10 Diagnose & Therapie räumt. Dies tut offenbar nicht nur der Seele gut, sondern wirkt sich auch positiv auf die Therapie aus: Studien zeigen, dass eine gute Kommunikation zwischen Arzt und Patient entscheidend für die Therapietreue der Patienten und damit meist auch für den Behandlungserfolg ist. Wer heilt, hat recht? Dualer Ansatz Integrative Medizin – Konzept der Zukunft? Die Schulmedizin hat in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Erfolge im Kampf gegen viele Krankheiten erzielen können. Doch auch die Komplementärmedizin verweist auf ihre breitgefächerten therapeutischen Möglichkeiten — und scheint damit viele Patienten anzusprechen. Jeder Zweite wünscht sich, dass Behandlungen der Komplementärmedizin zum festen Bestandteil der medizinischen Versorgung werden. Immerhin: Nach Jahren einer fast schon dogmatisch geführten Kontroverse bahnt sich auch in Deutschland eine Trendwende an. Immer mehr Experten befürworten ein duales Behandlungskonzept, das sowohl komplementärmedizinische als auch schulmedizinische Verfahren umfasst. Von Dr. Nicole Schaenzler Die Schulmedizin wird inzwischen oft auch als »evidenzbasierte Medizin« bezeichnet, weil die objektive Prüfung der therapeutischen Wirkung eines Verfahrens oder eines Medikaments durch randomisierte, placebokontrollierte, klinische Doppelblindstudien zu ihrem Grundprinzip gehört. Dem halten viele Verfechter der Alternativbzw. Komplementärmedizin entgegen, dass eine systematische wissenschaftliche Untersuchung nicht unbedingt notwendig sei, um festzustellen, ob ein Verfahren wirkt: Dass Millionen von Patienten durch die Komplementärmedizin Besserung erfahre, sei Wirksamkeitsnachweis genug. Zudem mache es gerade die individualisierte Vorgehensweise schwierig, komplementärmedizinische Verfahren einer methodisch-statistischen Beurteilung aufgrund der Auswertung von quantitativen Daten zuzuführen. Dies sind jedoch Argumente, die ein Großteil der Schulmedizin nicht gelten lässt. Für Skepsis sorgt auch die Tatsache, dass viele alternativ- bzw. komplementärmedizinische Verfahren aus anderen Kulturräumen stammen und ihre Wirksamkeit über eigene Theorien oder Philosophien begründen, die oft im Widerspruch zum naturwissenschaftlichen Denkmodell stehen. Forcierte Forschung H ierzulande versteht man »Schulmedizin« und »Alternativ-« bzw. »Komplementärmedizin« oft als Gegensätze. Schulmedizin, das ist vor allem die an den Universitäten gelehrte Medizin der Naturwissenschaft, die in erster Linie auf Therapiemethoden und Medikamente mit nachgewiesener Wirksamkeit setzt. In ihrem Behandlungsansatz ist sie vornehmlich an den organischen Veränderungen und den Symptomen der jeweiligen Krankheit orientiert. Die Heilverfahren der Komplementärmedizin gehen hingegen einen Schritt weiter, indem sie auch einen Blick auf die Hintergründe der Erkrankung, auf Biographie, Wesen und Umfeld des Betroffenen werfen. Denn Heilung – so der ganzheitliche Ansatz – findet nicht nur auf körperlicher, sondern auch auf seelischer, sozialer und spiritueller Ebene statt. Dafür stehen dem erkrankten Menschen aus komplementärmedizinischer Sicht eigene Ressourcen zur Verfügung. Ziel der Komplementärmedizin ist es, dieses Potenzial zur Selbstheilung zu nutzen bzw. zu aktivieren. Topfit 1 / 2017 Ganzheitlicher Ansatz Dass gerade der ganzheitliche Ansatz der komplementärmedizinischen Heilmethoden immer mehr Personen anspricht, hat sicherlich auch viel mit dem wachsenden Bedürfnis nach einer zugewandteren Medizin zu tun: Patienten möchten als Menschen mit ihrer ganz persönlichen Krankengeschichte und nicht als Träger einer Krankheit verstanden und behandelt werden. Auch wenn es gewiss das Bestreben der meisten schulmedizinisch ausgerichteten Ärzte ist, für ihre Patienten ein »offenes Ohr« zu haben, so lässt der oft von Zeitdruck geprägte Medizinbetrieb ihnen kaum Luft, um sich tiefergehend auf ihre Patienten einzulassen: Mehr als fünf bis zehn Minuten stehen Ärzten für die Therapieplanung in der Regel nicht zur Verfügung. Dagegen gehört der rege Austausch zwischen Therapeut und Patient zum Behandlungskonzept vieler komplementärmedizinischer Verfahren – ihm wird grundsätzlich viel Zeit einge- Seit einiger Zeit werden die Bemühungen intensiviert, um die verschiedenen komplemen­ tärmedizinischen Methoden einer wissenschaftlichen Überprüfung zu unterziehen. Die USA z. B. investieren jährlich mehrere Hundert Millionen Dollar in die systematische Erforschung der Komplementärmedizin. Darin spiegelt sich nicht zuletzt der Stellenwert wider, den die Amerikaner – Mediziner wie Patienten – der Komplementärmedizin inzwischen einräumen: Längst sind Verfahren wie Klassische Homöopathie, Traditionelle Chinesische Medizin, Ayurvedische Medizin, Anthroposophische Medizin, Phytotherapie, aber auch Meditation, Yoga, Qi Gong und andere Entspannungsverfahren in die medizinische Praxis eingegliedert. Für diese Entwicklung steht der Begriff »Integrative Medizin« (oder »Integrierte Medizin«): Dort, wo es für die Patienten sinnvoll ist, wird ein duales Behandlungskonzept umgesetzt, das sowohl komplementärmedizinische als auch schulmedizinische Maßnahmen vorsieht. Auch in Deutschland sind Ansätze für ein Umdenken zu erkennen. So führen mittlerweile verschiedene Universitäten Forschungsprojekte zur Komplementärmedizin durch; ein Großteil wird von Stiftungsgeldern der Krankenkassen im Rahmen von Modellprojekten gefördert. Jüngstes Beispiel ist das neu gegründete und vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg geförderte Akademische Zentrum für Komplementäre und Integrative Medizin (AZKIM), das seit Anfang 2017 die Wirkung und Sicherheit von komplementärmedizinischen Verfahren wie Akupunktur oder Phytotherapie wissenschaftlich erforscht. Beteiligt sind alle vier Universitätskliniken Baden-Württembergs. Andere Universitätskliniken wie das Dr. von Haunersche Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München haben mit langjährig angelegten Projekten wie »Homöopathie in der Pädiatrie« vor allem in der komplementärmedizinischen Behandlung von (chronisch) kranken Kindern Pionierarbeit geleistet. Dabei ging und geht es auch darum, Verlaufsbeobachtungen und wissenschaftliche Studien durchzuführen, um die Wirksamkeit der homöopathischen Therapie wissenschaftlich zu untersuchen. Das Projekt hat Schule gemacht und wird heute auf Kinderstationen vieler Kliniken angewandt. Die Zahl der stationären Einrichtungen, in denen Komplementär- und Schulmedizin gleichberechtigt in ein klinisches Behandlungsprogramm integriert sind, nimmt ebenfalls zu. Einige Krankenhäuser verfügen sogar bereits über eine langjährige Erfahrung mit dem dualen Behandlungskonzept und haben so einen Weg aufgezeigt, wie die Integration der Komplementärmedizin in die medizinische Versorgung gelingen kann. Dazu gehören z. B. das Münchner Krankenhaus für Naturheilwesen (die älteste und derzeit größte Einrichtung dieser Art in Deutschland), die vom Land Nordrhein-Westfalen 1999 als Modelleinrichtung etablierte Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin an den Kliniken Essen-Mitte oder auch die 2009 gegründete Neurologische Komplementärmedizinische Abteilung des Evangelischen Krankenhauses in Hattingen, die inzwischen zur Klinik aufgewertet wurde. Akupunktur, ein Verfahren der ­Traditionellen Chinesischen Medizin, ist mittlerweile als wirksam anerkannt — obwohl man nicht genau weiß, wie es funktioniert. Die WHO ­empfiehlt die heilenden ­Nadeln bei zwei Dutzend Krankheitsbildern. Ergänzung zu den unverzichtbaren Standardtherapien wie Operation, Chemotherapie, Bestrahlung und Hormontherapie ist inzwischen weitverbreitet. Auch die Deutsche Krebsgesellschaft zeigt sich zunehmend aufgeschlossen gegenüber der Anwendung von bestimmten komplementärmedizinischen Verfahren, zumindest, was ihre Wirksamkeit hinsichtlich »einer Reduzierung oder Vermeidung von Nebenwirkungen« der Standardtherapien betrifft. Voraussetzung ist allerdings, dass die Methoden wissenschaftsgestützt sind und ihre Anwendung vorab mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden. In der Tat kommt dem behandelnden Arzt im integrierten Behandlungskonzept eine Schlüsselrolle zu, denn idealerweise steht er dem Patienten nicht nur mit Sachverstand, sondern auch mit Empathie für eine ausführliche Beratung zur Verfügung, um auf diese Weise gemeinsam zu klären, von welcher komplementärmedizinischen Methode sein Patient besonders profitieren könnte. Denn gerade für Krebspatienten ist es nicht einfach, sich selbst einen Überblick über die verschiedenen alternativen oder komplementären Therapien zu verschaffen – zumal sich im breit gefächerten Angebot mitunter auch recht dubiose »Heilbehandlungen« finden. Fachklinik für Innere Medizin, Naturheilverfahren und Homöopathie Mehr als nur Schulmedizin Das Krankenhaus für Naturheilweisen (KfN) in München verbindet seit mehr als 100 Jahren anerkannte Verfahren aus der Komplementärmedizin, wie Naturheilkunde und Homöopathie, mit wissenschaftlich fundierten schulmedizinischen Behandlungsmethoden. Die Basis unserer Behandlung ist die leitliniengerechte Schulmedizin. Die zusätzliche therapeutische Wirkung der Komplementärmedizin beruht auf einer Anregung der körpereigenen Regulationskraft mit dem Ziel der Verbesserung des Behandlungserfolgs. Wir behandeln Patienten aller Kassen. Wir sind für Sie da Nutzen für chro­nische und Krebserkrankungen • Umfassende internistische Diagnostik Vor allem ist das integrierte Behandlungs­ konzept eine Option für die Therapie von chronischen Erkrankungen, bei denen der symp­ tomorientierte Therapieansatz der Schulmedizin meist zu kurz greift. Ebenso spielt es in der Behandlung von Krebserkrankungen eine immer wichtigere Rolle: Der Einsatz von komplemen­ tärmedizinischen Verfahren als • Naturheilkundliche Pflegeanwendungen • Leitlinienbasierte schulmedizinische Therapie • Therapieerweiterung durch Komplementärmedizin • Kompetentes interdisziplinäres Team Weitere Informationen unter www.krankenhaus-naturheilweisen.de Krankenhaus für Naturheilweisen Seybothstraße 65 · 81545 München Telefon 089 62505 - 0 · Telefax - 430 www.krankenhaus-naturheilweisen.de [email protected] Topfit 1 / 2017 Fotos: 123RF (acarapi, Li Ding) Diagnose & Therapie 11