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10.11.2010
Entscheidende Behörde
UVS Steiermark
Entscheidungsdatum
10.11.2010
Geschäftszahl
20.3-3/2010
Spruch
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über
die am 22. Jänner 2010 eingebrachte Beschwerde der A D, , vertreten durch Dr. T K, Rechtsanwalt in W, wegen
Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, gemäß §§ 67 a Z 2, 67 c
Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), §§ 46, 50 Abs 1, 88 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), §§
3, 8 und 9 Unterbringungsgesetz (UbG) und §§ 2 Z 2, 4 Waffengebrauchsgesetz (WaffGebrG), wie folgt
entschieden:
Die Einweisung der Beschwerdeführerin am 30. Dezember 2009 in die Psychiatrie des LSF Graz durch Organe
der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur war rechtswidrig.
Der Bund (Bundesministerin für Inneres) hat der Beschwerdeführerin gemäß § 79 a AVG iVm der UVSAufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008, einen mit € 1.676,40 bestimmten Kostenaufwand
binnen zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren in
der Höhe von € 1.642,80 wird abgewiesen.
Die Kosten des medizinischen Sachverständigen hat der Bund gemäß § 76 AVG zu tragen, wobei die genaue
Höhe in einem gesonderten Bescheid vorgeschrieben wird.
Text
I.1. In der Beschwerde vom 16. Jänner 2010 (Postaufgabestempel 19. Jänner 2010) wird im Wesentlichen
vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin am 26. Dezember 2009 in das LKH Bruck gebracht wurde und dort
auch am selben Tag ein Kind entband. Am 30. Dezember 2009 sei sie auf Grund der Weisung des beigezogenen
Distriktsarztes von Polizeibeamten unter Gewaltanwendung in die Landesnervenklinik nach Graz gebracht
worden. Die hiezu eingesetzten Polizeibeamten hätten keinen gesetzlich zulässigen Anlass gehabt die
Beschwerdeführerin durch Gewaltanwendung über einen Gang zu schleifen und zu Boden zu werfen. Diese
Vorgangsweise sei nicht verhältnismäßig gewesen. Im Übrigen sei die Beschwerdeführerin durch den
zwangsweise durchgeführten Transport in das LSF Graz einen Tag lang unbegründet angehalten und ihrer
Freiheit beraubt gewesen. Die Polizeibeamten hätten Weisungen der anwesenden Amtspflegerin des Magistrates
Wien ausgeführt ohne sich den Rechtsgrundlagen ihres Einschreitens zu versichern. Die von der Amtspflegerin
aufgestellte Behauptung, die Beschwerdeführerin sei psychisch krank und stünde unter Kuratel, hätte ebenfalls
nicht zugetroffen, sowie die Behauptung, die Beschwerdeführerin hätte gedroht sich und ihr Kind umzubringen.
Der Distriktsarzt habe keine Untersuchung vorgenommen, sondern nur auf Weisung der Amtspflegerin die
Verbringung der Beschwerdeführerin in die psychiatrische Klinik angeordnet. Am 31. Dezember 2009 sei die
Beschwerdeführerin nach der Abholung aus der Landesnervenklinik wegen anhaltender starker Schmerzen zu
einem Arzt gebracht worden, der eine Verletzungsanzeige erstellte und wurden auch am selben Tag Fotos von
ihren Armen gemacht.
Die weiteren Ausführungen betrafen eine gleichzeitig eingebrachte Richtlinienbeschwerde gemäß § 89 Abs 2
SPG. Es wurde der Antrag gestellt der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark wolle iSd § 88 SPG
feststellen, daß die Beschwerdeführerin durch das dargelegte Einschreiten der og Organe der öffentlichen
Sicherheit in ihren Rechten verletzt worden ist; und wolle feststellen, daß durch das beschriebene Verhalten
dieser Organe die oa Richtlinien iSd § 31 SPG verletzt worden sind.
Zudem wurde die Verletzungsanzeige vom 31. Dezember 2009, erstellt von MR Dr. H Hu, Arzt für
Allgemeinmedizin in vorgelegt, wonach folgende Verletzungen aufscheinen: Druck- und Bewegungsschmerz an
der dorsalen Seite beider Unterarme im distalen Drittel, keine Schwellung festellbar, weiterhin Druck- und
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Bewegungsschmerz an beiden Oberarmen im mittleren Drittel, keine äußere Verletzung sichtbar. Auch wurden
zwei Lichtbilder von einem Arm vorgelegt, bei dem ersichtlich ist, dass eine leichte Rötung des Handgelenkes
vorhanden ist.
2. Die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur legte am 19. Februar 2010 einen Bericht des
Bezirkspolizeikommandos Mürzzuschlag vom 16. Februar 2010, GZ.: E2/1468/2010, samt Beilagen vor und
beantragte die Abweisung der Maßnahmenbeschwerde.
3. Der Rechtsanwalt des Zeugen Dr. F R, beigezogener Distriktsarzt, legte am 04. Mai 2010 die Rückseite des
vom Zeugen Dr. R ausgestellten Pareres vor, da diese nicht im Gerichtsakt vorhanden gewesen sei. Zudem wird
ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin nicht vom Zeugen Dr. R in die geschlossene Abteilung eingewiesen
worden sei, sondern wurde die Beschwerdeführerin zur psychiatrischen Untersuchung überstellt, um
ausschließen zu können, daß keine Einweisungsgründe vorliegen. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 19. Mai
2010 teilte der Distriktsarzt mit, dass die Staatsanwalt Leoben am 10. Mai 2010, GZ.: 2St17/10z-1, das gegen
ihn eingeleitete Strafverfahren gemäß § 302 StGB (Missbrauch der Amtsgewalt) eingestellt hat.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark holte im Rahmen des Verfahrens die
Bescheinigung nach § 8 UbG beim LSF Graz ein. Aus der Bescheinigung geht hervor, dass auf Grund
einer außergewöhnlichen psychischen Belastung eine reguläre Entlassung aus dem Krankenhaus nicht
möglich sei und eine psychische Untersuchung und Ausschluss einer evtl. Suizidgefahr ist dringend
erforderlich, wobei die auf der Bescheinigung angeführte Rubrik Voraussetzung nach § 3 UbG:
1. Eine psychische Krankheit liegt derzeit vor und der (die) Kranke gefährdet im Zusammenhang damit
sein (ihr) Leben oder seine (ihre) Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich
angekreuzt wurde.
5. Betreffend der eingebrachten Richtlinienbeschwerde erging ein gesonderter Bescheid des Unabhängigen
Verwaltungssenates für die Steiermark vom 16. Juni 2010, GZ.: UVS 22.3-1/2010.
II.1. Auf Grund des Akteninhaltes als auch der in den Verhandlungen am 07. Juli 2010 und 05. Oktober 2010
erfolgten Einvernahmen der Beschwerdeführerin, sowie der Zeugen Primar Dr. Wi Ah, Mag. G We, OA Dr. Ge
M, Re S, Rt B, GI An L, GI Wa Fe, Distriktsarzt Dr. F R und dem eingeholten medizinischen Gutachten, erstellt
von Dr. Egon Skalka, beigezogener medizinischer Sachverständiger, vom 01. Oktober 2010, wurde
nachfolgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:
Am 26. Dezember 2009 hat die Beschwerdeführerin im Landeskrankenhaus Bruck an der Mur ein Kind
entbunden. Am 30. Dezember 2009 kam es zu einer Abnahme des Kindes durch das Magistrat Wien, Amt für
Jugend und Familie, wegen Gefahr im Verzug (§ 215 Abs 1, 2. Satz ABGB). Zur Sicherung bei der
Kindesabnahme wurde GI An L und GI Wa Fe, beide Polizeiinspektion Bruck an der Mur, zur Assistenzleistung
beigezogen. Zudem wurde der Distriktsarzt Dr. R von dem diensthabenden Arzt der Geburtenstation des LKH
Bruck Dr. M aus prophylaktischen und präventiven Gründen angefordert.
Die Kindesabnahme erfolgte federführend durch die Sozialarbeiterin B vom Magistrat Wien ohne Beisein der
Beschwerdeführerin. Im Anschluss daran wurde die Beschwerdeführerin von Dr. M aufgefordert noch in ein
Zimmer zu kommen und wollte dort die Sozialarbeiterin B der Beschwerdeführerin die Gründe der
Kindesabnahme mitteilen. Da die Sozialarbeiterin B der Beschwerdeführerin bereits von anderen
Amtshandlungen, unter anderem auch von anderen Kindesabnahmen, bekannt war, vermutete die
Beschwerdeführerin bereits eine Kindesabnahme. Die Beschwerdeführerin ließ sich auf kein Gespräch mit der
Sozialarbeiterin B ein, telefonierte mit einem Handy, dass sie sich von einer anderen Patientin geben ließ, da ihr
Handy kein Gesprächsguthaben mehr aufwies, und begab sich auf den Gang der Gebärstation. Die
Beschwerdeführerin ging laut telefonierend - geschrien hat sie nicht - bis vor die Tür des Kinderzimmers und
erklärte ihr daraufhin die Stationsschwester S, dass sie dort nicht hinein könne. Die Beschwerdeführerin kam
dieser Anordnung nach und begab sich mit der Stationsschwester S zum nahegelegenen Schwesternzimmer, wo
sie nicht mehr weitergehen wollte. Dort traf sie auch auf die beiden Polizeibeamten und hielt ihnen vor, da sie
bei der rechtswidrigen Kindesabnahme mitgewirkt hätten. Der Distriktsarzt Dr. R hörte die lautstarken
Beschwerden über die Kindesabnahme und rief aus dem Zimmer Richtung der Polizeibeamten, dass sie etwas
unternehmen sollten. Der Distriktsarzt sah durch das Verhalten der Beschwerdeführerin eine Gefährdung der
hoch schwangeren Mütter auf der Gebärstation und bestand für ihn die Gefahr, dass eine Mutter auf Grund der
hervorgerufenen Stresssituation kollabieren könnte. Die Beschwerdeführerin wurde danach von beiden
Polizisten an den Oberarmen genommen und in ein ca. 15 Meter entferntes Besprechungszimmer
zurückgebracht. Hiebei leistete die Beschwerdeführerin insofern passiven Widerstand, als sie ihre Beine
versteifte, sodass sie die Strecke teilweise gehend, teilweise schleifend mitgenommen wurde. Dagegen hat die
Beschwerdeführerin lautstark protestiert und telefonierte im Gehen.
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Im Besprechungszimmer waren noch andere Personen, als auch Dr. R, der sich der Beschwerdeführerin als
Distriktsarzt vorstellte. Die Beschwerdeführerin telefonierte auch dort ständig und erklärte, dass sie ihr Kind
zurückhaben wolle. Da vorerst ein Gespräch mit ihm nicht möglich war, verließ der Distriktsarzt das
Besprechungszimmer für ca. 10-15 Minuten. Als der Distriktsarzt zurückkahm, telefonierte die
Beschwerdeführerin weiter, insbesondere auch mit Mag. P, einem Kinderpsychologen. Dr. R erklärte der
Beschwerdeführerin, dass sie in die Psychiatrie kommen würde und dort von zwei unabhängigen Ärzten
untersucht werde, ob sie selbstgefährdend bzw fremdgefährdend sei. Da ihr Mag. P telefonisch mitteilte, dass sie
kooperieren solle, hat sie sich den Anordnungen gefügt. Der Distriktsarzt stellte eine § 8 UbG Bescheinigung
aus, indem er als Voraussetzungen nach § 3 UbG die Rubrik es liege eine psychische Krankheit derzeit vor und
der (die) Kranke gefährdet im Zusammenhang damit sein (ihr) Leben oder seine (ihre) Gesundheit oder das
Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich ankreuzte. Auf der Rückseite wurde noch handschriftlich
Nachfolgendes vermerkt:
Frau D A hat am 26.12.09 im LKH Bruck ein Kind geboren. Lt. Mitteilung des Magistrat Wiens hat Fr. D bereits
4 Kinder, die ihr wegen mangelnder Obsorge weggenommen wurden.
Das Kind wird jetzt von Beamten des Magistrat Wien vor der Gebärstation Bruck abgeholt und eine
Pflegemutter übergeben. Durch die außergewöhnliche psychische Belastung der Mutter ist eine reguläre
Entlassung nicht möglich.
Laut FA besteht ein Borderline Syndrom. Eine psychische Untersuchung mit Ausschluß einer evtl. Suizidgefahr
ist dringend erforderlich. Hr. Dr. St vom LSF wurde informiert. Zudem hatte der Distriktsarzt die § 8
Bescheinigung deshalb ausgestellt, da die Beschwerdeführerin sich am Gang aufhielt und die Möglichkeit gehabt
hätte in das Kinderzimmer zu gehen und ein Kind zu nehmen. Konkrete Anhaltspunkte hiefür habe er nicht
gehabt. Zudem sei kurz nach der Geburt es zu einer Kindesabnahme gekommen und auf Grund der Reaktion der
Beschwerdeführerin, die umherlief und immer wieder schrie, dass man ihr das Kind geben solle, habe er eine
Suizidgefahr angenommen. Als er die Beschwerdeführerin fragte, ob sie freiwillig in das LSF gehe, habe sie ihm
keine Antwort gegeben. Eine gelindere Möglichkeit habe er nicht gesehen.
Somit wurde die Beschwerdeführerin - die sich zu dem Zeitpunkt auf Grund der von ihr eingeholten
Informationen - kooperativ verhielt, mittels Tragbahre zu einem Rettungsfahrzeug gebracht und in das LSF Graz
überführt. Die Beschwerdeführerin hat während der gesamten Amtshandlung keine Selbstmordabsichten
geäußert und war auch gegen keine andere Person gewalttätig.
Am nächsten Tag wurde sie vom LSF Graz abgeholt und suchte in Krieglach den praktischen Arzt Dr. H Hu,
wegen einer Brustentzündung auf. Dr. H Hu erstattete auf Grund der Angaben der Beschwerdeführerin bezüglich
ihrer Arme eine Verletzungsanzeige, wobei er keine äußeren Verletzungen wahrnahm.
2. Der dem Verfahren beigezogene medizinische Sachverständige Dr. Egon Skalka gab zu den Fragen, ob die
Verbringung der Beschwerdeführerin durch zwei Polizeibeamte in das Besprechungszimmer mit einer
übermäßigen Gewaltanwendung verbunden gewesen sei und, ob bei der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der
Einweisung in das LSF Graz eine psychische Erkrankung mit einer erheblichen und ärztlichen Selbst- bzw
Gemeingefährlichkeit vorlag, Nachfolgendes Gutachten ab:
Zur Frage der Körperkraftanwendung durch die Polizisten:
Greift man auf die Kenntnis der äußeren Umstände zurück und auf die Aussagen der Tatzeugen, so wurde die
Beschwerdeführerin von den Zivilbeamten an den Armen erfasst bzw. gepackt und vom Kinderzimmerbereich,
teilweise weggezogen, teilweise Richtung Augenabteilung geschoben bzw. geleitet. Das Eskortieren ins
Besprechungszimmer sei aber im Großen und Ganzen ohne überschießende Gewaltanwendung erfolgt. Das
einschreiten der Beamten wird als maßvoll, rücksichtsvoll und ihre dabei angewandte physische Gewalt dosiert
und für die Tatsituation in keiner Weise unverhältnismäßig beschrieben.
Interessant sind in diesem Zusammenhang die Beobachtungen der Zeugen, welche, wie auch die der Beamten,
ein Fixieren oder Halten oder Umfassen der Unterarme nicht konkret bestätigen. Lediglich die
Beschwerdeführerin selbst postuliert auch an den Unterarmen angegriffen worden zu sein: sie habe ja auch sofort
danach große Schmerzen an den Ober- und Unterarmen verspürt.
Weiters liegen Zeugenaussagen vor, welche darauf hinweisen, dass die Beschwerdeführerin während der
gewaltsamen Rückführung ins Besprechungszimmer weiterhin mit einem oder sogar 2 Handys gleichzeitig
telefonieren konnte, sohin eine unfreiwillige Bewegungseinschränkung (Arretierung) zumindest eines
Unterarmes nicht vorgelegen sein dürfte. Die verursachte Freiheitsbeschränkung war nur partiell wirksam,
erlaubte zwanglos ein selbstständiges Telefonieren.
Zu den Lichtbildern ist anzumerken, dass infolge der mangelnden Qualität eine Differenzierung etwaig
vorliegender Verletzungen in keiner Weise möglich ist. Darüber hinaus fehlen auch Angaben zum Datum, zur
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Uhrzeit und zur Person. Ein Kausalzusammenhang mit einem Schadensereignissen kann somit gutachterlich
nicht hergestellt werden.
Zur Verletzungsanzeige: Am 31.12.2009 im Rahmen der Untersuchung durch MR. Dr. Hu wurden
ausschließlich die subjektiven Angaben der Beschwerdeführerin als sogenannte Verletzung ausgewiesen (Druckund Bewegungsschmerzen), äußere Verletzungszeichen waren nicht sichtbar.
Da bei einer Objektivierung von Verletzungen immer der erhobene Verletzungsbefund maßgebend ist, muß
gesagt werden, dass eine eigentliche Verletzung nicht verifiziert wurde. Nur infolge der Anamnese und der
subjektiven Schmerzangaben wurde die Verletzungsanzeige verfasst. Die von der Beschwerdeführerin
postulierten Schmerzen stellten subjektive, ärztlich nicht überprüfbare Angaben dar, sie objektivieren für sich
allein eine stattgefundene Verletzung nicht.
Zeichen der Anwendung grober stumpfer umschriebener Gewalt bei festem Zupacken und Halten der
Extremitäten verursacht regelmäßig - oft auch schon bei mäßiger lokaler Gewalteinwirkung - Verletzungsspuren
bzw. Verletzungsmerkmale wie multiple Druckmarken, Hautverfärbungen, Druckspuren und
Blutunterlaufungen, oft auch in charakteristischer Anordnung, wobei der Druck der Fingerkuppen zumeist ein
typisches Muster hinterlässt. Manchmal sieht man typische Fingernagelabdrücke und Hautabschürfungen infolge
einer zusätzlich einwirkenden tangentialen Kraftkomponente (Drehen, Ziehen etc.).
Retrospektiv gesehen darf bei fehlender Verifizierung einer Verletzung die körperliche Unversehrtheit erhalten
geblieben sein. Die getätigte subjektive Darstellung der Beschwerdeführerin kann keine Verletzung gutachterlich
objektivieren.
Unterbringungsgesetz:
Auffälligkeiten
Prinzipielle
Überlegungen/Gedanken
und
gegenständlich
diskussionswürdige
Zum Ablauf:
In der Regel wird von der Polizei der Amtsarzt oder Polizeiarzt zum Ort des Geschehens gerufen. Die Polizei
hat, nachdem sie die Unterbringungsvoraussetzungen für gegeben erachtet, die betreffende Person einer
Untersuchung durch den Arzt zuzuführen. Dies geschieht zumeist indem der Amtsarzt telefonisch beauftragt
wird vor Ort zu kommen. Erst aufgrund einer aktuellen ärztlichen Untersuchung, die das Vorliegen der
Unterbringungsvoraussetzungen bestätigt, darf der Betroffene dann in eine entsprechende Anstalt/Abteilung
verbracht werden. Die Bescheinigung des Amtsarztes muß detailliert begründet werden. Die Exploration hat
sorgfältig, gewissenhaft und pflichtgetreu zu erfolgen. Die Einweisung bedeutet Freiheitsberaubung, die
Menschenwürde muß geachtet werden.
Im gegenständlichen Fall wurde der DA ohne behördliche Veranlassung bzw. Auftrag tätig. Seine Beiziehung
durch OA Dr. M sei aus prophylaktischen und präventiven Gründen erfolgt.
Dieses Vorgehen ist in praxi aus verschiedenen naheliegenden Gründen völlig atypisch und hochproblematisch.
Gerade die im Vorfeld schon bereitstehende Anwesenheit des Amtsarztes könnte ja unter Umständen die
Situation negativ beeinflussen, sie sogar eskalieren lassen.
Die BF sagte vor dem UVS aus, gewusst zu haben, dass Dr. R als Amtsarzt beigezogen wurde, sie habe ihn ja im
Besprechungszimmer danach gefragt. Ob diese Kenntnis die BF nicht doch beschwerte, im Sinne einer
zusätzlichen Irritation und Belastung ist sicherlich diskussionswürdig.
Zur Frage, ob bei der BF zum Zeitpunkt der Anweisung in das LSF eine psychische Erkrankung mit einer
erheblichen und ernstlichen Selbst-bzw. Gemeingefährdung nachvollziehbar vorlag.:
Betrachtet man die ausgestellte Parere und deren nachgereichte Rückseite so darf festgehalten werden, dass eine
psychopathologische Analyse bzw. Exploration, welche wie oben angeführt, von entscheidender Bedeutung ist,
überhaupt nicht vorgenommen wurde. Insbesondere das Ausmaß und der weitere Verlauf von Auffälligkeiten
sind nicht dokumentiert worden.
Entscheidend für die Notwendigkeit einer Unterbringung ist ja die Charakterisierung der psychopathologischen
Auffälligkeiten aus denen eine Selbst- oder Fremdgefährdung abgeleitet werden kann.
Der DA hätte die Pflicht gehabt, ein pathologisches Krankheitsbild zu beschreiben, zu verweisen darauf, dass
dieses als psychische Krankheit betrachtet werden muß und zur Fremd- und/oder Selbstgefährlichkeit führt.
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Somit fehlen Befund und Gründe, warum die Voraussetzungen für die erfolgte Unterbringung gegeben waren.
Auch wurde in der §8 UBG-Bescheinigung keine psychische Krankheit ausgewiesen.
Ja, wie auf der Rückseite erkenntlich, delegierte der DA sogar seine persönlich vorzunehmende Untersuchung
bzw. seine diesbezüglich durchzuführenden Pflichten an die Ärzte des LSF.
Somit eignen sich in keiner Weise die Aufzeichnungen des DA für eine gutachterliche Beurteilung der gestellten
Frage.
Psychische Krankheit: Die Tatzeugen geben auf Befragen an, dass sich die BF zur Vorfallszeit in einem
verständlichen psychischen Ausnahmezustand befunden habe. Es habe ein Erregungszustand vorgelegen.
Die Beamten beschreiben das Zustandsbild als aufgebracht, erregt, die BF habe zumeist lautstark geschrien,
getobt, sei am Gang auf und ab gelaufen bzw. hin und her gegangen. Die Kindesmutter sei in einem wirren
Zustand gewesen, nicht mehr zurechnungsfähig. Mag We und Dr. R haben die BF offenbar auch ausschließlich
nur schreien gehört. Mag We habe in der Nähe der Tür des Kinderzimmers sie auch noch mit den Händen
gestikulieren gesehen.
Anders dagegen die Angaben des ärztlichen Krankenhauspersonals. Da wird ihr Zustand, Bezug nehmend auf
das oben Angeführte, zumeist als geordnet, nicht hysterisch beschrieben. Sie sei nicht in Panik verfallen, habe
nicht geschrien im eigentlichen Sinne, Und weiter: Sie sei relativ gefasst gewesen, habe einen stabilen Eindruck
gemacht (Ah, M , S). Anfänglich sei sie psychisch äußerst irritiert erschienen, in weiterer Folge habe sie sich
aber beruhigt (M).
Ernstliche und erhebliche Gefährdung:
Das Krankenhauspersonal konnte keine Selbst-oder Fremdgefährdung wahrnehmen (Ah, S), Mag. We insofern,
da sich die BF immer mehr der Türe zum Kinderzimmer genähert habe und er den Eindruck gehabt hatte, sie
wolle zu ihrem Kind hinein. Für die Beamten lag infolge des auffälligen Zustandsbildes der BF, ebenfalls eine
mögliche Gefährdung der Säuglinge im Kinderzimmer vor. Dr. R sah wiederum eine Gefährdung der
hochschwangeren Mütter, sowie auch der BF selbst, bedingt durch die Kindesabnahme.
Es steht für den Unterfertigten außer Zweifel, dass sich die Beschwerdeführerin zur Vorfallszeit in einer
extremen Belastungs- und Bedrängungssituation befand. Die verbale Übermittlung des Sachverhaltes der
Kindesabnahme durch Frau B bzw. durch die Wiener Magistratsbediensteten erscheint infolge vorgelegner
prädisponierender Faktoren bzw. vorgelegener Sensibilisierung durch vorausgegangene Abnahmen
(Konfliktsituationen) meines Erachtens nicht besonders diplomatisch gewesen zu sein. Mit einer psychischen
Belastungsreaktion musste gerechnet werden, die ja auch abrupt und impulsiv erfolgte und sicherlich zu keiner
kurzfristigen Einengung des Wahrnehmungsfeldes der Patientin führte. Vegetative und psychomotorische
Begleiterscheinungen einer heftigen Erregung waren feststellbar. Ihr Verhalten war passager dominiert von Wut,
Zorn, Ärger und Verzweiflung.
Bei Wahrnehmung des bedrohlichen Sachverhaltes trat sofort ein reaktiver psychischer Ausnahmezustand mit
konsekutiver Fluchtreaktion ein. Die BF wollte weg von den Magistratsbeamten, sie wollte zu ihrem vor einigen
Tagen geborenen Kind. Deshalb wollte sie ja auch wieder schnell zur Gebärstation gelangen, nach ihrem Kind
sehen.
Es ist eine empirische Erfahrungstatsache, dass z.B. Panik, Schreck und/oder Angst bei sensitiven
Persönlichkeiten einen psychischen Ausnahmezustand mit kurzfristiger Bewusstseinseinengung hervorrufen
können. Im vorliegenden Fall dauerte der exogen reaktiv hervorgerufene psychogene Erregungszustand aber nur
sehr kurz, war meines Erachtens in keiner Weise Ausdruck einer eigentlichen psychischen Erkrankung.
Man muß in diesen Zusammenhang festhalten, dass die BF, als sie die Türe zum Kinderzimmer erreichte den
Anordnungen der Stationsschwester wegzugehen, sogleich Folge leistete und den Bereich selbstständig verließ.
Dass die BF dann vor dem Schwesternzimmer durch die offenbar drohende Einweisung nicht mehr weitergehen
wollte, ist mehr als verständlich. Sie war aber soweit kooperativ und vernünftig, keinen wesentlichen Widerstand
gegenüber den begleitenden Beamten, während des Zurückgehens zum Besprechungszimmer, zu versuchen.
Im Besprechungszimmer legte sie sich dann auch selbstständig auf die Bahre, war weiterhin kooperativ, auch auf
der Fahrt ins LSF.
Das gezeigte psychische Zustandsbild der BF war geprägt durch ein langsames Abklingen der Erregungsphase,
der anfänglich labile emotionale Zustand stabilisierte sich. Ein anhaltender psychisch gestörter Zustand mit
Psychosecharakter ist retrospektiv nicht zu erheben.
Eine unter Umständen bei der BF vorgelegene Persönlichkeitsstörung, sog. Borderline Syndrom,
(gekennzeichnet durch vermehrte Aggressivität, Abhängigkeit, Suizidalität, dissoziales Verhalten und
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Beziehungsstörungen) darf keine wesentlich Modifikation bei der Einschätzung hervorrufen, zumal für die
Notwendigkeit der Unterbringung nicht die medizinische Diagnose entscheidend ist, sondern vielmehr die
vorliegenden psychopathologischen Auffälligkeiten.
Zusammenfassend kann in bezug auf die zu beantwortende Begutachtungsfrage, ob die Verbringung der
Beschwerdeführerin ins Besprechungszimmer mit übermäßiger Gewaltanwendung verbunden war, davon
ausgegangen werden, dass nach Rekonstruktion des Tatherganges und fehlender Objektivierung einer
Verletzung, keine übermäßige physische Gewalt von den Polizeibeamten angewendet wurde. Im Detail dazu
wird auf das oben Angeführte verwiesen.
Von der objektiven Betrachtung aus finden sich beim beschriebenen, teilweise psychopathologisch auffälligen,
Zustandsbild der BF zur Vorfallszeit aus medizinischer Sicht retrospektiv keine konkreten aktuellen
Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, dass eine ernstliche und erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung
vorgelegen hat. In diesem Zusammenhang muß auch berücksichtigt werden, dass schon a priori die doch
erheblich reduzierte körperliche Verfassung der BF, so kurz nach der Geburt ihre Kindes, das Risiko einer
Gefährdung erheblich minimiert.
Im Übrigen ist bei der Analyse des Gesamtverhaltens und der Tatsituation, bis auf eine kurze Zeit vorgelegene
expansiven Affektäußerung, ein durchaus planvolles und zielgerichtetes Verhalten zu attestieren. Der längere
Zeit angehaltene Erregungszustand hatte keinen ableitbaren Psychosecharakter im Sinne des UBG, er
beeinträchtigte auch nicht wesentlich, soweit retrospektiv feststellbar, die rationelle Steuerung des Verhaltens.
Als Beurteilungskriterien dienten die Zeugenaussagen zum Erscheinungsbild und dessen Verlauf, die Angaben
der Beschwerdeführerin und die Wahrnehmungen des Distriktsarztes.
3. Die getroffenen Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die Darstellung der Beschwerdeführerin, der
Zeugen Primar Dr. Wi Ah, Mag. G We, Dr. Ge M, Re S, Rt B, GI An L und Dr. F R in der Verhandlung sowie
dem eingeholten ärztlichen Gutachten, den vorgelegten Fotos und Telefonaufzeichnungen vom 30. Dezember
2009 von Gesprächen der Beschwerdeführerin mit Mag. P. Dass die beiden Polizeibeamten die Aussage
bezüglich der Verbringung der Beschwerdeführerin auf Grund eines anhängigen gerichtlichen Strafverfahrens
verweigerten, ist für die Feststellung des Sachverhaltes von keiner Relevanz, zumal im Akt die Stellungnahmen
von GI An L vom 08. Februar 2010 und von GI Wa Fe vom 09. Februar 2010 aufliegen (Stellungnahme der
belangten Behörde, Beilage 16 und Beilage 17). Zudem decken sich diese Aussagen soweit sie die Verbringung
der Beschwerdeführerin in das Besprechungszimmer beinhalten ohnedies mit der Darstellung der
Beschwerdeführerin bzw mit den übrigen Zeugenaussagen. Eine weitere Einvernahme der beiden Polizisten als
Zeugen - wie von der belangten Behörde beantragt - konnte somit auch im Hinblick auf eine
Verfahrensverzögerung, entfallen. Der bei der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Amtshandlung
beobachtete Zustand wird sicherlich auch durch die Zeugenaussage von Primar Dr. Wi Ah, Dr. Ge M,
Stationsschwester S, als auch ihrer Darstellung schlüssig und nachvollziehbar wiedergegeben. Der Zeuge Mag.
G We führt selbst an, dass er nicht den Zustand der Beschwerdeführerin beurteilen konnte, da er kein Mediziner
sei. Soweit die Lokalisation der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Festnahme betrifft, wird ausschließlich
der Zeugin Stationsschwester S Glauben geschenkt, da diese die Örtlichkeit auf Grund der langjährigen Tätigkeit
in der Geburtenstation genauestens kennt und somit wusste, dass die Beschwerdeführerin bereits von der Tür des
Kinderzimmers weggegangen ist und ihre Festnahme vor dem Schwesternzimmer erfolgte. Dass dies die beiden
Polizisten anders schildern, nämlich einer Festnahme vor dem Kinderzimmer, kann mit ihrer Unerfahrenheit mit
den örtlichen Gegebenheiten erklärt werden, ist jedoch bezüglich der Verhältnismäßigkeit der Gewaltanwendung
ohne Belang. Das abgegebene ärztliche Gutachten bezüglich der beiden gestellten Fragen ist schlüssig und
nachvollziehbar. Dass die Frage an den medizinischen Sachverständigen ob Dr. R in dieser Situation nur ein
kurzfristiges Handeln notwendig wäre, bei entsprechender Berücksichtigung eines anderen Beweisergebnisses,
was sich nach Einvernahme der beiden Beamten ergeben würde, zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre und
dies denkmöglich wäre für einen Mediziner nicht zugelassen wurde, erklärt sich deshalb, da zum einen der
Zeuge Dr. R bereits zur Causa einvernommen wurde und zum anderen die Frage auf einen Erkundungsbeweis
abstellt.
III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes:
1. Gemäß § 67 a Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen,
die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren
Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.
Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern
durch Einzelmitglied.
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Die Beschwerde langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 22. Jänner 2010
(Postaufgabestempel 19. Jänner 2010) ein, wodurch die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1
AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die
Steiermark gegeben, da die behauptete Maßnahme im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die
Steiermark durchgeführt wurde.
Gemäß § 88 Abs 1 SPG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die
behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren
Rechten verletzt worden zu sein (Art. 129 a Abs 1 Z 2 B-VG).
Gemäß Abs 4 leg cit entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat über Beschwerden gemäß Abs 1 oder 2
durch eines seiner Mitglieder. Im Übrigen gelten die §§ 67 c bis 67 g und 79 a AVG.
2. Vorerst ist festzustellen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat die Vorführung der Beschwerdeführerin
durch die Polizeibeamten zum Distriktsarzt und die erfolgte Einweisung der Beschwerdeführerin in das LSF
Graz durch die ausgestellte § 8 Bescheinigung des Distriktsarztes als eine Amtshandlung sieht. Als Teilakt dieser
Amtshandlung war zuerst zu prüfen, ob die Vorführung der Beschwerdeführerin durch zwei Polizeibeamte in das
Besprechungszimmer mit einer unverhältnismäßigen Gewaltanwendung verbunden war.
Die Einlieferung einer Person in eine geschlossene Abteilung einer Krankenanstalt für Geisteskranke, ihre
Aufnahme in die Anstalt und ihre zwangsweise Anhaltung, stellen Akte der Ausübung unmittelbarer
verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar (siehe Hauer/Kepplinger, SicherheitspolizeigesetzKommentar, S. 508 ff, Linde Verlag, Wien 2005, 3. Auflage).
Gemäß § 46 Abs 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, Menschen, von denen
sie aus besonderen Gründen annehmen, dass sie an einer psychischen Krankheit leiden und im Zusammenhang
damit ihr Leben oder ihre Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich
gefährden, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt oder einem Polizeiarzt vorzuführen, sofern dies
notwendig ist, um eine Untersuchung des Betroffenen durch diesen Arzt zu ermöglichen. Weiters sind die
Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, solche Menschen einer Krankenanstalt (Abteilung) für
Psychiatrie vorzuführen, sofern der Arzt die Voraussetzungen für eine Unterbringung bescheinigt.
Der § 46 SPG ermächtigte die beiden Polizeibeamten die Beschwerdeführerin, die sich vor dem
Schwesternzimmer aufhielt, zu dem Distriktsarzt im Besprechungszimmer vorzuführen, da bei der
Beschwerdeführerin unmittelbar zuvor eine Kindesabnahme durchgeführt wurde, die sie in einen
Erregungszustand versetzte. Es kann daher zu Recht davon ausgegangen werden, dass die Polizeibeamten
besondere Gründe annehmen konnten, wobei hiebei Annahme nur einen Verdacht verlangt und sich auf
keineswegs sicheres Wissen stützen muss. Da sich die Beschwerdeführerin jedoch weigerte sich dem
Distriktsarzt vorführen zu lassen um eine Untersuchung zu ermöglichen, war die Anwendung von Zwang
geboten.
Gemäß § 2 Z 2 Waffengebrauchsgesetz dürfen Organe der Bundespolizei und der Gemeindewachkörper in
Ausübung des Dienstes nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von Dienstwaffen Gebrauch
machen zur Überwindung eines auf die Vereitlung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes.
Gemäß § 4 leg cit ist der Waffengebrauch nur zulässig, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche
Maßnahmen, wie insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung
des Waffengebrauches, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbare
gelindere Mittel, wie insbesondere Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als
wirkungslos erwiesen haben.
Aus dieser Bestimmung haben die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes abgeleitet, dass in jenen Fällen, in
welchen das Waffengebrauchsgesetz den Waffengebrauch zulässt, das in § 2 Waffengebrauchsgesetz
bezeichnete Ziel auch durch Anwendung von Körperkraft und das Anlegen von Handfesseln verfolgt werden
darf. In concreto wurde die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Weigerung sich dem Distriktsarzt vorführen zu
lassen an beiden Oberarmen genommen und hiebei eine Wegstrecke von ca 15 Meter zum Besprechungszimmer
zurückgelegt. Hiebei konnte die Beschwerdeführerin - wie aus den Zeugenaussagen hervorgeht - auch
telefonieren, sodass ihr durchaus ein gewisser Spielraum mit ihren Armen verblieb. Dass die
Beschwerdeführerin zwischendurch ihre Beine steif machte und somit ein paar Meter mitgeschliffen werden
musste, hat sie sich selbst zuzuschreiben. Aus dem ärztlichen Gutachten geht hervor, dass keinesfalls
Verletzungsspuren bei der Beschwerdeführerin feststellbar waren, die auf Anwendung grober, stumpfer
umschriebener Gewalt bei festen Zupacken und Halten der Extremitäten verursacht, schließen lassen. Somit
kommt auch der medizinische Sachverständige schlüssigerweise zum Ergebnis, dass bei der Vorführung keine
übermäßige physische Gewalt von den Polizeibeamten angewendet wurde. Sowohl aus den vorgelegten
Lichtbildern als auch der Verletzungsanzeige vom 31. Dezember 2009 durch MR. Dr. Hu konnte eine behauptete
Verletzung verifiziert werden. Die von der Beschwerdeführerin postulierten Schmerzen sind ärztlich nicht
überprüfbar und stellen rein subjektive Angaben dar. Somit war die Verbringung der Beschwerdeführerin durch
Anwendung von Körperkraft durch die beiden Polizeibeamten als verhältnismäßig anzusehen.
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UVS Steiermark
10.11.2010
3. Zur Frage, ob bei der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Einweisung in das LSF Graz eine psychische
Erkrankung mit einer erheblichen und ernstlichen Selbst- bzw Gemeingefährdung vorlag.
Gemäß § 3 UbG darf in einer Anstalt nur nur untergebracht werden, wer
1. an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit
oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und
2. nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer psychiatrischen Abteilung, ausreichend ärztlich
behandelt oder betreut werden kann.
Gemäß § 8 leg cit darf eine Person gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine psychiatrische Abteilung
gebracht werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und
bescheinigt, dass die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen. In der Bescheinigung sind im einzelnen die
Gründe anzuführen, aus denen der Arzt die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachtet.
Gemäß § 9 leg cit sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt und verpflichtet, eine Person,
bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachten, zur
Untersuchung zum Arzt (§ 8) zu bringen oder diesen beizuziehen. Bescheinigt der Arzt das Vorliegen der
Voraussetzungen der Unterbringung, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene
Person in eine psychiatrische Abteilung zu bringen oder dies zu veranlassen. Wird eine solche Bescheinigung
nicht ausgestellt, so darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden.
Gemäß § 46 Abs 3 SPG ist im Übrigen in diesen Fällen gemäß § 9 UbG vorzugehen. Die Sicherheitsbehörde ist
ermächtigt, von der Vorführung in die Krankenanstalt (Abteilung) für Psychiatrie einen Angehörigen, der mit
dem Betroffenen wohnt oder für ihn sorgt, sofern kein solcher bekannt ist, einen Angehörigen aus dem Kreis der
Kinder, Ehegatten und Eltern von der Amtshandlung zu verständigen.
Dass in concreto der Distriktsarzt nicht von der Polizei beigezogen wurde, sondern von einem Arzt im
Krankenhaus, entspricht zwar nicht den Vorstellungen des § 46 Abs 1 SPG, lässt jedoch insgesamt die
Amtshandlung deshalb nicht rechtswidrig werden, zumal die tatsächliche Vorführung der Beschwerdeführerin
durch die dort anwesenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgte.
Eine Vorführung gemäß § 46 Abs 1 SPG setzt voraus, dass der Vorzuführende sein Leben oder seine Gesundheit
oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet (bloße Eigengefährdung reicht
ebenso aus wie bloße Fremdgefährdung). Die Gefahr muss konkret sein, jedenfalls wäre es zu wenig wenn eine
Gefahr bloß nicht auszuschließen ist (VwGH 27. November 2001, 2001/11/0320; Kopetzki, Grundriss RZ 94).
Geht man von der auf der Rückseite der § 8 Bescheinigung vorgenommene Bemerkung des Distriktsarztes aus,
so delegierte dieser die persönlich vorzunehmende Untersuchung an die Ärzte des LSF. Eine derartige
Vorgangsweise findet in § 46 Abs 1 SPG keine Deckung, da dort eine Untersuchung des Betroffenen notwendig
ist. Aber auch unter Außerachtlassung dieses groben Mangels, kommt der beigezogene medizinische
Sachverständige im Gutachten nachvollziehbar zum Schluss, dass keine konkreten aktuellen Anhaltspunkte
vorhanden waren, die darauf schließen lassen, dass eine ernstliche und erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung
vorgelegen hat.
Da somit die Voraussetzungen der Verbringung der Beschwerdeführerin in das LSF Graz nicht einmal
ansatzweise vorlagen, war die Überführung der Beschwerdeführerin in das LSF Graz rechtswidrig. Die
einschreitenden Polizeibeamten waren zwar nicht verpflichtet die Richtigkeit des Inhaltes der § 8 Bescheinigung
zu beurteilen, jedoch führen Fehler der Bescheinigung zur Rechtswidrigkeit der der Sicherheitsbehörde
zuzurechnende weiteren Anhaltung und Einlieferung (VwGH 27. November 2001, 2000/11/0320; UVS Wien
19. Jänner 1999, 02/P/13/22/98). Ausdrücklich wird noch darauf hingewiesen, dass keinesfalls von einer
Freiwilligkeit der Beschwerdeführerin bei der Überstellung in das LSF Graz ausgegangen werden konnte. Dies
zum einen da auf Grund der ausgestellten § 8 Bescheinigung und der anwesenden Polizisten der
Beschwerdeführerin nicht zugemutet werden konnte sich gegen die Überführung zu wehren und zum anderen die
Beschwerdeführerin selbst angab, dass sie es vorgezogen hätte in Bruck zu bleiben.
IV. Als Kosten wurden gemäß § 79 a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr.
456/2008, der Beschwerdeführerin ein Betrag von € 1.676,40 zugesprochen. Der Aufwandersatz setzt sich
zusammen aus dem Schriftsatzaufwand in der Höhe von € 737,60, dem Verhandlungsaufwand in der Höhe von €
922,00 und dem Stempelgebührenersatz in der Höhe von € 16,80. Das Mehrbegehren in der Höhe von €
1.642,80 war abzuweisen, da es sich hiebei um eine Amtshandlung mit verschiedenen Teilakten handelte. Da
bereits ein rechtswidriger Teilakt die gesamte Amtshandlung als rechtswidrig qualifiziert, war der
Beschwerdeführerin der Aufwandersatz zuzusprechen. Bemerkt wird noch, dass man selbst bei Befolgung der
Rechtsansicht der Beschwerdeführerin zu keinem anderen Ergebnis in der Kostenbeurteilung für die
Beschwerdeführerin gekommen wäre, da die von den Polizeibeamten angewendete Gewaltanwendung
verhältnismäßig war.
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