Die Therapie von Indikationsstörungen in der Mutter-Kind-Rehabilitation Eine intakte Eltern- Kind- Beziehung gilt als eine wesentliche Voraussetzung für die positive Entwicklung von Kindern. Wenn ein Elternteil oder beide krank sind, ist das Verhältnis zum Nachwuchs oft angespannt oder gestört. Deshalb gehören in der Mutter-Kind-Rehabilitation Angebote zur Verbesserung der Mutter-Kind-Interaktion zum unverzichtbaren Basisangebot. Von Interaktionsstörungen spricht man, wenn das Verhalten von Erwachsenen und Kindern von sogenannten dysfunktionalen Mustern geprägt ist. Die Erwachsenen zeigen sich z.B. unsicher, können sich in ihre Kinder nicht richtig einfühlen und nicht angemessen an den kindlichen Bedürfnissen, Wahrnehmungsfähigkeiten und Verhaltensmöglichkeiten orientieren. Auf der Verhaltensebene finden sich oft Übergriffe, unklare Signale, „Heruntermachen” der Kinder, Resignation, unpassende Belehrungen, Vereinbarungen und Konsequenzen. Häufig entgleisen Situationen; es kommt vermehrt zu impulsivem Verhalten, Verärgerung oder Frustration. Auch Zurückgezogenheit und scheinbar eher geringe Interaktion werden beobachtet. Bei den Kindern finden sich häufig Verhaltensmuster, die spiegelbildlich und/oder im Sinne einer Anpassung auf die Verhaltensmuster der Mütter bezogen sind. Wir sehen z.B. überaktive, impulsive, rücksichtslos-grenzüberschreitende, fordernde oder quengelnde Kinder. Aber auch defensives Verhalten (z.B. Verschlossenheit, Verweigerung, Passivität) sind nicht selten anzutreffen. Die Interaktionsstörungen tragen in der Regel zu den Gesundheitsstörungen von Müttern und Kindern bei. Deshalb ist ihre Behandlung immer ein wichtiger Baustein in der indikationsgerechten Therapie der Frauen. Die Rehaklinik Waldfrieden arbeitet mit einem eigenen Fachkonzept zur Therapie von Interaktionsstörungen. Es beinhaltet u.a. auch klare Orientierungen und konkrete Vorschläge zur Führung und Gestaltung einer entwicklungs- und bedürfnisgerechten Interaktion. Ziele Im Mittelpunkt steht die Entwicklung von Kompetenz zur Führung und Gestaltung einer wertschätzenden, gewaltfreien, emotional zugewandten und die Bedürfnisse der Beteiligten berücksichtigenden Interaktion. Wenn Interaktion gelingt, fühlen sich alle verbunden und sicher; man fühlt sich zusammen wohl. Mit dem Gefühl der Verbundenheit entsteht ein positives Selbstwertgefühl, womit sich Konflikte, Krisen und Frustrationen besser aushalten und bewältigen lassen. Die Familienbeziehungen können gesunden - und damit auch die Familienmitglieder selbst. Die Interventionen zur Veränderung des Interaktionsverhaltens beziehen und beschränken sich Mutter- Kind-Interaktionsgruppe In der Gruppe, mit vier bis sieben Müttern und je einem Kind zusammensetzt, werden durch eine oder zwei Therapeutinnen Spiele und Übungen angeleitet, die beiden Seiten systematisch positive Beziehungserfahrungen zugänglich und stärker bewusst machen. Die Aufmerksamkeit wird hier besonders auf den Beziehungsaspekt fokussiert. Die Mutter-Kind Interaktionsgruppe findet während der Kur bis zu drei mal statt und kann mit unterschiedlichen Kindern genutzt werden. Allein diese unmittelbare Erfahrung gelingender Interaktion kann eine Veränderung der Wahrnehmung und des Handelns und damit des künftigen Umgangs miteinander bei den Müttern und auch bei den Kindern bewirken. Neben der durch die Therapeutin angeleiteten und unterstützten Interaktion bietet die Klinik weitere Möglichkeiten, die gewonnene Erfahrung zu vertiefen, z.B. bei den verschiedenen Mutter-Kind-Angeboten (Kunsttherapie, Freizeitangebote). Beratungsangebote zur Mutter-KindInteraktion (Einzeln und/oder in der kleinen Gruppe, auf Wunsch mit Videounterstützung) Auch hierbei und bei der Video-Analyse liegt der Aufmerksamkeitsfokus auf dem Erkennen der Möglichkeiten situations- / bildbezogener positiver Interaktionsgestaltung (nicht auf den Defiziten). Dieser Bereich der Möglichkeiten wird in der Video-Arbeit erschlossen und erkennbar gemacht. Die Vermittlung erfolgt in drei Schritten: 1. Vorbereitung (Mütter): Zielorientierung, Informationsvermittlung, Fragen besprechen: Ziel: eine gelingende, wohltuende Interaktion zu erleben (nicht irgendein gutes Ergebnis zu produzieren). 2. Ausprobieren der Anregungen und Vorschläge mit ihren Kindern: Dies kann mit Videoaufzeichnung oder direkter Begleitung durch eine Fachtherapeutin geschehen. Begleitung durch eine Therapeutin ist z.B. angezeigt, wenn Mütter und kleine Kinder sich nicht voneinander trennen können und somit die getrennte Auswertung mit der Mutter nicht möglich ist. Hingegen ist eine VideoAufzeichnung sinnvoll, wenn die Anwesenheit der Therapeutin eher irritierend oder störend ist. Mit den Müttern größerer Kinder, die sich nicht filmen lassen wollen, kann die Interaktion auch einfach besprochen werden. Oft bewirkt alleine das Reflektieren des Interaktionsprozesses - ganz ohne Kamera und anwesende Fachkraft – eine veränderte Sicht und damit überwiegend auf Verhaltensänderungen bei den Erwachsenen (auch die Partner können gegebenenfalls einbezogen werden). Die Kinder werden in der Regel mit Veränderungszielen und Aufgaben nicht belastet. Dies ist damit begründet, dass die Erwachsenen naturgemäß die Verantwortung für Interaktionsgeschehen, Beziehung und Familienklima tragen; und sie haben auch die Möglichkeiten, die Bedingungen für eine entwicklungsunterstützende Interaktion zu schaffen. Dabei steht außer Frage, dass Interaktion immer ein wechselseitiger Prozess ist, an dem auch die Kinder mit z.T. negativ verfestigten Mustern mitwirken. Therapie Wenn die Interaktion sehr problematisch ist und die Mütter dadurch so belastet sind, dass sie, ihr eigenes Interaktionsverhalten nicht reflektieren und sich damit auseinandersetzen können, ist zunächst Entlastung angezeigt. Durch Abnahme und angemessene Betreuung der Kinder kann es gelingen, die Voraussetzungen für das Arbeiten an der eigenen Problematik wieder herzustellen. In der Behandlung (in der kleinen Gruppe und/oder auch einzeln) wird mit Situationen gearbeitet, in denen die Interaktion entspannt verlaufen kann. Denn es geht vorrangig darum, positive Interaktions- und Beziehungserfahrungen für Mutter und Kind zu organisieren. Durch die Vermittlung basaler Elemente der Interaktion werden die Mütter unterstützt, grundlegende Bedürfnisse ihrer Kinder (gesehen, gehört und verstanden zu werden) besser zu erfüllen. Der Fokus liegt also nicht auf den Defiziten, sondern auf den Ressourcen und Möglichkeiten positiver Veränderung. Daher stehen die Konfliktsituationen auch nicht im Mittelpunkt der Behandlung. Auch deshalb nicht, weil bei Konflikten und unter Stress vorrangig hoch automatisierte Abwehrmechanismen bei den Beteiligten aktiviert werden, die der bewussten Kontrolle und Steuerung weitgehend entzogen sind. die Veränderung der Wahrnehmung und des Handelns der Mütter in der Interaktion. 3. Besprechen der Erfahrungen (alleine mit den Müttern). Unterstützte Interaktion mit Säuglingen In der Interaktionsgruppe mit vier Müttern und je einem Kind (bis 12 Monate) gibt eine Psychologin „Live”Unterstützung für die Mütter noch sehr kleiner Kinder. Sie unterstützt die Mütter, die Initiativen und Aktivitäten ihrer Babys wahrzunehmen, zu bestätigen und angemessen zu beantworten. Außerdem vermittelt sie Anregungen für altersgerechtes Spielen und bietet Gelegenheit zur Klärung von Fragen und Anliegen. Je nach Indikation und vereinbarter Schwerpunktsetzung wird für die Mütter und Kinder – falls erforderlich – ein individueller Therapieplan erstellt, der die jeweils spezifischen Erfordernisse von Mutter und Kind angemessen berücksichtigt. Im medizinisch-therapeutischen Team werden Verlauf und Ergebnisse besprochen und fließen in die weitere Therapie ein. Gegebenenfalls werden weitere unterstützende Interventionen und Anpassungen des Behandlungsplans vorgenommen. Beispielhafte Behandlung Zur Therapie von Interaktionsstörungen in der Rehaklinik Waldfrieden werden, je nach konkreten Möglichkeiten, diese Methoden eingesetzt: • Wissensvermittlung und Orientierung: Vortrag, Gespräch, Videos • Reflexion der Mutter-Kind-Interaktion in definierten Situationen (z.B. Basteln, Malen, Kochen, Lernen, Essen, Spielen, Zähne putzen) – in Einzelfällen mit Videounterstützung. • Übungen je nach Schwerpunkt (z.B. Bestätigen, Benennen, die Reaktion des Kindes abwarten) • Wiederholung der Aufzeichnungen, um in der Veränderung weiter zu gehen. • Gruppenarbeit und/oder Einzelarbeit Es werden klare Vorschläge zur Veränderung des Interaktionsverhaltens gegeben und erörtert. Kontakt: Kur + Reha GmbH Eggstraße 8 79117 Freiburg Beratungsteam 0800 2 23 23 73 Firmentelefon 0761 / 4 53 90 - 0 eMail info(at)kur.org