Klimawandel und biologische Vielfalt – welche Anpassungen von Naturschutzstrategien sind erforderlich? Projektabschlussbericht Name des Projekts: Klimawandel und biologische Vielfalt – welche Anpassungen von Naturschutzstrategien sind erforderlich? Themenfeld 4: Lebensqualität Vorsitzende(r): Name: LFP Max Reger Ministerium / Abteilung: Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum, Abteilung 5 Waldwirtschaft und Naturschutz Co-Vorsitzende(r): Name: Dr. Andre Baumann Institution: Naturschutzbund Deutschland e.V., Landesverband Baden-Württemberg Ansprechpartner: Name: LMR Dr. Dietwalt Rohlf Ministerium / Abteilung: Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum, Abteilung 5 Waldwirtschaft und Naturschutz, Referat 56 Grundsatzfragen des Naturschutzes Beginn: 14. Dezember 2007 Ende: 12. Dezember 2008 (Abschluss der Umsetzungsprojekte: 2011) -2- 1. Teilnehmende Institutionen Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Landespflege Badischer Landwirtschaftlicher Hauptverband e.V. Botanische Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutschland e.V. Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) Landesbauernverband Baden-Württemberg e.V. Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg NaturFreunde Deutschlands Landesverband Baden-Württemberg Naturschutzbund Deutschland e.V., Landesverband Baden-Württemberg (NABU) Naturschutzzentrum Bad Wurzach Naturschutzzentrum Karlsruhe-Rappenwörth Naturschutzzentrum Obere Donau Naturschutzzentrum Ruhestein Naturschutzzentrum Südschwarzwald Max-Planck-Institut für Ornithologie Vogelwarte Radolfzell Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg (MLR) Regierungspräsidien Karlsruhe, Stuttgart und Freiburg Regionalverband Südlicher Oberrhein Schwäbischer Albverein e.V. Schwarzwaldverein e.V. Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart (SMNS) Umweltministerium Baden-Württemberg (UM) Universität Hohenheim, Fachbereich Parasitologie Zusammenschluss der Naturschutzbeauftragten des Landes -3- 2. Aufgabenstellung und Ziel Das Thema "Klimawandel" ist eine der zentralen Herausforderungen für Natur und Gesellschaft in den kommenden Jahrzehnten. Die bisherigen Berichte des von den Vereinten Nationen eingerichteten Intergovernmental Panel on Climate Change belegen zweifelsfrei, dass sich das Klima ändert. Dies gilt nicht nur global, sondern auch regional. Durch höhere Temperaturen und Veränderungen der Niederschläge sind in Baden-Württemberg erhebliche Auswirkungen auf die biologische Vielfalt zu erwarten. Bereits heute können Änderungen der Verbreitungsareale von Tier- und Pflanzenarten sowie Veränderungen im Verhalten der Tierarten (z.B. Zug- und Brutverhalten) festgestellt werden. Eine Bedrohung stellen die Klimaänderungen vor allem für Lebensräume und Arten dar, die an kältere und feuchtere Bedingungen angepasst sind. Schätzungen des Bundesamtes für Naturschutz gehen davon aus, dass durch Klimaänderungen in den nächsten Jahrzehnten ca. 30 % der Arten deutschlandweit aussterben könnten. Umgekehrt können sich Verbreitungsareale von Wärme liebenden Arten nach Baden-Württemberg hinein ausdehnen, darunter auch invasive Arten. Welche Folgen sich daraus für die betroffenen Ökosysteme, aber auch für die Gesundheit von Mensch und Tier ergeben, kann gegenwärtig nur schwer eingeschätzt werden. (1) (2) (3) 1 Abb. 1: Profiteure des Klimawandels (Bienenfresser, Feuerlibelle, Tigermücke) 1 Fotos: (1) W. Schubert (LUBW-Archiv), (2) Wikipedia, (3) J. Gathany; Quelle LUBW 2007 -4- Ziel des Projektes ist es, eine dauerhaft zukunftsfähige Entwicklung der Biodiversität unter den Bedingungen des Klimawandels in Baden-Württemberg aufzuzeigen. Die Projektgruppe hat sich hierzu folgende Aufgaben gestellt: • Ermittlung des bisherigen Kenntnisstandes zu den Auswirkungen des Klimawandels und Betrachtung der Gefahren und Chancen für die Flora und Fauna BadenWürttembergs (einschließlich der Folgen für die menschliche Gesundheit) • Entwicklung konkreter Handlungsempfehlungen für eine Anpassung der bisherigen Naturschutzstrategien • Erarbeitung von Vorschlägen für mögliche Umsetzungsprojekte, die mit den empfohlenen Strategieansätzen übereinstimmen. Das Projekt bildet einen Baustein innerhalb des Aktionsplans Biologische Vielfalt2, der vom MLR 2008 ins Leben gerufen wurde und mit dem einer Gefährdung der Biodiversität in Baden-Württemberg entgegen gewirkt werden soll. Gleichzeitig trägt das Projekt zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der "Countdown 2010-Erklärung"3 der Weltnaturschutzorganisation IUCN bei, die am 4. März 2008 von Herrn Minister Hauk während einer Projektsitzung im Beisein von Sebastian Winkler, Direktor des Countdown 2010-Sekretariats, IUCN-Regionalbüro Europa, unterzeichnet wurde. 2 Der Aktionsplan wurde in Zusammenarbeit mit Naturschutz- und Nutzerverbänden entwickelt und vom Ministerrat am 17.03.2008 beschlossen. Er soll dazu beitragen, die Artenvielfalt in BadenWürttemberg zu erhalten. Weitere Bausteine des Aktionsplans sind die Kampagne für 111 gefährdete Arten ("111-Artenkorb"), ein Modellprojekt zur Umsetzung des Biodiversitäts-Checks für Gemeinden sowie das Altholz-, Totholz- und Habitatbaumkonzept für Wirtschaftswälder. 3 Mit der Initiative der IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources) soll der Verlust an Arten und Lebensräumen bis zum Jahr 2010 aufgehalten werden. Über 500 Regierungen, Behörden und Nichtregierungsorganisationen sind dieser Initiative mittlerweile weltweit beigetreten. Mit dem Beitritt verpflichtet sich Baden-Württemberg, konkrete Schritte zur Verbesserung der Lebensbedingungen für gefährdete heimische Arten zu unternehmen, um den Situation der Biodiversität in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2010 zu verbessern. -5- 3. Ergebnisbericht Im Rahmen der Auftaktveranstaltung am 14. Dezember 2007 wurden die Arbeitsund Diskussionsschwerpunkte des Projektes festgelegt. Auf dieser Basis konstituierten sich bei einer Folgeveranstaltung am 4. März 2008 drei Arbeitsgruppen zu den Themen • Chancen des Klimawandels für die Flora und Fauna Baden-Württembergs • Konsequenzen des Klimawandels – Besonderer Handlungsbedarf für Lebensräume • Gefahren des Klimawandels: Veränderungen im Artenspektrum. Die in den Arbeitsgruppen vertretenen 46 Projektteilnehmer aus 28 verschiedenen Institutionen (Verbände, Hochschulen, Verwaltungen und sonstige Institutionen) haben in den Monaten April bis Juli 2008 in jeweils drei separaten Sitzungen pro Gruppe Empfehlungen für die Anpassung von Naturschutzstrategien an den Klimawandel erarbeitet und Projektideen zur Umsetzung der Strategieansätze entwickelt. Die Empfehlungen und die Projektvorschläge wurden in zwei Arbeitstreffen im September und November gruppenübergreifend diskutiert und im Rahmen der Abschlussveranstaltung am 12. Dezember 2008 von der Projektgruppe gebilligt. Sie münden in ein zusammenfassendes Strategiepapier, das diesem Abschlussbericht als Anlage beigefügt ist. Inhaltlich begleitet und moderiert wurde der Dialogprozess durch das Institut für Organisationskommunikation (IFOK GmbH Bensheim/Berlin). Hinweise zu den drei Teilen A, B und C des Strategiepapiers: • Teil A (Managementfassung) enthält die Empfehlungen und wichtigsten Ergebnisse im Überblick. • Teil B (Ergebnisse der Arbeitsgruppen) gibt die inhaltliche Grundlage der Empfehlungen und die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wieder. • Die in Teil C (Materialsammlung) aufgeführten Dokumente dienten als fachliche Grundlage für die Ausarbeitung des Strategiepapiers. -6- Im Ergebnis werden 5 zentrale Empfehlungen für die Anpassung von Naturschutzstrategien an den Klimawandel ausgesprochen, die grundsätzlich Eingang finden sollen in das zukünftige Naturschutzhandeln des Landes Baden-Württemberg. Sie zeigen den aus Sicht der Projektbeteiligten vorrangigen Handlungsbedarf auf und fokussieren auf Schwerpunkte, die einer besonderen Anpassung bzw. Akzentuierung bedürfen (siehe 3.1). Zur konkreten Umsetzung der Strategieansätze wurden mehrere Projektideen entwickelt, die hinsichtlich der Kriterien Dringlichkeit, Wirksamkeit, Durchführungsqualität, Wirtschaftlichkeit und Übereinstimmung mit den Strategieempfehlungen bewertet wurden. Daraus resultierten drei konkrete Projektvorschläge, für die Mittel aus der Nachhaltigkeitsstrategie beantragt wurden (siehe 3.2). Abb. 2: Übersicht Projektablauf (IFOK GmbH) -7- 3.1 Empfehlungen für die Anpassung von Naturschutzstrategien Empfehlung 1: Optionsvielfalt ermöglichen - dynamische Prozesse fördern und steuern Angesichts vorhandener Prognoseunsicherheiten und der im Einzelnen schwer einzuschätzenden Auswirkungen des Klimawandels auf Arten und Lebensgemeinschaften sind Natur und Landschaft so weiterzuentwickeln, dass eine möglichst große Optionsvielfalt gewährleistet ist. Dies bedeutet zum einen, dynamischen Prozessen mehr Raum zu lassen. Zum anderen müssen Sukzessionsprozesse mit dem Ziel gesteuert werden, weiterhin unterschiedlichste Standort- und Habitatbedingungen zu erhalten. Habitatvielfalt bildet die Voraussetzung für Artenvielfalt. Die naturgemäß größte Dynamik entfalten in Mitteleuropa natürliche und naturnahe Fließgewässer. Ihnen sollte aus naturschutzfachlicher Sicht soviel Dynamik wie möglich zugestanden werden. Auch die Förderung und Vernetzung von Pionierstandorten ist geeignet, Optionsvielfalt zu fördern. Weitere Schwerpunktlebensräume im Zusammenhang mit der Förderung der Optionsvielfalt sind Wälder. Dynamische Prozesse im Wald sollten dazu dienen, die breite genetische Variabilität der Naturverjüngung zu nutzen und die Strukturvielfalt der Wälder zu erhöhen. (1) (2) Abb.3: Bei Fließgewässern und Wäldern sind dynamische Prozesse zu fördern4 4 Fotos: (1) NATUR-Bildarchiv Hafner, (2) Archiv Landesforstverwaltung -8- Die Erhaltung der Offenlandlebensräume ist ein wichtiger Bestandteil der Naturschutzarbeit in Baden-Württemberg. Neben der Förderung naturschutz-konformer Bewirtschaftungsweisen in der Landwirtschaft wird auf naturschutzwichtigen Flächen Biotoppflege durchgeführt und regulierend in natürliche Sukzessionsprozesse eingegriffen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf bisher landwirtschaftlich genutzten Grenzertragsstandorten wie beispielsweise Wacholderheiden, Magerrasen oder Nasswiesen. Derartige Biotope spielen beim Erhalt der biologischen Vielfalt im Zuge des Klimawandels eine entscheidende Rolle - sowohl als Lebensräume als auch als Wanderkorridore oder Trittsteine. Zur Erhaltung dieser besonders wertvollen Biotope muss daher weiter steuernd eingegriffen werden. Empfehlung 2: Biotopverbund – Wanderungen ermöglichen Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Klimaänderung stellt der Biotopverbund für viele Arten eine entscheidende Voraussetzung dar, um durch Neubesiedlung von Lebensräumen auf die Veränderungen reagieren zu können. Die Vernetzung essentieller Lebensstätten durch Korridorflächen und Trittsteinhabitate bildet einen zentralen Baustein einer an den Klimawandel angepassten Naturschutzstrategie und muss deshalb in den kommenden Jahren deutlich forciert werden. Abb. 4: Brückenschlag für den Biotopverbund (Foto: NABU) Bei der Ausgestaltung des Biotopverbundes sind einerseits potenziell zuwandernde Arten zu berücksichtigen, andererseits müssen Möglichkeiten zur Abwanderung von -9- Arten in kühlere Regionen geschaffen werden. Aufgrund der Verschiebung von Arealgrenzen sind auch die in Frage kommenden Zielareale einschließlich der entsprechenden Wander- und Ausbreitungsmöglichkeiten (von der regionalen bis zur internationalen Ebene) zu betrachten. Die Konzipierung von Trittsteinen und Wanderkorridoren hat sich spezifisch an den jeweils zu fördernden Arten auszurichten. Das Netz der potenziellen Lebensstätten sich ausbreitender oder zuwandernder Arten sollte diesen neuen Anforderungen gerecht werden. Ziel ist eine Mindestausstattung mit Lebensstätten und Wanderkorridoren. Empfehlung 3: Wasserhaushalt stabilisieren – empfindliche Biotope schützen Die durch den Klimawandel besonders gefährdeten Feuchtgebiete müssen zukünftig in stärkerem Maße durch eine Stabilisierung und Wiederherstellung ihres natürlichen Wasserhaushalts geschützt werden. Die Regeneration von Mooren stellt vor dem Hintergrund der möglichen CO2-Bindung gleichzeitig einen aktiven Beitrag des Naturschutzes zum Klimaschutz dar. Als wesentliches Strategieelement ist die Erarbeitung eines landesweiten Moorschutzkonzepts anzusehen, ggf. auf Grundlage regionaler Modellprojekte. Das vorhandene Moorkataster muss vervollständigt und aktualisiert werden. Sind durch die Stabilisierung des Wasserhaushalts von Moorstandorten aktuell genutzte landwirtschaftliche Flächen betroffen, können finanzielle Abgeltungen aufgrund von Ertragsausfällen notwendig werden. Abb.5: Die Regeneration von Mooren trägt aktiv zum Klimaschutz bei (Fotos: M. Röhl) - 10 - Empfehlung 4: Neobiota, Invasoren und gesundheitsgefährdende Arten erfassen und bewerten Angesichts der bislang kaum abschätzbaren Folgen der Einwanderung und Etablierung neuer Arten im Zuge des Klimawandels müssen deren Vorkommen, Ausbreitung, Fortpflanzung und Gefährdungspotenzial sowie die ökologischen und gesundheitsgefährdenden Folgewirkungen systematisch erfasst werden. Dies gilt in besonderem Maße für Vektoren, allergene oder giftige Arten. Hier ist der Aufbau entsprechender Monitoringsysteme erforderlich. Beim Nachweis sowie der Erfassung und Dokumentation von Neobiota, Invasoren (= gebietsfremde Arten, die zu unerwünschten Auswirkungen auf andere Arten oder Lebensräume führen) und gesundheitsgefährdenden Arten kann teilweise auf vorhandene Monitoring-Systeme zurückgegriffen und eine kostengünstige Mehrfachnutzung von biologischen Informationen und Daten gewährleistet werden. Erst auf Basis einer systematischen Erfassung können Risikoabschätzungen vorgenommen und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Auch klimabedingte Artengefährdung und Abwanderung sind durch das Monitoring erfassbar. Empfehlung 5: Informieren und kommunizieren Das Projekt „Klimawandel und biologische Vielfalt“ vereint zwei wichtige gesellschaftliche Themen, die Staat und Gesellschaft vor große Herausforderungen stellen, aber auch in ihrer gemeinsamen Betrachtung die Möglichkeit bieten, Naturschutzziele stärker in der Gesellschaft zu verankern, die verwaltungsinterne Kommunikation zu fördern und neue Partnerschaften zu bilden. Hierzu können verschiedene Formen der Öffentlichkeitsarbeit und die gesamte zur Verfügung stehende Medienpalette genutzt werden. Ausstellungsformate, die über den Wandel informieren, den Bezug zur schulischen Bildung herstellen, eine persönliche Betroffenheit erzeugen und damit den lebensweltlichen Bezug sichern, sind ein geeignetes Umsetzungsinstrument. - 11 - 3.2 Projektvorschläge zur Umsetzung der Strategieempfehlungen Folgende Projekte wurden zur Umsetzung vorgeschlagen: Projekt 1: Regionales Moorentwicklungskonzept – Nachhaltige Entwicklung der Moore vor dem Hintergrund prognostizierter Klimaveränderungen Moore sind als wassergebundene Lebensräume vom Klimawandel und der damit verbundenen Austrocknung besonders betroffen. Zur nachhaltigen Sicherung von Torflagerstätten ist eine Stabilisierung des Wasserhaushaltes erforderlich. Gleichzeitig kann hiermit die Emission von Treibhausgasen signifikant vermindert und ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Der Moorschutz in BadenWürttemberg hat sich in den letzten Jahren vor allem auf Großprojekte im Voralpenraum konzentriert (z.B. NSG Federsee, Wurzacher Ried, Pfrunger-Burgweiler Ried). Eine ganzheitliche Strategie, die naturschutzfachliche Anforderungen (u.a. des Biotopverbundes) und Boden- sowie Klimaschutzziele integriert, existiert bislang nicht. Das Regionale Moorentwicklungskonzept soll in diesem Sinne Impulsgeber und Motor für die Entwicklung eines landesweit übertragbaren Konzeptes zur nachhaltigen Sicherung der Moore in Baden-Württemberg sein. In einem regionalen Kontext (Landkreis Ravensburg) werden zusammen mit Nutzern, Verbänden und Behörden die wesentlichen Defizite im Moorschutz aufgearbeitet und Handlungsfelder benannt. Das Entwicklungskonzept soll durch eine Pilotphase im Arrisrieder Moos, in der erste Maßnahmen erprobt werden, abgerundet werden. Dies ermöglicht zum einen eine zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit, zum anderen können projektierte Maßnahmen evaluiert und neue Erkenntnisse für eine landesweite Übertragbarkeit gesammelt werden. Das Projekt hat eine voraussichtliche Laufzeit von zwei Jahren. Das Regionale Moorentwicklungskonzept schließt vorhandene Wissenslücken und bildet damit die Grundlage für den zielgerichteten Einsatz verschiedener naturschutzrechtlicher Instrumente. Hierdurch ist eine nachhaltige Umsetzung der Moorschutz- - 12 - konzeption gewährleistet. Die einzelnen Arbeitsschritte des Projektes sollen unter Federführung der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen in einer regionalen Lenkungsgruppe abgestimmt werden. Durch diesen partizipativen Ansatz können Umsetzungshemmnisse abgebaut und die Strategieziele nachhaltig kommuniziert werden. Folgende Institutionen werden am Projekt beteiligt: Regierungspräsidium Tübingen, Landratsamt Ravensburg, Naturschutzzentrum Bad Wurzach, Kommunen im Projektgebiet, Pro Regio GmbH, Vertreter der Land- und Forstwirtschaft, Naturschutzverbände, Agenda 21-Gruppen, lokale Gebietskenner, Eigentümer, LUBW, MLR. Projekt 2: Chancen und Gefahren des Klimawandels für die biologische Vielfalt in BadenWürttemberg durch Veränderungen im Artenspektrum – Erarbeitung eines Handlungskonzeptes (Erstnachweis, Risikoeinstufung, Invasionspotenzial) und von Maßnahmenvorschlägen Für Baden-Württemberg wurde aufgrund des Klimawandels in den letzten Jahren ein Zustrom gebietsfremder Tier- und Pflanzenarten festgestellt. Wärmeliebende Faunen- und Florenelemente breiten sich verstärkt aus. Viele dieser Tier- und Pflanzenarten fügen sich - ohne erhebliche Probleme zu verursachen - in die einheimischen Lebensgemeinschaften ein. Die Ausbreitung und Etablierung bestimmter zugewanderter oder eingeschleppter Arten bleibt allerdings nicht ohne Folgen für Lebensräume, Lebensgemeinschaften, die heimischen Arten und die menschliche Gesundheit. Sie können heimische Arten verdrängen oder solche ersetzen, die klimainduziert ausfallen. Unter den einwandernden Arten befinden sich außerdem blutsaugende Ektoparasiten, die einerseits als "Lästlinge", andererseits als Vektoren von Krankheitserregern fungieren. Solche Prozesse sind bereits in vollem Gange. Bislang fehlt es an systematischem Hinter- - 13 - grundwissen zur Beurteilung dieser Entwicklung, so dass keine zielgerichteten Maßnahmen ergriffen werden können. Ziel des Projektes ist es, die Chancen und Gefahren, die mit dem Auftreten neuer Arten verbunden sind, im Rahmen eines Handlungskonzeptes darzustellen und Maßnahmenvorschläge abzuleiten, die begleitend zu den Arbeiten in die praktische Naturschutzarbeit eingehen. Berücksichtigt werden sollen dabei sowohl die Auswirkungen auf Ökosysteme als auch auf die menschliche Gesundheit. Dazu müssen die klimabedingten Veränderungen im Artenspektrum festgestellt, quantifiziert und bewertet sowie entsprechende Aufnahme- und Bewertungsverfahren entwickelt werden. Auf der Basis einer Abschätzung des Risiko- und Invasionspotenzials werden zielgerichtet Maßnahmen- und Managementempfehlungen für die Behandlung neuer Tier- und Pflanzenarten abgeleitet und in der Naturschutzarbeit umgesetzt. Darüber hinaus soll im Rahmen des Projektes ein System zur Nutzung und Präsentation der Daten sowie zur Kommunikation der Gesamtergebnisse entwickelt werden. Das Projekt ordnet sich damit in die landesweiten Bestrebungen und Forschungsaktivitäten zur Erfassung und Bewertung des Klimawandels und seiner Folgen ein. Projekt 3: Sonderausstellung am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart (SMNS): "Grad°wanderung – Klima im Wandel" Ziel der Sonderausstellung ist es, die Besucher über den globalen Klimawandel zu den Problemen vor der eigenen Haustür zu führen und damit eine direkte Betroffenheit und Sensibilisierung auszulösen. Dies wird einerseits durch die didaktische Konzeption der Ausstellung gewährleistet, andererseits durch museumspädagogische Konzepte, die auf die Kernzielgruppen zugeschnitten sind. - 14 - Neben der Inszenierung und interaktiven Präsentation des Themas soll bei den Besuchern durch eine ansprechende Darstellung der laufenden Forschungen am Naturkundemuseum, den Universitäten und sonstigen Landeseinrichtungen das Vertrauen in die staatliche Natur- und Umweltschutzpolitik gesteigert werden. Über Medienpartner, Naturschutzverbände, Schulen und die Besucher selbst wird eine Breitenwirkung erzielt. Die Ausstellung stellt damit einen nachhaltigen Beitrag zur Umweltbildung dar und zeigt Wege einer klimaverträglichen Zukunftsentwicklung auf. Am SMNS läuft in enger Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz ein Forschungsprojekt zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Vielfalt der Pflanzen in Baden-Württemberg. Das SMNS verfügt über die nötige Erfahrung in der Durchführung von großen Sonderausstellungen als auch über die Fachkompetenz in Sachen Klimaschutz und biologischer Vielfalt und ist eng mit den entsprechenden Fachbehörden des Landes vernetzt. Die aktuellen Ergebnisse aus diesem Forschungsprojekt fließen in die Ausstellung ein. Diese Bündelung ist Voraussetzung für die nachhaltige und verständliche Übermittlung der komplexen Sachinformationen. Als Ausstellungszeitraum ist September 2010 bis März 2011 vorgesehen. Um eine angemessene Präsentation des umfangreichen Themas zu gewährleisten, sollen sowohl die Sonderausstellungsflächen im Museum am Löwentor als auch im Schloss Rosenstein genutzt werden. Zur Verbesserung der Breitenwirkung des Projekts wird ein Teil der Sonderausstellung so konzipiert, dass er als eigenständige Wanderausstellung in anderen Museen, Naturschutzzentren oder Landesbehörden gezeigt werden kann. Es ist zu erwarten, dass eine große Zahl von Personen im Land durch die Ausstellung erreicht werden kann. Folgende Institutionen werden am Projekt beteiligt: Ministerium für Wissenschaft und Kunst, MLR, UM, LUBW, Hochschule der Medien, Universität Hohenheim, NABU, Umweltamt der Stadt Stuttgart, verschiedene Schulen, Stiftung Landesbank Baden-Württemberg, Südwestdeutscher Rundfunk, verschiedene Printmedien. - 15 - 4. Finanzierung der Umsetzung des Projektergebnisses 4.1 Regionales Moorentwicklungskonzept Das Regionale Moorentwicklungskonzept wird mit Mitteln der Nachhaltigkeitsstrategie in Höhe von 73.605 € bezuschusst. Zur Kofinanzierung werden Ressortmittel des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum (58.605 €) sowie Drittmittel in Höhe von 15.000 € (Stiftung Naturschutzfonds, Eigenanteil Pro Regio GmbH) bereitgestellt. Damit sollen die anfallenden Planungskosten sowie die Kosten für die Umsetzungsmaßnahmen im Arrisrieder Moos finanziert werden. 4.2 Handlungskonzept zu den durch den Klimawandel hervorgerufenen Veränderungen im Artenspektrum Von der Nachhaltigkeitskonferenz wurde dem Projekt ein stark konzeptioneller bzw. Forschungscharakter attestiert. Die Umsetzung steht daher unter dem Vorbehalt, dass das Projekt in das gegenwärtig geplante Forschungsprogramm des Landes zu den Folgen des Klimawandels aufgenommen werden kann. Aus dem Impulsprogramm der Nachhaltigkeitsstrategie stünden in diesem Fall 40.000 € für die Präsentation der Daten und die Kommunikation der Gesamtergebnisse zur Verfügung. 4.3 Sonderausstellung Die Sonderausstellung am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart wird mit Mitteln der Nachhaltigkeitsstrategie in Höhe von 140.000 € bezuschusst. Zur Kofinanzierung werden Eigenmittel des Museums (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst: 60.000 €) sowie Drittmittel (LBBW-Stiftung, sonstige Sponsoren: 80.000 €) herangezogen. Mit den Geldern wird die Gestaltung und Erstellung der Bauten, der geplante Internetauftritt sowie die Durchführung der Begleitveranstaltungen, des Rahmenprogramms und von Werbemaßnahmen finanziert. - 16 - Stuttgart, 24. Juni 2009 Stuttgart, 24. Juni 2009 Ort / Datum Ort / Datum VORSITZ INFORMATIONEN ZUR NACHHALTIGKEITS- Landesforstpräsident Max Reger STRATEGIE BADEN-WÜRTTEMBERG Ministerium für Ernährung und Ländlichen Geschäftsstelle Nachhaltigkeitsstrategie Raum Baden-Württemberg Umweltministerium Baden-Württemberg Kernerplatz 9 CO-VORSITZ 70182 Stuttgart Dr. Andre Baumann Telefon 0711 126 - 2663 und - 2941 Naturschutzbund Deutschland e.V., Telefax 0711 126 - 2881 Landesverband Baden-Württemberg E-Mail [email protected] INFORMATIONEN ZUM PROJEKT Dr. Dietwalt Rohlf Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg Kernerplatz 10 70182 Stuttgart Telefon 0711 /126-2131 Telefax 0711/126-2904 E-Mail [email protected] - 18 -