfte lambda besser ist als das vorherige, d. h. einen kleineren Fehler produziert. Falls ja, wird dieses lambda und der entsprechende Fehler auf eine Variable geschrieben. Wenn das Programm kein λ∗ findet, kann so zumindest das λ mit dem kleinsten Fehler angegeben werden. # # Pruefe Fehler der Preise if ( Fehler <= epsilon ) { lambda _ star <- lambda 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN 83 Schritt <- I # # Sprung aus der while - Schleife break # # Sprung aus for - Schleife } # # Zwisc henspe ichern des kleinsten Fehlers und lambda if ( Fehler _ best == -1 || Fehler _ best > Fehler ) { lambda _ best <- lambda Fehler _ best <- Fehler } Es folgt noch die Ausgabe mit einer Fallunterscheidung, ob ein λ∗ gefunden wurde oder nicht: if ( Fehler <= epsilon ) { print ( " lambda _ star = " ) print ( lambda _ star ) print ( " epsilon = " ) print ( epsilon ) print ( " Fehler = " ) print ((1 / N ) * sum (( C _ Mod - C _ Mkt )^2)) print ( " Modellpreise : " ) print ( C _ Mod ) print ( " Marktpreise : " ) print ( C _ Mkt ) } else { print ( " Kein lambda _ star gefunden ! " ) print ( " bestes lambda : " ) print ( lambda _ best ) print ( " Fehler = " ) print ( Fehler _ best ) } Das komplette Programm sieht folgendermaßen aus: Quellcode 2 (Generischer Suchalgorithmus zum Finden von λ aus Marktdaten): T <- 5 sigma _ 0 <- 0.1 S _ 0 <- 100 r <- 0.05 Typ <- c (0 , 0 , 0 , 0 , 0 , 1 , 1 , 1 , 1 , 1) # # 0= Call ,1= Put K <- c (120 ,110 ,100 ,90 ,80 ,130 ,120 ,110 ,140 ,150) n <- 9 s <- 0.02 epsilon <- 0.05 I <- 5 sigma <- rep (0 , n ) u <- rep (0 , n ) d <- rep (0 , n ) p <- rep (0 , n ) 84 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN S <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) S [1 ,1] <- S _ 0 V <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) deltat <- T / n lambda _ 0 <- (1 / T ) * log ( abs ( r ) * sqrt ( deltat ) / sigma _ 0) Schritt <- 0 lambda _ best <- lambda _ 0 Fehler _ best <- -1 N <- length ( K ) C _ Mkt <- rep (0 , N ) C _ Mod <- rep (0 , N ) # # Marktpreise : for ( k in 1: N ) { a <- ( log ( S _ 0 / K [ k ])+( r +( sigma _ 0)^2 / 2) * T ) / ( sigma _ 0 * sqrt ( T )) b <- a - sigma _ 0 * sqrt ( T ) if ( Typ [ k ] == 0) { C _ Mkt [ k ] <- S _ 0 * pnorm ( a ) - K [ k ] * exp ( - r * T ) * pnorm ( b ) } else { C _ Mkt [ k ] <- S _ 0 * ( pnorm ( a ) -1) - K [ k ] * exp ( - r * T ) * ( pnorm ( b ) -1) } } while ( Schritt < I ) { if ( Schritt == 0){ Lambda <- c ( lambda _ 0 , lambda _ 0+ s ) } else { Lambda <- c ( seq ( s / 2^ Schritt ,2^( Schritt -1) *s - s / 2^( Schritt ) , s / 2^( Schritt -1)) , seq (2^( Schritt -1) * s + s / 2^( Schritt ) ,2^ Schritt *s , s / 2^( Schritt )))+ lambda _ 0 } for ( lambda in Lambda ) { # # Berechne Baum for ( i in 1: n ) { sigma [ i ] <- sigma _ 0 * exp ( lambda * (i -1) * deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( deltat )) -1 d [ i ] <- exp ( - sigma [ i ] * sqrt ( deltat )) -1 p [ i ] <- ( exp ( r * deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j ) / 2] * (1+ u [ i ]) } else { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j +1) / 2] * (1+ d [ i ]) } } } 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN # # Berechne N Modellpreise for ( k in 1: N ) { for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Typ [ k ] == 0){ V [ n +1 , j ] <- max (0 , S [ n +1 , j ] - K [ k ]) / exp ( r * n * deltat ) } else { V [ n +1 , j ] <- max (0 , K [ k ] - S [ n +1 , j ]) / exp ( r * n * deltat ) } } for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { V [i , j ] <- p [ i ] * V [ i +1 ,2 * j ]+(1 - p [ i ]) * V [ i +1 ,2 *j -1] } } C _ Mod [ k ] <- V [1 ,1] } Fehler <- (1 / N ) * sum (( C _ Mod - C _ Mkt ) * ( C _ Mod - C _ Mkt )) # # Pruefe Fehler der Preise if ( Fehler <= epsilon ) { lambda _ star <- lambda Schritt <- I # # Sprung aus der while - Schleife break # # Sprung aus for - Schleife } # # Zwisc henspe ichern des kleinsten Fehlers und lambda if ( Fehler _ best == -1 || Fehler _ best > Fehler ) { lambda _ best <- lambda Fehler _ best <- Fehler } } Schritt <- Schritt +1 } if ( Fehler <= epsilon ) { print ( " lambda _ star = " ) print ( lambda _ star ) print ( " epsilon = " ) print ( epsilon ) print ( " Fehler = " ) print ((1 / N ) * sum (( C _ Mod - C _ Mkt )^2)) print ( " Modellpreise : " ) print ( C _ Mod ) print ( " Marktpreise : " ) print ( C _ Mkt ) } else { print ( " Kein lambda _ star gefunden ! " ) print ( " bestes lambda : " ) print ( lambda _ best ) print ( " Fehler = " ) print ( Fehler _ best ) 85 86 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN } Für die Werte, wie sie oben gesetzt wurden, erhält man als Ausgabe: [1] " lambda _ star = " [1] 0.0163419 [1] " epsilon = " [1] 0.05 [1] " Fehler = " [1] 0.04703201 [1] " Modellpreise : " [1] 12.265449 17.255129 23.546399 30.369258 37.808092 [6] 9.352532 5.721543 2.923215 14.277456 19.708569 [1] " Marktpreise : " [1] 12.272361 17.319784 23.421057 30.352165 37.804624 [6] 9.593130 5.728455 2.987870 14.503924 20.288805 Verkleinert man ε auf ε = 0, 03, so liefert das Modell kein passendes λ: [1] [1] [1] [1] [1] " Kein lambda _ star gefunden ! " " bestes lambda : " 0.0225919 " Fehler = " 0.0363183 Eine Veränderung von s und I, d. h. eine Verringerung von s und Erhöhung von I führt nur langsam zu einem besseren Ergebnis, erhöht die Rechenzeit des Computers aber enorm (mit einer Erhöhung von I um 1 verdoppelt sich die Rechenzeit in etwa). Für s = 0, 005 und I = 7 ist der Fehler nur unmerklich weniger geworden, nämlich 0.03630994. Eine Verfeinerung des Baums um eine Periode, also setzen von n = 10, hingegen, bringt das Ergebnis: [1] " lambda _ star = " [1] 0.01455585 [1] " epsilon = " [1] 0.03 [1] " Fehler = " [1] 0.0253361 [1] " Modellpreise : " [1] 12.238540 17.390677 23.348799 30.416606 37.834033 [6] 9.378024 5.694634 3.058763 14.264381 19.932250 [1] " Marktpreise : " [1] 12.272361 17.319784 23.421057 30.352165 37.804624 [6] 9.593130 5.728455 2.987870 14.503924 20.288805 5.1.4 Verfahren des goldenen Schnitts Ein Verfahren zur Bestimmung von Extremwerten ist das Verfahren des goldenen Schnitts (siehe [5]), das, ähnlich dem Intervallhalbierungsverfahren, für Funktionen, die genau ein Minimum bzw. Maximum haben, auf numerische Weise eine Approximation der Minimal- bzw. Maximalstelle findet. Alle folgenden Formeln und Ungleichungen beziehen sich immer auf das Finden eines 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN 87 Minimums bzw. einer Minimalstelle. Zunächst soll der goldene Schnitt definiert und grafisch dargestellt werden. Definition 5.1. Als goldener Schnitt ϕ wird das Teilungsverhältnis (einer Strecke, Größe, etc.) bezeichnet, für das mit a > b gilt: a b = =: ϕ. b a−b Anschaulich kann man sich diese Bedingung über das goldene Rechteck“ her” leiten: Betrachte ein Rechteck mit Kantenlängen a > b. Teilt man dieses Rechteck in ein Quadrat der Seitenlänge b und ein weiteres, kleineres Rechteck, so soll das Verhältnis der Kanten des kleineren Rechtecks das gleiche sein wie das der Kanten im ursprünglichen, großen Rechteck: b Es soll gelten: a−b a+b a = a b a oder a b = b a−b a+b Beide Gleichungen, und auch jede weitere, denn das Aufteilen des Rechtecks in ein Quadrat und ein kleineres Rechteck kann beliebig oft für die neu entstehenden kleineren Rechtecke fortgesetzt werden, kommen zum selben Ergebnis: √ 1+ 5 ϕ= ≈ 1, 61803. 2 Wie alle Bisektionsverfahren beginnt auch das Verfahren des goldenen Schnitts zur Minimalstellensuche mit einem abgeschlossenen Intervall, auf dem nach der Minimalstelle gesucht wird. Wichtig ist hierbei, dass die Minimalstelle in dem Intervall enthalten ist, doch für Funktionen mit genau einem Minimum lässt sich dieses leicht finden: Sei f die Funktion, deren Minimalstelle gesucht ist. Wenn für drei Punkte x1 < x3 < x2 gilt, dass f (x1 ) > f (x3 ) und f (x2 ) > f (x3 ), so bildet [x1 , x2 ] ein geeignetes Startintervall. Unsere zu betrachtende Funktion, deren Minimalstelle bestimmt werden soll, ist N 1 X f (λ) := (CM od (λ, k) − CM kt (k))2 . N k=1 Eine analytische Untersuchung dieser Funktion ist kaum möglich, da wir keine geschlossene Formel für CM od (λ) haben. Demzufolge können wir nicht mit Sicherheit sagen, dass diese Funktion in Abhängigkeit von λ genau ein Extremum hat. Simulationen mit verschiedenen Eingabeparametern liefern jedoch immer ein ähnliches Bild, das die Abhängigkeit zwischen f und λ darstellt, siehe dazu KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN 800 200 400 600 Fehler 1000 1200 1400 88 0.0 0.2 0.4 0.6 Lambda Abbildung 5.2: Simulierte, beispielhafte Abhängigkeit zwischen λ und dem P (C (λ, k) − CM kt (k))2 . zugehörigen Fehler f (λ) = N1 N M od k=1 Abbildung 5.2. Der zugehörige Quellcode befindet sich im Anhang auf Seite 125. Lässt man sich für die Optionspreise, für die ein Baum als Annäherung des zugrundeliegenden Wertpapiers erzeugt werden soll, eine entsprechende Grafik ausgeben, kann man die Abhängigkeit zwischen λ und der zu minimierenden Funktion kontrollieren und findet sogar geeignete Grenzen für das Anfangsintervall, in der Grafik beispielsweise x1 = 0, 2 und x2 = 0, 6, denn für x3 = 0, 3 gilt dann die Beziehung x1 < x3 < x2 mit f (x1 ) > f (x3 ) und f (x2 ) > f (x3 ). Eine andere Möglichkeit der Suche nach einem geeigneten Startintervall ist folgende numerische Methode, die allerdings voraussetzt, dass f zwischen λ0 und der Minimalstelle, wobei mit λ0 wieder die untere Grenze des Intervalls I bezeichnet werde, streng monoton fällt und danach streng monoton wächst: Wähle als linke Intervallgrenze x1 des Startintervalls λ0 und als rechte Grenze ein x2 so, dass gilt f (λ0 ) = f (x1 ) ≤ f (x2 ). Dann befindet sich die Minimalstelle auf jeden Fall im Intervall [x1 , x2 ]. Bei der Suche nach x2 kann man beispielsweise so vorgehen, dass man mit dem Intervall [x1 , x1 + `] startet und dann in einer Schleife den Abstand der rechten Intervallgrenze zu x1 mit jedem Schritt expo- 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN 89 nentiell wachsen lässt und für diese Punkte den Wert von f berechnet und mit f (x1 ) vergleicht. Mit dieser Methode ist im i-ten Schritt das Intervall von der Form [x1 , x1 + 2i `], i = 0, 1, . . . Da f (x1 ) = f (λ0 ) ein endlicher Wert ist, findet diese Schleife immer ein passendes x2 als rechte Intervallgrenze. Zu beachten ist, dass ` nicht zu groß zu wählen ist, um das Startintervall möglichst klein zu halten. Bei einer sehr kleinen Wahl können jedoch rechnerbedingte Rundungsfehler auftreten, die zu einem falschen Ergebnis führen können. Eine geeignete Wahl erscheint mir zum Beispiel ` = 1. Nachdem ein geeignetes Startintervall gefunden wurde, kann der Algorithmus der Minimalstellensuche beginnen. Im ersten Schritt des Suchalgorithmus soll das Anfangsintervall zweimal im goldenen Schnitt wie in der nachfolgenden Grafik eingezeichnet geteilt werden, wobei die beiden Teilungspunkte mit a und b bezeichnet sind. a b x1 x2 Für a soll gelten: x2 − a =ϕ a − x1 ⇔ x2 − a = ϕ(a − x1 ) ⇔ ϕa + a = x2 + ϕx1 x2 + ϕx1 ⇔a= . ϕ+1 Ebenso soll für b gelten: b − x1 =ϕ x2 − b ⇔ b − x1 = ϕ(x2 − b) ⇔ b + ϕb = ϕx2 + x1 x1 + ϕx2 , ⇔b= ϕ+1 wobei b auch mit Hilfe von a ausgerechnet werden kann (oder umgekehrt), denn es gilt für die entsprechenden Streckenabschnitte: a − x1 = x2 − b, also b = x1 + x2 − a bzw. a = x1 + x2 − b. (5.6) Hat man die Punkte a und b bestimmt, so werden die Funktionswerte dieser beiden Punkte berechnet. Ist f (a) > f (b), so befindet sich die gesuchte Minimalstelle im Intervall [a, x2 ], ist umgekehrt f (a) < f (b), so befindet sie sich im Intervall [x1 , b]. 90 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN f (a) f (b) f (b) a f (a) b x1 a x2 b x1 f (a) ≥ f (b) x2 f (a) < f (b) Fall f (a) ≥ f (b): Das neue, kleinere Intervall [a, x2 ] ist durch b bereits einmal im goldenen Schnitt geteilt, was aus den Eigenschaften des goldenen Schnitts folgt (siehe goldenes Rechteck), der zweite Punkt für die Unterteilung kann nun aber ganz einfach aus Formel (5.6) mit Variablenumbenennung berechnet werden als c = a + x2 − b. Es teilen dann b und c, b < c, das Intervall [a, x2 ] im goldenen Schnitt. Fall f (a) < f (b): Das neue, kleinere Intervall [x1 , b] ist durch a bereits einmal im goldenen Schnitt geteilt und der zweite Punkt für die Unterteilung kann analog zum anderen Fall berechnet werden als c = x1 + b − a. Die Punkte a und c mit c < a teilen das Intervall [x1 , b] im goldenen Schnitt. Dieses Verfahren wird iterativ wiederholt, wobei sich das Intervall, in dem sich die Minimalstelle befindet, immer um den gleichen Faktor verkleinert, bis die Abstände der Intervalle eine vorher festgelegte Breite unterschreiten, also wenn die Minimalstelle eng genug eingegrenzt ist. Als Lösung kann dann ein Element aus diesem Intervall, zum Beispiel der Unterteilungspunkt, der für dieses Intervall schon berechnet ist, genommen werden. Das Verfahren des goldenen Schnitts ist in Algorithmus 5.3 beschrieben. Die über den Algorithmus gefundene Minimalstelle λ∗ kann nun in unsere Funktion N 1 X f (λ∗ ) = (CM od (λ∗ , k) − CM kt (k))2 N k=1 eingesetzt werden. Es muss dann, analog wie beim Suchalgorithmus aus Abschnitt 5.1.3, bestimmt werden, ob das gefundene λ∗ den Fehler des Modells zu den Marktpreisen klein genug hält, ob also f (λ∗ ) ≤ ε für ein vorher festgelegtes ε > 0 gilt. Ist dem nicht so, so ist das λ-Modell nicht für die Optionspreisfindung zu den gegebenen Marktdaten geeignet und es muss zur Erweiterung dieses Modells, die in Abschnitt 5.2 vorgestellt wird, übergegangen werden. Wir wollen nun anhand eines Beispiels verdeutlichen, wie das λ-Modell zur Optionspreisfindung in einem konkreten Fall angewendet wird. 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN 91 Eingabe: λ0 ≤ x1 < x2 ; > 0; f : [λ0 , ∞) → R √ 1+ 5 ϕ= 2 ; +ϕx1 ; a = x2ϕ+1 b = x1 + x2 − a; while x2 − x1 > do Berechne f (a) und f (b) als Fehler des Modells; dabei wird für a und b jeweils ein kompletter Baum mit den N Optionspreisen CM od berechnet; if f (a) > f (b) then x1 = a; a = b; b = x1 + x2 − a; λ=b else x2 = b; b = a; a = x1 + x2 − b; λ=a end end Ergebnis: λ Algorithmus 5.3: Finden einer Minimalstelle mit dem Verfahren des goldenen Schnitts. Die Intervallbreite ist hierbei üblicherweise von der Maschinengenauigkeit abhängig gewählt. 92 5.1.5 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN Beispielanwendung des λ-Modells zur Optionspreisfindung mit fiktiven Marktdaten Beispiel 5.2. Ein Kunde möchte bei einer Bank eine Calloption auf Aktie S, die in T = 5 Jahren fällig sein soll, mit Strikepreis K = 105 kaufen. Der Bankangestellte schaut zunächst an der Börse nach, wie hoch der aktuelle Marktpreis für solch eine Option ist und stellt fest, dass diese momentan nicht gehandelt wird. Er muss also selbst einen Preis für diese Option bestimmen. Da jedoch Optionen zu anderen Strikepreisen mit derselben Laufzeit auf S gehandelt werden, will er unter Zuhilfenahme dieser Marktpreise den Preis für die Option, die der Kunde kaufen möchte, festlegen. Der Bankangestellte trägt folgende Informationen zusammen, wobei alle Optionen europäischen Typs sind: Typ Call Call Put Call Put Put Put Call Call Strike K 100 108 160 130 130 125 145 95 122 Marktpreis 24,87 19,56 24,51 8,53 7,78 5,88 15,15 28,42 11,87 Außerdem ist S momentan 102 wert, den Zinssatz schätzt er während der kommenden 5 Jahre auf r = 0, 05. Die implizite Volatilität wird ihm mit den Daten von der Börse mitgeliefert und als σ = 9% angegeben. Mithilfe des λ-Modells will er nun den Optionspreis schätzen und dabei den mittleren, quadratischen Fehler kleiner als 3 Cent halten, weshalb er ε = 0, 03 setzt. Außerdem soll der erzeugte Baum n = 9 Perioden haben. Generischer Suchalgorithmus Der Bankangestellte erhält als Ergebnis des generischen Suchverfahrens aus Abschnitt 5.1.3 einen nicht-rekombinierbaren Binomialbaum in n = 9 Perioden mit Parameter λ∗1 = 0, 031789. An der entsprechenden Stelle im Quellcode erfolgte die Eingabe der Marktpreise mit C _ Mkt = c (24.87 ,19.56 ,24.51 , 8.53 , 7.78 , 5.88 ,15.15 ,28.42 ,11.87) Verfahren des goldenen Schnitts Eine Implementierung des Verfahrens des goldenen Schnitts in R ist im nachfolgenden Quellcode dargestellt: Quellcode 3 (Verfahren des goldenen Schnitts zur λ-Suche): 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN # # Marktparameter T <- 5 sigma _ 0 <- 0.09 S _ 0 <- 102 r <- 0.05 # # Optionen am Markt Typ <- c (0 , 0 , 1 , 0 , 1 , 1 , 1 , 0 , 0) # # 0= Call ,1= Put K <- c (100 ,108 ,160 ,130 ,130 ,125 ,145 ,95 ,122) C _ Mkt <- c (24.87 ,19.56 ,24.51 , 8.53 , 7.78 , 5.88 ,15.15 ,28.42 ,11.87) N <- length ( K ) # # gewaehlte Parameter n <- 9 epsilon <- 0.03 Deltat <- T / n lambda _ 0 <- (1 / T ) * log ( abs ( r ) * sqrt ( Deltat ) / sigma _ 0) Abbruch <- 0.00000001 # # Laenge des Intervalls [ x _ 1 , x _ 2] ## Variableninitialisierung sigma <- rep (0 , n ) u <- rep (0 , n ) d <- rep (0 , n ) p <- rep (0 , n ) S <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) S [1 ,1] <- S _ 0 V <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) C _ Mod <- rep (0 , N ) # # Intervall zur M i n im a l st e l le n s uc h e x _ 1 <- 0 x _ 2 <- 0.4 phi <- (1+ sqrt (5)) / 2 a <- ( x _ 2+ phi * x _ 1) / ( phi +1) b <- x _ 1 + x _ 2 -a # # Lambdasuche : Es werden immer zwei Baeume # # ( fuer a und b ) berechnet Fehler <- epsilon + 1 while ( Fehler > epsilon ) { # # Berechne Baum fuer lambda = a for ( i in 1: n ) { sigma [ i ] <- sigma _ 0 * exp ( a * (i -1) * Deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 d [ i ] <- exp ( - sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 p [ i ] <- ( exp ( r * Deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) for ( j in 1:(2^ i )) { 93 94 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j ) / 2] * (1+ u [ i ]) } else { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j +1) / 2] * (1+ d [ i ]) } } } # # Berechne N Modellpreise fuer lambda = a for ( k in 1: N ) { for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Typ [ k ] == 0){ V [ n +1 , j ] <- max (0 , S [ n +1 , j ] - K [ k ]) / exp ( r * n * Deltat ) } else { V [ n +1 , j ] <- max (0 , K [ k ] - S [ n +1 , j ]) / exp ( r * n * Deltat ) } } for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { V [i , j ] <- p [ i ] * V [ i +1 ,2 * j ]+(1 - p [ i ]) * V [ i +1 ,2 *j -1] } } C _ Mod [ k ] <- V [1 ,1] } # # Fehler fuer lambda = a FehlerA <- (1 / N ) * sum (( C _ Mod - C _ Mkt ) * ( C _ Mod - C _ Mkt )) # # Berechne Baum fuer lambda = b for ( i in 1: n ) { sigma [ i ] <- sigma _ 0 * exp ( b * (i -1) * Deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 d [ i ] <- exp ( - sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 p [ i ] <- ( exp ( r * Deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j ) / 2] * (1+ u [ i ]) } else { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j +1) / 2] * (1+ d [ i ]) } } } # # Berechne N Modellpreise fuer lambda = b for ( k in 1: N ) { for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Typ [ k ] == 0){ V [ n +1 , j ] <- max (0 , S [ n +1 , j ] - K [ k ]) / exp ( r * n * Deltat ) } else { V [ n +1 , j ] <- max (0 , K [ k ] - S [ n +1 , j ]) / exp ( r * n * Deltat ) } } 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN 95 for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { V [i , j ] <- p [ i ] * V [ i +1 ,2 * j ]+(1 - p [ i ]) * V [ i +1 ,2 *j -1] } } C _ Mod [ k ] <- V [1 ,1] } # # Fehler fuer lambda = b FehlerB <- (1 / N ) * sum (( C _ Mod - C _ Mkt ) * ( C _ Mod - C _ Mkt )) Fehler = min ( c ( FehlerA , FehlerB )) # # Abfrage , welcher Fehler der Zwischenwerte groesser ist # # Bestimmung des neuen Intervalls [ x _ 1 , x _ 2] if ( FehlerA > FehlerB ){ x _ 1 <- a a <- b b <- x _ 1+ x _ 2 - a lambda <- a } else { x _ 2 <- b b <- a a <- x _ 1+ x _ 2 - b lambda <- b } # # Falls die Intervallbreite die Schranke unterschreitet , # # Abbruch des Verfahrens if ( x _ 2 - x _ 1 < Abbruch ){ print ( " Abbruch ! " ) break } } # # Ausgabe des Ergebnisses print ( " Minimalstelle lambda : " ) print ( lambda ) print ( " Fehler : " ) print ( Fehler ) Dabei ist die Laufzeit dieses Programms deutlich kürzer als die des generischen Suchalgorithmus. Der generische Suchalgorithmus benötigt für die Berechnung der Minimalstelle ca. 8 Minuten und 11,81 Sekunden, ist also nicht wirklich praktikabel. Im Vergleich dazu benötigt das Verfahren des goldenen Schnitts für die Berechnung der Minimalstelle 3,65 Sekunden. Hierbei wurde ein Computer mit folgenden Spezifikationen verwendet: CPU: Intel Core i7 – 2,40 GHz, RAM: 8 GB, BS: MS-Windows 8.1 (64-Bit). Für die Laufzeitangabe wurde die RFunktion proc.time() verwendet. Warum der generische Suchalgorithmus trotz der langen Durchlaufzeiten in dieser Arbeit aufgeführt wird hat den Grund, dass er immer, auch ohne die Abhängigkeit von λ und f (λ) zu kennen, anwendbar ist. 96 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN Mit dem Verfahren des goldenen Schnitts erhält der Bankangestellte in kürzester Zeit als Ergebnis: [1] [1] [1] [1] " Minimalstelle lambda : " 0.03606798 " Fehler : " 0.02522075 Es ist λ∗2 = 0, 03606798 und damit ungefähr so groß wie λ∗1 . Aus beiden Ergebnissen errechnet er sich mit folgendem Programm den Preis der Option, wobei im Quellcode der Wert für λ aus dem generischen Algorithmus (λ∗1 ) eingesetzt ist. Quellcode 4 (Berechnung des Optionspreises mit Eingabe von λ): T <- 5 sigma _ 0 <- 0.09 S _ 0 <- 102 r <- 0.05 n <- 9 sigma <- rep (0 , n ) u <- rep (0 , n ) d <- rep (0 , n ) p <- rep (0 , n ) S <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) S [1 ,1] <- S _ 0 V <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) deltat <- T / n lambda <- 0.031789 Typ <- 0 # # Call K <- 105 for ( i in 1: n ) { sigma [ i ] <- sigma _ 0 * exp ( lambda * (i -1) * deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( deltat )) -1 d [ i ] <- exp ( - sigma [ i ] * sqrt ( deltat )) -1 p [ i ] <- ( exp ( r * deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j ) / 2] * (1+ u [ i ]) } else { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j +1) / 2] * (1+ d [ i ]) } } 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN 97 } for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Typ == 0){ V [ n +1 , j ] <- max (0 , S [ n +1 , j ] - K ) / exp ( r * n * deltat ) } else { V [ n +1 , j ] <- max (0 ,K - S [ n +1 , j ]) / exp ( r * n * deltat ) } } for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { V [i , j ] <- p [ i ] * V [ i +1 ,2 * j ]+(1 - p [ i ]) * V [ i +1 ,2 *j -1] } } print ( " Optionspreis " ) print ( V [1 ,1]) Der Preis wird ihm ausgegeben als [1] " Optionspreis : " [1] 21.66245 Mit dem λ aus dem Verfahren des goldenen Schnitts bekommt er als Ausgabe: [1] " Optionspreis " [1] 21.71021 Beide Berechnungsarten kommen also zu einem ähnlichen Ergebnis und der Bankangestellte muss in etwa 21, 70 Euro vom Kunden für diese Option verlangen, mit Gewinnaufschlag und Einberechnung des Fehlers ε bei der Erzeugung der Modellbäume etwas mehr. Zum Vergleich dazu beträgt der Preis mit Hilfe der Black-Scholes-Formel ausgerechnet ungefähr 21,49 Euro (als σ wurde die Startvolatilität σ(0) des λ-Modells verwendet). Da bei der Kalibrierung des nicht-rekombinierbaren Binomialbaums (mit beiden Methoden) ein λ > 0 gefunden wird, die Volatilität mit der Zeit also steigt, ist auch der Preis der Calloption, der mit diesem Baummodell ausgerechnet wird, höher als der Preis, der bei der Anwendung des Black-Scholes-Modells ausgegeben wird, da hier die Volatilität konstant bleibt, also kleiner gleich der im Baummodell ist. Für den Zusammenhang von Optionspreis und Volatilität gilt, dass die partielle Ableitung des Optionspreises nach σ, die mit vega bezeichnet wird (einer der Griechen“, das sind bestimmte Kennzahlen im Zusammenhang mit Hedging), ” immer größer 0 ist, wenn europäische Call- und Putoptionen betrachtet werden. 5.1.6 Test des λ-Modells mit echten Marktdaten Der folgende Testlauf des λ-Modells verwendet die Aktie der Siemens AG sowie Optionen mit einer Restlaufzeit von 14 Tagen, ausgehend vom 03.02.2014, ausgegeben von der Citigroup Global Markets Deutschland AG. Die Auswahl der Aktie erfolgte hierbei willkürlich, lediglich einen gewissen Bekannheitsgrad sollte das Unternehmen aufweisen. Alle Werte sind der Seite www.boerse.de entnommen, mit Ausnahme des Zinssatzes. 98 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN Aktienkurs (Siemens) Volatilität σ Zinssatz r Tabelle 5.4: 03.02.2014 Stand 03.02.2014, 15:28 historisch, 14 Tage, 03.02.2014 03.02.2014, EONIA Monthly Average, Jan. 2014 Wert 93,74 Euro 27,65% 19,6% Basiswert Siemens-Aktie und Marktparameter vom Die historischen Zinssatzdaten des EONIA (Euro OverNight Index Average) finden sich beispielsweise auf www.euribor-ebf.eu/index.php. Der EONIA gibt, im Unterschied zum EURIBOR, Referenzzinssätze für unbesicherte Ausleihungen von einem Tag zum nächsten an, wohingegen der EURIBOR Termingelder mit Laufzeiten von mindestens einer Woche zugrunde legt. Die historische Volatilität wurde anhand der Faustregel, dass die Länge der Historie in etwa der Laufzeit, also 14 Tagen, entsprechen soll, gewählt und der bereits genannten Internetseite entnommen. Auf eine Berechnung der impliziten Volatilität habe ich hier verzichtet, da die historische Volatilität für verschieden lange Historien, auch für 14 Tage, bei den Börsendaten mit angegeben war. Zu den Optionen auf die Siemens-Aktie lagen folgende Marktdaten vor: Typ Call Call Call Call Call Call Call Call Call Call Call Call Strike K 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 Fälligkeit 17.02.2014 17.02.2014 17.02.2014 17.02.2014 17.02.2014 17.02.2014 17.02.2014 17.02.2014 17.02.2014 17.02.2014 17.02.2014 17.02.2014 Marktpreis 14,10 12,20 10,20 8,30 6,30 4,60 3,00 1,70 0,89 0,39 0,13 0,04 Tabelle 5.5: Marktdaten für 12 Calloptionen auf die Siemens-Aktie vom 03.02.2014, 15:29. Die Optionen wurden mit einem Bezugsrecht von 1:10 ausgegeben, d. h. mit einem Kauf von 10 Optionscheinen hat der Käufer das Recht, eine Einheit des Basiswerts (der Siemens-Aktie) zum Strikepreis zu kaufen. Entsprechend sind die Marktpreise in der Tabelle mit 10 multipliziert angegeben, um unsere Bewertungsformel anwenden zu können. Quelle: http://www.boerse.de/optionsscheine/calls/Siemens/DE0007236101 Für diese Marktdaten wird nun der Preis einer Calloption auf die Siemens-Aktie mit derselben Laufzeit und Strikepreis K = 91 berechnet. Das entsprechende R-Programm setzt sich aus den bisher angegebenen Quellcodes zusammen, ist im Ganzen im Anhang ab Seite 127 zur Überprüfung nochmals angegeben. 5.1. BINOMIALBAUM MIT MODELLANNAHMEN 99 Es wird das Verfahren des goldenen Schnitts verwendet, wobei ein geeignetes Startintervall numerisch über eine Schleife, wie in Abschnitt 5.1.4 beschrieben, bestimmt wird. Anschließend wird mit der gefundenen Minimalstelle und dem daraus resultierenden Baummodell der Optionspreis für K = 91 berechnet. Die Ausgabe des Programms ist folgende: [1] " Minimalstelle lambda : " [1] -24.0314 [1] " mittlerer , quadrierter Fehler " [1] " zwischen Modell - und Marktpreisen unter lambda : " [1] 0.01328921 [1] " epsilon : " [1] 0.015 [1] " Modellpreise ( unter lambda ): " [1] 14.34745974 12.36264623 10.37783273 8.39756897 [5] 6.44951934 4.60554440 2.98380947 1.70426355 [9] 0.83126576 0.33285776 0.10138467 0.01913613 [1] " Marktpreise ( nach Eingabe ): " [1] 14.10 12.20 10.20 8.30 [5] 6.30 4.60 3.00 1.70 [9] 0.89 0.39 0.13 0.04 [1] [1] [1] [1] [1] [1] " Modell - Optionspreis : " 3.757872 " Vergleichsmarktpreis :" 3.8 " Quadrierter Fehler der beiden Preise : " 0.001774762 Bei der ausgegebenen Minimalstelle fällt auf, dass sie negativ ist und betragsmäßig recht hoch erscheint. Diese beiden Beobachten sind allerdings getrennt zu betrachten. Die Negativität der Minimalstelle bedeutet, dass die Volatitlität der Aktie über die Zeit abnimmt. Wie stark diese Abnahme jedoch tatsächlich ist, kann nur in Zusammenhang mit der Größe ∆t = Tn , also dem Fälligkeitszeitpunkt T und der Periodenanzahl n des Baumes beurteilt werden. T hängt jedoch wiederum von der Skalierung ab, also ob damit zum Beispiel Tage oder Jahre angegeben werden, was auch eine entsprechende Anpassung des Zinssatzes nach sich zieht. Diese Skalierung beeinflusst auch die betragsmäßige Größe der Minimalstelle. In dem Fall hier zählt T die Jahre bis zur Fälligkeit der Option, also 14 T = 360 . Entsprechend ist ∆t sehr klein und deswegen λ betragsmäßig eher größer, um die Volatilität zu schätzen (Erinnerung: σ(i) = σ(0)eλi∆t ). Wäre T in Tagen angegeben, wäre ∆t bei gleicher Wahl von n größer, λ hätte also, um auf etwa dieselbe Volatilität zu kommen, einen betragsmäßig deutlich geringeren Wert. Insofern sind direkte Vergleiche verschiedener Werte für λ nur bedingt aussagekräftig. Der Referenzwert (Vergleichsmarktpreis) für die Calloption zu Strikepreis K = 91 ist ebenfalls der genannten Internetseite entnommen, geht in die Berechnung des Modells aber nicht ein. Der geforderte, maximale Fehler zwischen den Modell- und den Marktpreisen liegt unterhalb des Niveaus ε = 0, 015. Die quadratische Abweichung des berechneten Optionspreises für K = 91 zum 100 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN Referenzpreis beträgt ebenfalls weniger als 0, 015. Zur Veranschaulichung der Abhängigkeit von Strikepreis und Marktoptionspreis bzw. Strikepreis und Modelloptionspreis siehe Abbildung 5.6, in die der Referenzwert ebenfalls eingetragen ist. Der Graph der Fehlerfunktion, auf dem die Minimalstelle ebenfalls erkennbar ist, ist in Abbildung 5.7 dargestellt. Man kann nun vermuten, dass für diese Aktie das Modell gut zu funktionieren scheint, d. h. dass die Aktie sich in etwa nach dem vorgegebenen Schema verhält. Dies muss natürlich nicht immer so sein. Falls das λ-Modell keine guten Ergebnisse liefert, kann es, wie im nächsten Abschnitt beschrieben, abgewandelt werden. 5.2 Nicht-rekombinierbarer Binomialbaum ohne Modellannahmen Im vorigen Abschnitt wurde stets vorausgesetzt, dass sich das betrachtete Wertpapier innerhalb eines festen Schemas verhält, das durch Setzen des Parameters λ gesteuert werden kann. Dieses Vorgehen besitzt zwar mehr Freiheiten als das CRR-Modell, kann aber in manchen Fällen, bei denen sich das Wertpapier deutlich außerhalb des vorgegebenen Musters bewegt, trotzdem keinen passenden Modellbaum liefern. Eine Möglichkeit, wie das im vorigen Abschnitt vorgestellte Verfahren zur Optionspreisfindung aus Marktdaten weiterentwickelt werden kann, um sich von den Schemavorgaben des nicht-rekombinierbaren Binomialbaums aus Abschnitt 5.1 zu lösen, stellen C. Charalambous, N. Christofides, E. D. Constantinide und S. H. Martzoukos in ihrer Arbeit [7] vor. Hierbei werden die Knoten eines zu Anfang gegebenen Baumes nach und nach so abgeändert, dass der daraus entstehende Baum die Marktdaten möglichst genau approximiert. Es wird also nicht über λ approximiert, sondern über jeden einzelnen Knoten S(i, j). Die Menge dieser Knoten sei mit S bezeichnet und gegeben durch S = {(S(1, 0), S(1, 1), S(2, 0), . . . , S(2, 3), . . . , S(n, 2n − 1))| i S(i, j) ∈ R+ 0 ; i = 1, . . . , n; j = 0, . . . , 2 − 1}. S(0, 0) als Startwert des Wertpapiers ist bekannt und somit kein unbekannter Parameter. Mit den Bezeichnungen aus dem vorigen Abschnitt kann das neue Optimierungsproblem nun umformuliert werden zu: min x∈S N X wk f (CM od (x, k), CM kt (k)). k=1 Dies ist ein nicht-konvexes Minimierungsproblem unter Nebenbedingungen, wobei f wieder die Kleinste-Quadrate-Funktion f (a, b) = (a − b)2 sein wird. Ich werde im Folgenden die Herleitung des Optimierungsansatzes erläutern, ein explizites Beispiel aber nicht ausführen. Ein solches findet sich in ausführlicher 101 12 10 8 6 4 2 0 C_Mkt (Kringel), C_Mod (Kreuze), Referenzgröße (Dreieck) 14 5.2. BINOMIALBAUM OHNE MODELLANNAHMEN 80 85 90 95 100 K 0.0138 0.0132 0.0134 0.0136 Fehler 0.0140 0.0142 0.0144 Abbildung 5.6: Optionspreis in Abhängigkeit vom Strikepreis. Die Kringel markieren die Marktpreise, die in die Berechnung des Modells eingehen, die Kreuze die Modellpreise. Das Dreieck ist die Referenzgröße, also der Marktpreis für K = 91, der in die Modellbildung nicht einbezogen wird. −25 −24 −23 −22 −21 −20 −19 Lambda Abbildung 5.7: Fehlerfunktion für die Siemens-Aktie. 102 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN Weise in [7] und verwendet Preise für Calloptionen auf den FTSE 100 Index, einem der wichtigsten britischen Aktienindizes, aus dem Jahr 2003. Da die Autoren alle Formeln stets unter Berücksichtigung einer zunächst zeitunanbhängigen Dividendenrate δ formulieren, werde ich dies auch tun. −δ spielt im Wesentlichen eine ähnliche Rolle wie der Zinsfaktor r, weswegen an allen Stellen, an denen er im Zusammenhang mit dem Wertpapier vorkommt, ein er−δ steht. 5.2.1 Initialisierung des nicht-rekombinierbaren Binomialbaums Wie eingangs erwähnt, muss zunächst ein Startbaum gewählt werden, von dem aus der Optimierungsalgorithmus gestartet werden kann. Geeignet hierfür ist ein Baum, der mit den Modellannahmen des vorigen Abschnitts gebildet wird. Ein guter Wert für λ kann mithilfe des entsprechenden Algorithmus’ gefunden werden. Der initiale Baum sollte die Marktpreise bereits einigermaßen gut annähern, sodass der weitere Optimierungsprozess in absehbarer Zeit erfolgen kann. Die Tatsache, dass σ, und in diesem Zusammenhang insbesondere u und d im Startbaum nur von der Zeit, nicht aber der Höhe des Baums abhängen, wird im weiteren Verlauf verschwinden, wenn die Werte der Knoten S(i, j) angepasst werden. Entsprechend ändern sich dann die Werte für u(i, j) und d(i, j), die dann zusätzlich von j abhängen werden. Mit 1 + u(i) = eσ(i) √ ∆t und 1 + d(i) = wobei " 1 ln σ(i) = σ(0)eλ·i·∆t , λ ∈ T 1 , i = 0, . . . , n − 1, 1 + u(i) ! √ ! |r − δ| ∆t ,∞ σ(0) gilt, erfolgt die Entwicklung des initialen Baums anhand des Schemas p(i, j) S(i, j) · eσ(0)e λ·i·∆t √ ∆t S(i, j) 1 − p(i, j) λ·i·∆t S(i, j) · e−σ(0)e √ ∆t Wie vorher erhält man im Startbaum diejenigen Werte für S mit geradem j über die Formel S(i, j) = S(i − 1, 2j ) · (1 + d(i − 1)), i = 1, . . . , n, j = 0, 2, . . . , 2i − 2, und die Werte der ungerade Knoten über i S(i, j) = S(i − 1, j−1 2 ) · (1 + u(i − 1)), i = 1, . . . , n, j = 1, 3, . . . , 2 − 1. 5.2. BINOMIALBAUM OHNE MODELLANNAHMEN 5.2.2 103 Risikoneutrale Übergangswahrscheinlichkeiten Wie in Abschnitt 4.2 erläutert, gilt für das äquivalente Martingalmaß, das hier mit P bezeichnet wird, p(i, j) = = = e(r−δ)∆t − (1 + d(i, j)) (1 + u(i, j)) − (1 + d(i, j)) S(i, j)e(r−δ)∆t − S(i, j)(1 + d(i, j)) S(i, j)(1 + u(i, j)) − S(i, j)(1 + d(i, j)) S(i, j)e(r−δ)∆t − S(i + 1, 2j) , i = 0, . . . , n − 1, j = 0, . . . , 2i − 1. S(i + 1, 2j + 1) − S(i + 1, 2j) (5.7) Entsprechend ist 1 − p(i, j) = 1 − = S(i, j)e(r−δ)∆t − S(i + 1, 2j) S(i + 1, 2j + 1) − S(i + 1, 2j) S(i + 1, 2j + 1) − S(i, j)e(r−δ)∆t . S(i + 1, 2j + 1) − S(i + 1, 2j) p(i, j) bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, mit der von Knoten S(i, j) nach Knoten S(i + 1, 2j + 1) gesprungen wird, und 1 − p(i, j) die Wahrscheinlichkeit eines Sprungs von Knoten S(i, j) nach S(i + 1, 2j). Die Darstellung von p in Abhängigkeit der Knoten wird später noch benötigt. 5.2.3 Bedingungen für Arbitragefreiheit Nachdem nun ein initialer, nicht-rekombinierbarer Binomialbaum gebildet ist, dessen Arbitragefreiheit von der Wahl von λ abhängt, müssen zunächst noch die Bedingungen, unter denen N X wk f (CM od (x, k), CM kt (k)), x ∈ S k=1 minimiert werden soll, gestellt werden. Diese stellen sicher, dass der über den Algorithmus gefundene Baum wiederum arbitragefrei ist, die Werte von S nicht negativ und die Optionspreise gültig sind. Die Bedingungen werden hierbei direkt an alle Knoten S(i, j) gestellt. Zunächst sollen die Bedingungen für Risikoneutralität und Arbitragefreiheit in unserem nicht-rekombinierbaren Binomialbaum genauer erläutert werden. Die Übergangswahrscheinlichkeit p(i, j), wie sie in Gleichung 5.7 definiert wurde, nimmt Werte zwischen 0 und 1 an, denn für einen risikoneutralen Baum muss gelten: S(i, j)e(r−δ)∆t ≤ S(i + 1, 2j + 1) und S(i, j)e(r−δ)∆t ≥ S(i + 1, 2j), i = 0, . . . , n − 1, j = 0, . . . , 2i − 1. Diese Bedingungen bedeuten nichts anderes, als dass das Wertpapier, wenn es sich anhand des Baums entwickelt, die beiden 104 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN Möglichkeiten hat, entweder stärker zu steigen oder stärker zu fallen, als wenn man es risikolos auf der Bank anlegen würde. Desweiteren haben wir in Abschnitt 2.3.2 gesehen, dass Optionen, im Speziellen Call- und Putoptionen, auch ohne spezifische Annahmen durch Schranken nach oben und unten beschränkt sind, wenn Arbitragemöglichkeiten verhindert werden sollen. Für den europäischen Call mit Dividendenzahlungen lautet die Ungleichung wie folgt: (S(i, j)eδ(i∆t−T ) − Ker(i∆t−T ) )+ ≤ C(i, j) ≤ S(i, j) bzw. für den Startzeitpunkt i = 0 (S(0, 0)e−δT − Ke−rT )+ ≤ CM od ≤ S(0, 0). Für die Putption gilt die Formel analog aus Abschnitt 2.3.2. Außerdem gelte wie immer, dass S(i, j) ≥ 0 für alle i, j. Nun kann das Minimierungsproblem unter den (linearen) Nebenbedingungen aufgestellt werden. 5.2.4 Das Optimierungsproblem Alle diese Bedingungen sollen nun zusammengefasst werden und als lineare Nebenbedingungen unseres Minimierungsproblems min x∈S N X wk f (CM od (x, k), CM kt (k)) (5.8) k=1 fungieren, wobei stets die Formeln für den Call angegeben sind: g1 (i, j) = S(i, j)e(r−δ)∆t − S(i + 1, 2j) ≥ 0, i = 0, . . . , n − 1, j = 0, . . . , 2i − 1 (r−δ)∆t g2 (i, j) = S(i + 1, 2j + 1) − S(i, j)e ≥ 0, i = 0, . . . , n − 1, j = 0, . . . , 2i − 1 g3 (k) = S(0, 0) − CM od (k) ≥ 0, g4 (k) = CM od (k) − (S(0, 0)e g5 (i, j) = S(i, j) ≥ 0, −δT k = 1, . . . , N (5.10) (5.11) −rT + − K(k)e (5.9) ) ≥ 0, i i = 1, . . . , n, j = 0, . . . , 2 − 1 k = 1, . . . , N (5.12) (5.13) Hierbei sind (5.9) und (5.10) die Bedingungen für Risikoneutralität, und (5.11) und (5.12) aus der Ungleichung, die für Call-Optionen gilt. Zusammen mit (5.8) ist das zu lösende Problem ein nicht-konvexes Optimierungsproblem unter linearen Nebenbedingungen. Um dieses Problem zu lösen, wird es in ein nichtlineares Minimierungsproblem ohne Nebenbedingungen umgewandelt, und zwar mit der Methode der Straffunktionen (Penalty Function Method, z. B. [23],[8]). Hierbei wird der Zielfunktion ein Strafterm hinzugefügt, der dann hohe Kosten verursacht, wenn die Nebenbedingungen des ursprünglichen Problems verletzt 5.2. BINOMIALBAUM OHNE MODELLANNAHMEN 105 Eingabe: Parameter für initialen Baum im λ-Modell; c > 1; ε > 0 Bestimme optimalen Initialbaum aus eingegebenen Parametern und erhalte so x0 ∈ S; s = 1; α1 = 1; while P (x0 ) > 0 ∨ Ts (x0 ) > ε do Wende Quasi-Newton-Algorithmus zum Finden des Minimums mit Startwert x0 auf Ts an; Ergebnis: xs ∈ S x0 = xs ; s = s + 1; αs = c · αs−1 ; end Ergebnis: x0 ∈ S minimiert transformierte Zielfunktion Algorithmus 5.8: Optimierung des nicht-rekombiniebaren Binomialbaums. Hierbei wird sowohl überprüft, ob die Strafterme gleich Null sind, als auch, ob der gesamte Term Ts klein genug ist. Ist das ε so groß“ gewählt, ” dass der Initialbaum aus der λ-Methode diese Bedingung bereits erfüllt, denn der Strafterm ist beim Initialbaum immer gleich Null, da der aus der λ-Methode gewonnene Baum arbitragefrei ist, so endet der Algorithmus sofort, ohne den Quasi-Newton-Algorithmus aufzurufen. werden – oder umgekehrt, der nicht ins Gewicht fällt, wenn die Nebenbedingungen erfüllt sind. Im Allgemeinen ist eine solche transformierte Zielfunktion mit Strafterm von der Gestalt Ts (x) = h(x) + αs P (x) mit h als ursprünglicher Zielfunktion, P als Strafterm und (αs )s als Folge von Strafparametern. Das Optimierungsproblem unter Nebenbedingungen ist nun eine Folge von Optimierungsproblemen ohne Nebenbedingungen der Form min Ts (x). Bei Nebenbedingungen in Form von Ungleichheiten, also gl (x) ≥ 0, l = 1, . . . , m, ist der Strafterm üblicherweise von der Gestalt P (x) = m X {min(gl (x), 0)}2 . l=1 Die αs bilden eine streng monoton wachsende Folge, die beispielsweise als αs+1 = cαs mit c > 1 (z. B. c = 10) gewählt werden kann. Üblicherweise ist α1 = 1. Das so umgeschriebene Problem können wir unter Verwendung des Quasi-Newton-Algorithmus, der im folgenden Abschnitt erläutert wird, mit der Exterior Penalty Function Method lösen, die, angewandt auf unser Problem, Algorithmus 5.8 liefert. 106 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN In der Regel konvergiert die Folge (xs )s ⊂ S aus dem Algorithmus mit wachsendem α gegen die Lösung des Problems mit Nebenbedingungen. Für das Problem sieht die Straffunktion bzw. die transformierte Zielfunktion folgendermaßen aus: Ts (x) = N X wk f (CM od (x, k), CM kt (k)) k=1 + αs i −1 n−1 X 2X {min(g1 (i, j), 0)}2 + {min(g2 (i, j), 0)}2 i=0 j=0 + αs N X {min(g3 (k), 0)}2 + {min(g4 (k), 0)}2 k=1 i n 2X −1 X + αs {min(g5 (i, j), 0)}2 i=1 j=0 Der Strafterm, also die zweite, dritte und vierte Zeile obiger Gleichung, gehen nur dann (positiv) in die Funktion Ts (x) ein, wenn x den Nebenbedingungen nicht genügt. Wenn auch nicht explizit erkennbar, so hängt dieser Strafterm natürlich auch ganz entscheidend von x ab. Zur Optimierung der transformierten Zielfunktion wird ein Quasi-Newton-Algorithmus verwendet, der zwar auf dem Newton-Algorithmus aufbaut, die HesseMatrix der zu minimierenden Funktion, also ihre zweiten Ableitungen, jedoch nur annährungsweise berechnet, um den Rechenaufwand in den Iterationsschritten klein zu halten. 5.2.5 Quasi-Newton-Algorithmus Der Quasi-Newton-Algorithmus, der in Algorithmus 5.8 Verwendung findet, soll zunächst allgemein erläutert werden. Die Notation bezieht sich hierbei nicht auf unser eigentlich zu lösendes Problem, um die Erläuterungen übersichtlicher zu gestalten. f : Rn → R sei eine zweifach stetig differenzierbare Funktion, deren Minimum bestimmt werden soll. Über eine Taylor-Entwicklung bis zum zweiten Grad kann f durch eine Näherungsfunktion approximiert werden. Diese Näherungsfunktion werde mit q bezeichnet. q(x) := f (a) + f 0 (a) f 00 (a) (x − a) + (x − a)2 1! 2! Für Funktionen mit zwei Variablen, also n = 2, ergibt sich für die Näherungsfunktion q(x1 , x2 ) =f (a1 , a2 ) + (x1 − a1 )fx1 (a1 , a2 ) + (x2 − a2 )fx2 (a1 , a2 ) 1 + (x1 − a1 )2 fx1 x1 (a1 , a2 ) 2! + 2(x1 − a1 )(x2 − a2 )fx1 x2 (a1 , a2 ) + (x2 − a2 )2 fx2 x2 (a1 , a2 ) , 5.2. BINOMIALBAUM OHNE MODELLANNAHMEN 107 was sich unter Verwendung der Formeln für den Gradienten und die HesseMatrix kürzer schreiben lässt: 1 q(x) = f (a) + (x − a)t ∇f (a) + (x − a)t Hf (a)(x − a) 2 mit ∇f (a) = und Hf (a) = ∂f ∂x1 (a) ∂f ∂x2 (a) ∂2f ∂x1 ∂x1 (a) ∂2f ∂x2 ∂x1 (a) ! ∂2f ∂x1 ∂x2 (a) ∂2f ∂x2 ∂x2 (a) ! . Wenn ein Minimum existiert, so muss die Ableitung von q an (mindestens) einer Stelle 0 sein: ∇q(x) = ∇f (a) + Hf (a)(x − a) = 0. (5.14) Ist Hf (a) positiv definit, so ist die Nullstelle der Ableitung von q tatsächlich ein xk,1 Minimum, das mithilfe des Newton-Verfahrens und der Folge (xk )k = xk,2 k angenähert werden kann: xk+1 = xk − Hf−1 (xk )∇f (xk ). Da Hf für obige Rechnung positiv definit und invertierbar sein muss, dies aber nicht von vornherein gelten muss, wird an dieser Stelle im Quasi-NewtonVerfahren eine Annäherung an Hf−1 (xk ) vorgenommen. Hierfür wird zunächst Formel (5.14) für xk und xk+1 umgeformt zu: ∇f (xk ) = −Hf (xk )(x − xk ) ∇f (xk+1 ) = −Hf (xk+1 )(x − xk+1 ) ∇f (xk ) von ∇f (xk+1 ) abgezogen ergibt: ∆gk := ∇f (xk+1 ) − ∇f (xk ) = −Hf (xk+1 )(x − xk+1 ) + Hf (xk )(x − xk ). (5.15) Nimmt man nun an, dass sich die Hesse-Matrix in den Punkten xk und xk+1 nur geringfügig unterscheidet, was man aufgrund der Stetigkeit der zweiten Ableitung von f und mit genügend kleinen Schritten der xk tun kann, so wird (5.15) von ∆gk ≈ −Hf (xk+1 )(xk − xk+1 ) approximiert. Die Inverse von Hf wird ersetzt durch M , sodass die Approximation eine Gleichung darstellt: Mk+1 ∆gk = xk+1 − xk =: ∆xk . (5.16) Die Matrix M soll sich gemäß der Vorschrift Mk+1 = Mk + cZZ t (5.17) 108 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN entwickeln, wodurch man (5.16) umschreiben kann zu Mk+1 ∆gk = (Mk + cZZ t )∆gk = Mk ∆gk + cZZ t ∆gk = ∆xk . Eine Umstellung ergibt cZ = (∆xk − Mk ∆gk )(Z t ∆gk )−1 . Somit können c und Z folgendermaßen gewählt werden: Z = ∆xk − Mk ∆gk c = (Z t ∆gk )−1 Für M gilt dann Mk+1 = Mk + (∆xk − Mk ∆gk )(∆xk − Mk ∆gk )t . (∆xk − Mk ∆gk )t ∆gk Dieses M ist nun immer symmetrisch, muss aber nicht zwangsläufig positiv definit sein. Durch eine kleine Abänderung kann dies jedoch erreicht werden. Man ändert Formel (5.17) ab zu Mk+1 = Mk + cZZ t + dY Y t . Dann ist Mk ∆gk + cZZ t ∆gk + dY Y t ∆gk = ∆xk ⇐⇒ ∆xk − Mk ∆gk = cZZ t ∆gk + dY Y t ∆gk = c(Z t ∆gk )Z + d(Y t ∆gk )Y, d. h. ∆xk −Mk ∆gk ist eine Linearkombination aus Z und Y . Setzt man nun Z = ∆xk und Y = Mk ∆gk und nimmt an, dass diese beiden Vektoren unabhängig voneinander sind, so folgt ∆xk − Mk ∆gk = c(∆xtk ∆gk )∆xk + d((Mk ∆gk )t ∆gk )Mk ∆gk , was gilt, wenn c = (∆xtk ∆gk )−1 und d = −((Mk ∆gk )t ∆gk )−1 = −(∆gkt Mk ∆gk )−1 . Die Formel für M lautet also Mk+1 = Mk + ∆xk ∆xtk Mk ∆gk (Mk ∆gk )t − . ∆xtk ∆gk ∆gkt Mk ∆gk Diese iterative Formel geht auf Broyden, Fletcher, Goldfarb und Shanno bzw. Davidon, Fletcher und Powell zurück und wird auch BFGS- bzw. DFP-UpdateFormel genannt. Für tiefer gehende Erläuterungen, insbesondere zur Forderung nach der Entwicklung von M , siehe beispielsweise [20]. In der hergeleiteten Formel für M als Approximation der Hesse-Matrix ist Mk+1 symmetrisch und positiv definit, wenn Mk bereits symmetrisch und positiv definit war und außerdem gilt, dass ∆xtk ∆gk > 0. 5.2. BINOMIALBAUM OHNE MODELLANNAHMEN 5.2.6 109 Differenzierbare Approximation für die Auszahlungsfunktion einer Call-Option Um Ts zu minimieren, muss Ts (x) in der Anwendung des Quasi-Newton-Algorithmus nur einmal nach x abgeleitet werden, da, mit den Bezeichnungen des vorigen Abschnitts, die zweite Ableitung über die Folge (Mk )k angenähert wird, wobei Mk nur von Differenzen der ersten Ableitungen abhängt: ∆gk = ∇f (xk+1 ) − ∇f (xk ). Setzt man für f in Ts die Kleinste-Quadrate-Funktion, so ist also unter anderem ∂ ∂ f (CM od (x, k), CM kt (k)) = 2 · (CM od (x, k) − CM kt (k)) · CM od (x, k). ∂x ∂x zu bestimmen. CM od muss also einmal nach x, beziehungsweise nach S(i, j) für alle i, j, abgeleitet werden. In den folgenden Rechnungen werden stets die Formeln für eine Calloption verwendet, für Putoptionen erfolgt der Weg jedoch analog. Der Wert einer Calloption am Laufzeitende ist gegeben durch C(n, j) = max{S(n, j) − K, 0}, j = 0, . . . , 2n − 1. Da die Maximumsfunktion jedoch im Allgemeinen nicht differenzierbar in S(n, j) = K ist, muss C(n, j) durch eine glatte Funktion approximiert werden, um die Differenzierbarkeit, die für das Minimierungsverfahren benötigt wird, zu gewährleisten. Eine Möglichkeit, wie diese Glättung erfolgen kann, ist folgende: Ersetze C(n, j) durch Cε (n, j), j = 1, . . . , 2n − 1, wobei ε S(n, j) ≤1− 0 für K 2 S(n, j) ε Cε (n, j) S(n, j) −1 für ≥1+ = K K 2 K S(n, j) ε 2 ε S(n, j) ε 1 −1 + für 1 − < <1+ , 2ε K 2 2 K 2 d. h. für S(n, j) ≤ K − Kε 2 und S(n, j) ≥ K + ε eine beliebig kleine, positive Konstante ist. Kε 2 ist C(n, j) = Cε (n, j), wobei Satz 5.3. Die oben definierte Funktion Cε ist einmal stetig differenzierbar. Beweis. Cε (n, j) ist stetig in S(n, j): Überprüft werden müssen die Nahtstellen“. Es ist ” " #2 1 S(n, j) ε 2 1 K − Kε ε 2 lim −1 + = −1+ 2ε K 2 2ε K 2 S(n,j)&K− Kε 2 h i 1 ε ε 2 = 1− −1+ 2ε 2 2 =0 Cε (n, j) = K S(n,j) ε K =1− 2 110 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN C(ε) /K S/K 1-ε/2 1 1+ε/2 Abbildung 5.9: Differenzierbare Approximation der Auszahlungsfunktion einer Calloption am Laufzeitende. und lim S(n,j)%K+ Kε 2 1 2ε " #2 S(n, j) ε 2 1 K + Kε ε 2 −1 + = −1+ K 2 2ε K 2 h i 2 1 ε ε = 1+ −1+ 2ε 2 2 ε = 2 Cε (n, j) = K S(n,j) =1+ ε K 2 Cε (n, j) ist stetig differenzierbar in S(n, j): Die Ableitung nach S(n, j) setzt sich wie folgt zusammen: 0 0 1 Cε (n, j) = K K 1 S(n, j) ε −1+ Kε K 2 S(n, j) ε ≤1− K 2 S(n, j) ε für ≥1+ K 2 ε S(n, j) ε <1+ . für 1 − < 2 K 2 (5.18) für 5.2. BINOMIALBAUM OHNE MODELLANNAHMEN 111 Auch hier wird an den Nahtstellen die Stetigkeit überprüft: " # 1 S(n, j) 1 K − Kε ε ε 2 = lim −1+ −1+ Kε K 2 Kε K 2 S(n,j)&K− Kε 2 h i 1 ε ε = 1− −1+ Kε 2 2 =0 Cε (n, j) 0 = S(n,j) K ε K =1− 2 und lim S(n,j)%K+ Kε 2 " # 1 S(n, j) ε 1 K + Kε ε 2 −1+ = −1+ Kε K 2 Kε K 2 h i 1 ε ε = 1+ −1+ Kε 2 2 1 = K Cε (n, j) 0 = S(n,j) K ε K =1+ 2 Die Werte der Call-Option C an den mittleren Knoten im Baum sind gegeben durch die Gleichung C(i, j) = (p(i, j)C(i + 1, 2j + 1) + (1 − p(i, j))C(i + 1, 2j))e−r∆t (5.19) für i = n − 1, . . . , 0, j = 0, . . . , 2i − 1. 5.2.7 Implementierung Um nun den Quasi-Newton-Algorithmus auf die transformierte Zielfunktion anzuweden, werden die partiellen Ableitungen von CM od (x, k) an der Stelle (i, j) = (0, 0) bezüglich des Wertpapiers in allen Knoten, also x ∈ S, und für alle k = 1, . . . , N benötigt. Um die Notation etwas zu vereinfachen gehen wir im Folgenden von N = 1 aus, wir haben also nur eine Calloption, außerdem werden wir CM od ((0, 0), k) für k = 1 schreiben als C0 . Gesucht sind nun ∂C0 für alle i = 1, . . . , n, j = 0, . . . , 2i − 1. ∂S(i, j) Da für i = j = 0 der Anfangswert S(0, 0) fest ist, geht er in die Optimierung nicht ein. Definiere nun zunächst den Vektor eines Knotentripels als S(l) (i, j) = (S(i, j); S(i + 1, 2j + 1); S(i + 1, 2j)) , l = 1, . . . , 2n − 1. Im weiteren Verlauf werden die geforderten partiellen Ableitungen in mehreren Schritten berechnet. 112 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN Schritt 1: Berechne die partiellen Ableitungen der risikoneutralen Übergangs∂p(i,j) ∂p(i,j) ∂p(i,j) wahrscheinlichkeiten ∂S(i,j) , ∂S(i+1,2j+1) und ∂S(i+1,2j) für i = 0, . . . , n − 1 und i j = 0, . . . , 2 − 1, wobei die Richtungen, in die abgeleitet wird, genau den Einträgen des Tripels entsprechen. In Vektorform aufgeschrieben ergibt sich dann (r−δ)∆t −S(i+1,2j) mit p(i, j) = S(i,j)e S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j) (siehe Gleichung (5.7)) und 1 − p(i, j) = S(i+1,2j+1)−S(i,j)e(r−δ)∆t S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j) ∇S(l) (i,j) p(i, j) = ∂p(i,) ∂S(i,j) ∂p(i,j) ∂S(i+1,2j+1) ∂p(i,j) ∂S(i+1,2j) e(r−δ)∆t S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j) 1 (r−δ)∆t − S(i + 1, 2j) − = S(i, j)e (S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j))2 1 S(i, j)e(r−δ)∆t − S(i + 1, 2j + 1) (S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j)) 2 e(r−δ)∆t S(i,j)e(r−δ)∆t −S(i+1,2j) 1 − S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j) = S(i + 1, 2j + 1) − S(i + 1, 2j) S(i,j)e (r−δ)∆t −S(i+1,2j+1) S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j) e(r−δ)∆t 1 −p(i, j) . = S(i + 1, 2j + 1) − S(i + 1, 2j) −(1 − p(i, j)) Analog ist ∇S(l) (i+1,2j+1) p(i + 1, 2j + 1) = ∂p(i+1,j2+1) ∂S(i+1,2j+1) ∂p(i+1,2j+1) ∂S(i+2,4j+3) ∂p(i+1,2j+1) ∂S(i+2,4j+2) e(r−δ)∆t 1 −p(i + 1, 2j + 1) = S(i + 2, 4j + 3) − S(i + 2, 4j + 2) −(1 − p(i + 1, 2j + 1) und ∇S(l) (i+1,2j) p(i + 1, 2j) = ∂p(i+1,2j) ∂S(i+1,2j) ∂p(i+1,2j) ∂S(i+2,4j+1) ∂p(i+1,2j) ∂S(i+2,4j) 1 = S(i + 2, 4j + 1) − S(i + 2, 4j) e(r−δ)∆t −p(i + 1, 2j) . −(1 − p(i + 1, 2j)) Schritt 2: Berechne nun die partiellen Ableitungen und j = 0, . . . , 2i − 1, sowie ∂C(i,j) ∂S(i+1,2j+1) und ∂C(i,j) ∂S(i,j) ∂C(i,j) ∂S(i+1,2j) für i = 1, . . . , n − 1 für i = 0, . . . , n − 1 und 5.2. BINOMIALBAUM OHNE MODELLANNAHMEN 113 j = 0, . . . , 2i − 1, also für alle Werte von C außer zur Zeit i = n. Mit Gleichung (5.19), also C(i, j) = (p(i, j)C(i + 1, 2j + 1) + (1 − p(i, j))C(i + 1, 2j))e−r∆t , ist C(i + 1, 2j + 1) = (p(i + 1, 2j + 1)C(i + 2, 4j + 3) + (1 − p(i + 1, 2j + 1))C(i + 2, 4j + 2))e−r∆t und C(i + 1, 2j) = (p(i + 1, 2j)C(i + 2, 4j + 1) + (1 − p(i + 1, 2j))C(i + 2, 4j))e−r∆t , wobei p(i + 1, 2j + 1) = S(i + 1, 2j + 1)e(r−δ)∆t − S(i + 2, 4j + 2) S(i + 2, 4j + 3) − S(i + 2, 4j + 2) und p(i + 1, 2j) = S(i + 1, 2j)e(r−δ)∆t − S(i + 2, 4j) . S(i + 2, 4j + 1) − S(i + 2, 4j) Eingesetzt in C(i, j) ist das dann h C(i, j) = p(i, j) p(i + 1, 2j + 1)C(i + 2, 4j + 3) + (1 − p(i + 1, 2j + 1))C(i + 2, 4j + 2) e−r∆t − (1 − p(i, j)) p(i + 1, 2j)C(i + 2, 4j + 1) i + (1 − p(i + 1, 2j))C(i + 2, 4j) e−r∆t e−r∆t . Somit ist ∂C(i, j) = ∂S(i, j) ∂p(i, j) ∂(1 − p(i, j)) C(i + 1, 2j + 1) + C(i + 1, 2j) e−r∆t ∂S(i, j) ∂S(i, j) = + 1, 2j + 1) e(r−δ)∆t S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j) C(i + = e−δ∆t −e(r−δ)∆t S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j) C(i C(i + 1, 2j + 1) − C(i + 1, 2j) , S(i + 1, 2j + 1) − S(i + 1, 2j) + 1, 2j) e−r∆t 114 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN außerdem ∂C(i, j) ∂S(i + 1, 2j + 1) ∂p(i, j) ∂C(i + 1, 2j + 1) = C(i + 1, 2j + 1) + p(i, j) ∂S(i + 1, 2j + 1) ∂S(i + 1, 2j + 1) ∂(1 − p(i, j)) ∂C(i + 1, 2j) −r∆t + C(i + 1, 2j) + (1 − p(i, j)) e ∂S(i + 1, 2j + 1) ∂S(i + 1, 2j + 1) −p(i,j) C(i + 1, 2j + 1) = S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j) e(r−δ)∆t + p(i, j) S(i+2,4j+3)−S(i+2,4j+2) C(i + 2, 4j + 3) −e(r−δ)∆t + S(i+2,4j+3)−S(i+2,4j+2) C(i + 2, 4j + 2) e−r∆t p(i,j) + S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j) C(i + 1, 2j) + (1 − p(i, j)) · 0 e−r∆t C(i + 2, 4j + 3) − C(i + 2, 4j + 2) = p(i, j)e−r∆t e−δ∆t S(i + 2, 4j + 3) − S(i + 2, 4j + 2) C(i + 1, 2j + 1) − C(i + 1, 2j) − S(i + 1, 2j + 1) − S(i + 1, 2j) und ∂C(i, j) ∂S(i + 1, 2j) ∂p(i, j) ∂C(i + 1, 2j + 1) C(i + 1, 2j + 1) + p(i) = ∂S(i + 1, 2j) ∂S(i + 1, 2j) ∂(1 − p(i, j)) ∂C(i + 1, 2j) −r∆t + C(i + 1, 2j) + (1 − p(i)) e ∂S(i + 1, 2j) ∂S(i + 1, 2j) −(1−p(i,j)) = e−r∆t S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j) C(i + 1, 2j + 1) + p(i, j) · 0 + 1−p(i,j) S(i+1,2j+1)−S(i+1,2j) C(i + 1, 2j) e(r−δ)∆t + (1 − p(i, j)) S(i+2,4j+1)−S(i+2,4j) C(i + 2, 4j + 1) + −e(r−δ)∆t S(i+2,4j+1)−S(i+2,4j) C(i + 2, 4j) e−r∆t C(i + 2, 4j + 1) − C(i + 2, 4j) = (1 − p(i, j))e−r∆t e−δ∆t S(i + 2, 4j + 1) − S(i + 2, 4j) C(i + 1, 2j + 1) − C(i + 1, 2j) − . S(i + 1, 2j + 1) − S(i + 1, 2j) Schreibt man für C(i + 1, 2j + 1) − C(i + 1, 2j) −δ∆t ∂C(i, j) = e = ∆(i, j), ∂S(i, j) S(i + 1, 2j + 1) − S(i + 1, 2j) was genau dem Delta (Delta Ratio) aus der Black-Scholes-Theorie entspricht (siehe Anhang ab Seite 122), so ergibt sich zusammengefasst in Vektorform 5.2. BINOMIALBAUM OHNE MODELLANNAHMEN ∇S(l) (t,j) C(i, j) = 115 ∂C(i,j) ∂S(i,j) ∂C(i,j) ∂S(i+1,2j+1) ∂C(i,j) ∂S(i+1,2j) ∆(i, j) = p(i, j) ∆(i + 1, 2j + 1) − ∆(i, j)eδ∆t e−r∆t . (1 − p(i, j)) ∆(i + 1, 2j) − ∆(i, j)eδ∆t e−r∆t Schritt 3: Nun wird die Ableitung von C(i, j) nach S(i, j) im Zeitpunkt i = n für j = 0, . . . , 2n − 1 bestimmt. Hierfür wird die vorher definierte Funktion Cε verwendet, die im Beweis für die Differenzierbarkeit in (5.18) bereits abgeleitet wurde. 0 für S(n, j) ≤ K − Kε 2 Kε ∂Cε (n, j) = 1 für S(n, j) ≥ K + 2 ∂S(n, j) 1 S(n, j) ε Kε −1+ für K − Kε 2 < S(n, j) < K + 2 . ε K 2 ∂C0 Schritt 4: Zuletzt werden die partiellen Ableitungen ∂S(i,j) für i ≥ 2 berechnet. Es ist h i C0 = C(0, 0) = p(0, 0)C(1, 1) + (1 − p(0, 0))C(1, 0) e−r∆t h = p(0, 0)[p(1, 1)C(2, 3) + (1 − p(1, 1))C(2, 2)]e−r∆t i + (1 − p(0, 0))[p(1, 0)C(2, 1) + (1 − p(1, 0))C(2, 0)]e−r∆t e−r∆t = ... also auch für die Ableitung ∂C0 ∂S(i, j) h ∂C(1, 1) ∂C(1, 0) i −r∆t = p(0, 0) + (1 − p(0, 0)) e ∂S(i, j) ∂S(i, j) h ∂C(2, 3) ∂C(2, 2) −r∆t = p(0, 0)[p(1, 1) + (1 − p(1, 1)) ]e ∂S(i, j) ∂S(i, j) ∂C(2, 1) ∂C(2, 0) −r∆t i −r∆t + (1 − p(1, 0)) ]e + (1 − p(0, 0))[p(1, 0) e ∂S(i, j) ∂S(i, j) h ∂C(2, 3) ∂C(2, 2) = p(0, 0)p(1, 1) + p(0, 0)(1 − p(1, 1)) ∂S(i, j) ∂S(i, j) ∂C(2, 1) ∂C(2, 0) i −2r∆t + (1 − p(0, 0))p(1, 0) + (1 − p(0, 0))(1 − p(1, 0)) e ∂S(i, j) ∂S(i, j) = ... hX Produkt der Wahrscheinlichkeiten der Pfade um ∂C(k, l) i = · e−kr∆t . von Knoten (0,0) nach Knoten (k,l) zu kommen ∂S(i, j) 116 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN Nun ist aber die partielle Ableitung von C nach S nur dann 6= 0, falls C(i, j) nach S(i, j), nach S(i + 1, 2j + 1) oder nach S(i + 1, 2j) abgeleitet wird. Umj−1 gekehrt ausgedrückt ist ∂C(k,l) ∂S(i,j) 6= 0 für k = i ∧ l = j oder k = i − 1 ∧ l = 2 oder k = i − 1 ∧ l = 2j . Da aber C(i, j) in den Formeln für C(i − 1, j−1 2 ) und C(i − 1, 2j ) vorkommt, bleiben nur die beiden Fälle C(k, l) = C(i − 1, j−1 2 ) bzw. j C(k, l) = C(i − 1, 2 ) übrig. Es ist also ∂C0 = ∂S(i, j) Produkt der Wahrscheinlichkeiten der Pfade um von Knoten (0, 0) nach Knoten (i − 1, l) zu kommen ∂C(i − 1, l) −(i−1)r∆t · e , ∂S(i, j) mit ( l= j−1 2 j 2 für ungerades j für gerades j. Beispiel 5.4. • t = 2, j = 3: ∂C0 ∂S(2,3) • t = 4, j = 10: = p(0, 0)p(1, 1) ∂C(1,1) ∂S(2,3) ∂C0 ∂S(4,10) ∂C(3,5) = p(0, 0)(1 − p(1, 1))p(2, 2)(1 − p(3, 5)) ∂S(4,10) . Mit all diesen Vorberechnungen kann nun der Optimierungsalgorithmus, also die transformierte Zielfunktion mit Hilfe des Quasi-Newton-Algorithmus, der die Ableitung von C im Punkt (0, 0) nach allen S(i, j) ∀i, j verwendet, implementiert werden. Für das weitere Vorgehen bitte ich, einen Blick in [7] zu werfen. Was aber anhand dieser Vorarbeit und den verwendeten Methoden klar sein dürfte, ist, dass diese Weiterentwicklung der λ-Methode zur Optionspreisfindung aus Marktdaten deutlich mehr Programmier- und Rechenaufwand fordert. Im nachfolgenden Abschnitt sollen die Ergebnisse, zu denen die Autoren von [7] in der Anwendung dieser Methode gelangen, vorgestellt werden. 5.2.8 Ergebnisse Eine Anwendung wurde für die Tagesendstände der Calloptionen auf den FTSE100 Index zwischen Januar 2003 und Dezember 2003 durchgeführt. Der stetige Zinssatz r wurde über eine nichtlineare, kubische Spline-Interpolation mit Hilfe von veröffentlichten, zukünftigen Briefkursen, dem LIBOR (London Interbank Offered Rate), einem Referenzzinssatz für Interbankgeschäfte, angenähert. Die anfängliche Stichprobe umfasste 99.051 Marktdaten. Nach Anwendung verschiedener Filterungsregeln wurde die Anzahl auf 14.537 reduziert. Herausgenommen wurden Marktdaten, die eine der folgenden Bedingungen erfüllten: • Der Optionspreis ist höher als der momentane Basiswert: CM kt > S(0, 0). Keine Streichungen. • Der Optionspreis ist niedriger als die untere Grenze der Ungleichung (S(0, 0)e−δT − Ke−rT )+ ≤ CM kt ≤ S(0, 0). 3.206 Streichungen. 5.2. BINOMIALBAUM OHNE MODELLANNAHMEN 117 • Der Fälligkeitszeitpunkt ist in weniger als sechs Tagen, also T < 6. 3.109 Streichungen. • Der Tagesendstand ist weniger als 0, 5 Indexpunkte. 11.373 Streichungen. • Das Handesvolumen der Option ist gleich null. 66.826 Streichungen. Für σ(0) wurde die implizite Volatilität, die von LIFFE zur Verfügung gestellt wird, und für den Fälligkeitszeitpunkt T die Anzahl der Kalendertage zur Fälligkeit gewählt. Für jeden Tag wurde ein Modellbaum mit n = 6 und n = 7 Perioden berechnet, wobei die verwendeten Optionen den gleichen Basiswert und die gleiche Fälligkeit haben. Tabelle 5.10 zeigt einige Ergebnisse des Verfahrens mit n = 6. Handelstag 2003-01-02 2003-01-02 2003-02-03 2003-03-03 2003-04-01 Basiswert 4019 3999 3644, 5 3655 3684, 5 N 19 6 15 9 16 T 50 351 73 74 16 Fehler 4, 2 · 10−5 0, 0208333 2, 722 · 10−12 2, 466 · 10−12 4, 548 · 10−11 Strafterm 0 0 0 0 0 λ −1, 3851 0, 4096 −6, 4346 −8, 3274 5, 0218 Tabelle 5.10: Auszug aus den Ergebnissen in [7] Handelstag ist dabei der Tag, an dem der zugrundeliegende Basiswert S(0, 0) bestimmt wurde, N die Anzahl der Optionen, deren Fälligkeit T zum Handelstag (t = 0) übereinstimmt. Der Fehler ist der Wert der zu minimierenden Funktion abzüglich des Strafterms, der jedoch immer 0 ist. Jedes Modell ist also arbitragefrei. Für den initialen Baum wurden die Werte für λ, die in der letzten Spalten aufgelistet sind, verwendet. Insgesamt wurden 69 Modelle berechnet. In 67 davon (97, 1%) beträgt der durchschnittliche Fehler 2, 34 · 10−8 , in den übrigen zwei ist er jeweils größer als 10−4 (0, 01 im Schnitt). Der Strafterm konnte stets eliminiert werden, was den Ansatz dieser Vorgehensweise stark unterstützt. Auch für n = 7 konnten die Autoren vergleichbare Ergebnisse feststellen. Obwohl das Problem eine nicht-konvexe Optimierung unter Nebenbedingungen in 2(2n−1 − 1) Variablen darstellt, kann die Rechenzeit durch optimierte Algorithmen in Grenzen gehalten werden. Für jedes Modell wurde auf dem verwendeten Rechner für n = 6 im Schnitt (arithmetisches Mittel) 1, 1 Minuten benötigt, wobei der Median bei 0, 03 Minuten lag, für n = 7 im Schnitt 2, 27 Minuten mit Median 0, 08 Minuten. Es gab also nur einige wenige, extrem rechenaufwändige Modelle. Programmiert wurde in Matlab, wobei die Autoren darauf hinweisen, dass eine Programmierung in C oder C++ die Rechenzeit weiter verkürzt hätte. Mit Testdatensätzen wurde das Verfahren auf Overfitting, also auf Überanpassung an die Marktdaten, unter denen das Modell erstellt wurde, geprüft. Die Autoren konnten hierbei kein Overfitting beobachten. Für die genauen Methoden dieser Prüfung verweise ich auch hier auf [7], ebenso wie für weitere Resultate, die aufzuführen den Rahmen dieser Arbeit übersteigen würde. 118 KAPITEL 5. KONSTRUKTION MITHILFE VON MARKTDATEN Abschluss und Ausblick Mit den in Kapitel 5 vorgestellten Methoden, können nun anhand von am Markt bekannten Optionspreisen, wie in Beispiel 5.2 beschrieben, Optionspreise für bislang nicht bewertete Optionen bestimmt werden. Je nach Programmieraufwand, den man betreiben möchte, und nach Rechenleistung, die zur Verfügung steht, kann man dabei auf das weniger komplexe λ-Modell, das allerdings einigen Beschränkungen im Schemaaufbau unterworfen ist, oder die Methode, wie sie in [7] von Charalambous et al. vorgestellt wird, zurückgreifen. Beide Methoden berücksichtigen Dividendenraten und können Transaktionskosten (unter kleinen Änderungen, siehe dazu [9]) beachten, die in Abhängigkeit vom Kurswert gegeben sind. Eine zusätzliche Erweiterung, wie sie auch in [7] im Anhang aufgeführt wird, ist die, dass zeitabhängige Werte für den Zinssatz und die Dividendenrate berücksichtigt werden, also dass beispielsweise statt konstantem r eine Folge (rt )t=0,...,T betrachtet wird (siehe Abschnitt 1.2 für die Definition von rt ). Hierfür müssen einige der Formeln aus Kapitel 5, insbesondere die für das Intervall I, angepasst werden. Die in dieser Arbeit vorgestellten Methoden unterscheidet im Vergleich zum weit verbreiteten Black-Scholes-Modell zur Optionsbewertung, dass die Volatilität als Funktion in Abhängigkeit vom zugrundeliegenden Wertpapier und der Zeit modelliert ist, während im Black-Scholes-Modell ein festes σ über die Zeit angenommen wird. Dies führt genau dazu, dass der daraus entstehende Baum nicht mehr rekombinierend ist. Außerdem können so Wertpapiere mit beliebigen Verteilungen betrachtet werden. Eine weitere Möglichkeit, die das Baummodell grundsätzlich bietet, ist die Erweiterung auf amerikanische Optionen bzw. Bermudaoptionen, bei denen der Ausübungszeitpunkt vor dem Fälligkeitszeitpunkt liegen kann. Da in dieser Arbeit amerikanische Contingent Claims als stochastische Prozesse (Ct )t=0,...,T definiert wurden, also eine Ausübung nur zu diskreten Zeitpunkten t = 0, . . . , T möglich ist, ist die Baumstruktur leicht auf diese Art der Contingent Claims übertragbar. Hier wäre eine Anpassung der Algorithmen für Putoptionen notwendig, um den optimalen Ausübungszeitpunkt zu berücksichtigen, siehe zum Beispiel [11]. Für Calloptionen wurde gezeigt, dass, unter der Marktannahme, dass keine Dividenden ausgezahlt werden, der optimale Zeitpunkt immer der Fälligkeitszeitpunkt T ist. Werden Dividenden gezahlt, so ist auch für Callop119 120 ABSCHLUSS UND AUSBLICK tionen ein optimaler Ausübungszeitpunkt noch zu bestimmen. Anmerkung: Es findet sich in der Literatur auch die Definition, dass amerikanische Optionen zu allen Zeitpunkten 0 ≤ t ≤ T eingelöst werden können. Möchte man für diesen Fall ein Binomialmodell zur Optionspreisbestimmung anwenden, so ist eine Diskretisierung der Zeitachse unumgänglich. Was die Programme in der vorliegenden Arbeit angeht, so möchte ich anfügen, dass sie nicht darauf abzielen, auf schnellstem Weg zum Ziel zu kommen, sondern dass das Vorgehen dahinter erkennbar und nachvollziehbar ist. Die meisten Befehle in R sind denen anderer Programmiersprachen sehr ähnlich, einige Besonderheiten liegen beispielsweise in der Behandlung von Vektoren und Matrizen. Hier werden grundsätzlich alle Operationen, falls nicht anders angegeben, elementweise ausgeführt. Für eine kurze Einführung in die Programmierung mit R verweise ich, wie eingangs erwähnt, auf [18], und für eine ausführliche Dokumentation auf die Seite http://cran.r-project.org/manuals.html. Kapitel A Anhang Funktionalanalysis In diesem kurzen Abschnitt sind Erkenntnisse aus der Funktionalanaylsis aufgeführt, die in einigen Beweisen benötigt werden bzw. als Hintergrundinformation dienen. Satz A.1 (Separating Hyperplane Theorem). Betrachte eine nicht-leere, konvexe Menge C ⊂ Rn mit 0 ∈ / C. Dann existiert ein η ∈ Rn mit η · x ≥ 0 für alle x ∈ C und η · x0 > 0 für mindestens ein x0 ∈ C. Desweiteren gibt es, falls inf x∈C |x| > 0, ein η ∈ Rn mit inf x∈C η · x > 0. Definition A.2 (Lp -Räume). Sei X eine Zufallsvariable auf dem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P). Dann ist 1 • X ∈ Lp , 0 < p < ∞ : kXkp := E[|X|p ] p < ∞. • X ∈ L∞ : kXk∞ = esssupω∈Ω |X(ω)| < ∞. • X ∈ L0 : X(ω) < ∞ fast sicher. Lp := Lp /∼ , wobei X ∼ Y ⇔ X(ω) = Y (ω) für fast alle ω ∈ Ω. Lp = Lp (Ω, F, P) ist für p ≥ 1 ein Banachraum (vollständiger, normierter Vektorraum). Für p ≤ q gilt Lq ⊆ Lp . Der Konvention folgend wird nicht zwischen den Zufallsvariablen und ihren Äquivalenzklassen unterschieden und kurz Z ∈ Lp anstelle von [Z] ∈ Lp geschrieben, wobei [Z] die Äquivalenzklasse von Z bezeichne und Z ∈ Lp . Übergang der Verzinsung von 1 + r nach er Der Zinssatz r ist in der Regel ein jährlicher Zinssatz, das bedeutet, dass ein Betrag B0 nach einem Jahr B0 (1 + r) wert ist. Nach n Jahren, n ∈ N, ist der Betrag, vorausgesetzt r ändert sich nicht, auf Bn = B0 (1 + r)n angewachsen. Möchte man aber den Wert nach beispielsweise einem halben Jahr wissen, so wird dieser in der Regel folgendermaßen berechnet: r . B 1 = B0 1 + 2 2 121 122 KAPITEL A. ANHANG Nach einem Jahr mit halbjähriger Verzinsung ist also B1 = B0 (1 + 2r )2 . Unter1 teilt man das Jahr in m gleich große Teile und gibt Zinsen alle m Jahre, so ist r m B1 = B0 (1 + m ) , bzw. r mn . Bn = B0 1 + m Lässt man m gegen unendlich gehen, die Verzinsung also annähernd stetig werden, so gilt r mn = B0 · ern . lim B0 1 + m→∞ m Deswegen kann in einem Baummodell, wenn die Periodenlänge ∆t = Tn genügend klein wird, der Zinssatz 1 + r durch die Approximation er ersetzt werden. Black-Scholes-Modell Da in der Hauptarbeit nicht direkt auf das Black-Scholes-Modell eingegangen wird, einige kleine Parallelen jedoch gezogen werden, soll der Vollständigkeit halber hier ein knapper Überblick über dieses Modell gegeben werden. Beweise und nähere Erklärungen werden nicht ausgeführt, sind aber in der Standardliteratur nachzulesen. Definition A.3 (Wiener Prozess). Ein stochastischer Prozess W (siehe Definition 1.10) heißt Wiener Prozess, falls er für alle t ≥ 0 folgendes erfüllt: • W (t) ist gaußverteilt mit E[W (t)] = 0 und V ar[W (t)] = t, d. h. W (t) ∼ N (0, t). • Für t1 ≥ t0 ≥ 0 sind die Inkremente W (t1 ) − W (t0 ) ebenfalls gaußverteilt mit W (t1 ) − W (t0 ) ∼ N (0, t1 − t0 ). • Für s1 ≥ s0 ≥ t1 ≥ t0 ≥ 0 sind die Inkremente W (s1 ) − W (s0 ) und W (t1 ) − W (t0 ) stochastisch unabhängig. Definition A.4 (Konvergenz im Quadrat-Mittel-Sinn). Eine Folge von Zufallsvariablen X N : Ω → R konvergiert im Quadrat-Mittel-Sinn gegen eine Zufallsvariable X : Ω → R, falls lim E[|X N − X|2 ] = 0. N →∞ Das nochfolgend definierte Itô-Integral wird ähnlich wie das Riemann-Integral über Treppenfunktionen konstruiert. Definition A.5 (Itô-Integral). Für ein Integrationsintervall [t0 , t1 ] und eine N , τN = t ) N < Folge von Verfeinerungen (t0 = τ0N , τ1N , . . . , τN 1 N ∈N mit τi −1 N N τi+1 , ∀i, N , ist das Itô-Integral definiert als der Limes im Quadrat-Mittel-Sinn N →∞ N } −→ 0 der Zufallsvariablen I N (F ), für N → ∞ mit maxi=1,...,N {τiN − τi−1 wobei ∀ω ∈ Ω N I (F )(ω) := N −1 X i=0 N F (τiN , ω)(W (τi+1 , ω) − W (τiN , ω)) 123 und F ein stochastischer Prozess auf demselben Wahrscheinlichkeitsraum wie der Wiener Prozess W ist: Z t1 F (t)dWt := lim I N (F ) I(F ) := N →∞ t0 Für die Modellierung von Kursverläufen wird häufig die Brown’sche Bewegung verwendet. Sie ist als stochastische Differentialgleichung der Form dX(t) = a(t, X(t))dt + b(t, X(t))dWt dargestellt, was eigentlich nur eine abkürzende Schreibweise für die Integralgleichung Z Z t X(t) = X(t0 ) + t a(τ, X(τ ))dτ + b(τ, X(τ ))dWτ t0 t0 ist, wobei a, b : R × Rn → Rn . Definition A.6 (Geometrische Brown’sche Bewegung). Eine stochastische Differentialgleichung der Form dS(t) = µS(t)dt + σS(t)dWt bzw. Z t S(t) = S0 + Z t µS(τ )dτ + t0 σS(τ )dWτ t0 mit Parametern µ, der ein mittleres Wachstum, eine Art Trend angibt, und σ, der Volatilität, heißt geometrische Brown’sche Bewegung. Die Lösung der geometrischen Brown’schen Bewegung ist 1 S(t, S0 ) = S0 e((µ− 2 σ 2 )t+σW (t)) , also ein stochastischer Prozess. Im Black-Scholes-Modell wird davon ausgegangen, dass Wertpapiere sich entsprechend dieses stochastischen Prozesses verhalten, wobei S0 der Startwert des Wertpapiers in t = 0 ist. Für die Preise von Optionen in diesem Modell lässt sich mit den Marktannahmen und der Selbstfinanziertheit des replizierenden Portfolios zeigen, dass sie folgender partiellen Differentialgleichung genügen: 1 ∂2V ∂V ∂V + σ 2 S 2 2 − rV + rS = 0, ∂t 2 ∂S ∂S der Black-Scholes-Gleichung. Für europäische Call- und Putoptionen lässt sie sich explizeit lösen. Es ist Vtcall (S) = SΦ(a) − Ke−r(T −t) Φ(b) (A.1) Vtput (S) = S(Φ(a) − 1) − Ke−r(T −t) (Φ(b) − 1), (A.2) und 124 KAPITEL A. ANHANG wobei Φ die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung ist, also Z y −x2 1 e 2 dx, Φ(y) = √ 2π −∞ und a und b gegeben sind durch 2 a= und S ln K + (r + σ2 )(T − t) √ σ T −t √ b = a − σ T − t. Für das Hedging-Portfolio wird ξ üblicherweise mit ∆ und ξ 0 mit β bezeichnet. Es gilt Vt (S(t)) = ∆t (S(t))S(t) + βt S 0 (t), wobei S 0 (t) = St0 der Bond ist, der sich gemäß S 0 (t) = S 0 (0)ert entwickelt. Es lässt sich zeigen, dass ∂Vt (S(t)) = Φ(a) ∂S(t) (A.3) ∂Vt (S(t)) = Φ(a) − 1 ∂S(t) (A.4) ∆t (S(t)) = im Falle einer Calloption und ∆t (S(t)) = für eine Putoption ist. β wird stets berechnet über βt = Vt (S(t)) − ∆t (S(t))S(t) . S 0 (t) Zusammenhang des Binomialmodells mit der Lösung der Black-Scholes-Gleichung Möchte man die Black-Scholes-Gleichung lösen, so kann man, wie bei allen partiellen Differentialgleichungen, die Methode der finiten Differenzen anwenden. Hierbei wird die partielle Differentialgleichung, anstatt an unendlich vielen Punkten die Ableitung zu berechnen, an endlich vielen Punkten durch Differenzenquotienten ersetzt und so eine Approximation der Lösung gefunden. Diese endlich vielen Punkte sind als zweidimensionales Gitter (Diskretisierung der Zeitachse und daraus folgend Diskretisierung des eigentlich stetigen Verlaufs des Wertpapiers) angeordnet. Werden die Parameter für diese Approximationsmethode geeignet gewählt, so erhält man für die Approximation Ṽij ≈ V (tj , Si ) die Rekursionsvorschrift j+1 j+1 Ṽij = e−rs (pṼi+1 + (1 − p)Ṽi−1 ), wobei s der Abstand der Gitterpunkte auf der Zeitachse ist und p sich aus √ 2 s(r − σ2 ) 1 p= + 2 2σ 125 errechnet. Diese Rekursionsvorschrift entspricht genau der des CRR-Modells. Weiter lassen sich auch die Werte für die Parameter u und d über den Zusammenhang Si+1 = (1 + u)Si und Si−1 = (1 + d)Si bestimmen. Es zeigt sich, dass 1 + u = eσ √ s und 1 + d = e−σ √ s . Berechnung der impliziten Volatilität unter Annahme eines Modells Die implizite Volatilität ist einfach gesagt die Volatilität, unter der ein Modell, das von der Volatilität abhängt, vorhandene Marktpreise am besten approximiert. In der Regel wird zu ihrer Bestimmung das Black-Scholes-Modell verwendet, da dabei die Volatilität die einzige Unbekannte ist. Es soll also ein σ gefunden werden, sodass die Modellpreise CM od (S, σ) und die Marktpreise CM kt (S) (die meist in Zeitpunkt t = 0 bekannt sind, weswegen eine Abhängigkeit von t der beiden Preise wegfällt) für ein Wertpapier S möglichst übereinstimmen, d. h. die Funktion f (σ) := CM od (S, σ) − CM kt (S) soll minimiert werden. Hierfür kann das Newton-Verfahren verwendet werden. Ausgehend von einem Startwert σ0 wird (σi )i iterativ gebildet über σi+1 = σi − f (σi ) f 0 (σi ) und so lange durchgeführt, bis sich σ nicht mehr nennenswert ändert, also bis für eine vorher festgelegte Schranke ε |σi+1 − σi | < ε. Es kann gezeigt werden, dass, wenn der Startwert gewählt wird als v u S u ln + r(T − t) σ0 = t2 K , T −t das Verfahren mit dem Black-Scholes-Modell quadratisch gegen die Lösung σ ∗ mit f (σ ∗ ) = 0 konvergiert. Programm zur Darstellung der Abhängigkeit von λ und der Fehlerfunktion Bei der Eingabe der Marktpreise kann unterschieden werden, ob die Eingabe manuell anhand von echten“ Marktpreisen erfolgt, oder ob für Anschau” ungszwecke fiktive Marktpreise mit der Black-Scholes-Formel generiert werden sollen. Entsprechende auskommentierte Programmteile (in R über # gekennzeichnet) sind dann zu entfernen bzw. einzufügen. Quellcode 5 (Auftragen der Fehlerfunktion in Abhängigkeit von λ): 126 KAPITEL A. ANHANG T <- 5 sigma _ 0 <- 0.1 S _ 0 <- 100 r <- 0.05 Typ <- c (0 , 0 , 0 , 0 , 0 , 1 , 1 , 1 , 1 , 1 ,0 ,0 ,0) # # 0= Call ,1= Put K <- c (120 ,110 ,100 ,90 ,80 ,130 ,120 ,110 ,140 ,150 ,98 ,123 ,125) n <- 5 epsilon <- 0.03 sigma <- rep (0 , n ) u <- rep (0 , n ) d <- rep (0 , n ) p <- rep (0 , n ) S <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) S [1 ,1] <- S _ 0 V <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) deltat <- T / n lambda _ 0 <- (1 / T ) * log ( abs ( r ) * sqrt ( deltat ) / sigma _ 0) Lambda <- seq ( lambda _ 0 , lambda _ 0+0.8 ,0.01) Fehler <- rep (0 , length ( Lambda )) N <- length ( K ) C _ Mkt <- rep (0 , N ) C _ Mod <- rep (0 , N ) # # Marktpreise : # # manuelle Eingabe : C _ Mkt <- c (20 ,21 ,22 ,23 ,24 ,25 ,26 ,27 ,28 ,29 ,30 ,31 ,32) # # Falls keine echten Marktpreise zur Hand , # # Generierung ueber Black - Scholes # # ( nur zur Verans chaul ichung ) # for ( k in 1: N ) { # a <- ( log ( S _ 0 / K [ k ])+( r +( sigma _ 0)^2 / 2) * T ) / ( sigma _ 0 * sqrt ( T )) # b <- a - sigma _ 0 * sqrt ( T ) # if ( Typ [ k ] == 0) { # C _ Mkt [ k ] <- S _ 0 * pnorm ( a ) - K [ k ] * exp ( - r * T ) * pnorm ( b ) # } else { # C _ Mkt [ k ] <- S _ 0 * ( pnorm ( a ) -1) - K [ k ] * exp ( - r * T ) * ( pnorm ( b ) -1) # } # } Stelle <- 1 for ( lambda in Lambda ) { # # Berechne Baum for ( i in 1: n ) { 127 sigma [ i ] <- sigma _ 0 * exp ( lambda * (i -1) * deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( deltat )) -1 d [ i ] <- exp ( - sigma [ i ] * sqrt ( deltat )) -1 p [ i ] <- ( exp ( r * deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j ) / 2] * (1+ u [ i ]) } else { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j +1) / 2] * (1+ d [ i ]) } } } # # Berechne N Modellpreise for ( k in 1: N ) { for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Typ [ k ] == 0){ V [ n +1 , j ] <- max (0 , S [ n +1 , j ] - K [ k ]) / exp ( r * n * deltat ) } else { V [ n +1 , j ] <- max (0 , K [ k ] - S [ n +1 , j ]) / exp ( r * n * deltat ) } } for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { V [i , j ] <- p [ i ] * V [ i +1 ,2 * j ]+(1 - p [ i ]) * V [ i +1 ,2 *j -1] } } C _ Mod [ k ] <- V [1 ,1] } # # Eintragung des Fehlers in entsprechende Vektorkomponente Fehler [ Stelle ] <- (1 / N ) * sum (( C _ Mod - C _ Mkt ) * ( C _ Mod - C _ Mkt )) Stelle <- Stelle +1 } # # Auftragen von lambda gegen Fehler , # # Ausgabe als Scatterplot plot ( Lambda , Fehler ) Programm für die Testberechnung eines Optionspreises mit echten Marktdaten Quellcode 6 (Testberechnung mit echten Marktdaten (Siemens-Aktie)): # # Marktparameter T <- 14 / 360 sigma _ 0 <- 0.2765 S _ 0 <- 93.74 r <- 0.196 128 KAPITEL A. ANHANG # # Optionen am Markt Typ <- c (0 ,0 ,0 ,0 ,0 ,0 ,0 ,0 ,0 ,0 ,0 ,0) # 0= Call ,1= Put K <- c (80 ,82 ,84 ,86 ,88 ,90 ,92 ,94 ,96 ,98 ,100 ,102) C _ Mkt <- c (14.10 ,12.20 ,10.20 , 8.30 , 6.30 , 4.60 , 3.00 , 1.70 , 0.89 , 0.39 , 0.13 , 0.04) N <- length ( K ) # # gewaehlte Parameter n <- 8 epsilon <- 0.015 Abbruch <- 0.00000000001 # # Laenge des Intervalls [ x _ 1 , x _ 2] ## Variableninitialisierung Deltat <- T / n lambda _ 0 <- (1 / T ) * log ( abs ( r ) * sqrt ( Deltat ) / sigma _ 0) sigma <- rep (0 , n ) u <- rep (0 , n ) d <- rep (0 , n ) p <- rep (0 , n ) S <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) S [1 ,1] <- S _ 0 V <- matrix (0 , n +1 ,2^ n ) C _ Mod <- rep (0 , N ) # ########################################## # # Suche nach geeignetem Startintervall : ## # ########################################## l <- 0.5 # # initialer Abstand von x _ 1 und x _ 2 x _ 1 <- lambda _ 0 z <- 0 # # Laufindex zur I n t e r v a l l v e r g r o e s s e r u n g # # Berechne quadrierten Fehler fuer x _ 1 # # Berechne Baum ( Aktie ) for ( i in 1: n ) { sigma [ i ] <- sigma _ 0 * exp ( x _ 1 * (i -1) * Deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 d [ i ] <- exp ( - sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 p [ i ] <- ( exp ( r * Deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j ) / 2] * (1+ u [ i ]) } else { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j +1) / 2] * (1+ d [ i ]) } } } # # Berechne N Modellpreise fuer x _ 1 for ( k in 1: N ) { 129 for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Typ [ k ] == 0){ V [ n +1 , j ] <- max (0 , S [ n +1 , j ] - K [ k ]) / exp ( r * n * Deltat ) } else { V [ n +1 , j ] <- max (0 , K [ k ] - S [ n +1 , j ]) / exp ( r * n * Deltat ) } } for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { V [i , j ] <- p [ i ] * V [ i +1 ,2 * j ]+(1 - p [ i ]) * V [ i +1 ,2 *j -1] } } C _ Mod [ k ] <- V [1 ,1] } # # Schreibe Funktionswert ( Fehler ) auf Variable Fehlerx _ 1 <- (1 / N ) * sum (( C _ Mod - C _ Mkt )^2) repeat { x _ 2 <- x _ 1+(2^ z ) * l # # Berechne quadrierten Fehler fuer x _ 2 # # Berechne Baum ( Aktie ) for ( i in 1: n ) { sigma [ i ] <- sigma _ 0 * exp ( x _ 2 * (i -1) * Deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 d [ i ] <- exp ( - sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 p [ i ] <- ( exp ( r * Deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j ) / 2] * (1+ u [ i ]) } else { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j +1) / 2] * (1+ d [ i ]) } } } # # Berechne N Modellpreise fuer x _ 2 for ( k in 1: N ) { for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Typ [ k ] == 0){ V [ n +1 , j ] <- max (0 , S [ n +1 , j ] - K [ k ]) / exp ( r * n * Deltat ) } else { V [ n +1 , j ] <- max (0 , K [ k ] - S [ n +1 , j ]) / exp ( r * n * Deltat ) } } for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { V [i , j ] <- p [ i ] * V [ i +1 ,2 * j ]+(1 - p [ i ]) * V [ i +1 ,2 *j -1] } } C _ Mod [ k ] <- V [1 ,1] 130 KAPITEL A. ANHANG } # # Schreibe Funktionswert ( Fehler ) auf Variable Fehlerx _ 2 <- (1 / N ) * sum (( C _ Mod - C _ Mkt )^2) # # Pruefe Bedingung f ( x _ 1) <= f ( x _ 2) if ( Fehlerx _ 1 <= Fehlerx _ 2){ break } else { z <- z +1 } } print ( x _ 1) print ( x _ 2) # ########################################################### # # M i ni m a ls t e ll e n s uc h e ( Verfahren des goldenen Schnitts ): ## # ########################################################### # # Intervall zur M i n im a l st e l le n s uc h e ( siehe Plot ) # # goldener Schnitt , Teilung der Strecke x _ 2 - x _ 1 bei a und b phi <- (1+ sqrt (5)) / 2 a <- ( x _ 2+ phi * x _ 1) / ( phi +1) b <- x _ 1 + x _ 2 -a # # Lambdasuche # # damit die while - Schleife mind . 1 - mal laeuft Fehler <- epsilon + 1 while ( Fehler > epsilon ) { # # Berechne Baum fuer lambda = a for ( i in 1: n ) { sigma [ i ] <- sigma _ 0 * exp ( a * (i -1) * Deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 d [ i ] <- exp ( - sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 p [ i ] <- ( exp (( r ) * Deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j ) / 2] * (1+ u [ i ]) } else { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j +1) / 2] * (1+ d [ i ]) } } } # # Berechne N Modellpreise fuer lambda = a for ( k in 1: N ) { for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Typ [ k ] == 0){ V [ n +1 , j ] <- max (0 , S [ n +1 , j ] - K [ k ]) / exp ( r * n * Deltat ) } else { 131 V [ n +1 , j ] <- max (0 , K [ k ] - S [ n +1 , j ]) / exp ( r * n * Deltat ) } } for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { V [i , j ] <- p [ i ] * V [ i +1 ,2 * j ]+(1 - p [ i ]) * V [ i +1 ,2 *j -1] } } C _ Mod [ k ] <- V [1 ,1] } # # Fehler fuer lambda = a FehlerA <- (1 / N ) * sum (( C _ Mod - C _ Mkt )^2) # # Berechne Baum fuer lambda = b for ( i in 1: n ) { sigma [ i ] <- sigma _ 0 * exp ( b * (i -1) * Deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 d [ i ] <- exp ( - sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 p [ i ] <- ( exp ( r * Deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j ) / 2] * (1+ u [ i ]) } else { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j +1) / 2] * (1+ d [ i ]) } } } # # Berechne N Modellpreise fuer lambda = b for ( k in 1: N ) { for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Typ [ k ] == 0){ V [ n +1 , j ] <- max (0 , S [ n +1 , j ] - K [ k ]) / exp ( r * n * Deltat ) } else { V [ n +1 , j ] <- max (0 , K [ k ] - S [ n +1 , j ]) / exp ( r * n * Deltat ) } } for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { V [i , j ] <- p [ i ] * V [ i +1 ,2 * j ]+(1 - p [ i ]) * V [ i +1 ,2 *j -1] } } C _ Mod [ k ] <- V [1 ,1] } # # Fehler fuer lambda = b FehlerB <- (1 / N ) * sum (( C _ Mod - C _ Mkt )^2) Fehler = min ( c ( FehlerA , FehlerB )) 132 KAPITEL A. ANHANG # # Abfrage , welcher Fehler der Zwischenwerte groesser ist # # Bestimmung des neuen Intervalls [ x _ 1 , x _ 2] if ( FehlerA > FehlerB ){ x _ 1 <- a a <- b b <- x _ 1+ x _ 2 - a lambda <- a } else { x _ 2 <- b b <- a a <- x _ 1+ x _ 2 - b lambda <- b } # # Abbruch , falls x _ 2 - x _ 1 zu klein wird if ( x _ 2 - x _ 1 < Abbruch ){ print ( " Abbruch ! " ) break } } # #################################################### # # O p t i o n s p r e i s b e r e c h n u n g fuer gewuenschte Option : ## # #################################################### Typ <- 0 # # Call K <- 91 # # gewuenschter Ausuebungspreis Preis <- 3.8 # # Vergleichswert ( Marktwert ) for ( i in 1: n ) { sigma [ i ] <- sigma _ 0 * exp ( lambda * (i -1) * Deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 d [ i ] <- exp ( - sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 p [ i ] <- ( exp ( r * Deltat ) -(1+ d [ i ])) / ((1+ u [ i ]) -(1+ d [ i ])) for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j ) / 2] * (1+ u [ i ]) } else { S [ i +1 , j ] <- S [i ,( j +1) / 2] * (1+ d [ i ]) } } } for ( j in 1:(2^ n )) { if ( Typ == 0){ V [ n +1 , j ] <- max (0 , S [ n +1 , j ] - K ) / exp ( r * n * Deltat ) } else { V [ n +1 , j ] <- max (0 ,K - S [ n +1 , j ]) / exp ( r * n * Deltat ) } } 133 for ( i in n :1) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { V [i , j ] <- p [ i ] * V [ i +1 ,2 * j ]+(1 - p [ i ]) * V [ i +1 ,2 *j -1] } } # ########################################################### # # Ausgabe u . a . der Minimalstelle und des Optionspreises : ## # ########################################################### print ( " Minimalstelle lambda : " ) print ( lambda ) print ( " mittlerer , quadrierter Fehler " ) print ( " zwischen Modell - und Marktpreisen unter lambda : " ) print ( Fehler ) print ( " epsilon : " ) print ( epsilon ) print ( " Modellpreise ( unter lambda ): " ) print ( C _ Mod ) print ( " Marktpreise ( nach Eingabe ): " ) print ( C _ Mkt ) print ( " Modell - Optionspreis : " ) print ( V [1 ,1]) print ( " V e r g l e i c h s m a r k t p r e i s : " ) print ( Preis ) print ( " Quadrierter Fehler der beiden Preise : " ) print (( V [1 ,1] - Preis )^2) Programm zur Erstellung einer Grafik eines nicht-rekombinierbaren Binomialbaums Der Aufbau des Baums erfolgt anhand des λ-Modells aus Abschnitt 5.1. Quellcode 7 (Grafik eines nicht-rekombinierbaren Binomialbaums): n <- 4 Deltat <- 0.5 T <- n * Deltat r <- 0.1 delta <- 0.2 S0 <- 100 # # Berechne sigma , lambda , u , d sigma0 <- 0.3 sigma <- rep (0 , n +1) lambda <- log ( abs (r - delta ) * sqrt ( Deltat ) / sigma0 ) / T lambda <- lambda + 0.5 u <- rep (0 , n +1) d <- rep (0 , n +1) 134 KAPITEL A. ANHANG for ( i in 1:( n +1)) { sigma [ i ] <- sigma0 * exp ( lambda * i * Deltat ) u [ i ] <- exp ( sigma [ i ] * sqrt ( Deltat )) -1 d [ i ] <- 1 / (1+ u [ i ]) -1 } # # Berechne den Baum als Matrix S <- matrix (0 ,2^ n , n +1) S [1 ,1]= S0 for ( i in 1: n ) { for ( j in 1:(2^ i )) { if ( floor ( j / 2)==( j / 2)) { S [j , i +1] <- (1+ d [ i ]) * S [ j / 2 , i ] } else { S [j , i +1] <- (1+ u [ i ]) * S [( j +1) / 2 , i ] } } } # # Ausgehend vom Punkt (0 , S (0 ,0)) werden nach und nach # # die Aeste in den Baum eingefuegt ( Befehl : lines ) plot (0 , S [1 ,1] , type = " l " , xlim = c (0 , n ) , ylim = c ( min ( S ) , max ( S )) , xlab = " Zeit / Periode " , ylab = " Kurs S " ) for ( i in 1: n ) { for ( j in 1:(2^( i -1))) { lines ( c (i , i +1) -1 , c ( S [j , i ] , S [2 *j , i +1])) lines ( c (i , i +1) -1 , c ( S [j , i ] , S [2 *j -1 , i +1])) } } Literaturverzeichnis [1] http://de.wikipedia.org/wiki/Swaption, Stand: 6.1.2014. 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