Wissenschaftliche Nachrichten Nr. 116

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Wissenschaftliche
Nachrichten
Herausgegeben vom Bundesministerium
fur Bildung, Wissenschaft und Kultur
Und demnachst vom Mars ...
Zukunft • Bildung • Kultur
Nr.115
Marz/ April 2001
Inhalt
Grundwissenschaftliche
Probleme
Zahlen, Ziffern und Einheiten - die Welt
als Produkt von Gleichungen (Teil 2) . . . . . . . . . . 3
Biologie,
Geowissenschaften
•-
Blut und Blutplasma ........ . . . . . ..... .. "
Chemie
11
-·';,
11
-
.'
':..r. .-
BSE-Tests: Gibt es Schutz
vor dem Wahnsinn? . .. _ .. . . . __ ..... _ . . .. . . 19
Haaranalyse auf Kokain - wie wird's gemacht? . . . 21
Brennstoffzellen fur Autos .. . ... . . . .. . .. . .. _ 22
Innovationen rund urn PVC . . . . . . . . .. . . . . . , . 23
Buchbesprechungen .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Mathematik
Das Pascal-Dreieck, ein vielseitiges
Zahlenmuster . . . . ......... . . ,. .. ., .. . .. . 25
Der Solver von EXCEL in der
Mathematik - eine Kurzdarstellllng
an Hand von Fallbeispielen . . . . . . .... . .. . . . . 31
Die Dreiecks-Aufgabe c, h, W j
die PETRA-Kurven . . .. . .. , . ... . .... . .. . . . 34
Aufgabenecke . .. . , . , .. , .. . .. . .. .. . . . .. . . 37
Physik,
Astronomie
Weltraumreisen und das Zwillingsparadoxon . , .. 41
Wirtschafts- und
Sozialgeographie
Wirtschaftsinformationen
•Wissenschaftliche Nachrichten". FOl1bildungsorgan des Bundesministe riums fur Bildung, Wi <;scn~cha ft und Kultur fOr AHS- und
BHS-Lchrcr
Erscheint d rcimal jahrlich, im Mar. April, Julil August und Novcmher/ Dezember.
Medieninhaher (Verlcger) und Herausgeber: Bundesminist rium
fur Bildung. Wissensc haft und Kultur, 1010 Wien, MinoritenplJtz
5 Reda ktion: Dr Christia n Woln}" BRG VII . Kandlgassc 39. Hersteller' Ueherreuter Print und Digimedta GmbH, 21 00 Ko rneuburg, IndlistriestraBe I. Telefon: 022621 89
-.'
~
"
Englisch al:-. Arb itssprache (FAA) . .
. ..... 47
Bergbauern zwbchen Liberalisierung unci
erschwerten Wirtschaftsbedingllngen
..... 49
Neuerscheinung n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
52
2
IMPRESSUM:
DJ1> InformJti()n~blall ..\X'issen ~h a ftliche Nadlrichten" e rschein!
illl Juli AliguM . illl N()\'clllbe r Deze mhcr und illl M;il7./ April E.~
wird (F ri de, BMUK \'0111 18 II. 1965, Z 120 7 12N 4:1 /65) den
7uMandigen l>chulbe h(irde n (LSR bzw. Sl> R). den Dire ktionen de r
aligellle mbiidenden und der hemfshildenden hilhe re n ~ch ulen
01>te rre ichs, \\ clche m den gcnannte n Schulkat >gorien Philosophie, Mathematik, lin naturwissenschaftlichen Fach, Geographie und Wirtschaftskunde untc rricht cn. l li r kostcnlosl'n
VCl1cilung 7ur \ 'e rfii gung ge"tcllt.
WI ",~ nsdl.lft hche
atlmchtcn f-hi r/. Apri l 200 1
GRUNDWISSENSCHAFI1..ICHE PROBLEME
Mag. Dr. Robert Hofstetter
Zahlen, Ziffern und Einheiten
die Welt als Produkt
von Gleichungen? (Teil 2)
Univ.-Lektor Prof. Mag. Dr. Walter Weiss
(F011setzlIng von Nummer 114)
Wie kommt es uberhaupt zu Zahlen, die nicht abgeschlossen (also aus Einheiten zusammengesetzt)
sind? Urn diese Frage beantworten zu konnen, mussen
wir die Zahlen vorerst nach ihren Klassen ordnen und
schauen, was uns die Mathematik bis dato an Zahlenmaterial bietet. Da gibt es also einmal die reellen Zahlen. Diese teilen sich ein in:
a) natiirliche Zahlen (0, 1, 2, ... , n, ... ),
b) ganze Zahlen
(. .. , - n, ... , - 1, 0, 1, 2, .. ., n, ... ),
c) rationale Zahlen (aile Zahlen, die als Bruch darstellbar sind, also sowohl im Zahler als auch im Nenner eine ganze Zahl haben,
d) irrationalen Zahlen, das sind aile Zahlen mit nunendlichen" Kommastellen, die nie periodisch werden;
die beruhmtesten sind Pi und die Quadratwurzel aus
2; keine irrationalen Zahlen sind hingegen Zahlen mit
periodischen Kommastellen, wie etwa die Zahl
0,111 ... , die nur den Kehrwert von 1/ 9 in dekadischer (=dezimaler) Schreibweise ausdruckt.
Zu diesen reellen Zahlen kommen noch die
e) imaginaren Zahlen, also aile Quadratwurzeln aus
negativen Zahlen, ausgehend von der Quadratwurzel
aus - 1, "i" genannt. Da es auch 2i und i/2 geben muB,
gibt es fur jede sogenannte reelle Zahl auch ein imagina res Gegenstuck. Und dann gibt es noch die
t) komplexen Zahlen, also zusammengesetzte Zahlen aus reellen und imaginaren.
Zusatzlich zu diesen Standardzahlen haben Mathematiker die Infinitesimale erfunden, GroBen, die kleiner sind als jede noch so kleine (aufschreibbare) Zahl,
aber doch groBer als null. Vor kurzem versuchte man
mit der Nichtstandard-Analysis bzw. der 1ST (Internal
Set Theory, interne Mengenlehre) Zenons Bewegungsaporie (wieder einmai) zu begegnen. Die infinitesimalen Nichtstandardzahlen sind kleiner als jede
positive Standardzahl, aber groBer als null. Gemischte
Nichtstandardzahlen entstehen, indem man zu Standardzahlen infinitesimale Betrage addiert oder von ihnen subtrahiert. Somit ist jede Standardzahl von Nichtstandardzahlen umgeben. Unbeschrankte Nichtstandardzahlen sind die Kehrwerte von infinitesimalen
Nichtstandardzahlen. Jede unbeschrankte Nichtstandardzahl ist groBer als jede beliebige Standardzahl,
wird aber wie eine endliche Zahl behandelt (sie liegt
Wisscnschaftliche Nachrichtcn . Miif7J April 2001
zwischen jeder beliebig groBen Zahl und unendlich).
Nun gilt, daB sich zwei konkrete Zahlen nicht durch
einen infinitesimalen Betrag unterscheiden durfen,
denn die arithmetische Differenz zweier konkreter
Zahlen muB auch konkret sein. Ware sie namlich infinitesimal, so wlirde dies der Definition einer Infinitesimalen kleiner als jede Standardzahi) widersprechen.
Daraus folgt, daB die Endpunkte eines infinitesimalen
Intervalls nicht durch konkrete Zahlen bezeichnet
werden kannen. Ein solches Intervall laBt sich darum
auch niemals messen, und es folgt: Injinitesimale bleiben der Beobachtung jitr immer verschlossen. Dies ist
deshalb interessant, weil es sich durch Zahlen, also immer noch diskrete GraBen, dem Kontinuum anniihel1.
Die Ausdrucke nirrationale", "imaginare" und "komplexe" fur Standardzahlen zeigen aber auch schon,
was Sache ist. Wenn etwas nicht vollstandig in seine
Teile (= Einzelne) zerlegt werden kann, widerspricht
dies der Vorstellbarkeit - es ist irrational. Dieses Problem der Unvorstellbarkeit taucht aber bereits auf,
wenn man wissen will, welche Zahl mit sich selbst
multipliziert (= das Quadrat) die Zwei ergibt. Es gibt
keine naturliche Zahl, mit der dies moglich ware. Die
Entdeckung, daB diese Zahl nicht als Bruch (also rational) darstellbar ist, kostete Hippasus, einem Schiiler
Pythagoras', das Leben. Sein ansonsten harmoniesiichtiger Lehrer lieB ihn ersaufen, da er diese Entdeckung
seines Schiilers nicht ertrug, weil sich daraus notwendigerweise ergab, daB die Welt auch aus Irrationalitaten aufgebaut sei - so zumindest der Glaube des Pythagoras.
Welchen Bezug hat nun eine irrationale Zahl
"tatsachlich" zur Natur bzw. zum Kosmos? Hatte Pythagoras recht, als er die Relevanz von irrationalen
Zahlen fur die Harmonie (des Kosmos) verwarf? Gibt
es im Kosmos eine Entsprechung zu Werten wie die
Quadratwurzel aus Zwei und Pi oder beschranken sich
die irrationalen Zahlen auf den Bereich "bloBer" Abstraktion? Sind irrationale, imaginare und komplexe
Zahlen Elfindungen oder Entdeckungel1? Eine neue
Definition tut not:
Nur wenn etwas unabhangig von unserem BewuBtsein ist, kann es "entdeckt" werden. Wenn nicht, kann
ich es bloB "erfinden". Unsere Methode der Begriffssplittung setzt sich also fort.
3
Urn unsere philosophische Deduktion weiter abzusichern, daB es Zalilen unabbangig vom B~t­
sein nicht gibt, den natiirlichen Zahlen und ihrer
Ordnung aber in der Natur alle Ein-maligen
durch Tellung und Paarung entsprechen, drehen
wir die Argumentationskette kurzerhand urn und behaupten: Aile Zahlen sind erfunden und keinesfalls
"entdeckt", aber
1) die naturlichen Zahlen sind es "weniger" und
2) die nicht-naturlichen "mehr" .24)
"Weniger" erfunden sind die natlirlichen Zahlen
deshalb, weil wir sie aus Abstraktion der akzidentiellen Eigenschaften von Ein-maligen gewinnenj die
natlirlichen Zahlen finden in der konkretisierten Vielzahl des nur ein-malig Existierenden ihre Entsprechung.
"Mehr" erfunden sind die nicht-natlirlichen Zahlen,
also rationale, irrationale, imaginare sowie komplexe,
weil sie in dem von uns als dreidimensional definierten Raum-Zeit-Kontinuum keine Entsprechung als Einmalige haben. In einem Raum dieser Geometrie laBt
sich eine Quadratdiagonale oder ein Kreisumfang
bzw. eine Kreisflache bei ganzzahligen Quadratseitenlangen oder ganzzahligem Radius nicht ganzzahlig bestimmen. Ihre Erfindung entbehrt also jeder von Konkretem abstraktionsfahigen Grundlage: ihnen entspricht weder Ein-maliges noch lassen sie sich vereinzein. Sie sind reine Fiktion - oder Funktion.
Zwei "peinliche" Foigen ergeben sich aus diesen
Einsichten:
1) Die logische Foigerung fUr die naturlichen Zahlen lautet: die Reihe der natlirlichen Zahlen als Abstraktion von konkret Ein-maligem kann als Foige ihrer Entsprechung von Naturlichem nicht "unendlich",
sondern muB "ohne Ende" sein, da die einzelnen Zahlen ja endlich Ein-maligen entsprechen. 25) Die naturliche Zahlenreihe ist in diesem Sinne also zwar obne
angebbares Ende del' FOrlziiblung, was aber - als Abstraktion von Ein-maligem - widersinnig wird, da Einmaliges nicht ohne angebbares Ende existiert! Vielmehr existieren Ein-malige nur in begrenzter Anzahl diese Anzahl mag zwar nur angenahert angebbar sein,
kann aber nie und nimmer exakt bestimmt werden, da
praktisch (Primat des PraktischenO kein BewuBtsein
jemals in der Lage sein wird, die Anzahl der Ein-maligen als Vereinzelte im Universum abzuzahlen und anzugeben. 26) Wir schlieBen daraus (und durchaus im
Sinne eines mathematischen Beweises):
(13) Die "Unendlichkeit" der natiirlichen
Zahlenreihe ist reine Fiktion. Sie hat durch
das nur in endlich-begrenzter Anzahl
Realisierte keine Entsprechung.
2) Daraus folgt, daB die nicht-natlirlichen Zahlen
keinel'lei Beschrankung unterliegen - fUr sie gibt es ja
keine - endlichen - konkreten Ein-maligen, von denen sie hatten abstrahiert werden k6nnen. Das ist
leicht einzusehen, da schon die negativen rationalen
Zahlen (was philosophisch identisch mit "nichts" oder
"nichten" ware) in der Natur nicht vorkommen. Negative "rationale" Zahlen gelten zwar in der KJassifizierung als "reell", aber in der Natur findet sich fur sie (als
4
unmogliche Abstraktion von Konkretem) keine Entsprechung. Die alten indischen Zahlentheoretiker
("Mathematiker") hatten schon zu Recht argumentiert,
daB ich von 3 Munzen nur drei wegnehmen kann und
nicht etwa fUnf: minus zwei Munzen existieren nicht.
Den Begriff "minus zwei Munzen" gibt es zwar und ich
kann mit ihm auch recbnen, aber es existiert fUr ihn
keine natlirliche Entsprechung. 21) ,,1m" Nichts gibt es
nichts - auch keine Quantitat. Wird damit gerechnet,
muB auf die negierte Quantitat mit einem Minuszeichen hingewiesen :werden.2ll)
Gleiches (und nicht etwa nur AnalogesO gilt fUr die
irrationalen, imaginaren und komplexen Zahlen: sie
sind reine Erfindungen und haben keine Entsprechungen als Ein-malige in der Natur. Es gibt sie nicht ein24) Eine derartige Farmulierung wOrde ieh mir in einem anderen philasaphisehen Aufsatz gar nicht erlauben. leh verwende sie aber unter Hinweis auf den Umstand in der Mathematik, daB dart z. B. mit untersehiedlieh graBen Unendlichkeiten (I) argumentiert wird. Das ist zwar
philasaphiseh widersinnig (denn unendlieh ist unendlieh, und ieder
"Bruchteil" van Unendlieh ist wieder unendlieh; im Unendliehen gibt
es kcine Quantitatenl), mathematiseh aber laBlieh: Und zwar wird argumentiert, daB die unendliche Anzahl der irrJtianalen Zahlen
.groBe," sei als die unendliehe Anzahl der natiirliehen - und man kann
das aueh beweisen! Hier zeigt .ich vielleieht am deutliehsten, daB die
Mathematik eine reine Erfindung (= reine Abstmktian) ist und mit der
Natur (auBer uber die Abstmktian der naturliehen Zahlen) niehts, aber
aueh gar nichts gemeinsam hat.
25) Der Ausdruek "unendlich" hat - leider - mehrere Bedeutungen. Einerseits meint er etwas, das nicbl endlich ist, andererseits "etwas", das
oblle Ende ist. Nun hat nichL< Endliehes kein Ende - es ist das Wesen
des Endliehen, begrellz i zu scin und es unterliegt damit dem Farsehungsgebiet der Physik und den Bedingungen des Raum- Zeit-Kantinuums (RZK): es ist meBbar. Nicht-Endliehes (- . Un"-Endliches) hat
hingegen weder Anfang nach Ende: es ist nieht farm-stafflich (ader
Staff und Farm habend), existiert daher aueh nieht und unterliegt nieht
der MeBbarkeit und den Bedingungen des RZK; aber es gibt es: die
Zahlenreihe ader -ebene etwa; aber aueh "Gatt" ader die Begriffe im
Allgemeinen zahlen zu dieser Kategarie. In dlesem Sinn ist die Zahlenreihe (als ein Begriff) zwar "etwas" Unendliches, weil sie ia an sich
nicht existiert, sandern nur vam BewuBtsein gedaeht ist. Der Akt des
beliebigen Fartsetzens der Reihe im Sinne des beliebigen Dazuzahlens
einer naeh groBeren Zahl ist aber nicht .unendlieh" (es wird ia etwas
Endliches getan, namlieh eine Zahl genanntl) - sandern "ahne thearetisehes Ende" ader farmalisiert: n + 1. Das pmktisehe Ende wird ieweils mit der hoehsten ka nkretisierten Ziffernfalge erreicht.
26) Wir haben sehan a ben die Zah110.... als die Summe aller Teil{eh,m) im
(bekannten) Universum genannt. Diese Zahl entstammt dem Standardmadell der Kasma lagie und sehrelbt Elementarteilchen Ein-maIigkeit (und damit aueh Existenzl) zu. Dieses Vorgehen ist iiuBerst fmgwiirdig (siehe Anmerkung 22). In diesem Zusammenhang ist aueh die
Erwahnung der Skew'sehen Zahl interessant: sle !autet 10 haeh 10
haeh 10 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 und ergibt sich
aus einer Bereehnung, die naehweist, daB bls zu dieser Zahl die
Ivhmge der Primzahlen in der dureh die Skew'sehe Zahl ausgedruekte
Zahlenmenge untersehatzt wurde. Sie gilt als die bislang hoehste Zahl,
die van - wenn aueh nur thea retiseher - Bedeutung ist. Sie iibersteigt
die Anzahl der Ein-maligen im Kasmas urn den Fakta r . .. und verbleibt damit reine Fiktia n!
27) In der madernen Geldthea rie findet das eine gute Entspreehung .
Sehulden sind - gegenuber der landlaufigen Meinung - keine tatsachlichen Minuswerte, sandern stets dureh aktiv verbuehte Geldmengen
abgedeekt. Die Gleichung: Keine Sehulden - kein Geld ist geldthearetiseh richtig und gamntiert erst das Laufen des Wirtsehaftsmata rs: AIles, was wirtsehaftlich .geleistet" wird, erfolgt "auf Pump". Sehulden
hat man ia stets gegeniiber iemandem anderen, der einem das Geld
.varsehieBt", alsa borgt. Das Geld ist ia vorhanden - und sei es, daB
es .nU!" dureh den Praduktians- ader Spekulatianswert als Buehgeld
ausgewiesen wild ... Die alten Inder hatten alsa durehaus reeht!
28) DaB minus mal minus plus ergibt, ist sawahl philasaphiseh als aueh
im Abstmktum des Reehnens auBerst nutzlieh: sonst zerflossen Minusbetrage tatsaehlieh im Niehts. Negatives negieren heiBt ia nichts anderes als die Negatian aufzuheben: nicht NichL< ist eben nicht nichts,
sondern sehr wahl etwas: n,imlieh Pasitives. DaB minus mit Plus malgenammen minus bleibt, ist ebenfalls lagiseh: der Akt des Malnehmens bedeutet ja nur, Negatives zu vermehren; in diesem Sinn iM nur
der Akt des Malnehmens etWJS Pasitives; das Ergebnis selbst muB negativ bleiben!
Wissenschaftliche Nachrichten . Miir7J April 2001
mal aIs'Abstraktionenl Wovon hatte man auch abstrahieren sollen? Von welchen konkreten Ein-maligen
hatte man welche akzidentiellen Eigenschaften abziehen sollen?
.
14) Irrationale, imaginare und komplexe
Zahlen sind nicht einmal Abstraktionen.
Sie sind reine Begriffsschopfungen
(= Fiktionen) und haben keinerlei reale
Entsprechung.
Man konnte sie daher - in Analogie zur dunklen Materie in der Physik - als Antiqual1titiiten ('" negative
Quantitaten) bezeichnen, denen nichts Gegenstandliches (qualitativ Ein- maliges) und damit von der (Natur-)Wissenschaft Beschreibbares (= im Raum-Zeitlichen Erfahrbares) entspricht.
Dies deckt sich gut mit der philosophischen Deduktion der Via negatiol1 is, also dem schrittweisen
Verneinen von Eigenschaften. Wenn wir diese Methode auf die einzelnen zahlentheoretischen Klassen
anwenden, ergibt sich folgendes :
a) die naturlichen Zahlen sind Abstraktionen von in
der Natur vorkommenden und zumindest theoretisch
abzahlbaren Ein-maligen; Qualitat und Quantitat bilden eine Einheit [siehe (9)) und sind positiv;
b) die negativen natlirlichen Zahlen entsprechen
dem ersten Negationsschritt; es wird von der Praxis
der Abzahlbarkeit und auch von der theoretischen
Moglichkeit dazu abgesehen; ihre Quantitat bleibt
zwar erhalten, wird aber negativ; ihre Qualitat (als rationale Teilmenge bzw. theoretisch Vereinzelbares)
geht allerdings veri oren, sie wird fiktiv;
c) die irrationalen Zahlen stellen den zweiten Negationsschritt dar: Bei ihnen wird von der Ganzzahligkeit
bzw. ihrem natlirlichen Kehrwert, dem ganzzahligen
Bruch, abgesehen: ihre Vereinzelung (Voraussetzung
fur die Abstraktion von Existierendem) ist nicht mehr
moglich, ihre Qualitat in der 3-Dimensionalitat ist
ebenfalls nicht gegeben; die unendliche Anzahl von
Ziffern nach dem Komma findet keine Entsprechung
im Endlichen. Ihre Quantitiit ist zwar beliebig genau,
aber nicht exakt bestimmbar. Damit ist auch ihre
Quantitat unanschaulich geworden: sie ist nicht abgeschlossen, sie ist gebrochen:
(15) Irrationale Zahlen haben nur fiktive,
aber keine reale Qualitat; ihre Quantitat
ist gebrochen.
.
Sie sind reine Operanden. Sie scbaffen aber reale
Qualitat(en) und auch ganze Quantitiit(en): Pi etwa als
Operand den Kreisumfang, die Kreisflache oder das
Kugelvolumen bzw. die Kugeloberflache; die Quadratwurzel aus 2 als Operand die Quadratdiagonale,
die Quadratwurzel aus 3 als Operand die Wtirfeldiagonale usw.
Zwei Denkmoglichkeiten ergeben sich nun: die eine
basiert auf dem Konstruktivismus, die andere ware nach Ausscheiden des konstruktivistischen Ansatzes die' Struktur des Raum-Zeit-Kontinuums (RZK) selbst
betreffend, also den Kosmos selbst konstituierend.
1) konstruktivistischer Ansatz: Diagonalen, aus Dia-
Wissenschaftliche Nachrichten Mii r April 2001
gonalen konstruierte Flachen, Kreisumfange, Kugeloberflachen, aber auch andere auf irrationalen Zahlen
basierende Korper bzw. Flachen stellen an und fur
sich Ein-malige dar, entsprechen also dem Postulat der
Ganzzahligkeit im RZK. Die Relationen von Kantenund
Radi(us)en
zu
Diagonale(n),
lange(n)
Volum(en)ina und OberflachengroBe(n) sind - da Re!
lationen - bewuBtseinsabhangig, also reine BerechnungsgroBen und haben mit der Natur (der Qualitat
des Ein-maligen) nichts zu tun.
Genauso ist die alte pythagoraische Schicksalsfrage,
welche Zahl mit sich selbst multipliziert 2 ergibt, eine
rein konstruktivistische. In der Natur gibt es nur den
ganzen Zahlen entsprechende Ein-malige bzw. Teile
des einen Vie1en (= Allen), aber keine Zahl, die mit
sich selbst multipliziert 2 ergabe; auch keine, die 3, 5
oder 7 ergabe usw. Die Quadratwurzeln aus diesen
und ihnen verwandten Zahlen sind bloBe Konstrukte
und haben mit der Natur nichts zu tun. Das gleiche gilt
natlirlich fur aile anderen nicht-natlirlichen Zahlen.
Diese an und fur sich saubere (und einfachste) Losung stoBt sich nur am Umstand, daB in der Physik
keine ganzzahligen ElementargroBen (EG) vorkommen bzw. wenn, diese als Einheiten (also als eins) definiert sind und die Nicht-Ganzzahligkeit der aus ihnen
abseleiteten anderen Konstanten bestimmen. 29)
2) den Kosmos konstituierender Ansatz: Wenn irrationale Zahlen als .. reine Operanden" (= Fiktion) Einmaliges verwirklichen, konnen sie nicht bloB Operanden sein. Etwas, was schafft (= schopft), kann keine
Fiktion sein, sondern muB das Da-Seiende konstituieren. Irrationale Zahlen mtissen demnach ihre Entsprechung in der Natur (= im RZK) haben. Folgendes
muB daher ge1ten:
Ihr unanschaulicher Wert (d. h . er ist nicht auf Teile
ruckfuhrbarO kommt nur durch eine falsche topologische Zuordnung der von ihnen (= durch sie) reprasentierten Ein- maligen (= Da-seienden) zustande,
d. h. die von uns dem Raum zugrundegelegte Geometrle (- seine Topologie) md falsch sein.
29)50 belrj gl der Wen der Liclugeschwindigkeil c - 2,997924;8.10" mls
(per ddinilionem exakl!), jener der GraVilalionskonslanien
G - 6,67259.10 " Nm'kg -' , des Planckschen WirkungsquanlS
h ~ 6,626075.10 -" )s und der eleklrischen Elemenlarladung
e ~ 1,60217733.10 - .. As.
Dazu gibl es zwei Besonderheilen: ErSlens iSI es m6glich, durch geschickle Kombinalion von EG (c, G und h) eine Lange, eine Zeil und
eine Masse (unabhiingig von den Massen der Elemenlanei1chen) zu erhahen: Die .Planck-Lange' (einige to ;' m), die .Planck-Zeil" (einige
to -0 s) und die "Planck-Masse" (einige to o' kg), wobei man fOr Lange
und Zeil meinl, damil eine absolule MeBgrenze gefunden zu haben.
wahrend man der doch relaliv groBen Masse eine andere BedeulUng
zumiBl: Sie soli das Masseniiquivalenl m - Elc2 jener Energie E - hf
sein, die ein PhOion haben muBle, um damil nach dcr UnbeslimmlheilSbezlehung p. x ~ hl4 Omangaben auf x • ' Planck-Lange' ge·
nau durchfuhren zu k6nnen, wobei p die Genauigkeil der tmpulsmes.,ung bezeichnel.
AuBerdem k6nnen aus den EG auch noch dimensions lose Konslanlen
eXlrahien wcrden, und zwar auBer den Massenverhiihnissen der Ele·
menlaneilchen, wie m" """,/ml:kk,ro" ~ 1836,1 52701 ~ 6Pi' , eine Zahl,
die in der AlOmphysik eine groBe Rolle spiell (sie wird don, durch 2
dividien, als .FeinslruklurkonSlanlc" ~ 1/137 bezeichnel), sowie eine
sehr groBe Zahl (~ to'O), die mil dem Kr'jfle"erhiilmis der eleklrischen
und gr.lvilaliven Anziehungskrafl zwischen dem ProlOn und dem ElekIron im einfachslen aner Alome, dem Wassersloff(H)-Alom ubereinslimmi.
5
(16) Die Topologie des RZK kann nicht
euklidisch sein.
Vielmehr mOssen die irrationalen lahlen einen Hinweis in sich bergen, in welchem MaB der physikalische
Raum (RZK) "verformt" (also nicht-euklidisch) ist, sodaB sich in euklidischer Interpretation der irrationalen
lahlen diese als nicht-ganzzahlige ergeben (mOssen).
Als anschaulich(stes) Beispiel fOr diesen Gedankengang sei ein Kreis gewahlt, dessen Radius und Umfang
sich verhalten wie r zu 2rpi. Daraus ergibt sich:
a) 1st der Radius rationalzahlig, muB der Kreisumfang eine irrationale Lange aufweisen.
b) 1st der Umfang rationalzahlig, muB der Kreisradius eine irrationale Lange aufweisen.
Dieser im euklidischen Raum "natOrliche" Umstand
enthalt also in jedem Fall eine unnatOrliche Strecke (=
Lange).
Nach unserem Postulat, daIS Irrationalitaten in der
Natur nicht vorkommen dOrfen (= konnen), sollte
(= dOrfte) es daher keine Kreise geben. Nun ist diese
Forderung natOrlich absurd, denn niemand Ernstzunehmender wird an der Existenz von Kreisen (oder
Kugeln, Quadraten, WOrfeln, Quadern etc. - sie aile
enthalten z. B. als Umfang, Volumen, Diagonalen, je
nach geometrischem Korper, irrationale Langen) zweifeln.
Wie lost sich dann dieser Widerspruch, der sich aus
unserem Postulat ergibt?
Indem wir nicht mehr und nicht weniger behaupten, als daJA diese Korper nicht einen euklidisch
interpretierbaren Raum einnehmen (bzw. diesen
bllden oder in ihn eingebettet sind, je nach Betrachtungs- und Definitionsweise), sondern daJA
dieser Raum so beschaffen sein m~, dag bei einem Kreis (einer Kugel) sowohl Radius als auch
Umfang (und Oberlliiche und Volumen bei der
Kugel) rationalzahlige Ergebnisse liefern.
Bei einem Kreis kann man sich das relativ leicht vorstellen: Mittelpunkt, Radius und Umfang liegel1 l1icht
ill einer Ebel1e, obwohl uns eine solche Ebene e r s c h e i n t! Vielmehr ist der Radius jed e n Kreises an sich so gekrOmmt (also verlangert), daB bei rationalzahligem Umfang auch der Radius eine rationalzahlige Lange aufweist. Diese erscheil1t aber bei euklidischer Interpretation als irrationalzahlig.
Die umgekehrte Vorstellung - also rationalzahliger
Radius und die daraus geforderte KrOmmung des dazugehorigen rationalzahligen Kreisumfanges - ist weniger anschaulich. Vollig unvorstellbar werden hingegen die fOr allseitige Rationalzahligkeit notigen Verzerrungen (= "KrOmmungen") bei dreidimensionalen Gebilden, wie sie jede Kugel, WOrfel, Quader etc. dars tell e n .30)
Ein Quadrat, das uns quadratisch erscheint und dessen Diagonale nur unter luhilfenahme der Quadratwurzel aus 2 zu berechnen ist, mulS im dell Kosmos
kOl1stituierel1del1 Ratlln so "verzerrt" (= "verbogen")
sein, daIS sich eine ganzzahlige Diagonale bei ganzzahliger Seitenliinge erglbt. Das gleiche hat fOr den
WGrfel, den Kreis und die Kugel usw. zu gelten. Da die
Verzerrungsgrade von den Kantenlangen bzw. den Radien abhangig sein mlissen, konnte der Grad der Verzerrung (= Topologie) eine Analogie in der Einstein-
6
schen Relativitatstheorie haben, nach der die Gravitation als "RaumkrOmmung" von der vorhandenen
Masse abhangig ist. Daher hat zu gelten:
(17) Geometrische Langen mlissen in
allen Kombinationen immer Rationalzahligkeit ergeben - die Topologie des
Raumes muB diesem Postulat
entsprechen. 31 )
Laut Anselm Eder - ursprOnglich Statistiker, heute
auBerordentlicher Universitatsprofessor am Institut fOr
Soziologie an der Universitat Wien - sollte es, diesem
Postulat entsprechend, durchaus Kugelradien geben,
die so beschaffen sind, daIS die Durchmesser von Kreisen, die man auf diesen Kugeloberflachen zeichnet,
selbst dann rationalzahlig sind, wenn auch die Umfange dieser Kreise rationalzahlig sind. Dieser - im euklidischen Raum widersprOchlichen Forderung - ware
dann (u. nur dann!) GenOge getan, wenn die Kreisdurchmesser der auf die Kugeloberflache gezeichneten Kreise nicht als Kreis- (oder Kugel-)sehnen interpretiert wOrden, sondern in Form von Kreisbogen
Ober die Kugeloberflache liefen. Nun gibt es tatsachlich zu einem jed en sich auf einer Kugeloberflache gedachten Kreis eine Schar von Kugeln, fOr die diese Bedingung .zutrifft. Abhangig ist diese Kugelschar natOrlich vom gewahlten Kreisdurchmesser, der von uns im
als euklidisch interpretierten Raum x-beliebig, aber jedenfalls durch eine reelle lahl festgelegt wird (oder
umgekehrt: abhangig von dem, durch eine reelle lahl
ausdrOckbaren von uns gewahltem Umfang). Damit
hatte man einen Parameter ahnlich wie in der Einsteinschen Relativitatstheorie, nach der die RaumkrOmmung durchaus von Konkretem abhangig ist: von
der jeweils sich im Raum befindlichen Masse namlich.
Diese Abhangigkeit bzw. Entsprechung zwischen KreisgroBe und Kugelschar genauer durchzurechnen, ware
Freilich eine Aufgabe fOr einen Mathematiker. Der/ die
sich daraus ergebende/ n Parameter gabe/ n die gesuchte/ n RaumkrOmmungien vor. Die Beschaffenheit
bzw. Formulierung des auf die "wahre Natur" des Raumes zutreffenden Ausscheidungskriteriums aus der/ n
Kugelschar/ en mOBte allerdings noch durchdacht bzw.
experimentell OberprOft werden. (Ob ein Vergleich mit
30) Von Erscbeillllllg, Vor- IIl/d Darstellbarkeit, wie sie in die, em Absatz
als Begriffe verwendet worden sind, gilt, daB unser Gehirn evailltiollshed/lIgt den Raum als euklidisch (z. B. daB in dnem - ebenen Dreieck die Winkelsumme immer 180 Grdd betragen muB!) und drddimensional (Langen-, Breiten- und Hohendimension stehen jeweils in
rechtem Winkel aufeinander) im Sinne des cartesischen Koordinatensystems e r f ii h r t Warum dies so ist, wiire eine eigene Arbdt wert
- weill/ diese Frage aberbaupt beal/tw0/1bar ist.
31) Das _miisst:n" in diesem Gest'tz muB relativiert werden: Wei! wir nicht
anders sehen konnen als durch unsere Augen, nicht anders denken,
als wir es tun, nicht anders erkennen. als mittels unseres neuronalen
Verrechnungsappardtes, weil wir Menschen also menschlich denken,
erkennen und urteilen, diirfen wir dennoch nicht postulieren, der
ganze Kosmos musse unserem Wunsche nach Erkennbarkeit, Ber 'chenbarkeit, Ordnung (Struktur), Eleganz oder Anschaulichkdt gehorchen. Zu uniibersehbar sind die Hinwdse, daB ..das Universum
nicht nur seltsamer ist, als \Vir uns vorstellen, sandern sagar seilSamer,
als wir uns vorstellen konnen". Anderersdts bleibt uns aber gar nichts
anderes ubrig, als den Kosmos menschlich auszuleuchten. Wie sonst
sollten wir es tun? So gesehen ist das "miissen" im Gesetz 17 relativ zu
sehen, andererseits - wollen wir nicht allen Boden unter den FuBen
verlieren - mOssen wir ihm wahl Absolutheit ZlIsprechen - obiger Wi·
derspruch her ode r hin.
Wisscnschaftliche Nachrichten Miirz/ April 2001
der Einsteinschen "kosmologischen Konstanten" angebracht ist, sei vorderhand offengelassen ... )
3) idealistischer Ansatz32): Die rationalen Zahlen
(durch Bliiche darstellbar) sind zweifellos am Seienden festgemacht. Soweit wir aber Seiendes beobachten (und auch messen) konnen, treten sowieso keine
irrationalen Zahlen auf, weil sich diese ja jeder MeBbarkeit entziehen: Messen wir Umfang und Durchmesser eines Kreises und bilden wir den Quotienten
aus beiden, so erhalten wir ja nicht Pi, sondem, je
nach MeBgenauigkeit, vielleicht 3 und ein paar Dezimalstellen dazu. Pi ergibt sich nur im mathematischen
Formalismus, und der orientiert sich wirklich nicht am
Seienden. Oer Unterschied zwischen Pi und dem
MeBergebnis entspricht damit "nur" dem Unterschied
zwischen dem Kreis als (platonischer) "Idee" (mit Pi)
und dem vermessenen realen Kreis, der "Anteil" an der
"Idee des Kreises" hat, aus dem sich aber niemals Pi
mit seinen unendlich vielen, nie periodisch werdenden Dezimalstellen ergibt.
4) Ansatz der Emergenz33) : Wenn Teile (ein-malige
Dinge) miteinander verknilpft (verwoben, nicht nur
gepaart!) werden, emergieren neue (System-)Eigenschaften. Ein Beispiel: Die Gerade hat die Qualitat der
eindimensionalen, geraden Form und die Quantitat
von Lange und Richtung. Gerade 1: Lange x, Richtung
horizontal:
Eine zweite Gerade habe die
Lange y, ihre Richtung sei vertikal. Verknilpft ergeben
die beiden eine neue Qualitat, ein Kreuz: +. Diese
neue Qualitat heiBt Kreuzung(spunkt). In der Tat ist
diese Qualitat in einer einzelnen (ver-einzelten) Geraden nicht einmal ansatzweise erkennbar. Durch die
Verknilpfung dreier Geraden zu einem - z. B. gleichseitigen - Dreieck, emergiertiemergieren die neue
Qualitat(en) der Innen- und AuBenflache. Vier (gleich
lange) Geraden rechtwinkelig miteinander verknilpft
ergeben nicht nur die neue Qualitat des Quadrats, sondem auch die neue Qualitat der Diagonalen. Diese ist
(genaugenommen als Spiegelung) bereits bei einem
gleichseitigen rechtwinkeligen Oreieck vorhanden.
Bereits hier emergiert die Quadratwurzel aus 2, und
nicht erst beim eigentlichen Quadrat!
Man konne nun argumentieren, daB Linien und Formen, also die Anordnung solcher Linien, real exist ieren (z. B. in Kristallgittern). Somit existiert auch die
Qualitat der Oiagonalen realiter. Genauer: Diese Qualitat existiert nicht, sie emergiert, wird also durch
Wahr-Nehmung aus der Potenz aktualisiert, und zwar
im Sinn der Wechselwirkung zwischen dem Beobachtetem und dem Beobachter. Wie sieht es aber mit der
Lange dieser Oiagonalen aus, mit ihrer Quantitat? Sie
ist ganz einfach durch die Beziehung der Seiten zueinander gegeben, durch deren Lange und Anordnung
(Winkel, Form). 1st die Lange der Seiten 1 und die
Form rechtwinkelig, dann ist die Lange der Diagonalen die Quadratwurzel aus 2. In diesem Sinn ist diese
GroBe dann durchaus natiirlich.
Ahnlich sei es mit der Zahl Pi, dem Verhaltnis des
Kreisdurchmessers zu seinem Umfang. Damit widerspricht dieser Ansatz bewuBt Pythagoras, der ganze
Zahlen als notwendig und hinreichel1d gesehen hat.
Nach diesem Ansatz sind ganze Zahlen zwar hinreichend - aber nicht notwendig; und die irrationale
GroBe der Diagonalen im Quadrar oder cler Zahl Pi
Wissenschaftliche Nachrichten . MarziApril ZOO}
trotzdem "natilrlich", wenngleich es eines BewuBtseins
bedarf, urn sie zu erkennen (aber nicht zu erschaffen!).
Aufgrund der einschrankenden Bemerkung bezilglich des konstruktivistischen Ansatzes - daB es namlich keine ganzzahligen ElementargroBen gibt - und
auch angesichts des idealistischen Ansatzes und jenes
der Emergenz erscheint mir der kosmologische Ansatz
pIa usibler.34)
d) die imaginaren Zahlen schlieBlich haben keinerlei Bezug mehr zur Realitat; ihre Quantitat ist negativ
und gebrochen, ihre Qualitat ist durch den mangelnden Realitatsbezug sowieso fiktiv (entspricht einer
Quantitat keine positive Qualitat mehr, wird die Qualitat notwendigerweise fiktiv).
(18) Fiktive Qualitat in Verbindung mit
negativer (= gebrochener) Quantitat ergibt
als reine Fiktion die imaginaren Zahlen.
e) die komplexen Zahlen verbinden natilrliche und
imaginare Zahlen zu reinen RechengroBen, haben Bedeutung nur mehr in den Formalismen der Mathematiker und keinerlei Realitatsbezug; sie dienen, wie
auch schon die imaginaren Zahlen, nur zur Losung
von Gleichungen - und diese setzel1 bekanntlich nur
gleich, bilden die Wirklichkeit also nur mehr als ein
Aquivalent oder Modell abo
Zwischenresume 2:
Wir halten fest: AuBer den natiirlichen Zahlen,
die wir aIs aus Abstraktion von Ein- maligem erfunden interpretieren konnen, und denen wir
aus diesem Grund positive Quantitiit und reale
Qualitiit zusprechen, haben alle anderen Zahlen
keinen unmittelbaren Bezug zur Realitiit. Negative und imaginare Zahlen sind reine Fiktion,
wahrend positive irrationale Zahlen (a1s zwar gebrochene Quantitiiten) reale Qualitiiten sogar bestimmen: z. B. aIs abmeSbare oder auch faktisch
herstellbare Diagonalen, diagonale Fliichen oder
Drehkorperoberfliichen. Ob ihre Irrationalitiit
"nor" die Folge einer falschen Topologie ist,
bleibt (noch) offen.
32) Diesen Ansatz verdanke ich Herrn Prof. Mag. Erwin Kohaut, Professor
fUr Physik an ciner Wiener AHS . der die vorlit!gt!nde Arbcit gepriift
und - durch diesen Beitmg sowit! durch Korrekturen - t!rgiinzt hal.
33) Dieser Ansatz stammt von DI Dr. Karl Pongracz, Physiker, der die vorliegende Arbeit t!henfalls gepriift und korrigien und durch diesen Bei·
tmg sowie durch Anmerkungen erg'J nzt hal.
34) We!chem der vier Ansatze - dem konstruktivistischen, dem kosmolo·
gisehen, dem idealistisehen oder jenem der Emt!rgenz - schlufkndlich
Prioritnt einzur'Jumen ist, wiire eine e1gene Arbeit wen. Ich tendiere
zum kosmologisehen, verfuge aber nieht uber das mathematische Rust·
zeug, ihn durch eine entsprechende Theorie plausibel zu machen. D3'
bei muB allerdings festgehahen wt!rden: Eine passende mathematische
TIleorie ware keinesfalL< Priifstein oder gar Enl<cheidungskriterium. Sie
wurde nur der auf den ersten Blick erscheinenden Absurditat des koso
mologischen Ansatzes das ngewohnte nehmen Och verwdst: dabel
auf dit! anflinglich ebenfalls als absurd abgetan"ne Erkenntnisse aus
der allgemeinen und 'peziellen Relativitlltstheorie; dem sich aus ihnen
konstruierbaren Zwillingspamdoxon kommt tatsiichlich Entsprechung
in d" r Realitiit zu: Das Hafele-KeJting-Exp"riment (dabei wird das
"Zwillingspamdoxo n" dem "Uhrenpamdoxon" etwa gleichgestellt)
stimmt mit beiden 'Theorien innerhaU) der MeBgenauigkeit uberein.
Den EinnuB unterschiedlich starker Gravit:ltionsfelder auf den Gang
von Vhren kann man :Iuch beim GPS (Global Positioning System) wun·
derbar nachvollziehen und regulh;,n danach dlt! Satellitenuhren.
7
TElL IV:
DER FORMALISMUS
Es bleibt zu untersuchen, wie mathematische Formeln unter Verwendung aller Klassen von Zahlen ausreichen sollen, die tatsachliche Struktur der Welt zu beschreiben. Nach dem oben Vorgetragenen ist es doch
offenbar so, daIS mathematische Gleichungen und Formeln (was ja im Grunde dasselbe ist), nur vorgeben
konnen, die Natur (= das Universum) erschopfend zu
beschreiben. Etwas, das - per definitionem - nur reine
Form ist (und das ist jeder Formalismus, das ist jede
mathematische Operation, das ist jedes .Gesetz"!),
kann nicht in gleichem MalSe real sein, wie das Existierende selbst. 35 ) Mathematischer Formalismus ist
vielmehr - unter Anwendung der Methode der Abstraktion - Absehen vom konkret Ein-maligen und Erweiterung auf Allgemeines. Allgemeines aber existiert
nicht - es gibt es allenfalls, sei es als Allgemeinbegriffe
im BewulStsein oder als Konstituierendes ("Vorau 'setzendes) in der Natur selbst. 36)
(19) Mathematische Erkenntnisse sind rein
formale Versuche, eine Entsprechung
(= Gleichsetzung) zwischen unterschiedlichem Beobachteten herzustellen.
Dies erfordert einen Beobachter.
DaIS der Beobachtet auch in den Formalismus einflielSt, ist spatestens seit der Relativitatstheorie und verstarkt - durch die Quantentheorie (Heisenbergsche
Unscharferelation) zwar noch nicht als 'Allgemeingut,
aber immerhin als nicht mehr weiter diskutiertes Faktum den meisten Esoterikem (= den Eingeweihten;
also den Physikern und Philosophen z. 8.; aber auch
den Kosmologen und Chemikem etwa) bewulSt geworden. In Gleichungen etwas gleich zu setzen bedeutet ja nichts anderes, als daIS verglichen(!) wird;
dies setzt sowohl einen Vergleichenden (= ein BewulStsein) voraus, als auch den Umstand, daIS Vergleichbares konstruiert wird, daIS also etwas durchaus
Verschiedenes vom Beobachter als gleich gewertet
oder als gleich gesetzt wird. Es bedeutet jedenfalls
nicht, daIS etwas Gleiches auch tatsachlich (= konkret)
gleich ist!
(20) Es gibt nichts gleiches Existierendes.
Mit dem Erfinden der irrationalen, imaginaren und
komplexen Zahlen hat man sich bewulSt von der Realitat entfemt und sich auf das rein Quantitative, also
das rein Formale beschrankt. Damit war man freilich
in der Lage, neue Theorien (eigentlich: Hypothesen)
aufzustellen, die vom Gegenstandlichen (= Qualitativen) absahen und angeblich allgemeingi.iltige Aussagen ermoglichten. Man hat sich damit in die Lage versetzt, die in der Natur von uns als Gegensatze empfundenen Erscheinungen in immer eleganterem MalSe
als Widerspriiche zu formalisieren und - nichts anderes heilSt ja "formalisieren"! - sie damit zu verallgemeinem: indem wir sie unter ein (oder mehrere) Gesetz(e) zwingen.37) "Zwingen" aber heilSt beherrschen.
8
Und "beherrschen" bedeutet nichts anderes, als jemanden unter seinem Willen zu halten bzw. ihn zu
veranlassen, das zu tun, was man selbst getan (= erledigt) haben mochte - was man also selbst wilnscht.
Es ist dies keineswegs eine neue Erkenntnis, daIS
wir uns zwar w ii n s c hen, die Welt zu be herrschen, dies aber offenbar gar nicht vermogen. Beherrschen bedeutet doch, einen fremden Willen zu zwingen. Die Natur aber ist willenlos! Den Glauben an eine
mit Willen versehene Natur (= in ihr wirkende Gotter,
Damonen und Geister) hat der Mensch mit dem Auftreten der ionischen Naturphilosophen Thales von Milet, Anaximenes und Anaximander ein erstes Mal
schon vor rund 2600 Jahren abgelegt. Zu Beginn der
Aufklarung vor nun rund 300 Jahren ist dies - nach einem rund 2000-jahrigen Riickfall in den Aberglauben
- ein zweites Mal versucht worden. Erfolgreich? Offenbar nicht, denn wie kame der Mensch sonst dazu,
"Gott" einen "Mathematiker" nennen zu wollen? Wo
doch - zumindest nach Nietzsche, Comte, Sartre und
Sigmund Freud - "Gott" eine blolSe Projektion des
menschlichen BewulStseins ist und die Mathematik
noch urn vieles mehr?
Selbst die Widerspruchsfreiheit - sowohl unabdingbare Essenz der Naturwissenschaft als auch · der Mathematik! - ist blolS (menschliche) Interpretation der
vom (mensch lichen) BewulStsein so empfundenen Gegensatze. Denn genau so, wie man diese Gegensatze
35) Real sein (a kankretisiert, im Raum-Zeit-Kantinuum stattfindendl und
das Gegebene (= Existierende, Natiirliche) repr'Jsentieren kann nur
die jeweilige Einheit des Farm-Staffliehen (=der Staff-Farm) selbs!. AIlerdings vertreten viele Quantenphysiker die Ansieht, das Primllre, die
Grundlage aller (quanten-)physikalischer Realitat sei die Farm. Farmen (als Felder ader Patentialitiiten ader Fluktuatianen ader Inflatianen ader Virtualitaten - dies alles sind nur verschiedene Ausdriicke fUr
das eine: das Mogliche, das wieder nur ein anderer Ausdruck fUr das
Kantinuum als Kantrddiktian zum Diskreten ist) kanstituieren Raum
und Zeit, Materie und Energie.
Diese Farm(en) - in einer anderen Arbeit van mir (.Gatt ist moglich
ader Vam Metaphysischen in der Naturwissenschaft", erschienen in
CONTUREN 2/99, Seiten. 81-99 bzw. im Internet unter http://www.
vabene.at) summarisch als ,das Mogliche" zusammengefaBt (sie mogen cine Entsprechung in den .ldeen" Pia tons haben), sind durchaus
als die Quelle aller Existenz anzusehen, entsprechen aber grundsiitz. lich (noch) n i c h t den in der Realisierung dann auftretenden Quanti@en. Ais Farmen sind sie ,nacho beides: Qualitat u n d Quantitat
- allerdings als Moglichkeit dafUr. Die wissenschaftliche,
physi(kali)sche Sieht sieht nach ihrer Realisierung nur die quantitative
Seite (denn die kann man bereehnen - und durch Negatian determinieren!), wiihrend die metaphysische (= die philasaphische) Sieht sich
eher dem Qualitativen zuwende!. Urn jedoch ein ganzheitliehes Bild
zu erhahen, muB man beide Sichtweisen beachten, die physische und
die philasaphische, die immanente (realisierte) und die trdnszendente
(mogliche), die kornige (diskrete, abzahlbare, die Welt der Zahlen)
und die kantinuierliche (das ,Kantinuum", das Mogliche schlechthin).
Dariiber hinaus wird das Beabachtete (das Abzahlbare) immer nur der
psychischen Struktur des Beabachters adaquat sein; mit blaBer Ratianalitiit wird man NiehtrJtianales ader Tmnsmtianales eben nieht fassen kilnnen ...
36) 1m Mittelalter wurden diese kanstituierenden Vamussetzenden ,Universa lien" genann!. Man stritt lange dariiber C.Universalienstreit"), ab
sieh diese Universalien vor ("allIe " , nach ("pos/') ader in den Dingen
(" I'eb/ls" ,befiinden" - und befand sieh mit dieser Fmgestellung
prompt im - falschen - Denken der Realexistenz van Unmoglichem.
37) Dies zu versuchen ist uns sagJr laut Bib'" va n ,Gan" aufgctmgen worden: , .. und macht sie (die Erde; Anm. des Autars) euch untertan."
(Gen.1,28) 1st es aber nieht vlelmehr , a, daB die Welt sieh nieht beherrschen I ii B t? 1st dieser ,Ga nesauftmg" nicht sdbst nur ein
Wunsch des Menschen? Gemildert wiirden diese Oberlegungen, legt
man de m ,untertan" ein iJbersetzungsproblem zugrundt:. Wie eben
"erwendet klingt es so, als konnten wir mit der Erde umgehen, wit: e,
uns gemde gelUstet Ein vemntwartungsvaller . Herrschcr" aber
sa r g t fUr seine ,Untertanen". 5a gemeint wurde dem . untertan" die
5chiirfe genammen!
Wissenschaftliche Nachrichten . MarziAprii 2001
als Widersprilche sehen kann (und im rationalen Zugang zur Welt auch so sieht!), konnte man sie als Polanttiten interpretieren. Als diese wOrden sie den mystischen Zugang zur Welt reprasentieren, als sich erganzende Gegensatze, die die Einheit des Seienden
erst ermoglichen.
(24a) Teilung (= Ein-maliges) ist durch
Ungeteiltes (== Alles, Vieles, Ganzes)
bedingt.
(24b) Ein-maliges ist nur,
weil Alles teilbar sein muB.
(21) Bewugtsein erlebt Seiendes immer
als Gegensatzliches.
Gegensatzpaare waren: gut - bose, kalt - warm, hart
- weich, mannlich - weiblich etc. Wird jeweils ein Teil
dieser Gegensatzpaare als positiv bejaht, bedeutet dies,
den ausgeschiedenen Part als negativ Ztl verneinen:
Die Folge ist:
(22) Widerspriiche zerstoren die Einheit
des (Da-)Seienden.
Sie zu eleminieren ist die rationale, naturwissenschaftliche, zerlegende, analytische, quantifizierende
Sicht der Welt.
Werden beide Teile eines Gegensatzpaares bejaht
und wird nicht negiert, bedeutet es, die jeweiligen Gegensatze als das Gegebene (= das Existierende) konstituierend, ja, es tiberhaupt erst ermoglichend aufzufassen:
(23) Polaritaten garantieren die Einheit
des (Da-)Seienden
1m polaren Denken wird die Einheit (= die Qualitat)
des Da-Seienden gesehen: es wird zusammengefaBt,
synthetisiert, qualifiziert, ganzheitlich gedacht. Es gibt
nichts Negatives.
GemaB dieser beiden moglichen Sichten reprasentieren die Zahlen unter dem Aspekt des Widerspruchs
die am weitesten fortgetriebene Abstraktion zur Quantitat. Unter dem Aspekt des Polaren reprasentieren
Zahlen das sich immer weiter teilende und sich wieder
paarende EIN(malig)E als die Vielzahl der Konkretionen aller realen Qualitaten.
TElL V:
MYSTISCHE ZAHLEN
Die Welt besteht weder aus Allgemeinem (= Universalien) noch folgt sie formalen Gesetzen oder gar GesetzmaBigkeiten. Sie besteht aus einer endlichen (0
Vielzahl von Ein-maligem, das untereinander in Beziehung steht - aber nicht in abstrakter oder formaler,
sondern als sich bestandig Anderndes und sich gegenseitig Beeinflussendes, das nicht im Sinne von BewuBtsein "geordnet" ist.38) Vielmehr sprechen wir yon
notwendigem Teilen und Paaren, das weder Chaos
noch Ordnung ist.
Diesem notwendigen Teilen und Paaren entspricht
die Ordnung der nattirlichen Zahlen. Sie allein garantiert das Sich-einander-Bedingen von Einmaligem und
Vielem im Sinne des EIN(en)-ALLEM, das nur ' durch
Teilung sein kann . Daraus folgt :
Wissenschaftliche Nachrichte n . Mal7j Aprii 2001
Daraus folgt als Umkehrung:
(25a) Das ErN-ALLE ist als Unteilbares
unmoglich.
Dem ist inharent:
(25b) Unmogliches kann nicht zur
Existenz kommen.
(25c) Unteilbares kann nicht existieren.
Urnformuliert ins Positive ergibt sich:
(25d) Alles Mogliche mug teilbar sein.39)
Diese Deduktion kann auch tiber einen anderen
Gedankengang eingesehen werden:
(26) Die Zweiheit des Ein-ander-Bedingens ist Dreiheit.
Warum? Weil eines das andere bed i n g t! Diese
Bedingung ist essenziell, also nicht weiter bedingt fur
die Zweiheit des Ein-ander - genauso, wie das Linke
das Rechte braucht urn jeweils rechts oder links sein
zu konnen! Durch dieses ein-ander Bedingen wird das
Bedingen zur unabdingbaren Essenz der Zweiheit des
Ein-ander und damit zur unaufloslichen Dreiheit.
[1]
[3]
[2]
(27) Das ErNE bed i n g t das andere.
Erst durch diese Bedingung (sie garantiert das Werden des Kosmos) erhalt das Ein- malige seine Dauer
und muB moglich Teilbares zur Existenz kommen: lO)
Durch ihre (fortgesetzte) Tei!ung und Paarung erhalten
und garantieren die vielen Ein-maligen das ewig"I) sich
Verandernde: den Kosmos. Warum? Wei! nach (25b)
und (25c) Unteilbares unmoglich existieren kann.
38) Wir erinnern uns, daB .Ord nung" nichl5 anderes bedeu!e!, als das Erkellllell 0011 ll7iederholllllg 0011 Slnlklllrell, und daB dieses Erkennen
nur eine ungenaue, .ahnliche" Abfolge von Beobachlungen is!, dem
BewuBlSein vorausgese!z! is!.
Dieses Theorem ins Physikalische iibenragen hal unheimliche Foigen
und is! von Zenon vor 2400 Jahren berdlS vorgedach! worden (ZelIo llscbe Aporiell) : E!was, das nich! ge!eil! werden kann, exislien auch
nichl. Also kann ein kleins!es, un!eilbares (frO her: .alOmos") nich! exis!ieren. Die Physiker zollen dieser unheimltchcn Ko nscquenz auch
Rechnung und sprechen . nur" von . punkuormigen Ladungen". Nur:
Was is! eine Ladung? Und was heiB! . punk!formig"?
40) m Hinduismus wird diese unabdingbare No!wendigkeil als •Tanz Shiwas· bezeichne!.
II) Die Yer'Jnderung selbs! veranden sich ja nich! - nUr die un!erschiedlichen Ein-maligen ver'J ndern sich. Also is! das ver'Jnderliche Ein-malige ....lllln·zcidich. die Ycninderung sclbs!(!) aber zei!los, is! gldch
39)
ewig
9
Urn sieh als selbstbedingtes EIN(-malig)ES aber
auch bewuBt zu werden, bedarf der Kosmos der Evolution zum BewuBtsein. Da alles im Kosmosaber der
Teilung und Paarung unterliegt, kann auch dieses BewuBte nur durch vereinzelte (Selbst-)BewuBtsein(e),
die sieh wieder paaren, zur Existenz kommen (auf Erden durch Menschwerdung). Erst aus deren jeweils
ein-maliger Sieht erfahrt die bloB an-sich-seiende Qua!itat des EIN(-malig)EN uber die Abstraktionsfahigkeit
des jeweiligen (Selbst-)BewuBtseins die an-und:filrsich-seiende Quantitiit des (jeweils) anderen - das
Viele.
(28) Das EINE kann sich nur als
Ein-maliges als von anderen
unterschieden erfahren.
Dabei ist es sinnlos, dem EINEN (in einer von vielen Metaphern auch "Gott" genannt) selbst BewuBtsein zuschreiben zu wollen. Die Identitat des EIN(en)
ALLEN ist ja nur eine logisch-notwendige und semantische, aber keine faktisch-praktische. Urn sieh der
Identitat des EIN(malig)EN "mit" ALLEM bewufit zu
werden, bedarf es eines Ein-maligen, das von anderen
geschieden ist. Daraus folgt:
(29) Die Quantitat (= das Andere) ist die
Voraussetzung fur die Qualitat des Selbst
(= das ErNE).
Die Einheit in der Dreiheit (= Trinitiit oder Triade)
wird damit transparent:
(30) EIN(-malig)ES, (SELBST-)BewuBtsein
und Anderes bilden eine untrennbare
Dreiheit (Triade).
Dieser Triade entsprieht in der Abstraktion der
natiirlichen Zahlen die 3 als erster Symmetriebruch.
Auch als (erste ungerade) Primzah1 42) ist sie nur durch
sieh selbst teilbar, das bedeutet, sie ist sich selbst. Sie
gilt im Mythos auch als "heilige" Zah1. Aus den ersten
drei naturlichen Zahlen lassen sieh ubrigens aIle anderen Zahlen ableiten: die 4 ist 2 mal die 2, die 5 laBt sieh
aus 2 + 3 zusammensetzen usw. Alle Zahlenmystik basiert auf diesem Umstand. 43)
Was wir daher .Kosmos" nennen, also "Geordnetes", ist demzufolge nur im Sinn obiger Triade "geordnet". Diese "Ordnung" aber ist notwendig und in
sich konsistent. Nichts Widerspriichliches ist an
ihr: sie ist wah r.
10
AIle anderen - abstrahierten - Ordnungssysteme
oder -versuche konnen demgegenuber nur modellhaften, also abstrakten und damit bloB analogen, also vergleiehenden Charakter haben. Sie bilden nur unser
analytisches, abstraktes Denken abo Das Warum und
Wie des Kosmos reprasentieren sie nieht: sie versuchen nur, es an Hand eines - heute meist mathematischen - Modells zu erkliiren. Urn die Wahrheit zu erkennen ist ein Denken in Widerspriichen nieht geeignet.
Danksagung:
Ich danke Herrn Univ. Prof. Dr. Anselm Eder fur
seine bereiehernden Anregungen und Berechnungen
zur von mir postulierten "Raumkriimmung" im kosmologischen Ansatz der vorliegenden Arbeit. Weiters
danke ieh Herrn Prof. Mag. Erwin Kohaut, Physiker an
einer Wiener AHS, fur die Korrektur der Arbeit, erganzende Anmerkungen und Verbesserungen sowie seinen "idealistischen Ansatz"; dann danke ieh Herrn Dr
Dr. Karl Pongracz, Physiker in Wien bei Siemens, fur
seinen "Ansatz der Emergenz", seine tiefschurfenden
Erganzungen und seine Hinweise auf die Magie der
Zahl 3 im Christentum. Herrn Prof. Dr. Mag. Alfred
Jiadrboletz, ebenfalls Physiker an einer Wiener AHS
und Lehrbeauftragter auf der Universitat Wien, danke
ieh jedenfalls fur das Durchlesen dieser Arbeit und die
Bestarkung darin, das schwierige Thema zu Ende zu
fuhren - und vor allem dafur, daB er meinen kosmologischen Ansatz fur bahnbrechend wertet.
42) Die erste Primzahl ist die 2 - die einzige gemde ubrigens. Die 1 als die
Identitat - das ein-malige - schlechthin, genugt sich selbst. Urn .sich
selbst" zu .genugen" bedarf es allerdings der Teilung (oder Verdoppelung), also der 2 - des zweimal Ein-maligen -, was durch das
.selbst" ausgedrOckt wird, ja es repr'jsentiert. Dasjenige, was die Zweimaligkeit des Einmaligen gamnti" rt. ist ein Drittes, nur durch sich und
die Eins teilbar: die drci, die e rste unge mde Primzahl. Aile weiteren
Primzahlen sind dann ungel"dde.
43) Wahrseheinlich ist es wirklich so, daf~ die 3 deshalb als magischc Zahl
gilt, weil sic die erstc Brcehung der Ursymmetric darstellt. Wie die Taoisten sagen, entstehen aus dem EINEN die Zwci (Yin und Y~ng), aus
ihnen jedoch die .zehnta usend Dinge" der Welt. Der erste Symmetric·
bruch "rzeugt nicht die Zwei und auch nicht die Vier, sondem die
Drei! Die ehristliehe Trinitat ist ubrigens cine herrliche t!) Metapher
dafUr: Ein Gatt in drei Personen (c Aspekten)! Der Vater symbolisiert
das EINE, aber aueh das Gegenstandliche, Materielle oder Stoffliche,
das uber den (zweiten ) Aspekt dcs Moglichen, sonst meist .GciMes",
Immaterielles oder .Luftiges", auch Ungcgenstandliches oder Kontinuum genannt, diese Symmetrie (es sind ja zwei Aspekte!) bricht und
den Sohn gebiert. Die drei sind und verbleiben aber dennoch eins,
und der Sohn - Mensch und Gott - wird geboren (reprjsentiert die
Welt) und stirbt (als Wirklieher), bldbt aber, als Gott (Moglicher), doeh
ewig, zeitlos. So bricht hier die magische Zahl drel nieht nur eine Symmetric, sondem auch die Widerspruehsfreiheit, die unser Denken stets
fordert: ER, Jesus, ist Gott und Mensch, sterblich und ewig zugl<!ieh;
eine Person und somit von Vater und dem Geist unterschiedlich, aber
doeh identisch mit dem <!inen Gatt, der er ist, das EINE , e1bst.
Wisscnschaftliche Nachrichten ' Miir' April 2001
BIOLOGIE, GEOWISSENSCHAFfEN
Prof. Mag. Leo Holemy
Blut und Blutplasma
Univ. Prof D,: Palll Hocker
1 Blut- und Plasmaspende
Die Bedeutung der Blutspende und der Plasmaspende kann nicht hoch genug eingeschatzt werden.
Sie helfen, in Notfallen Leben zu retten, und dienen
dazu, wichtige, haufig lebenswichtige, Arzneimittel
herzustellen. 1mmer mehr Menschen erkennen das
und stellen sich uneigenniltzig als Spender zur Verfugung. Die Blutspende ist weithin verbreitet und bekannt, wahrend die Methode der gezielten Plasmaspende noch nicht ausreichend verbreitet ist. Plasma
wird jedoch in groBen Mengen fur Produkte benatigt,
die z. B. fur Menschen mit der angeborenen Bluterkrankheit ilberlebensnotwendig sind. Das Plasma aus
Vollblut und Plasma aus den gezielten Plasmaspenden
ergeben zusammengenommen heute bei uns noch
nicht die Menge, die fur den tatsachlichen Bedarf notwendig ist. Es fehlt vor allem Plasma. Erst durch 1mporte kann der Bedarf gedeckt werden. Wenn wir in
Osterreich und Europa selbstversorgt sein wollen,
milssen wir die Plasmamenge steigern. Hierfur kommt
vor allem die Ausweitung der Plasmaspende in Betracht, da grundsatzlich genilgend Blut zur Verfugung
steht. Aber auch die Blutspende darf nicht vernachlassigt werden, urn den Grad der Versorgung mit wichtigen zellularen Bestandteilen, wie rote Blutkorperchen
oder Blutplattchen, nicht zu gefahrden.
Durch die Berichte ilber Hepatitsinfektionen in
Plasmaspendezentren ist es leider zu einer Verunsicherung der Spender und zu e inem deutlichen Rilckgang der Plasmas pender gekommen. Die Entwicklung
in dem letzten Jahrzehnt hat aber die Plasmaspende
mittels Zellseparatoren ( = Plasmapherese) und Einmalmaterial zu einer der sichersten medizinischen
MaBnahmen werden lassen, so daB Bedenken bezilglich einer gesundheitlichen Gefahrdung durch die
Plasmaspende nicht mehr gerechtfertigt sind. Es soli
daher ilber die Maglichkeiten der Blut- Plasma und
Thrombozytenspende berichtet werden, wobei zunachst der besondere Saft Blut mit seinen Bestandteilen besprochen wird. 1m weiteren wird ilber die
verschiedenen Spendetechniken und die SicherheitsmaBnahmen referiert und auch auf den Einsatz der
verschiedenen Plasmaprodukte und der Thrombozyten eingegangen.
2 Blut und Aufgaben des Blutes
Blut setzt sich aus lebenden Zellen und vielen kleinen Teilchen zusammen, die jedes fur sich eine fur das
Leben notwendige Funktion haben. Blut kann nur
yom Karper selbst gebildet werden und ist deshalb
durch nichts zu ersetzen.
Wissenschaftliche Nachrichtcn . Man/April 2001
Blut besteht aus:
• 49,5% Wasser (BlutfiOssigkeit oder Blutplasma)
•
1,09% Fett, Zucker, Kochsalz
• 4,4% EiweiBe (Proteine)
• 42,8% Rote Blutkarperchen(Erythrozyten)
• 0,07% WeiBe Blutkarperchen (Leukozyten)
•
2,14% Blutplattchen (Thrombozyten)
Die Blutkarperchen werden im roten Knochenmark
gebildet, das bei einem Erwachsenen etwa 3-4 kg betragt und ein sehr aktives Organ darstellt. Pro Tag werden etwa 300 Milliarden rote Blutkarperchen, 200 Milliarden Blutplattchen und 100 Milliarden Leukozyten
neu gebildet. Die EiweiBbestandteile des Plasma wie
Albumin und Gerinnungsfaktoren werden zum Oberwiegenden Teil durch die Leber synthetisiert, und die
1mmunglobuline, die fur die Abwehr verantwortlich
sind, sind Produkte spezifischer Zellen wie Plasmazellen und Lymphozyten.
2.1 Rote Blutkorperchen (Erythrozyten)
Die roten Blutkarperchen (Erythrozyten) sind fur
den lebenswichtigen Sauerstofftransport von der
Lunge zu den Karperzellen ZiJstandig. Sie transportieren die Atemgase Sauerstoff von den Lungen zu den
Organen und Karperzellen und Kohlendioxid von dort
zu den Lungen.
Jeder Mensch kann einen gewissen Blutverlust ausgleichen und verkraften. Ein gesunder Erwachsener
kann 1 bis 1,51 Blut verlieren, ohne daB schwere Schaden auftreten. Der Karper kann jedoch die Organe
nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgen,
wenn der Blutverlust ein bestimmtes MaB Obersteigt.
Bei schwereren Unfallen und Verletzungen, bei inneren Blutungen oder bei Krankheiten, bei denen der
Karper nicht mehr selbst ausreichend Blut bilden
kann, mOssen die Erythrozyten dann so schnell wie
maglich durch eine Bluttransfusion ersetzt werden.
2.2 WeiSe Blutkorperchen (Leukozyten)
Die weiBen Blutkarperchen (Leukozyten) sind in
der Lage, karperfremde Zellen und Gewebe, also auch
Krankheitserreger, zu erkennen. Die Fahigkeit des
Karpers, eingedrungene Fremdkarper und Krankheits- .
erreger unschadlich zu machen, ist vor allem an FreBzellen (Phagozyten) und an antikarperbildende Blutzellen (Lymphozyten) gebunden.
2.3 BlutpHittchen (Thrombozyten)
Blutplattchen (Thrombozyten) sind wichtig fur die
Blutgerinnung und werden bei sehr groBen Blutverlusten transfundiert. Die Blutplattchen haben einen ent-
11
scheidenden Anteil an der Blutstillung. Sie wirken bei
einer Verletzung durch Verkleben mit den Wundrandem wie ein ninneres Pflaster". Sie werden haufig fUr
Patienten mit Blutkrebserkrankungen benotigt.
2.4 Blutfli.issigkeit (Plasma)
In der Blutflussigkeit, dem Blutplasma, befinden sich
EiweiBstoffe, die fUr die Aufrechterhaltung der FlUssigkeitsmenge in den Adem wichtig sind Cz. B. Albumin).
Die Gerinnungsfaktoren sind ebenfalls EiweiBverbindungen, die im Zusammenspiel mit den Blutplattchen
und der Wundoberflache fUr die Blutstillung notwendig sind. Bei sehr groBen Blutverlusten oder Operationen wird Plasma transfundiert, ebenso bei Blutungskomplikationen mit einer Storung der Blutgerinnung.
Viele wichtige Medikamente, wie z. B. Gerinnungspraparate fUr Bluter, Praparate fUr Intensivpatienten
und Mittel gegen schwere Infektionen, werden aus
Plasma hergestellt.
2.7 Kell-System
Nach dem ABO- und Rhesus-System ist fur die Bluttransfusion das Kell-System am bedeutendsten, da der
haufig vorkommende Antikorper Anti-Kell CAnti-K)
wie auch das seltene Anti-Cellano CAnti-k) schwere
Zwischenfalle bei Transfusionen und Schwangerschaften verursachen kann.
Rhesus-Verteilung RH-Blutgruppe Haufigkeit
Rh-positiv 83%, Rh-negativ 17%
Kell-Verteilung Kell-Blutgruppe Haufigkeit
Kell-negativ 91%, Kell-positiv 9%
2.5 Blutgruppenmerkmale
Welche und wie viele Blutgruppen gibt es?
Es gibt eine Vielzahl an erythrozytaren Blutgruppenmerkmalen, deren einzelne Aufzahlung und Erlauterung den Umfang dieses Skriptums sprengen wlirde.
Nachstehend sind lediglich die transfusionsrelevanten
Hauptblutgruppenmerkmale aufgefUhrt.
ABO-Blutgruppen
Das ABO-Blutgruppensystem wurde in den Jahren
1901 und 1902 von Landsteiner und seinen SchUlem
Decastello und Sturli entdeckt. Man unterscheidet dabei hauptsachlich vier Blutgruppen: 0, A, B und AB.
Menschen sind nach der Zusammensetzung ihrer
Blutgruppenmerkmale sehr verschieden. Bei Blunransfusionen mussen jedoch die wesentlichen Merkmale
CBlutgruppen) ubereinstimmen. Die Verteilung der
ABO-Blutgruppen und ihre Haufigkeit in unserer Bevolkerung kann aus der Tabelle entnommen werden.
Verteilung der ABO-Blutgruppen
ABO-Blutgruppe Haufigkeit
•
•
•
•
•0
39%
43%
13%
• AB 5%
Abb. 2
•A
•B
2.6 Rhesus(Rh)-System
Rh ist die Abktirzung von Rhesus, dem Namen einer
Affengattung, mit deren Blut man erstmals Antikorper
bei Kaninchen experimentell erzeugte. Die Rh-Antikorper fUhrten 1940 zur Aufdeckung eines beim Menschen vorkommenden erblichen Blutgruppensystems
und der heute noch gebrauchlichen Bezeichnung Rhpositiv und Rh-negativ. Man fand dann bald heraus,
daB es sich nicht urn einen Faktor allein handelt, sondem urn ein ganzes Merkmalsystem, das mit verschiedenen Buchstaben bezeichnet wurde Cnach eng!. Autoren CDE bzw. cde).
Die Bestimmung dieses Merkmalkomplexes fUhrt
zur Ermittlung der Rh-Formel, die wichtig ist fUr die
fruhzeitige Erkennung von Gefahrdungssituationen
des Kindes bei Schwangeren in Verbindung mit der
Suche nach Antikorpem bzw. bei Vorliegen von RhAntikorpem fur die vertragliche Transfusion.
12
Abb.1
3 M6glichkeiten der Spende von
Blut, Plasma und Thrombozyten
3.1 Vollblutspende
Sie wird am haufigsten durchgefUhrt, und anschlieBend wird das entnommene Blut in verschiedene Komponenten aufgetrennt. Es durfen insgesamt bei einer
Blutentnahme hochstens 10% des gesamten zirkulierenden Blutvolumens 500 ml +/- 10%) entnommen
werden, was in der Regel auch bei der Erstspende ohne
Probleme vertragen wird. Der Abstand zwischen zwei
Blutspenden soli im Regelfall 12 Wochen betragen, er
darf keinesfalls 8 Wochen unterschreiten. Bei regelmaBigen beZiehungsweise mehrfachen Blutspenden
jahrlich wird den Spendem eine medikamentose Eisenprophylaxe angeboten. Der Spender wird nur zur Blutspende zugelassen, wenn die Blutspende sowohl im
Hinblick auf seine Gesundheit als auch fUr die Herstellung von Transfusionsblut arztlich unbedenklich ist.
Wissens haftliche
N~ (; hric hten
. Marz/April 2001
3.2 Plasmaspende (Plasmapheresespende)
Das Plasma wird entweder zur Herstellung weiterer
Produkte oder zum unmittelbaren therapeutischen Einsatz entnommen. Es wird maschinell gewonnen, wobei
die Zellbestandteile (z. B. die roten Blutkorperchen)
dem Spender wieder zugefuhrt werden (Plasmapherese).
Bei einer Plasmaspende werden ca. 600 ml Plasma
entnommen. Die Haufigkeit der Plasmaspende und ihr
zeitlicher Abstand wird dem einzelnen Spender angepaBt. Das Gesamtvolumen darf 35 I Plasma pro Jahr
nicht uberschreiten. Die Eignungsuntersuchung vor der
ersten Plasmaspende liegt regelmaBig nicht mehr als 4
Wochen zuruck. Sie ist aile 4 Monate zu wiederholen.
3.3 Thrombozytenspende
(Thrombozytapheresespende)
Bei Thrombozytapheresespendern wird eine allgemeine Spendetauglichkeit vorausgesetzt. Zusatzlich zu
den o.g. Untersuchungen wird darauf geachtet, daB
die Thrombozyten des Spenders nicht durch Medikamente (z. B. Acetylsalicylsaure-Aspirin) in ihrer Funktion beeintrachtigt sind.
4 Blut- und Plasmaspender
Dauerspender und Gelegenheitsspender
Nach der Haufigkeit der Blutspenden werden Blutspender in sog. Dauerspender und Gelegenheitsspender unterteilt.
Der Dauerblutspender kommt zur Blutspende in regelmaBigen, durch die nBlutspenderverordnung" festgelegten, zeitlichen Abstanden und steht auch bei Bedarf auf Abruf zur Blutspende bereit. Der Wiederholungs- oder Gelegenheitsspender spendet Blut in
groBeren, unregelmaBigen Abstanden, steht aber zumeist nicht auf Abruf zur Verfugung.
4.1 Voraussetzungen zur Blut- und
Plasmaspende und Spendetauglichkeit
Die Identitat des Spendewilligen wird zumeist anhand eines gultigen Personaldokuments mit Lichtbild
gepruft. Der Spendewillige wird vor der ersten Spende
in einer fur ihn verstandlichen Form uber den Eingriff
aufgeklart. Der Spender muB seine Bereitschaft, Blut
zu spenden, durch Unterschrift bestatigen, die Verwendbarkeit der Spende erklaren oder vom freiwilligen SelbstausschluB Gebrauch machen. Er muB vor jeder Spende insbesondere nach Organ-, Infektionsund Suchtkrankheiten befragt werden.
Name, Vorname, Geburtsdatum, Wohnort und Blutgruppe des Spenders werden erfaBt und unterliegen
dem Datenschutz.
Die Spendetauglichkeit wird durch eine vom Spender durch Unterschrift bestatigte Anamneseerhebung,
durch eine arztliche Untersuchung und durch Laboruntersuchungen festgestellt. Dauerspender, die wiederholt Blut oder Blutbestandteile spenden, werden in
regelmaBigen Intervallen einer arztlichen Nachuntersuchung unterzogen. Zusatzlich mussen fur die Zulassung zur Spende neben einem subjektiven Gesundheitsgefuhl bestimmte korperliche Voraussetzungen
erfullt sein, wie Z. B. Mindestgewicht von 50 kg, nor. maier Blutdruck und eine Korpertemperatur nicht uber
Wis~enscha ftliche
Nachrichten . MarziApril 2001
37,5 dc. Bei jeder Blut- und Plasmaspende mussen folgende Laborparameter untersucht werden:
Hepatitis-B-Virus Oberflachen-Antigen (HBsAg),
Hepatitis-C-Virus (HCV) , Antikorper, Luesantikorper
(TPHA-Test), HIV-Antikorper und Leberwerte (GPT)
sowie ein unspezifischer Marker der Immunreaktion
(z.B. Neopterin).
Vor der Freigabe einer Blut- oder Plasmakonserve zur
Transfusion mussen eindeutig negative Ergebnisse dieser Laboruntersuchungen vorliegen. AuBerdem werden
Personen zeitlich begrenzt oder auf Dauer von der
Spende ausgeschiosseA, die Z. B. an bestimmten 'Krankheiten leiden oder gelitten haben oder deren Spende
aus anderen Grunden sie selbst oder andere gefahrden
konnte, wie Z. B. Alkohol- oder Rauschgiftsuchtige.
Hieruber informieren die Spendedienste ausfuhrlich.
4.2 Auswirkungen der Blut- und
Plasmaspende auf den Spender?
4.2.1 Blutspende
Der Blutspendevorgang ist ungefahrlich, da durch
die Verwendung von sterilem Einwegmaterial eine Infektion fur die Spender (z. B. AIDS) grundsatzlich ausgeschlossen ist. RegelmaBiges Blutspenden hat keine
nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit der
Spender. Die arztliche Beurteilung der Spendefahigkeit, verbunden mit laborchemischen Untersuchungen
bei jeder Spende, schutzt nicht nur die Empfanger,
sondern auch die Gesundheit der Spender und kann
zur Fruherkennung von Krankheiten beitragen.
Langjahrige Erfahrungen haben gezeigt, daB der
menschliche Organismus den plotzlichen Verlust von
10-15% seines Blutvolumens in der Regel ohne Probleme bewaltigt. Der durch eine Blutspende verursachte Volumenverlust wird durch eine Vermehrung
des Plasmavolumens in der Regel im Verlauf von 24
Stunden ausgeglichen. Der nach einer Blutspende auftretende Abfall der Thrombozytenzahl bewegt sich
noch innerhalb normaler Schwankungen, hat keine
funktionelle Bedeutung und wird innerhalb weniger
Stunden ausgeglichen.
Die Erythrozyten werden am langsamsten ersetzt.
Die Veranderungen des roten Blutbildes sind fur den
gesunden Erwachsenen ohne Bedeutung. Die Blutspende hat ebenfalls einen EinfluB auf den Eisenhaushalt. Normalerweise werden pro Blutspende
450-500 rnl Blut entnommen, entsprechend einem
Verlust von 200-250 mg Eisen. Deshalb muB vor einer
weiteren Blutspende ein langerer Abstand eingehaiten
werden, in der Regel 12 Wochen. Er darf keinesfalls
8 Wochen unterschreiten.
Der durch die Blutspende verursachte Verlust an
PlasmaeiweiB liegt bei durchschnittlich 8% des Ausgangswertes und wird praktisch sofort durch die EiweiBreserve des Organismus ausgeglichen. Die Reserven an Leukozyten und Thrombozyten des gesamten
Organismus sind groB genug, daB ohne Beeintrachtigung des Gesundheitszustandes des Spenders nicht
nur Blutkonserven, sondern auch die zellularen Blutbestandteile wie Leukozyten und Thrombozyten gewonnen werden konnen.
Da bei alteren Menschen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Blutspende u. U. ein anerkanntes
13
Grundleiden bestehen kann (Koronarthrombose, Zerebralvenenthrombose u. a.) sollten altere Menschen, die
vorher noch nie Blut gespendet haben, zur Blutspende
nicht herangezogen werden. Nach den Richtlinien und
gemaB der Blutspendeverordnung sollen Blutspender
nicht junger als 18 und nicht alter als 65 Jahre sein.
4.2.2 Plasmaspende
Die Plasmaspende durch Plasmapherese ist ein fUr
den Spender schonendes Verfahren, weil nur das
Plasma gewonnen, der Anteil an zellularen Bestandteilen (z. B. roten Blutkorperchen) dem Korper des
Spenders zuruckgegeben wird. Diese Methode erlaubt
eSt daB der Plasmaspender haufiger zur Spende kommen kann als der Blutspender. Pro Jahr kann der Spender maximal 50mal Plasma spenden. Er darf nicht alter
als 65 Jahre sein.
4.2.3 Thrombozytenspende
Thrombozyten konnen mittels Zellseparator
(- Thrombozytapherese) gewonnen werden. Dabei
werden nach Auftrennung des Blutes die Thrombozyten in etwa 200 ml Plasma gesammelt, wahrend die
ubrigen Blutbestandteile dem Spender wieder retransfundiert werden. Das Verfahren dauert etwa eine
Stunde und ermoglicht die Gewinnung einer Thrombozytenmenge, die 6 aus Vollblut gewonnenen Thrombozytenkonzentraten entspricht. Eine Thrombozytenspende mittels Zellseparator kann aile 2 Wochen
durchgefUhrt werden, so daB eine Thrombozytenspende bis zu 26mal im Jahr durchgefUhrt werden
kann, wenn der Spender die Spendekriterien erfUllt.
5 Von der Blutspende zur
Blutkomponente
Bei jeder Blutspende werden ca. 450 ml Blut entnommen. Dem entnommenen Blut werden Stoffe zugesetzt, die verhindern, daB das Blut unmittelbar nach
der Entnahme im Beutel gerinnt oder verklumpt. Bei
der Verarbeitung wird das Blut in verschiedene Bestandteile aufgeteilt - in die Erythrozyten, das Plasma
und die Thrombozyten.
1. Aus den roten Blutkorperchen (Erythrozyten)
wird das Erythrozytenkonzentrat (EK) hergestellt. Es
!st im Kuhlschrank bei 4 °C +/- 2 °C bis zu 42 Tagen
haltbar. Unter einem Erythrozytenkonzentrat versteht
man eine Blutkonserve, aus der das Plasma bis auf minimale Reste durch Zentrifugierung entfernt worden
ist. Es besteht also nur aus Zellen, vorzugsweise aus
Erythrozyten, und ist das Standardpraparat bei allen
Formen von Blutarmut (Anamie).
2. Aus dem Plasma wird nach Schockgefrierung das
gefrorene Frischplasma (GFP) hergestellt. Das GFP
wird bei - 30 °C bis - 40°C +/- 3 °C gelagert und ist
mindestens 12 Monate haltbar. Das gefrorene Frischplasma enthalt im aufgetauten Praparat mindestens
70% der ursprunglichen Funktion und wird Patienten
bei sehr groBen Blutverlusten oder Operationen transfundiert, ebenso bei Blutungskomplikationen mit einer
Storung der Blutgerinnung. Gefrorenes Frischplasma
darf ab 1. Juli 1995 nur in Verkehr gebracht werden,
wenn es uber einen Mindestzeitraum von 6 Monaten
gelagert wurde und wenn bei einer yom Spender nach
Ablauf der Quarantanefrist erneut entnommenen Blut-
14
probe in einer entsprechend dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand durchgefUhrten Prufung
die Infektionsmarker HN-II2-Antikorper, HCV-Antikorper und HBsAg nicht gefunden wurden. Plasma
zur therapeutischen Anwendung, das virusinaktiviert
worden ist, unterliegt nicht der Pflicht zur Quarantanelagerung.
3. Aus den Blutplattchen (Thrombozyten) wird ein
Thrombozytenkonzentrat hergestellt. Thrombozyten
sind besonders empfindlich und nur sehr kurz, maximal 5 Tage, haltbar. Sie mussen auf speziellen Geraten
(Schuttler) bei 22°C +/- 2 °C gelagert werden.
6 Von def Plasmaspende zum
Plasmaprodukt
Menschliches Plasma ist ein Ausgangsstoff fUr haufig benotigte Medikamente. Plasmaprodukte mit angereicherten Bestandteilen sind in der Anwendung weit
verbreitet, u. a. fUr die gezielte Behandlung von Gerinnungsstorungen z. B. bei Blutern, zur Vorbeugung
von Blutgruppenunvertraglichkeiten bei Schwangeren
oder zur Verhutung und Behandlung schwerer Infektionskrankheiten. Durch die Plasmaspende wird ein
wichtiger Beitrag zur Versorgung der Patienten mit
Plasmaprodukten geleistet.
7 Wer kann Plasma spenden?
Jeder gesunde Mensch zwischen 18 und 65 Jahren
kann Plasma spenden. Bei der Plasmaspende (Plasmapherese entsteht grundsatzlich kein Verlust an Blutzellen, so daB auf den Eisenhaushalt keine Rucksicht
genommen werden muB. Die das Blutplasma ausmachenden EiweiBe unterliegen in der Leber einem standigen Ab- und Aufbau, so daB der Verlust innerhalb
von 1-2 Tagen wieder ausgeglichen wird. Bei einer
Plasmapherese werden max. 700 ml Plasma entnommen. Das Gesamtvolumen betragt 35 I Plasma pro Jahr
und Spender.
8 Plasmaprodukte aus Plasma
1m Plasma sind uber 120 verschiedene EiweiBsubstanzen (Proteine) wie Enzyme, Hemmstoffe von Enzymen, Antikorper (Immunglobuline) sowie Proteine,
die fUr die norma Ie Blutgerinnung sorgen, enthalten.
Nach Abtrennen der roten und weiBen Blutzellen
(z. B. durch Zentrifugierung) bleibt das Blutplasma als
klare gelbtiche eiweiBhaltige Flussigkeit ubrig. Plasma
besteht ganz uberwiegend aus Wasser, darin gelost
sind biologisch aktive EiweiBkorper und Transportstoffe (Nahrstoffe, Stoffwechselprodukte, Hormone
und Vitamine). Proteine, die Transportfunktionen erfUllen, binden und transportieren Fette, Zucker, Metalle, Vita mine, Produkte des korpereigenen Stoffwechsels, aber auch chemische Arzneimittel, deren
Wirkung ohne diese EiweiBstoffe nicht mogtich ware.
Der jeweilige Anteil dieser EiweiBstoffe im Blutplasma
ist unterschiedlich. Albumin, ein Transportprotein,
macht mehr als die Halfte des GesamteiweiBgehaltes
des Plasmas aus. Die zweite Proteingruppe ist die der
Immunglobuline (ca. 15% des Gesamtproteins), die
zur Abwehr von Krankheitserregern beitragen.
Durch Fraktionierung mittels Kalte und Alkoholfallung wird das Plasma in die einzelnen Fraktionen auf-
Wissenschaftliche Nachrichten . Mii rzJApril 2001
getrennt, die dann noch aufgereinigt und konzentriert
werden. Durch weitere Bearbeitungsschritte wie Pasteurisierung werden Virusinaktivierungen vorgenommen. Bei bestimmten Plasmabestandteilen wie Gerinnungsfaktoren gehen dabei bis zu 95% des Ausgangsmaterials dabei verloren, so daB der groBe Bedarf an
Plasma verstandlich ist. Die durch die Fraktionierung
gewonnen Produkte lassen sich in drei groBe Gruppen
einteilen:
a) Albumin
b) Gerinnungsfaktoren
c) Immunglobuline
8.1 Albumin
Albumine stehen als 20%- oder 5%- bzw. 3,5%-Losung zur Verfugung und werden hauptsachlich als Volumsersatzmittel bei groBen Volumsverlusten eingesetzt. Vor aHem bei groBflachigen Verbrennungen, die
mit exzessiven EiweiBveriusten einhergehen, ist Albumin das Mittel der Wahl. Weitere Anwendungsgebiete
sind bestimmte Nierenerkrankungen, Erkrankungen
der Bauchspeicheldriise und Durchfallerkrankungen,
bei denen der EiweiBveriust eine entscheidende Rolle
spielt. Bei kriegerischen Auseinandersetzungen wird
Albumin zur Schockbekampfung bei der Erstversorgung eingesetzt . So kam es z. B. beim Golfkrieg weltweit zu einer Verknappung des Albumins, da die amerikanischen Streitkrafte groBe Mengen an Albumin aufgekauft hatten.
8.2 Gerinnungspraparate
Zwar werden einzelne Gerinnungsfaktoren wie der
Faktor VIII bereits gentechnisch hergestellt, aber in naher Zukunft wird menschliches Plasma noch immer die
wichtigste Quelle zur Gewinnung von Gerinnungsfaktoren bleiben. Menschen, denen bestimmte Gerinnungsfaktoren fehlen, sind auf die Zufuhr dieser Gerinnungsfaktoren angewiesen, urn lebensbedrohliche
Blutungen zu vermeiden und Schaden wie Zerstorung
der Gelenke zu verhindern. Anl bekanntesten ist die
Blutererkrankung (Hamophilie A oder Hamophilie B) ,
die ein vererbtes Leiden ist. Erst die Moglichkeit hochkonzentrierte, sichere Gerinnungspdparate herzustellen, hat es diesen bedauernswerten Menschen ermoglicht, ein fast normales leben zu fuhren. Weitere Gerinnungspraparate sind Fibrinogen, Prothromblex, FaktorVII- und Faktor-IX-Praparate sowie Antithrombin III,
das bei schweren Gerinnungstorungen im Rahmen von
septischen Geschehen eingesetzt wird.
8.3 Immunglobuline
Immunglobuline sind wichtige Bestandteile der korpereigenen Abwehr, die es dem Organismus ermoglichen, pathologische Erreger zu neutralisieren. Durch
einen sehr komplexen Mechanismus werden fremde
Substanzen (= Antigene) fur bestimmte Zellen des Korpers hergerichtet, die dann gegen diese Antigene gerich tete Abwehrstoffe (= Antikorper) bilden und diese
neutralisieren bzw. durch die Bindung an diese Antigen es den weiteren Abwehrmechanismen des Korpers
ermoglichen, diese Antigene zu eliminieren. Dieser
Mechanismus wird z. B. bei der Impfung ausgeni.itzt,
urn schwere Erkrankungen zu verhindern. Die Ge-
Wissenschaftlichc Nachrichten . Marz/ April 2001
samtheit dieser Antikorper stellen die Immunglobuline
dar. Die Anwendung der Immunglobuline beschrankt
sich aber nicht nur auf den Ersatz bei angeborenen
oder erworbenen Bildungsstorungen, die mit schweren
z. T. lebensbedrohlichen Infekten einhergehen sondern Immunglobuline werden auch zur Therapie von
Autoimmunerkrankungen eingesetzt. Hier ist vor allem
die idiopathische Thrombozytopenie anzufuhren - ein
Krankheitsbild, das nach Infekten auftritt und zu einer
starken Verringerung der PHittchenzahl fuhrt. Weitere
Erkrankungen, bei denen Immunglobuline eingesetzt
werden sind die multiple Sklerose, bestin1mte Erkrankungen des peripheren Nervensystems wie Gullain
Barre und schwere Formen der Neurodermatitis.
8.4 Plasma
Unfraktioniertes Plasma (Quarantaneplasma oder
virusinaktiviertes Plasma) gilt in Osterreich ebenfalls
als Gerinnungspraparat und wird bei Massivtransfusionen, wo es durch die Verdilnnung zu Gerinnungsstorungen kommen kann, eingesetzt. Fur den Plasmaaustausch bei der thrombotisch thrombozytopenischen
Purpura, ein seltenes aber lebensgefahrliches Krankheitsbild, ist Plasma das einzig wirksame Austauschmedium. Auch zur raschen Behebung von komplexen Gerinnungsstorungen wird Plasma angewendet.
8.5 Plasma fur besondere Zwecke spezielle Immunglobuline
Plasma fur besondere Zwecke kann gewonnen werden durch Selektion von Spenderplasmen mit speziellen Antikorpern bzw. durch Hyperimmunisierung von
Spendern. Das fur die Se1ektion von Spenderplasmen
erforderliche Plasma muB von Personen stammen, d ie
ausreichende Antikorper nach naturlicher Infektion
oder Routineimpfung gebildet haben.
Fur die Herstellung von speziellen Immunglobulinen (Anti-D-Immunglobulin, Anti-Tetanus-Immunglobulin, Anti-FSME-Immunglobulin, Anti-Hepatitis-B-Immunglobulin und Anti-Tollwut-Immunglobulin) ist
eine kontrollierte Immunisierung von Spendern unverzichtbar, da diese Antikorper in der Bevolkerung
normalerweise entweder zu selten oder nicht in ausreichender Konzentration vorhanden sind. Spezielle
Immunglobuline schutzen vor Erkrankungen, die
schwerwiegende Foigen bis hin zum Tod haben konnen, wie z. B. chronische Verlaufe bei Infektionen mit
Hepatitis B, mit der Friih-Sommer-Meningo-Enzephalitis (Hirnhautentzundung, hervorgerufen von durch
ZeckenbiB ubertragenen Erregern), ferner wirken sie
gegen Letalitat bei Infektionen mit Tollwut oder Tetanus. Die Gewinnung von Spenderplasma zur Herstellung spezieller Immunglobuline durch Plasmaspenden
ist erforderlich, urn die Versorgung der Patienten und
eine Selbstversorgung in 6 sterreich zu gewahrleisten.
9 Thrombozytenspende
Thrombozytapheresekonzentrate
(Blutplattchenkonzentrate) sind durch maschinelle Abtrennung
(Zellseparation) von gesunden Spendern hergestellte
Thrombozytenpraparate. Der Thrombozytengehalt eines Thrombozytapheresekonzentrates entspricht der
filnf- bis sechsfachen Menge eines Thrombozytenkon-
15
zentrates, das aus einer Blutspende gewonnen wird.
Diese Praparate dienen groBtenteils der Versorgung
von Leukamiepatienten (Blutkrebspatienten). Die Behandlung von Leukamiepatienten fUhrt voriibergehend zu einer Storung der Blutplattchen, die unentbehrlich fUr das Zusammenspiel einer funktionierenden Blutstillung sind. Dadurch besteht bei solchen Patienten die Gefahr einer lebensbedrohlichen Blutung.
Die Behandlung von Leukamiepatienten erstreckt sich
uber einen langeren Zeitraum, was auch die forti aufende Dbertragung von Thrombozytenkonzentraten erfordert. Aufgrund der vielen Transfusionen konnen sich
Antikorper gegen fremde Thrombozyten und Leukozyten bilden. Dies laBt sich nur durch die Verwendung
von Thrombozytapheresekonzentraten von HLA-identischen (weiBe Blutkorperchen-passenden) Blutspenden vermeiden. Da es tausendfache Kombinationsmoglichkeiten von diesen HLA-Merkmalen gibt, wird
eine groBe Anzahl von Spendewilligen benotigt. Deshalb ist es erforderlich" daB die Spender jederzeit abrufbar sind, wenn ihre Blutplattchen benotigt werden.
Beh6rdliche Kontrolle
Die Blut- und Plasmaspendeeinrichtungen werden
in regelmaBigen Zeitabstanden von den zustandigen
Behorden kontrolliert. Dabei wird die gesamte Dokumentation, insbesondere uber d ie Testergebnisse auf
Infektionsparameter, gepriift. Aile Blutprodukte, ausgenommen die Eigenblutspende und andere fur bestimmte Patienten gezielt hergestellte Blutprodukte,
unterliegen der Zulassung durch das Ministerium fUr
Soziales und Generationen bzw. dem Staatssekretariat
fUr Gesundheit. Zur Erhohung der Arzneimittelsicherheit besteht fUr nicht inaktiviertes Frischplasma die
Auflage der Quarantanelagerung: Frischplasma darf
erst dann angewendet werden, wenn der Spender
nach einem Zeitraum von 6 Monaten erneut getestet
wurde und die Priifungen auf Infektionsparameter ne.gativ verlaufen sind. Weitere Sicherheit wird dadurch
erreicht, daB vor Freigabe der Plasmaprodukte (z. B.
Albumin, Gerinnungsfaktorenpraparate) eine staatliche Chargenpriifung durchgefUhrt wird. Fur die Zulassung und Chargenpriifung der Blutzubereitungen gelten die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes. AuBerdem bedurfen Spendeeinrichtungen und Betriebe, die
Blut- und Plasmaprodukte herstellen, einer Herstellungserlaubnis, die ebenfalls durch das Arzneimittelgesetz vorgeschrieben ist.
Der wissenschaftliche Standard wird in den Richtlinien fUr Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin beschrieben.
Die Vorschriften und MaBnahmen dienen der groBtmoglichen Sicherheit fUr Spender und Patienten bei der
Gewinnung und Anwendung von Blut und Plasma.
Wo konnen Blut und Plasma gespendet
werden?
Blut wird bei den Blutspendezentralen des Osterreichischen Roten Kreuzes und den Blutspendediensten an den Universitatskliniken und ortlichen Krankenhausern gespendet. Plasma kann auBerdem auch
bei den Plasmapheresezentren der pharmazeutischen
Industrie oder bei einzelnen selbstandigen Spendezentren gespendet werden.
16
Abb.4
Firma Humanplasma
Alserbachstr. 18, 1090 Wien
Hotline: (01) 319 53 63
www.humanplasma.at
e-mail: [email protected]
10 Fragen und Antworten zum
Blut- und Plasmaspenden
Warum sind Blut- und Plasmaspenden
so wichtig?
Blut- und Plasmaprodukte sind nicht nur fUr viele
Menschen von Geburt an (z. B. Bluter) lebenswichtig.
Sie helfen auch, in Notfallen Leben zu retten. Durch
einen Verkehrsunfall oder eine andere schwere Erkrankung kann jeder plotzlich in die Lage geraten, Bluttransfusionen zu benotigen. Durch die moderne Notfallund Intensivmedizin sowie neue Methoden und Therapieformen besteht ein groBer Bedarf an Blutprodukten.
Was sind die Voraussetzungen fUr die Blut- und Plasmaspende? Die Blut- und Plasmaspende setzt die Freiwilligkeit des Spenders voralls. Er darf nicht junger als
18 und sollte nicht alter als 65 Jahre sein. Zum eigenen
Schutz vor gesundheitlichen Schaden sollen Blut- und
Plasmaspender nur bei ausgewiesenen Spendediensten
Blut, Blutbestandteile oder Blutplasma spenden. So
sollten sich Frauen vorher informieren, ob sie wahrend
der Periode (Monatsblutung), in der Schwangerschaft
oder wahrend der Stillzeit Blut spenden durfen.
Welche Blutspendearten gibt es?
Bei einer Blutspende wird aus einer Armvene durch
eine Venenkani.ile Blut entnommen. Es gibt grundsatzlich zwei verschiedene Arten, Blut zu spenden:
Wissenschaftliche Nachrichten . Mar7.JApril 2001
•
1. Das Blut wird in ein Beutelsystem entnommen -
ca. 400 bis 500 ml Blut - und anschlieBend in verschiedene Blutbestandteile (Blutkomponenten) getrennt.
2. Das Blut wird ilber eine Maschine (Zellseparator)
entnommen und in dieser sofort in Bestandteile zerlegt.
Der gewilnschte Anteil z. B. an Blutfiilssigkeit, Plasma
(Plasmapherese), oder BlutpHittchen, Thrombozyten
(Thrombozytapherese), wird gewonnen, wahrend die
anderen Bestandteile (z. B. rote Blutkorperchen) dem
Spender wieder zurilckgegeben werden.
Wie wird der Blutverlust ausgeglichen?
In der Regel treten durch die Blutentnahme keine
merkbaren Storungen des korperlichen Wohlbefindens auf. Blutbildveranderungen mit Blutarmut (Anamie, z. B. Eisenmangel) sowie Anderungen der Zahl
der weiBen Blutzellen und Blutplattchen sind selten.
Schwere Storungen wie Kreislaufkollaps sind hochst
selten. Noch seltener sind Schadigungen von BlutgefaBen (Venen, Arterien) und Nerven sowie Entzilndungen durch Punktion der Einstichstelle.
Der Blutverlust durch eine Blutspende wird nach
der Entnahme in der Regel in nachstehender Reihenfolge ausgeglichen:
1. Kreislaufregulation innerhalb 20 Minuten
2. Flilssigkeitsausgleich innerhalb zwei Stunden
3. PlasmaeiweiBersatz innerhalb zwei Tagen
4. Ersatz von Blutzellen innerhalb zwei Wochen
5. Eisenverlustausgleich innerhalb zwei Monaten (bei
Frauen auch langer)
Wieviel Blut hat ein Mensch?
Ein durchschnittlich schwerer, gesunder Mensch hat
ungefahr ein totales Blutvolumen von 8% seines Korpergewichtes. Ein ca. 70 kg schwerer Mensch hat also
etwa funf bis sechs Liter Blut. Diese Angaben sind allerdings auch abhangig von Alter und Geschlecht.
Frauen haben etwas geringere Blutwerte als Manner.
Wie haufig kann Blut und Plasma
gespendet werden?
Der Zeitraum zwischen zwei Blutspenden soli im
Regelfall zwischen acht bis zw6lf Wochen betragen.
Blutplattchen (Thrombozyten) und Blutflilssigkeit
(Plasma) konnen in kilrzeren Abstanden gespendet
werden.
Welche Risiken bestehen bei der
Blutspende?
Urn gesundheitliche Risiken fur Empfanger und
Spender selbst ausschlieBen zu k6nnen, erfolgen sorgfaltige Untersuchungen. Bei jeder Blutspende werden
Blutuntersuchungen durchgefuhrt:
• Messung von rotem Blutfarbstoff
• Messung der Leberwerte
• Untersuchung auf Infektionen (Hepatitis B und C,
AIDS, Lues).
AnlaBlich jeder Blutspende erfolgt eine arztliche Beurteilung der Spendetauglichkeit mit Blutdruck- und
Pulsmessung. Der Blutspendevorgang ist ungefahrlich,
da durch die Verwendung von sterilem Einwegmaterial
eine Infektion fur den Spender (z. B. AIDS) grundsatzlich ausgeschlossen ist. RegelmaBiges Blutspenden hat
Wissenschaftliche Nachrichten . Marz/ April 2001
keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit
der Spender. Die arztliche Beurteilung der Spendefahigkeit, verbunden mit laborchemischen Untersuchungen bei jeder Spende, schiltzt nicht nur die Empfanger, sondern auch die Gesundheit der Spender und
kann zur Frilherkennung von Krankheiten beitragen.
Welche rechtlichen Folgen kann eine
wissentlich falsche Angabe haben?
Eine falsche Angabe des Spenders kann zu schwerwiegenden Folgen fur den Blutempfanger - bis hin
zum Tod - fuhren . Wer wissentlich unwahre Angaben
macht, muB fur immer von der Blutspende ausgeschlossen werden, da das Vertrauensverhaltnis zerstort
ist. Er muB auBerdem mit einem Strafverfahren rechnen.
Warum vertraulicher SelbstausschluB?
Eine weitere SicherheitsmaBnahme zur Verhiltung
von AIDS-Infektionen ist die M6glichkeit eines vertraulichen Selbstausschlusses. Dies bedeutet, daB ohne
Gruppenzwang (z. B. durch Familienangeh6rige,
Freunde, Bekannte und andere) die Moglichkeit gegeben sein muB, vertr~ulich durch Ankreuzen mitteilen
zu konnen, ob das gespendete Blut fur Kranke und
Verletzte verwendet werden darf oder nicht.
Was bedeutet Quarantanelagerung von
Plasma (Blutflussigkeit)?
Durch behordliche Auflagen muB ab dem 1. ]anner
1995 das Frischplasma (Blutflilssigkeit) sechs Monate
tiefgefroren bei - 30°C bis - 40°C +/- 3 °C gelagert
werden und darf nur dann zur Transfusion freigegeben werden, wenn der Spender des Plasmas nach einem halben ]ahr erneut zur Spende erschienen ist und
die durchgefuhrten laborchemischen Untersuchungen
auf AIDS und Hepatitis negativ waren. Wenn der Spender nach mindestens sechs Monaten nicht mehr zur
Spende erscheint und eine Blutprobe nicht entnommen werden kann, darf das gewonnene Blutplasma
nicht fur Patienten verwendet werden. Aus diesem
Grund ist es fur den Spendedienst auBerordentlich
wichtig, daB Spender dauerhaft und regelmaBig zur
Spende kommen. Inaktiviertes Frischplasma unterliegt
nicht der Quaranmneregelung.
Glossar Erlauterung von Fachausdrucken
Albumin: EiweiBbestandteil in der Blutfiilssigkeit (ca.
52-62% des GesamteiweiBes). Funktion: Transport
von Salzen, Wasser und Farbstoffen, Druckausgleich
zwischen GefaBsystem und Gewebe.
Antigene: Antigene sind Molekille, die das korpereigene Tmmunsystem als fremd erkennt und darauf mit
der Bildung von Antik6rpern reagiert. Urn eine Immunantwort auslosen zu k6nnen muB eine Substanz eine
MindestgroBe aufweisen. Bekannte Antigene sind Bestandteile von Bakterien, Viren, Pollen, Tumorzellen
oder Zellen anderer Menschen.
Anti-D-Immunglobulin: Spezielles Praparat eines hochwirksamen Antikorpers. Wird, wie bei einer Impfung,
bei Rh-negativen Frauen unmittelbar nach der Geburt
eines Rh-positiven (0 pos.) Kindes eingesetzt oder
nach Fehlgeburten oder Schwangerschaftsabbruch.
17
~
•
AntikOr:per: Antikorper sind Abwehrproteine des Immunsystems, die von differenzierten Lymphozyten
(Plasmazellen) als Reaktion auf den Kontakt mit einem
Antigen gebildet werden. Antikorper bilden das Antigen zu einem Antigen Antik6rperkomplex. Abwehrzellen des K6rpers (Leukozyten) nehmen diese Komplexe auf und vernichten sie.
AntikOtper. irreguliire: Gemeint sind hier Blutgruppen-Antik6rper, die nach Blurubertragung oder durch
. Schwangerschaft (Kontakt mit nicht korpereigenen
Blutzellen) innerhalb einiger Wochen entstehen k6nnen. Bei erneuter Gabe von fremden Blutzellen kann
es dann durch die Antik6rper zu mehr oder weniger
heftigen Reaktionen kommen (z. B. zur Blutkorperchenaufl6sung = Hamolyse).
Autoimmunerkrankung: Sind Erkrankungen, bei denen sich die Immunabwehr gegen korpereigene Gewebe, etwa Bestandteile von Zellen oder Zellmembranen richtet. Spezifische Antikorper oder sensibilisierte
Lymphozyten zerst6ren entweder Teile einze1ner Organe, bestimmte Gewebe oder lagern sich als AntigenAntikorper-komplexe vor allem in Gelenken, Nieren
oder Haut abo
Bltttgrutl,Pen: Bezeichnung spezifischer Stoffe, die in
sehr mannigfaltigen Kombinationen hauptsachlich an
den Blutzellen nachgewiesen werden k6nnen und zumindest hinsichtlich der Hauptblutgruppen ABO und
Rh bei Blurubertragungen beriicksichtigt werden milssen.
Elythro:z;yten: Rote Blutk6rperchen, die fUr den Sauerstofftransport lebensnotwendig sind.
Frischplasma: Sofort nach der Blutspende durch Entfernen der Blutzellen oder maschinell gewonnene
Blutflilssigkeit. Es enthalt aile beim gesunden Menschen vorhandenen wirksamen Bestandteile, z. B. zur
Aktivierung der Gerinnung. Durch Einfrieren des
Frischplasmas unter - 30 °C konnen die Gerinnungsfaktoren in gefrorenem Zustand ilber einen groBeren
Zeitraum in ihrer Aktivitat erhalten bleiben.
Gerinnungsaktive Plasmaprodukte: Nach speziellen
Anreicherungsverfahren gewonnene Fraktionen aus
Plasma zum spezifischen intraven6sen Einsatz bei isoliertem Mangel, z. B. Faktor VIII bei Hamophilie.
Hiimo'llobin: Bezeichnung fUr den in den Erythrozyten vorhandenen roten Blutfarbstoff, der den Sauerstoff bindet.
Hiimatokrit: Dieser Wert gibt das Verhaltnis der zellularen Blutbestandteile zu der BlutfiOssigkeir (Plasma)
an.
Hepatitis: Leberentzilndung durch spezielle Virusinfektionen, die durch Transfusionsblut Obertragen werden kann. Nach der labordiagnostischen ErfaBbarkeit
lassen sich mehrere Arten unterscheiden (A, B, C,
etc.). Filr den transfusionsmedizinischen Bereich bedeutsam sind vor allem die Typen B und C. RoutinemaBig untersucht werden heute aile Blut- und PI asmaspender auf einen EiweiBk6rper in der Blutfiilssigkeit, der Oberflachenbestandteil des Hepatitis-B-Virus
ist (engl. surface antigen = HBsAg), und auf Antik6rper gegen Hepatitis C (HCV-Antik6rper).
18
Immunglobttline. HJ!Perimmttnglobttline: Spezielle Praparationen eines sofort hochwirksamen Abwehrstoffes. Bei manchen Erkrankungen wie Hepatitis B, Tetanus oder Tollwut k6nnen soIche Immunglobuline den
moglichen schweren Krankheitsverlauf lindern oder
heilen.
Infektionen: Einige durch Blut ilbertragene Infektionen k6nnen durch Bluruntersuchungen friihzeitig
erkannt und damit verhindert werden (siehe auch unter Hepatitis). Luesantikorper weisen auf eine Erkrankung mit Syphilis hin, HIV-Antikorper auf AIDS.
Lettko:z;yten. LvmphoZ)'ten. Mono:z;yten: WeiBe Blutzellen errullen sehr wichtige Funktionen bei der Abwehr
von Infektionen.
Plasmapherese: Maschinelle Gewinnung (Zellseparator) nur der Blutfiilssigkeit (Plasma) yom Spender oder
Patienten durch Zentrifugieren des Blutes. Die Plas- ·
mapherese wird unter anderem eingesetzt zur Herstellung besonderer therapeutisch unterschiedlich wirksamer Praparate oder zur Entfernung krankhafter Bestandteile aus Patientenblut. Die sofortige Rilcktransfusion der Blutzellen erlaubt einen haufigeren Einsatz
des Spenders bzw. baldige Wiederholung der Plasmapherese beim Patienten.
Thrombozvtapherese: Gewinnung von Thrombozyten
eines Blutspenders mitte1s eines besonderen Gerates
(Zellseparator). SoIche Blutpraparate werden von speziell ausgesuchten Blutspendern rur bestimmte Patienten wie etwa Leukamiepatienten gewonnen.
Thrombozyten: Blutplattchen, kleinste Zellen unseres
Blutes, die entscheidend den Gerinnungsvorgang bewirken. Ihre Verminderung kann eine t6dliche Blurung
zur Folge haben.
Zellseparatioll: Auftrennung des Blutes nach der
Schwere bzw. GroBe seiner verschiedenen Bestandteile mit Hilfe einer Zentrifuge, eines besonderen
Gerates (Separator), in rote oder weiBe Blutkorperchen und Blutplattchen. Diese Methode wird angewandt bei besonders geeigneten, ausgesuchten Spendern, um einzelne Blutbestandteile in m6glichst hoher
Konzentration gezielt fUr einen Patienten zu gewinnen, aber auch bei Patienten, um krankhafte Blutbestandteile aus dem Korper zu entfernen. Dabei werden
dem Spender bzw. dem Patienten die anderen Blutbestandteile wieder zuriicktransfundiert (siehe auch Plasmapherese).
Univ. Prof Dr. Paul Hocker
Leiter der Abteilung rur Transfusionsmedizin
Universitatsklinik fUr Blutgruppenserologie und
Transfusionsmedizin, AKH Wien
Dieser Artikel wurde im Rahmen einer LehrerInnenfortbildung, unterstiltzt durch die Firma Humanplasma, an die Teilnehmer ausgegeben.
Ansprechpartner rur Exkursionen:
Mag . Isabella Robatscher
Tel. : 01/319 53 63 33
Wissenschaftliche Na hricillen . Marzl April 2001
CHEMIE
P. Dr. Leonhard A. Hiitter OFM
BSE-Tests: Gibt es Schutz
vor dem Wahnsinn?
Susanne Donner, Frankjwt a . M.
Mause erkranken in erster Linie an einer BSE-artigen
Krankheit, wenn sie Hirn und Ruckenmark infizierter
Rinder fressen. Muskelgewebe oder Organe wie die
Milz sind jedoch nicht infektios.l) Deshalb gehen Wissenschaftler davon aus, daB der Mensch auch nicht gefahrdet ist, falls er Produkte dieser Gewebe verzehrt.
Dagegen sind seit Oktober 2000 in der EU Hirn und
Ruckenmark von Rindern in Lebensmitteln verboten.
Wer sich uber dieses Verbot hinwegsetzt, bringt eine
Lawine ins Rollen: Ein einziges Rinderhirn wandert in
etwa 5000 Wurstwaren, diese wiederum kaufen etwa
44.000 Menschen. Da kann man nur hoffen, daB die
eine Scheibe Wurst keine BSE-Erreger enthielt oder die
Menge nicht fur eine Infektion ausreicht. Gibt es bald
einen umfassenden Test und damit eine Garantie auf
BSE-freies Fleisch?
Proteinhaltige infektiose Teilchen
Die Erreger der BSE (Bovine Spongiforme Encephalopathie) taufte der Nobelpreistrager Stanley Prusiner
auf den Namen "proteinose infektiose Partikel" - kurz
Prionen. Was genau sich dahinter verbirgt, ist auch
heute noch unklar. Fest steht, daB das Prion thermisch
und chemisch sehr stabil ist, so ubersteht es Temperaturen tiber 120°C und im Boden uberdauert es Jahrzehnte. 1m wesentlichen besteht das Prion aus zellularem Prionprotein, das verschiedene Konformationen einnehmen kann, darunter die des normalen
Prionproteinis Prpc und des krankmachenden PrPBSE.
Alleine der Konformationsunterschied entscheidet, ob
das Gehirn des Rindes gesund bleibt oder allmahlich
zu einem schwammartigen Gebilde durchlochert wird .
Zudem kann PrP BSE die Konformation des Prpc umwandeln. Durch diesen autokatalytischen ProzeB reichert sich PrPBSF. im infizierten Rind an. Dieser von Prusiner aufgeklarte Umfaltmechanismus am Protein
funktioniert urn so effektiver,I.2) je ahnlicher sich die
Aminosauresequenzen der Prionproteine sind: Das
Prionprotein von Mensch und Rind besteht jeweils aus
etwa 250 Aminosauren, lediglich in 30 unterscheiden
sich beide.
Zwei Strategien - zwei Tests
Die Prionproteine kommen vor allem in Gehirn und
Ruckenmark vor, weil sich hier viele Synapsen der
Nervenbahnen befinden, in denen sich die zellularen
Prionproteine anreichern . Auf diesem Tatbestand basieren zwei unterschiedliche Testprinzipien, die in
Deutschland etabliert sind: Einer spurt das Risikoge-
Wissenschaftliche Nachrichte n . MarzlApril 2001
webe Hirn und Ruckenmark, das Zentralnervengewebe (ZNS), in Wurstwaren auf. Der andere weist das
veranderte Prionprotein Prp BSE selbst nacho Von diesem
Verfahren existieren einige Varianten (Enfer Scientific,
Biorad Laboratories);3) exemplarisch wird hier das
Schnelltestverfahren der Schweizer Prionics vorgestellt, das in Europa derzeit die Methode der Wahl ist.
Beiden vorgestellten Tests, dem auf BSE-Prionen und
dem auf ZNS, ist gemeinsam, daB sie mit spezifischen
Antikorpern und der Westernblot-Technik arbeiten.
Isolierung des BSE-Prionproteins
Eurofins Scientific in Garching bei Munchen bietet
den von der Schweizer Prionics entwickelten BSE-Test
kommerziell an, der in sechs bis acht Stunden ein Ergebnis liefert. Dieser Test ist empfindlicher und
schneller als klassische Methoden der Histologie und
Immunohistochemie, die vier bis fUnf Tage brauchen.
Stefan Trentmann, Laborleiter der Eurofins Scientific,
erklart die ersten Arbeitsschritte des Schnelltests: "Fur
den Nachweis entnehmen wir 0,5 bis 0,6 g aus der Medulla oblongata des Rindes, einer Region, die die
ObexRegion des Hirns und das Ruckenmark miteinander verbindet. Hier vermehren und akkumulieren sich
die BSE-Prionen nach einer Infektion als erstes und
finden sich dort deshalb in groBer Zahl. AnschlieBend
wird die Probe in einer Pufferlosung homogenisiert."
Danach wirkt auf die Probe eine Protease ein, die zwar
Prpc, nicht aber PrP BSE verdaut. Von dem BSEPrionprotein PrP BSE trennt sie lediglich einen kleinen
N-terminalen Rest ab, so daB sich das Molekulargewicht urn 6 kD verringert, namlich von 32 bis 35 kD
auf 27 bis 30 kD. Damit ist das PrP BSE isoliert, da aile
anderen Proteine stark verdaut vorliegen.
Chemilumineszenz fur PrPBSE
Eine SDS-Gelelektrophorese trennt die Proteinfragmente der LOsung nach GroBe und Ladung. Danach
haften ie mittels Westernblot-Technik auf einer Membran.
Protein und Proteinbruchsrucke sind nun separiert,
doch bis zur Identifikation des PrPBSE war es noch ein
weiter Weg. Olivier Schaller, Produktmanager der Prionics und einer der Entwickler des Schnelltestverfahrens, schildert die Schwierigkeiten: "Endlich hatten wir
einen monoklonalen - inzwischen zum Patent angemeldeten - Antikorper (6H4) gefunden, der an
Prionproteine bindet, gleichgultig ob sie in der veranderten (PrPB.~F.) oder normal en Konformation (PrPC)
19
vorliegen. Da jedoch Prpc durch die Protease zuvor
verdaut worden ist, liegt in der Losung nur PrpBSE vor,
an das der Antikorper bindet. Wir versuchten diesen
Antikorper nun so zu modifizieren, daB er einen einfachen Nachweis gestatten wiirde, d. h. wir woHten ein
Enzym anhangen, das beispielsweise Farbigkeit hervorrufen konnte. Doch sobald wir an dem Antikorper
herumbastelten, ging die spezifische Bindung zum
Prionprotein veri oren. " Wie vertrackt Forschung sein
kann, zeigt auch die schlieBlich gefundene LOsung:
"Wir verwenden einen zweiten Antikorper, der an den
ersten andockt. An diesen ,Hilfsantikorper' ist eine alkalische Phosphatase gekoppelt, die einen Phosphatrest von einem Reagenz (Substrat, CPD-Star) abspaltet, wodurch ein 1,2-Dioxetan entsteht, das Chemilumineszenz hervorruft. ,,4)
Garantiert BSE-frei?
Der BSE-Schnelltest kostet 137,80 Mark fur die Einzelprobe und 99,80 Mark pro Probe ab 100 StUck.
Kauft man mit diesem Test nun eine Garantie auf BSEFreiheit? Insbesondere bei Kalbern in der Inkubationszeit greift der Test laut Kritikern nicht. Trentmann gibt
unumwunden zu: "Genaues wissen wir da noch nicht.
Aber mindestens sechs Monate vor Ausbruch der Erkrankung erreicht die Konzentration der PrP BSE in der
Medulla oblongata ein n Wert, den wir nachweisen
konnen." Die Inkubationszeit liegt beim Rind zwischen 24 Monaten und 6 ]ahren, durchschnittlich bei 5
Jahren. An dieser Stelle setzen die Bedenken des Leiters fur Mikrobiologie der Bundesanstalt fur Fleischforschung in Berlin, Manfred Gareis, ein: "In Deutschland werden 60% der Rinder, die geschlachtet werden,
nicht alter als zwei Jahre, d. h. der Hauptteil des Rindfleisches, das bei uns in die Nahrungskette gelangt,
stammt von Tieren, die, auch wenn sie BSE hatten, mit
diesem Test nicht erkannt werden konnten." Zumindest fehlen hierzu wissenschaftliche Studien.
ner SchneHversion, die nach maximal sechs Stun den
ein Ergebnis bringt." Die Schebo Biotech bietet den
beschriebenen Test unter dem Namen Brainostic fur
300 Mark je Probe an.
Farbe fur Markerproteine
Fur den Cholesterinnachweis verwendet LUcker
2,5 g der Wurstprobe, die er zunachst mit einer alkoholischen Kaliumhydroxidlosung extrahiert. Die dann
folgende Nachweisreaktion beschreibt er so: "Aus
Cholesterin entsteht in einer 3-p-Oxidation zunachst
~4-Cholestenon. Dabei bildet sich Wasserstoffperoxid ,
das in Gegenwart von Katalase Methanol zu Formaldehyd oxidiert. Formaldehyd wiederum reagiert mit
Ammoniumacetat und Acetylaceton zu dem gelben
2,4-Lutidin, das wir photometrisch nachweisen."
Parallel dazu werden GFAP und NSE zunachst mit
einem Harnstoffpuffer aus der Wurstprobe extrahiert,
gelelektrophoretisch getrennt und mittels WesternblotTechnik auf einer Membran fixiert. Dann binden an
beide Proteine jeweils spezifische monoklonale Antikorper. Die Nachweisreaktion an diesem primarerl Antikorper durchzufUhren, ware zwar moglich, wiirde jedoch die Selektivitat verringern und ware sehr teuer.
Deshalb auch hier der Trick mit dem zweiten Antikorper: .An den primaren Antikorper dockt ein sekundarer, mit Biotin gekoppelter Antikorper der Ziege gegen
Antikorper der Maus an. Unspezifische Bindungsstellen wie Albumin maskieren wir zuvor. Dann wird mit
Avidin gekoppelte Peroxidase zugegeben. Avidin hat
eine sehr hohe Bindungsaffinitat zu Biotin, so daB eine
Art Sandwichkopplung stattfindet", erlautert Lucker.
SchlieBlich folgt die entscheidende Farbreaktion, bei
der Diaminobenzidindihydrochlorid (DAB) und Wasserstoffperoxid zugesetzt werden. Die Peroxidase katalysiert die Reaktion des DABs und des Peroxids zu
einem braunen Produkt. 6)
Gibt es Sicherheit?
Test auf Zentralnervengewebe
Dieses Problem umschifft Ernst Lucker, Professor
yom Institut fur Lebensmittelhygiene der veterinarmedizinischen Fakultat der Universitat Leipzig, denn er
setzt auf Pravention. Sein Test ermittelt ZNS-Gewebe,
in dem Prionen in erster Linie zu finden sind. So wirkten im Tierversuch folgende Gewebe infektios: Hirn
mit 64,1% der Gesamterregermenge, Ruckenmark mit
25,6%, Trigeminus-Ganglien mit 2,6%, dorsale Wurzelganglien mit 3,8%, Auge (bzw. die Netzhaut als Teil
des ZNS) mit 0,04% und distaler Teil des Ileums mit
3,3%. 1.5) Insbesondere Hirn und Ruckemark durfen in
Wurstwaren, wie eingangs erwahnt, nicht mehr verwendet werden. Somit liefert LUckers Meth<;>de das
Uberwachungsinstument fur dieses Verbot. Das ZNS
charakterisiert ein hoher Cholesteringehalt von etwa
2000 mg/100 g Feuchtmasse. Doch dieser Marker alleine reicht nicht fur einen eindeutigen Nachweis aus,
da Cholesterin auch aus anderen QueHen stammen
kann. Daher erfaBt der ZNS-Test zusatzlich zwei spezifische Proteine, die Neuronenspezifische Enolase
(NSE) und das saure Gliafaserprotein (GFAP), die Verarbeitung und Hitze uberstehen. Die erste Version des
Tests dauerte zwischen einem und drei Tagen, LUcker
verrat aber: "Seit wenigen Wochen arbeiten wir mit ei-
20
Die Methode lokalisiert ZNS-Gewebe von Schwein
und Rind in der Wurst bis zu einem Gehalt von 0,25%,
durch Filtrationskonzentrieren sinkt die Nachweisgrenze auf 0,01%. In Deutschland testeten Lucker und
seine Mitarbeiter im vergangenen Jahr 126 Leberwiirste, darunter waren 9,7% ZNS-positiv. Bei den Kochmettwiirsten lag der Anteil sogar bei ZooAl. Einige
Fleischverarbeiter setzen sich offensichtlich uber das
EU-Verbot hinweg: In vie len Schlachthofen trennen
Separatoren nach wie vor Fleischreste yom Knochen,
dabei gelangen Knochensplitter, Knorpel, Hirnteile
und Ruckenmark in die Wurst. Hans Scheer, Vorstandsmitglied der Schebo Biotech formuliert, was sich
das Unternehmen mit Brainostic erhofft: "Durch Stichproben lassen sich die schwarzen Schafe der Fleischindustrie abschrecken, und der redliche Hersteller
hat eine hervorragende Qualitatskontrolle."
Boehringer Ingelheim entwickelt derzeit ein Testverfahren fUr das lebende Tier. Der immunologische
Test weist im Blut des BSE-infizierten Tieres ein Markerprotein auf den Blutzellen nacho Uber Trefferquote
und Nachweisgrenze kann der Projektleiter Matthias
Giese noch nichts sagen.
Aile Testverfahren konnen zwar das Risiko senken,
BSE-infiziertes Fleisch zu essen, eine Garantie auf BSE-
Wissenschaftliche Nachrichten . Marz/April 2001
Freiheit kann es aber schon deshalb nicht geben, wei!
trotz der Intensivierung der Grundlagenforschung elementare Fragen offen bleiben: Was ist das Prionprotein
genau? Welche Erregermenge bewirkt eine Dbertragung der Krankheit? Der Ehrlichkeit halber sollte auf
dem Schild an der Metzgertheke also allerhochstens
.garantiert ZNS-frei (Genauigkeit 99,99%)" oder "vermindertes BSE-Risiko" stehen. Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium hat dies erkannt, und ein Etikett "BSE getestet" verboten, da dies irrefuhrende Werbung sei.
Arunerkungen:
1) hllp:ll etlropa.etl.lnt/commljoodljslsdssdotl/come_en.hlml.
2) S B. Pr/lSiner, Science 1982, 216, 136.
3) R. lewis, New Scientist 1999, 13, 10.
4) M. B. Fischer, C. Roeckl, P. Parizek, H. P. Schwarz, A AgllZZi, Nature
2000, 408, 479.
;) O. Schaller, R. Fa/zer, M. Slack, j. Clark, W. Cooley, K. Biiffiger, S. Egli,
M. Doherr, M. Vandevelde, D. Heim, B. Oesch, M. Moser, Acta Neuro·
pathol, 1999, 98, 437.
6) E. H . Lllcker, E. Eigenbrodl, S. IVenlsch, R. Leider, M. BillIe, J. Food Prot,
2000, 63, 258
[Nachr. Chern. 2001, 49, 158]
Haaranalyse auf Kokain
wie wird's gemacht?
Susanne Donner, Frankfurt a. M.
Un wissenschaftlich, unsicher und eben v611ig an den Haaren herbeigezogen, so wird die Haaranalyse gerne hingestellt. Mit welchern Recht? Und wie
junktioniert eigentlich die Haarana/yse?
Die Haare sind ein verschliisseltes Gedachtnis des
Menschen, in dem ein Analytiker herumstobern kann.
Die Analyse gibt ein schlichtes Ja oder Nein auf die
Frage, ob die Testperson Drogen konsumiert oder
Schadstoffe aufgenommen hat. Dabei bringt ein positiver Befund unangenehme Foigen, schlimmstenfalls
wird es nichts mit dem Traum yom FuBballbundestrainer, und der Ruf ist obendrein ruiniert. Was ware da
einfacher als die Ergebnisse der Haaranalyse anzuzweifeln?
Wie die Probe genommen wird
1m Labor fur forensische und klinische Toxikologie
des Instituts fur Rechtsmedizin der Charite in Berlin ist
die Haaranalyse Alltag. Der Abteilungsleiter, Professor
Fritz Pragst, erklart, wie die Haare genommen werden:
.Ein einzelnes Haar genilgt nicht, sondern ein Bilschel
von 100-200 Haaren wird mit einer Schnur zusammengebunden und dicht am Kopf abgeschnitten. Ein pfenniggroBer, kahler Fleck bleibt." Eine Wasche der Haare
in einer Tensidlosung entfernt Drogen und Schadstoffe,
die an der Oberfliiche der Haare haften. Danach wird
das Bilschel vom kopfnahen Ende her in maximal zwei
Zentimeter groBe Stilcke geschnitten, urn gegebenenfalls zeitliche Zuordnungen treffen zu konnen. Ein
Kopfhaar wachst im Durchschnitt einen Zentimeter pro
Monat; ein sechs Zentimeter langes Haar archiviert
demnach den Lebenswandel eines halben Jahres.
"Schamhaare verwenden wir nur im Allsnahmefall, da
sie nur eine Wachstumsphase von etwa einem Jahr
durchlaufen, das ist die anagene Phase. Danach steckt
das Haar fur etwa ein weiteres Jahr fest, ohne zu wachsen lind Nahr- oder Schadstoffe aus der Wurzel aufzunehmen, die telogene Phase. Beim Schamhaar befinden sich also etwa die Halfte der Haare in der telogenen, die andere in der anagenen Phase. Bei einer solchen Probe ist es schwierig, den Haaren ein Alter zu-
Wissenschaftliche Nachrichten . Marz/ April 2001
Gaschromatogramm des Extraktes einer Haarprobe mit positivern Kokainbefund (QueUe: Fritz Pragst, Charite Berlin).
zuordnen und damit zu sagen, wann der Proband Drogen konsumiert hat", erlautert Pragst.
Wie die Probe vorbereitet wird
Unterdessen werden die Haarabschnitte mit einer
Schere in millimetergroBe Stilcke zerkleinert, 30 mg
davon genilgen fur eine Untersuchung. Dazu muB die
Droge zunachst aus dem Haar extrahiert werden. Das
geschieht in einem neutralen Phosphatpuffer, damit
die Estergruppen des Kokains nicht zerstort werden.
Schon an dieser Stelle werden die deuterierten inneren
Standards fur aile zu prilfenden Drogen und Metabolite zugesetzt. Das Reagenzglas kommt filr mehr als
vier Stunden in ein Ultraschallband, wobei das Haar
allmahlich aufquillt und das Kokain lind seine Metabolite nach und nach in die wassrige Phase ilbergehen. Sie liegen bei diesem pH-Wert in der hydrophilen
protonierten Form vor. Urn den Extrakt zu reinigen,
folgt eine Festphasenextraktion: In einer Saule mit Kationenaustauscher und C18-modifiziertem Kieselgel
wird die Droge adsorbiert und mit einem Gemisch aus
Dichlormethan, Isopropanol und Ammoniak eilliert.
Neben Kokain erfasst diese Methode auch Opiate, Amphetamine und Ecstasy-Wirkstoffe.
21
Wie die Probe analysiert wird
Pragst erHiutert die nachsten Schritte: "Ftir die Analyse, die Kapillargaschromatographie.Massenspektrometrie (GC-MS), benotigen wir verdampfbare Substanzen, deshalb wird zuvor mit einer Mischung aus Trifluoracetanhydrid und Hexafluorisopropanol verestert.
1m GC-MS-Spektrogramm suchen wir im Fall des Kokains nach vier moglichen Komponenten - nach dem
Kokain selbst, dem Trifluoracetylester des Stoffwechselproduktes Methylecgonin und dem Hexafluorisopropylester des Benzoylecgonins und nach Kokaethylen, das entsteht, wenn die Testperson zugleich Alkohoi getrunken hat." 1st nun ein positiver Befund im
Massenspektrum ein sicheres Ergebnis? "Wenn wir etwas nachweisen, dann hat die Person mit Sicherheit
Kokain genommen. Schwieriger ist es dagegen zu sagen, wieviel und wie oft. Unser Ergebnis erlaubt allenfalls, daB wir grob einteilen nach sehr haufig oder
eher selten."
Inzwischen werden in der Szene spezielle Haarbehandlungsmittel angeboten, die Kokain aus dem Inne-
ren der Haare entfernen sollen. In Analysen konnten
diese Spezialschampoos jedoch nicht halten, was sie
v~rsprechen. Tatsachlich schwankt aber die Kokainkonzentration im Haar je nach individueller Behandlung, z. B. wenn der Proband seine Haare farbt. Auch
physische Eigenheiten verwischen die zeitliche Zuordnung: Durch die SchweiBdri.isen gelangt das Kokain
binnen weniger Stunden nach dem Konsum an die
Haare, wahrend es tiber die Haarwurzel erst nach 14
Tagen die Kopfoberflache erreicht. Bei einer Person,
die Ecstasy konsumiert hat, und deshalb stark schwitzt,
bleibt so der Zeitpunkt des Trips im Dunklen.
Wer allerdings nicht dazu gezwungen ist, spart sich
die Haaranalyse, denn sie kostet zwischen 300 und 600
Mark. Die meisten Menschen, die ihre Haare im Labor
der Charite Berlin analysieren lassen, wollen ihre Abstinenz beweisen, urn ihren Ftihrerschein wiederzubekommen. Andere wiederum brauchen den Nachweis
der Drogenfreiheit, urn Tanklastztige zu fahren oder-einen ahnlich gefahrlichen Beruf auszutiben. Und ist es
nicht merkwtirdig, daB keine der "sauberen" Testpersonen die Haaranalyse unwissenschaftlich schimpft?
Brennstoffzellen furs Auto
Methanol k6nnte Treibstoff-Alternative zu Benzin, Diesel und Wasserstoff
werden. Die Anbieter rich ten sich mit Kooperation und Produktionsanlagen
auf den erwarteten Boom ein, die Methanol-Direkteinspritzerzelle laujt
schon im Labor.
Mitte November hat Daimler-Chrysler mit dem NECAR 5 (New Electric Car) ein weiterentwickeltes, methanolbetriebenes Brennstoffzellenfahrzeug vorgestellt.
Neu ist sein ATR-Reaktor, der als "Anlasser" das Auto
kaltstartfahig macht. ATR steht fur Autotherme Reformierung. Das Methanol wird dazu katalytisch zusammen mit Wasser und Luft teilweise zu Wasserstoff reformiert und teilweise verbrannt. Dies bringt das gesamte
Antriebssystem innerhalb kurzer Zeit ahnlich wie fri.iher bei einem Diesel auf die volle Betriebstemperatur.
Als Energielieferant auf der Strecke nutzt das Fahrzeug - ein Daimler-Chrysler A - Methanol, das mit
Wasser verdampft in einen Reformer gefuhrt wird. In
ihm stromt das Gemisch tiber den Katalysator aus Kupfer- und weiteren Metalloxiden. Dabei hat die BASF
"bewuBt auf Edelmetalle im Katalysator verzichtet",
urn das Material nicht zu teuer werden zu lassen. Es
entstehen dann bei einer Betriebstemperatur von 200
bis 350°C aus Methanol und Wasser Wasserstoff und
Kohlendioxid. Das Gasgemisch wird nun in der
Brennstoffzelle zur Erzeugung elektrischer Energie genutzt [Nachr. Chem. 2000, 48, 1210). Die Brennstoffzelle liefert im NECAR 102 PS und macht das Auto 150
Stundenkilometer schnell.
Eine Weiterentwicklung wird die Methanol-Brennstoffzelle mit Direkteinspritzung sein. Diese Zelle, die
noch in den Daimler-Labors und in einem kleinen Gokart lauft, konnte den Reformer tiberfltissig machen
und so technischen Aufwand und Gewicht einsparen.
Allerdings: Die Technik ist sehr kompliziert und
braucht sicher noch viele Jahre bis zur Reife.
22
Urn die Einfuhrung von Brennstoffzellen-Fahrzeugen mit der Technik "Methanol plus Katalysator plus
Brennstoffzelle" voranzutreiben, haben sich im vergangenen September die BASF mit Daimler-Chrysler, Xcellsis, BP und den Methanolproduzenten Methanex und
Statoil zu einer Kooperation zusammengeschlossen.
Inzwischen bereitet die BASF die groBtechnische
Produktion des Katalysators vor, der speziell fur d ie
Anforderungen im Fahrzeug entwickelt wurde. Schon
jetzt kann ihn das Unternehmen in Ludwigshafen im
TonnenmaBstab herstellen. Es entwickelte den Katalysator in einer Exklusivkooperation mit Xcellsis, einem
Gemeinschaftsunternehmen von Daimler-Chrysler,
Ballard Power Systems, VancouverlKanada, und der
Ford Motor Company, Dearborn/ USA.
Wahrend Katalysatoren normalerweise darauf ausgerichtet sind, bei eng umrissenen Druck- und Temperaturverhaltnissen optima Ie Ergebnisse zu liefern,
liegt die Herausforderung bei der Methanolreformierung in der Flexibilitat. Der Reformer muB auf schnelle
Belastungswechsel unmittelbar reagieren und am Berg
wie a~f der Ebene, bei 30 wie bei 150 Stundenkilometern jederzeit die richtige Wasserstoffmenge produzieren. Auch die mechanischen Beanspruchungen, etwa
eine Fahrt tiber Kopfsteinpflaster, muB das System problemlos wegstecken konnen.
"Methanol eroffnet die Moglichkeit, jetzt in die umweltfreundliche Zukunftstechnologie ,Brennstoffzellenantrieb fur Fahrzeuge' einzusteigen", sagt Markus HolzIe, der fur die Weiterentwicklung des BASF-Katalysators
verantwortlich ist. "Mittelfristig sehe ich fur den breiten
Wisscnschaftliche
achrk htcn - MarzlApril 2001
Markt keine andere Losung. SchlieBlich werfen Alternativkonzepte, bei denen statt Methanol reiner Wasserstoff getankt wird, eine Reihe ungeloster Probleme auf."
Insgesamt entsteht beim Methanolantrieb weniger
Kohlendioxid als in Verbrennungsmotoren. Allerdings
bleibt das Deutsche Zentrum fUr Luft- und Raumfahrt
skeptisch, denn Brennstoffzellentreibstoffe aus nichtregenerativen Quellen "verursachen fast genau so viel
Kohlendioxidemissionen wie ein weiterenrwickeltes
Benzinfahrzeug" .
Klaus-Dieter Vohringer, im Vorstand veranrwortlich
fUr Forschung und Technologie, erwartet die Einfuhrung der Methanol-versorgten Brennstoffzelle in
den nachsten Jahren: ,,1m Jahr 2002 wird DaimlerChrysler die ersten Stadtbusse mit Brennstoffzelle ausliefern. 2004 folgen erste Pkws." Dann werden Flottenfahrzeuge wie Busse oder Firmenwagen gasfOrmigen Wasserstoff, der Individualverkehr in der Flache
jedoch Methanol tanken.
[Nachr. Chern. 2001, 49, 33
Innovationen fund urn PVC
Die Wiege der PVC-Produktion stand im mitteldeutschen Chemiedreieck.
Mittle1Weile gibt es in vielen Landern PVC-Anlagen, in denen die Industrie
in den letzten zehn Jahren verschiedene Verfahrensstufen verbessert hat.
Beim AmalgamprozeB fur die Chlorherstellung konnten die Quecksilberemissionen stark reduziert werden,
namlich von 1972 bis 1997 urn mehr als 97%. Beim Diaphragmaverfahren werden derzeit Ersatzmaterialien fur
die Asbest-Diaphragmen enrwickelt und erprobt. Bei
Neuanlagen benotigt das Membranverfahren 15 bis 20%
weniger Energie. Eine Membrananlage ist zum Beispiel
seit November 1998 beim "Buna Sow Leuna Olefinverbund" (BSL) in Schkopau in Betrieb.
Bei der Herstellung von Vinylchorid erhohen selektivere Katalysatoren die Ausbeuten. Die gasfOrmigen
Emissionen sanken, seitdem der OxichlorierungsprozeB reinen Sauerstoff statt Luft nutzt. Der Energiehaushalt der VC-Herstellung konnte so weit optimiert werden, daB einige Anlagen bei Normalbetrieb ohne
Dampfimport auskommen.
Polymer und seine Verarbeitung
Nach wie vor wird Vinylchlorid (VC) hauptsachlich
aus Ethylen und Chlor in einem zweistufigen ProzeB
hergestellt. Die EVC (Deutschland) in Wilhe lmshaven
stellt aber in einer Versuchsanlage bereits jahrlich 1000
Tonnen Vinylchlorid direkt aus Ethan her. Dieser einstufige ProzeB hat Vorteile z. B. beim Energieverbrauch und bei den Emissionen. Deshalb soli in den
nachsten Jahren eine groBtechnische Anlage folgen .
Sie ist dort sinnvoll, wo Ethan in groBen Mengen zur
Verfiigung steht, was bei Erdgasfunden der Fall ist.
Bei der Herstellung von PVC war es notig, die RestVC-Werte zu senken; bei Typen fur den medizinischen
Bereich sind sie besonders niedrig. Es gelang auch,
durch neue Rezepturen und spezielle Aufheiztechniken die Leistungen der PVC-Reaktoren zu steigern.
Damit sanken Energie- und Wasserverbrauch und die
Konstanz der Verfahren und Produkte stieg.
Zum GroBteil wird PVC mittels Extrusionsverfahren,
aber auch iiber Kalandrieren, SpritzguB und Pastentechnik verarbeitet. Der Wettbewerb sorgte fur Impulse u . a. bei den Rezepturen, Maschinen und Produkten: Rohre aus PVC gibt es gerippt, gewellt und geschaumt, Fenster haben ausgekliigelte Mehrkammersysteme, Kabel sind schwer entflammbar und Folien
mal hart und mal weich. Sogar die Mode nutzt PVc.
Wissenschaftliche Nachrichten . Mii rzlAprii 2001
VelW~rtung
von gebrauchtem PVC
Bei der werkstofflichen Verwertung gibt es bereits
Anlagen fur Fenster, Rohre, Bodenbelage, Dachbahnen und Kabel. Ein schon langer bekanntes Loseverfahren hat Solvin (Rheinberg) optimiert (Vinyloop): Als
.Losemittel dienen hier Ketone. Das geloste Polymer
einschlieBlich der Additive wird durch einen Dampfschock ausgefallt. Dieses Verfahren ist z. B. fUr Planen
geeignet, weil dabei eine Auftrennung erfolgt und das
Recyclat wieder fur Planen eingesetzt werden kann.
Zwei Vinyloop-Anlagen sind in Planung: Eine in
Frankreich fUr Planen mit einer Kapazitat von 5000 ri a,
eine in Italien fur Kabel und Blister fur 10.000 tla .
Beim rohstofflichen Recycling sind die Zielprodukte
von Anlage zu Anlage verschieden. In einem Drehrohrofen bei der BSL in Schkopau entsteht Chlorwasserstotf fUr neues PVC und Energie aus dem Kohlenwas e rstoff. In Frankreich ist eine Pilotanlage mit einem Schlackebad-Verfahren der Linde entstanden, die
jahrlich 2000 Tonnen PVC-Abfalle verarbeitet. Daneben gibt es Anlagen, die mit Vergasung, HydrolyelPyrolyse und Pyrolyse arbeiten.
PVC in Zahlen
Die PVC-Produktion in Bitterfeld und Schkopau
wurde zwischen 1939 und 1940 aufgenommen. Anfangs wurden jahrlich 14.000 Tonnen hergestellt, 1990
waren es schlieBlich 300.000 a.
Fiihrender europaischer PVC-Hersteller ist die EVC
International NY mit Sitz in Amsterdam und der Koordinationszentrale in Briissel. Die deutsche Tochter EVC
iibernahm imJuni 1998 die PVC-Anlagen in Schkopau.
Sie baute die Kapazitaten an Emulsions- und Suspensions-PVC von 125.000 auf 150.000 Jahrestonnen aus
und errichtete eine neue Anlage mit einer Kapazitat von
180.000 Jahrestonnen. Das erste PVC in der neuen Anlage in Schkopau wurde im Marz 2000 produziert. An
den beiden Standorten Wilhelmshaven und Schkopau
produziert die EVC jetzt 650.000 t PVC im Jahr, das ist
die Halfte der Gesamtkapazitat der EVC-Gruppe.
[Nachr. Chern. 2001, 49, 491
23
•
...
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Buchbesprechungen
Hans-Georg Elias: Makromolekiile. Band 1: Chemische Struktur und Synthesen. Sechste, vollsUindig Oberarbeitete Auflage 1999. XXXIII + 640 Seiten,
geb. DM 398,- Wiley-VCH Verlag GmbH, Pappelallee
3, D-69469 Weinheim. ISBN 3-S27-29872-X
Noch vor wenigen Jahrzehnten war es moglich, das
Thema "MakrotnolekOle" bei nicht allzu ausfOhrlicher
Darstellung in einem einzigen Band abzuhandeln. Inzwischen ist ein derartiger Wissenszuwachs zu verzeichnen, daB bei einer ebenfalls relativ knappen Darstellung der Polymerwissenschaften eine vierbandige
Konzeption kaum ausreicht, den derzeitigen Wissensstand darzubieten. Das nunmehr bereits in einer vollsmndig iiberarbeiteten sechsten Auflage erscheinende
Standardwerk "MakromolekOle" urnfaBt folgende Einzelbande:
Band 1: Chemische Struktur und Synthesen.
Band 2: Physikalische Struktur und Eigenschaften.
Band 3: Rohstoffe; Industrielle Synthesen; Polymere.
Band 4: Anwendungen.
Zur allgemeinen Charakterisierung des Werkes sei
der Verfasser selbst zitiert (Vorwort): "Dieses Lehrbuch
ist - wie so viele seiner Art - aus den BedOrfnissen des
Unterrichts entstanden. 1m obligatorischen Unterricht
in den makromolekularen Wissenschaften fOr die Chemiker und Werkstoffkundler des 3.-7. Semesters (ETH
ZOrich) hatte ich seit vielen Jahren ein Lehrbuch vermiBt, das von den Grundlagen der Chemie und Physik
makromolekularer Substanzen bis zu den Anwendungen der Makromolekiile in der Technik fOhrte. Dieses
Lehrbuch sollte die LOcke zwischen den kurzen und
daher oft zu sehr simplifizierenden EinfOhrungen und
den hochspezialisierten LehrbOchern und Monographien Ober Teilgebiete der makromolekularen Wissenschaften schlieBen und einen Dberblick Ober das Gesamtgebiet vermitteln ... In allen Fallen wurde weniger Wert darauf gelegt, moglichst viele Fakten zu vermitteln als vielmehr das Denken zu schulen und die
Zusammenhange zwischen den einzelnen Teilgebieten aufzuzeigen ... "
Der erste Band gliedert sich in die Hauptteile "Chemische Strukturen" (Abschn. 1-5, S. 1-147) und den
weitaus urnfangreicheren (S. 148-602) zweiten Teil
"Synthesen" (Abschn. 6-16). Dabei kommen auch
"Biologische Polyreaktionen" (Abschn. 14) sowie ganz
allgemein "Reaktionen von MakromolekOlen" (Abschn. 15) und "Konstruieren von MakromolekOien"
(Abschn. 16) eingehend zur Sprache.
Die textliche, formelmaBige und tabellarische Gestaltung und damit die Lesbarkeit bzw. Studierbarkeit
des Werkes ist hervorragend. Jedem Abschnitt sind
"Historische Notizen" sowie eine ansehnliche Liste
weiterfOhrender aktueller Literatur angefOgt. Wer sich
Ober den aktuellen Stand der Polymerforschung informieren will bzw. diese zu studieren hat, wird wohl
kaum enttauscht; dies laBt sich bereits nach Vorliegen
des ersten Bandes mit Genugtuung feststellen.
Leonhard A. HOtter
24
Hans-Georg Elias: Makromolekiile. Band 2: Physikalische Strukturen und Eigenschaften. Sechste,
vollstandig Oberarbeitete Auflage 2001. XXXIV + 673 Seiten, geb. DM 398,- (Serienpreis pro Band DM 348,-).
Wiley-VCH Verlag GmbH, Pappelallee 3, D-69469 Weinheim. ISBN 3-527-29960-2
Dber das 4bandige Gesamtwerk wurde bereits in nebenstehender Besprechung berichtet. Dem sei noch hinzugefOgt, daB es derzeit kein anderes deutschsprachiges Werk Ober MakromolekOie gibt, das bereits in sechster Auflage vorliegt. Dies spricht sowohl fOr dessen
hohe Qualitat als auch fOr die Aktualitat des Themas.
Wie bereits aus dem Titel hervorgeht, befaBt sich der
zweite Band mit den physikalischen Strukturen und Eigenschaften von MakromolekOien sowie mit den aus
ihnen aufgebauten makromolekularen Substanzen.
Der erste Teil schildert die Struktur isolierter MolekOie und die zur Strukturaufklarung verwendeten
Verfahren. Damit dieser Band separat von Bd. 1 lesbar
ist, wird zunachst kurz die chemische Konstitution von
MakromolekOien repetiert (Abschn. 2); zum Vertiefen
ware Bd. 1 heranzuziehen. In den Abschn. 3 und 4
werden dann die Mikro- und Makrokonformationen
von MakromolekOien beschrieben. Dieser Teil schlieBt
mit einem Abschnitt (5) Ober Streuverfahren, den
wichtigsten Methoden zum Bestimmen der globalen
Struktur von MakromolekOien.
Der zweite Teil befaBt sich mit der physikalischen
Struktur von MolekOlverbanden in amorphen Zustanden, Schmelzen und konzentrierten Losungen (Abschn. 6), im kristallinen Zustand (7), in Mesophasen
(8), sowie in und an Grenzflachen (9).
1m dritten Teil werden MakromolekOie in Losungen
diskutiert, und zwar deren Thermodynamik (10), ihre
Transporteigenschaften (11) und, wegen ihrer groBen
theoretischen und praktischen Bedeutung in einem
besonderen Abschnitt (12), die Viskositat verdOnnter
Losungen.
Der vierte Teil ist den Eigenschaften von Schmelzen
gewidmet: zunachst den thermischen Eigenschaften
einschlieBlich den thermischen Umwandlungen (13),
dann der MolekOidynamik (14) und schlieBlich der
Schmelzviskositat (15).
Der fOnfte und letzte Teil ist den mechanischen Eigenschaften von polymeren Festkorpern gewidmet:
Elastizitat (1 6), Viskoelastizitat (17) und Bruchverhalten (18). Der Band 2 schlieBt (ebenso wie Band 1) mit
einem Anhang (19) ab, der SI-Grundeinheiten, Umrechnungsfaktoren usw. auflistet. Dem folgt ein ausfOhrliches Sachregister und ein Verzeichnis englischer
Fachausdriicke (ebenso wie in Bd. 1). Jedem Abschnitt
sind - analog Band 1 - "Historische Notizen" sowie ein
Literaturverzeichnis und Quellennachweise angefOgt.
Auch dieser Band zeichnet sich aus durch eine nicht
zu elementare und dennoch gut lesbare Darstellung
des Stoffes und die integrierende Behandlung von
Chemie, Physik, Biologie und Technologie. DaB der
Verfasser auch Sinn fOr Humor hat, zeigt der das Werk
einleitende Satz aus Goethe, Faust II., 1. Akt: "Was ihr
nicht rechnet, glaubt ihr, sei nicht wahr ... "
Leonhard A. HOtter
Wissenschaftliche Nachrichten . Miirz/April 2001
MATHEMATIK
Du. Kurt Wagner
Das Pascal-Dreieck, ein vielseitiges
Zahlenmuster
Kurt Wagner, Klagenfurt
1. Einleitung
Was ist Mathematik? K. Devlin [1] gibt darauf folgende Antwort.
"Mathematik ist die Wissenschaft von den Mustern.
Der Mathematiker untersucht abstrakte Muster - Zahlenmuster, Formenmuster, Bewegungsmuster, Verhaltensmuster und so we iter. Solche Muster sind entweder wirkliche oder vorgestellte, sichtbare oder gedachte, statische oder dynamische, qualitative oder
quantitative, auf Nutzen ausgerichtete oder bloB spielerischem Interesse entspringende. Sie konnen aus unserer Umgebung an uns herantreten oder aus den Tiefen des Raumes und der Zeit oder aus unserem eigenen Inneren."
Das Pascal-Dreieck ist ein schones Beispiel fur ein
Zahlenmuster. Zwischen seinen Elementen, den Binomialkoeffizienten (BK) konnen fast unerschopflich
viele interessante Beziehungen hergestellt werden.
z\k I 0
- 4
- 3
- 2
- 1
0
2
3
4
5
6
7
8
1
1
1
1
1
1
3
4
5
- 4
- 3
- 2
-1
10 - 20
6 - 10
3 - 4
1 - I
35
15
5
1
-56
- 21
- 6
- 1
1
1
1
1
2
3
4
5
6
8
1 9
1 10
9
10
6
7
84 -120
28 - 36
7 - 8
1 - 1
8
10
9
165 -220
45 - 55
9 - 10
1 - 1
286 ...
66 ...
11...
1 ...
1
3
Der Beweis fur seine Gilltigkeit ist uber Gl. (1) oder Gl.
(2) leicht zu fuhren.
Es gibt auch ein kombinatorisches Argument fur
naturliche Zahlen n. Zur Auswahl von k Elementen aus
n Elementen bestehen n Ober k Moglichkeiten. Wir betrachten eine Menge von n - 1 weiBen und einer
schwarzen Kugel. Es gibt n - 1 Ober k Auswahlen
ohne schwarze Kugel und n - 1 Ober k - 1 Auswahlen
mit der schwarzen Kugel. Genau das. sagt der Summensatz aus.
3. Reihensummen im Pascaldreieck
Fur natOrliche n gel ten mehrere Reihensummen.
Wenn eine Reihe das gesamte Dreieck durchquert, ist
es nicht notig, fur k Grenzen anzugeben, da die BK
auBerhalb des Dreiecks Null sind.
1
5
15
35
70
126
21 0
10
20
35
56
84
120
1
6
21
56
126
252
1
7
28
84
2 10
Zeilensumme
(Z)=
Lk
(Z) = n
L':. (m k)= (m n 1
.)
(4) Lk
(5)
6
10
15
21
28
36
45
Damit wird die Symmetrie im Pascal-Dreieck ausgedrilckt. Auch gilt (n uber k) = 0 fur k > n. Die wichtigste Beziehung uberhaupt ist der Summensatz.
(6)
2"
k
8
36
120
0, /iiI"
(_1)k
0
+
m
Altemierende
Zeilensumme
>0
+ +
m+l
Spaltensumme
1
9
45
Fallende
Diagonale
10
2. Definition der Binomialkoeffizienten
(kurz BK)
(8)
. (n ~ k) =
Lk
F" + j, (Fibonaccizahl)
Aujsteigende Diagonale
Fur ganze Zahlen z und naturliche Zahlen k gilt
(1)
(Z)k
= z(z-l)
(z- 2) ... (z- k+ 1) filrk> 0
1.2.3 . . .. k
'
Speziell fur nicht negative Zahlen n nach Erweiterung des Bruches mit (n - k)!
(2)
(n)k - k! n' k)!
-
.
( n-
Wisscnschaftliche Nachrichten . MiirzlAprii 2001
Die beiden ersten Summen folgen aus dem
binomischen Lehrsatz (a + b)n mit a = b = 1 bzw.
a = I, b = - 1. So wie aile angefuhrten Reihensummen
konnen sie aber auch nur mit dem Summensatz allein
abgeleitet werden. Besteht namlich eine Zeile aus den
Zahlen
Xo,
Xj, X2, . . . Xn _ j,
Xo;
so lauten die Elemente der folgenden Zeile
Xo, Xo +
XII XI
+
X2 . . • Xn - l
+
Xn + j, Xn - I
+ Xo, Xo·
Ihre Summe ist daher doppelt so groB wie die der ersten Zeile.
25
Die Gultigkeit der Gl. (2) ist fUr ungerade n augenfallig, fUr gerade n jedoch erstaunlich: Fur n '"' 8 z. B.
ergibt 2 (1 - 8 + 28 - 56) = - 70, das ist der negative
Wert des mittleren Gliedes. Nach dem Summensatz
gelten folgende Beziehungen zwischen den Elementen zweier benachbarter Zeilen
x. x, - X. x, - x, + X. x, - x, + x, - X. X. - X, + x, - x, + • • .. x.
x. x,
X,
X,
x, ............ ""
x.
I
Bezeichnen wir mit Sk die alternierende Summe der
2. Zeile fUr k = 0, 1, 2 ... k, so gilt wegen der Gleichheit der letzten Glieder beider Zeilen
(_1)n - 1 Sn _1 = Xn und Sn _1 + (_1)n Xn = 0, also Sn = 0.
Die fallenden Diagonalen wie auch die Spalten im
Pascaldreieck bilden arithmetische Foigen h6herer
Ordnung, wobei der Zeilenindex bzw. der Spaltenindex die Ordnung angibt. Die Gleichungen (6) und (7)
stell en die gleichen arithmetischen Foigen dar. Durch
Anwendung der Symmetriebeziehung Gl. (2) ist dies
leicht einzusehen.
1
4
6
x
x
x
x
x
x
x
x
10
x
5
1
x
x
Es ergibt sich folgender Zusammenhang zwischen r,
n und j:
n = r/ 3 fUr r = mod 3, n = [r/ 31 + 1 sonst; j = 2r
mod 3.
In unserem Beispiel treten die Diagonalen r = 10,
j = 2, r = 11, j = 1 und r = 12, j = auf. Man findet leicht
do = 1, d l = 0, d 2 = d 3 = d 4 = 1, d; = 2 usw. Zur Erlauterung noch einige Beispiele (mit BK in Paarschreibweise).
°
°
r - 9,
r = 10,
r - 11,
r - 12,
r - 13,
j
j
j
j
j
= 0,
= 2,
= I,
= 0,
= 2,
(9)
Lk
k
( n-2k)
= s",
n-0:
n-I
n=2
n-3
n-4
(0,0) = I
So . I
(1,0) - I
s, - 1
(2,0) - I
,!).: - 1
(3,0) - 1,0,1) = I So>· 2
(4.0) = I. (2,1) = 2s, - 3
n- ;
n- 6
n-7
n- 8
(5,0) - I, (3,1) - 3 S, - ·1
(6,0) - I, (4,2) ·6 s,; - 6
(7,0) = I. (5.1) - 5, (3,2) = 3
s. - 9
(8.0) - I. (6,t) - 6. (4,2) - 6
.. - 13
Wir lesen ab
'" 2 + 1 + 1,6 = 3 + 2 + 1,9 = 4 + 3 + 2 und
13 = 6 + 4 + 3.
Wir vermuten die Rekursionsformel:
So = Sl = S2 = 1, S3 = 2; Sn = Sn _! + sn-3 + Sn-4.
Zum Beweis wenden wir auf (9) zweimal den Summensatz an.
k
= ~ (n-I-2k)
k
+
(n-2k)
~ (n-I-2k)=
~ [(n-2-2k)
+
k- 1
k- 1
+
+(n- 2k'- 2k) + (n -1k-l- 2k)] -_
~ (11-2-2k)
LJi (11-4-2k')
k'
+
k
+
s" =
Lk
L..k
L..k
L..k
L..k
(10)
L
(3k11++k)j
= dr,
Flache Diagonale
Hier besteht die Schwierigkeit, dass der Diagonalenindex r nicht mit dem Zeilenindex des Pascaldreiecks zusammenfallt. Die Zeile n = 4 z. B. wird von
3 flachen Diagonalen passiert.
26
+
+
+
+
+
k,
k,
k,
k,
k,
3k),
3k + 2),
3k + 0,
3k),
3k + 2),
(3,0) = 1, (4,3) = 4
d y= 5
(4,2) = 6, (5,5) = 1
dlO = 7
(4,0 = 4, (5,4) = 5
d" = 9
(4,0) = I, (5,3) = 10, (6,6) = 1 d" = 12
(5,2) = 10, (6,5) = 6
d ,; - 16
Wir vermuten die Rekursionsformel:
= 0, d 2 = 1; d n = d n- 2 + d n- 3.
Zum Beweis (fur j = 0) verwenden wir wieder den
Summensatz.
Sr=
(113: k)
4
+ ( n-
Steile Diagonale
Wir schreiben die ersten steilen Diagonalen und
ihre Summen auf
n = 3; (3
n = 4; (4
n = 4; (4
n = 4; (4
n = 5; (5
do = 1, d.
4. Extreme DiagoI¥llen
AuBer den im vorigen Abschnitt genannten Reihen
sind noch sehr steile und sehr tlache Diagonalen mit
ihren Summen zu erfassen (siehe z. B. [2]).
1
+
Lk
=
31k+ k)] =
(n-l3k+k)
3k' k')
Lk ( 11 ++ 2
=
Sr_~ +
+
Sr -.l
5. Hexagonaleigenschaft
Die im Pascaldreieck kursiv angegebenen Zahlen
56, 28, 36, 120, 210 und 126 umgeben die Zahl 84 in
einem schrag liegenden Sechseck. Bildet man die Produkte aus der 1., 3. und 5. bzw. aus der 2., 4. und 6.
Zahl, so erhalt man uberraschender Weise Das gleiche
Ergebnis: 56.36.210 = 28.120.126 = 423360. Aligemein
gilt
(n - 1, k-1)
(n-l, k)
(n, k-l)
X
(n, k + 1)
(n + 1, k + 1)
(n + 1, k)
Hexagonale Anordnung urn das Element X
=
(n, k)
n ) (11 + 1)
k-l k+l
k
=(n+l)(n+l)(
11 )
k k+l k-l
(
11-1) (
=
Zum Beweis ben6tigt man die Fakultatendarstellung
der Binomialkoeffizienten.
6. Catalanzahlen
Es hat den Anschein, dass die Mittelzahlen (2n uber
n) des Pascal-Dreiecks
1, 2, 6, 20, 70, 252, 924, 3432, 12 870, 48 620 ...
der Reihe nach ohne Rest durch 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9,
10 ... teilbar sind. Die so erhaltenen Zahlen heiBen
Catalanzahlen Cn.
(11)
C =
n
_ 1_ (211)
+ 1
n
n n! (211)!
(n I)!
=
+
=
_ 1_ (211 + 1)
211 + 1
n
Sind die Catalanzahlen wirklich immer ganze Zahlen? Die Umwandlung des letzten BK kann es zeigen.
Wissenschaftliche Nachrichten . MiirzlApril 2001
b= (2n+ 1) = ~ (
n
n
2n )
n-1
Da b eine ganze Zahl ist und n in 2n + 1 nicht enthalten sein kann, ist 2n + 1 ein Faktor von b. Catalanzahlen spielen bei verschiedenen Zahlproblemen eine
Rolle. Betrachten wir "Berge", die durch n Aufwartsund n Abwartsstriche gezeichnet werden k6nnen. Fur
n = 3 ergeben sich 5 M6glichkeiten.
= (_1)""2(~), m == Omod 2
(15) Lk (_l)k
(~)2=
/\
/ \
I \
/\/\
/
((( ») (()( »
1-6
2-;
3-4
/ \/\
/\
N \
(()X)
(X( »
1-4
2-3
5-6
1-2
/\
\
1-6
2-3
'1-5
/\/\/\
ooC)
1-2
3-6
4- 5
Bt!tgt!
Verschachteltt! K1ammem
Hiindt!schuueln
3-'1
5-6
Wir sehen, dass drei recht verschiedene Probleme
nach dem gleichen Muster zu behandeln sind. Beim
Handeschutteln verstehen wir die Anzahl der Ausfalle,
dass 6 im Kreis stehende Personen sich gleichzeitig
ohne zu uberkreuzen die Hande geben k6nnen.
/\
/\
/
/ \
I \ /
\I
/
7. Produktsummen
(1'+
m +S
n ) Vande~monde
- Entwlcklllng
Die Formel, die zuweilen auch von rechts nach links
verwendet wird, ist leicht zu merken, denn man hat
nur die oben und unten stehenden Zahlen zu addiereno Ersetzt man m + k durch k' und m + n durch n, so
kann man die Summe auch einfacher schreiben.
In dieser Form lasst sie sich leicht mit einer kombinatorischen Uberlegung beweisen. Wahlt man aus einem Beutel mit r roten und s schwarzen Kugeln n Kugeln aus, so kann man entweder keine rote und n
schwarze oder eine rate und n - 1 schwarze usw.
wahlen. Setzen wir r '" s = n, so erhalten wir die
Summe der Quadrate der Elemente einer Zelle.
=
Z. B. 4. Zeile: 1 - 16 + 36 - 16 + 1 '" 6 (4 uber 2). Bei
ungeraden Zeilen ergibt sich aus Symmetriegrunden
die Summe Null.
8. Kubiksummen
Wir gehen aus von einer symmetrischen Summe
von Produkten aus drei Binomialkoeffizienten, wobei
a 2! b 2! c 2! 0 ganzzahlig sein solI.
(16) Lk (- 1)k
=
Urn die Anzahl der Berge zu bestimmen, vermehren
wir die Anzahl der Aufwartsstriche urn eins. 1m Beispiel gibt es dann 7 uber 3 Ausfalle. Aber wenn wir ein
Muster periodisch fortsetzen, so deckt es bereits 7 (allgemein 2n + 1) Ausfalle abo Denn man kann ja auch
mit dem 2.,3 .... 7. Strich beginnen. Es gibt daher nur
5 wesentlich verschiedene Ausfalle. Lassen wir einen
Aufwartsstrich weg (es gibt dafur nur eine M6glichkeit), so erhalten wir die oben gezeichneten 5 (allgemein cn) verschiedene Berge.
(211)
(3) Lk ( n)2
k
n
Aiternierende
Qtladratsumme
(aa b)k (bb kC) (cc a)k
+
+
+
+
+
+
=
\I
I
(12 ) L k ( m r+ k) ( n _s k ) =
Alternierende
Prodtlktsumme
QlIadmtsumme
Z. B. 4, Zeile: 1 + 16 + 36 + 16 + 1 c 70 = (8 uber 4).
Etwas schwieriger zu beweisen (siehe Anhang A) ist
eine ahnliche Formel, die uns die alternierende Quadratsumme gibt.
Wissenschaftliche Nachrichten . Marzl April 2001
(a + b + c)! Trinominalkoef!izient
a! Ii. c!
Man sieht leicht, dass nur im Intervall c 2! k 2! - calle
drei Faktoren von Null verschieden sind und daB fUr
- k und k die Summe gleich graB ist. Das Ergebnis ist
ein Trinominal-Koeffizient (kurz TK). Das ist der
Koeffizient von x"ybxc in der Entwicklung des Trinoms
(x + y + z)n mit n = a + b + C. Fur das Beispiel a = 5,
b = 3 und c = 2 wollen wir zeigen, wie die Summe dieses "Kunststiick" schafft. Der TK ist 1O! (5! 3! 2!) = 2520.
k = - 2 : s(2) = (8, 3) (5, 1) (7, 0) =
280
k = - 1 : sO) = (8, 4)(5, 2) (7, 1) = - 4900
k = 0: s(O) = (8, 5) (5, 3) (7, 2) = 11 760
Summe = s(O) + 2(s(1) + s(2)) =
2 520
Setzen wir nun in (16) a = b '" c = m, so erhalten
aus (16) nach Ubergang von m + k zu k
(17) Lk (_ 1)k ( 2;t
Y (~~~!
=
Kubiksumme
Die Gl. (17) stellt die alternierende Summe der dritten Potenzen der BK einer Zelle mit geradzahligem
n = 2m dar. Fur n = 4 Z. B. erhalten wir 1 - 64 + 216- 64 + 1 = 90. Das ist auch das Ergebnis nach Gl. (17):
6!/ 8 = 90. Fur ungerade Zahlen ist die Kubiksumme
Null.
Es gibt nur wenige Produktsummen nach Art der Gl.
(5). deren Ergebnis in geschlossener Form angegeben werden kann. Eine weitere Summe dieser Art wird
im Anhang B behandelt.
9. Eine Summe von Quotienten
Die Berechnung der Summe uber Quotienten von
zweiBK
~m-O
~k
(m)k / (It)k mit
It::? m::?O ganzzahlig,
erscheint zunachst recht aussichtslos. Ein Versuch mit
n = 6 soli uns einen Hinweis geben.
27
m
m
m
0: (0, 0)/(6, 0) = 1 (BK in Paarschreibweise)
1: (1, 0)/(6, 0) + (1, 1)/ (6, 1) = 1 + 1/6 = 7/ 6
= 2: (2, 0)/ (6, 0) + (2, 1)/ (6, 1) +
+ (2, 2)/ (6, 2) = 1 + 2/ 6 + 1/ 15 = 7/ 5
m = 3: (3, 0)/ (6, 0) + (3, 1)/ (6, 1) + (3, 2)/ (6, 2) +
+ (3, 3)/ (6, 3) = 1 + 3/ 6 + 3/ 15 + 1/20 = 7/ 4
=
=
Dies Hisst das Ergebnis (n + 1)/(n + 1 - m) vermuten. Zum Beweis wandeln wir die Summe mit Hilfe der
Fakultatendarstellung urn.
r='.o (~);(~) r:.o (~~ !);(~)
=
Dadurch wird es moglich, den Nenner n ilber m aus
der Summe herauszuheben.
rill ( mn-k)k _- ~III
k· O
rill
k· O
k..k ·O
(nm-(m- k)k) ) -_
(m -
(l1-m+k)=(I1-m+m+l)
k
m
Hier wurde beim ersten Dbergang der Index k
durch m - k ersetzt (dabei verandern sich die Grenzen
nicht) und beim letzten Dbergang die G!. (7) (fallende
Diagonale) venvendet. Mit dem Nenner erhalten wir
das Ergebnis
Zwischen den beiden Konvertierungen wurde die
G!. (3) (fallende Diagonalensumme) verwendet. Die
Formel zeigt uns auch, dass wir Null erhalten, wenn
wir tiber die ganze Zeile summieren. Das Ergebnis
ilber die alternierenden Teilsummen konnen wir auch
aus den Dberlegungen in Abschnitt 3 ablesen. Es ist interessant, dass es filr die Teilsummen einer Zeile ohne
Vorzeichenwechsel keine geschlossene Formel gibt.
Wir konnen nun auch direkt zeigen, dass bei Bildung der alternierenden Summe einer Zeile mit geradem n das mittlere Glied gleich groB ist wie die negative Summe aller anderen Glieder.
)k(l1)
n2- _l1) =
k = 2 (- 1) nlz_ l (11/
~-O- I(- 1
2. k..k
;" (_ 1)'
= (-
1)'
2- 1 (
11-1 ) +
11/ 2 - 1
:)2)
(n11/2- 1)]
::2 )
=
= - (- 1)nlZ (
11. Symmetrie im negativen Bereich
Mit Hilfe G!. (11) konnen wir die Symmetrie des positiven Bereiches im negativen wiederfinden. Mit n > 0
erhalten wir aus (n, k) = (n, n - k) durch Konver·
tierung
(_I)k
(n + 1)! m! (11- m)!
m! (11 - m + 1)! 11!
2 - 1 [(
(
k-n-l)
k
=
(_1)" -k (l1-k-n-l)
n- k
ul1d
11+1
11+1-m
(
-n-l+k)_
k
- (-1)
"( - k - l)
n- k
10. Binomialkoeffizienten mit
negativem oberen Index
Die Beziehung wird etwas tibersichtlicher, wenn wir
n + 1 - k = N > 0 setzen.
Bei Betrachtung des Zahlenmusters in Abschnitt 1
erkennen wir, dass im oberen Teil des Musters die gleichen Zahlen vorkommen wie im unteren, wenn auch
zum Teil mit anderen Vorzeichen. Es muss also eine
Beziehung zwischen ihnen bestehen. Wir untersuchen
dies zunachst filr eine spezielle Zah!.
- 4 ) = (- 4) (- 5) (- 6) (- 7) (- 8) (- 9) (- 10)
( 7
7!
(21) ( - : ) = (_1)N - 1+ k
10 . 9 . 8 . 7 . 6 . 5 . 4
7!
= _
120
Die letzte Zahl links wird mit umgekehrtem Vorzeichen rechts zur ersten Zahl und k bleibt gleich. Entsprechende Zahlen stehen also in der gleichen Spalte.
Bei ungeradem k tritt eine Vorzeichenanderung ein.
Allgemein gelangen wir zu folgendem Zusammenhang
(Z)
(19). k
= (- 1)~
(k- z-k 1) KOl1vertienl11gs!ormel
.
Setzt man links ein negatives zein, so erhalt man
rechts einen Koeffizienten mit positivem oberen Index
und umgekehrt.
Wir verwenden die Konvertierung, urn die Formel
filr die alternierende Teilsumme einer Zeile abzuleiten.
(-
~k_+;))
Die Symmetrieachse liegt auf einer von (- 1, 0) ausgehenden aufsteigenden Diagonale. Die symmetrischen bzw. schiefsymmetrischen Zahlen liegen auf
den dazu senkrechten absteigenden Diagonalen.
Auch die Fibonacci-Eigenschaft ist zu finden. Aus
(n - k, k) wird (- 1)k (- n - 1 - 2k, k). Die entsprechenden Zahlen liegen auf einer steil fallenden Geraden, die jeweils eine Zeile ilberspringt. Z. B. 1, - 1; 1,
- 2; 1, - 3, 1; 1, - 4, 3 usw. Die Summe der Betrage
dieser Zahlen bildet eine Fibonaccifolge.
12. Innere Binomialkoeffizienten
Aufgrund von (n, 1) = n kann jede natOrliche Zahl
Binomialkoeffizient sein. Wir schlie Ben die BK mit k =
0, 1, n - 1, n aus und definieren
111nerer Binomialkoeffizient (~) = mit 1 < k < n - 1
Ein Blick auf das Schema zeigt, dass durchaus nicht
aile natOrlichen Zahlen innere BK sind. Gibt es einen
einfachen Test filr das Auftreten einer beliebigen
natOrlichen Zahl als innerer BK? Ich fand eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung.
1st P'" der maximale Faktor in der kanonischen Zerlegung der Zahl n, so kann n nur innerer BK sein,
wenn P''' (ji" - 1)/2 < = n ist.
Eine Zahl, die durch pili teilbar ist, kann frOhestens
28
Wissenschaftliche
achrichten· Marz!April 2001
rur n = pm als innerer BK auftreten. Primzahlen und
ihre Potenzen kann man nicht durch "aufmultiplizieren" erreichen. Die Bedingung schlieBt Primzahlen
und ihre Potenzen als Innere BK aus. Denn
pm _ 1 < = 2 ist nur rur p - 2 oder p = 3 errullt und dies
sind kein innerer BK.
Beispiele: n = 34 = 2,17,17.8 = 136> 34,34 ist kein
innerer BK.
n = 126 = 2 . 7 . 9, 9 . 4 = 36 < 126, von hier weg muss
man probieren und findet in der gleichen Zeile (9, 4)
= 126. 126 ist innerer BK.
n = 54 = 2 . 27, 27 . 13> 54, kein innerer BK.
13. Zwei interessante Summen
11 + 1(11-k1) - - k+11 1)
-111
(22)
(
- I
+
(11)
k-
1
o
Sttmme zweier Kebrwerte
1
1
20
15 +
1
=
7 4+3
10 . 6; ~ =
7
60
'br---~
Der Beweis kann i.iber die Fakultiitendarstellung erfolgen. Eine andere bemerkenswerte Summe hat eine
Zweierpotenz als Resultat.
",'" (m k k)
+
(23) ~k - 0
Abb. 2
2-k
2111, m :::= 0
'"
FUr k = 0 ist die Beziehung richtig. Die vollstandige Induktion ruhren wir i.iber m.
Sil
~", + 1
",m
L..
~-o
rill
b' - - I
S",+I
=
+1+
L-k - o
"'1< - 0
+
(m k k) _
(m k k) _ (mk-1k) _
~III + 1
_
+1 -
+
2
k
k _
2-
+
~", + 1
"'1< - 0
+
(m+k)
2 - + (2m+2)
k
+ 1 2k
In
(m + k' + k) 2 _
1
2
m- 2
k _
-
+
1.
.
-S"+2 S",+1>
k'- 1 _
2S m
14. Ein Zahlproblem
Am Umfang eines Kreises werden n Punkte angenom men und jeder Punkt wird mit jedem Verbunden.
Durch einen Punkt im Inneren des Kreises sollen aber
nicht mehr als zwei Sehnen verlaufen. In wieviele
Teilflachen wird der Kreis geteilt. Bis zu vier Punkten
(Abb. 1) lassen sich die Teilflachen leicht zahlen, ihre
Anzahl ist A (n) = 2" - I. Aber gilt diese Formel allgemein? Urn dies nachzupri.ifen, muss man sich eine
Zahlweise zurechtlegen. Nach (3) bezeichnen wir die n
Punkte auf dem Kreis im positiven Drehsinn aufsteigend mit 0, 1, 2 ... n - 1.
Eine Teilflache kann nun eindeutig festgeiegt werden.
Der Punkt P im Inneren des Kreises (Abb. 2) wird
durch die 4 Endpunkte a, b, c und d der beiden Sehnen bestimmt. Es sei a < b < C < d. Schreiten wir von
P in Richtung auf d (Punkt mit der hochsten Nummer)
fort, so wird die Flache zu unserer Rechten mit abed
bezeichnet. Da jeweils vier Punkte aus n Punkten aus-
Wissenschaftliche Nachrichten . MiirzlAprii 2001
Abb.3
gewahlt werden, so erhalten auf diese Weise n i.iber 4
unterschiedliche Teilflachen eine Bezeichnung. Vom
Punkt c < d auf dem Kreis weist die Sehne nach d
(Abb. 3). Die wie oben gewahlte Teilflache wird mit cd
bezeichnet. Von dieser Sorte gibt es n i.iber 2
Teilflachen. Bei dieser Zahlweise bleibt eine
Teilflache, namlich das von der Sehne 0 -7 n - 1 abgeschnittene Segment ohne Bezeichnung. Wir erhalten
Die gesuchte Anzahl ist die Summe der ersten 5 BK
der Zeile n - 1. Bis zu n = 5 wird dadurch die ganze
Zeile erfasst. Doch ab n = 6 gilt A(n) < 2" - I. In (2) wird
mit einer anderen zahlweise das gleiche Ergebnis erzielt.
Unter den ersten 14 Werten kommt noch einmal
(n = 10) eine Zweierpotenz vor.
n
A (n)
1
I
2
2
3
4
4
8
5 6 7
16 31 57
8
9
99 163
10 II
256 386
12 13
14
562 794 1093
29
AnbangB
AnhangA
Zu beweisen ist die Produktsumme
sen, m)
=
Die Summe von Dreifaehprodukten lasst sich nur
selten in gesehlossener Form angeben. Fur die Summe
~",- O (-1) k(n)(
n k) =
k..k
k
m-
=
S
(-1)~
( mil
n ) fur m = 0 mod 2
2
= 0 fiir m = 1 mod 2
Bezeichnen wir einen Summanden von S (n, m) mit s
(k), so ist
s(m- k)
=
(_1)m-k
(m~ k) (~) =
=
(m-r+s)(n+r-S)(r+k)
k
n- k
m+n
ist dies moglich. AuBer der Gl. (12) (VandermondeEntwicklung) benotigen wir noeh die sogenannte Trinomial-Umwandlung.
(24) (:) (
", O(-1) k [(n-l)
Ekk
+ (n-l)]
k-l
n - 1\ ( n -1 )]
[(m-k} + m- k-l
Dureh Ausmultiplizieren erhalten wir vier Produkte.
",
k(n-l)(n-l)
Pj =Ek-O(-1)
k
m-k =S(n-l,m)
P2
Ek
~) = ( ~) (: =~), a, ~, c g~nzzahlig,
Tnnomzalumwandlung
(-1)"' s(k)
Fur ungerade m (gerade Anzahl von Summand en)
heben sich je zwei Glieder der Summe auf und wir erhalten S (n, m) = O. Man uberzeugt sieh leicht, dass fur
gerade m die Formel fur kleine Indizes n richtig ist. Die
vollstandige Induktion benutzt einmal mehr den Summensatz.
sen, m)
=
=E~'_ o(_1)k(n~I)Cnl~~~k) =
Fur a = x + y + z, b = x + y und e = x erhalt man den
Trinomial-Koeffizienten (x + y + z)!/ (x!y!z!). Die Gl. (24)
erlaubt es, eine "unangeriehme" Zahl b aus einem der
BK zu entfernen.
Die Strategie zur Bereehnung von S besteht darin,
zunaehst anstelle des dritten BK dureh umgekehrte
Anwendung der Gl. (12) eine zweite Summe uber j
einzufuhren. Dies sieht zunaehst nicht gerade naeh
einer Erleicherung aus. Doeh gelingt es, aus zweien
der nun vier BK den Index k zu entfernen, so dass die
Summe tiber k bereehnet werden kann. Weitere Anwendung der "Zaubergleichungen" (12) und (24) fuhrt
dann zum Ergebnis. Dabei wird aueh verwendet, dass
man bei endliehen Summen die Reihenfolge der Summation vertausehen kann.
S
=
E
I:
(111- kr+ S) (n n-k
+ r- S) E. (
r .) (~)
~ m+n-J J
=S(n-l, m-l =0
P3
Auf den ersten und vierten BK wenden wir Gl. (24)
an und ziehen die von k unabhangigen Faktoren VOf.
=E~_ o(_1)k (;~DG:=lk) = E;'.-~(-ly+j
S = Ej (
EJ:
(njl)(n/~;~j) =S(n-l,
m-2)
Die Addition der beiden von Null versehiedenen
Produkte ergibt
m- r+
j
S) (m + rn- j )
Ek
(In -k-J
r+ ~- j) (n n-k
+ r- S)
Naeh der Summenbildung tiber k bleiben noeh drei
von j abhangige Faktoren,
S
=E
~
(m -:J + S) (m+n-J
r .) (111 n-J
+
J)
11 -:
=
sen, m) = S Cn-l, m) - S(n-l, m- 2) = (_ 1)"'/2
[(:/D (11:;2-~ 1)]
+
=
(-1)"
!
(11:;2)
literatur:
11] K. Devlin. Muster der Mathematik. Spektrum Akademischer
Verlag Heidelberg- Berlin 1994.
[2] K. Steiner. Binomialkoeffizienten und Partitionen. Wissenschaftliche Nachrichten Nr. 61, Jiinner 1983.
30
[3]
J. H. Convay, R. K. Guy. The book of Numbers. Springer-Ver-
lag New York 1996.
[4] R. L. Graham, D. E. Knuth, O. Patashnik. Concrete MathematiCS. Add ison-Wesley. 1989.
Wissenschaftliche Nachrichten . Marz/ April 2001
Der Solver von EXCEL in der
Mathematik - eine Kurzdarstellung
an Hand von Fallbeispielen
Dr. Helmut Bnmner
Die Tabellenkalkulation EXCEL wird schon seit einigen Jahren an unseren haheren und mittleren Schulen
angewendet. Die neuen Versionen enthalten bei den
Extras ein Programm mit dem Namen Solver, welches
zur Lasung von Optimierungsaufgaben dient. Der folgende Beitrag zeigt an Hand von Beispielen, wie dabei vorzugehen ist.
Beispiel: Zielfunktion: 9x + lOy + 8z -> Maximum!
Nebenbedingungen:
3x + 4y + 2z <= 100
2x + 5y + 2z <= 110
Ix + 4y + 3z <= 90
5x+1y+2z<=95
Nachdem die Koeffizienten in die Tabelle eingetragen sind, schreibt man in C8 die Gleichung der Ziel-
funktion. In C2 bis E2 stehen willkOrlich gewahlte
Startwerte fur x, y, z. In C8 schreibt man:
=C3·C$2 + D3·D$2 + E3E$2
Da die Nebenbedingungen diesel be Struktur wie
die Gleichung besitzen, kann man sie kopieren:
Feldzeiger auf C8, strg + C betatigen, C9 bis C12
markieren und enter-Taste drOcken. Nun schreibt
man die rechten Seiten der Nebenbedingungen in D9
bis D12.
Mit der Maus klickt man hierauf Extras I Solver an .
Ais Zielwert Max anklicken. Veriinderbare Zellen: C2
bis E2 mit gedrOckter linker Maustaste.
Der Bildschirm hat jetzt folgendes Aussehen:
.:.Ur.J..!.I
)
Ii ,
• . =C~C$2+D:nJS2+E:n:S2
C8
A
-f '- --"
- -- --
C
0
2 IYerlinderbare Zellen
3 ·!KoelY. D. Zielfunktion:
_4~ KoelY. d.Neben6
7 ,
8 Gleichg. D. Zielfunktion:
9
13
1 Startwerte
8
2
2
3
2
4
5
1
.
5
1
9
9
B
B
100
110
271
10
11
12
z
1
10
1
9
3
2
~ bedingungen
E
y
x
9)
95
Nun klickt man auf Hinzuji:igen und markiert mit
der linken Maustaste die Zellen c9 bis c12. Dann wahlt
man bei den Relationen <= aus und markiert anschlie Bend mit der linken Maustaste die Zellen d9 bis
d12. Auf HinzuJilgen klicken, dann auf Abbrechen.
Hierauf klickt man auf Optionen und wahlt: Lineares Modell voraussetzen, Nicht-Negativ voraussetzen,
Schiitztmg: linear und OK. Zuletzt klickt man auf L6sen und erhalt die in folgender Tabelle dargestellte L6sung.
C8
1..
r .-
A
2 !Yerllnderbare Zellen
j !KoeIY. D. Zielfunktion:
: 4. ] KoelY.d.Neben5 bedingungen
6 '
7.
a. Gleichg. D. Zielfunktion:
9 :
1ifi
Y
K
Z
-
•
11,7241379 9,48275862 13,4482759 l.Osung
9
10
8
342
252
1
..
3
512
1-307~.93'!!'!!'!'1~~1
100
97,75f£207
110
11 .
9)
9)
Tii
95
95
T3 ~
- - --F -
:1.f!
Wissenschaftliche Nachrichlen . Miirz/ Aprii 2001
31
Wenn bei verschiedenen Nebenbedingungen verschiedene ReIationen, wie z. B.: <-= und >= und = vorkommen, muB man bei jeder RelatIOn separat die Iinke
Seite, dann die rechte Seite und Hinzujiigen ank1icken. Will man nach der LOsung in reellen Zahlen
eine ganzzahlige L6sung, muB man nochmals Hinzt//ilgen anklicken, dann mit gedriickter linker Maustaste
die veriinderbaren Zellen markieren und bei Relationen auf ganz klicken. Dann auf OK und LOsLlng.
Wenn die Zielfunktion quadratisch ist, die Nebenbedingungen aber linear sind, kann die Struktur der
Zielfunktion nicht auf die Nebenbedingungen kopiert
werden. In diesem Fall gibt man die erste Nebenbe-
ce
dingung direkt ein (am Anfang mit =) und kopiert deren Struktur auf die restlichen Nebenbedingungen.
Lasung eines .linearen Gleichungssystems:
2xl - 3x2 + 5x3 + 4x4 = 22
- 4xl + Ox2 + lx3 + 7x4 = 15
3xl + 2x2 + Ox3 + 5x4 = 20
6xl + 4x2 + 7x3 + 3x4 = 25
Wir fiihren die fiktive Zielfunktion lxl + lx2 + lx3
+ lx4 -> Max (oder Min) ein und gehen genauso vor,
wie beim ersten Beispiel. Nach den entsprechenden
Eintragungen erhalten wir folgenden Bildschirm:
•
.l.. __~. __ __. ~
1 i
2 1Veranderb. Zellen
~l Fiktive Zielfunktion
~ .( Koeff.d.Gleichungs
5 1syslems
6
7_1
-
x21
x1
...
1
1
4
7
5
3
1
1
2
·4
3
6
Gleichg. Zielfk1ion:
9
10
i1'
12
8
22
4
10
20
15
20
25
1~
U
Bei den Optionen klicken wir auf Lineares Modell,
jedoch nicht auf Nichtnegativitiitl AnschlieBend auf
Losen klicken, so daB wir folgenden Bildschirm erhalten:
ce
A
1 I
I
2 jVertinderb. Zellen
3 .. Fiktive Zielfk1ion
4-! Koeff.d.Glei.
.§j sys
61
'71
8 Gleichg. Zielfk1.
x1
x2
x3
K4
1,85472155 .(),45762712 O,92TBJ17 3.07021792 U1sung
1
1
1
1
2
-4
·3
5
0
1
320
647
.
, .'!!"5.3~94673~~12~1
9'
10 .
22
15
15
1'~
20
25
20
25
',1 .
1J1
4
7
5
3
22
14 !
'151
Extremwert einer Funktion f(x,y) mit einer
Nebenbedingung g(x,y) = 0:
f(x,y) = x 2 • exp(- y) + y . exp(- x)
g(x,y) : = x 2 + y2 = 1
= c$2A2*exp(- d$2) + d$2*exp
Zielfunktion:
(- c$2) in Zelle C3 schreiben
Nebenbedingung: = C$2A2 + d$2A2 in Zelle C4
schreiben. In Zelle D4 kommt 1.
32
Extras / Solver: Max
I
Veriinderbare Zellen: Mit linker Maustaste C2 D2
anklicken. (Startwerte 1, 0)
Hinzujilgel1: C4 anklicken, als Relation = anklicken,
D4 anklicken, Hi11ZLI/ilgen und Abbrechen. Losen
anklicken. FOr Minimum geht man analog vor.
Wissenschaftliche Nachrichte n . MarzlApril 200 J
y
x
0(5423136 -O,2990S949 LOsung
1
2 verlinderb.Zelien
3 Zielfunktion
4 Nebenbedingung
I
Startwerte: x=1.y=O
1112EDi8IMaximum
l,1)(lDJl)5
1
5
1:;-
A
x
1
2 Verlinderbare Zellen
.ijZielfunktion
_4 Nebenbedingung
y
0 = 0,73887356 LOsung
10
Startwerte:
x=l ,y=1
IMinimum
1
1
5
-e-;
Um die vollstandige Losung def Aufgabe zu erhalten, mussen wir in f(x,y) aus der Nebenbedingung
auch die zweite LOsung fur x, namlich
x ~ - (1 - y2)A(112)
einsetzen.
Eine Zeichnung mit DERIVE liefert folgende Naherungswerte:
Fur das Maximum: y = 0,6, x ~ - 0,8
Fur das Minimum: y = 0,9, x = - 0,2
Nun gehen wir zu EXCEL und nehmen obige Werte
als , Startwerte fur den Solver. Die Vorgangsweise ist
diesel be wie vorher.
Man erhalt schlieBlich:
Maximum: = 1,691 bei x - 0,7649, y = 0,644
Minimum: = - 1,091 bei x = 0,182, Y = - 0,983.
Nichtlineares Gleichungssystem
2xz - 3yz + xy = - 5
x+2xyz=2
x + 3y- yz = - 1
Wir gehen von der fiktiven Zielfunktion x + y + Z ->
Max aus und wahlen als Startwerte fUr x, y, z: 0, 1, 1.
In Zelle C3 tragen wir daher ein: = c$2 + d$2 + e$2.
In C4, C5 und C6 kommen die linken Seiten unseres
Gleichungssystems:
C4 : = 2*c$2*e$2 - 3*d$2*e$2 + c$2*d$2
entsprechend auch C5 und c6.
In D4, D5, D6 schreibt man - 5, 2, - 1
Extras / Solver: veranderb. Zellen : C2D2E2
Hinzujiigen: C4C5C6 Relationen = D4D5D6
Hinzuji'igen, Abbrechen; Losen
C3
P
A_
x
Verlinderbare Zellen
fiktive Zielfktion
Gleichungssystem
It) ~eJ
0
E
z
Y
21
-3 1
-5
0
2
-1
IlHrbebn arISIcht enfUgen Fotmat ~
2
04teQ
Eenster l
l Cl ~~~[g,es- ',~fi~ K-:~~t>~~ U i D. ~ · llm'••
_ "
C3
•
__A _ . 1 .
B
1 I
2 Verllnderbare Zellen
3 fiktive Zielfktion
-l Gleichungs-
5 system
"6
-'r
A-
• =C$2+O$2+E$2
C
o
E
x
y
z
Of0036137 0,50965385 5,55146007
I 636147531
-5,0!lXlXl33
-5
2,ocmm7
2
-1 ,01l.D.lll3
-1
Wahlt man die Startwerte (1, - 1, 1) und (- 1, -1, 1)
und (- 5,4,3) und (5, - 4, - 3) so erhait man vier weitere Losungen des Gleichungssystems. Moglicherweise
gibt es noch weitere Losungen, was aber von mir nicht
Wissenschaftlichc Nachrichten . Marz/ April 2001
F
1 ..
.::!J
LOsung
ausprobiert wurde. Jedenfalls kann ein nichtlineares
Gleichungssystem keine, eine oder mehrere Losungen
besitzen.
33
Die Dreiecks-Aufgabe c, h, W;
die PETRA-Kurven
Dr. Hans DirnbOck, Klagenfttrt
o. Kurzfassung:
---7
Von einem Dreieck ABC seien die Uinge der
Grundlinie c, die zugeherige Hehe h und die Uinge
der Winkel-Symmetralen w yon C bis zur Grundlinie
gegeben. Das Dreieck ist zu konstruieren.
Die Konstruktion geschieht (noch) elementargeometrisch; einige Zusatzbemerkungen.
Gibt man nur c und w Yor, so entstehen fur die Ecke
C gewisse Ortskurven 6. Ordnung, die PETRA-Kurven
genannt seien.
Abb. 0. 1: Dreieck ABC; Hiuft C auf einer PETRA-Kurve p, so
bleibt w konstam.
Ovaler Zug
.. . wist Innenwinkel-Symm.
Zug in die Ferne .. . wist AuBenwinkel-Symm.
Fur C E hD sind die Winkel-Symmetral-Liingen untereinander
gleich.
1. Vorausgesetztes Wissen:
In C gibt es eine Innen- und eine AuBen-Winkelsymmetrale, diese stehen orthogonal zueinander. Mit
den Bezeiehnungen der Abb. 1.1 gilt:
TV = Teilverhaltnis,
DV = Doppelverhaltnis,
---7
TV (ABW)
=
AW
---7 = - .Q. ' Vorzeiehen - , weil W im
BW
a
Inneren von AB
.. . (1.01),
---7
TV (ABZ)
AZ
---7
BZ
=
b
Vorzeiehen -, weil Z im
a
AuBeren vonAB
... (1.02),
der Beweis kann mit zwei Sinussatzen erfolgen oder
mit Hilfe yon zwei Orthogonalen von A und B jeweils
auf [CWl.
34
DV (ABWZ)
=
~
BW
---7
:
~
= -
1
... .(1.03),
BZ
also sind A B W Z vier harmonische Punkte. Aus (1 .03)
berechnet sieh
---7 -t
OW
. OZ
=
( "2
C)2= OT
---7
2
... (1.04);
der Satz von der Kreispotenz (Kreissehnensatz, Kreissekantensatz, Beweis mit Randwinkelsatz) besagt also
hier, dass
der THALESkreis 1C tiber AB und
der THALESkreis "t tiber WZ Orthogonalkreise zuei... (1.05).
nander sind,
Abb. 1.1: Standardwissen uber die Winkelsymmetralen in C.
"t ist APOLLONIUS-Kreis der Punkte A und B fur das
Verhaltnis bfa, das heiBt: "t ist der Geometrische Ort
(die Menge)aller jener Punkte C, fur we1che die Abstande AC und BC in einem festen Verhaltnis stehen;
AC/ BC = b/ a = const. . . .
. .. (1.06).
Nennt man A und B "Pole", so ist dies die "Bi-PolDefinition" fur "to
2. Zusatzliche Bemerkungen:
Aile Kreise durch die "Grundpunkte" A und B bilden ein "elliptisches Kreisbtischel", [A B] ist die Chordale (gemeinsame Sekante).
Aile Kreise orthogonal zu obigen Kreisen bilden ein
"hyperbolisches Kreisbtischel" mit zwei konjugiertkomplexen gemeinsamen Grundpunkten auf der
Streckensymmetrale von AB; die Streckensymmetrale
ist die Chordale. Dies sind unsere APOLLONIUSKreise.
Eine INVERSION am Kreis 1C verwandelt den Kreis "t
als Ganzes in sieh, wahrend W und Z vertauscht werden. Auf jedem Strahl durch 0 findet eine Involution
stan, z. B. auf [OZ]: A, B sind Fixpunkte, W und Z sind
ein Paar der Involution.
Eine INVERSION an irgendeinem Kreis des einen
Btischels verwandelt jeden Kreis des anderen
Btischels als Ganzes in sieh.
Wissenschaftliche Nachrichtcn . MarziApril 2001
hat und auch an den Losungen mitgearbeitet hat, soH
so eine Ortskurve PETRA-Kurve heiBen.
Annahme, Bipol-Koordinaten: Man nehme c = 2,
namiich A (- 1 I 0), B 0 1 0), C (x I y) ...
· .. (4.01).
Fasst man A und B als Pole auf, so gilt fUr aile Punkte
und aile Kurven:
b 2 =(x+1)2+y2
a Z = (x - 1)2 + y2
. . . (4.02),
~nd umgekehrt
Abb. 2.1: Hyperbolisches Kreisbiischel. Weiters ist die Hyperbel
ho eingezeichnet, welche der Geometrische Ort der Extrempunkte der Kreise ist. C E ho bewirkt, dass CW = CZ ist.
FOr das nicht dargestellte elliptische Kreisbiischel ist dieselbe
Hyperbe1 ho der Geometrische Ort der link en und rechten Extrempunkte der Kreise durch A und B.
bl _ a l
x=-4-
y=
[ (- a4 + 2 . a 2 . (b 2 + 4) - b i + 8 . (b 2 - 2»
4
,y o_
· .. (4.03).
[ (- a.j + 2 . a 2 . (b 2 + 4) - b i + 8 . (b 2 - 2»
4
3. Gegeben: c, h, w.
Gesucht: das Dreieck ABC:
Man betrachte Abb. 3.1. Zuerst sei das rechtwinkelige Dreieck Hew konstruiert, sodann Z und M. 't ist
der THALES- und APPOLLONIUS-Kreis tiber W und Z.
Der Kreis Kist unbekannt, er muss
• Orthogonalkreis von K sein und er muss
• den Radius = c/ 2 haben.
(M. a. W.: Von einer Involution ist nur das Paar W Z
gegeben, und die Fixpunkte A und B soHen den Abstand = c haben.)
Ich schlage als Losungsweg vor: ich errichte zu 't
irgendeinen Orthogonalkreis
mit dem Radius = c/2;
dieses vorHiufige System soli r== heiBen, es entstehen
auch noch r und 0==.
wird um M soweit gedreht, bis 0 E [ZW], es entsteht das System mit K, T, 0 und mit A und B.
r
r=
r
Gog.: c, h,w
\
G•••: A
Diese Formeln gehoren in die Formelsammlung und
ins Repertoire jeder Geometerin und jedes Geometers.
APOLLONIUS-Kreis 't: Bei uns sei t = (b - a) I
(b + a)
... (4.04).
0 .06) wird vermoge (4.02) umgeformt in
2
x-- -t +1
- ' x+y-+ 1
t
?
?
=
0
· .. (4.05),
W (t I 0)
Z Olt I 0
M ( (r2 + 1) / (2t) / 0)
... (4.06) .
r = 0 - t2) / (2t
Hyperbel h D : Laut Abb. 2.1 kann man den Geometrischen Ort ho der Extrempunkte C de r APPOLONIUSKreise suchen; C E ho bewirkt, dass Innenwinkelsymmetrallange CW = Aussenwinkelsymmetrallange CZ =
wist. Nach (4.06) ist sodann
x = (t l + 1) / (20}
.
,
y = ± 0 - t2) / (2t) t hlOaus.
nun ist
I
I
y l = 1 .. . ho . . .
. .. (4.07).
Nun wird nieht die (noch) schuliibliche Bipoldarstellung (Flo Fl , r1 - r2 = constant) angestrebt, sondern eine Bipol-Darstellung mit den Polen A und B: Es
wird (4.03) in (4.07) eingesetzt und es entsteht:
(a 2 - b 2)2 - 4 . (a l + b2) = 0
. .. (4.08) .
Xl -
I
./
./
./
./
./
B
Abb. 3.1: Konstruktionsgang fUr: Geg.: c, h, w. Ges.: A, B, C.
Oer Kreis um M mit dem Radius MO== hat noch einen zweiten
Schnittpunkt mit der Grundlinie, in der Abb. 3.1 links von Z. So
entsteht ein weiteres Oreieck ABC, welches aber w als AuBenWinkel-Symmetrale hat. Leser und Leserin mogen dies bitte
zeichnen. Man muss erkennen, dass Innen- und AuBen-Winke1Symmetralen in der Theorie vollig gleichberechtigt sind.
4. Die PETRA-Kurven:
Gegeben sind nur c und
W:
Die Grundlage c eines Dreiecks sei gegeben und
dazu Lange w der Winkel-Symmetralen. Das Dreieck
ist unterbestimmt; auf welcher Ortskurve lauft C? Weil
Frau cand omath. PETRA SCHERR diese Fragen gesteHt
Wi~sensc haftliche
Nachrichten . Marz/ April 2001
I
PETRA-Kurven p, CARTESische
Darstellung:
In Abb. 1.1 wird ein Zirkelschlag t gemacht:
Mitte = W,
Radius = w = CW:
(x - t)2 + y2 - w 2 = 0
... t . . . (4.09) .
Aus (4.05) und (4.09) ist t hinauszuwerfen, DERIVE
liefert die PETRA-Kurven p:
X 4 • f - w 2 . x· + 2 . Xl . y4- 2 . Xl . f . (w 2 + 1)
+ X l . (w 4 + 2 . w 2) + f' + y4 . (2 _ w 2)
+ y2 . (1 - 2 . w2) - w 2 = 0
... p . . . (4.10).
Eine p ist von 6. Ordnung.
Eine p ist bizirkular, das heiBt: sie geht doppelt
durch jeden der beiden Absoluten Kreispunkte; tiberdies hat sie den Fernpunkt der x-Achse als Doppelpunkt.
Eine p hat 1 ovalen Zug und 2 Ztige in die Ferne.
35
Eine p hat 4· reelle Doppelpunkte im Endlichen; die
Kurve dieser Doppelpunkte aller p kann von DERIVE
berechnet werden:
i -
t - 2 . i . (w2 + 1) + w 2 . (w2 + 2»
i -
t - 2 . i . (w2 + 1) + w 2 . (w2 + 2»
..j2 . ..j(..j(w 2 . (w 2 + 4) - 4 . yl) . 1 2 .
w2 1 + 2 .
2· ..j(W2_yl)
..j2 . ..j( ..j(w 2 . (w 2 + 4) - 4 . yl) . 1 2 .
w2 1 + 2 .
2 . ..j(w2 _ y2)
1 i -
1-
..j2 . ..j( ..j(w 2 . (w 2 + 4) - 4 . yl) . 2 .
w2
2.
2 · ..j(yl- w2)
..j2 . ..j( ..j(w 2 . (w 2 + 4) - 4 . yl) . 1 2 .
Aus (4.10) wird x, welches nur als Xi und x2 vorkommt, ermittelt, benachbarte x-Werte werden gleichgesetzt:
i - w2
1-
t
+ 2.
2· ..j(y2 _ w
x=
,
w 2 . (w 2 + 2»
_
,
2 . y. + 2 .
2)
i . (w2 + 1) -
, x=-
i . (w + 1) -
x- -
w 2 . (w 2 + 2»
... (4.11) .
das heiSt: auf einer waagrechten abgeschlossenen
XOvaler Zug - xZug in die Ferne
... (4.12).
Aus (4.10) und (4.1 2) ist w hinauszuwerfen, dies - Halbgeraden liegen
der Punkt auf der y-Achse,
liefert die nun schon bekannte gleichseitige Hyperbel
der Punkt am ovalen Zug von p,
hD
. .. (4.07).
der Punkt auf der Hyperbel hD'
Wenn di~ Vorzeichen der x-Werte gleich sind, gilt
der Punkt am Zug in die Ferne von p harmonisch;
xOvaler Zug . XZug in die Ferne - r + I ..
. . . (4.13)'
es geschieht eine ,Waagrechte reziproke Transforma8
tion an der Hyperbel h D".
Abb. 4.1: PETRA·Kurven p. C auf einem Ovalen Zug.
Abb. 4.2: PETRA·Kurven p, C auf einem Zug in die Fe rne.
PETRA-Kurven p, Bipol-Darstellung:
ovalen Zug dar, fUr w ~ 00 konvergiert dieser Zug
gegen eine CASSINI-Kurve a . b = const., diese
konvergiert ihrerseits gegen einen Kreis.
Bemerkenswert: ,Die Rechnung ist kluger als der
Rechner". .. (Bernhard BAULE):
p ermoglicht CW= w und
p ermoglicht CZ= W;
man sieht wieder, dass diese Faile vollig gleichwertig
sind.
Schluss: Die PETRA-Kurven p ermoglichen nun,
bei irgendeiner weiteren Angabe - z. B. Lange der
Schwerlinie Sc - auf dem Wege der Algebra zwei Geo·
metrische Orter zu schneiden und somit das Dreieck
ABC zu finden.
(4.03) in (4.10) eingesetzt, wird von DERIVE wie
folgt simplifiziert:
a . b ' (l-
4
(a +
bY)=w
2
pin Bipol-Koordinaten ... (4.14).
a.b.(l-
4
(a - b)2
)~_W2
Bemerkenswert ist, dass die Bipol-Darstellung von p
in 2 Gleichungen zerfallt!
Die Gleichung mit (a + b) im Nenner steHt den
36
Wissenschaftliche Nachrichten . Marz/April 2001
Aufgabenecke
Walther Janous
Aufgabe Nr. 77:
Die Foige (XII' n ~ I) ist rekursiv definiert:
XI = X2 = 0, X3 = 2, Xi = 3 und
XII + oj = 2x + 3 - 4xII + 2 + 3xn + I - 2x", n ~ 1.
Es sei Sn die Summe der ersten n Glieder dieser
Foige.
a) Man beweise, dass sich Sn in einfacher Weise als
Funktion von Xn + 2 ausdriicken lasst. (Wie lautet dieser
Zusammenhang?)
b) Man bestimme ferner aile n, fur die Sn = 0 gilt.
(Johanna TIBAUDO, Innsbruck)
c)· ["Open-end-Teil'1 Man betrachte Verallgemeinerungen derartiger Foigen und Summen.
(W. ].)
lI
Aufgabe Nr. 78:
Man beweise folgende Parabeleigenschaften:
a) Der H6henschnittpunkt eines Dreiecks, dessen
Seiten auf den Tangenten einer Para bel liegen, liegt
auf der Leitlinie I dieser Para bel.
b) tl und t2 sollen zwei Tangenten an eine Parabel
sein, die einander im Punkt P schneid en. tl beriihrt
diese Parabel im Punkt B. Dann schneid en einander
die Normale nl zu tl durch P und die Normale n2 zu t2
durch B auf I.
c) Der Umkreis eines Dreiecks, dessen Seiten auf
drei Tangenten einer Para bel liegen, geht durch den
Brennpunkt F dieser Parabel.
d) Mit den Bezeichnungen von b) gilt: Der Kreis, der
t2 in P beriihrt und durch B geht, geht auch durch F.
(Robert GERETSCHLAGER, BRG Kepler, Graz)
Einsendeschluss fur L6sungen (bltte in iiberslebtUeber und gut lesbarer Form - getrennt nach Aufgaben [I]) 10. August 2001.
Zuschriften erbeten an Walther Janous, WRG Ursulinen, Fiirstenweg 86, 6020 Innsbruck (oder Schneeburggasse 169, 6020 Innsbruck)
bzw. WORD-lesbare Dokumente an
[email protected].
Aufgabenvorseblilge (samt Losungen), Anregungen, Krltik usw. sind jederzeit wiUkommen.
Losung tier belden Aufgaben aus WN 112 Uitnner
2000), p. 36. In einem gotischen Fenster findet sich
Aufgabe Nr. 71:
c
ausschnittsweise die oben abgebildete Figur. (Dabei ist
dem Teil zwischen dem unteren Halbkreis urn D und
den beiden Sechstelkreisen urn A bzw. Beine "unendliche" Foige ko, kb k2' ... von beriihrenden Kreisen
eingeschrieben.)
Man bestimme
a) die Radien dieser Kreise (der Halbkreis habe den
Radius 1),
b) den geometrischen Ort, auf dem die Kreismittelpunkte liegen, und
c)+ die Gesamtsumme der Umfange bzw. Flacheninhalte aller Kreise der Foige.
(trad. und W. J.)
Rlebtige Losungen sind eingegangerJ von:
Johann BRANDSTETIER (BG X, Wien), Johann
DORFMEISTER (BG Amstetten), Karl EDLINGER
(G 19, Wien), Franz GAMMER (Collegio del mondo
un ito, Duino ITS], Italien), Alexandra GRUBNER (G 19,
Wien), Herbert HAMETNER (Gallneukirchen), Michael
HOFBAUER (BRG Steyr), Andreas HORTNAGL (Akad.
Gymn. Innsbruck), W. ]., Karl Uffe KACETL (Theresianum Wien), Gerhard KIRCHNER (Univ. Innsbruck),
Wolfgang KIRSCHENHOFER (Herzogenburg), Wilfried
B. KURAN (BG/ BRG Scharding), Otto PREM (BHAK St.
JohannlPg.), Helmut SCHMITZ (Grg XIX, Wien), Kurt
SCHOISSWOHL (Akad. Gymn. Innsbruck), Peter
SCHORGENHUMER (BORG Grieskirchen) und Johanna TIBAUDO CInnsbruck).
Wir wahlen ein Koordinatensystem, sod ass die Gerade g(A, B) die x-Achse und g(C, D) die y-Achse ist.
(Also: D(O/ O) und BO/ O).)
(kl' i ~ 0), (MI (XI, yJ, i ~ 0) und h i ~ 0) sind die unendliche Folgen der in Rede stehenden Kreise, ihrer
Mittelpunkte bzw. Radien.
a) Der "typische" LOsungsweg verlauft folgendermaBen:
.
Es gilt Po = (0,1 + ro).
Aus dem Dreieck !lADP: 1 + (1 + ro)2 = (2 - rJ2,
d . h. ro =
t
und MO
=
(0, t )-
Daraus, dass der Kreis kl den inneren Halbkreis,
den auBeren Sechstelkreis und den Nachbarkreis kl + I
beriihren soli, erhalt man
o + xy + y; = (2 X; + YT= 0
r;P
(1 )
(2)
+ rj)2
MIMI + I = rl + rl+ I
Aus (1) und (2) folgen
(2 - rj)2 = 1 + 2 . XI + 0 + rj)2, d . h . XI = 1 - 3 . r,
und
YI =
J(l +
J8 . li .
rY - X; =
(3)
(4)
J(l + rj)2 - 0- 3 . r j)2 =
0 - rj)
Daher haben wir
(1 - 3 . r" ~r::'8-·-r,-."7:0:---
MI =
M I + I = (1 - 3 . rl + b J8 . rl+ I
(5)
-::-0)
r. und
·0-
rl + I)).
Wenn wir dies in (3) einsetzen und quadrieren, erhalten wir
9 . (rl - rl+ IY + 8 . (Jrl- rT - Jrl + I - rT+ I =
Y
Wissenschafthche Nachrichten . MarziAprii 2001
37
Daraus ergibt sich nach kurzer Rechnung (Losung
einer quadr.itischen Gleichung)
rj+
2 . rj' ( r j + 2 9 . rf -
1
J8 . rj'
(1 - r;))
00
j -
(6)
4 . r, + 4
0
j -
L. -2 -
k + 2'
k- 2
S(W = 4 .7t .
1
00
L. -,------,;..,,--....,..
rj = 4 . 7t.
1
00
= 4 . 7t.
Durch Einsetzen der ersten Werte gelangt man zur
2
Vermutung: rj ='2
. 6 ( 1+
. 2~2 + 2' i ~ 0
t + 4 . t+
L.
S(W = 2 . 7t.
0
(i + 2)2 + 2
also
(m .coth( J2 7t) - ! - ~) =
Sie wird induktiv bewiesen:
~)
.)
2
1. . h'
I ro = '6 = '3 1St nc tlg.
= 7t . (J2 . 7t . coth( J2 7t) -
ii) Es gelte rj =.,
/..1+ 6'
1- +
Ferner ergibt sich durch gliedweise Differentiation
der Summenformel (8) - sie ist wegen der gleichmaBigen Konvergenz erlaubt - nach kurzer Rechnung
iii) Wir setzen dies in (6) ein und erhalten
2 . ( P + 2 . i + 3)
2
rj+ 1 = i4 + 8i3 + 26i2 + 40i + 33 = i 2 + 6i + 11 =
2
.
.
i
2.a
1
- k - 1 (a 2 + k 2)2 = a 3
7t3
7t
-
2a2 . coth(a 7t) + 2a .
. coth'(a 7t), a;e 0, d. h.
11
(i + 3)2 + 2 ' wle es sem so .
Daher lauten die (rationalen) Kreismittelpunkte
i· (i + 4)
4 . (i + 2) )
M, = ( (i + 2)2 + 2' (i + 2)2 + 2 ,i ~ O.
b) Die gesuchte Ortslinie ist wegen AMI + DM, =
= (2 - rJ + (1 + rJ = eine Ellipse mit den Brennpunkten A und D.
Genauer: Aus (4) und (5) ergeben sich (bei Unterdriickung der Indizes)
I- x
I-x
Mit a .. 2 erhalt man daraus uber
7t 2
2+x
1
r= - 3 - undf = 8· - 3 - ' - 3 - ' d. h.
-8-'8
8X2 + 8x + 9y2 = 16.
fur die Gesamtsumme SeA) aller Kreisfiachen
Also:
~
. (x+
;}+.f
=
00
1, d. h.
SCA) = 7t.
Yz, 0)].
ell[a=%, b= 2, M(-
7t . COt7t z =
L. ~k'
z-
k, Z
1
-
Z
00
+
L.
k-J Z
z€ C\Z, d. h.
2z
2
-
1
00
rl" 4 . 7t.
L.
k -2
(F
+
2)2 d. h.
7t2
2 . 7t
SCA) = 7t. ("2' coth 2( 27t) + - 4 - . coth( 2 7t)-
c) Dieser Teil der Aufgabe bereitete (wie die den
LOsungen beigefugten Kommentare andeuten) einiges
Kopfzerbrechen, wenn man sich nicht bloB mit Naherungswerten der gefragten Summen zufrieden geben
wollte. Urn ihre genauen Werte zu bestimmen, sei zuerst an die aus der Funktionstheorie wohlbekannte
Partialbruchentwicklung der Cotangens-Funktion erinnert, namlich
7t . COt7t z =
.L.
, -0
k" z € C\Z
-
(7)
2
_ 7t
2
_
17)
18'
. Die entsprechenden numerischen Werte sind
6,631208 und SeA) := 0,53191944.
sell) =
Weitere bemerkenswerte Ergeb"isse:
1) Forlsetzung der Kreiifoige (kj , i:::: 0) "nach hinten". Dabei ergibt sich die symmetrisch zur x-Achse
liegende Folge (k" i E Z), in der M _ 2 auf der x-Achse
liegt und k _2 kongruent zum inneren Kreis kist, also
Die Reihe konvergiert auf jeder kompakten Teilmenge von C\Z absolut und gleichmaBig. (Sehr
schone Oberlegungen zu diesem Thema, wenngleich
nur im reellen Fall, finden sich im Paragraphen 5 des
Kapitels V im Buchlein [21, das in keiner Lehrerbibliothek fehlen sollte.)
Mit der Substitution z = i . a, a reell, erhalt man
schlieBlich aus (7)
1
7t
1
k~l a 2 + k 2 = 2a . coth(a 7t) - 2a2' a;e 0
(8)
00
a = 2 Iiefert
kt
k21+ 2 =
m.
coth(J2 7t) -
!.
Deshalb betragt die Gesamtsumme S(U) aller Kreisumfange
38
Wissenschaftliche Nachrichten . Marz!April 2001
2) Beriihrpunkte. Man rechnet unschwer nach, dass
gelten:
• kn beriihrt den inneren Kreis im rationalen Punkt
(n + 2)2 - 4
Tn ( (n + 2)2 + 4 '
4n + 8 )
(n + 2)2 + 4 ' n € Z.
Dann erhalt man (mit Oberlegungen wie vorher) fur
kn:
.
c(c- 1)
* RadIUs rn = n 2 (c-l)2 + c
.
* Mlttelpunkt Mn =
• kn beriihrt den auBeren (aus dem rechten Sechstelkreis fortgesetzten Kreis k (mit Radius r = 2) im
iii
·
((n + 2)2 - 3
4n + 8 )
ratJonalen Punkt Til (n + 2)2 + l' (n + 2)2 + 1 ' n€ Z .
• kn beriihrt kn+ I im rationalen Punkt
(Zrr+ l 0n+5
'-ZIT +
IOn +
BII
8n+20)
17' 2,r +
IOn +
17 '
n
€
Z.
(n2 (c - 1)2_ c
2c(c - l)n )
n- c - 1)2 + c , ·n 2 ( c - 1)2 + c '
Kreis g mit Radius r
?
=
(
2c
c + 1 und Mittelpunkt
1- c ~
(= Potenzzentrum) Z ( c + l' 0)'
't. aber auch die Summen S(U) und SeA)
• Iiegt nicht symmetrisch zur x-Achse, schneidet (oder
beriihrt) sie aber, etwa
3) Ein weiterer Kreis. Die Beriihrungspunkte Bn Iiegen auf dem Kreis g mit dem Mittelpunkt
Z
~ ~, 0) und Radius
: .
AuBerdem schneidet g jeden Kreis kn rechtwinkelig.
Deshalb ist Z das Potenzzentrum aller Kreise kll, n € Z.
4) Vergrofterung von k in x--Rich tung, so dass
Kreis ko der Folge (kj , i € Z)
r = c > 2. Der "mittlere"
• Iiegt symmetrisch zur x-Achse, etwa
In diesem Fall bleiben nahezu aile Fragen offen,
weil die entsprechenden Terme unilbersichtlich ("unrechenbar") werden.
Ein "weites Feld" fur verschiedenarlige Untersuchungen steht also offen! (Bitte mich ilber etwaige
Fortschritte zu informieren. Ich berichte dann gerne
dariiber.)
Herzlichen Dank an Peter Schorgenhumer fur die
wunderschonen (Computer-)Zeichnungen!
Zwei abschlieknde Bemerkungen
a) heuristischer Arl: Wie kommt man auf die
Cotangens-Formel (7)? Eine Plausibilirarsilberlegung
im Geiste Eulers oder Ramanujans.
Die Funktion fez) = sin1t z hat genau die Nullstellenmenge Z. "Deshalb" muss (in Erweiterung des
Vietaschen Satzes) gelten fez)
=
A..
n
k.Z
(z - k) mit
einer bestimmten Konstanten A.. "Also folgt" log«(z»
=
logA. +
L.
I... z
log(z - k) . Durch Differentiation "ergibt
U
sich schlieBlich die Darstellung (7).
Narurlich ist daraus unmittelbar kein Beweis abzuleiten, weil fez) die Produktentwicklung
fez)
=
1t z·
fI ~ - k-~) hat!
k - I \:
b) (kunst-)historischer Arl: Ein besonders schones
gotisches Rosettenfenster mit dem Beginn einer Kreisfolge wie in unserer Aufgabe befindet sich in der burg-
Wissenschaftliche Na hrichtcn . MiirzlApril 2001
39
undischen Kathedrale von Sens. (Dazu und zu vielen
weiteren Aspekten der "zivilisierten" Geometrie empfehle ich das jiingst erschienene Buch [11, das wegen
seiner hervorragenden Ausstattung leider nicht ganz
preiswert ist.)
Paarungen 0, 2), (3, 4) und 0, 5) stattfinden. Dann
muss das vierte Spiel
1) (2, 3) oder
Ii) (2, 4) sein.
ad 1). Man erhalt dann unsehwer das folgende Verlaufsdiagramm fur die mogliehen Spielplane.
Literatur
(
III J. L. HEILBRON, Geometry Civilized (History, Culture, and
2)
1
(3 4)
1
Technique). Clarendon Press Oxford 1998.
[21 M. KOECHER, Klassische elementare Analysis. Birkhiiuser
Verlag Basel Boston 1987.
(\5)
Aufgabe Nr. 72:
a) An einem Turnier nehmen funf Mannschaften
teil. (Dabei spielt jede Mannschaft genau einmal gegen
jede andere.) Weil nur ein Spiel platz zur Verfugung
steht, mOssen die einzelnen Spiele hintereinander
stattfinden. Dabei soli keine Mannschaft in zwei aufeinanderfolgenden Spielen eingesetzt werden.
1st es moglich, einen Spielplan aufzustellen, so dass
keine Mannschaft des ersten Spiels auch im letzten
Spiel antreten muss?
b) • {Open-end-TeilJ Man untersuche auch analoge
Fragestellungen.
(Barbara DUNSER, WRG Ursulinen, und W. J.)
(2, 3)
~
~
(\ 5)
(1, 3)
(2 5)
/
/
1
(1,3)
(2l.4)
(2l.5)
(\5)
(\ 4)
.k" ........,..
(\4)
(\5)
0l.4)
(\5)
(\5)
(2, 5)
(2, 4)
0,4)
(315)
(\4)
(1 ,3)
.k" ........,..
(2l.5)
(\5)
Richtige Losungen sind eingegangen von:
Johann BRANDSTETTER (BG X, Wien) , Johann
DORFMEISTER (BG Amstetten), Franz GAMMER (Collegio del mondo unito, Duino [TSl, Italien), Stefan
GOTZ (Univ. Wien und Akad. Gymn. Wien) , Peter
GROBNER (HIB Boerhaavegasse, Wien) , Alexandra
GRUBNER (G 19, Wien) , Herbert HAMETNER (Gallneukirchen), Michael HOFBAUER (BRG Steyr), Andreas HORTNAGL (Akad. Gymn. Innsbruck), W. J.,
Wolfgang KIRSCHENHOFER (Herzogenburg), Wilfried
B. KURAN (BG/ BRG Scharding), Otto PREM (BHAK St.
JohannlPg.), Helmut SCHMITZ (Grg XIX, Wien) , Kurt
SCHOISSWOHL (Akad. Gymn. Innsbruck), Peter
SCHORGENHUMER (BORG Grieskirchen), Thomas
TERENYI (Akad. Gymn. Wien [SchOler]) und Johanna
TIBAUDO (Innsbruck).
ad Ii), Dieser Fall verlauft symmetriseh zu Fall i).
[Als kleine Ubungsaufgabe Oberlege man sieh folgende Werte:
• Dafur, dass keine Mannsehaft in zwei Spielen hintereinander eingesetzt wird, gibt es 240 versehiedene
Spielplane ,
• dagegen gibt es 10 . 3 . 8! = 1 209 600 versehiedene Spielplane, wenn keine Mannsehaft des ersten
Spiels auch im letzten eingeteilt wird.l
b) Auch fur drei bzw. vier Mannschaften lasst sich
kein Spiel plan analog zu a) aufstellen. Dagegen ist
dies bei seehs oder mehr Mannsehaften immer mogIieh, wenngleich wegen der Anzahl der Spiele sieher
nicht realisierbar.
a) Die Antwort auf die gestellte Frage lautet "NEIN".
(Dieses Problem ergab sich aus der Praxis [an unserer
Schule] im Zusammenhang mit einem Handballturnier
und den UnmutsauBerungen der Mitglieder einer
Mannschaft.
Ein moglicher (von vielen Einsendern) beschrittener
Losungsweg besteht .. im Abklappern" eines Baumdiagramms. (Diese Methode wurde als "unerfreulieh unelegant" o. a. empfunden. Das finde ieh nieht. Der Hinweis auf einen rein graphentheoretischen Beweis
blieb uneingelost. Wer hilft in dieser Richtung weiter?!)
Es seien I, 2, 3, 4 und 5 die beteiligten Mannschaften. O. B. d. A. sollen in den ersten drei Spielen die
AbschlieBend moehte ich noeh auf einige Druekfehler hinweisen, die sich in meinen Beitrag "Eine Vermutung von Euler- der Satz von Jacobi " [Wiss. Naehr.
113 (JulllAugust 2000), 25-26} eingeschlichen haben.
• p . 25, reehte Spalte:
· .. die Bilder jener Argumente a in den Ursprung,
d . h. es ist x(a) = 0, ...
· .. bedeutende Erkenntnisse u. a. Ober die f-und
~-Funktion . ..
• p . 26, linke Spalte:
· . . und in der Foige zu vielen Fragen Ober eindeu!!ge Faktorzerlegungen in Ringen
Z[N dJ, dE N\{O}, die erst ...
40
• ••
Wisscnschaftl iche Nachrichtcn . Marz/April 200 1
PHYSIK, ASTRONOMIE
Dr. Christian wolny
Weltraumreisen
und das Zwillingsparadoxon
Em. o. Univ.-Prof Dr. Ferdinand Cap
Institut rur theoretische Physik der Universitat Innsbruck
Utopische Filme im Fernsehen regen immer wieder
die Frage an, wie es denn wirklich mit dem sogenannten Zwillingsparadoxon stehe. Filhrt die Behauptung der speziellen Re!ativitatstheorie, daB bewegte
Uhren langsamer gehen, wirklich zum Zwillingsparadoxon?
Unter dem Zwillingsparadoxon, meinst besser Ubrenparadoxon genannt, versteht man die folgende Behauptung: man betrachtet zwei gleichaltrige Zwillinge
A und B. Zwilling A bleibt auf der Erde und B macht
mit z. B. 9SOAl der Lichtgeschwindigkeit c wahrend 10
Erdjahren = dt eine We!traumreise. Wahrend dieser
Reise sind also auf der Erde 10 Jahre vergangen und A
ist daher um 10 Jahre gealtert, Zwilling B hingegen alterte infolge der relativistischen Zeitdehnung viel weniger. Man erhalt
dt' = dt VI
- til e! - dt· 0,1989.
Die Weltraumreise des Zwillings B
Wir wollen nun zunachst untersuchen, wie denn die
Weltraurnreise des Zwillings B vor sich gehen konnte.
Da sein Weltraumschiff Geschwindigkeiten nahe der
Lichtgeschwindigkeit c erreichen soli, muB die Fahrt
seiner Rakete durch die relativistische Bewegungsgleichung beschrieben werden [8, 9, 12, 13, 19, 20]. Wir
wahlen die folgenden Bezeichnungen. Es sei mQJ(t) die
von der Zeit, aber nicht von der Geschwindigkeit u 1
der Rakete abhangige Ruhmasse und der Index 2 beziehe sich auf die yom Weltraumschiff mit der Geschwindigkeit Uz ausgestoBenen "Auspuffmassen" (aTeilchen, Photonen) triuz(t). Dann lautet der relativistische Satz von der Erhaltung des Gesamtimpulses
(1)
B ist also nur um 1,9 Jahre gealtert und somit vie!
jilnger als A.
Abgesehen davon, daB 98% der Lichtgeschwindigkeit von einem Weltraumschiff trotz "WOK-Antrieb
und Antimaterie-Zerstrahlung" niemals erreicht werden konnen, stellt sich die Frage, ob die Zeitdilationsforme I (1) richtig ist und experimentell bewiesen werden kann. Dies ist tatsachlich der Fall. ,u-Mesonen haben eine Halbwertszeit von 2 . 1O~ sec und machen
auf der Erdoberflache etwa 90% der gesamten Hohenstrahlung aus. Die Erdoberflache erreichen sie aber
nur deshalb, weil sie infolge ihrer groBen Geschwindigkeit eine Zeit dilatation nach (1) erfahren [21). Ohne
diese waren sie wahrend ihrer Flugzeit in der Erdatmosphare schon langst zerfallen, bevor sie ankamen.
Allerdings ist zu beachten, daB die ,u-Mesonen im Bezugssystem des irdischen Beobachters nicht auf Ruhe
abgebremst werden. Beim Zwillingsparadoxon ist es
aber anders - B steht neben A, beY~r er beschleunigt
abreist und kommt beim Altersvergleich durch Bremsung des Weltraumschiffes zur Ruhe neben A. Erst
dann findet der Altersvergleich statt.
Die spezielle Relativitatstheorie ist nur rur mit konstanter Geschwindigkeit relativ zueinander bewegter
Bezugssysteme zustandig. Dies trifft rur die ,u-Mesonen
zu, aber nicht rur die Zwillinge, da B ja von Ruhe neben seinem Bruder auf 98% der Lichtgeschwindigkeit
c beschleunigt werden soli. Betrachtet man zwei relativ zueinander beschleunigte Bezugssysteme, so ist die
Wissenschaftliche Nachrichlen . Marz/ April 2001
allgemeine Relativitatstheorie zustandig und das Zwillingsparadoxon wird aufgelost [2, 8, 10].
o.
(2)
triul und moz sind deshalb Funktionen der Zeit, da
sich die Ruhmassen triul bzw. mOl der Rakete bzw. des
Treibstoffes durch den AusstoB der Treibstoffmassen
verandern. Die Raketengeschwindigkeit tll(t) ist infolge der gewilnschten Beschleunigung eine Funktion
der Zeit, wahrend die Auspuffgeschwindigkeit t/,z am
sich als konstant angenommen werden konnte. Bei
der hier besprochenen Reise des Zwillings B ist jedoch
vorzusehen, daB die Antriebskraft zunachst das Schiff
beschleunigt, dann verzogert und nach kurzem Stillstand am Ende der Reise das Schiff in die entgegengesetzte Richtung beschleunigen und dann abbremsen
muB, damit es neben dem seit 10 Jahren wartenden
Zwilling A wieder zur Ruhe kommt. Diese Antriebskraft Fist qualitativ durch F = w . dm/dt bestimmt. w
sei die Austrittsgeschwindigkeit der ausgestoBenen
Treibmassen relativ zur Rakete. Da F bei Erreichung
des fernen Weltraumzieles zwecks Heimkehr zum
Zwilling A sein Vorzeichen wechseln muB, dm/dt aber
nie sein Vorzeichen wechseln kann, muB die Steuerung des Weltraumschiffes so erfolgen, daB w(t) bei
Erreichen des Weltraumziels sein Vorzeichen andert,
z. B. durch Drehen der Rakete um 1800 und am Ende
der Reise bei der Landung auf Null geht.
Nach dem relativistischen Additionstheorem der Geschwindigkeiten gilt dann
41
(3)
oder nach kurzer Zwischenrechnung die Raketenbewegungsgleichung in der Form
dUI
Zur Ableitung der relativistischen Bewegungsgleichung des Weltraumschiffes benatigen wir nun noch
den relativistischen Satz von der Erhaltung der Energie:
mOl (t)c2)
d (
dm02(t) . c2
Yl _ uf(t)/ c2 + Yl _ tl~(t)/c2 o.
(4)
Wir fUhren nun in (4) den DifferentiationsprozeB
durch und erhalten nach Urnformung
(5)
mOl
c2 - UI W
dt' . .v/1
(7)
uf) w
2/
?
ttl C-
1110(0) =Ma ,
(15)
=M",
(16)
mo(t)
Ma ist die Startmasse und Me die Landemasse nach
Vollendung der Reise. Welche maxima Ie Reisegeschwindigkeit U kannte nun das Weltraumschiff erreichen? Durch Umformung von (14) erhalt man
dmo
rn; =-
du
w(1-1r I 2) '
(17)
vgl. auch (24). Integration ergibt
1
In rno = -
und
dt
erhalten. Diese Gleichung bestimmt die Geschwindigkeit UI(t), wahrend die GraBen mol(t) und w(t)
noch frei wahlbar sind. Wir lassen nun den Index 1
weg.
GemaB den Reisebedingungen muB die Massenfunktion der Rakete die folgenden Bedingungen erfiillen, wobei wir mit 'l" die wahrend der Hin- und ROckreise, einschlieBlich der Start- und Landezeit verflossene Zeit bezeichnen:
wobei wir nun immer das Zeitargument t weglassen
und die AbkOrzung
eingefUhrt haben. In gleicher Weise erhalten wir aus
dem Impulssatz (2) das Ergebnis
(c2 ...V /1 -
dmol
_ Ui
. .21 / c....2 = -
"2 w In
C
C+
C_
UI
UI
+ const.
(18)
Eine BerOcksichtigung von (15). (16) Iiefert die
magliche maxima Ie Reisegeschwindigkeit
(8)
Man bemerkt, dass AI und A2 nur von den GraBen
mit dem Index 1 abhangen. Urn nun die GraBen mit
dem Index 2 vallig zu eliminieren und so zu einer Bewegungsgleichung fUr die Masse mOl zu gelangen, ziehen wir das bisher noch nicht verwendete Additionstheorem (3) heran und bilden die ebenfalls riur von tll
abhangigen Terme
1
Yl- uY c2
1- ulw/ c2
= Yl- uJ/ c2 Yl- tti/ c2
==BI
(9)
und
~
W-UI
Yl- uV 2 = Yl- uJ/ 2 Yl- ui/ 2 == ~ (10)
Damit kannen wir nun die Gleichungen (5) und (7)
in der Form
(11)
und
(12)
A2 = - dm02 . B2
schreiben, so daB wir nach Elimination von dmo2
(13)
42
1-(~r~'C
U=-
C
1+
(M )2UVC
-
(19)
p
Ma
Offensichtlich steht fUr den Antrieb eines Weltraumschiffes nur das ROckstoBprinzip zur VerfUgung, wenn
auch Ober eine Beschleunigung durch im Weltraum
vorhandene elektromagnetische Felder nachgedacht
wird (FERMI-Beschleunigung u. a. [11]). Die mittels
des ROckstoBprinzips erzielbaren Geschwindigkeiten
einer Rakete wurden mehrfach untersucht, schon 1923
hatte sich EINSTEIN mit der Photonenrakete befaBt
[12, 13, 91. Sei e der Bruchteil von eM", der in Antriebsenergie Me2 verwandelt wird, und wird mit bM~
die insgesamt ausgestoBene Treibmasse bezeichnet, so
gilt wegen der Impulserhaltung die Bedingung
~ = J1- (_b_Y.
(20)
Ferner gilt die Massenbilanz
Ma= M~(1 + e + b).
( 21)
Fur eine Photonenrakete (w= c, b= 0) gilt dann
UPh =
C
1 - (1
+ e)·2
(22)
Wissenschaftliche Nachrichten . Miir7j April 200 I
Die Gro~ E Iiegt durch die Art des Raketenantriebs
fest (chemisch [14], Plasma [11], nuklear durch Spaltung [15, 16] oder Fusion [11, 16], Materie-Antimateriezerstrahlung, z. B. Ansaugen von Antimaterie aus dem
Weltall). Fur durch Kernspaltung getriebene Raketen
gilt E ~ 0.01 [13, 151. Damit erreicht man eine Endgeschwindigkeit Ve = 0,00995 c, also nicht einmal ein Prozent der Lichtgeschwindigkeit! Was muBte man tun,
urn 990Al der Lichtgeschwindigkeit zu erreichen (Zeitdilatation 1 : 7)? Dies ware nur bei vollstandiger Antimaterie-Materiezerstrahlung denkbar. So mUBten z. B.
von einer Startmasse M" = 14 Tonnen rund 13 t komplett zerstrahlt und fUr den Antrieb verwendet werden.
Wir Menschen werden daher wohl auch in ferner
Zukunft kaum Reisen zu Fixsternen oder gar zu Galaxien unternehmen konnen. Schade, aber die Naturgesetze gestatten es nicht.
Wir wollen aber in dieser kleinen Arbeit unabhangig von einer Realisierung solcher Weltraurnreisen das
ZwiIlingsparadoxon untersuchen.
Urn die Bewegungsgleichung (1 4) integrieren zu
konnen, benotigen wir die zwei Funktionen n1o(l) und
Damit auch die Landungsbedingung erfullt werden
kann, muB offensichtlich die Funktion g(t) die Eigenschaft
(29)
g(O) =g(r)
besitzen. Dies ist die einzige Einschrankung fur die
sonst frei wahlbare Funktion w(t). Setzt man (28), (29)
in (27) ein, so sieht man leicht, daB die Bedingungen
u(O) - u(r) = 0 erfullt werden.
Weiters muB auch w(t) die Forderung
(30)
w(O) = w(r) = 0
erfullen. Wir wahlen daher den (30) erfullenden Ansatz
(31)
Ub ist eine von der Art des Raketenantriebs abhangige konstante GroBe. Damit erhalt g(t) die einfache
Form
w(t) .
In Dbereinstimmung mit 15) und (16) mach en wir
den Ansatz
M,,-Me
1710(1) =
r
t + M,,,
d l11o(t)
df
Setzen wir dies in (14) ein, so erhalten wir nach kurzer Rechnung die bemerkenswert einfache Bewegungsgleichung
(32)
=
(23)
was (29) erfullt. Damit erhalt man nun als Losung
der Bewegungsgleichung (24)
ex p (
du
M,,-M,. (1
'I ')
171o()
td!=
r
-we-w.
(24)
u(t) =
M" - M,. 2Ub sin22m) - 1
r
1rC
C
ex p ( M" - Me 2 Ub sin 2
1rC
Durch Trennung der Variablen erhalten wir daraus
,
(33)
r
wobei die Identitat
du
M,,-M,.
l - lN c! =
r
w(t)dt
(25)
. , a
1 -cos a= 2sm-
Z
!V!a - M" - Me f
r
(34)
verwendet wurde. Aus (24) erhalt man nun auch die
zeitabhangige Kraft F(t), die das Weltraumschiff beschleunigt:
Die Iinke Seite laBt sich leicht integrieren:
C ( 1l-lIl
+ til C)
c +COl1st =
du
c!
f l-LN
2m) + 1
= 2'ln
F(t) =
.M,,-Me
r
2m (
M,,-Me )
Ubsin-r-· M,,r
t.
w(t)
M,,-
M" - Me dt"" g(t).
r
t
(26)
Damit erhalt man fur die Geschwindigkeit der Rakete
u(t) =
C
exp(2g(t)/c+ canst) -1
exp(2g(t)1C + canst) + 1
(27)
Da beim Start der Rakete zur Zeit t = 0, die Anfangsgeschwindigkeit u(O) = 0 und bei der Landung
zur Zeit r ebenfalls 1I (r) = 0 gilt, konnen wir die Integrationskonstante in (27) berechnen:
canst =- 2g(0)/ c.
Wissenschaftli he
achrichten' Marz/ April 2001
(28)
Wie FOCK [8] gezeigt hat, ist die von ANDERSON [4]
nach SCHILD [17] und auch im INTERNET [18] verbrei tete Deutung des Zwillingsparadoxons nicht zulassig, da die Zeitdilatationsformel (1) fur beschleunigte
Bezugssysteme nicht mehr gilt. Die Auflosung des
Zwillingsparadoxons kann daher [2, 8, 9] nur im Rahmen der allgemeinen Relativitatstheorie behandelt
werden.
43
Die allgemeine Relativitatstheorie
In der speziellen Relativitatstheorie sind nur LORENTZ-Transformationen zugelassen, die bei unbeschleunigter Bewegung zu (1) fUhren. In der allgemeinen Relativitatstheorie sind allgemeinere Transformationen gestattet, die das vierdimensionale Linienelement ds konstant lassen. Unter Verwendung des metrischen Fundamentaltensors g,ix), i,k", 1 ... 4 erhalt
man
Der EinfluB einer Beschleunigung
auf den Gang einer Uhr
Vorher wollen wir nun zur Frage Stellung nehmen,
wie eine beschleunigte Bewegung einer Uhr auf ihren
Gang wirkt. Betrachtet man eine eindimensionale Bewegung, dann fUhrt die Transformation
X'=!(X,t), y'=y, z'=z, t'=g (x,tJ
(41)
'I
d~ =
I
(36)
glkdxidx",
i,k-1
wobei die tiefstehenden Indizes covariante und die
hochstehenden Indizes contravariante GraBen bezeichnen ("covariant mal contravariant - invariant").
Da die vierte Koordinate ublicherweise als X4 '" et
(oder iet) definiert wird, kann man die in dem durch
glk definierten System S verflossene Zeit ausrechnen.
Bewegt sich ein Karper K im System S in beliebiger
Weise vom Punkt PI zum Punkt P2 , so ist die in K verflossene Eigenzeit r (fallt nicht mit der physikalischen
Zeit t des Systems S zusammen!) gegeben durch [1, 9)
Wenn der Obergang von Bezugssystem S mit den
Koordinaten ~, i = 1 ... 4 zu einem anderen beliebig
bewegten Bezugssystem S' mit den Koordinaten X',
und dem Tensor g~p berechnet werden soli, dann gilt
die Transformationsformel
vom irdischen System S zum kraftfreien mit dem
Weltraumschiff verbundenen (starren, nicht elastisch
deformierten) System S'. Seine Koordinatenlinien werden durch (39) und seine Metrik durch
beschrieben. 1m System S hingegen gilt
Den letzten Term im (43) kann man als Abhangigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Gravitation oder
als EinfluB der in g44 steckenden Beschleunigungen
auf den Gang einer Uhr interpretieren. Durch jungste
Experimente (Verhalten eines senkrecht von der Erdoberflache emittierten und reflektierten elektromagnetischen Strahls [22) oder Vergleich der Zeitanzeigen
von vier genau gleichen Casiumuhren: 2 auf der Erde
stehend, eine westwarts, die andere ostwarts auf einem Flugzeug herum gefuhrt etc.) ist dieser EinfluB
experimentell bewiesen.
Die Aufl6sung des Uhrenparadoxons
(38)
(Bezuglich eingehender Erklarungen und detaillierter Ableitungen soil der Leser auf die Literatur verwiesen werden [1-8]).
In der Metrik (38) der allgemeinen Reliativitatstheorie erhalt man fUr einen Massenpunkt mit der Masse 1
die Bewegungsgleichung einer beschleunigten Uhr in
der Form (z. B. [2, 9])
Nach FOCK [8) bzw. TOLMAN [2) referieren wir nun
uber einen Beweis der Auflosung des Uhrenparadoxons. Dazu benGtzen wir d~ in NEWTON'scher Naherung und betrachten das Inertialsystem S, in welchem
Zwilling A bzw. die Uhr A ruht. Dann gilt in (43)
gIl = 1 und aus der allgemeinen relativistischen Bewegungsgleichung (39) erhalten wir nach einiger Zwischenrechnung [2) das NEWTON'sche Bewegungsgesetz in der ungewohnten Form
(44)
In der gewohnten Form lautet das Bewegungsgesetz
Die Kurven xk(r) beschreiben in der durch (38) gegebenen Metrik geodatische Kurven, die die maglichen Bahnen eines Weltraumschiffes beschreiben. Die
n, sind die CHRISTOFFEL Symbole
rkl - .!.2 '"
L. g
I
1m
(dg,,,,i
dg'm
dX + dX i
-
dgkl )
dX'" .
(40)
11/
Ein exakter, also nicht naherungsweiser Beweis der
Auflasung des Uhrenparadoxons ist aus (39) durchs
Vergleich mit (35) prinzipiell maglich, aber sehr kompliziert. Dem Verfasser sind auch nur linearisierte Losungswege bekannt, die nach [8, 10, 2) we iter unten
referiert werden.
44
wobei U nun das statische NEWTON'sche Gravitationspotential ist. Mit X4 '" et erhalten wir durch Gleichsetzen von (44) und (45) die (genaherte) physikalische
Bedeutung von g44
(46)
wobei die auftretende Integrationskonstante -1 gesetzt wurde. Da wir in NEWTON'scher Naherung
(11« c) den Beweis fuhren und da ds = edt fUr einen
Wis.~e nsc haftlic hc
Nachrichten . Mar;)April 2001
ruhenden Beobachter gilt, schreiben wir 0) in der
Form
2dt'2 = ciS = 2 dr (1 - lN 2)
(47)
oder fur u« e
edt'= edt \11- u 21c2 = edt (1- u 2/ 22).
(48)
und erhalt so die durch Gravitationspotentiale bedingte Zeitdilatation bzw. Zeitkompression, welche
das Uhrenparadoxon aufheben. Dies gilt allerdings
wegen der verwendeten Naherung nur "anschaulichqualitativ" und nicht quantitativ.
1m Rahmen der hier betrachteten NEWTON'schen
Naherung kann man die Betrachtungen noch we iter
verfeinern. Man kann z. B. uber das Potential U weitere Annahmen machen, etwa [8]
Nun betrachteri wir eine im System S ruhende (dx =
dy = dz ~ 0) Uhr. Aus (48) und (46) sowie der Tatsache, dass der genaherte Ausdruck fur ds fur U ~ 0 in
U= Lb
U=Uo+g(xl-x)
(48) ubergehen muB, folgt der genaherte Ansatz
edt' = edt (1 - 1(2/2 2 - UI 2).
(49)
Daraus ist ersichtlich, daB ein Gravitationspotential U
die Zeitdilatation der speziellen RelativiUitstheorie auch
schon in roher NEWTON'scher Naherung verandert:
der spezielle relativistische Ausdruck (1) bzw. (47) ist
durch (49) zu ersetzen. Die Forme! (49) fuhrt wegen
der auf der Sonne und uberdichten Sternen herrschenden Gravitation zu einer experimentell bestatigten Rotverschiebung der von bekannten Elementen auf der
Sternoberflache emittierten Spektrallinien [4, 8J.
Formel (49) stellt nun die Basis fur die Auflosung
des Uhrenparadoxons dar. Wir betrachten dazu ein
Inertialsystem, in dem die Uhr A ruht. Wenn zwischen
dem Zeitpunkt, an dem die Uhr B sich zu bewegen beginnt und dann nach der Bremsung wieder neben Uhr
A zum Ruhen kommt, die Zeitspanne -r verflossen ist,
dann gilt zunachst fur die sich im Potential Lb befindliche ruhende Uhr A (u = 0) fUr die inzwischen verflossene Zeit -rA nach (49)
(50)
rur x< XI
rurx>xlo
(55)
wobei g eine Konstante ist. Ruht Zwilling A im Koordinatenursprung X = 0 und bewegt sich B zunachst
mit konstanter Geschwindigkeit lIo und dann beschleunigt langs der x-Achse, so gilt fUr seine Koordinaten
fUr t< tl
X= ti{)I,
x= XI
+ lIo(t-
II) -
x= XI
+ lIo(t-
II)
1
z g(t -
,
tl )-,
fUr tl < t< t2
fUr t> tl .
(56)
Zwilling B passiert somit auf dem Hinweg den
Punkt XI zur Zeit 110 wahrend er auf dem Ruckweg XI
zur Zeit 12 erreicht. Da fUr I < II die Begegnung mit
konstanter Geschwindigkeit Llo erfolgt und eine Beschleunigung durch das Potential U - Lb erst im Bereich x> XI auftritt, gilt
Dabei ist nun r = t2- I I die Dauer der gleichmaBig
beschleunigten Bewegung. Da der Zeitpunkt, an dem
B zum Punkt X = 0 zurUckkehrt, also wieder neben A
steht, durch -r gegeben ist, muB gel ten
Fur die bewegte Uhr B gilt jedoch wahrend derselben Zeitspanne
(58)
(51)
Urn nun die Altersdifferenz -rA - -rB der beiden Zwillinge zu berechnen, verwenden wir (53) und (54). Man
erhalt [8]
Das bedeutet nun, daB die Uhr B gegenuber der Uhr
A urn den Betrag
(59)
(52)
nachgeht. Sei nun lio die Geschwindigkeit der Uhr B
an jener Stelle (Erdoberflache), an der U= Lb, dann gilt
naherungsweise der NEWTON'sche Energiesatz
1
1
1
>
ZW-ZUij = U- Uo.
(53)
Damit kann man (52) umformen in
-r,I--rn=
~ r(~ tto+2U-2Uo)dl
Wissenschaftliche Nachri hten . Mii r7./ April 2001
(5 )
Daraus folgt -rA = -rB, d. h. die zwei Zwillinge sind bei
der Ruckkehr von B gleich alt, wenn die Beschleunigungsdauer r = 3-r/ 4 ist, wenn also in 3/ 4 der gesamten Reisezeit -r beschleunigt und verzogert wird.
Eine eX,akte Berecbnung
Wahrend das Ergebnis (59) auf der NEWTON'schen
Naherung beruht, muBte eine genauere Berechnung
von der LOsung (33) der relativistischen Bewegungsgleichung (24) und der allgemein relativistischen
Zeitanderung ausgehen . Die entsprechende Kraft (35)
45
milBte mit (39) verglichen werden, urn so. die gfk bzw.
die rtf zu gewinnen. Die Altersdifferenz . milBte dann
mit (37) bzw. mit einer vereinfachten Formel [8]
(60)
dt'= Ygoodt
(61)
berechnet werden. Der hierzu beni:itigte mathematische Aufwand ist jedoch kaum zu bewaltigen, auch
dilrften Mehrdeutigkeiten auftreten. Immerhin hat jedoch schon die naherungsweise Betrachtung plausibel
gemacht, daB es Weltraurnreisen geben kann, nach denen die beiden Zwillinge gleich alt sind, das Zwillingsparadoxon also aufgeli:ist ist.
Uteratur
[I) A. S. EDDINGTON. tbe Matbematical 7beOlY of Relativity.
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46
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[10)
WissenschaFtliche Nachrichte n . MaoJ Aprii 200 1
WIRTSCHAFfS- UND SOZIALGEOGRAPHIE
WIRTSCHAFfSINFORMATIONEN
Prof. Mag. Wolfgang Sitte - Dr. Christian Sitte
Englisch als Arbeitssprache (EAA)
als Chance den GWK-Unterricht an osterreichischen
Oberstufenformen auch allgemein weiterzuentwickeln
Resumee nach dem 4. Lehrerfortbildungsseminar des BMUK/Abt. II/ 3b, Dez. 2000.
IMPULSE - allch gerade fur nicht EAA-unterrichtende GWK-Lehrer - aus der Nutzung
der dazu erstellten Webseite am www.bildungsservice.at
Christian Sitte (Wien)
In einer ersten Welle der Lehrerfortbildung fi.ir EAA
in GW beschaftigten wir uns in den letzten Jahren mit
der Frage, welchen Nutzen wir aus britischen Schulbi.ichern ziehen konnten '). Herausgestrichen wurde
die Notwendigkeit, sich dazu auch mit Struktur und
Aufbau des britischen National Curriculums (NC) zu
beschaftigen2). Gerade seine forma Ie Struktur mit
nKey-Stages" (unser Interesse richtete sich jm Seminar
besonders auf KS 4 bzw. das GCSE-Anforderungsniveau) und fur diese Stufen, z. T. in ihren Anforderungen diese Stages i.iberlappend formulierte "levels",
konnten uns fur weitere Lehr(plan)arbeit wichtige Impulse geben. So waren darin als wertvoller Impuls gerade die (in unseren GWK-Lehrplanen der Unter- und
Oberstufenformen3) ja praktisch nicht als konkrete Hilfen bzw. in aufsteigenden Niveauanforderungen dort
ausformulierten) "Skills" einen Blick auch fur unseren
Unterrichtsgebrauch wert (z. B. http://gca.org.uk/
keyskills/latest-position.htm). Ahnliches bieten im
tibrigen auch die "Geographical Standards", die man
i.iber www.nationalgeographic.com und nxpeditions"
weiterklickend, finden kann. In solche Unterlagen
sollten wir vor den nachsten Lehrplanrevisionen hineinschauen!
. Diese weit starker "Fertigkeiten" betonende Ausrichtung eines Geographieunterrichts spiegeln auch
die dazu erstellten Unterrichtsmaterialien wieder. Auch
im Zusammenhang mit der seit diesem Schuljahr yom
neuen Lehrplan 99 (vgl. Themenheft 7-8/2000 von
nErziehung und Unterricht", obv Wien) von den Lehrern geforderte Ausformulierung der "Erwejterungs~
reiche" (vgl. Ch. SITIE dazu in GW-Unterr. H.
82/ 2001) finden wir bei englischen Geo-Schulbi.ichern
Anregungen: Zur KS 3 ( = SI) Ausgabe von David
WAUGHs "Key Geographie", Bde. Foundations,
Connections, Interactions, gibt es genau abgestimmte
Bde. "Basics" bzw. nExtensions" beim Verlag St. Thornes (Homepage siehe spater). Als Ergebnis der sowohl
fachdidaktische als auch finanzielle Aspekte einbeziehenden Di kussionsprozesse der ersten EAA-Seminare, und urn dem dringenden Bedi.irfnis der Lehrerchaft nach Hilfen fOr die konkrete Arbeit in den Klas-
Wissenschaftlic:he Naduichten MiirL!April 2001
sen nachzukommen, tibernahm es der Berichterstatter
dieser Zeilen aus dem reichen Angebot zwei, diesen
Kriterien entsprechende Unterrichtswerke tiber die
Verlage Ed. Holzel bzw. OBV auf die (Gratis- Schulbuchliste zu bekommen·I) . Der "One-Volume Cours"
von WAUGH fungiert dabei als mehrjahrig verwendbare Basisausstattung, wahrend das Buch von BUNCE
mit seinen 16 Fallstudien, deren Materialzusammenstellungen jeweils mit dem Auftrag einer auszufiillenden/ auszuarbeitenden Rollenbeschreibung fur die
SchOler beginnen (0, ein sowohl inhaltlich als auch
methodisch reizvolles Erweiterungsprogramm bietet5).
Insgesamt zeigt sich immer wieder bei den Fortbildungsseminaren, dass auch andere, sowohl graphisch
als auch methodisch unseren (Oberstufen-) GWKBi.ichern weit vorausliegenden englischsprachigen Unterrichtsmaterialien6) nicht nur groBes Interesse weckI) Vgl. im Anikd SITrE Ch . FremdsprJchen in G"ogrJphi" - auch im bi-
2)
3)
4)
5)
6)
lingual"n Unt"rrichl hal d"r fachdidaklisch" Aspekl im Vord"rgrund zu
sld,,,n. In Wiss. Nachr. H. 106, Jann, 199B, S, 46-49 (vinuell auch abrun,ar uber di" dazu eingerichl"I" EAA-Linksammlung (Ch. SITrE,
Linksammillng 1999, updal" 2000, abrufu.tr
www.bildungsservice.atlfa ..cher/ e_a_a/geographie/ slan.htm)
Vgl. ZeilSchrift ,Teaching Gt:ography' (www.geography.org.uk) - Secial Featllr" Curriculum 2000 in H. 1/ 2000; RAHWLING, Tht: Nat. Curriculum - whal's nt:w? in: H. 312000; bzw, Themenhefl 412000 . Raising
Standards al 14-19" don auch zu IT; u, a, m, vinuell zum LP:
www.dfee.gov,uklindex.shlml, www,qca,org.uk, oder auch bei
hUp://www,edexcel.org_ukledexellhlml.nsf( pages/ Key+Slage+4
Vinucll sind aile oSlerreichischen LPt: abrun,ar uber das groge Internelponal hnp'//gweduhLat
Es sind dies 0, WAUGHs (New) Wider World - Th" one-volumt! GCSEcourse, von Nelson hzw. V. B NCs World geogmphy - Case Sludies,
von Cambridge University Press,
Auf der angefuhnen EAA-Linksammlung findel man dazu auch von
d"n bril. Verlagen ins Nelz geslellle Probekapilel zum Anschauen und
unterrichllichen NUlzen,
Dies gill auch ganz besonders fU r die fmnzosischsprJchigen Geogmphiebucher der lelzl,," Jahre, von denen es ebenfalls gelungen iSI diesmal uber den Verlag W"slermann-Wien - die. unsere z, Z, verfugbaren Schulbucher weil in den Schanen slellende Oberslufenserie
.G<?ogmphie, fur Lyeee in 3 &len", von Ch. Bouvel (betm Verlag Hahene), auf die oSlerreichische Schulbuchlisl" und damil fUr jede
Schule einfach beslellbar zu machen' Aueh sie konnte/ solhe in ihrer
gr.tphischen, inhahlichen und melhodischen Hinsichl ein Vorbild fUr
die dringend nOlwendige Weil" rentwicklung unSerer OberSlufenbucher in AHS und BHS sein! Die ,Spr.tchbarriere" sollIe da kein Hindernis sein, sich mil ihnen in Kreisen der Fachdidakltk , Arheilsgemd nschaflen usw. zu beschafligen
47
ten, sondern auch weit Ober den fremdsprachlichen
Sachfachunterricht (EAA in GWK) hinaus Ideen liefern
bzw. konkretisieren. Erganzt wurde dieser Schritt
durch die - von den Lehrern in den Klassen dringend
gewOnschte Beschaftigung mit englischsprachigem
Material fOr die "Osterreichklassen". Nach einem EAAGW Reader (Hg. BMUK Abt. II/ 3, 1999), fOr den in den
Seminaren durchgearbeitete englischsprachige geographische Artikel in Textbli:icke zerschnitten und mit
Fragen unterrichtsadaquat montiert worden sind, ki:innen wir seit Beginn des Jahres 2000 auf das englischsprachige Standardwerk von E. LICHTENBERGER:
Austria - Society and Regions (VerI. Osterr. Akademie d. Wissenschaften Wien [email protected]) als
Grundlage fOr einen geographisch anspruchsvollen
Geographieunterricht zurUckgreifen. Aus diesem Buch
wurde ein ca. 120 Seiten starker Basistext zur Osterreichklasse auf der S II beim Osterr. Bundesverlag zusammengekOrzt und zur Approbation beim BMUK im
Feb. 2001 eingereicht.
Der nachste S!=hritt wurde uns praktisch durch die
Entwicklung im englischsprachigen Raum schon vorgezeichnet: Die (mit 5 Banden in der KS3 = unsere Unterstufe, bzw. 2 Banden auf dem GCSE-Niveau der
KS4) von D. WAUGH herausgebrachte Serie "Key qeography", beim Verlag Stanley Thornes, wurde in den
letzten Jahren durch ein breites Angebot im Internee)
erganzt - man vergleiche nur die z. Z. daraufstehenden 12 Bereiche (mehrere Buchanhangseiten, aber
auch die Zeitschrift "Geo-File", umfassende, groBe und
informativ gestaltete Einstiegsseite ("Portal") www.
thornes.co. uk/secondary/geographylindex.htm.
Und hier setzten erste Gehversuche im Vorjahr
schon ein, und wurden heuer im Rahmen der Fortbildung ausgebaut - und sollen mit Hilfe (ROckmeldungen) der beteiligten Nutzer weiter wachsen:
Erfahrungen des Autors in der Fachdidaktikausbildung an der Universitaf) zeigten Vorteile (auch technisch nur ganz einfach gestalteter) Internetportale
aufl). Es lag also nahe, sowohl fOr den Lehrerfortbildungsbetrieb der EAA-Seminare des BMUKs, als auch
fOr einen Einstieg zu Nutzung des Internets im EAAGeographie-Unterricht in der Klasse eine LINKZUSAMMENSTEllUNG verfOgbar zu machen, die den
Kollegen die Arbeit erleichtern soil. Neben einem Quelltyp am Server meiner Schule steht heute eine schneller aufrufbare Variante dank der Initiative des dort werkenden Kollegen R. Wieser am Tiroler Bildungsserver
www.blldungsservice.atlfaecher.atle_a_a/geographie/index.htm (daneben gibt es eine Reihe direkt
als pdf-Files herunterladbare EAA-Arbeitsblatter sowohl beim "bildungsservice.at" (von Kol!. Trautsamwieser) als auch bei der wichtigsten i:isterreichischen
schulgeographischen Einstiegsseite "gw.eduhLat" (von
Koll. Hansen). Entstanden ist die oben angefOhrte
EAA-Linksammlung aus einer kurzen Zusammenstellung einiger groBer Einstiegsadressen, wie der oben
angefOhrten Seite von "thornes.co.uk", dem "Geography-Web-Ring", dem "Staffordshire Learning Net" und
einer Reihe von instruktiven und inhaltsreichen Lehrerhomepages10). 1m Herbst 2000 wurde begonnen,
neben Themeneinstiegsadressen auch passgenau zu
den Inhaltsteilen der Jahrgangs-Lehrplane von Geographie direkt dazu verwertbare Linkadressen fertiger,
internetgestOtzter Unterrichtseinheiten schon anzu-
48
fOhren (solche gibt es im englischsprachigen Raum naturgegebenerweise in viel gri:iBerer Zahl!).
Ein weiterer Abschnitt der EAA-LINKSAMMLUNG
versucht theoretische Hilfen und Mi:iglichkeiten zu
"Teaching and Learning" (mit dem WWW) virtuell
schnell abrutbar zur VerfOgung zu stell en. Dahinter
steht die, meiner Dberzeugung nach nun als nachstes,
auf breiter Lehrer(fortbildungs)front anzugehende/ zu
diskutierende Frage: "WIE" wir in der Klasse mit dem
neuen Medium zweckmaBig und methodisch effektvoll umzugehen werden haben - und das ist primar
eine methodische Fragestellung ll). Hier soli nicht nur
fOr einfach gemachte, passgenau zur eigenen Unterrichtsplanung vom Lehrer selbst zusammengestellte
Linkabfolgen prasentiert werden. Gerade die als eine
sehr weit verbreitete "Kutur" des Lernens mit dem Web
in den USA seit 1995 existierenden WEB-QUESTS I2 1
bzw. die auf britischen Servern stehenden (technisch
etwas einfacher, methodisch aber nicht weniger ideenreich, gestrickten) WEB-ENQUIRIES (z. B. auf www.
sln.org.uk) sollten uns wichtige Impulse geben ki:innen, wie wir mit dem Web ganz allgemein im Regelunterricht (abseits vom Einsatz in Projekten, simpler
Literatursuche oder dem Herunterladen von "Schummelseiten" fOr Referate)umgehen ki:innten! Zu diesem
Angebot habe ich nicht nur Beispiele auf dem EAA7) In Osterrekh wurde auf dem damaligen teehnisehen Standard schon
1998 in einem erstmaligen Versueh eine PASSGENAUE Interneterganzung zu einem BHSIBMS) Sehulbueh beim Verlag Manz erstellt (Ch.
Sitte, unter. www.man7sehulbueh.at/geschichte.html). dem bei diesem Verlag inzwisehen weitere BOehererganzungen folgten. 1m Jahre
2000 )libt es in Osterreich in unserem Faeh zwei derartige Weherganzungen: eine leider wegen des Fehlens einer dem neuen Medium entspreehenden Methodik und wegen ihrer mangelnden Passgenauigkeit
zu den Kapitelinhalten nur mOhsam und daher nur unter groBerem
Vorbereitungsaufwand nutzbaren Linksammlung zu einem Geogrdphie
und Wirtsehaftskundesehulbuehs der Oberstufe (unter www.veritas.at
- aueh ein besser gestalteter Anhang zu einem Gesehichtebueh ist dort
zu finden) ferner eine 7.weile zu einem GW-Unterstufenhueh, namlieh
die sehr aufwendig gestaltete (Frage: wie lange halten das Verlage in
Form eines fUr die Durehsetzung eines solchen Konzepts notwendigen Gratisangebots finanziell aus?), aber weilaus besser direkt im Unterrieht einsetzbare Weberganzung zum (z. Z. 1 KI Bd. von) "Panorama" unter www.hoel7.el.at. 1m Studienbetrieb der Uni Wien wurde
im SS 2000 eine passgenaue www-Erganzung zu MalciklSitte W.:
Raum - Gesellsehaft- Wirtschaft, 7. KI. AHS-Oberstufe, VerI. Holzel erstellt, die in weiterentwiekelter Form demnaehst aueh virtuell zur VerfUgung stehen soli, aueh http://gw.eduhi.
8) So wurde im WS 1999 am Institut fUr Geographie dcr Universitiit Wien
erstmalig fUr die faehdidaktisehen Proseminare nieht nur die Struktur
und der LV-Verlauf, sondern aueh interaktiv abrun,are Faehdidaktikartikel bzw. Links mit Arbeitsauftr'Jgen fUr die Studenten zum Dureharbeiten ins Netz gestellt (anzuklieken Ober www.univie.ae.at/geograohie
und dann weiter mit ,Lehramtsstudium' und weiter dort bei ,Faehdidaktikbloek'); im WS 2000 findet man einen weiterentwickelten wwwAnhang zu meiner LV Faehdidaktikl2. Studienabsehnitt aueh an der
Uni Salzburg (www.sbg.ae.at - w<;iter mit Nawi-Geographie-Vorlesungsverzeichnis-WSOO-Sitte), 1m Februar 2001 wurde das Faehdidaktikproseminar am Institut fUr Geographie der Uni Wien virtuell weiter
interaktiv aus)lebaut - u. a mit einer "virtuellen Faehdidaktikbibliothek".
9) Vgl. aueh Ch. SI1TE (2000): Ansiitze fOr den emfaehen Einsatz des
Internets im GW-Unterrieht. In: GW-Unterr. H. 79, S. 74ff bzw. unter
httO:II!!w.eduhi.at/didaktik/w()ess/~.htm (dort aueh noeh andere
Artikcl angefUhrt!)
10) TRENTINI (2000) sehreibt in seiner, den EAA-Unterricht m TIrol untersuehenden Diplomarbeit (Inst. f. Geo. d. Uni Innsbruek) von einem
sehr positiven Eeho bei den "Abnehmern" (= in dokumentierten Leh·
rerinterviews)
11) Vgl. dazu aueh Artikelsammlung hei Nicol Herman:
www.geaworld.de/ fachdiddktiklgunterrieht.html
12) Bernie DODGE. Some Thoughts aba ut Web-Quests. San Diego State
Univ. 1995, Update 1997,
http://edweb.sdsu .edu/ courses/ edtee596/a bout_webquests html
Wissenschaftliche Nachrichten . MiirzlAprii 2001
Website des "bildungsservice.at" schon nach Klassenerfordernissen geordnet aufgelistet. Das US-Angebot aus den Social-Studies kommend, ist dabei starker
facheriibergreifend l3) (und damit u. a. auch fur "Geschichte in EAA" gut nutzbar), wahrend britische Beispiele sich starker auf rein geographische Inhalte
konzentrieren. Auch einige einschlagige fachdidaktisch/ methodische Artikel, die virtuell verfugbar sind,
wurden dazugelinkt. Die in EAA naheliegende Nutzung solcher schon vorgefertigter "Web-Leitfaden"
usw. zeigt uns neben zum Weblernen erprobten formalen Strukturen (mit Vorlagen, wie man solche konstruiert u. a. http:// edweb.sdsu.edu/webquestlLesson
Teplate.htmi) derartiger Angebote auch eine Reihe von
neuen methodischen Moglichkeiten! Und die "Arbeits-
sprache Englisch in Geographie" entledigt uns einiger
ansonsten im Regelunterricht (ev. im Wahlpflichtfach
der AHS-Oberstufe, oder ftir facheriibergreifende Reifepriifungen) mit deutscher Unterrichtssprache eventuell ins Haus stehender sprachlicher Hindernisse I
Mentalreservationen bei Schtilern bzw. Lehrern. Vielleicht konnen wir uns (gemeinsam) in nicht allzu langer Zeit auch daran wagen, derartige Bausteine fur die
"Osterreichklassen" ins Netz zu stellen. In einem spater folgenden Beitrag werde ich darauf naher eingehen. Rtickmeldungen: [email protected].
13) z. B. http://edsilement.neh.gov/ lessonplans!great_plains.html
oder das Learningangebot der www.nylimes.com
Bergbauern zwischen Liberalisierung
und erschwerten
Wirtschaftsbedingungen
MR Dipl.-Ing. Leopold Panbolzer
BM rur Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Wien
Das 20. Jahrhundert brachte in der Geschichte ohne
Zweifel den bisher starksten Wandel in den Lebensund Wirtschaftsverhaltnissen des bauerlichen Berufsstandes. Herausragende Erkenntnisse der Naturwissenschaften und der Technik ruhrten dazu, dass sich
im letzten Jahrhundert in der Bodenwirtschaft die Ertrage in den Industriestaaten etwa verftinffacht haben,
die Leistungssteigerungen in der Tierhaltung waren
ahnlich sensationell. Urn die Jahrhundertwende ernahrte bei uns ein Bauer zwei Menschen, heute 70.
Die seit Jahren in heftiger Diskussion stehende Globalisierung wird von vielen Okonomen als ein Prozess
begriiBt, der Regierungen davon abhalten soli, Wirtschafts- und Sozialpolitik gegen die Rationalitat des
Marktes zu betreiben, urn die internationale Konkurrenzfahigkeit der Unternehmen sichern zu konnen.
Ftir die wirtschaftlich schwachen Lander sollte die Deregulierung der Agrarmarkte und der Zollabbau einen
leichteren Zugang zu den Markten bringen.
Die Gegner der Globalisierung furchten eine Umweltverteilung der Gewinne von unten nach oben,
menschenfeindlichere Wirtschaftsverhaltnisse, Sozialund Okodumping sowie eine Forcienmg von Unternehmenskonzentrationen.
Konsequenzen der Liberalisierung sind eine steigende transnationale Bewegung von Kapital, Gtitern
und Menschen, eine zunehmende internationale Arbeitsteilung durch Verlegung von Produktion und
Dienstleistungen an verschiedene Standorte, d. h. oft
Lander oder sogar Kontinente. Diese sehr komplexen
Vorgange gehen mit einem Anstieg und Bedeutungszuwachs internationaler Institutionen aber auch Konzerne einher.
Wissenschaftliche Nachrichten . Marz/ Apr!l 2001
Globalisierung ist also ein komplexer multidimensionaler Prozess der Entgrenzung bzw. Entraumlichung zum einen und der Konzentration und Vernetzung zum andern.
Die Landwirtschaft wird - nicht zuletzt durch das
Betreiben internationaler Organisationen - zwangslaufig immer mehr von der Globalisierung erfasst. Dadurch erfolgt im Agrarbereici1 ein beschleunigtes Zusammenwachsen der Markte fur Gtiter und Dienstleistungen, fur Kapital und Arbeit. Mit dem EU-Beitritt haben wir gleich ein paar Stu fen auf einmal tibersprungen, gleichzeitig ist damit der Spielraum ftir eigenstandige agrarpolitische Entscheidungen wesentlich geringer geworden. Die Agrarpolitik wird mellr und mehr
von globalen Vorgaben mitbestimmt, wahrend die nationalen an Bedeutung einbtiBen. Sie muss es aber der
Landwirtschaft ermoglichen, ihren multifunktionalen
Charakter unter europaischen Verhaltnissen zu erhalten. Die MaBnahmen - insbesondere die der Forderung - sollen von der Produktion entkoppelt, bedarfsorientiert, integrativ und sozial orientiert bzw. ausgewogen sein, urn soziale Harten und Unruhen zu vermeiden.
Die Agrarentwicklung seit 1945
So wie Oste.rreich schlitterte auch die EU von einer
zu beseitigenden Unterversorgung von Nahrungsmitteln nach dem ~ . Weltkrieg im Laufe von zwei bis drei
Jahrzehnten allmahlich in eine Dberschusssituation bei
den wichtigsten Agrarprodukten. Dieser versuchte
man mit mehreren, meist wenig erfolgreichen Reformen beizukommen. Wie gut dieses Vorhaben mit der
letzten Kurskorrektur, der Agenda 2000, gelingen wird,
49
wird sich erst in einigen Jahren wirklich zeigen. Uisst
man irgendwelche groBere Katastrophen auBer acht,
so ist davon auszugehen, dass unter der Annahme eines kaum veranderten Konsumvolumens und der weitergehenden Produktivitatssteigerung sich der Preisdruck fur Agrarprodukte in der EU verscharfen wird.
Infolge der hoheren Produktionskosten im Berggebiet gewinnen die Gunstlagen bei der Produktion immer mehr an Wettbewerbsvorteilen, dies umso mehr,
je billiger die Transportkosten sind. Wahrend im Berggebiet die Produktionsfunktion laufend an Bedeutung
verliert, kommt den anderen Funktionen infolge geanderter gesellschaftlicher Anspruche eine umso wicht igere Rolle zu. Nach der im Zuge eines EU-Beitrittes
durchgefuhrten Gebietsklassifizierung urnfasst das
Berggebiet etwa 70% der osterreichischen Gesamtkatasterflache. 36% aller Betriebe sind Bergbauernbetriebe, sie bewirtschaften 440/0 der landwirtschaftlichen
Nutzflache und drei Viertel der Grunlandflache Osterreichs.
Bei der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Alpenraum verscharfen sich seit Jahrzehnten die Disparita ten. Manche westosterreichische Tourismusregionen haben zwar eine impulsive Wirtschaftsentwicklung, jedoch bereits bedenkliche, teilweise schon ressourcenbedrohende Nutzungsdichten mit bedenklich
hohen okologischen Belastungen und einer enormen
Konzentration von verschiedenen Raumanspruchen.
Demgegenuber weisen mane he inner- und ostosterreichische alpine Regionen sowie einige periphere Lagen nicht selten eine stagnierende Wirtschaftsdynamik
mit Abwanderungs- oder gar Entsiedelungstendenzen
auf. 1m Umfeld der groBstadtischen Ballungsraume erfolgt oft ein geradezu verschwenderischer Verbrauch
von besten ebenen Agrarflachen fur Siedlungen, Industrie und Verkehrsbauten. Das derzeitige hohe Produktionsniveau basiert auf einem hohen Energieeinsatz.
Die schockierende Vision von Mansholt in den 60er
Jahren uber eine zukunftsfahige Agrarstruktur wurde
bzw. wird in weiten Gebieten Europas Realitat, wenn
die globalen Rahmenbedingungen, Preisdruck, weitergehender wissenschaftlich-technischer Fortschritt und
die geanderten Konsum- und Lebensanspruche der
neuen bauerlichen Generation zum Tragen kommen.
Mit einer Bereinigung der Betriebsstatistik urn Rentnerbetriebe und die vielen kleinen Nebenerwerbsbetriebe mit eher Selbstversorgungsviehbestanden ware
auch fur Osterreich jetzt schon ein anderes Strukturbild zu malen.
In den sechs Grunderstaaten der EU gingen seit der
Grundung etwa die Halfte der Betriebe verloren, bis
20 ha sogar der GroBteil, ausgenommen die Spezialbetriebe.
Bei der Agrarquote liegt Osterreich im Spitzenfeld
der EU mit einem lawinenartigen Abbau seit dem
2. Weltkrieg. Zuerst schieden die Fremdarbeitskrafte
aus, in der Folge betraf es die mithelfenden Familienarbeitskrafte. In der ersten Phase kamen die Abwandernden oft als Hilfsarbeiter/ innen in der Industrie unter, danach eher im Dienstleistungsbereich oder als
Facharbeiter, und jetzt erhalten die Bauern und somit
auch die Bergbauernkinder gleich eine bessere schulische oder Berufsausbildung. Nur die Hofubernehmer
50
bleiben oft fur die landwirtschaftliche Ausbildung
ubrig.
Die 1st-Situation in der bergbauerlichen
Landwirtschaft
In den Bergbauernbetrieben wird nach wie vor im
Durchschnitt dn geringeres Einkommen je Arbeitskraft
als im Bundesmittel aller Haupterwerbsbetriebe erwirtschaftet. Innerhalb der Bergbauernbetriebe besteht
naturgegeben ein Gefalle zwischen der Zone 1 und
der Extremzone 4. Die Ursachen liegen hauptsachlich
in der deutlich geringeren Agrarflachenausstattung,
der arbeitsintensiveren Bewirtschaftung und naturbedingten Faktoren. Dies vermogen auch die offentlichen Gelder nicht auszugleichen.
Die abwartende Phase fur Betriebsentscheidungen
und Investitionen in der Zeit urn den EU-Beitritt ist
vorbei. Die Bauern, die in den letzten Jahren noch
keine Entscheidungen in Richtung Expansion, Spezialisierung, Neben- und Zuerwerb oder Betriebsauflosung getroffen haben, fuhlen sich jetzt oft unter Zugzwang.
Die Kostenbelastungen fUr Gebaude- und Maschinen sind in den Bergbauernbetrieben flachenbezogen
in den Bergbauernbetrieben wesentlich hoher als in
Nichtbergbauernbetrieben. Die Flachenleistung der
sehr teuren, hangtauglichen Spezialmaschinen ist aber
vergleichsweise geringer als bei Maschinen fur das
Flachgebiet. An sich ist auch die uberbetriebliche Maschinenverwendung und der gewerbliche Maschineneinsatz in der Regel witterungs- und hangneigungsbedingt unproblematischer und auch leichter.
Derzeitige Perspektiven fUr bauerliche
Betriebe
Die starke Regulierung der EU-Landwirtschaft wird
aller Voraussicht nicht bedeutend geringer werden.
Die WTO-Verhandlungen werden Auswirkungen auf
das Forderungsniveau haben, es wird aber mittelfristig
hoch bleiben. Dennoch ist abzuschatzen, dass die globale Marktregulierung reduziert und damit mehr Wettbewerb stimuliert wird. Der Einfluss des Weltmarktes
auf den nationalen Agrarmarkt und damit auf die Produktion wird starker werden. Bei normalen globalen
Witterungsverhaltnissen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind auf Sicht keine wesentlichen Preisimpulse zu erwarten. Der Anbau relativ fOrderbegunstigter Kulturen wird sich ausweiten, was zu einer Einschrankung der Vielfalt beitragt.
Gerade in Berg- und Ungunstlagen ist von einer
noch weitergehenden Integration der Landwirtschaft
in die Gesamtwirtschaft auszugehen. Eine zunehmende Verknupfung mit dem vor- und nachgelagerten
Bereich bedingt meist einen Verlust an Selbstandigkeit
der Betriebe. Die Kooperationsformen von Betrieben
werden zunehmen. Diverse bauerliche Zusammenschli.isse - auch bei der Erzeugung - sind zwar im Entstehen, der Marktmacht im Lebensmittelhandel wird
aber auch in Zukunft kein gleichrangiges Instrument
auf bauerlicher Seite gegenuberstehen.
Die unternehmerischen Anforderungen werden steigen, vor aHem wird mehr Flexibilitat sowie innovatives
und okonomisches Denken gefragt sein, so dass eine
Wissenschaftl iche Nachrichten . MiirzlApril 200 I
diesen Aspekten Rechnung tragende Ausbildung in
der Landwirtschaft wichtiger denn je wird. Vor aHem
im Berggebiet wird eine betriebliche oder auBerbetriebliche Erwerbskombination auch in Zukunft ein
existentieHes Thema sein. Den kleinen Betrieben im
Berggebiet kommt etwa im Hinblick auf die Bewirtschaftung, also der Pflege der Kulturlandschaft, eine
wichtige Aufgabe zu. Eine Entkoppelung von Produktion und anderen Funktionen ware aber der falsehe
Weg und wlirde zu pre karen Folgen filhren.
Die bauerliche Lebens- und Arbeitswelt ist einem
laufenden Wandel in Bezug auf Familienstruktur (Kinderzahl, Lebensformen, Altenbetreuung usw.) und Betriebsorganisationen (z. B. rechtliche Formen von Betriebskooperationen und Marktzusammenschlussen)
unterworfen. Manehe tradierte Verhaltensweisen bleiben aber trotz Wertewandel bestehen und haben mitunter schwerwiegende Konsequenzen auf die familiaren, betrieblichen und damit finanziellen Verhiiltnisse des Betriebes. So hat die AuBenmechanisierung
in der bauerliehen Mentalitat oft Vorrang vor der Innenmechanisierung, was oft zur Arbeitsuberlastung
der Bauerinnen beitr:igt.
Wirtschafts- und StruktUlwandel durch
Wertewandel uberlagert
Die Sensibilitat in der nichtlandwirtsehaftlichen Bevalkerung uber den Einsatz von affentlichen Geldern
wurde dureh die Fardersystemumstellung infolge des
EU-Beitrittes und die Budgetmittelkurzungen in anderen Bereichen noch graBer. Aber aueh die nachkommende bauerliche Jugend hat andere Einstellungen
bzw. Werte und damit oft hahere, sieh finanziell auswirkende Anspruche.
In Zukunft werden die unternehmerisehen Anforderungen an die bauerlichen Betriebsleiter steigen. Der
landwirtschaftliehe Betrieb entwickelt sich immer
mehr zum Hochtechnologiebereich, was eine wesentlieh bessere Ausbildung erfordert. Es ist aber aueh ein
waehsendes Angebot professioneHer Anbieter filr diverse Leistungen zu erwarten.
Zusammenfassend ist darauf hinzuweisen, dass sich
die Gesellsehaft, die Politiker und selbst die Bauern
daruber auseinandersetzen mtissen, wohin eigentlieh
die derzeitige Entwicklung geht und welche Konsequenzen daraus resultieren.
Hauptmerkmale des "Neuen Berghofekatasters" (BHK)
In der neuen Programmplanungs-Periode (2000 bis 2006)
werden die betriebsbezogenen
Ergebnisse des nNeuen Berghofekatasters" ab dem Jahre 2001
wesentliche Gnmdlage filr die
Bereehnung der Ausgleichszulage darstellen.
1. Aktuellere Erfassung der Erschwernissituation der Bergbauernbetriebe
(gemaB
nBergbauern"-Verordnungen
des Bundesministers von
Land- und Forstwirtschaft
aus dem Jahre 1987). Betriebe der Basiszone (= Erschwerniskategorie 0) gehen
im Rahmen der neuen Ausgleichszulage mit null BHKPunkten in die AZ-Berechnung ein.
2. Umfassendere Beurteilung
der Ersehwernissituation der
Bergbauernbetriebe dureh
das System BHK im Vergleich zur bisher geltenden
nZonierung" . Das bisherige
Ersehwernissystem
bezog
sich fast ausschlieBlich (mit
Ausnahme der Hektarsatzund AVL-Regelung) auf die
Hangneigungsverhiiltnisse.
Oer BHK umfasst ein breites
Btinde! von Erschwernisverhaitnissen:
• Innere Verkehrslage: vor
allem:
- Hangneigung in filnf
Stufen (bis 18%; - 25%;
-35%; - 50%; tiber 50%),
(Feststellung der grundErsttieksbezogenen
schwernisflache durch
Befliegungsergebnisse
(Orthophotos) und Berechnung der Hangneigungsstufen durch Anwendung eines digitalen
GeHindehahenmodelles
durch das Bundesamt
filr Eich- und Vermessungswesen)
- Fliichenaufsplitterung
(Trennstiieke)
• AuBere Verkehrslage
- Erreichbarkeit der Hofstelle,
Entfernungen,
Wegerhaltung, Extremverhaltnisse usw.
• Boden und Klima
- Seeh6he,
Klimawerte
(14-Uhr-Temperatur,
Warmesumme), Ertragsmesszahl.
3. Aktualisierbarkeit der Bewirtschaftungserschwernisse
uber den jahrlichen nMehrfachantrag Flaehen" (betrifft
Hangneigung der bewirtschafteten Flachen);
Allerdings:
Weiterfilhmng
der Zonienmg bei Betrieben
mit nationaJer Fardemng
(Nationale Beihil.fe = NB) ftir
die Anwendung def ,.Wahnmgsregelung" (his 2004)
bzv.'. fUr die AZ-Wahnmg
notwendig.
Aus J)er Fordenmgsdienst" (BMLF) , Heft 1212000 (gektirzt).
Wb~c n~d lafthl
he
admchtc n Mii r7.; Apn1 2001
51
N euerscheinungen
Vier neue Bucher zum
politischen System in
Osterreich
Der politische Wechsel im Osterreich des Jahres
2000 hat eine gr6Bere Anzahl von Bi.ichern auf den
Markt gebracht, die den Wandel im Politischen System
Osterreichs beleuchten. Lehrer fur Geographie und
Wirtschaftskunde haben ja im Lehrplan der 7. Klasse
AHS oder den Osterreichklassen der BHS den direkten
Lehrplanauftrag, wirtschaftspolitische Fragen in den
Unterricht einzubinden. Und sie sollten sich hierzu
auBer ihren Informationen zum aktuellen Geschehen,
das sie aus den Tageszeitungen entnehmen, auch mit
einigen die Hintergriinde ausleuchtenden Werken auseinandersetzen, bzw. ihren Schiilern auch Tipps fur
Leselisten z. B. fur die Spezialgebiete der Reifepriifung
geben.
PEUNKA!ROSENBERGERs Buch ist in der Struktur
einer Einfuhrungsveranstaltung zum Politikwissenschaftsstudium verfasst. Es ist gegen Ende 1999, also
nach der NR-Wahl, fertiggestellt worden und streift in
15 Kapiteln, historisch bei den Strukturen der Monarchie beginnend, den Wandel in allen wichtigen Bereichen unserer Republik. Es kann ruhigen Gewissens auch von seiner leichten Lesbarkeit her - filr jeden Maturanten empfohlen werden. Manche Teile sind vielleicht etwas zu knapp gehalten, wie z. B. das Kapitel
zu den Sozialpartnern (und ihrem z. Z. ablaufenden
BedeutungswandeD, ader auch das Kap. Osterreich
und die EU (wo ich auch in den weiterfuhrenden Literaturzitaten das Standardwerk von Gehler/ Steininger
vermisste). Norbert LESER gibt in seinem starker aufsatzmaBig (also ohne Literaturapparat) gehalten m
Buch eine lesenswerte scharfzilngige Analyse fur den
Niedergang der fast dreiBig Jahre in Osterreichs Politik
bestimmenden Kraft. Seine Position als alter Sozialdemokrat, Gesellschaftsphilosoph und Politikwissenschafter ermoglicht uns damit einige interessante Interpretationsmuster. Wir waren zwar Zeitgenossen,
aber haben wir wirklich die Geschehnisse des Jahres
1999/ 2000 so schnell bei der Hand? Gerfried SPERLs
spannend geschriebenes Buch behandelt eines der
Schlilsseljahre der Republik. Neben der Chronologie
(die wir gut auch im Unterricht fur einen Einstieg in
ein Aufsuchen verschiedener Positionen in den Internetarchiven konkurrierender Tageszeitungen - vgl. via
www.zis.atllinksfr.html) einsetzen konnten, gibt daneben auch noch dem Leser Interpretationsmoglichkeiten fur die Hintergriinde des Machtwechsels und einen
Ausblick auf Osterreich und Europa. Das vierte Buch
nahert sich von einer kritischen Seite der wirtschaftspolitischen Causa Prima. Als "Kritik von Links" ist es
ein interessantes, zum Nachdenken anregendes Gegengewicht zur Regierungsposition, geschrieben von
einem Sozialwissenschafterkollektiv.
PELINKA A., ROSENBERGER S. (2000): Osterreichische Politik. Grundlagen - Strukturen - Tre nds. Wiener Universitiits
Verlag, 1090 Berggasse. 266 Seiten, AT 298,LESER N. (2000): ... auf halben Wegen und zu halber Tat ••.
Politische Auswirkungen einer osterreichischen Befindlichkeit.
Amalthea Verlag, 1030 Wien 216 Seiten
SPERL G. (2000): Der MachtwechseL Osterreichs politische
Krise zu Beginn des 3. Jahrtausends. Verlag Molden, 1010
Wien. 240 Seiten, ATS 298,BElGEWURM (Beirat f. ges.-, wi pol.- u. 1I1llweitpolitische Alternativen) 2000: Mythos Nulldefi7.it. Alternativen ZlIIll Sparkurs.
Mandelbaulllverlag, 1015 Wien. 110 Seiten.
[email protected]
GEOGRAPHIE HEUTE. Erscheint 10mal jahrlich, Einzelheft OM 18,50, Jahresabo OM 162,- Friedrich Verlag
(in Zusammenarbeit mit Klett). Postfach 1001 50 , 0-30926 Seelze/OBV-Klett, Wien 1010, Hohenstaufengasse 15.
PRAXIS GEOGRAPHlE. Erscheint monatlich. Einzelheft oS 115,- (Jahresabo OM 158,90 plus Versandkosten) .
Westermann Verlag, Postfach 47 38,0-38104 Braunschweig / Lowengasse 47, A-1 030 Wien .
GEOGRAPHlSCHE RUNOSCHAU. Erscheint monatlich. Einzelheft oS 115,- (Jahresabo OM 158,90). Westermann Verlag, Postfach 47 38,0-38104 Braunschweig I Lowengasse 47, A-1030 Wien.
GEOGRAPHIE UNO SCHULE. Fachliche Grundlagen, Unterrichtspraxis, Materialien fOr die S II. Erscheint aile
zwei Monate. Einzelheft OM 15,80 (im Abo OM 14,60). Aulis Verlag Oeubner & Co., Antwerpener StraBe 6- 12,
0-50672 Koln.
AKTUELLE CORNELSEN LANOKARTE (ehem . AJL-JRO/Seydlitzkarte). Erscheint 10mal jahrlich. OIN-AOWandkarte mit 16 Seiten Beiheft. Einzelnummer OM 17,50 (Jahresabo OM 158,50). Hrsg. Cornelsen
& Schroedel GmbH & Co. Vertrieb: Oeding Oruck und Verlag, Postfach 33 11, 0-38023 Braunschweig.
MATERIALIEN ZUR OIOAKTIK OER GEOGRAPHIE UNO WIRTSCHAFTSKUNOE. Erscheint mehrmals jahrlich in unregelmaBiger Folge: Einzelhefte: oS 70,- bis 100,-. Institut fOr Geographie der Uni Wien, UniversitatsstraBe 7N, 1010 Wien.
MATERIALIEN ZU GE~~LLSCHAFT, WIRTSCHAFT UNO UMWELT 1M UNTERRICHT. Erscheint 4mal p. a.,
Jahresabo oS 200,- . OGKG, Clementinengasse 5/35, A-1150 Wien.
GEOGRAPHIE UNO IHRE OIOAKTIK: Zeitschrift des Hochschulverbandes fOr Geographie und Oidaktik (HG).
Erscheint vierteljahrlich , Einzelheft OM 6,- (Jahresabo OM 19,- ). c/o Hildesheim, Marienburger Platz 22,
0 -31141 Hildesheim.
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M:II""/ April 2001
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