Arbeitsbericht zum Teilprojekt B5: Diagnostik von Wasserstoffatomen und angeregten Wasserstoffmolekülen im Niedertemperaturplasma Projektleiter: Prof. Dr. Hans Fr. Döbele Dr. Volker Schulz−von der Gathen Weitere beteiligte Wissenschaftler: Dr. U. Czarnetzki Dr. D. Wagner Dipl.−Phys. T. Mosbach 1. Thematische Ausrichtung: Wasserstoff (bzw. Deuterium) in atomarer oder molekularer Form spielt eine bedeutende Rolle sowohl bei Plasmen, die in der Fusionsforschung untersucht werden, als auch in der Plasmatechnologie bei der Oberflä − chenmodifizierung, der Herstellung neuer, harter Schichten oder Materia − lien. Vor allem die atomare Komponente ist wegen ihrer dominierenden Rolle bei plasmachemischen Reaktionen von ausschlaggebender Bedeu − tung. Die quantitative Bestimmung von atomaren Dichten ist im Bereich kleiner Drücke (p< 100 Pa) mit Mitteln der Mehrphotonen−Laserspektro − skopie möglich, erfordert jedoch erheblichen experimentellen Aufwand. In Plasmaquellen mit einem vorherrschenden molekularen Anteil − z.B. magnetischen Multipolquellen −ist die Besetzungsdynamik der angeregten Niveaus (vor allem des dominierenden elektronischen Grundzustandes), die Erzeugung negativer Ionen sowie der atomaren Komponente ein − schließlich deren Energieverteilung (Temperaturen) nicht verstanden. Dies liegt vor allem daran, daß bislang keine aussagekräftige und genü gend empfindliche in−situ Diagnostik für die Molekülzustände existierte. In diesem Projekt wird an zwei sehr unterschiedlichen Plasmaquellen − einer kapazitiv gekoppelten RF angeregten Quelle und einer magneti − schen Multipolquelle − der Versuch unternommen, sowohl mit neuen Me − thoden der Laserdiagnostik als auch mit darauf gegründeten neuen Ver − fahren der Emissionsspektroskopie die genannten Plasmen hinsichtlich der Dichten der diversen Spezies zu charakterisieren. Die letztere Me − thode ist − ergänzt durch Sondendiagnostik und Interferometrie − wegen ihrer relativen technischen Einfachheit vor allem für die plasmatechnolo − gischen Anwendungen von Bedeutung. 2. RF−Plasmaquelle: 2.1 Emissionsspektroskopie: Im laufenden Förderabschnitt konnten wir zeigen, daß der Dissoziations − grad in Wasserstoff RF−Entladungen im Druckbereich bis 100 Pa und bei Leistungen von einigen 10 Watt emissionspektroskopisch zumindest halb − quantitativ auf der Basis plausibler Modellannahmen bestimmt werden kann [SVG1]. Alle drei untersuchten Verfahren (Argon−Aktinometrie, Ver − gleich molekularer Linien und einer Balmer−Linie, Vergleich von mindestens drei Balmer−Linien untereinander) zeigen ähnliche Abhängigkeiten des Dissoziationsgrades vom Gasdruck, von der eingekoppelten Leistung sowie der Position innerhalb der Entladung. Neben prinzipiellen Unsicherheiten, die derzeit noch in der unvollständigen Kenntnis der Wirkungsquerschnitte begründet sind, erwies sich im Experiment vor allem die Empfindlichkeit und das Übersprechen der CCD−Zeilenkamera als begrenzend, die im Fall der Fulcher−Moleküllinien, die aus Gründen der Auflösung bei gleichzeitig großem Spektralbereich ( λ= 400 − 750 nm) mit einem 2 m Plangitter− Spektrographen registriert werden müssen, nur sichtlinien− und zeitintegrierte Messungen erlaubte. Abb. 1a zeigt die Abhängigkeit des Dissoziationsgrades von der Leistung. Man erhält bei kleinen atomaren Dichten aus der Aktinometrie systematisch zu große Werte, da dieses Verfahren den dissoziativen Kanal nicht kennt, und folglich die beobachtete Intensität der Anregung aus dem atomaren Grundzustand zurechnet. In Abb.1 b ist der Verlauf des Dissoziationsgrades − ermittelt nach den drei genannten Verfahren − in Abhängigkeit vom Abstand zur geerdeten Elektrode dargestellt. Der Verlauf wird in ähnlicher Weise auch durch laserinduzierte Fluoreszenzspektroskopie mit Zweiphotonenanregung (TALIF, s.u.) wiedergegeben. 0,07 Dissoziationsgrad 0,025 TALIF Balmer Fulcher Aktinometrie 0,020 0,015 0,010 0,05 0,04 0,03 0,02 0,01 0,005 0,000 0 TALIF Balmer Fulcher Aktinometrie 0,06 Dissoziationsgrad 0,030 20 40 60 80 Senderleistung/ W 100 0,00 0 10 20 30 40 Abstand von geerdeter Elektrode/ mm Abb. 1: Dissoziationsgrad, emissionsspektroskopisch und mit zweiphotonenresonanter LIF (TALIF) ermittelt Die vergleichsweise große Streuung der Messpunkte aus relativen Balmer−Intensitäten ist auf die geringe Zahl verglichener Linien mit kleiner Intensität zurückzuführen. Dieses Manko kann nun, nach Verfügbarkeit einer CCD−Kamera mit großer Akkumulationsfrequenz, behoben werden. Von entscheidender Wichtigkeit ist auch die Berücksichtigung von Entvölkerungsstößen des oberen atomaren Niveaus ( Quenchingˆ) [BURS]. Im Fall der Aktinometrie gab es mangels Kenntnis des Quench−Quer − schnittes für den betreffenden Argon−Übergang bei λ=750 nm durch mo− lekularen Wasserstoff bisher keine Möglichkeit, diesen Einfluß zu be − rücksichtigen. Inzwischen ist diese Lücke durch eigene Messungen [FRA] geschlossen. Abbildung 2 zeigt den Effekt der Stoßentvölkerung des obe − ren Argon−Niveaus, das zuvor auf dem Wege der VUV−Zweiphotonenan − regung (2x λ=184nm) bevölkert worden war. Diese Verbesserung wird künftig einbezogen werden. 0,14 H2 0,12 0,10 0,08 0,06 0,04 0,02 0 2 4 6 8 10 12 Abb. 2: Inverse Fluoreszenzlebensdauer als Funktion des Fremdgas− druckes und der Teilchenart der Stoßpartner für den Argon−Übergang bei λ=750 nm und daraus resultierende Stoßlöschungsrate 2.2 Laserinduzierte Fluoreszenzspektroskopie mit Zweiphotonenanregung (TALIF): Zur Validierung der emissionsspektroskopischen Verfahren wurden TALIF− Messungen mit Anregung von n=1 nach n=3 mit Strahlung der Wellenlänge λ= 205 nm und Beobachtung der Balmer−alpha Linie (λ= 656 nm) durchgeführt. Das Fluoreszenzlicht wurde mit einem gepul − sten Photomultiplier nachgewiesen, weil ansonsten die Plasmahinter − grundstrahlung den Multiplier ’ausbleichte’. Die Erzeugung der UV Strah − lung erfolgte ausgehend von einem frequenzverdoppelten Nd:YAG Laser mit Hilfe eines bei λ= 677 nm emittierenden schmalbandigen Farbstoffla − sers (∆λ= 0.1 cm−1). Dessen frequenzverdoppelte Strahlung wird an − schließend in einem BBO Kristall mit der λ= 532 nm Reststrahlung ge− mischt. Dieses Konzept erlaubt im Prinzip große Ausbeuten; die verfügbaren Kristalle erlaubten aufgrund ihrer Belastbarkeit lediglich die Erzeugung von 0.5− 1 mJ bei λ= 205 nm, was jedoch für diese Vergleichsmessungen genügte. Die Absolut−Kalibrierung erfolgte mit Hilfe der NO2−Titration [BITT]. Die Ergebnisse sind zum Vergleich in Abb. 1 mit dargestellt. Die zu beobachtenden Unterschiede sollten nicht überraschen: Die Spek − troskopie ist mit nur unzureichender Information über die Elektronenen − ergieverteilung ausgewertet worden. Ferner sind die Spektren im Gegen − satz zur LIF sichtlinienintegriert. In der Antragsphase ist beabsichtigt, ge − rade diese einschränkenden Bedingungen auszuschalten (siehe Antrags − teil). Inzwischen ist TALIF auch in Doppler−freier Variante an der RF Quelle realisiert worden. Dabei kann ohne Fokussierung der UV Strahlung ein streifenförmiger Ausschnitt mit gegenläufigen Strahlen beleuchtet und das Fluoreszenzlicht senkrecht dazu als Bild registriert werden. Auf diese Weise kann durch Aneinanderfügen von radial ausgerichteten Streifenbil − dern eine atomare Dichteverteilung in einer Ebene erhalten werden. 2.3 Diagnostik der Elektronenkomponente: Die genannten spektroskopischen Verfahren erfordern zur Ermittlung des Dissoziationsgrades die Kenntnis der Energieverteilungsfunktion der Elektronen. Bei den bisherigen, halbquantitativen Messungen schien es gerechtfertigt, aus Relativmessungen gewonnene Temperaturenˆ zu ver− wenden, zumal zuverlässige Sondenmessungen an Wasserstoff, die hät − ten alternativ verwendet werden können, nicht vorlagen. In der laufenden Förderperiode wurde im Rahmen einer Diplomarbeit ein Sondensystem entwickelt, welches mit passiver RF−Kompensation arbeitet [MUEL]. Die − ses System liefert zeitgemittelte Verteilungen, die im Detail noch nicht verstanden sind. Von diesem Sondenmeßsystem erhoffen wir in Zukunft wesentliche Beiträge zur Analyse der Emissionsspektren, indem die bisher angenommenen Maxwell−Verteilungen durch reale Elektronen − energieverteilungen ersetzt werden. Zur Ergänzung dieser Anstrengungen, ein möglichst vollständiges Bild auch über die Elektronenkomponente zu erhalten, wurde ein 1 mm Mikro − welleninterferometer erprobt und zur Elektronendichtemessung an der RF−Quelle eingesetzt [NNIE]. Die Verwendung dieser Wellenlänge erlaubt eine transversale Ortsauflö − sung innerhalb des Plasmas. Der erreichbare Durchmesser eines Gauß’schen Fokus kann unter den gegebenen Bedingungen auf etwa 3 λ abgeschätzt werden. Dieser Vorteil wird mit einer sehr kleinen zu mes − senden Phasenverschiebung erkauft, die im Bereich von 10 −4 einer Peri− ode liegt, und einen extrem stabilen Aufbau erfordert. Dieses als Heterodyn−Interferometer aufgebaute Instrument benutzt als Strahlungsquelle eine frequenz−verdreifachte Gunn−Diode, die ca. 6 mW bei einer Frequenz von 309 GHz emittiert. M1 M3 BS1 S RG DR BS4 M6 M4 BS5 M5 M2 BS2 BS3 DS verschiebares Elektrodensystem Entladungsgefäß Abb.:3 Gesamtaufbau des 1mm Heterodyn−Interferometers Mit diesem System wurden in einer ersten Phase sichtlinienintegrierte Messungen auf der Achse der Entladung durchgeführt, wobei sich zeigte, daß mit diesem Instrument Dichten bis in den Bereich von 2 x 10 9 cm−3 der Messung zugänglich sind − Werte, die man am Rand der Entladung erwartet. Dies legte nahe, auch das Problem ortsaufgelöster Elektronendichtemessungen auf dem Wege der Abel−Inversion am Rande beginnend anzugehen. Dies erforderte neben einigen Veränderungen des quasi−optischen Aufbaus insbesondere die Konzeption einer Entladungkammer, die die erforderliche transversale Verschiebung des Mikrowellenstrahls erlaubt. Inzwischen sind die Messungen erfolgreich durchgeführt worden [LUKA]; Abb. 4 zeigt die auf diese Weise gewonnene Elektronendichteverteilung. HV−Elektrode 6,6x1016 16 8,4 10 4,2x1016 20 2,4x1016 7x1015 30 40 Erd−Elektrode −80 −60 −40 −20 0 20 40 60 80 radialer Abstand zur Entladungsachse [mm] MWI_3D.ORG 10 Elektronendichte [m−3] Abstand zur HV−Elektrode [mm] 0 Abb. 4: Ortsaufgelöste Elektronendichteverteilung ( Kontourplotˆ) in der RF−Plasmaquelle (Betriebsdaten: Argon, 40 Pa, Senderleistung 100 W) Bemerkenswert ist die Ausbildung zweier Dichtemaxima auf der Entla − dungsachse und das Auftreten eines ringförmigen Dichteprofils in der Nähe der ’heißen’ Elektrode. Beide Beobachtungen finden sich auch in der einschlägigen Literatur: Ähnliche axiale Strukturen werden in einer emissionsspektrokopischen Untersuchung [BUIE] beobachtet, während ein Anstieg der Elektronendichte nahe den Rändern der ’heißen’ Elek trode von Overzet und Hopkins [OVHO] mit Sondenmessungen in einer sogenannten GEC Reference Cell gemessen wurden. Diese Strukturen ergeben sich gleichfalls aus Modellrechnungen [BOEU]. 5,0x1010 MWI Sonde Elektronendichte [cm −3] 4,0x1010 3,0x1010 2,0x1010 1,0x1010 0,0 −100 −50 0 50 100 Abstand von Entladungsachse [mm] Abb.5: Vergleich der radialen Elektronendichteverteilungen aus Mikrowel − leninterferometer und Sondenmessungen Zum Vergleich der Sondenmessungen mit der Interferometrie wurde für eine Entladung in Argon die integrierte EEDF aus der 2. Ableitung der Kennlinie bestimmt. Aus Gründen der Sondengeometrie konnte der Ver − gleich nur für die Mittelebene der Entladung durchgeführt werden. Die Übereinstimmung ist beeindruckend: Die Unterschiede belaufen sich auf weniger als 10% über den gesamten radialen Bereich (Abb: 5). 3. Magnetische Multipolquelle: 3.1 Atomare Komponente: Der in der letzten Förderperiode erreichte Stand läßt sich wie folgt zu − sammenfassen: Die Diagnostik der atomaren Komponente auf dem Wege der VUV−Ab − sorptionsspektroskopie auf dem Lyman−alpha Übergang ergab Dissoziationsgrade im Bereich 10 bis 15 % − abhängig von der Wandkonditionierung. Die VUV−Strahlung wurde schmalbandig abstimmbar über Stimulierte anti−Stokes Raman−Streuung (SARS) an Wasserstoff erzeugt. Das Problem der optischen Dicke des Übergangs wurde durch Beimischung einer geringen bekannten Menge von D 2 (im Fall von D2−Entladungen H2) und Ausnutzung der Isotopie−Verschiebung gelöst. Es ergaben sich 3 energetisch deutlich verschiedene atomare Gruppen: Eine heißeˆ atomare Komponente mit Temperaturen um 2000 bis 3000 K (betriebsdatenabhängig) und einem relativen Anteil von 2% aller Teilchen im Volumen, eine kalteˆ, anteilmäßig dominierende Komponente mit Temperaturen um 400 K, sowie eine hochenergetische Komponente (0.1 %) von Atomen, die direkt aus dem Dissoziationsprozeß stammen [WAG1]. Emissionsmessungen am Balmer−alpha−Übergang ergaben (in Übereinstimmung mit Messungen anderer Autoren [PEAL]) keine kalte Komponente. Diese Diskrepanz hat inzwischen eine Erklärung durch Vergleich von Ab − sorptionsmessungen längs verschiedener Wege durch die Quelle gefun − den. Magnets VUV beam position 2 VUV beam position1 Abb. 6: Schema der Multipolquelle und Absorptionswege der Lyman−alpha−Strahlung Tritt nämlich der sondierende VUV−Strahl Cathode dicht unterhalb des End flansches − entsprechend Pos. 2 in Abb. 6 − durch das Entladungsgefäß, so wird eine wesentlich größere atomare Dichte gemessen. I =20 A p =16 µbar n(D)/n(D2) /% 60 Pos. 2 50 40 30 20 AbbIII6.ORG Pos. 1 10 0 0 10 20 30 40 50 60 I /A Abb. 7: Verhältnis der atomaren zur molekularen Deuteriumdichte für un − terschiedliche Absorptionswege Die Vermutung liegt nahe, daß dies auch für die radiale Richtung zutrifft, so daß also die kalte H−Komponente außerhalb des leuchtenden Plasmabereiches dominant vertreten ist − ein angesichts der geringen Dichte überraschender Befund, der der weiteren Abklärung bedarf − siehe Antragsteil. Dieses Ergebnis wird gestützt durch Absorptionsmessungen der n=2 Besetzung mit Hilfe eines Balmer−alpha Diodenlasersystems [NIEM]. Abb. 8 zeigt den Aufbau. Die abstimmbare Strahlung wird von einer Laserdiode in einem externen Littman Resonator erzeugt; zur Vergrößerung des Absorptionsweges wird das Plasma mit einer White−Multipassanordnung vielfach durchsetzt. Temperatur−und Stromregelung Strahlteiler Lichtleiter NGD Filter Bucket−Source Laserdioden− system T M P T M P Multipassspiegel Frequenz− generator Analoger Dividerer Lock−In− Verstärker Computer Abb. 8: Schema der Anordnung zur Balmer−alpha Absorptionsmessung. Die folgende Abbildung zeigt zwei typische Beispiele: 0.4 L= 400 cm Absorbanz 9 −3 N= 1.1·10 cm T= 1500 K 0.3 0.2 L= 400 cm 1.4 N= 5.1·109 cm−3 T= 2600 K 1.2 1.0 0.8 I= 10 A P= 1.6 Pa I= 30 A P= 1.6 Pa 0.6 0.4 0.1 0.2 0 0.0 15233.0 15233.5 Wellenzahl /cm−1 15232.5 15233.0 15233.5 15234.0 Wellenzahl /cm−1 Abb. 9: Gemessene Balmer−alpha Absorptionsprofile im Vergleich zur Rechnung für die angegebene Kombination von Dichte und Temperatur Der Vergleich zwischen gemessenen und auf der Basis der Feinstrukturaufspaltung und Summation über die Doppler− verbreiterten Komponenten angepaßten gerechneten Profile ergibt unzweideutig, daß die Tempera tur der Atome im Niveau n=2 der heißen Komponente angehören und kei nen kalten Anteil besitzen. Die (nicht so gut aufgelösten) Emissionsmes sungen werden also voll bestätigt. N2 / 10 9cm−3 3000 5 2500 4 2000 3 1500 2 p = 1.6 Pa T2 N2 1 0 10 15 20 I/A 25 30 T2 / K 6 1000 500 0 Abb. 10: Gemessene Dichten (n=2) und Temperaturen als Funktion der Stromstärke Unsere jetzige Vorstellung besagt, daß der über die VUV Absorptionsspektroskopie identifizierte kalte Anteil am Rand konzentriert ist, und daß heiße Atome im Plasma angetroffen werden. Die Untersuchung dieser überraschenden Inhomogenität und Klärung der Ursachen ist für die an stehende Antragsphase vorgesehen. 3.2 Molekulare Komponente: Bereits in der vorangegangenen Berichtsphase war über VUV− Absorptionsmessungen der Besetzung der Schwingungs− und Rotationszustände des elektronischen Grundzustandes berichtet worden. Die Ergebnisse lassen sich so zusammenfassen [WAG2]: Die Moleküle besitzen Translationstemperaturen um 400 K. Die Rotationsbesetzungen der ersten (etwa bis J= 4) Niveaus weisen sehr ähnliche Temperaturen auf; die höheren J sind deutlich überbesetzt. Dies wurde auch bei anderen Untersuchungen an H 2 so beobachtet [STUT], [BONN], [MEUL]) und überrascht daher nicht. Von besonderem Interesse ist die Besetzung der Schwingungszustände − insbesondere im Bereich v=6 und höher, da der Prozeß des dissoziativen Attachment von Elektronen an hoch schwingungsangeregte Moleküle als dominierender Mechanismus für die Erzeugung negativer Wasserstoffionen angesehen wird. Theoretisch begründete Modelle gehen von einer überthermischen Besetzung aus. Unsere Absorptionsmessungen waren in der Lage, bis v=5 (Deuterium v=6) mit akzeptabler Genauigkeit sichtlinienintegrierte Dichten der stärksten Rotationsübergänge zu bestimmen. Grenzen waren gegeben durch Justierprobleme wegen der verwendeten LiF− bzw. MgF 2 −Linsen und − Prismen aufgrund des im VUV stark wellenlängenabhängigen Brechungsindex; ferner durch Intensitätsfluktuationen der VUV Sondie rungsstrahlung und durch Bedampfung der Fenster, die Langzeitmessun gen zur Verbesserung der Statistik ausschlossen. Inzwischen haben wir die experimentelle Situation ganz entscheidend verbessern können. Zunächst wurde der optische Aufbau voll auf Reflexionsoptik umgestellt und auch die Auswahl der jeweils für die einzelnen molekularen Übergänge benötigten anti−Stokes Komponenten mit einem Beugungsgitter vorgenommen. Excimer−Laser Plasma Source VUV− Mono− chromator (Signal) Dye−Laser +SHG Raman Cell VUV− Mono− chromator (Reference) Digital Scope Abb. 11: Modifizierter experimenteller Aufbau zur VUV Diagnostik an der Multipolquelle Jetzt ist das Justieren problemlos in der nullten Ordnung des Gitters mög − lich. Eine weitere Verbesserung betrifft die Möglichkeit, die Entladung zu pul − sen und z.B. den Strom in Zeiten unterhalb einer Mikrosekunde abzu − schalten. Die VUV−Erzeugung wurde ebenfalls entscheidend verbessert, indem das von uns schon früher vorgeschlagenen Prinzip des Stokes seedingˆ [SVG2] angewandt wurde. Die Methode ist einfach: Vor der Raman−Zelle unveränderter Bauart befindet sich ein mit etwa 10 bar H 2 gefülltes Rohr, das eintrittsseitig durch ein Quarzfenster und austrittsseitig durch die Fokussierungslinse der nachfolgenden Raman−Zelle abgeschlossen ist. Der Farbstofflaserstrahl durchsetzt diesen Hochdruckteil unfokussiert − dennoch wird in geringem Umfang Stokes−verschobene Strahlung erzeugt, die gemeinsam mit der eigentlichen Pumpstrahlung in die VUV− Raman−Zelle fokussiert wird. Dies hat, wie in [GOEH] näher ausgeführt, die Wirkung, daß die VUV−Erzeugung vor allem bei den hohen anti− Stokes Ordnungen viel effizienter abläuft und ferner die Intensitätsschwankungen erheblich reduziert sind. 10−4 Energy/J 10−5 10−6 10−7 10−8 120 without Stokes−seeding with Stokes−seeding 140 160 λ/nm 180 200 Abb. 12: Verbesserung der VUV−Erzeugung im tiefen VUV durch Stokes− Seeding Ein weiterer erheblicher Vorteil besteht darin, daß diese Methode der VUV−Erzeugung es erlaubt, unverdoppelte Farbstofflaserstrahlung im Be − reich um λ=370 nm als Pumpstrahlung zu verwenden, so daß die störan − fällige Rotation des Verdopplerkristalls vermieden werden kann. Man muß allerdings auf der Austrittsseite der Raman−Zelle Vorkehrungen treffen, daß nicht durch die jetzt sehr intensive (40 mJ) Pumpstrahlung Beschädigungen am Gitter auftreten. Der notwendige Weg (geeignete Bedampfung des ersten getroffenen Umlenkspiegels) ist abgeklärt; der Übergang auf diese verbesserte Me− thode ist für die nahe Zukunft vorgesehen. Eine ganz wesentliche Verbesserung ergab sich aufgrund der Möglich keit, die Entladung zu pulsen. Auf der Basis früherer Arbeiten [KAT1], [KAT2], [MOS] wurde der Versuch unternommen, anstelle der bisher verfolgten Absorptionsmessungen, LIF−Messungen zu versuchen, um die vor allem interessierenden hochliegenden Vibrationsniveaus zu untersuchen. Diese sind in Absorption auf dem intensiven Untergrund des Sondierungsstrahls nicht mehr detektierbar. In Gegenwart des Plasmas ist LIF wegen der sehr intensiven Strahlung gerade auf den interessierenden Übergängen [GRAH] aussichtslos. Die genannten Arbeiten zeigten jedoch, daß die hochliegenden Zustände aufgrund ihres metastabilen Charakters über mehrere hundert Mikrosekunden eingefrorenˆ sind, wenn die Entladung abgeschaltet ist. Erste Versuche zeigten, daß es unumgänglich ist, den VUV−PMT zu pul − sen und ferner ihn auch vor der intensiven Plasmastrahlung im span − nungslosen Zustand durch einen geeignet ausgelegten Chopper zu schützen. Inzwischen gibt es erste, sehr positive Ergebnisse: Es lassen sich in der Tat sehr hohe Vibrationszustände identifizieren. Es ist ferner möglich, das Abklingen der Besetzungen als Funktion von v und des Zeitpunktes nach dem Abschalten zu verfolgen. Die Absolutkalibrierung ist − bis auf lösbare Details − über Rayleigh− Streuung an Argon möglich. Die im folgenden dargestellten Messungen wurden in einem Zeitfenster 300 Mikrosekunden nach dem Abschalten gewonnen. Man kann dann noch Besetzung in v=11 messen. Geht man mit dem Zeitfenster bis etwa 50 Mikrosekunden an das Abschalten heran − dies ist derzeit nur unvollkommen möglich − dann ist sogar noch ein Si − gnal von v=14 erkennbar − mehr Vibrationszustände hat der molekulare Grundzustand nicht! Die in der folgenden Abb. 13 dargestellten Besetzungen sind noch mit allem Vorbehalt zu betrachten: Zum Fluoreszenzlicht tragen alle nach dem Franck−Condon−Prinzip möglichen Übergänge [DABR] bei. Die Verzwei − gungsverhältnisse [ALDA], [SPIN] sind berücksichtigt; jedoch ist gleiche Detektionsempfindlichkeit angenommen. Anstelle der Summation über alle Rotationslinien wurde jeweils der P(1)−Übergang als Stellvertreterˆ angesehen. Folgende Übergänge wurden benutzt:. Übergang Wellenlänge/ nm Aik/ 108 s−1 X(3) − B(0) X(4) − B(3) 127.681 127.058 3.733 1.653 X(5) − B(2) X(6) − B(1) 134.732 142.966 2.101 2.467 X(7) − B(3) X(8) − B(2) 143.505 151.745 1.806 2.490 X(9) − B(4) X(10) − B(3) 151.347 159.131 1.155 3.565 X(11) − B(4) 160.449 4.164 Diese Übersicht zeigt die ausgezeichnete Eignung unserer Methode der VUV−Erzeugung über SARS für diese Anwendung, die es im Gegensatz zu den sonst üblichen nichtlinearen optischen Methoden zur VUV−Erzeugung erlaubt, ohne wesentliche Änderung aufgrund der Verfügbarkeit einer großen Zahl von Raman−Ordnungen ein derart großes spektrales Intervall im VUV mit einem Farbstoff abzudecken. population X(v’’,1) 17 1016 v’’=3 1015 1014 I =5A U = 100 V p = 1 Pa t = 300 µs v’’=11 1013 0 10000 20000 −1 auswer t3.or g nv [ m−3 ] 10 30000 energy [ cm ] Abb. 13: Vorläufige erste Auswertungen der Besetzungsdichten hochliegender Schwingungszustände (J=1) Angesichts der derzeit noch anzubringenden Vorbehalte erscheint ein Vergleich des Besetzungsverhaltens mit den Ergebnissen der Modellie − rungen verfrüht. Immerhin ist klar, daß uns jetzt das Instrumentarium zur Lösung dieser bisher ungeklärten Frage zur Verfügung steht. Diese VUV−LIF Untersuchungen bedürfen noch der Vertiefung und Abrundung − ferner sind dann auch die notwendigen Parameterstudien etc. durchzuführen − hierauf ist im Antragsteil näher eingegangen worden. Literatur: [SVG1]: V. Schulz−von der Gathen, and H.F. Döbele: Plasma Chem. Plasma Process.16 (1996) 461 [BURS]: M.L. Burshtein, B.P. Lavrov, and V.N. Yakovlev: Opt. Spectr., 62 (1987) 729 [FRA]: A. Francis, U. Czarnetzki, H.F. Döbele and N. Sadeghi: Appl.Phys.Lett., 71 (1997) 3796 [BITT]: J. Bittner, K. Kohse−Höinghaus, U. Meier, S. Kelm, Th. Just: Combustion and Flame, 71 (1988) 41 [MUE]: M. Müller: Diplomarbeit, Uni GH Essen, 1997 [NNIE]: N. Niemöller, V. Schulz−von der Gathen, A. Stampa, H.F. Döbele: Plasma Sources Sci.Technol. 64 (1997) 78 [LUKA]: C. Lukas: Diplomarbeit, Uni GH Essen, 1997 [BUIE]: M.J. Buie, J.T.P. Pender, J.P. Holloway, T. Vincent, P.L.G. Ventzek, M.L. Brake: J. Quant. Spectrosc. Radiat. Transfer 55 (1996) 231 [OVHO]: L.J. Overzet, M.B. Hopkins: Appl. Phys. Lett., 63 (1993) 2484 [BOEU]: J.P. Boeuf, L.C. Pitchford: Phys. Rev. E, 51 (1995) 1376 [WAG1]:D. Wagner, B. Dikmen, H.F. Döbele: Rev. Sci. Instr. 67 (1996) 1800 [PEAL]: M.Pealat, J.P.E. Taran, M. Bacal, F. Hillion: J. Chem. Phys. 82 (1985) 4943 [NIEM]: K. Niemi: Diplomarbeit Uni GH Essen, 1998 [WAG2]:D. Wagner, B. Dikmen, H.F. Döbele: Plasma Sources Sci.Technol. (einger.) [STUT]: G. C. Stutzin, A. T. Young, A. S. Schlachter, K. N. Leung, W. B. Kunkel: Rev. Sci. Instrum. 59, 1479 (1988). [BONN]: J.H.M. Bonnie, P.J. Eenshuistra, H.J. Hopman: Phys. Rev. A37 (1988) 1121 [MEUL]: R.F.G. Meulenbroeks: Thesis, TU Eindhoven, 1996 [SVG2]: V. Schulz−von der Gathen, T. Bornemann. V. Kornas, H. F. Döbele: IEEE J. Quant. Electron. 26 (1990) 739 [GOEH]:A. Goehlich: Diplomarbeit Uni GH Essen, 1997 [KAT1]: H.−M. Katsch, E. Quandt: J. Phys. D: Appl. Phys. 25 (1992) 430 [KAT2]: H.−M. Katsch, E. Quandt, A. Köster: J. Phys. D: Appl. Phys. 28 (1995) 493 [MOS]: T. Mosbach, H.−M. Katsch, H.F. Döbele: Plasma Sources Sci.Technol. 7 (1998) 75 [GRAH]: W.G. Graham: J. Phys. D: Appl. Phys. 17 (1984) 2225 [DABR]: I. Dabrowski: Can. J. Phys. 62 (1984) 1639 [SPIN]: R.J. Spindler: J. Quant. Spectrosc. Radiat. Transfer. 9 (1969) 597 [ALDA]: A.C. Allision and A. Dalgarno: Atomic Data 1 (1970) 289