Spezial Report Öl Force Majeure

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März 2011
Geopolitische Spannungen werden
zu gering diskontiert – politischer
Flächenbrand wird sich fortsetzen
Verursacht Ölpreisanstieg auch die
nächste Rezession?
Shale Gas als „Game changer“
Peak Oil erreicht?
Entwicklung aus Sicht der
Österreichischen Schule: kurzfristig
moderates Aufwärtspotenzial, anschließend Trendumkehr
Ein chinesischer „Black Swan“?
Prognose 2011 1. HJ:
Fortsetzung des Aufwärtstrends bis
max. USD 150
2. Halbjahr Trendumkehr zu erwarten
Durchschnittskurs 2011:
USD 124 (Brent)
Spezial Report Öl
International Research
Force Majeure
Spezial Report Öl
Inhalt
1. Einführung
2
Geopolitische Spannungen werden zu gering diskontiert
6
Spread WTI und Brent sollte sich mittelfristig verringern – Brent preist politische Prämie ein 8
Zunehmende Kritik an Dollar-Währungshegemonie
10
Verursacht Ölpreisanstieg auch die nächste Rezession?
11
2. Angebot
OPEC-Produktion
Non-OPEC Produktion
Spare Capacity
Deepwater Horizon – Desaster wird Industrie nachhaltig verändern
Rosneft und BP schließen „Deal der Dekade“
Einfluss der Staatskonzerne wird immer größer – zunehmende Verstaatlichung des
Ölgeschäfts
Sekundäre und Tertiäre Fördertechnologien als Hoffnungsträger
15
15
18
20
21
21
3. Peak Oil – Panikmache oder baldige Realität?
25
22
24
4. Exkurs: Ölpreisentwicklung aus der Sicht der Österreichischen Schule der Nationalökonomie 28
5. Talking about a (energy) Revolution pt.2?
Fazit Shale Gas
30
35
6. Nachfrage
37
7. Ein chinesischer „Black Swan“ pt. 2 ?
42
8. Technische Analyse
Commitment of Traders Report signalisiert baldige Trendumkehr
Ratio-Analyse
45
49
50
9. Conclusio
54
Contacts
56
Erste Bank Research
Seite 1
Spezial Report Öl
1. Einführung
Wie in unserem Ölreport 2010 „Too fast, too furious...now time for a break“ formuliert, war das
Chance/Risikoverhältnis für Ölinvestoren im Vorjahr - sowohl absolut, als auch relativ zu Aktien bzw.
anderen Commodities - wenig attraktiv. Fairerweise müssen wir jedoch anmerken, dass die von uns erwartete
Korrektur im 2. Halbjahr nicht stattgefunden hat. Wir haben das Angebot an „digitaler Druckerschwärze“ der
Federal Reserve und das bedingungslose deficit spending unterschätzt und hatten Anfang 2010 nicht damit
gerechnet, dass der Geldwertstabilität dermaßen wenig Bedeutung beigemessen würde. Der schwache US-Dollar
ist eine logische Konsequenz der quantitativen Lockerung, was unserer Meinung nach lediglich einen
Euphemismus für das Anwerfen der (digitalen) Druckerpresse bedeutet.
Preisentwicklung Rohstoffe 2010 in %
-38
NATURAL GAS
-13
COCOA
5
WTI CRUDE
10
HEATING OIL
21
PLATINUM
27
WHEAT
29
GOLD
31
LIVE CATTLE
33
COPPER
35
SUGAR
35
SOYBEAN
38
CORN
74
COFFEE
83
SILVER
102
107
-50
-30
-10
10
30
50
70
90
110
PORK BELLIES
COTTON
130
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Die Performance der einzelnen Rohstoffe war sehr unterschiedlich. Während sich insb. die (relativ) wenig
zyklischen Agrarrohstoffe sowie das von uns bekanntlich favorisierte Gold deutlich fester entwickelten, konnten
die klassisch zyklischen Rohstoffe (ua. Kupfer, Öl, Aluminium, Kohle, Zinn, Nickel) erst spät an Momentum
zulegen. Was bedeutet das für 2011? Wir gehen davon aus, dass der Glaube an die konjunkturelle Erholung sich
in deutlich höheren Preisen bei zyklischen Rohstoffen widerspiegeln wird. Der Energiesektor – der innerhalb
der Zykliker – am schwächsten war, sollte hier klarer Profiteur dieser Sektorrotation sein.
Erste Bank Research
Seite 2
Spezial Report Öl
Zyklische vs. nicht-zyklische Rohstoffe Jänner 2010 bis Februar 2011
160
QE2 - Jackson Hole
150
140
130
Cyclicals
120
Non-Cyclicals
110
100
90
02.2011
01.2011
12.2010
11.2010
10.2010
09.2010
08.2010
07.2010
06.2010
05.2010
04.2010
03.2010
02.2010
01.2010
80
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Wir gehen davon aus, dass der „Bernanke Put“ hauptverantwortlich für die Preisaufschläge im
Rohstoffsegment ist. Die Fed hat mehrmals die positiven Effekte höherer Aktienkurse hervorgehoben. Rohstoffe
profitieren ebenso von der gestiegenen Risikobereitschaft, wie nachfolgender Chart eindrucksvoll beweist. Die
extrem hohe positive Korrelation zwischen Aktienmarkt und Ölpreis lässt sich kaum mit herkömmlichen
Angebot/Nachfrage-Mustern erklären, Geldpolitik dürfte mittlerweise die wichtigste Determinante sein. Lt. Dave
Rosenberg1 besteht in den letzten beiden Jahren eine 86%ige Korrelation zwischen Veränderungen in der Bilanz
der Federal Reserve und dem S&P500. Seitdem QE2 verkündet wurde, hat sich die spekulative Nettoposition bei
Weizen und Öl an der CBOT verdoppelt, bei Kupfer stieg sie um 90% und bei Soja um 40 %2. Man kann somit
davon ausgehen, dass die Rally in erster Linie liquiditätsgetrieben ist.
1
2
Vgl “Breakfast with Dave”, Gluskin Sheff, 1 März 2011
Vgl. “Breakfast with Dave”, Gluskin Sheff, 7. Februar 2011
Erste Bank Research
Seite 3
Spezial Report Öl
Ölpreis vs. S&P500
1400
120
110
1300
100
1200
90
1100
80
70
1000
60
900
50
800
QE1 und QE2
40
700
30
S&P 500 (l.S)
01.2011
12.2010
11.2010
10.2010
09.2010
08.2010
07.2010
06.2010
05.2010
04.2010
03.2010
02.2010
01.2010
12.2009
11.2009
10.2009
09.2009
08.2009
07.2009
06.2009
05.2009
04.2009
03.2009
20
02.2009
600
Crude (r.S)
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Wie bereits in unseren letzten Goldreports erörtert, konzentriert sich die Inflations-Diskussion heutzutage
in erster Linie auf das Symptom der Teuerung, nicht deren Ursachen. Steigende Preise sind lediglich ein
Ventil für die gestiegene Geldmenge. Dass die Geldmengenexpansion für steigende Preisniveaus verantwortlich
ist, wird meist vergessen. Man erkennt dies auch am FAO-Index für Lebensmittel, der zuletzt auf ein Allzeithoch
stieg. Naturkatastrophen, strukturelle Mängel sowie stark gestiegene spekulative Nachfrage waren ebenfalls
ausschlaggebend für die haussierenden Soft-Commodities. Der Korrelationskoeffizient mit dem Ölpreis liegt seit
1991 bei 0,91. Zudem scheint es, als hätte der FAO einen leichten Vorlauf gegenüber Öl, inbesonders vor
impulsiven Aufwärtsbewegungen.
Lebensmittelpreise vs. Ölpreis
150
230
130
210
110
190
90
170
70
150
FAO Food Price Index (l.s)
12.2010
12.2009
12.2008
12.2007
12.2006
12.2005
12.2004
12.2003
12.2002
12.2001
12.2000
12.1999
12.1998
12.1997
-10
12.1996
70
12.1995
10
12.1994
90
12.1993
30
12.1992
110
12.1991
50
01.1991
130
Crude Oi (r.s)
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Aber auch die abwartende Haltung seitens der OPEC war für einen Teil der jüngsten Preissteigerungen
verantwortlich. So hat die OPEC beim letzten Meeting signalisiert, dass man erst ab USD 100 je Barrel aktiv
werden würde. Die Tatsache, dass das reguläre Treffen im März gestrichen wurde, spricht ebenfalls für einen
weiteren Preisanstieg bis zum nächsten regulären Treffen im Juni, wo die OPEC die Förderung unserer Meinung
Erste Bank Research
Seite 4
Spezial Report Öl
nach wieder anheben wird. Wir glauben nicht, dass das Kartell einen weiteren Preis-Spike wie 2008 provozieren
will.
Auf der Nachfrageseite bleibt ganz klar China der treibende Faktor. Die jüngsten Zinserhöhungen sowie die
zahlreichen Aufstockungen der Mindestreserveanforderungen sollen ein „soft landing“ ermöglichen, hatten
bislang jedoch wenig Erfolg. 2010 stieg die Geldmenge um 19,7%, das Kreditwachstum lag bei 18% (nach 35% in
2009). Wir zeigen uns weiterhin im blinden Glauben an die chinesische Konjunkturlokomotive kritisch. China kann
und wird nicht der alleinige Antriebsmotor für die globale Erholung, der Rettungsanker und Heilsbringer der
Weltwirtschaft bzw. der einzige Hoffnungsträger für die Ölnachfrage sein können. Die Gründe für unsere
bearishe Haltung wollen wir auf den nachfolgenden Seiten ebenfalls behandeln.
Erste Bank Research
Seite 5
Spezial Report Öl
Geopolitische Spannungen werden zu gering diskontiert
Revolutionärer Flächenbrand zu erwarten?
Erstmals seit vielen Monaten machte der Ölpreis wieder Schlagzeilen. Die politischen Unruhen gegen die
diktatorisch bzw. autokratisch agierenden Regimes in Ägypten, Libyen, Jemen, Jordanien und Tunesien sowie die
Angst vor einem Überschwappen des „the wind of change“ nach Saudi Arabien, die Vereinigten Arabischen
3
Emirate und den Iran, nährten Spekulationen über die Auswirkungen auf das Ölangebot. Die gesamte MENA Region produziert knapp 30 mb/d und exportiert mehr als 21 mb/d. Ägypten ist zwar kein nennenswerter
Produzent, jedoch passieren täglich knapp 4,5 Millionen Barrel den Suez-Kanal bzw. die Sumed-Pipeline.
Während sich der Kanal militärisch relativ einfach verteidigen ließe, ist die Pipeline unmöglich vor Attacken zu
schützen. Zudem ist Ägypten mit einer Bevölkerung von 80 Mio. Menschen ein arabischer Schlüsselstaat und
immanent wichtig für die Region.
Libyens Produktion beläuft sich auf knapp 1,7 mb/d, dies entspricht 1,8% der Gesamtproduktion. Würde
die Produktion ausfallen, so würden sich die Reservekapazitäten der OPEC deutlich verringern. Im Schatten des
Umbruches in Ägypten hat sich auch die Situation in Algerien zugespitzt. Das Volk fordert den sofortigen Rücktritt
Präsident Bouteflikas. Algerien ist mit einer Produktion von 1,27 mb/d zwar einer der kleinsten OPECProduzenten, trotzdem wäre ein Ausfall nur schwer zu kompensieren. Auch in Bahrain regte sich zuletzt der
Unmut innerhalb der Bevölkerung, in Saudi Arabien, dem Jemen, Iran und sogar China gewinnen die
Protestbewegungen täglich an Momentum.
Wir gehen davon aus, dass der politische Tsunami innerhalb der Region nicht aufgehalten werden kann.
Die junge Bevölkerung die über kaum Perspektiven verfügt, begehrt gegen überbordende Bürokratie, ungleiche
Einkommensverteilung und Korruption auf. Ob die Entwicklung in Richtung schiitischer Theokratien oder
zunehmender Demokratisierung gehen wird, ist aktuell schwer zu prognostizieren. Die demokratische
Oppositionsbewegungen sind jedoch schwach organisiert, insofern scheint die Machtergreifung radikaler
Fundamentalisten wahrscheinlicher. Fest steht jedoch, dass der Ölpreis in Zukunft mit deutlich höherer politischer
Prämie gehandelt werden wird. Der geopolitische Flächenbrand und dessen Auswirkungen werden unserer
Meinung nach klar unterschätzt.
Je tiefer man einen Ball unter Wasser drückt, desto höher springt er, wenn er einmal entglitten ist
RAN KING
Korruption
Pressefreiheit
Demokratisierung
Jugendarbeitslosigkeit in %
Algerien
105
141
125
24
Bahrain
48
153
122
20
Ägypten
98
130
138
25
Irak
175
144
111
na
Jordanien
50
140
117
27
Kuwait
54
115
114
11
Libanon
127
115
86
22
Lybien
146
192
158
32
Marokko
85
146
116
22
Oman
41
153
143
17
Qatar
19
146
137
2
Saudi Arabien
50
178
160
29
Somalia
178
181
na
na
Sudan
172
165
151
na
Syrien
127
178
152
19
Tunesien
59
186
144
31
VAE
28
153
148
12
Jemen
146
173
146
Quelle: EIU, ILO, Credit Suisse, Transparency International, The Economist, United Nations
3
na
Middle East and North Africa
Erste Bank Research
Seite 6
Spezial Report Öl
Die latent schwelende Iran-Krise scheint sich sukzessive zu verschlimmern. Die jüngsten Manöver zweier
iranischer Schiffe haben die Stimmung weiter erhitzt. Zudem scheint die Situation innerhalb des Iran aufgrund der
gestrichenen Subventionen extrem angespannt und dürfte sich weiter zuspitzen. Im vergangenen Dezember
wurde die staatliche Beihilfe (insgesamt USD 70 Mrd. und damit knapp ein Drittel des Staatshaushaltes) für
Treibstoff und Lebensmittel gestrichen, zudem wurde die Benzin-Rationierung um 10% gekürzt. Die Folgen waren
für die Bevölkerung dramatisch. So haben sich die Preise pro Liter Benzin mehr als vervierfacht. Bislang haben
sich die Lebensmittelpreise verdoppelt, die Inflation dürfte auf knapp 70% steigen. In den ersten Tagen nach der
Einführung, fiel die Treibstoffnachfrage um knapp 15% der Stromverbrauch fiel um 6%. Die Begründung der
Maßnahme mutet skurril an: „Öl und Gas gehörten dem zwölften Imam“, also dem schiitischen Messias.
Das Atomprogramm stellt jedoch den gefährlichsten Streitpunkt dar. Teheran hat sein Uran weiter angereichert,
die IAEA geht nun davon aus, dass man Material für 2 Atombomben habe. Die weiteren Sanktionen des Auslands
dienen nicht unbedingt als deeskalierend, die Diplomatie versagt mittlerweile komplett. Bereits 1981 hat Israel
einen Nuklearreaktor im Irak zerstört, nachdem man keine Nuklearwaffen akzeptieren würde, 2007 hat man den
Reaktor in Syrien zerstört. Mögliche Szenarien eines Militärschlages auf den Iran kann man auf der Homepage
des Saban Center for Middle East Policy abrufen4. Die Auswirkungen auf die wichtige Transportroute der Straße
von Hormuz lassen sich wohl kaum in Zahlen messen. Durch die Straße von Hormuz fließen rund 17mb/d, dies
sind knapp 33% des gesamten Seetransportes von Öl. Die Straße von Malacca ist ebenfalls ein Nadelöhr des
globalen Welthandels. Täglich werden rund 15 Mio. Barrel durch die Meerenge transportiert, die den Indischen
Ozean mit dem Pazifik verbindet. Selbst eine temporäre Blockade einer der beiden Transportrouten hätte
dramatische Auswirkungen auf den Welthandel.
Übersicht: Nadelöhre des Welthandels
Quelle: US Department of Energy
In Nigeria finden im April Wahlen statt. Traditionellerweise sind Urnengänge in Nigeria eine blutige
Angelegenheit, die meist mit Anschlägen auf Pipelines und Förderanlagen einhergehen. Sowohl 2003 als auch
2007 waren die Wahlen geprägt von blutigen Anschlägen mit dementsprechenden Auswirkungen auf die ÖlFörderung. Bereits die Anschläge auf Shell’s Trans-Nigeria pipeline lösten ein „force majeure“ aus, Shell konnte
die Lieferverträge also nicht erfüllen. Die Rebellenorganisation Mend hat bereits angekündigt, die großen
Ölkonzerne weiterhin zu attackieren.
4
http://www.brookings.edu/reports/2010/02_iran_israel_strike_pollack.aspx
Erste Bank Research
Seite 7
Spezial Report Öl
Spread WTI und Brent sollte sich mittelfristig verringern – Brent preist politische
Prämie ein
Der Spread zwischen WTI (NYMEX) und Brent (ICE) hat sich zuletzt deutlich ausgeweitet. Im langfristigen
Median handelt WTI um knapp USD 1,3 höher, aktuell ist für 1 Barrel Brent jedoch knapp USD 15 je Barrel mehr
zu bezahlen. Brent weist eine leicht schlechtere Qualität aus und ist deshalb in der Raffinierung kostspieliger,
deshalb hat WTI traditionell geringfügig mehr als Brent gekostet.
Unserer Meinung nach ist der rekordhohe Spread derzeit in erster Linie mit der politischen Prämie zu
begründen. Am nachfolgenden Chart erkennt man, dass die Divergenz mit Beginn der Proteste in Ägypten Ende
Jänner startete. Brent ist die Referenzgröße für knapp 65% aller Öl-Geschäfte weltweit, das Fördervolumen
beläuft sich jedoch auf lediglich 1,5 mb/d – was weniger als 2% der weltweiten Produktion entspricht5. Die
Förderung ist zudem seit Jahren stark rückläufig, was den Preis ebenfalls unterstützt. Außerdem ist der Markt
deutlich weniger transparent, nachdem es im Gegensatz zu den USA keine Lagerdaten gibt und kein Spot-Markt
vorhanden ist. Trotzdem gewinnt Brent immer mehr an Akzeptanz, da es sowohl in Europa, Asien als auch dem
Mittlere Osten als Referenzpreis gilt. Insofern lasten die Geschehnisse im Nahen Osten wesentlich stärker auf
dem Brent-Preis als auf WTI.
Brent vs. WTI
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Die relative Schwäche von West Texas Intermediate liegt zudem weniger an einer schwächeren
Nachfrage, denn an massiven Ungleichgewichten in Cushing, wo WTI geliefert wird. Derzeit werden
ungewöhnlich viele Raffinerien gewartet. Die Benzinlagerstände kletterten in den USA auf den höchsten Stand
seit mehr als 20 Jahren, der Markt ist somit mehr als ausreichend versorgt. Dies bestätigt auch die stärker
werdende Contango-Situation bei WTI. Diese strukturellen Probleme sollten noch bis Ende Sommer anhalten,
anschließend dürfte sich der Spread wieder merklich verringern. Aufgrund der CoT-Positionierung gehen wir
davon aus, dass sich die Divergenz zwischen Brent und WTI mittelfristig zulasten von Brent auflösen
wird. Eine Zunahme der Spekulation bei Brent scheint auf längere Frist schwer möglich, die Upside ist
unserer Meinung nach gedeckelt.
5
Financial Times Deutschland, 26.01.2010, Tobias Bayer – „Warum Brent Kapriolen schlägt“
Erste Bank Research
Seite 8
Spezial Report Öl
US Rohöl-Lagerbestände
Quelle: EIA
Backwardation/Contango
Der Terminmarktaufschlag hat sich zuletzt deutlich verringert, die Forward-Kurve hat sich 2010
sukzessive abgeflacht. Am 6. Dezember handelten die Brent-Futures erstmals seit mehr als 2 Jahren in
Backwardation. Dies bedeutet, dass Futures mit kurzer Laufzeit teurer sind, als solche mit längerer Laufzeit. Das
Halten von Positionen generiert also Gewinne statt Kosten, die Terminstrukturkurve ist naturgemäß der Freund
des Long-Investors.
Dies ist jedoch nicht ungewöhnlich, in der längeren Vergangenheit hat Brent meist in Backwardation gehandelt.
Backwardation tritt hauptsächlich in engen Märkten auf, während Contango ein Barometer für ein Überangebot
am Markt ist. Insofern gehen wir davon aus, dass die Futures bald über längere Zeit in Backwardation verweilen
könnten, die Lagerbestände deutlich stärker als prognostiziert fallen werden und in weiterer Folge die OPEC die
Produktion beim nächsten Meeting im Juni erhöhen wird, um dem Markt ausreichend zu versorgen.
NYMEX Crude Terminmarktkurve
Quelle. Mazamascience.com
Die IEA hat ihre Prognosen erneut angehoben. Sie geht nun für 2011 von einem weltweiten Verbrauch von 89,1
mb/d aus, dies würde einen Anstieg in Höhe von 1,6% bedeuten. Auch die EIA rechnet für 2011 mit einem Plus
von knapp 1,4 mb/d auf 89 mb/d. Die Produktion wird jedoch auf lediglich 88,1 mb/d geschätzt, was lediglich 2
Erste Bank Research
Seite 9
Spezial Report Öl
Schlussfolgerungen zulässt: entweder steigert Saudi Arabien die Produktion oder die Lagerbestände werden
sukzessive abgebaut.
Zunehmende Kritik an Dollar-Währungshegemonie
Einen zentralen Faktor für die Ölpreisentwicklung stellt auch die Entwicklung des US-Dollars dar. Von
Tag zu Tag wird die Kritik an der Dollar-Währungshegemonie lauter. Die chinesische Ratingagentur Dagong
Global Credit hat die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten zuletzt auf AA herabgesetzt. Lt. Dagong hat
Quantitative Easing die Legitimität des US-Dollars als Weltreservewährung nachhaltig erodiert6. Man sehe
mangelnde Bereitschaft zur Rückzahlung der Staatsschulden und eine Ignoranz gegenüber der Gläubiger.
Angesichts der nachfolgenden Grafik lässt sich erkennen, dass der US-Dollarindex (ein Währungskorb der sich
aus Euro, Japanischem Yen, Britischem Pfund, kanadischem Dollar, schwedischer Krone und Schweizer Franken
zusammensetzt) nach wie vor in einem langfristigen Abwärtstrend befindet. Zuletzt durchbrach der Index
abermals die Marke von 80, die nun einen massiven Widerstand darstellt. Seit Juli 2001 befindet sich der DollarIndex in einem säkularen Bärenmarkt und hat seitdem knapp 40 % an Wert verloren. Insofern verwundern die
Diversifikationsbestrebungen der Dollargläubiger nicht.
US-Dollar Index seit 1983
170
160
150
140
130
120
110
100
90
80
2009
2007
2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
70
Quelle: Bloomberg, Erste Group Research
Generell wird die Dollarkritik weltweit immer lauter, dies belegen zahlreiche Beispiele:
•
•
•
•
•
6
Ιm Oktober berichtete „The Independent“, dass China, Russland, Brasilien, Japan sowie einige
Golfstaaten planen, den Ölhandel bis 2018 nicht mehr in US-Dollar abzuwickeln. Ein Währungskorb aus
Yuan, japanischem Yen, Rubel, Euro, Gold und anderen Rohstoffen soll stattdessen entwickelt werden. Die
politische Brisanz einer solchen Entscheidung wäre enorm.
Die iranische Ölbörse akzeptiert Settlement in verschiedenen Währungen, ausgenommen US-Dollar.
9 Staaten aus Zentral- und Südamerika sowie der Karibik einigten sich zuletzt auf eine Währungsunion
Die Türkei will die internationalen Geschäfte mit Russland, Iran und China fortan in lokalen Währung
fakturieren. Zudem wird Russland im Handel mit China das Settlement in Yuan oder Rubel erlauben.
4 Golfnationen (Saudi Arabien, Kuwait, Bahrain, Quatar) haben sich auf eine Währungsunion geeinigt.
Langfristig wird eine physische Währung, der „Gulfo“ mit eigener Zentralbank geplant. Innerhalb der Zone
werden Ölkontrakte nicht mehr in Dollar abgewickelt. Die Zone verfügt über ein BIP von USD 1,2 Billionen
und 40% der weltweiten Ölreserven.
Reuters, “China rating agency blames U.S. for “credit war”, 28.1.2011
Erste Bank Research
Seite 10
Spezial Report Öl
Verursacht Ölpreisanstieg auch die nächste Rezession?
Der globale Konjunktureinbruch 2008 lässt sich gut anhand nachfolgender Grafik gut ablesen. Der Baltic Dry
Index ist der Benchmark-Index für weltweite Frachtraten bei Massengütern (ua. Eisenerz, Kupfer, Kies, Getreide,
Kohle) und somit ein wichtiger Indikator für den Welthandel. Er dient deshalb auch als verlässlicher Frühindikator
für den Ölpreis. Anhand der Grafik erkennt man, dass der Baltic Dry derzeit eine massive Divergenz zum Ölpreis
entwickelt, die sich sukzessive verstärkt.
Baltic Dry Index vs. Ölpreis
150
Baltic Dry Index
12.2010
09.2010
06.2010
02.2010
11.2009
07.2009
04.2009
12.2008
30
09.2008
500
05.2008
50
02.2008
2500
10.2007
70
07.2007
4500
04.2007
90
12.2006
6500
09.2006
110
05.2006
8500
Brent Crude Oil
130
02.2006
Baltic Dry Index
10500
Crude Oil
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Wirft man einen Blick auf alle Baltic-Indizes7, so kommt leiser Zweifel an der weltweiten
Konjunkturerholung auf. Fairerweise muß man festhalten, dass die Kapazitäten der großen Reedereien
deutlich angestiegen sind, dennoch sollten im Zuge einer globalen Erholung des Welthandels die Preise steigen.
Dies lässt uns schlussfolgern, dass der aktuelle Aufschwung in erster Linie von expansiver Geldpolitik getrieben
ist.
Baltic-Indizes seit 1999
30000
4000
Baltic Dry
Baltic Panamax
3500
Baltic Capesize
25000
Baltic Dirty (r.S)
3000
Baltic Clean (r.S)
20000
2500
15000
2000
1500
10000
1000
5000
500
01.2011
07.2010
01.2010
07.2009
01.2009
06.2008
12.2007
06.2007
12.2006
06.2006
11.2005
05.2005
11.2004
05.2004
10.2003
04.2003
10.2002
04.2002
10.2001
03.2001
09.2000
03.2000
09.1999
0
03.1999
0
Quelle: Datastream, Erste Group Research
7
Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Baltic_Exchange
Erste Bank Research
Seite 11
Spezial Report Öl
Die Auswirkungen des hohen Ölpreises, werden sich wohl bald konjunkturell ablesen lassen. Lt. IEA
beliefen sich die Kosten für Ölimporte innerhalb der OECD-Nationen im Jahr 2010 auf USD 790 Milliarden, dies
entspricht einem Plus von USD 200 Mrd. im Vergleich zu 2009. Gemäß Jeff Rubin war der Ölpreisanstieg 2008
der Auslöser für die Finanzkrise, die Hypothekenkrise ist lt. Rubin lediglich ein Symptom hoher Ölpreise. Hohe
Ölpreise haben lt. Rubin 4 der letzten 5 globalen Rezessionen verursacht8. Ausschlaggebend dafür ist einerseits
der darunter leidende Konsum, andererseits der Vermögenstransfer in Exportnationen. So belief sich der Transfer
von Petro-Dollars 2008 auf USD 700 Mrd., 400 Mrd. davon flossen in OPEC-Nationen.
Ölpreis (logarithmiert) und Rezessionen (schattiert)
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Die Illusion eines „günstigen“ Ölpreises basiert vermutlich darauf, dass viele Marktteilnehmer das
Allzeithoch 2008 bei USD 147 als Referenzkurs betrachten. Auf aktuellem Niveau liegt der Ölpreis mehr als
200% über dem langfristigen Durchschnitt von USD 32,6. Auch inflationsbereinigt ist Öl alles andere als günstig.
Bei einem aktuellen inflationsbereinigten Wert von USD 35 je Barrel liegt er klar über dem langfristigen Mittelwert
bei USD 18,6/Barrel. Im historischen Vergleich ist Öl demnach weder nominell noch inflationsbereinigt günstig.
8
Vgl. Jeff Rubin “Oil Prices caused the current recession”
Erste Bank Research
Seite 12
Spezial Report Öl
Realer vs. Inflationsbereinigter Durchschnittskurs seit 1982
110
100
90
80
Ø inflationsbereinigt: USD 19,2
Barrel
70
60
50
40
Ø USD 32,6 Barrel
30
20
10
Durschschnittskurs nominell
2010
2008
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
1982
0
Durchschnittskurs inflationsbereinigt
Quelle: Datastream, Erste Group Research, sharelynx.com, Bloomberg
Auch im langfristigen Vergleich erkennt man, dass der Ölpreis nahe am 150-jährigen inflationsbereinigten
Allzeithoch notiert.
Ölpreis 1861 bis 2010 (in USD aus 2009 gerechnet)
120
100
80
60
40
20
08
01
20
94
20
19
87
80
19
73
19
19
66
59
19
52
19
19
45
38
19
31
19
19
24
17
19
10
19
19
03
96
19
89
18
18
82
75
18
68
18
18
18
61
0
Quelle: BP Statistical Review 2010, Erste Group Research
Zwischen Ölpreisanstieg und offensichtlicher Auswirkungen auf die Konjunktur gibt es meist eine
Verzögerung von einigen Monaten. Eine Daumenregel besagt, dass ein 10%iger Preisanstieg des Ölpreises
das BIP in den USA um ca. 25 Basispunkte verringert. Seit der Ankündigung von QE2 stieg der Benzinpreis um
22%. Erstmals seit Oktober 2008 ist in den USA der Preis je Gallone Benzin wieder über die wichtige Marke von
USD 3 gestiegen. Der hohe Spritpreis wirkt wie eine zusätzliche Steuer für den US-Konsumenten. So entspricht
ein Preisanstieg um 10 Cents je Gallone, einer Belastung der US-Haushalte von USD 14 Mrd. pro Jahr. Ein
Anstieg auf USD 4 je Gallone würde den US-Konsum also mit knapp 70 Mrd. belasten. Dass die Folgen des
Preisanstieges vom „Joe on the Street“ bereits gespürt werden, belegen zahlreiche Indikatoren, wie zB. die klare
Erste Bank Research
Seite 13
Spezial Report Öl
relative Schwäche des Einzelhandelsindex im Vergleich zum S&P500 sowie das weiterhin extrem negative ABC9
Verbrauchervertrauen .
Benzinpreis USA (USD je Gallone)
Quelle: Gasbuddy.com
Lt. IEA lag der Anteil der Ausgaben für Öl in 2010 bei 4,1% des Welt-BIP. Sollte der Preis in 2011 nachhaltig
über 100 steigen, so würde sich der Wert wohl auf knapp 5% steigern, was historisch gesehen ein kritisches
Niveau für die Konjunktur darstellte. Bei einem Durchschnittspreis von USD 120 je Barrel Brent wären es 6% vom
BIP, bei USD 150 läge der Anteil bei 7,5% vom BIP. Deshalb glauben wir nicht, dass die OPEC das
konjunkturelle Pflänzchen begraben möchte und gehen davon aus, dass die Förderung drastisch erhöht wird,
sobald der Preis nachhaltig über USD 100 steigen sollte.
Crude (real)
Oil as % of GDP
2010
0
2008
10
2006
1
2004
20
2002
2
2000
30
1998
3
1996
40
1994
4
1992
50
1990
5
1988
60
1986
6
1984
70
1982
7
1980
80
1978
8
1976
90
1974
9
1972
100
1970
Crude Price (real)
Ölpreisbelastung (% vom BIP) vs. inflationsbereinigter Ölpreis 1970-2010
Öl-Bürde (% von BIP)
Quelle: IEA, Datastream, OECD, Bloomberg, Erste Group Research
9
Vgl. Wellenreiter, 2. Februar 2011
Erste Bank Research
Seite 14
Spezial Report Öl
2. Angebot
2010 war angebotsseitig von überwiegend positiven Überraschungen geprägt, sowohl innerhalb als auch
ausserhalb der OPEC.
OPEC-Produktion
Die OPEC-Produktion lag 2010 bei 29,2 mb/d. Das größte Plus kam seitens Nigeria (+14,2%). Auch in 2011 hat
die OPEC die Produktion weiter erhöht, sie stieg im Jänner auf 29,4 mb/d, dies entspricht dem höchsten Stand
seit 2 Jahren. Obwohl einige Mitglieder (zB. Venezuela) mit dreistelligen Ölpreisen „flirten“, rechnen wir damit,
dass Saudi Arabien den Markt weiterhin ausreichend versorgen wird.
OPEC-Produktion vs. Saudi-Produktion
10000
32000
9500
31000
30000
9000
29000
8500
28000
8000
27000
OPEC 12 Produktion (l.s)
12.2010
08.2010
04.2010
12.2009
08.2009
04.2009
12.2008
08.2008
04.2008
12.2007
08.2007
04.2007
12.2006
08.2006
04.2006
7500
12.2005
26000
Saudi production (mbd)
Opec production (mbd)
33000
Saudi Produktion (r.s)
Quelle: OPEC, Bloomberg, Erste Group Research
Die OPEC fördert derzeit knapp 40% des Gesamtvolumens, bis 2030 soll der Marktanteil auf 52% steigen.
Die IEA rechnet damit, dass 80 % der zusätzlichen Förderung aus OPEC-Ländern stammen wird. Zudem verfügt
die OPEC über 80% aller Reserven. Die wirtschaftliche und politische Macht der OPEC wird sich somit dramatisch
erhöhen. Die tatsächlichen Reserven – insb. der saudischen Ölfelder – dürfen jedoch bezweifelt werden.
Wie zuletzt berichtet10 könnte Saudi Arabien seine Reserven um 300 Mrd. Barrel (dies entspricht knapp
40% der Gesamtreserven) zu hoch ausgewiesen haben. Der ehemalige Vizechef der Explorationsabteilung
bei Saudi Aramco wies darauf hin, dass das globale Fördermaximum bereits 2012 überschritten sein könnte und
Saudi Arabien die angepeilte Produktion von 12,5 mb/d erst 2017 und nur in Folge massiver
Investitionsprogramme erreicht werden könnte. Der Peak der saudischen Produktion wäre 2021 erreicht. AlHusseini prognostiziert, dass jährlich 6 mb/d gefunden werden müssten um einerseits die gesteigerte Nachfrage
und andererseits die rückläufige Förderung alternder Felder zu ersetzen. Dies würde auch den Aussagen von
Fatih Birol (Chefökonom der IEA) entsprechen. Nachdem al-Husseini alles andere als ein
Verschwörungstheoretiker ist, sollte man den Aussagen definitiv Beachtung schenken.
10
The Guardian, “Saudi Oil Reserves overstated”, 8.Feb. 2011
Erste Bank Research
Seite 15
Spezial Report Öl
OPEC-Anteil an den weltweiten Öl-Reserven (per Ende 2009)
Quelle: OPEC Annual Statistical Bulletin 2009
Die ungewöhnliche Disziplin bei der Quotenerfüllung hat mit steigenden Preisen rapide nachgelassen.
Aktuell liegt die Quotenerfüllung bei lediglich 48 %. Besonders die höhere Produktion Russlands weckte bei
einigen OPEC-Mitgliedern Begehrlichkeiten. Vor allem Angola, Venezuela, Iran, Nigeria und Ecuador hielten sich
nicht an die Förderquoten. Dies bedeutet, dass die OPEC die Förderung de facto eigentlich bereits erhöht hat.
Produktion (mb/d)
Ölreserven (Mrd. Barrel)
Raffineriekapazität (mb/d)
Algerien
2.482.000
115
804.000
Angola
1.811.000
12,2
Ecuador
1.784.000
13,5
Irak
495.000
6,5
Iran
4.216.000
137,6
Katar
1.345.000
26,8
Kuwait
2.481.000
101,5
Libyen
1.652.000
44,3
Nigeria
2.061.000
37,2
Saudi Arabien
9.713.000
264,6
Vereinigte Arabische Emirate
2.599.000
97,8
673.000
2.437.000
172,3
1.311.000
Venezuela
Quelle: BP Statistical Review 2010
1.860.000
931.000
2.100.000
Anhand der nachfolgenden Übersicht erkennt, in welche Projekte die OPEC die größten Hoffnungen setzt.
Ein Großteil der Neuproduktion soll aus dem Irak stammen, wir zeigen uns diesbezüglich kritisch. Die
irakische Führung rechnet weiterhin damit, bis 2017 zusätzliche 9,9 mb/d produzieren zu können. Wir halten
diese Annahme weiterhin für illusorisch. Die fehlende Infrastruktur, mangelnde personelle Ressourcen und
deutlich zu geringe Investitionstätigkeit sprechen klar dagegen. Der Irak hat enorme Ölvorkommen, dennoch
bleiben – mit Ausnahme von Kurdistan – die Royalty-Vereinbarungen ungünstig für westliche Ölgesellschaften,
sodass kaum Anreiz für zusätzliche Exploration besteht. So werden lediglich über 20 Jahre laufende Serviceverträge abgeschlossen. Das bedeutet, dass die Ölkonzerne keine Besitzrechte haben, sondern lediglich
Vergütungen für Fördermengen (die ein gewisses Minimum überschreiten) erhalten. Lukrativere Beteiligungsverträge wurden seitens Bagdad dezidiert ausgeschlossen. BP rechnet damit, dass der Irak bis 2020 4,5mb/d und
bis 2030 5,5 mb/d produzieren werde. Wir zeigen uns ein wenig optimistischer und rechnen damit, dass der Irak
bis 2014 zwischen 5 und 6 mb/d Barrels produzieren könnte. Dies wäre deutlich mehr als das Produktionsmaximum Anfang der 80er von 3,5 Mio. Barrels. In diesem Best case-Szenario müsste sich jedoch die politische
Situation weiter stabilisieren, die Korruption verringern und nachhaltiger Frieden ins Land ziehen. Aufgrund der
Historie des Landes, bleibt dies ein großes Fragezeichen.
Erste Bank Research
Seite 16
Spezial Report Öl
Kapazitätserweiterungen OPEC (in 000 b/d)
2500
2000
1500
1000
500
West Qurna 1 (Iraq)
Rumaila North&South (Iraq)
Majnoon (Iraq)
West Qurna 2 (Iraq)
Zubair (Iraq)
Manifa - Phase 1 (Saudi
Arabia)
Halfayah (Iraq)
Carabobo (Venezuela)
Khursaniyah NGL's (Saudi
Arabia)
Nasiriyah (Iraq)
Shaybah - Phase 2 (Saudi
Arabia)
Block 18 West (Angola)
Orinoco (Venezuela)
Gharraf (Iraq)
Usan (Nigeria)
0
Quelle: BP, IEA, OPEC, Bloomberg, Oil&Gas Journal
Für Saudi Arabien ist die Erweiterung von Manifa langfristig das wichtigste Projekt, Manifa soll bis 2024
knapp 900.000 Barrels/Tag produzieren. Es enthält jedoch enthält stark schwefelhältiges Öl, für das erst eigene
Raffinerien gebaut werden müssten. War man vorerst mit einer Inbetriebnahme in 2013 ausgegangen, so wird
nun 2023 angepeilt.
Lt. einer Studie der IEA11 liegen die Kosten für die Neuauffindung eines Barrel Öls derzeit bei USD 75. Die
IEA sieht den Anstieg als Summe aus steigenden Arbeits- und Landkosten sowie schwächelnden Outputs. Saudi
Arabien hat als kritische Marke für neue Projekte USD 70-75 gemeldet, neue Projekte ausserhalb der OPEC
liegen oft bei Erschließungskosten jenseits von USD 100/Barrel.
Ölproduktion 1990-2008, Prognose 2009-2030
Quelle: ETF Securities, International Energy
Ein weiterer Faktor für die Angebotsseite wäre der Iran, der über die zweitgrößten Ölreserven (sowie die größten
Gasreserven) der Welt verfügt. Der Großteil der iranischen Reserven befindet sich in Feldern, die bislang noch
nicht in Produktion sind, das Land ist zudem kaum exploriert. Trotzdem befindet sich die Förderung im
Abwärtstrend, sie fiel 2010 um 1% auf 3,70 mb/d.
11
Global Cost Study 2009
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Seite 17
Spezial Report Öl
Die Sanktionen gegen den Iran werden diesen Abwärtstrend wohl weiter beschleunigen, nachdem
ausländische Projektbetreiber sich aus dem Land zurückziehen und der Zugang zu Kapital, Technologie und
Humanressourcen langsam versiegt. Lt. National Iranian Oil Company müssten USD 30 Mrd. pa. investiert
werden, um das Produktionsziel von 5,15 mb/d bis 2016 zu erreichen, wir halten dies für unwahrscheinlich.
Insofern gehen wir davon aus, dass die Produktion bis 2014 auf knapp 3 mb/d fallen wird. Sollte sich die
Binnennachfrage weiterhin so dynamisch entwickeln (was angesichts der jüngsten Streichung von Subventionen
allerdings fraglich ist), so fielen die Ölexporte bis 2015 auf knapp 1mb/d.
Geprüfte Reserven in Mrd. Barrels
300
264
250
200
138
150
115
102
100
99
98
44
40
36
Kazakhstan
Nigeria
50
Libya
79
Russia
UAE
Venezuela
Kuwait
Iraq
Iran
Saudi Arabia
0
Quelle: BP Statistical Review 2010, Datastream, IEA
Non-OPEC Produktion
Die Non-Opec Förderung stieg um knapp 847.000 b/d und sollte auch in 2011 steigen, allerdings deutlich
schwächer. In erster Linie werden erneut Brasilien, Russland und China mehr fördern. Russland meldete 2010
ein Plus von 2,2% auf 10,1 mb/d. Somit war Russland einmal mehr die einzige Nation, die mehr als 10mb/d
produzierte. Einige neue Felder (zB Vankor in Ostsibirien) wurden schneller als prognostiziert in Produktion
gebracht. Für 2011 erwartet man eine Steigerung auf 10,5 mbd.
USA: Nach Shale-Gas nun Shale-Oil-Boom
Die USA konnten ihre Produktion erstmals seit 23 Jahren steigern. Ausschlaggebend dafür war die
Weiterentwicklung der fracking-Technologie für Ölschiefer. 2007 wurde die Technik erstmals im Bakken-Shale
eingesetzt, seitdem konnte die Produktion um 50% auf knapp 500.000 bd gesteigert werden. Sollten die derzeit
getesteten Projekte in Wyoming, Colorado, Texas und New Mexico ebenso erfolgreich sein, so könnte die USProduktion innerhalb der nächsten 5 Jahre um 20% steigen12 und die Abhängigkeit von Importen somit massiv
verringern.
12
Associated Press, “New drilling method opens vast oil fields in US”
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Seite 18
Spezial Report Öl
Veränderung Produktion ausserhalb der OPEC 2011e
300
200
100
Norway
UK
Mexico
Malaysia
Australia
Azerbaijan
India
Kazakhstan
Canada
-100
USA
China
Russia
Brazil
0
-200
-300
Quelle: Bloomberg, BP, IEA, Erste Group Research
Die langfristigen Hoffnungen der Ölindustrie ruhen auch auf der Entwicklung der brasilianischen
Vorkommen. Wir zeigen uns weiterhin skeptisch, nachdem die technischen Herausforderungen enorm
sind. Die Bemühungen sind definitiv ein weiterer Beweis dafür, dass die einfach und kostengünstigen
Ressourcen bereits weitgehend ausgebeutet sind. So liegen die Vorkommen in einer Meerestiefe von 5-8km
unter einer Salzschicht von bis zu 3km Dicke. Der hohe Druck und große Temperaturunterschiede machen die
Förderung enorm aufwändig, riskant und kostspielig. Die Wirtschaftlichkeit der Förderung bleibt somit fraglich.
Auch die regelmäßigen Hurrikanes stellen ein massives Problem für die Bohrinseln dar, die Produktionskosten
bei solch aufwändigen Offshore-Projekten liegen bei mindestens USD 60/Barrel. Dennoch zeigt sich Brasilien
optimistisch. Petrobras wird in den nächsten Jahren knapp USD 200 Mrd. in die Entwicklung von Tupi investieren.
Afrika dürfte einen ebenso wichtigen Hoffnungsträger der Ölindustrie darstellen, nachdem der schwarze
Kontinent weitgehend „underexplored“ und ausländische IOC’s noch willkommen sind. Neben den OffshoreProjekten in Westafrika (in erster Linie Ghana, Sierra Leone und Kamerun) wurden zuletzt auch in Ostafrika
(Tansania, Äthiopien, Mozambik) vielversprechende Explorationsergebnisse erzielt. Lt. BP Statistik verfügt über
Africa aktuell über knapp 128 Mrd. Barrel and Reserven.
Die Struktur der Produktion stimmt uns pessimistisch. 70% des täglichen Ölbedarfs stammt aus Ölfeldern,
die vor 1970 entdeckt wurden. Es gibt derzeit mehr als 4.000 produzierende Ölfelder. Der Großteil dieser Felder
produziert weniger als 20.000 Barrels/Tag, 3 % der Felder machen knapp die Hälfte des Outputs aus. Diese 3 %,
die mehr als 100.000 Barrels produzieren, werden als Giant Oil Fields bezeichnet. Lt. Matthew Simmons gibt es
derzeit knapp 120 Giant Oil Fields, die für knapp 47 % des Gesamtangebots verantwortlich sind. Die 14 größten
Felder sind wiederum für 20% verantwortlich, mittlerweile gibt es nur noch 4 Felder die mehr als 1 Mio.
Barrels/Tag produzieren. Vor 20 Jahren waren es noch 17. Das Durchschnittsalter dieser Felder liegt bei etwa 52
Jahren.
„Es ist ganz einfach so, dass alle ergiebigen, konventionell ausbeutbaren Ölfelder längst entdeckt sind. Also wird
die Suche immer schwieriger. Es ist wie beim ‚Schiffe versenken‘: Zuerst trifft man immer die großen Tanker. Bis
man alle kleinen U-Boote hat, braucht man ungleich länger.“ Klaus Bitzer
Erste Bank Research
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Spezial Report Öl
Ölfunde seit 1900
220000
total discoveries (Mmn bbls)
170000
120000
70000
2000s
1990s
1980s
1970s
1960s
1950s
1940s
1930s
1920s
-30000
1910s
1900s
20000
Quelle: EIA, Oil and gas Journal, Erste Group Research, OPEC
Spare Capacity13
Die Reservekapazität der OPEC lag 2010 zwischen 6 und 6,5 mb/d. Wir gehen davon aus, dass sie 2011
nun deutlich fallen sollte und bereits 2012 auf gefährlich niedrige Niveaus fallen könnte. Die jüngste
Entwicklung bestätigt dies, im Februar 2011 fiel die spare capacity bereits von 5,6 mb/d auf 4,9 mb/d. Sollte die
Nachfrage den durchschnittlichen Prognosen von knapp 1,5 mb/d folgen, so läge die Reservekapazität 2012 bei
knapp 3mb/d, einem Niveau das wir zuletzt 2007/2008 gesehen hatten. Zudem gehen wir davon aus, dass die
OPEC die Förderhähne – sowohl inoffiziell als auch offiziell - öffnen wird, was per Definition die Reservekapazität
verringert. Insofern rechnen wir damit, dass das Maximum der Reservekapazität 2010 markiert wurde und der
Markt nun deutlich enger wird.
Gesamte Reservekapazität 2007 bis 2012e
7
6
mb/d
5
4
3
2
1
Q3 2012e
Q1 2012e
Q3 2011e
Q1 2011e
Q3 2010
Q1 2010
Q3 2009
Q1 2009
Q3 2008
Q1 2008
Q3 2007
Q1 2007
0
Quelle: IEA, DOE, OPEC, Erste Group Research
13
Als Reservekapazität (Spare capacity) bezeichnet man die Differenz zwischen theoretischem Output
(Produktionsniveaus die über längere Perioden – gewöhnlich 90 Tage – erreicht werden könnten) und der
aktuellen Produktion. Grundsätzlich gibt es für Non-OPEC Nationen keine Reservekapazitäten, nachdem hier der
maximale Output aller Felder als Ziel gilt.
Erste Bank Research
Seite 20
Spezial Report Öl
Auch wenn der Markt aktuell somit noch ausreichend versorgt scheint, so sind wir weiterhin skeptisch, ob die
Spare Capacity im Notfall wirklich kurzfristig (per Definition innerhalb von 90 oder weniger Tagen) verfügbar wäre.
Zudem entfallen knapp 70% auf Saudi Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait. Der Rest kommt
von 9 Opec-Nationen, die in den letzten Jahren rückläufige Produktionsraten verzeichneten.
Deepwater Horizon – Desaster wird Industrie nachhaltig verändern
Die Ölpest im Golf von Mexiko wird zahlreiche Langfrist-Auswirkungen auf die Industrie haben. Einerseits
wird das Thema Offshore-Produktion von nun an weitgehend ein Politikum sein, andererseits werden die Kosten
deutlich ansteigen. Für Offshore-Bohrungen werden nun zahlreiche zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen (parallel
geführte „release wells“, zusätzliche Sicherheitsventile,…) gefordert. Die Wartungskosten werden rapide
ansteigen, ebenso wie die Versicherungskosten. Zudem erwarten wir längere Genehmigungsverfahren sowie
weniger Zulassungen neuer Bohrungen. Dies ist insbesondere prekär, nachdem ein Großteil der neuen
Produktion aus der Tiefsee kommen sollte. Nachdem immer mehr Nationen IOC’s gegenüber kritisch sind, war
Offshore einer der letzten Hoffnungsträger der Ölmultis. Zudem war Deepdrilling für einen Großteil der neuen
Produktion verantwortlich. Ohne Tiefwasserförderung läge die Produktion in etwa so hoch wie im Jahre 1997.
Weiters erwarten wir, dass die Großkonzerne von nun an die Risiken von Deepwater-drilling deutlich höher
bewerten und riskante Projekte tendenziell nicht in Angriff nehmen bzw. auf die lange Bank schieben werden. Wir
rechnen damit, dass in erster Linie die US-Produktion deutlich darunter leiden wird. Finanzielle und
organisatorische Vorsorge für Worst-Case-Szenarien werden sowohl bei Betreibern, als auch
Kontraktoren deutlich höhere Kosten verursachen.
Rosneft und BP schließen „Deal der Dekade“
Die milliardenschwere Überkreuzbeteiligung zwischen BP und der russischen Rosneft wurde vielerorts
als „Deal of the decade“ bezeichnet. Einerseits ist es die erste nennenswerte Überkreuzbeteiligung zwischen
einer IOC und einer NOC, zudem ist das Projekt - was Größe und Komplexität betrifft - einzigartig in der Industrie.
Die gemeinsame Exploration und Erschließung der 3 EPNZ-Felder könnte den Ölmarkt langfristig verändern. Das
Gebiet auf dem russischen Festlandsockel im Nordpolarmeer hat eine Fläche von 125.000 km² und wurde bislang
noch nicht exploriert, bislang sind lediglich Seismik-Daten vorhanden. Die Ressourcen sollen sich auf 37 Mrd.
Barrel Öl und 100 Billionen Kubikmeter Gas belaufen, insgesamt entspricht dies 100 Mrd. Öläquivalent. Das Feld
könnte jedoch in frühestens 10-15 Jahren in Produktion gehen.
EPNZ-Felder
Quelle: Offshore-Energytoday.com
BP übernimmt 9,5% von Rosneft, dafür erhalten die Russen fünf Prozent an BP. Das Transaktionsvolumen
beträgt knapp EUR 10 Mrd. BP erhält 43% am Joint Venture und muß die kompletten Explorationskosten
übernehmen. Zudem werde man ein gemeinsames Forschungszentrum in St. Petersburg etablieren, im Rahmen
Erste Bank Research
Seite 21
Spezial Report Öl
dessen man den restlichen arktischen Festlandsockel evaluieren werde. BP geht davon aus, dass das Gebiet
14
50% der weltweit noch zu entdeckenden Ölvorkommen enthalten könnte.
Die strategische Allianz scheint ein Produkt der jüngsten Krisen zu sein. Einerseits ist Rosneft stark
verschuldet und technologisch im Hintertreffen, andererseits leidet BP nachwie vor unter dem Deep HorizonDesaster. Nachdem man erstmals seit 1992 einen Verlust hinnehmen musste und USD 40 Mrd. für
Aufräumarbeiten und Entschädigungszahlungen veranschlagt, musste sich BP von zahlreichen Beteiligungen und
Raffinerien trennen. Man wolle sich nun auf „rascher wachsende Schwellenländer“ konzentrieren, Russland
scheint ein Eckpfeiler dieser Neuausrichtung zu sein. Sollte sich die Kooperation als erfolgreich erweisen, so
rechnen wir damit, dass zahlreiche weitere NOC’s ähnliche Allianzen schließen könnten.
Die Kooperation könnte nun aber von den Gerichten gestoppt werden. TNK-BP hat eine einstweilige
Verfügung erwirkt, nachdem BP die Konkurrenzklausel für Russland verletzt habe. Wir gehen davon aus, dass
sich die Allianz nur verzögert, nicht verhindert wird. Generell dürfte sich Russland nun zunehmend den IOC’s
öffnen. So meldete man in Davos, dass Rosneft ein JV mit Exxon Mobil schliessen wolle, um im Schwarzen Meer
zu explorieren. Eine ähnliche Meldung gab es zuletzt auch mit Chevron.
Einfluss der Staatskonzerne wird immer größer – zunehmende Verstaatlichung
des Ölgeschäfts
Problematischer Trend hin zu Staatsbetrieben
Vor 40 Jahren noch war ein Großteil der Produktion und der Reserven in der Hand privater, internationaler
Ölkonzerne (IOC’s) die in erster Linie aus den USA kamen. Exxon, Chevron, BP und Royal Dutch zählen zwar
nach wie vor zu den größten Energieproduzenten weltweit, sie bestreiten jedoch nur noch 3 % der weltweiten
Förderung von Öl und Gas. Der Löwenanteil entfällt mittlerweile auf die staatlich kontrollierten Konzerne der
wichtigsten Förderländer. Nationale Ölkonzerne (NOC’s) verfügen aktuell über 80 % der Reserven, 14 % werden
in Form von Joint-Ventures zwischen NOC’s und IOC’s gehalten und lediglich die verbleibenden 6 % der
Gesamtreserven stehen im Einfluss von IOC’s. Internationale Öl-Multis befinden sich – trotz umfangreicher
technologischer Expertise - nur noch in einer Statistenrolle und müssen sich mit der Rolle als Juniorpartner
zufriedengeben bzw. sich zu spezialisierten Nischenanbietern verändern.
30%
25%
20%
15%
10%
5%
PetroChina
Iraq National Oil
Kuwait Petroleum
BP
Royal Dutch Shell
Petroleos de Venezuela
Exxon Mobil
Petroleos Mexicanos
National Iranian Oil Co
0%
Saudi Aramco
% der Gesamtproduktion
Top 10 Unternehmen nach Produktion
Quelle: Petroleum Weekly, Erste Group Research
Die wachsende Marktdominanz staatlicher Ölunternehmen hat langfristig massive Konsequenzen. Das
Dilemma liegt darin, dass den etablierten Ölkonzernen die Explorationsziele ausgehen und der Zugang zu großen
14
„Yet-to-Find“ bezeichnet die nicht nachgewiesenen aber geologisch möglichen, künftig gewinnbaren
Ressourcen
Erste Bank Research
Seite 22
Spezial Report Öl
Ölfeldern immer weiter abgeschnitten wird. Die Expertise der NOC’s ist jedoch oft mangelhaft. So sind
technisches und ökonomisches Know-How sowie Effizienz oft auf deutlich niedrigerem Niveau als in der
Privatwirtschaft. Zudem verfügen Staatskonzerne über einen Großteil der verbliebenen Reserven, es fehlt jedoch
an Humanressourcen um mehr zu tun als die bestehende Produktion aufrecht zu erhalten. 1965 verfügten die
Ölkonzerne noch über 85 % der gesamten Ölreserven. Im Zuge eines wachsenden Ressourcennationalismus
standen jedoch Verstaatlichungen und Enteignungen an der Tagesordnung.
Top 10 Unternehmen nach Reserven
% der Gesamtreserven
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
Lukoil
Petroleos de Mexico
Nigerian National Petroleum
Libya NOC
Abu Dhabi National Oil
Petroleos de Venezuela
Kuwait Petroleum
Iraq National Oil
National Iranian Oil Co
Saudi Aramco
0%
Quelle: Petroleum Weekly, Erste Group Research
Aufgrund der rückläufigen Reserven dürfte die Übernahmetätigkeit auch in Zukunft rege bleiben. Die
Branchenkonsolidierung ist ein klares Indiz dafür, dass die Suche nach „Elefanten-Feldern“ mittlerweile schon
nahezu aufgegeben wurde. Die großen Ölkonzerne ersetzen ihre Reserven somit in erster Linie durch teure
Akquisitionen, denn durch Exploration. Trotz deutlich gestiegener Ölpreise hat sich beispielsweise der breite
europäische Öl-und Gasindex seitwärts entwickelt. Die schwache Ertragslage der Raffinerien belastet die
Ergebnisse der Multis immer stärker. Die enttäuschende Kursperformance von Ölaktien (besonders im Vergleich
zum stark gestiegenen Ölpreis) während der letzten 10 Jahre lässt sich anhand des folgenden Charts ablesen:
DJ Stoxx 600 Oil & Gas und Crude Oil (auf 100 indiziert) vs. Revision Ratio EPS
550
80
500
60
450
400
40
350
20
300
250
0
200
-20
150
-40
100
Rev. Ratio FY1
DJ STOXX Oil & Gas (l.S.)
01.2011
06.2010
11.2009
04.2009
09.2008
02.2008
07.2007
12.2006
05.2006
10.2005
03.2005
08.2004
01.2004
06.2003
11.2002
04.2002
09.2001
02.2001
07.2000
-60
12.1999
50
Crude Oil (l.S)
Quelle: JCF Factset, Erste Group Research
Die gestiegenen Kosten sowohl Upstream (Exploration und Produktion) als auch Downstream (also das
Raffinieren von Rohöl zu Petroprodukten, Distribution, Marketing etc.) lassen sich am besten anhand der IHS
Erste Bank Research
Seite 23
Spezial Report Öl
Cera Indizes ablesen. Beide Indizes enthalten Kosten für Geräte, Anlagen, Materialien und Personal (sowohl
Facharbeiter als auch Hilfsarbeiter).
IHS CERA Upstream und Downstream Indizes seit 2000 klar im Aufwärtstrend
Quelle: IHS Cambridge Energy Research Associates
Sekundäre und Tertiäre Fördertechnologien als Hoffnungsträger
Nachdem die Ausbeute der Ölfelder nach wie vor gering ist (im Schnitt werden Vorkommen nur zu etwa
15-18 % verwertet), werden in Zukunft sekundäre und tertiäre Technologien wie EOR (Enhanced Oil
Recovery) oder IOR (Improved Oil Recovery) verstärkt eingesetzt werden. Vereinfacht gesagt wird durch
Fluten mit Gas bzw. Wasser oder Injektion von Dampf, Polymeren oder ähnlichem, Öl aus der Lagerstätte
gedrängt. Zudem wird die Viskosität verringert. Auch Ultraschallstimulation oder die Injektion von mikrobiologisch
aktiven Substanzen gewinnen immer stärker an Bedeutung. Horizontalbohrtechnik oder Frac-Technik können
ebenfalls zu Produktionssteigerungen führen, allerdings verursachen sämtliche Maßnahmen deutlich höhere
Kosten.
Nachdem schätzungsweise lediglich 5 % der Produktion auf EOR basieren, dürfte hier enormes Potenzial
für weitere Effizienzsteigerungen liegen. In den USA kommen bereits knapp 12 % der Produktion aus EOR,
Tendenz stark steigend. So geht man davon aus, dass bis 2025 2,5 mb/d zusätzlich durch EOR gefördert werden
soll. Einer Studie der Durham University zufolge15 könnten allein in der Nordsee bis zu 3 Mrd. Barrels zusätzlich
gefördert werden. Die Förderung alternder Vorkommen könnte so gesteigert bzw. stabilisiert werden. Das
Einspritzen von CO2 dürfte dabei der größte Hoffnungsträger sein. Lt. saudischem Ölminister Ali al-Naimi
könnten im Schnitt 50%, teilweise sogar knapp 75% gefördert werden. Den einzigen Nachteil stellen die hohen
Kosten dar.
15
http://www.dur.ac.uk/dei/news/?itemno=11339
Erste Bank Research
Seite 24
Spezial Report Öl
3. Peak Oil – Panikmache oder baldige Realität?
“It is not the strongest of the species that survives, nor the most intelligent that survives. It is the one that is the
most adaptable to change.” Charles Darwin
Wie bereits in den beiden letzten Spezialreports formuliert, denken wir, dass das globale Fördermaximum
bei konventionellem Öl demnächst erreicht werden könnte. Es steht ausser Frage, dass Peak Oil mehr als
reine Panikmache ist. Das Produktionsprofil einzelner Felder, Regionen und Länder hat immer die gleiche
Struktur, nämlich die einer Glockenkurve. Lt. Robert Hirsch haben bereits 64 Länder nachhaltig ihr
Fördermaximum erreicht. Trotzdem dürfte Peak Oil weiterhin ein Contrarian-Thema sein. Lt. Credit SuisseUmfrage sehen aktuell lediglich 5% der Investoren Peak Oil als Gefahr an. Die restlichen 95% erwarten das
Erreichen des Fördermaximums in 20 Jahren oder gar nicht.
Übersicht: Fördernationen, Peakproduktion und Abnahme der Produktion seitdem
Peak Production
Country
Peak Year
(mb/d)
Annual
Depletion rate
from Peak
USA
1970
9,6
2,60%
Russia
1987
11,5
2,40%
Indonesia
1991
1,7
3,00%
UK
1999
2,9
6,90%
North Sea
2000
6,4
5,60%
Norway
2001
3,4
6,10%
Mexico
2004
5,5
5,50%
Quelle: „The Peak of Oil Age“, analyzing the world oil production Reference Scenario in World Energy Outlook 2008, März 2010
Dass das Fördermaximum bei konventionellem Öl bereits überschritten sein könnte, sieht man auch an
nachfolgendem Chart. Die gestapelten Balken zeigen das Angebot an konventionellem Öl, NGL sowie Ethanol
und Biodiesel. Zudem erkennt man, dass die Ölproduktion af gleichem Niveau wie in 2005 liegt, obwohl der Preis
deutlich höher notiert. Dies läßt klar auf Produktionsprobleme bei konventionellem Öl schließen.
Quelle: Rune Likvern, www.theoildrum.com
Erste Bank Research
Seite 25
Spezial Report Öl
„People only accept change when they are faced with necessity, and only recognize necessity when a crisis is
upon them” (Jean Monnet)
Dass Peak Oil kein Hirngespinst von Untergangspropheten, Schwarzmalern und chronischen
Pessimisten darstellt, sondern vielmehr drohende Realität, unterstreicht auch die Tatsache, dass sich
nun immer häufiger offizielle Institutionen mit dem Thema beschäftigen. So arbeitet das britische
Department of Energy and Climate Change in Kooperation mit dem Verteidigungsministerium und der Bank of
England an einer Studie über die Folgen von Peak Oil. Zudem hat das amerikanische Verteidigungsministerium
ebenfalls eine Studie16 publiziert, in der man die US-Streitkräfte bis 2030 von Öl unabhängig machen wolle. Der
steigende Einfluss von Ölnationen wie Iran und Venezuela und die damit verbundene Abhängigkeit werde als
Bedrohung gesehen. Die einzigen Länder die über Reserven/Produktions-Verhältnisse verfügen, die über 75
Jahre liegen, sind derzeit Irak, Iran, Saudi Arabien Venezuela, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Ebenso wird der steigende Ölbedarf Chinas als nachteilig für die Interessen der USA bezeichnet.
19
19
18
18
17
16
12
11
11
11
Congo
Oman
Algeria
Brunei
Brazil
Egypt
Indonesia
Mexico
US
China
6
20
Russian
United Kingdom
21
India
8
25
Yemen
Norway
28
Canada
Sudan
Nigeria
Qatar
Iran
UAE
Kuwait
Iraq
Venezuela
37
49
73
Libya
55
75
Saudi Arabia
89
104
113
128
196
Reserve/Produktions-Verhältnis in Jahren
Quelle: BP Statistical Review of World Energy 2010
Besonders brisant und interessant ist die Studie „Peak Oil – Sicherheitspolitische Implikationen knapper
17
Ressourcen“ des deutschen „Dezernats Zukunftsanalyse“, einem Think Thank der deutschen
Bundeswehr. Die lesenswerte Studie beschreibt, dass durch den Rückgang der Ölförderung ein „Tipping Point“
18
erreicht wird, an dem das Wirtschaftssystem kippt und folgende Konsequenzen möglich wären :
-
Bedeutungsverlust westlicher Industriemächte
Dramatische Verschiebungen von politischen und wirtschaftlichen Machtgleichgewichten
Massive Einschränkung der Mobilität
Das Vertrauen in staatliche Institutionen und Politik würde weiter geschwächt
Negative Auswirkungen auf die Demokratie, nachdem eine Systemkrise „Raum für ideologische
und extremistische Alternativen zu bestehenden Staatsformen“ gäbe
Ein Teil- oder Komplettversagen der Märkte wäre möglich, dies könnte in einem Rückfall in die
16
„Fueling the Future Force – Preparing the Department of Defense for a Post-Petroleum Era“, Department of
Defense, September 2010
17
Peak Oil - Sicherheitspolitische Implikationen knapper Ressourcen, Zentrum für Transformation der
Bundeswehr, Juli 2010
18
Die deutsche Bundesregierung teilte mit, dass dieses Szenario ausdrücklich nicht geteilt wird
Erste Bank Research
Seite 26
Spezial Report Öl
-
Planwirtschaft münden
Engpässe bei der Versorgung mit „essentiell wichtigen Gütern“, beispielsweise bei Nahrungsmitteln
und in weiterer Folge Hungersnöte
Preisschocks in praktisch allen Bereichen der Industrie und fast allen Stufen der Wertschöpfungskette
Banken würden ihre Geschäftsgrundlage verlieren, nachdem kaum kreditwürdige Unternehmen überleben
würden
Vertrauensverlust in Währungen, in weiterer Folge Hyperinflation und die Rückkehr zu einer
tauschwirtschaftlichen Organisation auf lokalem Level.
Massenarbeitslosigkeit und Staatsbankrotte
Aufgrund der großen Abhängigkeit von Ölimporten, sollte Deutschland mehr Pragmatismus gegenüber
Ölexporteuren an den Tag legen. Die Studie solle keine Panik verursachen, sondern vielmehr eine Aufforderung
zur Prävention bzw. einen Denkanstoss bewirken. Das psychologische Denkmuster wird folgendermaßen
beschrieben: „…entsprechend schwierig ist es sich vorzustellen, welche Bedeutung ein sukzessiver
Entzug einer der wichtigsten Energiequellen unserer Zivilisation haben kann. Psychologische Barrieren
sorgen für das Ausblenden an sich unbestreitbarer Fakten und führen zu fast instinktiver Ablehnung
einer eingehenden Auseinandersetzung mit dieser schwierigen Thematik“ 19
19
Sicherheitspolitische Implikationen knapper Ressourcen, Seite 78
Erste Bank Research
Seite 27
Spezial Report Öl
4. Exkurs: Ölpreisentwicklung aus der Sicht der Österreichischen
Schule der Nationalökonomie
Österreichische Schule eröffnet neuen Blickwinkel auf Ölpreis-Entwicklungen. Im Rahmen unseres
Ölreports von 2010 haben wir für Investoren erstmals die Ölpreis-Entwicklung aus dem Blickwinkel der
Österreichischen Schule analysiert. Vertreter der Österreichischen Schule (insbesondere Ludwig von Mises)
haben erkannt, dass ein zentral gesteuertes Fiat-Geldsystem die natürliche Ordnung der freien Märkte über den
Haufen wirft. Dieser, aus Sicht der Österreichischen Schule, destabilisierende Einfluss eines zentral gesteuerten
Fiat Geldsystems spiegelt sich in der Realwirtschaft durch Boom- oder Überhitzungsphasen sowie Rezessionen
und Wirtschaftskrisen wider.
Geld-/Kreditzyklus Ablauf in zwei Phasen. Bei Überlegungen zur zukünftigen Ölpreisentwicklung ist es daher
aus unserer Sicht hilfreich, wenn sich Investoren der Wirkung zentral gesteuerter geldpolitischer Maßnahmen auf
die Realwirtschaft bewusst sind. Dieser Geld- oder Kreditzyklus läuft üblicherweise in 2 Phasen ab. In der ersten
Phase kommt es, angeregt durch eine entsprechend zentral gesteuerte expansive Geldpolitik
(Leitzinssenkungen, Senkung von Mindestreserveanforderungen an das Banksystem, Ausweitung von
Zentralbankkredit), allmählich zu einer sich beschleunigenden Kreditvergabe des Banksystems an Haushalte,
Firmen und die Öffentliche Hand. Dies ist die Zeit, die herkömmlich mit guter konjunktureller Entwicklung
assoziiert wird. In dieser Phase kommt es zu Fehlinvestitionen, die mangels realer Ressourcen nicht nachhaltig
ausgelastet werden können.
Zwei wesentliche Faktoren führen in dieser Phase zu einem steigenden Preisniveau. Zum einen spiegelt
das steigende Preisniveau einfach den Umstand wider, dass durch die expansive Geldpolitik mehr
Zahlungsmitteleinheiten den Wirtschaftssubjekten zur Verfügung stehen. Zum anderen steigt in dieser Phase der
Druck auf den ‚Erhaltungsfonds’ (= Kapitalgüterausstattung + Arbeitsfähige Bevölkerung) durch steigende
Investitions- und Konsumnachfrage zugleich. Um diese unangenehme Begleiterscheinung des Aufschwungs zu
bekämpfen, wird die zentral gesteuerte Geldpolitik defensiv (Leitzinsanhebungen, Anhebung von
Mindestreserveanforderungen an das Banksystem, Rückführung oder Stabilisierung von Zentralbankkredit). Als
Konsequenz daraus nimmt die Kreditvergabe des Banksystems an Firmen, Haushalte und die Öffentliche Hand
ab. Mit einer gewissen Zeitverzögerung geraten dann aufgrund der sich abschwächenden Kreditvergabe mehr
und mehr Wirtschaftssubjekte mit Kreditverbindlichkeiten, mangels der Möglichkeit für Anschlussfinanzierungen
unter Druck. Die Fehlentscheidungen, die im Verlauf der ersten Phase getroffen wurden treten nun schrittweise
zu Tage und volkswirtschaftliche Ressourcen (Kapitalgüter und Arbeitnehmer) müssen sich umorientieren. Diese
Phase ist uns als Rezession bekannt.
Weltwirtschaftlich disparate Entwicklung. Mit der Pleite der US Investmentbank Lehman Brothers im Oktober
2008, haben die wichtigsten Zentralbanken der Welt in Bezug auf ihre Geldpolitik einen expansiven Kurs
(Zinssenkungen, Senkung von Mindestreserveanforderungen, Ausweitung von Zentralbankkredit) eingeschlagen.
Regional gesehen haben die Volkswirtschaften unterschiedlich auf diesen Stimulus reagiert. Während die
wichtigsten Emerging Markets (China und Südostasien sowie Südamerika) unmittelbar in 2009 reagierten, so fiel
die Reaktion der USA und von Westeuropa eher verhalten aus.
Die wichtigsten Emerging Markets befinden sich bereits in Phase 2 des Geldzyklus. Seit dem 2. Halbjahr
2010 leiden die wichtigsten Emerging Markets wie China, Indien oder Brasilien, unter einem rasch steigenden
Preisniveau. Ganz einfach ein Symptom der massiven Neukreditvergabe knapp 12-18 Monate zuvor. Es kommt
daher nicht überraschend, dass China und auch Brasilien bereits seit dem ersten Halbjahr 2010 defensivere
geldpolitische Maßnahmen (Zinsanhebungen, Anhebung von Mindestreserveanforderungen für Banken,
Rückführung von Zentralbankkredit) ergriffen haben. Die folgende Graphik verdeutlicht diese Entwicklung,
während das Kreditwachstum sich in China (rote Linie) im Jahr 2009 bereits deutlich beschleunigte, so zeigt die
Entwicklung im Euro Raum (graue Linie) sowie den USA (blaue Linie) erst seit der 2. Jahreshälfte 2010 (also ein
Verspätung von 1,5 Jahren) einen steigenden Trend.
Erste Bank Research
Seite 28
Spezial Report Öl
Verschuldungsentwicklung USA, Euro Raum und China März 2004 – Sept. 2010
12.0%
35.0%
30.0%
10.0%
25.0%
8.0%
20.0%
6.0%
15.0%
4.0%
10.0%
2.0%
5.0%
US (left axis)
Euro area (left axis)
Sep-10
Mar-10
Sep-09
Mar-09
Sep-08
Mar-08
Sep-07
Mar-07
Sep-06
Mar-06
Sep-05
Mar-05
Sep-04
0.0%
Mar-04
0.0%
China (right axis)
Quelle: EZB, US Fed, PBoC
Euro Raum und USA noch immer in Phase 1 des Geldzyklus. Demgegenüber ist aus der Graphik ersichtlich,
dass die Kreditvergabe im Euro Raum sowie den USA gerade erst im 2. Halbjahr 2010 wieder etwas in Schwung
gekommen ist, sodass sich die wichtigsten entwickelten Märkte nach wie vor in Phase 1 des Geldzyklus befinden.
Dies ist auch daraus ersichtlich, dass sowohl die EZB als auch die US Federal Reserve nach wie vor eine
expansive Geldpolitik verfolgen (noch keine Zinsanhebungen, Zentralbankkredit wird weiter ausgeweitet –
Stichwort QE2).
Verbesserte Kreditdynamik in Europa und den USA verschafft Emerging Markets Zeit. Wir denken, dass
der wesentliche Treiber für Rohstoffpreise und auch Rohöl, die wirtschaftliche Entwicklung der Emerging Markets
ist. Nachdem sich diese Märkte aus Sicht des Geldzyklus bereits in Phase 2 befinden, ist Rohstoffen gegenüber
bereits Vorsicht angebracht. Allerdings, so lange es zu keinen Problemen im Immobilien- oder Finanzsektor (vor
allem in China) kommt, ist von einem weiterhin positiven Trend für Rohstoffpreise und damit auch Rohöl
auszugehen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass eine sich weiter beschleunigende
Kreditvergabe in den USA und im Euro Raum, die Zeitachse des Zyklus’ für die Emerging Markets verlängert. Es
ist also davon auszugehen, dass die Fehlinvestitionen, die es vermutlich in 2009 und 2010 durch das massive
Kreditwachstum in Emerging Markets gab, länger verborgen bleiben.
Basierend auf den Theorien der Österreichischen Schule sehen wir daher auf kurze Sicht (6-12 Monate)
noch ein moderates Aufwärtspotential für Rohstoffpreise. Auf mittlere Sicht (1-3 Jahre) kommen wir
basierend auf den Überlegungen der Österreichischen Schule jedoch zu dem Schluss, dass es ähnlich wie in
2008 zu einem massiven Rückschlag bei Rohstoffpreisen kommen wird. Wesentlicher Grund dafür ist der
Umstand, dass die geldpolitischen Maßnahmen die in 2008 und 2009 ergriffen wurden, ziemlich genau jenen
Maßnahmen entsprechen, die bereits in 2001 und 2002 nach dem dot.com Crash ergriffen wurden und letztlich
die Saat für die Finanzkrise 2007 und 2008 waren.
Exkurs von Gerald Walek, CFA
Erste Bank Research
Seite 29
Spezial Report Öl
5. Talking about a (energy) Revolution pt.220?
„Shale Gas is the most important energy development since the discovery of oil“ 21
Wie bereits im letzten Spezialreport formuliert, denken wir, dass Schiefergas einerseits einer der
wichtigsten Faktoren unserer Energiezukunft bzw. andererseits eine der attraktivsten
Anlageopportunitäten darstellt. Geologen gehen davon aus, dass unkonventionelles Gas die konventionellen
Vorkommen um den Faktor 10 übersteigt. Wir erwarten, dass was heutzutage als „unkonventionelles“ Gas
22
bezeichnet wird, aufgrund des technologischen Fortschrittes bereits bald „konventionelles“ Gas sein wird . Wir
sind zudem überzeugt davon, dass sich der europäische Energie- bzw. Gasmarkt aufgrund von Schiefergas
innerhalb der nächsten Jahre dramatisch verändern wird und die Abhängigkeit von russischem Gas ein Relikt der
Vergangenheit sein wird. Derzeit dürfte bereits der Beginn dieser Transformationsphase stattfinden.
Wenn sich Shale Gas in (Ost)Europa wirklich nachhaltig durchsetzen kann, so hätte dies weitreichende
Auswirkungen für Europa. Einerseits würden die regelmäßig angedrohten russischen Lieferstopps der
Vergangenheit angehören, andererseits sollten sich die Preise in Zukunft an den Marktpreisen orientieren. Derzeit
liegen die Gaspreise in Mitteleuropa in etwa 100% über den amerikanischen Preisen.
Im Gegensatz zu Öl oder anderen Rohstoffen, gibt es keinen globalen Markt für Erdgas. Nach wie vor ist
der Gasmarkt ein lokaler Markt und somit nicht weltweit integriert. Das Überangebot an Erdgas sowie der
Siegeszug von LNG (verflüssigtes Erdgas23) wird den Druck auf die großen Gasexporteure hoch halten und
insofern könnte die Bindung an den Ölpreis bald der Vergangenheit angehören. Weiters werden die in Europa
üblichen langfristigen Verträge nun sukzessive angepasst. Beispielsweise haben sich Gazprom und E.On darauf
geeinigt, zumindest teilweise die Preise die Spotpreise zu koppeln. Dies stellt unserer Meinung nach eine
Entwicklung dar, die sich weiter beschleunigen sollte.
Gazprom hat zuletzt den steigenden Einfluss von unkonventionellem Gas in Polen erwähnt, nachdem
man in Vergangenheit in erster Linie Negativkampagnen startete. Dass sich Gazprom bedroht vom ShaleBoom bedroht fühlt, erkennt man auch an daran, dass die Entwicklung des Shtokman-Gasfeldes um drei weitere
Jahre aufgeschoben wurde. Man geht nun davon aus, dass man bis 2018 in Produktion gehen wird. Aber auch
die Felder der Yamal-Halbinsel dürften erst später als erwartet in Produktion gehen, insb nachdem die Kosten für
beide Projekte dramatisch angestiegen sind und auf jetzigem Gaspreisniveau wenig rentabel sind. Die enorme
Abhängigkeit vieler europäischer Länder von russischen Gaslieferungen erkennt man an nachfolgendem Chart.
20
Siehe dazu Ölreport 2010
Fred Julander, CEO Julander Energy
22
Vgl. hierzu Erste Group Research, Sector Report “Unconventional gas in Poland”, Radim Kramule, Nov. 22,
2010
23
Erdgas wird dabei auf -161 Grad gekühlt, bis es flüssig wird. So werden knapp 580 Kubikmeter auf einen
Kubikmeter geschrumpft. Anschließend wird es auf speziellen Schiffen transportiert und am Zielort wieder
erwärmt und in Pipelines transportiert
21
Erste Bank Research
Seite 30
Spezial Report Öl
Prozentanteil der russischen Gaslieferungen am Gesamtverbrauch in %
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
Frankreich
Rumänien
Kroatien
Deutschland
Slowenien
Polen
Österreich
Türkei
Ungarn
Serbien
Tschechien
Slowakei
Mazedonien
Finnland
0%
Source: Gazprom (2009), IEA, BP, Erste Group Research
Shale gas in den USA – Blaupause für den europäischen Gassektor?
"We usually find oil in new places with old ideas. Sometimes, also, we find oil in an old place with a new idea, but
we seldom find oil in an old place with an old idea. Several times in the past we thought we were running out of oil
whereas we were only running out of ideas."
Parke Dickey, amerikanischer Geologe, 1910-1995
Die USA avancierten 2009 zum größten Erdgasproduzenten und überholten somit Russland. Die Hälfte des
Angebots stammt mittlerweile aus unkonventionellen Quellen, also CBM (Kohleflözgas), Schiefergas oder Tight
Gas. Derzeit stellt Shale Gas ca. 15% des US-amerikanischen Gasangebots dar. Bis 2020 könnte die Zahl auf
knapp ein Drittel anwachsen, nachdem die beiden Felder Marcellus und Haynesville stark steigende Produktion
erwarten lassen. T. Boone Pickens erwartet sogar einen Marktanteil von 50% bis zum Jahre 2020, während die
EIA ein wenig pessimistischer ist und davon ausgeht, dass Shale Gas bis 2035 knapp 45% des gesamten
Angebots abdecken wird.
US-Gasmarkt 1990-2035e
Quelle: EIA
Vielerorts wird der hohe Wasserverbrauch bzw. die Angst vor verseuchtem Grundwasser als zentrales
Gegenargument angeführt. Dies ist unserer Meinung jedoch lediglich Panikmache. Schiefergas liegt meist in
einer Tiefe von mehreren Kilometern, während Grundwasser meist nahe an der Oberfläche (in Tiefen bis max.
Erste Bank Research
Seite 31
Spezial Report Öl
300m) liegt. Sofern die Zementierung und Auskleidung des Bohrloches sorgfältig gearbeitet werden, besteht
keine Gefahr für das Grundwasser. Hier haben die Produzenten aus anfänglichen Fehlern gelernt. Auch der oft
kritisierte Wasserverbrauch beim fracking wird dramatisiert. Verglichen mit Industrieanlagen, Bergbaubetrieben
oder der Energiewirtschaft relativiert sich der hohe Wasserverbrauch. Für ein durchschnittliches Bohrloch benötigt
man ca. 15 Mio. Liter Wasser. Eine ähnliche Menge benötigt beispielsweise ein 18-Loch Golfkurs in ca. 2-3
Wochen24. Zudem verbessern sich die Technologien im Bereich „water management“, was den Wasserverbrauch
signifikant sinken lässt.
Energieträger
benötige Liter Wasser pro MMBTU an produzierter Energie
Shale Gas
2,2 bis 6,8
Erdgas
3,7 bis 11,3
Kohle (inkl. Spülförderung)
7,6 bis 30,2
Kohle (excl. Spülförderung)
16 bis 28
Atomkraft
30,2 bis 52,9
konventionelles Öl
30,2 bis 75,6
Kohlevergasung
Schiefer-Öl
Fischer-Tropsch (Kohle)
EOR
41,6 bis 98
83,2 bis 211,7
155 bis 227
79,4 bis 9450
Ethanol (Mais)
9.487 bis 109.998
Biodiesel (Soja)
52.920 bis 283.500
Quelle: Chesapeake Energy
In den USA gab es zuletzt Gerüchte rund um einen Förderstopp bzw. eine deutlich schärfere
Gesetzgebung bei Schiefergas. Wir halten dies für übertrieben, nachdem Shale Gas mittlerweile ein enormer
wirtschaftlicher Faktor ist. Lt. API25 würde die Gasproduktion bei schärferer Gesetzgebung um bis zu 57% fallen.
Zudem arbeiten knapp 600.000 Personen in der gesamten Erdgas-Industrie, die USD 385 Mrd. zum BIP beiträgt.
Die zentrale strategische Bedeutung wurde zuletzt auch von Präsident Obama unterstrichen. Man wolle
gasbetriebene Fahrzeuge und Gastankstellen steuerlich begünstigen und subventionieren.
Die Übersetzung des „Shale Experience“ auf Europa
Nach wie vor ist die Skepsis gegenüber Schiefergas in Europa enorm. Allerdings war das Stimmungsbild
Anfang der 90er Jahre in den USA ähnlich. Nachdem in den USA ein „tipping point“, also eine kritische Masse
überschritten war, setzte ein starkes Wachstum ein. In Folge verbesserter Technologien im Bereich Fördertechnik
sowie gestiegener Expertise im Hinblick auf die geologischen Besonderheiten von Schiefergasvorkommen, stieg
die Produktion pro Förderturm in den USA beinahe exponentiell. Mit steigender Expertise fallen aber auch die
Kosten. Lagen die Kosten im Barnett-Shale vor 8 Jahren noch bei USD 5/mmBTU26, so liegen sie heute bei
knapp 3/mmBTU. 2004 dauerte eine durchschnittliche Bohrung noch 110 Tage, heute sind es im Schnitt lediglich
18 Tage. Zahlreiche Studien belegen zudem, dass Preise bis zu USD 2,5/mmBTU möglich sind, damit wäre
ShaleGas-Produktion sogar teilweise billiger als die Förderung von konventionellem Gas. Derzeit findet ein
Technologietransfer von den USA nach Europa statt. Wir gehen davon aus, dass die Entwicklung von Shale
Gas in Europa deshalb deutlich zügiger voranschreiten dürfte.
24
Advanced Resources Interrnational Inc., “Worldwide Gas Shales and Unconventional Gas: A Status Report”,
Vello A. Kuuskraa
25
API, “summary of the national effects of federal hydraulic fracturing regulation”
26
Die Maßeinheit bei Erdgas ist meist mmBTU (million British thermal units). 1 BTU entspricht der Wärmeenergie,
die benötigt wird, um ein britisches Pfund Wasser um 1 Fahrenheit zu erwärmen. 1mmBTU entspricht knapp 239
kWh.
Erste Bank Research
Seite 32
Spezial Report Öl
Schematische Darstellung: konventionelles Gas vs. unkonventionelles Gas
Quelle: EIA
Die American Association of Petroleum Geologists erwartet alleine für Westeuropa unkonventionelle
Gasressourcen in Höhe von knapp 15 Mrd. Kubikmetern. Dies würde die Versorgung für die nächsten
Dekaden mühelos sichern. Dennoch kann man die Entwicklung in den USA nicht 1:1 auf Europa umlegen. Einen
möglichen Flaschenhals stellt die Verfügbarkeit von drilling rigs dar. So waren 2010 knapp 100 „active land rigs“
in Europa vorhanden, während es in den USA lt. Baker Hughes 2.500 waren. Die geringe Anzahl an Rigs führt
klarerweise zu überhöhten Preisen in Europa. Zudem fehlt es an erfahrenen Ingenieuren sowie Geologen. Wir
gehen außerdem davon aus, dass die Bevölkerung vorerst kritisch gegenüber Shale-Drilling sein könnte. So
unterscheidet sich die Bevölkerungsdichte in Europa deutlich von den USA. Liegt sie in den Vereinigten Staaten
bei 32 Personen pro km², so sind es in Großbritannien 255, in Deutschland 225 Personen, in Polen 122 und in
der Ukraine 78. Nachdem die Schieferschichten in Europa überwiegend tiefer liegen als in den USA, wird auch
der Wasserverbrauch deutlich größer sein. Die geologischen Strukturen sind teilweise ähnlich wie in den USA,
deshalb dürften die US-Konzerne vermutlich auch aktuell so aggressiv aquirieren und sich um Lizenzen
bewerben. Derzeit findet in Europa ein Kampf um Informationshoheit statt, nachdem nur wenige
Unternehmen über verlässliche Seismik- und Bohrdaten und somit Kenntnis der geologischen Spezifika
verfügen.
Polen als „Scheichtum an der Weichsel“?
Derzeit fokussiert sich der Sektor auf die unkonventionellen Gasressourcen Polens. Wären die Ressourcen
nur annähernd so groß wie derzeit prognostiziert, so würde Polen innerhalb weniger Jahre zum Nettoexporteur
von Erdgas aufsteigen. Die Schätzungen reichen derzeit von 1,4 (WoodMackenzie) bis zu 3 Billionen
Kubikmetern (Advanced Resources International). Dies würde dem polnischen Jahresverbrauch für die nächsten
100-200 Jahre entsprechen. Selbst wenn die Nachfrage – wie beispielsweise die staatliche PGNiG erwartet – in
den nächsten 5 Jahren um 40% steigt, wäre Polen somit ausreichend versorgt. Die kommerzielle Produktion
könnte bereits in 2-3 Jahren beginnen, wirklich relevante Volumina werden vermutlich aber erst in 7-10
Jahren gefördert.
Erste Bohrergebnisse im Südosten Polens (Markowola) bestätigen die hohen Erwartungen. Polen sieht
sich lt. offiziellen Aussagen bereits als „zweites Norwegen“ bzw. ein „Scheichtum an der Weichsel“27. Derzeit
finden Bohrungen in Lebien (3 Legs Resources), Slawno (BNK Petroleum) sowie Markowola (PGNiG) statt.
Zudem positionieren sich einige globale Player. Eni meldete zuletzt die Übernahme von Minsk Energy Resources
und erlangt dadurch Zugang auf 3 Lizenzen bzw. knapp 2.000 km² im polnischen Baltischen Becken. Man wolle
noch 2011 mit insgesamt 6 Bohrungen beginnen und dabei die Erfahrungen die man im Barnett Shale gemacht
habe, auf Europa „übersetzen“.
27
FTD, „Bohren bis zum Mittelpunkt der Erde“, 4. September 2010
Erste Bank Research
Seite 33
Spezial Report Öl
Next Stop: Ukraine
Nachdem die „sweet spots“ in Polen bereits vergeben wurden, dürfte nun die Ukraine die nächste Station
der „Shale-Gas-Karawane“ sein. Geologen sehen frappante Ähnlichkeit des Lubliner Beckens mit dem Barnett
28
Shale in Texas, wobei die größere Dicke der Silur-Schichten wohl deutlich mehr Potenzial bietet als
vergleichbare Vorkommen in den USA. Im Lubliner Becken dürften die Schichten knapp 10x so dick (1300m) sein
wie in durchschnittlichen US-Shales. Enorme Schiefergas- und CBM-Vorkommen werden zudem in der DneprDonetzk-Senke erwartet. So sprechen Mykola Zlochevsky (Minister für Ökologie und Bodenschätze) und Eduard
29
Stavytskyi (Vorsitzender von Nadra of Ukraine) vom größten Schiefergasvorkommen. Lt. WoodMackenzie
könnten im Lubliner Becken knapp 3 Billionen Kubikmeter an Reserven lagern. Chevron möchte ebenfalls auf den
30
ukrainischen-ShaleGas-Zug aufspringen und führt derzeit Verhandlungen . Zudem führt das Ministerium erste
Verhandlungen mit Shell und ExxonMobil, um ein Joint Venture für Shale Gas und CBM zu formen31.
Aufgrund der derzeitigen Abhängigkeit von russischen Gasimporten, wäre die Entwicklung dieser Gasreserven für
Polen und die Ukraine von immanenter Bedeutung für die künftige Versorgungssicherheit. Zudem scheint auch
die politische Unterstützung gesichert. Dies bestätigte auch Energieminister Yuriy Boiko, der innerhalb der
nächsten 5 Jahre zusätzlich 20 Mrd. Kubikmeter Erdgas aus Shale Gas und CBM fördern möchte. Dies entspricht
mehr als der Häfte der Gasimporte aus Russland.
China setzt ebenfalls auf Shale Gas
Allein China will den Gasanteil in der nächsten Dekade mehr als verdoppeln. Insb. die klimaschädliche
Kohleverbrennung soll massiv zurückgefahren werden. Derzeit wird 80% des Energiebedarfs mit Kohle gedeckt,
während Gas lediglich 1% abdeckt. Peking hat erkannt, dass sowohl CO2 als auch Schwefelemissionen deutlich
verringert werden müssen und die lokale Gasproduktion forciert werden muß. Unkonventionelles Gas soll dabei
eine wichtige Rolle spielen, bis 2020 soll es 30% des chinesischen Gasbedarfs abdecken32. PetroChina gab
jüngst bekannt, dass man bis 2015 die Produktion von CBM um den Faktor 12 auf insgesamt 4 Mrd. Kubikmeter
steigern wolle. Insgesamt werden die CBM-Ressourcen in China auf 37 Mrd. Kubikmeter geschätzt.
Der Technologietransfer für diese Entwicklung hat bereits längst begonnen. CNOOC und Petrochina haben
zahlreiche CBM-und Shale-Projekte in den USA und Australien akquiriert bzw. Joint Ventures errichtet. Dies
unterstreicht die Tatsache, dass im Vorjahr eine Vereinbarung mit der US-Regierung geschlossen wurde, im
Rahmen derer man China hilft, die Shale-Gas Ressourcen zu entwickeln. Zudem hat PetroChina USD 5,4 Mrd. in
Encana, den führenden kanadischen Gasproduzenten investiert. PetroChina übernimmt dabei 50% am CutbankRidge Shale-Projekt in British Columbia. Der Deal ist für beide Seiten sinnvoll, nachdem die Kanadier stark vom
US-Markt abhängig sind und sich so diversifizieren und andererseits PetroChina vom Technologietransfer
profitiert. Ausschlaggebend für die Kooperation dürfte gewesen sein, dass eine LNG-Anlage in Kitimat gebaut
wird.
28
Zeitabschnitt der Erdgeschichte vor ca. 400 Mio. Jahren
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20101129_OTS0155/ukraine-behauptet-das-weltweit-groessteschiefergasvorkommen-zu-besitzen
30
http://www.nrcu.gov.ua/index.php?id=148&listid=139133
31
http://ukrainian-energy.com/news/economics/107
32
BernsteinResearch, „The Long View: Bernstein Asia-Pac Energy – Lifft Off For China’s Unconventional Gas
Revolution“
29
Erste Bank Research
Seite 34
Spezial Report Öl
Chinesische Gasproduktion bis 2020
Quelle: BernsteinResearch, „The Long View: bernstein Asia-Pac Energy – Lift Off For China’s Unconventional Gas Revolution“
Wood Mackenzie erwartet, dass sich der Erdgasverbrauch in China von heute 9bcf/day auf 43 bcf/day bis
2030 nahezu verfünffachen wird. Erreicht soll dies durch einerseits deutlich höhere Inlandsproduktion,
andererseits erhöhte Pipeline-Kapazitäten aus Zentralasien bzw. verstärkte LNG-Importe werden. Dies war auch
zentraler Punkt im jüngst veröffentlichten Fünfjahresplan. Insofern sollte China dem Beispiel der USA folgen und
zu einem essentiellen Produzenten von unkonventionellem Gas avancieren. Gemäß offizieller chinesischer
Aussagen wolle man 50-80 Shale-Projekte definieren und bis 2020 knapp 30 Projekte explorieren und entwickeln.
3000
2500
2000
1500
1000
66
40
China
India
500
Brazil
Pakistan
Taiwan
France
Japan
South Korea
Malaysia
Italy
UK
0
USA
Pro-Kopf-Gasverbrauch in Kubikmetern
Gasverbrauch pro Kopf (per 2009)
Quelle: BP Statistical Review 2010, Bloomberg, Deutsche Bank, Erste Group Research
Fazit Shale Gas
„Shale Gas will Rock the World“ 33
Der weltweite Paradigmenwechsel hin zu Schiefergas dürfte nun langsam starten. Ob Shale Gas lediglich
eine Übergangslösung hin zu erneuerbaren Energien oder gar eine „prime energy source“ darstellt, wird sich
weisen. Wir sind jedoch zuversichtlich und glauben, dass es ein essentieller Teil einer langfristigen Energielösung
sein wird. Generell dürfte Gas weiterhin stark an Bedeutung und Akzeptanz gewinnen. Die IEA hat in ihren 3
33
Wall Street Journal, 10. Mai 2010
Erste Bank Research
Seite 35
Spezial Report Öl
Modellen bis 2035 in allen 3 Szenarien einen steigenden Anteil von Gas am gesamten Energiemix prognostiziert.
Wir gehen davon aus, dass Erdgas – und hier insb. Schiefergas – eine bedeutende Brückenfunktion darstellen
wird, um a la longue fossile Energieträger ersetzen zu können. Dies bestätigt auch die Studie des Dezernats
Zukunftsanalyse, in der es heißt „Erdgas perpetuiert die sicherheitspolitischen Herausforderungen des Peak Oil
und wird damit zu einer politischen Zweitwährung. Es erfolgt eine Aufwertung des politischen Gewichts von
34
Erdgaslieferbeziehungen.“
Quelle: BP Energy Outlook 2030
Wir gehen davon aus, dass die europäische Shale Gas-Produktion bereits ab 2015 stark ansteigen wird.
Shale-Gas wird unsere Energieproblematik zwar nicht gänzlich lösen können, jedoch zumindest stark lindern.
Nimmt das Angebot an Gas langfristig zu, so wird sich auch die Nachfrage dementsprechend anpassen. T.Boone
Pickens propagiert beispielsweise eine radikale Idee. Er empfiehlt den Umstieg aller amerikanischen LKW’s auf
Flüssiggas. Dies könnte lt. Pickens die Abhängigkeit von Ölimporten aus dem Nahen Osten halbieren. Im Zuge
der verbesserten Fördertechniken und zahlreicher neuer Technologien konnten auch die Produktionskosten in
den USA sukzessive gesenkt werden, sodass die Förderung auch bei niedrigeren Gaspreisen weiter Sinn
machen würde. Wir gehen davon aus, dass bei einem Großteil der Projekte der Breakeven bei USD 3,5 mmBTU
erreicht werden sollte.
Auch die ökologischen Langfristimplikationen sollten nicht unterschätzt werden. Erdgas ist der bei
weitem sauberste fossile Energieträger. Besonders im Vergleich zu unkonventionellem Öl (zB. Ölsand) ist Gas
ökologisch sauber und zudem energieeffizient. Bei der Verbrennung entsteht kein Ruß und die CO2-Emissionen
sind deutlich geringer als bei Erdöl oder Kohle. So stößt ein Gaskraftwerk knapp 50% weniger CO2 aus, als ein
Kohlekraftwerk. Insofern wäre es die wohl einfachste und billigste Möglichkeit um Emissionen zu senken, wenn
man Kohlekraftwerke schließen und durch GuD-Anlagen (Gasturbinen- und Dampfturbinen) ersetzen würde. Die
Kohleindustrie wird somit einer der größten Verlierer sein, nachdem durch die geplanten CO2-Maßnahmen
zahlreiche neue Kohlekraftwerke nun nicht gebaut werden. Lambert Energy schätzt, dass so die Ziele des
35
Klimagipfels in Kopenhagen erreicht bzw. sogar übertroffen würden . BP geht davon aus, dass der Anteil von
Gas in der Stromerzeugung in Europa von aktuell 42% auf 65% in 2030 steigen könnte. Nachdem die weltweite
Exploration gerade erst begonnen hat, stehen wir erst am Anfang einer langfristigen Entwicklung. Wir gehen
somit davon aus, dass der Shale-Gas-Sektor eine der interessantesten Investment-Opportunitäten im
Energiebereich darstellt.
“Shale gas will impact the gas industry with the same force the Internet has impacted communication“
Ken Chernin
34
“Peak Oil - Sicherheitspolitische Implikationen knapper Ressourcen”, Zentrum für Transformation der
Bundeswehr, S. 51
35
Vgl. hierzu Sector Report “Unconventional gas in Poland”, Radim Kramule, Nov. 22, 2010
Erste Bank Research
Seite 36
Spezial Report Öl
6. Nachfrage
Die Nachfrageseite entwickelte sich im letzten Jahr so dynamisch, wie zuletzt 2004. So wurden 2010 2,6
mb/d zusätzlich verbraucht, im Jänner 2010 hatte der Konsens lediglich mit einem Plus in Höhe von 1mb/d
gerechnet. Unerwartet stark hat sich die Nachfrage innerhalb der OECD entwickelt, während das Wachstum der
Emerging Markets die (hohen) Erwartungen teilweise übertreffen konnte.
Generell verlagert sich die Nachfrage sukzessive von West nach Ost: China fragte im Vorjahr 800.000
Barrels/Tag zusätzlich nach, der Nahe Osten verbrauchte 300.000 Barrels/Tag mehr. Die OPEC hat ihre
Nachfrageprognose zuletzt deutlich angehoben. Man werde nun 29,8 mb/d produzieren, dies entspricht einem
Plus von 400.000 Barrels im Vergleich zur letzten Prognose.
Ölverbrauch (mb/d) OECD vs. Non-OECD
Peak der OECD-Nachfrage ?
Nachfrage in Mio. Barrels/Tag
50
45
40
35
30
OECD
2014e
2013e
2012e
2011e
2010e
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
25
Emerging Markets
Quelle: IEA, OPEC, Bloomberg, Erste Group Research
Die IEA erwartet bis 2015 ein globales Wirtschaftswachstum in Höhe von 4,5% pa. Weiters erwartet man eine
gesteigerte Energieeffizienz von knapp 3%. Auf Basis dieser Erwartungen läge die Ölnachfrage 2015 bei knapp
92 mb/d. Zudem gehe man von einer deutlichen Produktionsausweitung seitens der OPEC aus, so erwarte man
die Reservekapazität in 2015 bei weiterhin 5mb/d. Für 2011 hat die IEA zuletzt die Nachfrageprognose deutlich
angehoben. Man rechnet nun mit 89,1mb/d, dies entspricht einem Plus von 1,4mb/d.
33
30
27
24
21
18
15
12
9
6
3
0
U.S.A.
S. Korea
Japan
Hong
Kong
P.R. China
1900
1905
1910
1915
1920
1925
1930
1935
1940
1945
1950
1955
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
2005
2010
Oil consumption per capita (barrels/year)
Ölverbrauch pro Kopf (Barrels/Jahr)
India
Quelle: Barry Bannister, Stifel Nicolaus
Erste Bank Research
Seite 37
Spezial Report Öl
BP prognostiziert im „Energy Outlook 2030“36 eine stark steigende Dominanz der Schwellenländer sowie stark
zunehmende Energieeffizienz. Bis 2030 erwartet BP einen Anstieg des Energieverbrauchs um 40%, 93% davon
sollen aus Non-OECD-Nationen kommen. Annualisiert bedeutet das ein Wachstum des Energieverbrauchs der
Schwellenländer von 2,6%. Während der Anteil erneuerbarer Energie von 5 auf 18% steigen soll, erwarte
man das größte Wachstum bei fossilen Energieträgern bei Erdgas.
Der stark steigende Verbrauch innerhalb einiger großer Förderländer verringert die Exportquoten
sukzessive. Symptomatisch für diese Entwicklung ist der Nahe Osten. Nachdem die Binnennachfrage
aufgrund der prosperierenden Wirtschaft immer stärker wächst, sinken die Exportquoten von Jahr zu Jahr. So
steigt der Bedarf 2011 lt. IEA Oilmarketreport auf 7,9 mb/d bzw. 9% des Gesamtbedarfs. 2007 lag der Bedarf
noch bei 6,6 mb/d. Der saudische Ölminister hat angekündigt, ein rigides Effizienzprogramm zu implementieren,
nachdem die Exportkapazität aufgrund der stark steigenden Inlandsnachfrage zunehmend geringer wird. Dies
wird zunehmend zum Problem, nachdem Ölexporte für 87% der saudischen Einnahmen verantwortlich sind und
40% zum BIP beitragen. Sollte sich das Nachfragewachstum weiterhin so dynamisch entwickeln, so würde man
bis 2030 knapp 8 mb/d verbrauchen, warnte der CEO von Saudi Aramco37. Aufgrund dessen wolle man sich
zunehmend diversifizieren sowie bis 2020 einige Atomkraftwerke ans Netz bringen.
Nachfrageentwicklung yoy
India
China
FSU
Middle East
Total Non OECD
Africa
Latin America
World
OECD Europe
North America
Total OECD
OECD Pacific
Europe (Non-OECD)
-6%
-4%
-2%
0%
2%
4%
6%
8%
10%
12%
Quelle: EIA, Bloomberg, Datastream, BP Stat. Review, Erste Group Research
“Die wachsende Bedeutung Chinas auf dem Weltenergiemarkt kann nicht genug betont werden” IEA World
Energy Outlook
In China wurden im November erstmals mehr als 10 mb/d verbraucht. Im Gesamtjahr 2010 stieg der
Verbrauch um knapp 950.000 Barrel/Tag. Wir gehen davon aus, dass China bis 2030 knapp 18 mb/d
konsumieren wird und damit die USA als größten Konsumenten überholen wird. China wird in Zukunft die
treibende Kraft im Automobilsektors darstellen. Seit 2009 verfügt China über mehr Autobahn-Kilometer als
Europa (65.000) und bis 2020 möchte man mit den USA (100.000 km) gleichziehen. Den Paradigmenwechsel
erkennt man auch daran, dass General Motors 2010 mehr Fahrzeuge in China als in den USA verkaufte.
36
37
http://www.bp.com/sectiongenericarticle.do?categoryId=9035979&contentId=7066648
Eurasia Review, Saudi Arabia Energy Profile
Erste Bank Research
Seite 38
Spezial Report Öl
PKW je 1000 Einwohner China und Indien bis 2022
160
Vehicles per 1000 adults
140
120
100
80
60
40
20
2022
2020
2018
2016
2014
2012
2010
2008
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1994
0
CHINA
INDIA
Quelle: CEIC, Bloomberg, Erste Group Research
Der Energieverbrauch wird dabei dem aktuellen Trend folgen und sukzessive weniger energieintensiv werden,
nachdem der Fokus im Zuge der Entwicklung zunehmend weg von Industrie hin zu Dienstleistungen verlaufen
wird. Zudem hat der 12. 5-Jahresplan die Steigerung der Energieeffizienz als zentrales Thema. So wolle man im
Laufe der nächsten 5 Jahre 17% weniger Energie pro BIP-Einheit verbrauchen.
Quelle: BP Energy Outlook 2030
Anhand nachfolgender Grafik erkennt man die Diskrepanz zwischen dem Ölverbrauch westlicher
Industrienationen und der Schwellenländer. Der Ölkonsum folgt dabei interessanterweise dem Pareto-Prinzip
(80/20): So verbrauchen knapp 80% der Weltbevölkerung weniger als 20% der gesamten Energie. Im
Durchschnitt werden 2200 Kilowatt pro Person pro Jahr verbraucht, während die USA knapp die 6-fache Menge
verbrauchen. Nordamerika repräsentiert 4,5 % der Weltbevölkerung, verbraucht jedoch 28% der weltweiten
Energieproduktion. Weniger als 4 % aller Chinesen verfügen beispielsweise über ein Auto, in den USA beläuft
sich die Durchdringung auf knapp 78 %. In Indien besitzen knapp 1 % aller Leute ein KFZ.
Erste Bank Research
Seite 39
Spezial Report Öl
Quelle: Oildrum.com
Knapp 10% der weltweiten Nachfrage kommt von US-amerikanischen Autofahrern. Lt. Epa verbrauchen die
Fahrzeuge des Modelljahres 2010 mehr Sprit also noch 1987. Von steigendem Sprit-Bewußtsein also keine
Rede. Ausschlaggebend dafür ist natürlich auch die geringe Incentivierung zum Sparen. Liegt die
Steuerbelastung (Mineralölsteuer und MwSt) in Deutschland und Österreich bei knapp 70 Cents je Liter, sind es
in den USA aktuell weniger als 10 Cents.
80
70
1998
2009
60
50
40
30
20
10
United States
Canada
New Zealand
Australia
Japan
Spain
Italy
France
Belgium
Norway
Germany
Britain
Netherlands
0
Turkey
Steuerbelastung in EuroCents pro Liter Benzin
Steuerbelastung je Liter Benzin 1998 vs. 2009
Quelle: OECD, UNO, CIA World Factbook, Erste Group Research
Erste Bank Research
Seite 40
Spezial Report Öl
Ölsektor als Hauptprofiteur der gestiegenen Investmentnachfrage
Durch die Entwicklung von ETF’s bzw. ETC’s wird Investoren nun einfaches und kostengünstiges
Exposure am Rohstoffmarkt ermöglicht. Der GSCI Index ist der wichtigste Commodity-Index, er inkludiert 24
Rohstoffe und ist stark fokussiert auf Energie (71,8%), während Industriemetalle (4,7%), Edelmetalle (3,1%) und
Agrarrohstoffe (12,2%) stark untergewichtet sind. Die Investmentnachfrage seitens institutioneller aber auch
privater Anleger, ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Lt. Barclays stiegen RohstoffIndexinvestments auf 374 Mrd. in 2010. Somit spielen Rohstoffe als Assetklasse weiterhin eine Nebenrolle. Zum
Vergleich: die globalen Aktienmärkte weisen derzeit eine Kapitalisierung von ca. USD 54 Billionen auf.
Nach wie vor ist die Subventionierung von Treibstoff in zahlreichen Ländern Usus. So wie überall
resultieren daraus ineffiziente Allokation von Ressourcen sowie eine Verzerrung der Marktkräfte und des
Wettbewerbs. Zudem werden effizientere Technologien bzw. erneuerbare Energien verhindert,
Energieverschwendung wird hingegen subventioniert. Für Importnationen stellen die Subventionen zudem
enorme budgetäre Belastungen dar. Die IEA geht davon aus, dass 2009 knapp USD 130 Mrd. für die
Subventionierung fossiler Brennstoffe aufgewendet wurde. Im Rekordjahr 2008 belief sich der Betrag auf USD
280 Mrd.
Erste Bank Research
Seite 41
Spezial Report Öl
7. Ein chinesischer „Black Swan“ pt. 238 ?
Ein alte Börsenweisheit lautet „Wenn die USA niesen, bekommt der Rest der Welt einen Schnupfen“.
Mittlerweile scheint es jedoch, als würde dieses Bonmot mittlerweile für China gelten. Wir zeigen uns nach
wie vor kritisch gegenüber dem grenzenlosen China-Optimismus, der aktuell Konsens zu sein scheint. Die
chinesische Wirtschaft ist in den letzten beiden Dekaden um knapp 10% pa. gewachsen. Für die nächsten 20
Jahre erwartet der Konsens lt. Bloomberg ein reales Wachstum in Höhe von 7,7% pa., was unserer Meinung
nach deutlich zu optimistisch ist. Die Extrapolation historischer Wachstumsraten ist gefährlich, wie ein Blick in die
Geschichtsbücher beweist. Teilweise erinnert uns der grenzenlose Optimismus an Japan Ende der 80er Jahre.
Vor 20 Jahren lag Japans Anteil am Welt-BIP noch bei 18%, heute sind es lediglich 8%. Die täglichen Meldungen
von milliardenschweren chinesischen Übernahmen und Beteiligungen bestätigen dieses Stimmungsbild.
Pikanterweise hat Hongkong Tokio mittlerweile als teuersten Bürostandort überholt.
Das Stimuluspaket von 2009 in Höhe von knapp 14% des BIP hat die Konjunkturdelle (oberflächlich)
rasch repariert. Solch künstliche Belebungsversuche führen in einem zentral kontrollierten Wirtschaftssystem
naturgemäß schneller zu Ergebnissen. Staatskonzerne, die für knapp 30% der Wirtschaftsleistung verantwortlich
sind, können zur Investition gezwungen werden, ebenso wie Banken zur Kreditvergabe. China inflationiert die
39
Geldmenge derzeit stärker als jede andere Nation , so stieg M2 im November um knapp 20% gegenüber dem
Vorjahreszeitraum und liegt aktuell bei 185% des BIP. Im Durchschnitt der letzten Dekade stieg M2 um 18,8%
(während das BIP um 10,9% wuchs), China weist aktuell das höchste M2/BIP-Verhältnis der Welt auf.
M1 Geldmenge (linke Skala) vs. M2-Wachstum in % (rechte Skala)
30000
35
M1 Money Supply
25000
30
M2 Growth yoy
20000
25
15000
20
10000
15
5000
11.2010
04.2010
09.2009
02.2009
07.2008
12.2007
05.2007
10.2006
03.2006
08.2005
01.2005
06.2004
11.2003
04.2003
09.2002
02.2002
07.2001
12.2000
05.2000
10.1999
03.1999
08.1998
10
01.1998
0
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Im Zuge der stark gestiegenen Immobilienpreise und der rekordhohen Lebensmittelpreise möchte die
PBoC nun die geldpolitischen Zügel deutlich anziehen um ein „soft landing“ zu ermöglichen. Die
Bekämpfung der Inflation stünde auf der Agenda ganz oben40. Die Mindestreservepflicht wurde auf knapp 20%
angehoben, in vielerlei Hinsicht erinnert die Situation an das 4. Quartal 2007, als ähnliche Maßnahmen gesetzt
wurden. Trotzdem ist China meilenweit „behind the curve“, zudem sind die massiven Überkapazitäten in
Schlüsselindustrien wie Stahl, Aluminium, Zement und Chemikalien immer schwerer zu kaschieren.
Ironischerweise befindet sich die Betriebsauslastung auf deutlich niedrigerem Niveau als 2008 (87,2%). Sie lag
2010 im Schnitt bei 82,4%.
38
Vgl. Spezialreport Öl 2010
Vgl. Darryl Robert Schoon, Inflation and the Future Price of Gold
40
Zwar lag die Inflation im Jänner bei lediglich 4,9%, jedoch wurde die Berechnung auch verändert. Der Anteil der
(stark gestiegenen) Lebensmittelpreise am Warenkorb wurde verringert
39
Erste Bank Research
Seite 42
Spezial Report Öl
Auch die Verlangsamung des chinesischen Kreditwachstums stimmt uns pessimistisch und wird sowohl
die Rohstoffpreise aber auch alle Assetpreise weltweit beeinflussen. Während das Kreditwachstum 2009
41
noch absurde 34% betrug, hat es sich im Vorjahr auf 18% verlangsamt . Für 2011 hat man derzeit 12-13%
veranschlagt.
S&P500 vs. Baltic Dry vs. Shanghai Composite
Baltic Dry (left scale)
Shanghai Composite (left scale)
10/2010
05/2010
12/2009
07/2009
02/2009
09/2008
04/2008
11/2007
06/2007
01/2007
08/2006
500
03/2006
500
09/2005
700
04/2005
2500
11/2004
900
06/2004
4500
01/2004
1100
08/2003
6500
03/2003
1300
10/2002
8500
05/2002
1500
12/2001
10500
07/2001
1700
02/2001
12500
S&P500 (right scale)
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Politisch dürften die Unruhen in Nordafrika für Besorgnis in Peking sorgen. Nachdem 2012 der 18.
Parteitag stattfindet (an dem die Regierung erneuert wird) dürfte die Bekämpfung der Inflation in erster Linie der
Herstellung der sozialen Stabilität dienen. China’s Inflationsstatistik beschönigt die wahre Teuerung. Die
massiven Diskrepanzen zwischen chinesischem Energieverbrauch und BIP-Wachstum lassen uns zum Schluss
kommen, dass sich China derzeit in einer Phase des „low quality growth“ befindet, dessen Ende naht.
Wir rechnen zwar nicht mit einem Kollaps der chinesischen Wirtschaft, jedoch scheint eine ausgeprägte
Marktbereinigung überfällig. Für eine Wirtschaft, die über Jahre hinweg zweistellig expandiert, fühlt sich ein
BIP-Wachstum von lediglich 5% wie eine schwere Rezession an. Je früher China die nötige Zäsur zuläßt, desto
weniger schmerzhaft wird sie werden. Die chinesische Führung steht jedoch vor einer schwierigen Aufgabe.
Aufgrund der aktuell ausgesprochen hohen Kapitalintensität der chinesischen Volkswirtschaft (BruttoAnlageinvestitionen liegen bei über 40% des BIP), wird zukünftiges Wachstum von einer höheren
Konsumneigung der chinesischen Bevölkerung abhängen. Um China's Binnenkonsum zu steigern müßte jedoch
zunächst das Reallohnniveau ansteigen. Derzeit stellt aber gerade das niedrige Lohnniveau China's den
wichtigsten Wettbewerbsvorteil dar, der die hohen Wachstumsraten des Landes im letzten Jahrzehnt ermöglicht
hat. Es ist also ersichtlich, daß sich die chinesische Führung in einer Zwickmühle befindet.
Die Geschichte hat oft gezeigt, dass die Planung eines „soft landings“ meist in einem abrupten Absturz
endet. Folgt man den Lehren Ludwig von Mises’, so wäre eine „laissez-faire“ Politik wohl die einzig richtige
Antwort auf die Rezession. Die massiven Eingriffe in den Markt verzögern die Marktbereinigung und werden die
darauffolgende Bereinigung nur verschärfen.
Das heutige China ähnelt den USA in den 20er Jahren. Das industrielle Wachstum wurde in erster Linie durch
hohe Exporte – unterstützt durch eine künstlich niedrig gehaltene Währung – befeuert. Zudem ist China heute
ebenso die weltweit größte Gläubigernation, die Verschuldungsquote von Privaten und Unternehmen gleicht der
Situation der Vereinigten Staaten in den 20er Jahren. Damals hatten die USA innerhalb einer Dekade
Erste Bank Research
Seite 43
Spezial Report Öl
außergewöhnlicher Prosperität, knapp 6 % des weltweiten BIP in Form von Währungsreserven gehortet. Sollte
sich die Analogie fortsetzen, so stünde China wohl eine ähnliche Krise wie den USA in den 30er Jahren ins Haus.
Dies würde eine tiefe Depression sowie eine schwere Bankenkrise bedeuten. Aufgrund der frappanten Parallelen
halten wir eine solche Entwicklung für möglich. Langfristig würde dies aber auch bedeuten, dass China nach dem
Überwinden dieser tiefen Krise als stärkste politische, wirtschaftliche und finanzielle Kraft auferstehen würde.
Auch dies halten wir für ein realistisches Szenario.
Wir zeigen uns somit gegenüber dem – mittlerweile generell akzeptierten – Glauben an das chinesische
Wirtschaftswunder skeptisch. Die reine Extrapolation der Vergangenheit ist à la longue verheerend. Die
exorbitant hohen Stimuli konnten bislang einen Konjunktureinbruch verhindern. Die – bereits zuvor erheblichen Überkapazitäten haben sich zusätzlich vergrößert. Der Staatsanteil an der Gesamtwirtschaftsleistung wird
sukzessive größer, staatliche Infrastrukturprojekte sind für einen Großteil des Wachstums verantwortlich. Einen
Vorgeschmack eines klassischen Boom/Bust Cycles dürfte hier Dubai gegeben haben, wenngleich die
Dimensionen ungleich größer sind. Nachdem China eine zentral geplante Volkswirtschaft ist, kann der
Wachstumspfad ev. noch länger gegangen werden. Langfristig wird auch China die Grundgesetze der
Ökonomie und des Wirtschaftens nicht aushebeln können.
Erste Bank Research
Seite 44
Spezial Report Öl
8. Technische Analyse
Sentiment signalisiert (noch) keinen extremen Optimismus
Zuletzt zeigten sich laut Bloomberg Sentiment-Index wieder 57% der Marktteilnehmer bullish, 20% neutral und
23% bearish was die weitere Entwicklung des Ölpreises betrifft. Dies signalisiert nach wie vor keinen
überbordenden Optimismus, auch wenn sich das Stimmungsbild innerhalb der letzten Wochen klar aufgehellt hat.
Im Sommer 2008 als der Ölpreis am Allzeithoch von USD 147 je Barrel handelte, lag der Optimismus noch bei
knapp 70%. Insofern dürfte hier noch weiteres Aufwärtspotenzial gegeben sein, nachdem der Konsens weiterhin
nur verhalten optimistisch ist.
Auch anhand der Analystenprognosen lässt sich – aus Contrariansicht – ein positives Szenario erkennen.
Im Median erwarten die 25 befragten Analysten einen WTI-Kurs von USD 89,25 in 2011. Für 2012 liegt der
Median bei 99, für 2013 bei 104 und 2014 bei 102. Die Prognosen für Brent liegen in etwa auf gleichem Niveau,
man geht somit wieder von einer Verengung des Spreads zwischen WTI und Brent aus. Die Anzahl der Befragten
steigt übrigens seit Jahren konstant, was bedeutet dass Banken zunehmend Rohstoffanalysten einstellen und der
Sektor an Bedeutung gewinnt.
Screenshot Bloomberg Forecasts WTI 2011-2014
Quelle: Bloomberg
Auch lt. Google Trends scheint derzeit noch deutlich Luft nach oben zu sein. Aktuell liegt die Anzahl der
Suchabfragen zum Begriff „Ölpreis“ ca. im Durchschnitt der letzten Jahr, von den Hochs 2008 ist das Sentiment
somit noch weit entfernt. Ähnliches gilt übrigens auch für die Suchbegriffe „Peak Oil“, „Ölkrise“, „Öl-Krieg“ oder
auch „Öl-Angebot“.
Erste Bank Research
Seite 45
Spezial Report Öl
Google Trends – Suchabfragen „Ölpreis”
Quelle: Google Trends
Nach einer relativen engen Seitwärts-Range im Vorjahr, ist der Ölpreis nun bei hohem Volumen
ausgebrochen. Nahezu alle technischen Indikatoren bestätigen die Validität des Ausbruchs. Das 62,8%
Retracement bei USD 103 ist mit Vehemenz überschritten worden. Das Überschreiten dieser Fibonacci-Marke
weist meist auf einen starken Bullenmarkt hin und lässt einen Anstieg auf ein neues Allzeithoch erwarten. Der
MACD steht auf Kauf, ebenso der Coppock-Indikator (der langfristige Signale liefert). Die Trendstärke lt. ADX/DMI
ist enorm, auch Momentum sowie On-Balance-Volume bestätigen den Ausbruch. Das TomDe Mark Sequential
System steht ebenfalls auf Kauf. Insofern gehen wir davon aus, dass der Ölpreis weiter steigen wird. Kurzfristig
scheint eine Rückkehr in das Bollingerband wahrscheinlich, die Overbought-Situation dürfte sich jedoch rasch
abbauen. Der nächste größere Widerstand liegt bei USD 119 (76,4% Fib. Retracement), anschließend stellt
das Allzeithoch aus 2008 bei USD 147 die nächste Hürde dar. Sobald die parabolische Phase erreicht wird,
das Sentiment neue Extremwerte markiert und sich erste Divergenzen ergeben, sollten enge Stops gesetzt
werden. Aktuell dürfte dies jedoch noch verfrüht sein.
Erste Bank Research
Seite 46
Spezial Report Öl
Brent-Chart seit 2008
Quick MACD
ADX/DMI
Momentum
Coppock
Quelle: Bloomberg, Erste Group Research
Saisonalität signalisiert ebenfalls weitere Kursanstiege
Der Ölpreis hat – wie die meisten Rohstoffe – eine ausgeprägte Saisonalität. Öl bildet normalerweise im Februar
oder spätestens bis Ende März Preistiefs aus. Insofern scheint aus saisonaler Sicht aktuell ein guter
Einstiegszeitpunkt. Die Höchststände auf Jahressicht sehen wir normalerweise im August oder September.
Ausschlaggebend dafür ist die Hurrikane-Saison im Golf von Mexiko, andererseits die Einlagerung vor der
Heizsaison. In 22 der letzten 27 Jahre stieg der Ölpreis zwischen Februar und Mai. Insofern gehen wir aus
saisonalen Gründen von steigenden Notierungen aus.
Erste Bank Research
Seite 47
Spezial Report Öl
Median
Dezember
November
Oktober
September
August
Juli
Juni
Mai
April
März
Februar
4
3,5
3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
-0,5
-1
-1,5
-2
-2,5
-3
-3,5
-4
Jänner
monatliche Veränderung in %
Monatliche Returns seit 1980
Mittelwert
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Am nachfolgenden Monats-Chart sieht man die 10-jährige Entwicklung von Erdgas. Sowohl 2005 als auch 2008
wurde der Aufwärtstrend bei USD 14 je MMBtu jäh beendet. Seit 2010 befindet sich der Preis in einer engen
Range, wobei USD 5 ein massiver Widerstand zu sein scheint. Der MACD „lauert“ unter der Null-Linie, während
der Coppock-Indikator einerseits ein Kaufsignal generiert hat, andererseits jedoch eine negative Divergenz
ausbildet. Die Stochastik sowie Williams %R sind derzeit leicht positiv zu interpretieren. ADX/DMI zeigen eine
Bodenbildung der Trendstärke an. Insofern rechnen wir mit einer Fortsetzung der Bodenbildung. Ein rascher,
impulsiver Aufwärtstrend ist jedoch nicht zu erwarten. Der nächste größere Widerstand liegt erst im Bereich von
USD 5,1 (76,4% Fib. Retracement)
Monatlicher Chart Natural Gas Spot
MACD
COPPOCK
Quelle: Bloomberg, Erste Group Research
Erste Bank Research
Seite 48
Spezial Report Öl
Commitment of Traders Report signalisiert baldige Trendumkehr
Der wöchentliche Bericht der Terminbörsenaufsicht zeigt die Positionen von kommerziellen Händlern
(Commercials), großen Spekulanten (Large Specs) und kleinen Spekulanten (Small Specs). Die Commercials
werden oft als „smart money“ bezeichnet und agieren meist antizyklisch. Die wertvollsten Signale liefern die
Commercials bei Extremständen. Die Large Speculators sind meist Hedgefonds und institutionelle Investoren und
agieren meistens zyklisch. Extremwerte sind meist als verlässliche Kontraindikation zu interpretieren. Die Small
Speculators sind ebenfalls meist Trendfolger und repräsentieren das “dumb money”.
Anhand des Charts erkennt man, dass derzeit sowohl die Small als auch die Large Specs über den oberen
Bändern (2 Standardabweichungen) liegen. Ober dem grünen Band ist die Interpretation bullish und vice versa.
Die Commercials haben ihre Netto-Short-Positionierung in den letzten Wochen weiter ausgebaut und sind nun
fast 300.000 short positioniert. Sie haben überwiegend Long-Positionen abgebaut, was klar bearish zu
interpretieren ist. Die Large Speculators haben im Rahmen des aktuellen Spikes ihre Positionen massiv erhöht,
ebenso wie die Small Speculators. Unserer Meinung nach sollte dies – zumindest mittelfristig – einen Deckel für
den Ölpreis bedeuten, nachdem das Ausmaß der Spekulation kaum mehr ansteigen kann.
CoT Report Öl seit 2004
CRUDE LIGHT OIL (COMPOSITE) Continuous (102.390, 102.940, 100.150, 101.910, -0.32000)
130
110
90
70
50
30
1000
500
0
-500
-1000
-1500
-2000
-2500
-3000
CRUDE OIL COMMERCIAL NET POSITION (-319,669.0, -319,669.0, -319,669.0, -319,669.0, +0)
x100
CRUDE OIL LARGE SPEC NET POSITION (271,887.0, 271,887.0, 271,887.0, 271,887.0, +0)
25000
20000
15000
10000
5000
-5000
x10
CRUDE OIL SMALL SPEC NET POSITION (47,782.00, 47,782.00, 47,782.00, 47,782.00, +0)
4000
2000
-2000
Copyright 2011, All Rights Reserved www.sentimenTrader.com
2004
2005
2006
2007
x10
2008
2009
2010
2011
Quelle: www.sentimentrader.com
Auch im inflationsbereinigten log-Chart erkennt man, dass sich der Ölpreis in einem langfristigen Aufwärtstrend
befindet. Zudem liegt der Preis aktuell wieder deutlich über dem oberen Band des 75%igen Konfidenzintervalles,
insofern rechnen wir wieder mit einer Rückkehr zum Mittelwert.
Erste Bank Research
Seite 49
Spezial Report Öl
Inflationsbereinigter Chart – logarithmische Skalierung
75% Konfidenzintervall
Quelle: Sharelynx.com
Ratio-Analyse
Die Ratio-Analyse ist eine einfache und trotzdem extrem nützliche Facette der technischen Analyse. Durch
einfache Division eines Wertes durch einen anderen wird eine Verhältniszahl gebildet, deren Ergebnis als RatioLinie dargestellt wird. Steigt die Linie an, so gewinnt der Zähler gegenüber dem Nenner an Wert. Eine steigende
Linie impliziert somit relative Stärke. Die Analyse von langfristigen Verhältnissen zwischen Öl und anderen Assets
soll dem Anleger zu einer neuen und langfristig orientierten Betrachtungsweise der aktuellen Marktsituation
dienen. Durch die einfache Division erkennt man durch den direkten, langfristigen Vergleich zueinander, ob eine
faire oder eine Über- bzw. Unterbewertung vorliegt.
S&P500 /Öl (aktuell 11x)
Im Vergleich zum breiten US-Aktienmarkt ist Öl teuer bewertet. Im langfristigen Median kann man für eine Einheit
des S&P 21 Barrel Öl kaufen, derzeit sind es lediglich 11. Man sieht, dass die Zeit der starken Outperformance
beendet scheint und das Verhältnis nun eine Bodenbildung vollzieht.
Erste Bank Research
Seite 50
Spezial Report Öl
140
130
120
110
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
S&P / Crude Ratio
Crude outperforming
S&P
outperforming
2010
2008
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
1982
Median: 21x
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Intergrated Oil&Gas-Index /Öl (aktuell 23x)
Im Relation zum Öl&Gas-Branchenindex ist der Öl derzeit teuer bewertet, es scheint aber als wäre die
Outperformance langsam beendet und als würde das Ratio einen Boden ausbilden. In Relation zum Service-und
Equipmentindex scheint es, als ob die Zulieferbranche deutlich an relativer Stärke gewinnt. Insofern würden wir
diesen Sektor gegenüber den produzierenden Ölkonzernen klar bevorzugen.
110
Integrated Oil&Gas / Crude Ratio
100
90
Crude
outperforming
80
70
60
50
Median: 29x
40
30
20
10
2010
2008
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
1982
0
Gold/Öl (aktuell: 13x)
Mit einer Unze Gold kann man aktuell 13 Barrel Öl kaufen, dies liegt geringfügig unter dem langfristigen Median
von 15. Insofern ist Gold in Relation zu Öl aktuell fair bewertet. Es scheint aber, als würde die knapp 25-jährige
Outperformance von Öl langsam enden.
Erste Bank Research
Seite 51
Spezial Report Öl
50
Gold / Oil Ratio
45
40
Crude
outperforming
35
30
25
Median: 15x
20
15
10
5
2010
2008
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
1982
0
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Öl/Erdgas (aktuell: 25x)
Erdgas ist im Vergleich zu Öl weiterhin extrem günstig. Derzeit liegt das Verhältnis bei 25x und damit deutlich
über dem langfristigen Median von 8,2. Im Sinne der Rückkehr zum Mittelwert gehen wir davon aus, dass sich
Erdgas in Zukunft deutlich besser als Erdöl entwickeln sollte.
35
Crude / Natural Gas Ratio
30
25
Crude
outperforming
20
Median: 8,2x
15
10
5
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
0
Quelle: Datastream, Erste Group Research
Durchschnittliches Jahreseinkommen pro Kopf / Öl (aktuell: 370 x)
Im Verhältnis zum jährlich verfügbaren Einkommen pro Kopf ist der Ölpreis aktuell extrem hoch – bzw. ist die
Kaufkraft der US-Bürger auf dem niedrigsten Stand seit den 80er Jahren. Im langfristigen Median seit 1959 liegt
Erste Bank Research
Seite 52
Spezial Report Öl
der Median bei 790, derzeit kann man mit einem Jahreseinkommen jedoch lediglich 370 Barrel Öl erwerben. Ein
weiterer Beweis für die rapide fallende Kaufkraft des US-Dollars.
Disposable Income per Capita / Crude Oil Ratio
2100
1900
1700
steigende Kaufkraft
1500
1300
1100
900
700
Median: 790x
500
300
2010
2007
2004
2001
1998
1995
1992
1989
1986
1983
1980
1977
1974
1971
1968
1965
1962
1959
100
Immobilien / Öl (aktuell: 3100x)
Derzeit erhält man für ein durchschnittliches Einfamilienhaus 3.300 Barrel Öl. Im langfristigen Median liegt der
Wert bei 6.600, was bedeutet, dass Immobilien in Relation zu Öl derzeit klar zu günstig sind. Es scheint, als läge
bei 3.000 ein Unterstützungsniveau. Insofern gehen wir davon aus, dass Immobilien in Relation zu Öl künftig
outperformen werden.
Average One Family House / Crude Ratio
19000
17000
Crude
outperforming
Housing
outperforming
15000
13000
11000
9000
7000
5000
Median: 6600x
3000
Erste Bank Research
2010
2008
2006
2004
2002
2000
1998
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
1982
1000
Seite 53
Spezial Report Öl
9. Conclusio
Die weltweiten Stimuli seitens Regierungen und Notenbanken und die nahezu globale Nullzinspolitik
verursachten 2010 eine Fortsetzung der Hausse im Rohstoffsegment. Die künstlich herbeigeführte
Prosperität sollte nicht mit gesundem, realem Wachstum verwechselt werden. Insofern dürfte die weitere
Entwicklung des Ölpreises auch stark davon abhängen, ob ein 3. Quantitative Easing-Programm implementiert
wird. Die extrem hohe positive Korrelation zwischen Aktienmarkt und Ölpreis lässt sich kaum mit herkömmlichen
Angebot/Nachfrage-Mustern erklären, Geldpolitik dürfte mittlerweise die wichtigste Determinante sein. Laut David
Rosenberg gibt es – seitdem QE vor zwei Jahren implementiert wurde - eine 86%ige Korrelation zwischen
42
Erweiterungen in der Bilanz der Federal Reserve und dem S&P 500 . Zudem zeigen Vorwahljahre eine eindeutig
positive Tendenz für den US-Aktienmarkt. So beläuft sich das durchschnittliche Plus im 3. Jahr eines
Präsidentschafts-Zyklus innerhalb der letzten 80 Jahre auf 18,2%. In 93% aller Fälle beendeten US-Aktien das
Handelsjahr mit positiven Vorzeichen. Nachdem die Korrelation zwischen US-Aktien und Ölpreis heuer
stärker denn je ist, sollte dies ein positives Umfeld für den Ölpreis bieten.
Wir sind der Meinung, dass die schwelenden politischen Risiken im Ölpreis weiterhin zu gering
diskontiert werden. Der Iran-Konflikt spitzt sich von Tag zu Tag zu, ebenso die Lage in Libyen, dem Irak bzw.
generell im Nahen Osten. Zwar sind die politischen Verhältnisse in Saudi Arabien, Oman, Bahrain und den VAE
stabiler als in Ägypten, dennoch halten wir einen Dominoeffekt für möglich. Die latenten gesellschaftlichen
Spannungen - aufgrund hoher Arbeitslosigkeit, politischer Repression, stark gestiegener Lebensmittelpreise und
immer größer werdender Einkommensgefälle – sollten nicht unterschätzt werden. Der haussierende Ölpreis
verstärkt den Unmut zunehmend und heizt die Teuerung weiter an. Gleiches gilt aber auch für zahlreiche andere
Nationen (ua. China und Indien) wo sich ebenfalls bereits erste Protestbewegungen formieren.
Die Dynamik solcher Entwicklungen ist schwer zu prognostizieren, jedoch gehen wir nicht davon aus,
dass sich die Wogen rasch glätten. Insofern können wir uns vorstellen, dass der „wind of change“ auch nach
Saudi Arabien wehen wird. König Abdullah ist krank, sein Kronprinz ist unbeliebt. Eine Machtübergabe wäre wohl
ein willkommener Anlass für Protestbewegungen. Die Arbeitslosigkeit der 20-24jährigen liegt bei 42%43, der
soziale Sprengstoff einer solchen Tristesse ist enorm. Die jüngsten „Sozialmaßnahmen“ im Ausmaß von knapp
USD 40 Mrd. dürften nur kurzfristig für Beruhigung sorgen, die strukturellen Probleme werden dadurch nicht
gelöst. Sollte die Produktion in Libyen bzw. Algerien nur kurzfristig ausfallen, so wäre die Reservekapazität Saudi
Arabiens de facto erschöpft. Zudem ist libysches Öl schwefelärmer und leichter als saudisches Öl und kann somit
keineswegs problemlos ersetzt werden.
“If we want everything to stay as it is, everything will have to change” Giuseppe Tomasi di Lampedusa
Weiters glauben wir nicht, dass Saudi Arabien ohne Weiteres die Produktion massiv erhöhen wird
können. Noch nie hat man mehr als 11 mb/d produziert, insofern halten wir es für unwahrscheinlich, dass die
Produktion rasch auf 12 mb/d ausgeweitet werden kann. In der jüngeren Vergangenheit wurden de facto alle
Produktionsziele verfehlt, insofern dürften die Probleme struktureller Natur sein. Auch die Blockade einer der
beiden wichtigsten Nadelöhre des Öltransports – der Straßen von Hormuz und Malacca – sehen wir weiterhin als
Gefahr. Im Zuge eines Lieferengpasses auf einer der beiden Routen, würde der Ölpreis definitiv neue
Allzeithochs markieren und vermutlich jenseits der USD 200 je Barrel handeln. Insofern sehen wir das Risiko
für den Ölpreis ganz klar auf der Oberseite und erhöhen die politische Prämie.
Der stark steigende Verbrauch innerhalb einiger großer Förderländer verringert die Exportquoten
sukzessive. Vergleicht man die Exportquoten im Verlauf der letzten 10 Jahre, so ist ein besorgniserregender
Trend zu erkennen. Zahlreiche Nationen (ua. Venezuela, Norwegen, Mexiko, UK, Argentinien, Jemen) dürften ihr
Fördermaximum erreicht haben, während die Binnennachfrage steigt. Die daraus resultierenden fallenden ÖlExport werden unserer Meinung nach ebenfalls kaum diskontiert. Generell scheint es, als ob wir in einer
zweistufigen Entwicklung stecken. Zu Beginn des Zyklus wurden die rekordhohen Lagerbestände sukzessive
abgebaut, nun sinken die Reservekapazitäten infolge deutlich gestiegener Nachfrage. Wir nähern uns somit einer
Entwicklung, die dem Jahre 2008 durchaus ähnelt.
42
43
Vgl. “Breakfast with Dave”, Gluskin Sheff, 1. März 2011
The Telegraph, „Mid-East contagion fears Saudi oil fields“, Ambrose Evans-Pritchard
Erste Bank Research
Seite 54
Spezial Report Öl
Der hohe Ölpreis bedeutet definitiv eine Bedrohung für das Wirtschaftswachstum. Lt. IEA lag der Anteil
der Ausgaben für Öl in 2010 bei 4,1% des globalen BIP’s. Sollte der Preis in 2011 nachhaltig über 100
steigen, so würde sich der Wert wohl auf knapp 5% steigern, was historisch gesehen ein kritisches Niveau für die
Konjunktur darstellte. Bei einem Durchschnittspreis von USD 120 je Barrel Brent wären es 6% vom BIP, bei USD
150 läge der Anteil bei 7,5% vom BIP. Dies hätte eindeutig negative Auswirkungen auf die Nachfrage bzw. die
Konjunktur im Allgemeinen. Deshalb glauben wir nicht, dass die OPEC das konjunkturelle Pflänzchen begraben
möchte und gehen davon aus, dass die Förderung drastisch erhöht wird, sobald der Preis nachhaltig über USD
100 steigen sollte. Ein Öl-Spike wie 2008 ist definitiv nicht im Sinne des Kartells.
Auf der Angebotsseite halten wir Peak Oil für eine reale Bedrohung. Wir denken, dass das globale
Fördermaximum bei konventionellem Öl demnächst erreicht werden könnte. Es steht ausser Frage, dass
Peak Oil mehr als reine Panikmache ist. Das Produktionsprofil einzelner Felder, Regionen und Länder hat immer
die gleiche Struktur, nämlich die einer Glockenkurve. Lt. Robert Hirsch haben bereits 64 Länder nachhaltig ihr
Fördermaximum erreicht. Die Tatsache, dass nun immer häufiger offizielle Institutionen wie zB. die Deutsche
Bundeswehr, die Bank of England oder das amerikanische Verteidigungsministerium sich in Studien mit Peak Oil
beschäftigen, bestätigt die latente Bedrohung.
Wir zeigen uns im Hinblick auf Erdgas – und hier insb. unkonventionellen Erdgasressourcen – langfristig
klar bullish. Nachdem Erdgas aufgrund seiner chemischen Eigenschaften, Erdöl in zahlreichen Einsatzbereichen
problemlos substituieren kann, gehen wir davon aus, dass es der am schnellsten wachsende fossile
Energieträger sein wird. Insofern gehen wir davon aus, dass es in einer Transitionsphase einen großen Anteil an
Erdöl ersetzen wird müssen. Auch im Hinblick auf Umweltverschmutzung sollte Erdgas zukünftig eine größere
Rolle spielen, nachdem es deutlich sauberer verbrennt als Kohle und Erdöl. Dies dürfte auch in Hinblick auf CO2Obergrenzen zusätzliche Unterstützung für Gas bedeuten. Auf Sicht der nächsten 3-5 Jahre erwarten wir Preise
im Bereich von mindestens USD 7-10, dies sollte attraktive Margen für alternative Erdgasproduzenten
gewährleisten. Wir zeigen uns zuversichtlich, dass der Abbau von Schiefergasvorkommen in Europa massiv an
Bedeutung gewinnen wird. Insbesondere in Polen und in der Ukraine erwarten wir rege Explorations- und
Akquisitionstätigkeiten. Insofern betrachten wir unkonventionelles Gas – und hier insb. Shale Gas – als eine
der interessantesten Investmentopportunitäten im Energiebereich.
Auf der Nachfrageseite bleibt ganz klar China der treibende Faktor. Auch in 2011 sollte der chinesische ÖlDurst weiter ansteigen, allerdings mit deutlich geringerer Dynamik, nachdem die chinesische Geldpolitik
zunehmend restriktiver wird. Die jüngsten Zinserhöhungen sowie die zahlreichen Aufstockungen der
Mindestreserveanforderungen sollen ein „soft landing“ ermöglichen, hatten bislang jedoch wenig Erfolg. 2010
stieg die Geldmenge um 19,7%, das Kreditwachstum lag bei 18% (nach 35% in 2009). Wir sehen uns aber
generell im blinden Glauben an das Wachstum in den Emerging Markets vorsichtig und gehen davon aus, dass –
zumindest kurzfristig – deutlich zuviel Wachstum eingepreist wird.
Basierend auf den Theorien der Österreichischen Schule sehen wir auf kurze Sicht (6-12 Monate) noch
ein moderates Aufwärtspotential für Rohstoffpreise. Auf mittlere Sicht (1-3 Jahre) kommen wir basierend auf
den Überlegungen der Österreichischen Schule jedoch zu dem Schluss, dass es ähnlich wie in 2008 zu einem
massiven Rückschlag bei Rohstoffpreisen kommen wird. Wesentlicher Grund dafür ist der Umstand, dass die
geldpolitischen Maßnahmen die in 2008 und 2009 ergriffen, wurden ziemlich genau jenen Maßnahmen
entsprechen, die bereits in 2001 und 2002 nach dem dot.com Crash ergriffen wurden und letztlich die Saat für die
Finanzkrise 2007 und 2008 waren.
Im Vergleich zum S&P 500, dem Öl&Gas-Branchenindex, Erdgas, dem verfügbaren Einkommen sowie
Immobilien ist Öl derzeit teuer bewertet. Nachdem allerdings noch keine Extremwerte erreicht sind, rechnen wir
mit einer (kurzen) Fortsetzung dieses Trends. Aus technischer Sicht stimmt uns die CoT-Positionierung
pessimistisch. Saisonalität und Sentiment geben hingegen positive Signale.
Wir sehen somit überwiegend Aufwärtsrisiken für den Ölpreis. Selbst wenn der Markt derzeit noch
ausreichend versorgt ist, denken wir, dass sich der revolutionäre Flächenbrand weiter ausbreiten wird und den
Ölpreis auf neue Höchststände hieven könnte. Aus technischen und taktischen Überlegungen rechnen wir somit
mit einer Fortsetzung des Aufwärtstrends zumindest im 1. Halbjahr und halten neue Allzeithochs für möglich. Auf
Jahressicht rechnen wir mit einem durchschnittlichen Preis von USD 124 bei Brent.
Ronald-Peter Stöferle, CMT
Erste Bank Research
Seite 55
Spezial Report Öl
Contacts
Group Research
Head of Group Research
Friedrich Mostböck, CEFA
Macro/Fixed Income Research
Head: Gudrun Egger, CEFA (Euroland)
Mildred Hager (SW, JP, Euroland)
Alihan Karadagoglu (Corporates)
Peter Kaufmann (Corporates)
Carmen Riefler-Kowarsch (Corporates)
Rainer Singer (US)
Elena Statelov, CIIA (Corporates)
Macro/Fixed Income Research CEE
Co-Head CEE: Juraj Kotian (Macro/FI)
Co-Head CEE: Rainer Singer (Macro/FI)
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Co-Head: Günther Artner, CFA
Co-Head: Henning Eßkuchen
Günter Hohberger (Banks)
Franz Hörl, CFA (Steel, Construction)
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Daniel Lion, CIIA (IT)
Christoph Schultes, CIIA (Insurance, Utility)
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Martina Valenta, MBA (Real Estate)
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Ronald Stöferle (Asia)
Editor Research CEE
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Petr Bittner (Fixed income)
Petr Bartek (Equity)
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Martin Krajhanzl (Equity)
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Martin Lobotka (Fixed income)
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Gergely Gabler (Equity)
Zoltan Arokszallasi (Fixed income)
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Magda Zabieglik (Equity)
Tomasz Kasowicz (Equity)
Piotr Lopaciuk (Equity)
Marek Czachor (Equity)
Bianka Madej (Equity)
Research Romania
Head: Lucian Claudiu Anghel
Mihai Caruntu (Equity)
Dorina Cobiscan (Fixed Income)
Dumitru Dulgheru (Fixed income)
Eugen Sinca (Fixed income)
Raluca Ungureanu (Equity)
Research Slovakia
Head: Juraj Barta, CFA (Fixed income)
Michal Musak (Fixed income)
Maria Valachyova (Fixed income)
Research Ukraine
Head: Maryan Zablotskyy (Fixed income)
Ivan Ulitko (Equity)
Igor Zholonkivskyi (Equity)
Research Turkey
Head: Erkin Sahinoz (Fixed Income)
Sadrettin Bagci (Equity)
Evrim Dairecioglu (Equity)
Duygu Kalfaoglu (Equity)
Mehmet Emin Zumrut (Equity)
Erste Bank Research
Group Institutional & Retail Sales
+43 (0)5 0100 - 11902
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
- 11909
- 17331
- 19633
- 11183
- 19632
- 11185
- 19641
+43 (0)5 0100 - 17357
+43 (0)5 0100 - 11185
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
+43 (0)5 0100
- 11523
- 19634
- 17354
- 18506
- 11903
- 17420
- 16314
- 17344
- 11905
- 17343
- 11913
- 16360
+43 (0)5 0100 - 19835
+43 (0)5 0100 - 16574
+43 (0)5 0100 - 11723
+420 233 005 904
+381 11
+385 62
+385 62
+385 62
22 09 178
37 1383
37 2295
37 2825
+420 224
+420 224
+420 224
+420 224
+420 224
+420 224
+420 224
+420 224
+420 224
995
995
995
995
995
995
995
995
995
439
172
227
289
232
434
213
192
456
+361 235-5131
+361 235-5135
+361 253-5133
+361 373-2830
+48 22 330 6253
+48 22 330 6250
+48 22 330 6251
+48 22 330 6252
+48 22 330 6254
+48 22 330 6260
+40 21 312 6773
+40 21 311 27 54
+40 21 312 6773 1028
+40 21 312 6773 1028
+40 21 312 6773 1028
+40 21 311 2754
Institutional Equity Sales Vienna
Head: Brigitte Zeitlberger-Schmid
+43 (0)5 0100 - 83123
Cash Equity Sales
Dieter Benesch
+43 (0)5 0100 - 83131
Hind Al Jassani
+43 (0)5 0100 - 83111
Werner Fuerst
+43 (0)5 0100 - 83121
Josef Kerekes
+43 (0)5 0100 - 83125
Cormac Lyden
+43 (0)5 0100 - 83127
Stefan Raidl
+43 (0)5 0100 - 83113
Simone Rentschler
+43 (0)5 0100 - 83124
Derivative Sales
Christian Luig
+43 (0)5 0100 - 83181
Manuel Kessler
+43 (0)5 0100 - 83182
Sabine Kircher
+43 (0)5 0100 - 83161
Christian Klikovich
+43 (0)5 0100 - 83162
Armin Pfingstl
+43 (0)5 0100 - 83171
Roman Rafeiner
+43 (0)5 0100 - 83172
Institutional Equity Sales London
Head: Michal Rizek
+44 20 7623 - 4154
Jiri Feres
+44 20 7623 - 4154
Neil Owen
+44 20 7623 - 4154
Declan Wooloughan
+44 20 7623 - 4154
Institutional Equity Sales Croatia
Damir Eror (Equity)
+38 562 37 28 13
Zeljka Kajkut (Equity)
+38 562 37 28 11
Institutional Sales Czech Republic
Michal Brezna (Equity)
+420 224 995-523
Ondrej Cech (Fixed income)
+420 224 995-577
Michal Rizek
+420 224 995-53
Jiri Smehlik (Equity)
+420 224 995-510
Pavel Zdichynec (Fixed income)
+420 224 995-590
Institutional Sales Hungary
Gregor Glatzer (Equity)
+361 235-5144
Krisztián Kandik (Equity)
+361 235-5140
Norbert Siklosi (Fixed income)
+361 235-5842
Institutional Equity Sales Poland
Head: Andrzej Tabor
+4822 330 62 03
Pawel Czuprynski (Equity)
+4822 330 62 12
Lukasz Mitan (Equity)
+4822 330 62 13
Jacek Krysinski (Equity)
+4822 330 62 18
Institutional Equity Sales Slovakia
Head: Dusan Svitek
+48 62 56 20
Andrea Slesarova (Client sales)
+48 62 56 27
Saving Banks & Sales Retail
Head: Thomas Schaufler
+43 (0)5 0100 - 84225
Equity Retail Sales
Head: Kurt Gerhold
+43 (0)5 0100 - 84232
Fixed Income & Certificate Sales
Head: Uwe Kolar
+43 (0)5 0100 - 83214
Treasury Domestic Sales
Head: Markus Kaller
+43 (0)5 0100 - 84239
Corporate Sales AT
Head: Christian Skopek
+43 (0)5 0100 - 84146
Mag. Martina Kranzl
+43 (0)5 0100 - 84147
Karin Rattay
+43 (0)5 0100 - 84112
Mag. Markus Pistracher
+43 (0)5 0100 - 84152
Günther Gneiss
+43 (0)5 0100 - 84145
Jürgen Flassak, MA
+43 (0)5 0100 - 84141
Antonius Burger-Scheidlin, MBA
+43 (0)5 0100 - 84624
Fixed Income Institutional Desk
Head G7: Thomas Almen
+43 (0)5 0100 - 84323
Head Germany: Ingo Lusch
+43 (0)5 0100 - 84111
Fixed Income International & High End Sales Vienna
Jaromir Malak/ Zach Carvell
+43 (0)5 100 - 84254
U. Inhofner/ P. Zagan/ C. Mitu
+43 (0)5 100 - 84254
Fixed Income International Sales London
Antony Brown
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+421 2 4862 4166
+421 2 4862 4512
+421 2 4862 4185
+38 044 593 - 9188
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+38 044 593 - 1784
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Notizen
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