EINFÜHRUNG IN DIE DYNAMISCHE SEMANTIK

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v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
EINFÜHRUNG IN DIE DYNAMISCHE SEMANTIK
1. Übersicht ............................................................................................................................. 1 2. Semantik der Definita/Indefinita ......................................................................................... 3 2.1. LFs und Semantik für Definita, Indefinita und molekulare Ausdrücke ....................... 3 2.2. Negation ....................................................................................................................... 9 2.3. Quantifizierte Sätze .................................................................................................... 10 2.4. Proportionsproblem .................................................................................................... 13 2.4.1.
Exkurs: Starke und schwache Lesarten .................................................................. 15 2.4.2. Eselssätze mit wenn ............................................................................................ 17 3. Das Projektionsproblem .................................................................................................... 17 3.1. Präsuppositionen ........................................................................................................ 17 3.2. Definite Terme mit gebundenen Variablen ................................................................ 20 3.3. Akkomodation ............................................................................................................ 21 3.4. Definita nach Russell/Frege ....................................................................................... 23 4. Intensionalisierung ............................................................................................................ 25 4.1. Intensionale Semantik für die bisherigen Ausdrücke ................................................. 25 4.2. Einstellungen .............................................................................................................. 28 4.2.1. Glauben ............................................................................................................... 28 4.2.2. Wissen ................................................................................................................. 30 5. Das Problem der exzessiv starken Präsuppositionen ........................................................ 33 6. Literatur ............................................................................................................................. 37 1.
ÜBERSICHT
Anwendungen dynamischer Theorien:
1. Anaphern im Text
2. Eselspronomina
3. Projektion von Präsuppositionen
1- Anaphern im Text
(1)
Ein Bauer1 hat einen Esel2. Er1 schlägt ihn2.
ein Bauer λ1 einen Esel λ2 [S[S t1 hat t2] ; [t1 schlägt t2]]
∃x1[Bauer(x1) & (∃x2)[Esel(x2) & x1 hat x2 & x1 schlägt x2]]
• Intersententiale Bindung ist nur für indefinite DPs erlaubt.
(2)
Jeder Bauer1 hat einen Esel2. Er1 schlägt ihn2.
≠ ∀x1[Bauer(x1) → (∃x2)[Esel(x2) & x1 hat x2 & x1 schlägt x2]]
(3)
Ein Bauer1 hat jeden Esel2 gekauft. Er1 schlägt ihn2.
≠ (∀x2)[Esel(x2) → ∃x1[Bauer(x1) & x1 kaufte x2 & x1 schlägt x2]]
2. Eselssätze
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Ausdruck:14.01.2011
(4)
Jeder Bauer, der einen Esel1 hat, schlägt ihn1.
Kein Bauer, der einen Esel1 hat, schlägt ihn1.
Wahrheitsbedingung nach Kamp & Heim (“starke Lesart”)
(5)
(∀x,y)[(Bauer(x) & Esel(y) & x hat y) → x schlägt y ]
¬(∃x,y)[(Bauer(x) & Esel(y) & x hat y & x schlägt y ]
• Mittels QR kann man diese Lesarten nicht herstellen. Um das Eselspronomen zu
binden muss man einen Esel weit QRen. Das ergibt eine viel zu schwache Lesart.
(6)
einen Esel λ1 Jeder Bauer, der t1 hat, schlägt ihn1
Wahr, wenn nur ein einziger Bauer einen seiner Esel schlägt, alle anderen ihre aber nicht
schlagen.
( 7)
Wenn ein Bauer einen Esel besitz, schlägt er ihn.
1. Präsuppositionen und deren Projektion
Anaphorische Definita
(8)
Hans schlägt den1 Esel.
PS: er1 ist ein Esel
AS: Hans schlägt ihn1
Deskriptive Definita
(9)
Xaver liebt seine Frau.
PS: Xaver hat (genau) eine Frau
AS: Xaver liebt seine Frau
(10)
Xaver liebt seine Frau nicht.
ebenso
Konnektive
(11)
Hans schlägt den1 Esel nicht
PS: er1 ist ein Esel
AS: Hans schlägt ihn1 nicht
(12)
Xaver liebt seine Frau nicht.
PS: Hans hat genau eine Frau
AS: Hans liebt seine Frau nicht
Projektionsproblem: Wie vererben sich die PS von Teilsätzen auf eine komplexen Satz?
PS-Projektion: nicht ist ein Loch, d.h. es lässt die PS durch.
(13)
Hans hat einen1 Esel und er liebt den1 Esel.
Keine PS!
(∃x)[Esel(x) & hat(h,x) & liebt(h,x)]
(14)
Hans1 hat (genau) eine Frau. Er1 liebt seine Frau.
Keine PS!
PS-Projektion: und fungiert als Filter.
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( 15)
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#Hans schlägt den1 Esel und er hat einen1 Esel.
PS-Projektion: Es kommt auf die Reihenfolge an.
(16)
Wenn Xaver seine Frau liebt, dann schlägt er sie nicht.
>> Xaver hat genau eine Frau
(17)
Wenn Xaver verreist ist, dann hat er seine Frau mit genommen.
ebenso
>> Xaver hat (genau) eine Frau
(18)
Wenn Xaver eine Frau hat, dann hat er sie nicht mitgenommen
Keine Präsuppositionn
(19)
a.
b.
(20)
Das Bad ist im Keller.
>> Es gibt (genau) ein Bad
Entweder es gibt kein Bad, oder das Bad ist im Keller (Partee)
Keine PS
Xaver hat die Wahnvorstellung, dass seine Frau ihn betrügt.
PS-Projektion. Präsupponiert nicht, dass Xaver verheiratet ist (Stöpsel). Präsupponiert, dass
Xaver glaubt, dass er verheiratet ist.
(21)
a. Xaver weiß, dass es regnet.
b. Xaver weiß nicht, dass es regnet.
>> Es regnet
(22)
Xaver regt sich nicht darüber auf, dass seine Frau ihn betrügt.
>> X hat genau eine Frau und sie betrügt ihn
PS-Projektion: Faktive Prädikate präsupponieren ihr Komplement.
Literatur:
Anaphern im Text und Eselssätze:
(Kamp 1981), (Heim 1982). Kamps Theorie hat zur sogenannten DRT geführt. Das
Standardwerk ist (Kamp and Reyle 1993). Kamps Theorie der Indefinita ist dieselbe wie die
von Heim. Allerdings hat die Orginalfassung der DRT keine Theorie der (anaphorischen)
Definita und auch keine Präsuppositionstheorie.
Präsuppositionen formulieren wir in der Theorie von Heim, wobei wir von (Heim 1983)
ausgehen und die Syntax adaptieren. Im zweiten Teil führen wir dann ein Typensystem ein,
das an (Beaver 2001) angelehnt ist, aber eine direkte Implementation von Heim ist.
Die Fakten zu Präsuppositionen kann man gut inden Kapiteln 3-5 von Beaver nachlesen.
2. SEMANTIK DER DEFINITA/INDEFINITA
2.1. LFs und Semantik für Definita, Indefinita und molekulare Ausdrücke
Grundlage (Heim 1983). Änderungen: Heim benutzt die Metapher des Karteikartenstapel
(File). Eine indefinite NP mit Variable xi führt eine neue Karteikarte mit Nummer i ein. Dort
wird die Information der NP eingetragen. Eine definite NP mit Variable xi schaut nach, ob es
eine Karteikarte mit der Nummer i gibt, auf welcher der deskriptive Gehalt der NP vermerkt
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ist. Wenn das so ist, passiert nichts. Anderenfalls bricht der Diskurs ab. ( Groenendijk &
Stokhoff nennen solche Formeln „Tests“.) Für Kartenstapel F wird die Erfüllungsmenge
Sat(F) definiert, welche die Bedeutung von F ist. Sat(F) ist eine Menge von Belegungen. Wir
definieren für LFs die Erfüllungsmenge direkt. Das ist das Übliche und wird in späteren
Arbeiten auch so gemacht.
Die Grundidee der Semantik ist diese: Definite DPs greifen etwas Bekanntes auf,
Indefinite DPs führen einen neuen Diskursreferenten ein. (Christopherson, Jespersen)
±Definite DPs wären also referierende Terme.
Scheinbare Probleme für diesen Ansatz:
(23)
Keine Katzei hat ihri Futter gefressen.
Worauf soll hier ihri referieren? Das Pronomen ist gebunden.
(24)
John didn’t see a cat.
Hans hat keine Katze gesehen,
a cat kann hier keine Katze bezeichnen.
Die formale Sprache. Wir haben Prädikate beliebiger Stellenzahl und definite und
indefinite Variablen („Diskursreferenten“):
Einstellig: Bauer, Esel,...
Zweistellig: hat, schlägt,...
Indefinite Variablen: ein1,...,einn,...
Definite Variablen:
der1,...,dern,....,
t1,....,tn,.....
(Spuren)
er1,sie2,...esn,.....
( 25)
Atomare Formeln/Ausdrücke:
Wenn P ein n-stellige Prädikat ist und x1,...,xn Variablen sind, dann ist P(x1,...,xn) eine
atomare Formel.
(26)
Molekulare Formeln/Ausdrücke
1. Wenn α eine atomare Formel ist, dann ist α eine Formel.
2. Wenn α und β eine Formel ist, dann ist [α β] eine Formel.
Die Syntax für Operatorenformeln folgt später.
( 27)
(a) Ein1 Bauer hat einen1 Esel (b) Er1 schlägt ihn2
Konstruktion der LF für ( 27a)
SS:
S
DP
ein 1Bauer
VP
hat
DP
einen 2Esel
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Die DPs werden nun adjungiert und die Spur mit dem Indefinitum koindiziert (Analogon zu
QR).
( 28)
LF:
.
DP
ein 1Bauer
.
DP
einen 2Esel
t1
S
VP
hat t2
Bei Heim haben die DPs den Referenzindex. Ich habe ihn beim Artikel notiert, damit gleich
klar ist, ob es sich um eine indefinite der definite Variable handelt.
Die Semantik basiert auf einem üblichen Prädikatenlogische Model <E,F>, wobei E
der Individuenbereich ist und F jedem Prädikat eine Extension zuordnet, also einem nstelligen Prädikat eine n-stellige Relation.
Belegungen sind Funktionen von Mengen von Zahlen in Individuen. Wenn f eine
Belegung ist, so ist dom(f) der Definitionsbereich von f, d.h., die Zahlen, für die f definiert
ist.
Ein Kontext c ist eine Menge von Belegungen mit gleichem Definitionsbereich.
dom(c) ist identisch mit dom(f) für ein f ∈ c.
In der dynamischen Semantik haben Ausdrücke ein kontextveränderndes Potential
(Context change potential CCP), d.h. sie sind Funktionen die aus einem Kontext c einen
neuen Kontext c’ machen. Die Anwendung eines Ausdrucks α auf einen Kontext c wird mit
+ notiert, d.h. c + α ist dasselbe wie [[ α ]] (c), die Bedeutung von α angewandt auf c. Die
Semantik definiert die Operation + rekursiv.
( 29)
Mögliche Erweiterung von Belegungen:
f[i]g
Seien f und g Belegungen, i eine Variable.
f und g stehen in der Relation [i], f[i]g gdw. (∃a ∈ E) g = f ∪ {<i,a>}.
Analog wird f[i1,…,in]g definiert.
Falls i ∈ dom(f), ist g = f. Falls i ∉ dom(f), so erhält man eine Erweiterung von f: g stimmt
mit f für alle Variablen in dom(f) überein, ist aber zusätzlich auf für i definiert.
( 30)
Semantik für atomare Ausdrücke
Sei c ein Kontext
a. Wenn p eine n-stellige VP oder eine indefinite NP ist mit den Variablen x1,,,,,xn, die
die Indizes i1,…,in haben. Dann ist
c + p = {f | (∃g ∈ c) g[i1,…in]f & <f(i1),…,f(in)> ∈ F(R)}.
b. Wenn p eine definite NP ist, dann ist c+p nur definiert, wenn p aus c folgt, d.h.
wenn c+p = c.
( 31)
Alt-/Neu-Bedingung
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Sei p eine atomarer Ausdruck. Dann ist
c + p nur dann definiert (“p is angemessen in c”), wenn für jede Variable x mit Index
i, die in p vorkommt gilt: falls x definit ist, dann ist i ∈ dom(c), und wenn x
indefinit ist, dann ist i ∉ dom(c).
Indefinita führen neue Variablen ein, Definita sind anaphorisch zu alten Variablen.
Beispiel:
Fakten:
F(Bauer) = {a,b}, F(Esel) = {e,f} F(hat) = {<a,e>, <b,f>}, F(schlägt) = {<a,e>, <a,f>,
<b,e>}
c0 = {∅}
c0 + ein1 Bauer = {f | ∅[1]f & f(1) ∈ F(Bauer)}
= {f | dom(f) = 1 & f(1) ∈ F(Bauer)} = {<1 → a>,<1→ b>} = c1
( 32)
Wahrheit
Ein Kontext ist wahr, wenn er nicht leer ist. Ein Kontext ist falsch, wenn er leer ist.
Ein Ausdruck α ist wahr bezüglich c falls c+α wahr ist. Ein Ausdruck α ist falsch
bezüglich c falls c + α falsch ist. Ein Ausdruck ist undefiniert bezüglich c falls c +
α undefiniert ist.
c1 ist also wahr und besagt, dass es einen Bauern gibt.
( 33)
Semantik für molekulare Ausdrücke
Sei c ein Kontext und sei α ein molekularer Ausdruck der Form [β γ]. Dann ist c + α
= [c + β] + γ. (Dies ist nur definiert wenn c + β und [c + β] + γ definiert sind.)
Nach dieser Regel gilt also für die LF in ( 28):
c0 + [ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2 ]]]
= [c0 + ein1 Bauer] + [einen2 Esel [t1 hat t2 ]]
= [[c0 + ein1 Bauer] + einen2 Esel] + t1 hat t2
= [c1 + einen2 Esel] + t1 hat t2
= {<1 → a, 2 → e>, <1 → a, 2 → f>, <1 → b, 2 → e>, <1 → b, 2 → f>} + t1 hat t2
= c2 + t1 hat t2
= {<1 → a, 2 → e>, <1 → b, 2 → f>} = c3
Terminologie: c0 ist der globale Kontext (der Kontext für den ganzen Ausdruck); c0 ist
zugleich der lokale Kontext für ein1 Bauer. Der output c1 ist der lokale Kontext für den
Teilausdruck einen1 Esel. c2 ist der lokale Kontext für den Ausdruck t1 hat t2. Die Dynamik
besteht darin, dass sich der Kontext für die Auswertung durch die vorangegangen Äußerung
ständig ändert.
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Texte: Die Syntax erfasst die Bildung von Texten bereits. Ein Text wird als Ausdruck
aufgefasst. Man kann nächstfolgenden Satz einfach dran klammern. Die Struktur
Klammerstruktur spielt auf der Textebene keine Rolle, da von links nach rechts ausgewertet
wird.
c0 + [[ein1 Bauer hat einen2 Esel] [er1 schlägt ihn2]]
= [c0 + [ein1 Bauer hat einen2 Esel]] + er1 schlägt ihn2
= c3 + er1 schlägt ihn2
= {<1 → a, 2 → e>} = c4
Der Text ist also wahr an c0.
Notation: Man CCPs direkt als Funktionen definieren. Für +α kann man λc.[[ α ]] (c)
schreiben. Z.B. kann man definieren
[[ ein1 Bauer ]] = λcλf[(∃g ∈ c) g[1]f & f(1) ∈ F(Bauer)].
Diese Notation enthält noch nicht die Angemessenheitsbedingung (Präsupposition), dass 1
neu sein muß. In der Heim-Kratzer Notation kann man sie folgendermaßen schreiben:
λcλf:1 ∉ dom(c).[(∃g ∈ c) g[1]f & f(1) ∈ F(Bauer)]
Dies besagt, dass diese Funktion nur für solche Kontexte definiert ist, die über die Variable 1
reden. Das Projektionsproblem für Präsuppositionen besteht darin, zu berechnen ob und wie
sich Präsuppositionen auf Komplexe Ausdrücke vererben. Wir werden sehen, dass selbst
diese Präsupposition manchmal nicht projiziert.
Fragen der Hörer:
-1. Zur Karteikartenmetapher: Kann man auch was tilgen, z.B. Einträge auf Karten oder ganze
Karten?
0. Zum Wahrheitsbegriff: Wenn ein falscher Text zu einem leeren Kontext führt und wir die
Konversation mit eine leeren Kontext beginnen, wieso kann dann ein falscher Text durch
einen weiteren Satz nicht wieder zu einem wahren Kontext führen?
1. Wie wird der bestimmte Artikel behandelt?
2. Wie werden Eigennamen behandelt?
Ad -1 Tilgungen sind in dieser Version der Theorie noch nicht vorgesehen. Prinzipiell ist mit
ihnen zu rechnen.
Z.B. habe ich die Information gespeichert. Ein1 Bauer hat einen2 Esel. Später höre ich Der2
Bauer tritt seine2 Ziege. Ich nehme dann an, dass ich mich verhört habe. Ich revidiere den
Kontext so, dass er die Information Ein1 Bauer hat eine2 Ziege enthält. Solche
Kontextrevisionen sind nicht einfach zu formulieren. Die vorliegende Theorie ist
inkrementell, d.h. es kommt mit jedem Satz Information hinzu.
Ad 0
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Der Anfangskontext c0 ist {∅}, d.h., er enthält die leere Belegung. Ein falscher Kontext
enthält nichts, d.h. er ist {} = ∅. Einen solchen Kontext kann man durch Updates nicht mehr
verändern.
Ad 1
Die Theorie behandelt die anaphorische Verwendung des bestimmten Artikels. „der Bauer“
wird als deri Bauer analysiert. Einwand eines Studenten: Man kann der Bauer nicht sagen,
wenn es mehr als einen Bauern gibt (Einzigkeitsbedingung).
(34)
a.
b.
Ein1 Bauer trifft einen2 Bauern. Er1 grüßt ihn2.
Ein1 Bauer trifft einen2 Bauern. Der1 Bauer grüßt den2 Bauern.
Manuel findet den ersten Text wesentlich besser.
Die semantische Theorie macht hier keinen Unterschied. Wenn der zweite Text schlecht(er)
ist, müssen andere Gründe als semantische geltend gemacht werden.
LF für den zweiten Satz in (34b):
(35)
der1 Bauer [den2 Bauern [t1 grüßt t2]]
Man kann leicht ausrechnen, dass beide Texte dasselbe bedeuten.
Evt. problematisch für diese Theorie sind funktionale Gebräuche des bestimmten Artikels:
das Münster von Ulm, der König von Frankreich.... Die Fregesche Bedeutung des
bestimmten Artikels ist durch diese Theorie nicht erfasst. Die Fregesche Bedeutung des
bestimmten Artikels verlangt eine andere Analyse.
Ad 2
Eigennamen können immer anaphorisch aufgenommen werden, egal, wie tief sie eingebettet
sind.
( 36)
Wenn Maria Karl1 einlädt, komme ich nicht. Der1 ist ein unglaublicher Idiot.
Dies spricht dafür, dass Eigenamen definite Terme sind. Man müsste Karl1 als deri Karl
analysieren. (Beaver 2001) macht das so, Kap. 7. Andererseits können Eigennamen sich nicht
anaphorisch auf Pronomen beziehen(Prinzip C):
(37)
#Karl1 ist ein Idiot. Er1 glaubt dass Maria Karl1 einlädt.
C!
Dies spricht eher dafür, dass Eigennamen indefinit sind.
Wenn man annimmt, dass Eigennamen deiktische Ausdrücke sind, ist es vielleicht das
Beste, anzunehmen, dass Eigennamen für eine bestimmte Variable schon immer im Kontext
sind. Die Missbildung (37) muss dann durch die Bindungstheorie erklärt werden.
Wir behandeln Eigennamen als mehrdeutig zwischen definiten und indefiniten Termen.
Aufgabe 1
(38)
Ede1 trifft einen2 Bauern. Eri lädt ihnj ein (i = 1 und j = 2, oder i = 2, j = 1).
a) Behandle Ede1 als indefiniten Term, d.h. als die Proposition ein1 Ede. (ad hoc für
diese Aufgabe)
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b) Gib eine LF α für diesen Text an.
c) Gib ein kleines Modell and, welches die LF α für c0 für eine der beiden
Indizierungen wahr macht, für die andere falsch.
d) Rechne den Resultatskontext aus.
2.2. Negation
( 39)
John didn’t see a1 cat
Hans sieht keine1 Katze
LF: not/nicht ist ein Operator der an eine LF adjungiert wird.
( 40)
[not [a1 cat [John see t1]]]
( 41)
Negation
(Heim 1982), S. 163
c + [not p] = {f ∈ c |¬∃g: f ⊆ g & g ∈ c + p}
Keine der Belegungen im Kontext lässt sich so erweitern, dass sie den unnegierten Satz
wahr macht. Ein negierter Satz verändert also den Kontext entweder nicht, oder er schmeißt
alle Belegungen raus. (Aufpassen: die in der Literatur gängige Definition c + not p = c\c+p
funktioniert hier nicht!)
Modell
F(cat) = {a,b} F(dog) = {c,d} F(John see) = {c,d}
c0 = {∅}
c0 + ( 40) = {f ∈ c0 | ¬∃g f ⊆ g & g ∈ c0 + [a1 cat [John see t1]]}
Wir schauen nun nach ob es Erweiterungen von ∅ gibt, die sowohl a1 cat als auch John see
t1 wahr machen. Die Erweiterungen {<1→a>, <1→b>} machen a1 cat wahr. Aber keine
von diesen macht John see t1 wahr. Also ändert sich der Input nicht, d.h. c0 + ( 40) = {∅}
und damit wahr.
Der deutsche Satz wird genau so analysiert, d.h. keine1 wird in nicht + eine1 zerlegt
(„Kohäsion“ nach G. Bech).
( 42)
John didn’t see a5 dog
[not [a1 dog [John see t1]]]
c0 + ( 42) = ∅
Es gibt zunächst Erweiterungen von ∅, die a1 dog wahr machen: {<1 → c, 1→ d>}. Jede
von dieser macht auch John see t1 wahr. Damit ist die Bedingung für die Belegungen in c0
+ ( 42) falsch, und wir erhalten die leere Menge als Resultat. Der Text ist also falsch.
( 43)
Hans hat keine1 Katze. #Sie1 ist hungrig.
Die Negation blockiert das Bindungspotential von Indefinita in ihrem Skopus. Man kann
aber das Indefinitum über die Negation skopieren. Dann behält es sein Bindungspotential:
( 44)
Eine1 Katze sieht Hans nicht. Sie1 ist hungrig.
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[eine1 Katze [nicht [Hans sieht t1]]] sie1 ist hungrig
Wenn wir dies ausrechnen, erhalten wir eine Information, die der folgenden
prädikatenlogischen Formel entspricht:
( 45)
∃x1 [[K(x1) & ¬S(h,x1)] & H(x1)]
Indefinita sind offene Propositionen und haben selbstverständlich Skopus.
Aufgabe 2
Analysieren Sie
( 46)
Kein Bauer wäscht sich.
Hilfe: kein wird kohäsiv analysiert als nicht + ein. sich ist ein definites Pronomen.
Kümmern Sie sich nicht um Lokalitätsbedingungen (Prinzip A). Gib ein Modell mit zwei
Bauern an. Jeder wäscht den anderen, aber keiner wäscht sich selbst. Zeige das c0 + die LF
für den Satz wahr in dem Modell ist.
2.3. Quantifizierte Sätze
Indefinite DPs sind keine Quantoren. Die Negation ist dagegen ein unselektiver negierter
Existenzquantor. Das Wort jeder wird ein unselektiver Allquantor sein. Die Negation und
jeder sind Operatoren.
( 47)
#Kein1 Bauer hat einen1 Esel. Er1 schlägt ihn2.
[nicht [ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2]]]] er1 schlägt ihn2
( 48)
#Jeder1 Bauer hat einen2 Esel. Er1 schlägt ihn2.
( 49) OK: Jeder1 Bauer, der einen2 Esel hat, schlägt ihn1.
Ein Indefinitum im Skopus eines Operators kann nichts binden, was nicht im Skopus des
Operators ist.
Operatoren führen oft zu „geschlossenen Sätzen“, d.h. solchen, die in prädikatenlogischer
Notation keine freien Variablen haben. Wie werden solche in der dynamischen Theorie
behandelt? Wir haben das Falsche als die leere Menge dargestellt, das Wahre als jede nichtleere Menge. Wir können die Extension von es regnet folgendermaßen definieren:
( 50)
F(es regnet) = {∅}, wenn es regnet; = ∅, wenn es nicht regnet
( 51)
c + es regnet = c, falls F(es regnet) = {∅}, ∅ sonst
Der Zusammenhang mit der Definition von + ist dieser:
c + es regnet = {f ∈ c | f() ∈ F(es regnet)}
f() fassen wir als ∅ auf.
In einem Modell, in dem F(es regnet) = {∅}, ändert sich durch den Update nichts. In einem
Modell, in dem F(es regnet) = ∅, ist der Output ∅. In einem solchen Fall ist kein weiterer
Update möglich.
Wir analysieren
(52)
[jeder1 Bauer] schläft
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Der Aufbau der LF vollzieht sich in zwei Schritten.
1. Die quantifizierte DP wird angehoben und hinterlässt eine koindizierte Spur („QR“)
[[jeder1 Bauer] [t1 schläft]]
2. Im zweiten Schritt wird jeder angehoben und hinterlässt eine indefinite koindizierte
Variable.
[jeder [ein1 Bauer] [t1 schläft]]
Der erhaltene Baum hat also drei Töchter, jeder, [ein1 Bauer] und [t1 schläft].
(53)
Semantik für jeder (vorläufig)
c + [jeder p q] = {f ∈ c | (∀g)[(f ⊆ g & g ∈ c + p) → g ∈ (c + p) + q]}
Beispiel
(54)
Ede1 wacht. Jeder2 Bauer schläft.
[der1 Ede wacht] [jeder [ein2 Bauer] [t2 schläft]]
Modell
F(Ede) = {e} F(Bauer) = {a,b}
F(schläft) = {a,b}
F(wacht) = {e}
c0 = {<1→ e>}
c0 + [der1 Ede wacht] = c0 =: c1
c1 + [jeder [ein2 Bauer] [t2 schläft]]
1. Schritt: Welche Erweiterungen von <1→ e> erfüllen [ein2 Bauer]?
{<1→ e, 2→ a> , <1→ e, 2→ b>}
2. Schritt: Erfüllen diese [ein2 Bauer] und [t2 schläft]? Ja
Also ist c1 + [jeder [ein2 Bauer] [t2 schläft]] = c1
Da c1 ≠ ∅, ist der Text wahr in dem Modell.
Die Regel (53) berücksichtigt nicht, dass die VP (d.h. der Nukleus von jeder) eine
indefinite DP enthalten kann.
(55)
Jeder2 Bauer hat einen3 Esel
jeder [ein2 Bauer] [einen3 Esel [t2 hat t3]]
Wir müssen für den Nukleus deshalb über Erweiterungen der Erweiterungen reden.
(56)
Semantik für jeder (endgültig)
c + [jeder p q] = {f ∈ c | (∀g)[(f ⊆ g & g ∈ c + p) → (∃h) g ⊆ h & h ∈ (c + p) + q]}
Wir setzen :
F(Esel) = {c,d}
F(hat) = {<a,c>, <b,d>}
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c1 + jeder [ein1 Bauer] [einen2 Esel [t1 hat t2]]
1. Erweiterungen von <1→ e>, die [ein1 Bauer] erfüllen:
{<1→ e, 2 → a>, <1→ e, 2 → b>}
2. Erweiterungen davon, die [einen2 Esel [t1 hat t2]] erfüllen:
{<1→ e, 2 → a, 3 → c>, <1→ e, 2 → b, 3 → d >}
Mit anderen Worten, zu jeder Erweiterung, die das Anzedenz wahr macht, gibt es eine
Erweiterung, die das Konsequenz (und auch das Antezedens) wahr macht. Also ist der
Resultatskontext = c1, und der Text ist wahr.
jeder bindet die indefiniten Variablen in seinem Nukleus ab, nicht aber die definiten:
( 57)
Jeder2 Bauer kennt ihn1.
jeder [ein2 Bauer] [t2 kennt ihn1]
Hier soll sich ihn1 auf Ede beziehen, d.h., wir wenden die LF auf unseren Kontext c0 an.
Man rechnet nach dass c0 + dies LF = c0. Der Satz ist also wahr.
Eselssätze
( 58)
[S [[DP Jeder1 Bauer] [S der1 einen2 Esel hat]] [VP schlägt ihn2]]
Was uns fehlt ist die LF für den Relativsatz. Das Relativpronomen ist definit. In der SStruktur wird es nach C des eingebetteten Satzes bewegt. Das bewegte Pronomen ist mit der
DP, die der Relativsatz modifiziert, koindiziert, d.h. mit dem Artikel derselben. In der LF
wird die Bewegung rekonstruiert. Relativsätze werden mittels Regel (26) für molekulare
Ausdrücke interpretiert.
( 59)
Konstruktion der LF für ( 58):
Subjektskopierung:
[S [[DP Jeder1 Bauer] [S der1 einen2 Esel hat]] [S t1 [VP schlägt ihn2]]]
Operatorenanhebung:
[S jeder [[DP ein1 Bauer] [S der1 einen2 Esel hat]] [S t1 [VP schlägt ihn2]]]
Indefinitskopierung:
[S jeder [[DP ein1 Bauer] [einen2 Esel [S der1 t2 hat]]] [S t1 [VP schlägt ihn2]]]
= jeder p q
Modell M:
F(Bauer) = {a,b}
F(Esel) = {c,d}
F(hat) = {<a,c>, <a,d>, <b,d>}= F(schlägt)
c0 = {∅}
c0 + [S jeder p q] = {f ∈ c0 | ∀g [(f ⊆ g & g ∈ c0 + p) → ∃h: g ⊆ h & h ∈ (c + p) + q] }
mit p = [DP ein1 Bauer] [einen2 Esel [S der1 t2 hat]]]
q = [S t1 [VP schlägt ihn2][
Schritt 1: Erweiterungen von ∅, die p wahr machen:
12
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
{<1 → a, 2 → c >, <1 → a, 2 → d>, <1 → b, 2 → d> }
Schritt 2: Machen alle diese q wahr (und deswegen natürlich auch p)?
ja!
Also ist der Resultatskontext ebenfalls c0, der Satz ist also wahr.
Aufpassen:
Wir ändern das Modell so ab, dass F(schlägt) = {<a,c>, <b,d>}, mit anderen Worten, Bauer
Ambros (a) schlägt nur einen seiner Esel, nämlich Cecile (c), nicht dagegen Doris (d), die er
zusammen mit Bauer Bertie (b) besitzt. Dann wird der Satz falsch.
Die Semantik von jeder erfasst also die starke Lesart, bei der jeder Bauer jeden seiner
Esel schlagen muss. Die schwache Lesart, wonach jeder Bauer mindestens einen seiner Esel
schlägt, wird nicht erfasst.
Aufgabe 3
Analysieren Sie
( 60)
Kein1 Bauer, der1 einen2 Esel hat, kauft ihm2 einen3 Sattel.
a) Geben Sie die LF an.
b) Geben sie ein Modell an, das den Satz wahr (oder falsch) macht.
c) Rechnen sie die Wahrheit oder Falschheit aus.
Nächste Woche besprechen wir (Heim 1983). Sie finden es als download auf meiner
Homepage unter Lehre.
2.4. Proportionsproblem
Das PP wird bei Nicht-Standard Quantoren sichtbar. Das sind solche Relationen zwischen
Mengen, die sich nicht durch ∀, ∃ und &, ¬ definieren lassen: die meisten, wenige,... Cf.
(Keenan 1996); Literatur ist im Kurs zur DP-Semantik im letzten Jahr besprochen; cf. meine
Homepage.
Betrachte den folgenden Satz auf dem folgenden Hintergrund:
( 61)
Die meisten1 Bauern, die1 einen2 Esel haben, schlagen ihn2.
F(Bauern) = {a,b,c} F(Esel) = {d,e,f,g,h} F(haben) = {<a,d>,<a,e>,<a,f>,<b,g>,<c,h>}
F(schlagen) = {<a,d>,<a,e>,<a,f>}
Wenn die meisten ‚mehr als die Hälfte’ bedeutet, ist der Satz intuitiv falsch, denn nur ein
Bauer schlägt seine Esel, die anderen dagegen nicht. Wenn man die meisten aber, wie in
der Theorie der Generalisierten Quantoren (GQT) deutet und im Geist der bisherigen
Semantik verfährt, wird der Satz wahr.
( 62)
die meisten in der GQT
die meisten A B = 1 gdw. #(A ∩ B) > #A /2
#M ist die Kardinalität von M
Wenn wir diese Semantik auf das dynamische Framework übertragen, sieht das so aus:
13
v.Stechow
(63)
Ausdruck:14.01.2011
c + [die meisten p q] = {f ∈ c | #{g | f ⊂ g & g + (c+p)+q} > #{g | f ⊂ g & g + c+p}/2}
„Mehr als die Hälfte der Erweiterungen, die p+q wahr machen, machen p wahr“.
die meisten ist ein Operator.
(64)
LF für ( 61)
[die meisten [[ein1 Bauern] die1 einen2 Esel haben] [t1 schlagen ihn2]]
= die meisten p q
c0 = {∅}
c0 + (64) = c0
Beweis:
Es gibt 3 Belegungen die (c0 + p + q) wahr machen, nämlich
<1 → a, 2 → d>, <1 → a, 2 → e>, <1 → a, 2 → f>
Dagegen gibt es 5 Belegungen, die c0 + p wahr machen:
<1 → a, 2 → d>, <1 → a, 2 → e>, <1 → a, 2 → f>, <1 → b, 2 → g>, <1 → c, 2 → h>
Der Satz ist wahr an c0, wenn 3 > 5/2. Das ist so.
Die Wahrheitsbedingung liegt daran, dass die meisten als unselektiver Quantor
analysiert wird: es wird über alle Bauer-Esel-Paare im Antezedens quantifiziert. Dies führt
hier zu einem falschen Ergebnis.
Das Proportionsproblem wurde von Bäuerle & Egli entdeckt; cf. (Bäuerle and Egli
1983). Unselektive Quantoren gehen auf (Lewis 1975) zurück. Das Problem kommt aus
demselben Grund zustande, aus dem die Semantik von jeder zur starken Lesart der Eselssätze
führt.
Lösung des Proportionsproblems nach (Chierchia 1995; Beaver 2001), ch.7, Def. 55.
(Vereinfachung der Def. von I. Heim). Wir kriegen das Richtige, wenn wir für das Verhältnis
von Antezedens+Konsequens zum Antezedens nicht die Belegungen zählen, sondern nur die
Bauern, d.h. die Individuen, die dem Index 1 der erweiternden Belegungen zugewiesen
werden. D.h. wir müssen in der Lage sein, über welche Individuen die Belegungen in c mit
dem Index i reden. Das ist einfach:
(65)
Sei c ein Kontext. Die Menge X der Individuen, welche c für den Index i erfüllen, sind
die Individuen x, so dass es ein f ∈ c gibt mit f(i) = x.
X(c,i) = {x | ∃f ∈ c: f(i) = x}
Wir können jetzt Operatoren mit einen Selektionsindex i versehen, also so notieren, wie in
der Prädikatenlogik üblich, wo man (∀x) etc. findet. Hier wird das als jeder(i), die
meisten(i) etc. notiert. Die LF für ( 61) ist nun:
(66)
LF für ( 61) revidiert
[die meisten(1) [[ein1 Bauern] die1 einen2 Esel haben] [t1 schlagen ihn2]]
= die meisten(1) p q
( 67)
Semantik für die meisten(i), i eine Zahl
14
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
c + [die meisten(i) p q] =
= {f ∈ c | #{x | (∃g) f ⊆ g & g(i) = x & g ∈ (c + p) + q} > #{x | (∃g) f ⊆ g & g(i) = x &
g ∈ c + p}/2}
Die LF (66) wird mit dieser Semantik für unser Szenario falsch:
Die Belegungen welche c0 + p + q wahr machen sind der Zwischenkontext
c1 = {<1 → a, 2 → d>, <1 → a, 2 → e>, <1 → a, 2 → f>}
Diese werden für den Index 1 durch die Individuen {a} erfüllt, d.h. X(c1,1) = {a}.
Der Kontext c0 + p = c2 ist
{<1 → a, 2 → d>, <1 → a, 2 → e>, <1 → a, 2 → f>, <1 → b, 2 → g>, <1 → c, 2 → h>}
D.h. X(c2, 1) = {a,b,c} Die Semantik für jeder(1) sagt nun, dass
c0 + die meisten(1) p q wahr ist, wenn #{a} > #{a,b,c}/2 gdw. 1 > 3/2. Das ist falsch. Also ist
der Satz falsch.
2.4.1.
Exkurs: Starke und schwache Lesarten
Können Sätze mit jeder, kein, ein eingeleitet werden, schwache Lesarten haben?
(68)
Schwache Semantik für jeder(i), kein(i), ein(i)
(Beaver 2001) D55
a. c + jeder(i) p q =
{f ∈ c | {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c + p)} ⊆ {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c + p) + q}}
b. c + kein(i) p q =
{f ∈ c | {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c + p)} ∩ {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c + p) + q}}
=∅
c. c + ein(i) p q =
{f ∈ c | {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c + p)} ∩ {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c + p) + q}}
≠∅
Szenario:
F(Bauer) = {a,b}
F(Esel} = {c,d,e}
F(hat) = {<a,c>,<a,d>, <b,e>}
F(schlägt) = {<a,c>, <b,e>}
c0 = {∅}
(69)
a.
b.
jeder [ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2]]] [t1 schlägt ihn2]
= jeder p q
jeder(1) [ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2]]] [t1 schlägt ihn2]
c0 + (69a) ist falsch, weil a d besitzt aber nicht schlägt. Will man das?
c1 + (69b) ist wahr, weil jeder Bauer, der mindesten einen Esel besitzt, einen von seinen
Eseln auch schlägt.
Betrachte die Negationen:
(70)
a.
nicht [jeder [ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2]]] [t1 schlägt ihn2]]
15
v.Stechow
b.
Ausdruck:14.01.2011
= jeder p q
nicht [jeder(1) [ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2]]] [t1 schlägt ihn2]]
c0 + (70a) ist wahr, c1 + (70b) ist falsch.
Was soll man dazu sagen? Die zweite Option scheint besser.
(71)
a.
b.
[ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2]]] [t1 schlägt ihn2]
ein(1) [ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2]]] [t1 schlägt ihn2]
Diese sind an c1 beide wahr. Aber ein(1) blockiert das Bindungspotential des Subjekts. Man
kann sich in einem weiteren Satz also nicht mehr auf ein1 Bauer. Dieser Operator ist also
allenfalls für die Analyse von there-Sätzen benutzt werden:
(72)
?There is a1 doctor in London. He1 is Welsh.
Dieser Standardtext sollte einen allerdings nicht beunruhigen. Er ist genau so abwegig wie:
(73)
?In diesem Geschäft gibt es eine Seife. Sie befindet sich in Regal 17.
Man wird diesen Satz nicht benutzen um Auskunft zu geben, ob man in diesem Geschäft
Seife kaufen kann. Man wird sagen:
(74)
In diesem Geschäft gibt es Seife. Sie befindet sich in Regel 17.
Ebenso:
(75)
There are doctors in London. Some of them are Welsh.
Unter der Negation verhalten sich beide Arten von Indefinita gleich:
(76)
a.
b.
nicht [ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2]]] [t1 schlägt ihn2]
kein(1) [ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2]]] [t1 schlägt t2]
Man braucht den Operator kein(1) also hier nicht. Vorläufiges Fazit: Es sieht so aus, als
bräuchte man die Selektionsindizes nur für die Nicht-Standard-Quantoren. Beim
Universalquantor braucht man den Selektionsindex für schwache Lesarten.
Man kann das schwache ein(i) aber auch so definieren, dass es extern dynamisch ist,
also mindestens eine neue Variable einführt; vgl. Beaver, Def. 58:
(77)
ein(i) referentiell
c + ein(i) p q = {f | {x | (∃g ∈ c) g ⊂ f & f(i) = x & f ∈ c + p} ∩ {x | (∃g ∈ c) g ⊂ f &
f(i) = x & f ∈ (c + p) + q} ≠ ∅}
Nur definiert, falls i ∉ dom(c).
Vgl. dazu die Definition (68c)):
c + ein(i) p q =
{f ∈ c | {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c + p)} ∩ {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c + p) + q}}
≠∅
Der Unterschied ist, das dieser Quantor intern dynamisch ist, d.h, er betrachtet Belegungen
im Kontext, die sich erweitern lassen, während die Definition (77) die Belegungen
erweitert.
16
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
2.4.2.
(78)
Eselssätze mit wenn
Wenn ein1 Bauer einen2 Esel hat, schlägt er1 ihn2.
Soll man wenn als jeder1 deuten? In der DRT wird das so gemacht.
(79)
Meistens1, wenn ein1 Bauer einen2 Esel hat, schlägt er1 ihn2.
(80)
Selten1, wenn ein1 Bauer einen2 Esel hat, schlägt er1 ihn2.
Die Sätze bedeuten in einer Lesart dasselbe wie die entsprechenden mit die meisten und
wenige. Deswegen fährt man besser, wenn man wenn als semantisch leer auffasst und die
Quantifikationsadverbien als Nicht-Standard-Quantoren deutet wie oben angegeben. wenn
wird also in der LF gestrichen. Damit hat (79) die folgende LF:
(81)
meistens(1) [ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2]]] [er1 schlägt ihn2]
Wir stipulieren, dass der Selektionsindex von meistens mit dem Subjekt des wenn-Satzes
koindiziert ist. Die Semantik für meistens(i) ist dieselbe wie die für die meisten(i); siehe
Regel ( 67).
Satz (78) analysiert man analog mit einem koverten IMMER, welches jeder
bedeutet.
(82) IMMER [ein1 Bauer [einen2 Esel [t1 hat t2]]] [er1 schlägt ihn2]
Wenn man aus irgendwelchen Gründen die schwache Lesart möchte, muß man IMMER(1)
wählen.
Aufgabe 4
Analysieren Sie
(83)
Wenige1 Bauern, die1 einen2 Esel haben, schlagen ihn2
( 84)
Selten1, wenn ein1 Bauer einen2 Esel hat, schlägt er1 ihn2
a) Geben Sie die LFs an.
b) Geben Sie die Bedeutung für wenige/selten (stark) und wenige(i)/selten(i) (schwach) an.
Hilfe: Die Semantik wird analog zur GQT-Semantik formuliert: wenige A B = 1
gdw. #(A ∩ B) < #A/2 „Weniger als die Hälfte der A sind A und B“.
c) Geben Sie ein Modell an, dass c0 + LF für die starke Lesart wahr, für die schwache
dagegen falsch macht.
3.
DAS PROJEKTIONSPROBLEM
3.1. Präsuppositionen
Grundlage: (Heim 1983).
Projektionsproblem: Wie bestimmen sich die Präsuppositionen eines komplexen Ausdrucks
aus denn Präsuppositionen seiner Teile.
(Fregeproblem für Präsuppositionen)
Beispiele
17
v.Stechow
(85)
Ausdruck:14.01.2011
Der König hat einen Sohn
präsupponiert
(86)
Es gibt einen König.
(87)
Der Sohn des Königs ist kahl
präsupponiert
(88)
Es gibt einen König und dieser König hat einen Sohn.
(89)
Wenn der König einen Sohn hat, ist der Sohn des Königs kahl
präsupponiert nur (86), d.h. ein Teil der Präsupposition des Konsequens in (88) ist nicht
projiziert worden. „ Wenn der König einen Sohn hat“ ist ein Filter.
(90)
Jedes Land liebt seinen König
präsupponiert
(91)
Jedes Land hat einen König.
Eine typische Beobachtung aus (Karttunen 1973):
(92)
Ein Satz der Form [wenn A, so B], mit A präsupponiert p und B präsupponiert q
präsupponiert [p & wenn A, so q]
(91) zeigt, dass Präsuppositionen auch im subatomaren Bereich lokalisiert sind und
projizieren können. Vor (Heim 1982) gab es dafür keine Theorie.
(93)
Def. Präsupposition
Ein Ausdruck p präsupponiert einen Ausdruck q wenn q aus jedem Kontext folgt, an
dem q zulässig ist/für den p definiert ist:
p >> q gdw. (∀c)[p ist zulässig in c/definiert für c → c |= q],
wobei c |= q gdw. c + q = c.
Semantische Definitionen: Für jeden Ausdruck p muss rekursiv definiert werden, für welche
Kontext c zulässig ist und was c+p ist, falls p für c definiert ist.
Die Präsuppositionen von atomaren Ausdrücken werden im Lexikon definiert
(Rekursionsanfang).
Beispiele (ein Modell M ist vorausgesetzt)
(94)
Indefinite DPs
c + eini Bauer ist genau dann definiert, wenn i ∉ dom(c). Falls c + eini Bauer
definiert ist, so ist c + eini Bauer = {f | (∃g ∈ c) g[i]f & f(i) ∈ F(Bauer)}
( 95)
Definite Terme
c + deri Bauer ist genau dann definiert, wenn deri Bauer aus c folgt, d.h. c + deri
Bauer = c. Falls definiert, ändert sich also nichts.
( 96)
Präsuppositionen von molekularen Ausdrücken
18
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
p habe die Form [q r].
c + p ist definiert, wenn c + q und (c+q)+r definiert sind. Wenn definiert, dann ist
c + p = (c+q) + r.
c ist der globale Kontext für [pq] und für jeden Teilausdruck von [p q]. c+p ist der lokale
Kontext für q.
Bemerkungen:
1. Molekulare Formeln werden genau so interpretiert wie Formeln die durch und
verbunden sind:
( 97)
Dynamisches und
c + [p und q] ist definiert, wenn p für c und q für (c+p) definiert ist. Wenn definiert,
dann ist c + [p und q] = (c+p) + q.
2. Die Zulässigkeitsbedingungen kann man der Notation im Allgemeinen direkt
ansehen. Man kann also die Semantik der Konjunktion einfach notieren als
c + [p und q] = (c +p) + q.*
Dies ist aber immer als Abkürzung für die offizielle Definition darüber anzusehen.
(98)
Ein1 Bauer arbeitet. Der1 Bauer ist müde.
(99)
#Der1 Bauer ist müde. Ein1 Bauer arbeitet.
Wir zeigen, dass der erste Text gut, der zweite schlecht ist.
Szenario:
F(Bauer) = {a,b}
F(arbeitet) = {a}
F(müde) = {a,b}
c0 = {∅}
(100) c0 + [[ein1 Bauer [t1 arbeitet]] [der1 Bauer [t1 müde]]]
Man überlegt sich zuerst, dass die Molekularregel ( 96) zur Folge hat, dass der
Resultatskontext folgendermaßen berechnet wird:
(c0 + ein1 Bauer) = {<1 → a>, <1 → b>} = c1
c1 + t1 arbeitet = {<1 → a>} = c2
c2 + der1 Bauer = c3 = c2
c3 + t1 müde = c4 = c2 ≠ ∅
Betrachte nun
(101) c0 + [[der1 Bauer [t1 müde]] [ein1 Bauer [t1 arbeitet]]
Bereits c0 + der1 Bauer ist nicht definiert. Deswegen ist der Text an c0 nicht zulässig.
Präsuppositionsverletzung.
*
Man könnte auch definieren c + [p und q] = (c + q) + p. Die Definition scheint also eine
Stipulation zu enthalten. Hier setzt Schlenker mit neuen Arbeiten ein, der diese Stipulation
mittels Griceschen Prinzipien wie „Rede ordentlich“ herleiten will.
19
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
Denselben Kontrast kriegt man nach dem Gesagten für eine Formalisierung mittels
und:
(102) a.
b.
[[ein1 Bauer [t1 arbeitet]] und [der1 Bauer [t1 müde]]]
#[[der1 Bauer [t1 arbeitet]] und [ein1 Bauer [t1 müde]]]
3.2. Definite Terme mit gebundenen Variablen
(103) Jedes1 Land liebt 2seinen1 König
= Jedes1 Land liebt den2 König_von ihm1
(104) Ein1 Land liebt 2seinen1 König
2seinen1
König fassen wir auf als der2 König_von ihm1. König_von ist ein zweistelliges
Prädikat.
(Heim 1983) sagt, dass in ihrer Theorie beide Sätze die folgende Präsupposition (91) haben:
(105) Jedes5 Land hat einen7 König.
Dasselbe gilt dann auch für:
(106) Kein1 Land liebt den2 König von ihm1.
Die Präsuppositionen für (104) und (106) gelten bei vielen Autoren als zu stark; z.B.
(Beaver 2001).
Betrachte zunächst ein Modell M1, das den Satz (103) wahr und die Präsupposition (108)
wahr zu machen scheint.
M1
F(Land) = {a,b}
F(König_von) = {<c,a>,<d,b>}
F(lieb) = {<a,c>, <b,d>}
c0 = {∅}
Die LFs für die Sätze sind:
( 107) [jedes [ein1 Land] [den2 König_von ihm1 [t1 liebt t2]]]
p
q
Wir haben also Subjekt und Objekt QRt, und dann noch einmal jeder bewegt.
(108) jedes [ein1 Land] [ein2 König_von t1]
‘Für jedes Land ein König’
Die LF ist natürlich weit weg von der Oberfläche. Das Zweistellig Nomen fungiert hier als
einziges Prädikat. haben ist ignoriert.
(109) Semantik für jeder
c + [jeder p q] ist nur definiert, wenn c + p und (c+p) + q definiert sind. Wenn das so
ist, ist c + [jeder p q] = {f ∈ c | (∀g)[(f ⊆ g & g ∈ c + p) → ∃h g⊆ h & h ∈ (c +
p) + q]}
Betrachte
20
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
c0 + ( 107)
Wir müssen die Erweiterungen von ∅ betrachten, die c0 + ein1 Land wahr machen. Alle
diese müssen sich so erweitern lassen, dass sie (c0 + ein1 Land) + q wahr machen.
c0 + ein1 Land = {<1→a>, <1→b>} = c1.
Für welche davon gibt es Erweiterungen, die c1 + [den2 König_von ihm1 [t1 liebt t2]] = (c1 +
den2 König_von ihm1) + t1 liebt t2 wahr machen? Keine, denn (c1 + den2 König_von ihm1)
ist nicht definiert, weil 2 ∈ dom(c1).
Es liegt also eine Präsuppositionsverletzung vor. Man kann sich leicht überlegen, dass dies
nicht nur für c0 der Fall ist, sondern für jeden Kontext.
Die LF ( 107) soll in unserem Szenario aber wahr werden.
3.3. Akkomodation†
Wenn wir an der bisherigen Deutung der Definita festhalten, müssen wir den Kontext bei der
Auswertung so ändern, dass die Präsuppositionen erfüllt sind. Eine solche Revision des
Kontexts heißt nach (Lewis 1979) Akkomodation. In (Heim 1982), S. 370 ff. ist das
Vorgehen beschrieben.
Wir müssen dafür sorgen, dass den2 König_von ihm1 an einem lokalen Kontext
ausgewertet wird, wo der Ausdruck definiert ist. Dies machen wir so, dass wir den Ausdruck
einen2 König_von ihm1 irgendwo vorher auf einen Lokalen Kontext anwenden. Da die
Variable ihm1 durch jedes1 Land gebunden ist, muß diese Akkomodation im Skopus dieses
Terms geschehen, also unter dem Skopus von ein1 Land.
Akkomodation von c1 für den2 König_von ihm1:
c1 = {<1→a>, <1→b>}
c1 + einen2 König_von ihm1 = {<1→a, 2 → c>, <1→b, 2 → d>}= c1’
c1’ + [den2 König_von ihm1 [t1 liebt t2]] = c1’
D.h., bei dieser Akkomodation wird der Satz an c0 wahr.
Die lokale Akkomodation läuft darauf hinaus, dass wir auf c0 den Ausdruck
(110) [jedes [ein1 Land] [einen2 König_von ihm1 [den2 König_von ihm1 [t1 liebt t2]]]]
= [jedes [ein1 Land] [einen2 König_von ihm1 [t1 liebt t2]]]
anwenden. Mit anderen Worten, wie behandeln den definiten Term so, als wäre er ein
indefiniter. Damit ist die Präsuppositionsverletzung verschwunden. Damit die Theorie nicht
trivial wird, benötigen wir eine Beschränkung für Akkomodation:
(111) Akkomodation für definite Terme ist nur erlaubt, wenn diese eine gebundene Variable
enthalten und es dadurch zu einer Präsuppositionsverletzung kommt. Die
Akkomodation soll so früh wie möglich geschehen.
Wo ist die Intuition geblieben, dass
(112) Jedes1 Land liebt 2seinen1 König
(113) Jedes5 Land hat einen7 König
†
Diesen Abschnitt ignorieren. Er ist unausgegoren.
21
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
präsupponiert? Dies können wir so nicht herleiten. Wir dürfen Akkomodation nur für solche
Modelle erlauben, in denen der akkomodierende Term alle im lokalen Kontext vorhandenen
Belegungen erweitert. In solchen Modellen sollte dann immer die entsprechende
Präsupposition wahr sein.
Betrachte z.B. ;
M2:
F(Land) = {a,b}
F(König_von) = {<c,a>}
F(lieb) = {<a,c>, <b,d>}
c0 = {∅}
Das Land b hat also keinen König.
c1 = {<1→a>, <1→b>}
c1 + einen2 König_von ihm1 = {<1→a, 2 → c>}= c1’
Hier wird nur eine der Belegungen in c1 erweitert. Eine fliegt raus. In einem Modell, das
(113) wahr macht, kann das nicht passieren.
Betrachte in M2
(114) ein1 Land liebt den2 König von ihm2
c1 + einen2 König von ihm2 = {<1→a, 2 → c>}
Wir haben dieselbe Situation. Auch hier kann das nicht in Modellen passieren, in denen
(113) wahr ist.
Ich kenne keine Theorie, die die Präsuppositionen über erlaubte Akkomodationen
berechnet. Ich weiß auch nicht, ob diese Überlegungen haltbar sind. Wir gehen hier davon
aus, dass die Heimsche Theorie der Definita einfach zu einer Präsuppositionsverletzung führt.
Wir nehmen für das Folgende an, das „der“ mehrdeutig ist zwischen der referentiellen Lesart
und der quantifikationellen.
Aufgabe 5
(115) c + nicht p = c\c + p (Heim)
nicht ist ein Loch: nicht p ist in c nur angemessen, wenn p in c angemessen ist.
5A:
(116) a.
b.
Ein2 Bauer arbeitet. Der2 Bauer ist nicht müde.
# Der2 Bauer arbeitet. Ein2 Bauer ist nicht müde.
Geben Sie die LF für (a) an. Geben Sie ein Modell an, das (a) wahr macht. Rechnen sie die
Wahrheit für c0 nach.
5B:
Geben Sie ein Modell an, dass den Satz
( 117) Kein1 Land liebt den(2) König von ihm1
wahr macht. Rechnen sie die Wahrheitsbedingung nach.
22
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
3.4. Definita nach Russell/Frege
(Heim 1983) hat offenbar eine andere Semantik für Definita im Auge als die Semantik für den
bestimmten Artikel in der Dissertation. Nach Russell-Frege kann man den als Quantor
auffassen, der nach dem folgenden Schema gebaut ist:
(118) der A B = 1 gdw. #A = 1 und A ⊆ B (oder A ∩ B ≠ ∅)
Man kann die Aussage in drei Teile gliedern:
der A B = 1 gdw. ∃x[ A(x) & ∀y(A(y) → y = x) & A ⊆ B]
(oder A ∩ B ≠ ∅)
Das erste Konjunkt ist besagt die Existenz eines A, das zweite Konjunkt ist die Einzigkeit
diese As, das dritte Konjunkt ist das Verhältnis der beiden Mengen, die Inhaltsbedingung . In
der dynamischen Semantik wird man Einzig und Existenz präsupponieren. Dies ist in
gewisser Weise eine Fregesierung von Russell. (Russell definiert der P den gerade definierten
generalisierten Quantor; Für Frege bezeichnet der P das einzige Ding in P, wobei
vorausgesetzt ist, dass P genau auf ein Ding zutrifft.)
(119) der(i) nach Russell/Frege
c + [der(i) p q] ist nur definiert, wenn
a) i ∉ dom(c)
(i ist neu)
b) (∀f ∈ c)(∃g) f[i]g & g ∈ c+p
(Existenz)
c) (∀f ∈ c) #{g | f[i]g & g ∈ c+p}≤ 1
(Einzigkeit)
Wenn definiert, so ist c + [der(i) p q] =
{f ∈ c| {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c + p)} ⊆ {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c + p) + q}}
Die Neuheit von bezieht sich natürlich nur auf die Restriktion des Quantors. Der globale
Kontext wird davon nicht affiziert. Die Existenzbedingung besagt, dass es für jede Belegung
im Kontext eine Erweiterung für i gibt, welche die Restriktion wahr macht. Die
Einzigkeitsbedingung besagt, dass es für jede Belegung im Kontext höchstens eine solche
solche Erweiterung gibt.
Wir haben der(i) also als schwachen Allquantor definiert, wobei die Präsuppositionen das
Wesentliche der Definition ausmachen; cf. Regel (68). Für die Inhaltbedingung könnt man
den nicht-leeren Schnitt nehmen. Wir nehmen an, dass der bestimmte Artikel mehrdeutig ist,
d.h. die anaphorische Funktion analysieren wir nach der alten Methode Heims.
Betrachte
(120) [jedes [ein1 Land] [den(2) [ein2 König_von ihm1 [t1 liebt t2]]]]
p
q
in M2, wo b keinen König hat.
M2:
F(Land) = {a,b}
F(König_von) = {<c,a>}
c0 = {∅}
23
F(lieb) = {<a,c>, <b,d>}
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
Das Land b hat also keinen König.
Hier kommt es zur Präsuppositionsverletzung. c0 + (120) ist nur definiert, wenn c0 + p und (c0
+ p) + q definiert sind. c0 + ein1 Land = {<1 → a>, <1→b>} = c1. Die Existenzpräsupposition
besagt dass es für jede Belegung daraus eine Erweiterung g, die für 2 definiert ist, gibt so dass
g ∈ c1 + [ein2 König_von ihm1 [t1 liebt t2]]]. Nun ist aber c1 + ein2 König_von ihm1 = {<1 →
a, 2 → b>}, denn b hat keinen König. Damit gibt es für <1 → b> keine Erweiterung für 2 in
dieser Menge und wir haben eine Verletzung der Existenzbedingung.
Betrachte
(121) [ein1 Land] [den(2) [ein2 König_von ihm1 [t1 liebt t2]]]
in M2. Dies ist an c0 zulässig, wenn c0 + p und (c0 + p)+q definiert sind. c0 + p = {<1 → a>,
<1→b>}. Genau wie eben ist wieder die Existenzpräsupposition verletzt.
Wir können nun leicht zeigen, dass die Präsuppositionsverletzung nicht für ein Modell M
zustande kommt, in dem
(122) Jedes1 Land hat einen2 König
wahr ist. M1 ist so ein Modell.
M1
F(Land) = {a,b}
F(König_von) = {<c,a>,<d,b>}
F(lieb) = {<a,c>, <b,d>}
c0 = {∅}
Für dieses Modell lässt sich zeigen, dass jeder Kontext c, an dem (120) oder (121) zulässig
sind, (122) impliziert. Das zeigt, dass auch der Indefinitsatz dell. Für dieses Modell lässt
sich leicht zeigen, dass jeder Kontext c, an dem (120) oder (121) diese starke
Präsupposition hat (Beaver’s Problem).
Die Semantik für der(i) hat zur Folge, dass auch eine Präsuppositionsverletzung
zustande kommt, wenn die Einzigkeitsbedingung verletzt ist. Dies geschieht z.B., wenn ein
Land mehr als einen König hat, also wie in Sparta.
M3:
F(Land) = {a,b}
c0 = {∅}
F(König_von) = {<c,a>,<d,a>,<d,b>}
F(liebt) = {<a,c>, <b,d>}
Hier hat Austrien zwei Könige, Cecile und Doris.
Betrachte z.B. (121) in M3. Wie bisher betrachten wir [den(2) [ein2 König_von ihm1 [t1
liebt t2]] am Kontext c1 = {<1 → a>, <1→b>}. Die Einzigkeitsbedingung besagt, dass es für
jedes f in c1 höchstens eine Erweiterung für i gibt, welche die Restriktion an c1 erfüllt:
(∀f ∈ c1) #{g | f[i]g & g ∈ c1 + ein2 König_von ihm1 }< 2
c1 + ein2 König_von ihm1 = {<1 → a, 2 → c>, <1 → a, 2 → d>, <1→b, 2 → d >}.
Damit gibt es aber für <1 → a> zwei Erweiterung, welche [ein2 König_von ihm1] an c1 wahr
machen. Das ist eine Verletzung der Einzigkeitsbedingung.
24
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
4.
INTENSIONALISIERUNG
Für viele Fälle kommt man mit der bisherigen extensionalen Semantik nicht aus.
(123) Ede weiß nicht dass seine Frau schläft.
(124) Ede hat eine Frau
(125) Edes Frau schläft
(123) präsupponiert (124) und (125).
(126) Intensionale Modelle
(W,E,F)
n-Stelligen Prädikaten werden Funktionen von Welten in n-stellige Extensionen
zugewiesen, d.h. F(Pn) ist eine Funktion f: W → En
0-stellige Prädikate wie es regnet sind Mengen von Welten. Solche Bedeutungen heißen
Intensionen.
Kontexte sind jetzt Mengen von <f,w>-Paaren, d.h. offene Propositionen. Wir erläutern:
Eine Proposition ist etwas wie
[[ Anna schläft ]] = {w | Anna schläft in w}
Eine offene Proposition ist etwas wie [[ x17 schläft ]] . Sie drückt nur für eine Belegung eine
Proposition aus:
[[ x17 schläft ]] g = {w | g(x17) schläft in w}
Diese Proposition hängt also von einer bestimmten Belegung ab. Man kann nun über die
Belegung selbst abstrahieren und die Bedeutung von x17 schläft als die folgende Menge von
Paaren auffassen:
[[ x17 schläft ]] = {<g,w> | g(x17) schläft in w}
Diese Menge wird dieselbe Information wie die Intension von schläft liefern, wie wir gleich
sehen werden. Wir nennen eine Menge dieser Art offene Proposition. Wir können aus jedem
Kontext eine Proposition machen:
(127) Für jeden Kontext c ist {w| ∃f <f,w> ∈ c} die durch festgelegte Proposition: Prop(c).
(128) Ein Kontext c ist wahr in der Welt w gdw. w ∈ Prop(c).
Ein Kontext c kann nur dann in einer Welt wahr sein, wenn Prop(c) ≠ ∅. Solche Kontexte
sind konsistent. Die konsistenten Kontexte sind gerade die nicht leeren. Die inkonsistenten
Kontexte sind die leeren. Der Begriff der Konsistenz tritt hier an die Stelle unseres vorigen
(absoluten) Wahrheitsbegriffs.
4.1. Intensionale Semantik für die bisherigen Ausdrücke
(129) Intensionale Semantik für Atomausdrücke
25
v.Stechow
a.
b.
Ausdruck:14.01.2011
c + eini Bauer = {<f,w> | (∃g) <g,w> ∈ c & g[i]f & g(i) ∈ F(Bauer)(w)}
Nur definiert, wenn i ∉ dom(c)
c + deri Bauer ist nur definiert, falls c |= deri Bauer.
Falls definiert, = c (d.h. SAME)
i ∈ dom(c), wenn i in dom(f) für ein <f,w> in c, denn alle Belegungen haben dieselbe
Domäne. Alle bisherigen Definitionen werden intensionalisiert:
(130) Molekulare Ausdrücke (und dynamisches und)
c + [p q] = (c+p) + q
c0 = {<∅,w> | w ∈ W}, W die Welten des Modells
M1 = <{a,b},{w1,w2,w3,w4},F>
F(Bauer) = {<w1, {a,b}>, <w2, {a,b}>, <w3, {a,b}>, <w4, {a,b}>}
F(arbeitet) = {<w1, {a}>, <w2, {a}>, <w3, {b}>, <w4, {b}>}
F(müde) = {<w1, {a}>, <w2, {}>, <w3, {b}>, <w4, {}>}
(131)
c0 + [ein1 Bauer [t1 arbeitet] [er1 müde]]
c0 + ein1 Bauer = {<f,w> |(∃g) g[1]f & <g,w> ∈ c0 & f(1) ∈ F(Bauer)(w)}
= {<f,w>| dom(f) = {1} & f(1) ∈ F(Bauer)(w)}
= {<1→a, w1>,<1→b, w1>,<1→a, w2>,<1→b, w2> , <1→a, w3>,<1→b, w3>,<1→a,
w4>,<1→b, w4>} = c1
c1 + [t1 arbeitet] = {<1→a, w1> ,<1→a, w2>,<1→b, w3>,<1→b, w4>} = c2
c2 + [er1 müde] = {<1→a, w1> ,<1→b, w3>}= c3
Der Resultatskontext ist konsistent.
P(c3) ist {w1, w3}
Das ist die Proposition, das ein Bauer arbeitet und müde ist.
(132) c0 + [ein1 Bauer [t1 arbeitet] [nicht [er1 müde]]]
(133) Negation
c + nicht p = c\{<f,w> ∈ c | (∃g)f ⊆ g & g ∈ c + p}
= {<f,w> ∈ c |¬(∃g) f ⊆ g & g ∈ c + p }
c2 + [nicht [er1 müde]] ist definiert, da 1 ∈ dom(c).
= c2\{<f,w> ∈ c2 | f(1) ∈ F(müde)(w)}
= {<1→a, w2>,<1→b, w4>}= c4
P(c4) = {w2,w4}
26
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
Man sieht, dass c4 gerade die Komplementärmenge bezüglich c3 ist. Die Negation ist ein
Loch für die Präsupposition von [er1 müde].
(134) c0 + [ein1 Bauer [t1 arbeitet] [ein2 Bauer [t2 müde]]
c2 + ein2 Bauer =
{<<1→a, 2 → a>,w1> , <<1→b, 2 → b>,w3>}
= c5
P(c5) = P(c3) = {w1, w3}
Man beachte, dass P(c5) = P(c2). Wir müssen hier immer Erweiterungen betrachten, welche
die neue Variable 2 auf das Individuum abbildet, das bereits der Referent von 1 ist. Es gibt
nur neue Variablen (Diskursreferenten), nicht aber neue Individuen. Man denken daran,
dass in der Prädikatenlogik auch nicht verlangt wird, dass eine Formel wie (∃x)(∃y)R(x,y)
nur durch verschiedene Individuen wahr gemacht werden kann.
(135) c0 + [ein1 Bauer [t1 arbeitet] [nicht [ein2 Bauer [t2 müde]]]
Dieser Text führt in unserem Modell zu einem inkonsistenten Kontext:
c2 + [nicht [ein2 Bauer [t2 müde]]] = c6 = ∅
c6 besteht aus den Belegungen in c2, für die es keine Erweiterung gibt, die [ein2 Bauer [t2
müde]] wahr machen. Aus der vorigen Rechnung wissen wir aber, dass es für jede Belegung
aus c2 eine Erweiterung gibt, die diese LF wahr macht. Also ist c6 leer.
Man beachte, dass die vereinfachte Definition der Negation
[c+ nicht p] = c \ c+p
für diesen Fall nicht funktioniert. Das liegt daran, dass c und c+p keine Belegungen
gemeinsam haben, weil für jedes Paar <f,w> in c+p f eine echte Erweiterung der Belegung
g eines Paares <g,w> in c ist. Damit kann aus c nichts abgezogen werden. Diese Definition
hätte zur Folge, dass die Negation ignoriert würde. Für Formeln, die nur definite DPs
enthalten, funktioniert diese Version der Negation.
(136) Semantik für jeder (Starke Lesart)
c + [jeder p q] ist nur definiert, wenn c + p und (c+p) + q definiert sind.
Wenn das so ist, ist c + [jeder p q] = {<f,w> ∈ c | (∀g)[(f ⊆ g & <g,w> ∈ c + p) → ∃h
g ⊆ h & <h,w> ∈ (c + p) + q]}
(137) c0 + jeder [ein1 Bauer] [t1 müde]
Dies ist c0 falls es für jedes <f,w> mit dom(f) = {1} gilt, wenn <f,w> ∈ F(Bauer), dann ist
<f,w>∈ F(müde). Diese Bedingung lässt sich deshalb falsifizieren, weil in keiner Welt jeder
Bauer müde ist. Für w1 nimmt man z.B. das Paar <<1→b>, w1>, für w2 nimmt man
<<1→b>, w2> , für w3 nimmt man <<1→b>, w3>, für w4 nimmt man z.B. <<1→b>, w4>.
Alle diese Paare erfüllen die Restriktion, nicht aber den Nukleus. Deswegen ist der
Resultatskontext ∅, d.h., der Kontext ist inkonsistent.
27
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
Materiale Implikation
c + [wenn p, q] wird nach der Idee c + nicht( p und nicht q) definiert.
Dass muss aufgedröselt werden:
c + nicht (p und nich q)
= c \ {<f,w> ∈ c | (∃g) f ⊂ g & g ∈ c + (p und nicht q)}
Def. nicht
= c \ {<f,w> ∈ c | (∃g) f ⊂ g & g ∈ (c + p) + nicht q)}
Def. und
= c \ {<f,w> ∈ c | (∃g) f ⊂ g & g ∈ (c + p) & ¬(∃h)[g ⊂ h & h ∈ (c + p) + q)} Def. nicht
(138) Materiale Implikation
c + wenn p, q = c \ {<f,w> ∈ c | (∃g) f ⊂ g & g ∈ (c + p) & ¬(∃h)[g ⊂ h & h ∈ (c + p)
+ q)}
Aufgaben*
1. Rechnen Sie für das Modell M1 den Kontext
c0 + Wenn ein2 Bauer arbeitet, ist er1 müde
aus. Sie müssen dazu natürlich eine präzise LF angeben.
2.
c + [p oder q] wird nach der folgenden Idee definiert:
c + nicht(nicht p und nicht q).
a.
Schreiben Sie den lexikalischen Eintrag für c + p oder q nun genau hin.
b. Rechnen Sie c0 + [kein1 Bauer arbeitet oder er1 ist müde] aus. Kein1 wird als
nicht ein1 analysiert.
3. Geben Sie die intensionale Bedeutung für die schwache Lesart von jeder an,
d.h. die für jeder(i).
4.2. Einstellungen
4.2.1.
Glauben
Grundlage (Heim 1992). In der nicht dynamischen Semantik wird nach Hintikka
(139) x glaubt, dass ein Bauer krank ist
analysiert als „In den Welten, die mit dem Glauben von x, verträglich sind, ist ein Bauer
müde“. Der Glaube von x ist wieder eine Menge von Welten, nämlich die Welten, in denen
alle Propositionen wahr sind, die x glaubt. Jede Welt dieser Menge heißt doxastische
Alternative von x. x’s Glaube hängt von den Welten ab, in denen x sich befindet; in
manchen Welten glaubt x dass ein Bauer müde ist, in anderen nicht. Im nichtdynamischen
Framework kann man die Wahrheitsbedingung des obigen Satzes so ausdrücken:
( 140) [[ (139) ]] = {w | Doxx (w) ⊆ [[ ein Bauer ist krank ]] }
Für (Heim 1992) sind Kontexte Mengen von Welten, d.h. sie betrachtet keine Pronomen.
Sie definiert das CCP von Ede glaubt p folgendermaßen:
28
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
( 141) Semantik für x glaubt p (vorläufig (Heim 1992))
c + x glaubt p = {w ∈ c | Doxx(w) + p = Doxx(w)}
Jedes Doxx(w) ist also ein lokaler Kontext, und + p muss für jeden dieser lokalen Kontexte
definiert sein. Dies können wir so nicht übernehmen, weil der Glaube von x in w, also
Doxx(w) eine Menge von Belegung-Welt-Paaren sein muss. Wir betrachten nun wieder das
Modell des letzten Abschnitts und analysieren den folgenden Text.
(142) Ein5 Bauer krank (ist). Er5 glaubt er5 (ist) krank.
= [ein5 Bauer [t5 krank] [er5 glaubt [er5 krank]]]
Wir wiederholen Teile des Modells:
W = {w1,w2,w3,w4}
E = {a,b}
F(Bauer)(wi) = {a,b} i = 1,2,3,4
F(krank)(w1/w2) = {a}
(zwei Einträge)
F(krank)(w3/w4) = {b}
Wir wollen ausdrücken, dass sowohl a als auch b in w1 und w2 glaubt, dass er krank ist. In
w3 und w4 glauben beide nichts, also nur die triviale Proposition, die immer geglaubt wird.
F(glaubt)(w1/w2) = {<a, {w1, w2}>, <b, {w3, w4}>}
(4 Einträge)
F(glaubt)(w3/w4) = {<a/b,W>}
(4 Einträge)
Da der Glaubensinhalt ein Kontext sein muss, können wir Heims Regel für glaubt nicht so
übernehmen. Wir nehmen zur Definition der doxastischen Alternativen die Belegungen aus
dem globalen Kontext und kombinieren diese mit den Glaubenswelten.
(143) Doxi(f,w) = {<f’,w’> | f ⊆ f’ & (∀p ⊆ W)(<f’(i), p> ∈ F(glaubt)(w) → w’ ∈ p)}
Die doxastisch zugänglichen Welten gehören also zu jeder geglaubten Proposition.
(144) glauben
(offiziell)
Wenn i eine Variable/Diskursreferent ist und p ein Satz, so ist
i glaubt p ein Satz.
c + i glaubt p ist nur definiert, wenn i ∈ dom(c).
Falls definiert, ist c + i glaubt p = {<f,w> ∈ c | Doxi(f,w) + p = same}.
Wir rechnen nun
c0 = {<∅,w> | w ∈ W} + [ein5 Bauer [t5 krank] [er5 glaubt [er5 krank]]]
aus.
c0 + ein5 Bauer [t5 krank] = {<5 → a, w1/w2> , <5 → b, w3/w4>} = c1
Das sind 4 Paare. Abkürzung!
c1 + er5 glaubt [er5 krank]
= {<f,w> ∈ c1 | Dox5(f,w) + er5 krank = same}
Wir schauen uns zunächst die doxastischen Alternativen für jedes Element des Kontextes an:
29
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
(145) Doxastische Alternativen in unserem Modell
Dox5(5 → a, w1/w2) = {<5→ a, w1>, <5→ a, w2>}
Dox5(5 → b, w1/w2) = {<5 → b, w3>, <5 → b, w4>}
Dox5(5 → a/b, w3/w4) = {<5→ a, w1>, <5→ a, w2>, <5→a, w3>, <5→a, w4>}
Hier ist eine Beispielrechnung:
Dox5(5 → a, w1) =
{<f’,w’> | <5 → a> ⊆ f’ & (∀p ⊆ {w1,..,w4})(<f’(5),p> ∈ F(glaubt)(w1) → w’ ∈ p)}
= {<5→a, w1>, <5→ a, w2>}
denn F(glaubt)(w1) = {<a,{w1, w2}>, <a, {w1, w2,w3, w4}>}.
{<5→a, w1>, <5→ a, w2>} + er1 arbeitet = same!
Also sind die Paare <5→a, w1>, <5→ a, w2> im Resultatskontext. Dox5(5 → a, w2) liefert
nichts Neues.
Ebenso zeigt man, dass die Paare {<5 → b, w1>, <5 → b, w2>} im Resultatskontext sind. Die
übrigen Paare des Kontexts fliegen raus. Also ist der Resultatskontext
{<5→a, w1>, <5→ a, w2>, <5 → b, w1>, <5 → b, w2>}
Das ist genau richtig, denn in unserem Modell besagt der Text „Bauer a glaubt dass, a krank
ist oder Bauer b glaubt, dass b krank ist“.
Aufgabe*
Formalisieren Sie den Satz
(146) Ein Bauer glaubt, dass ein Bauer krank ist
und rechnen sie die Wahrheitsbedingung für unser Modell aus.
4.2.2.
Wissen
Faktive sind Verben wie wissen, bedauern, bemerken. Das Gemeinsame ist, dass das
Komplement wahr sein muss. Das ist eine Präsupposition. Wenn das Komplement nicht
wahr ist, haben wir eine Präsuppositionsverletzung. Wenn also eine Satz der Form i weiß p
auf einen Kontext angewandt wird, muss p in jeder Welt des Kontexts wahr sein, sonst
kommt es zu einer Präsuppositionsverletzung. Dass p tatsächlich eine Präsupposition ist,
sieht man daran, dass p über eine Negation hinweg projiziert wird. Der folgende Text ist
inkohärent:
(147) Franz weiß nicht dass es regnet
>> Es regnet
x weiß p ist also nur definiert, wenn p aus dem Kontext folgt. x muss p glauben, und
außerdem muss p in jeder Welt, in der x p glaubt auch wahr sein. Das führt zu der folgenden
Semantik:
(148) wissen
30
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
c + i weiß p ist nur definiert, wenn p aus c folgt.
Falls definiert, ist
c + i weiß p = {<f,w> ∈ c | Epi(f,w) + p = same}
Formal sieht die Bedeutung für wissen so aus wie die für glauben, lediglich die
Zugänglichkeitsrelation Dox ist durch Ep „epistemische Alternative“ ersetzt. Diese ist
wieder ganz analog zu Dox definiert:
(149) Epi(f,w) = {<f’,w’> | f ⊂ f’ & (∀p ⊆ W)(<f’(i), p> ∈ F(weiß)(w) → w’ ∈ p)}
Damit diese Semantik das Richtige leistet, müssen wir etwas mehr über wissen sagen.
1. Wenn ein Subjekt x eine Proposition p weiß, dann glaubt x p auch.
2. Wenn ein Subjekt x eine Proposition p in w weiß, dann ist p in w auch wahr.
Diese Restriktionen für die Interpretation können wir durch die folgenden Postulate
ausdrücken:
(150) Postulate für wissen
Ein M = <E, W, F> ist zulässig, wenn gilt:
Für jedes x ∈ E, p ⊆ W, w ∈ W:
a. Wenn <x, p> ∈ F(weiß)(w), dann <x, p> ∈ F(glaubt)(w)
b. Wenn <x, p> ∈ F(weiß)(w), dann p(w) = 1.
Wir legen wieder das Modell M vom letzten Abschnitt zugrunde, hier wiederholt:
W = {w1,w2,w3,w4}
E = {a,b}
F(Bauer)(wi) = {a,b} i = 1,2,3,4
F(krank)(w1/w2) = {a}
(zwei Einträge)
F(krank)(w3/w4) = {b}
F(glaubt)(w1/w2) = {<a, {w1, w2}>, <b, {w3, w4}>, <a/b, W>}
(4 Einträge)
F(glaubt)(w3/w4) = {<a,W>, <b,W>}
(2 Einträge)
F(weiß)(w1/w2) = {<a, {w1, w2}>, <a/b, W>}
(3 Einträge)
F(weiß)(w3/w4) = {<a,W>, <b,W>}
Dieses Modell ist zulässig. Betrachte:
(151) co + ein5 Bauer ist krank. er5 weiß [er5 ist krank]
Dieser Text sollte konsistent bezüglich c0 sein, denn Bauer a weiß in w1/w2, dass a krank
ist. Der Resultatskontext sollte also die folgenden Paare enthalten: <5 → a, w1/w2>. Wir
berechnen dass:
Wir wissen bereits:
c0 + ein5 Bauer [t5 krank] = {<5 → a, w1/w2> , <5 → b, w3/w4>} = c1
Schauen wir uns Ep5 für diese Fälle an:
(152) Epistemische Alternativen in unserem Modell
31
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
Ep5(5 → a, w1/w2) = {<5→ a, w1>, <5→ a, w2>}
Ep5(5 → b, w1/w2) = {<5 → b, w3>, <5→ a, w2>, <5→a, w3>, <5→a, w4>}
Ep5(5 → a/b, w3/w4) = {<5→ a, w1>, <5→ a, w2>, <5→a, w3>, <5→a, w4>}
Wir sehen sofort den wichtigen Unterschied zu den doxastischen Alternativen: in w1/w2
glaubt b etwas Falsches, weiß dieses also nicht. Er weiß lediglich die triviale Proposition.
Deswegen bläht sich die Alternativenmenge aus: je mehr Alternativen, desto weniger
Wissen. Genau aus diesem Grund fliegen die Paare <5 → b, w1/w2> raus.
Hier ist Beispielsrechnung.
Ist er5 weiß [er5 krank] für c1 definiert? Ja, denn jedes Paar in c1 erfüllt [er5 krank]. [er5
krank] folgt also aus c0. Man beachte, dass es sich hierbei um eine offene Proposition
handelt, die etwas besagt wie ‚Bauer a ist krank oder Bauer b ist krank’. Genau dies ist aber
mit dem ersten Satz gesagt worden.
Dann kommen alle Paare aus c1 in den Resultatskontext c2 = c1 + er5 weiß [er5 krank],
welche die folgenden Bedingung erfüllen:
<f,w> ∈ c1 & Ep5(f,w) + [er5 krank] = same
<5→a, w1/w2> ∈ c2 gdw. {<5→a, w1>, <5→ a, w2>}+[er5 krank] = same
√
<5→b, w1/w2> ∈ c2 gdw.
{<5 → b, w1>, <5→ a, w2>, <5→a, w3>, <5→a, w4>}+[er5 arbeitet] = same
falsch!
<5→ a/b, w3/w4> ∈ c2 gdw.
{<5 → b, w1>, <5→ a, w2>, <5→a, w3>, <5→a, w4>}+[er5 arbeitet] = same
Also ist c2 = {<5→a, w1>, <5→a, w2>}.
falsch!
Betrachte als Nächstes den Text:
(153) Ein5 Bauer ist krank. Er5 weiß nicht, dass er5 krank ist.
ein5 Bauer krank. nicht [er5 weiß [er5 krank]]
Unsere Semantik sollte Folgendes leisten: Der zweite Satz ist in diesem Kontext definiert. Der
Resultatskontext sollte nur die Paare <5 → b, w3/w4> enthalten. Für die Negation können wir
mit der einfachen Standardregel arbeiten:
( 154) Negation (vereinfacht)
c + nicht p = c\c + p
Nach den Heimschen Konventionen ist c + nicht p definiert, falls c + p definiert ist.
Für unser Beispiel gilt:
(c0 + ein5 Bauer krank) + nicht [er5 weiß [er5 krank]]
= c1\ c1 + er5 weiß [er5 krank]
mit c1 = {<5 → a, w1/w2> , <5 → b, w3/w4>}
Wir wissen bereits dass c1 + er5 weiß [er5 krank] definiert ist. Wir wissen auch, dass
c1 + er5 weiß [er5 krank] = {<5 → a, w1/w2>} = c2
Also ist c1 \ c2 = {<5 → b, w3/w4>}, das gewünschte Resultat.
32
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
Wir müssen nun noch den Folgerungsbegriff geringfügig modifizieren. Betrachte den
Text:
(155) c0 + Ein5 Bauer ist krank = c1
Daraus sollte der Satz Ein Bauer ist krank folgen. Das tut es aber nicht, denn die
indefinite NP führt eine neue Variable ein:
c1 + ein1 Bauer krank = {<5 → a, 1 → a ; w1/w2> , <5 → b, 1 → b; w3/w4>} ≠ same!
Diese Situation lässt sich mit (Beaver 2001), S.172 f. so beheben, dass wir den
Folgebegriff nach der folgenden Idee revidieren:
Eine Formel p impliziert logisch eine Formel q wenn für jeden Kontext c gilt, dass
(c+p)+q dieselbe Information enthält wie c+p außer der möglichen Einführung von
neuen Diskursreferenten.
Der folgende Operator ↓ dient dieser Präzisierung:
(156) Beavers ↓ - Operator
c + ↓p = {<f,w> ∈ c | (∃g) f ⊆ g & <g,w> ∈ c+p}
Der Operator ist eliminativ: er behält alle Paare <f,w>, deren f sich so erweitern lässt, dass
p wahr wird.
( 157) Folge revidiert
a. Ein Ausdruck p folgt aus einem Kontext c (c erfüllt p) gdw. c+↓p = c.
b. Aus p folgt q gdw. für jeden Kontext c gilt: (c+p) + ↓q = (c+p).
Jetzt gilt:
c1 + ↓ ein1 Bauer [t1 krank] = same
Man kann Beavers Operator ↓ benutzen, um die Negation zu definieren:
( 158) Negation (nach Beaver)
c + nicht p = c \ (c + ↓p)
Aufgabe 6
Zeige, dass in unserem Modell
c0 + ein Bauer ist krank. Kein Bauer weiß, dass er krank ist.
zu einem inkonsistenten Resultat führt. Dazu muss der Text formalisiert werden, und die
entsprechende Rechung ist durchzuführen.
5.
DAS PROBLEM DER EXZESSIV STARKEN PRÄSUPPOSITIONEN
Für das Folgende gehen wir zum extensionalen Framework zurück.
(159) ein1 Land liebt 2seinen1 König
[ein1 Land] [den(2) [einen2 König_von ihm1] [t1 liebt t2]]
Das Problem besteht darin, dass die bisherige Theorie die Präsupposition
(160) Jedes Land hat einen König
33
v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
vorhersagt, wir aber die schwächer Präsupposition
(161) Ein Land hat einen König
wollen. (Beaver 2001) entwickelt in 8.3.2 eine Methode zur Behebung des Problems.‡ Er
modifiziert die globale Updatefunktion + zu einer distributiven Updatefunktion +dist.
(162) Distributives Update +dist
c +dist p ist definiert gdw. (∃f ∈ c)({f} + p ist definiert)
c +dist p = ∪{{f}+p | f ∈ c}
Man kann jetzt die bisherigen Definitionen übernehmen, indem man für das interne Update
statt auf + auf +dist zurückgreift.
( 163) ein(i) distributiv
c + ein(i) p q = {f | {x | (∃g ∈ c) g[i]f & f(i) = x & f ∈ c +dist p} ∩ {x | (∃g ∈ c) g[i]f &
f(i) = x & f ∈ (c +dist p) +dist q} ≠ ∅}
(164) jeder(i)
distributiv
c + [jeder(i) p q] ist nur definiert, falls (c +dist p) +dist q definiert ist. Wenn definiert,
so:
{f ∈ c | {x |(∃g ⊃ f) g(i) = x & g ∈ c +dist p} ⊆ {x | (∃g ⊃ f) g(i) = x & g ∈ (c +dist p)
+dist q }}
(165) der(i) nach Russell/Frege (distributiv)
c + [der(i) p q] ist nur definiert, wenn
a) i ∉ dom(c)
(i ist neu)
b) (∀f ∈ c)(∃g) f[i]g & g ∈ c +dist p
Existenz)
c) (∀f ∈ c) #{g | f[i]g & g ∈ c +dist p}≤ 1 (Einzigkeit)
Wenn definiert, so ist c + [der(i) p q] =
{f ∈ c| {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c +dist p)} ⊆ {x | ∃g ⊃ f: g(i) = x & g ∈ (c +dist p) +
q}}
M
F(Land) = {a,b}
F(König_von) = {<c,a>}
F(liebt) = {<a,c>, <b,c>}
c0 + ein(1) [ein1 Land] [den2 [ein2 König_von t1][t1 liebt t2]]
= {f | {x | (∃g ∈ c0) g ⊂ f & f(1) = x & f ∈ c0 +dist ein1 Land } ∩ {x | (∃g ∈ c) g ⊂ f & f(1) = x
& f ∈ (c0 +dist ein1 Land) +dist [den2 [ein2 König_von t1][t1 liebt t2]]} ≠ ∅}
Wir überlegen zunächst, dass c0 +dist [ein1 Land] = {1 → a, 1 → b} = c1. Die Individuen, die
diese Menge erfüllen, sind {a, b}. Als nächstes berechnen wir
c1 +dist [den2 [ein2 König_von t1][t1 liebt t2]] =
‡
Beaver ist für mich an dieser Stelle kaum zu verstehen. Die folgenden Definitionen sind
Irene Heims Auslegung von Beaver.
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v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
({1 → a } + [den2 [ein2 König_von t1][t1 liebt t2]]) ∪ ({1 → b } + [den2 [ein2 König_von
t1][t1 liebt t2]])
Das erste der beiden Updates ist definiert, das zweite nicht, weil b keinen König hat. Also
ist dies die Menge
{1 → a } + [den2 [ein2 König_von t1][t1 liebt t2]]
= {f ∈ c1 | {x | (∃g ⊃ f) g(2) = x & g ∈ c1 +dist [ein2 König_von t1]} ∩ {x | (∃g ⊃ f) g(2) = x
& g ∈ (c1 +dist [ein2 König_von t1]) +dist [t1 liebt t2]} ≠ ∅}= c2 (*)
c1 +dist [ein2 König_von ihm1] = ∪ {{1 → a }+ [ein2 König_von ihm1]}
= ∪{{<1 → a, 2 → c>}} = {<1 → a, 2 → c>} = c3
Also ist {x | (∃g ⊃ f) g(2) = x & g ∈ {<1 → a, 2 → c>}} = {c}
Als nächstes berechnen wir c3 +dist [t1 liebt t2] als {<1 → a, 2 → c>}. Also ist die zweite
Erfüllungsmenge in (*) ebenfalls {c}, und zwischen den beiden besteht die
Teilmengenbeziehung. Der Resultatskontext c2 ist demnach {1 → a}.
Nach dieser Rechnung sieht man ein, dass Für das Folgende gehen wir zum
extensionalen Framework zurück.
(159) nur die schwache Präsupposition (161) hat, denn Land b hat ja keinen König. Der
Trick besteht darin, dass der bestimmte Artikel mittels +dist in den Kontext integriert wird.
Existenz und Eindeutigkeit werden für jeweils eine Belegung im Kontext überprüft. Wenn
diese Bedingungen für eine Belegung in Kontext nicht erfüllt sind, wird diese bei der
Vereinigung der kleinen Resultatskontexte einfach nicht berücksichtigt und fliegt raus.
Ebenso hat
(166) Kein(1) Land liebt 2seinen1 König
nur die schwache Präsupposition, dass ein Land einen König hat (Übungsaufgabe).
Wie ist es mit dem folgenden Satz?
(167) Jedes(1) Land liebt 2seinen1 König
ebenfalls die schwache Präsupposition (161) hat.
(168) Beavers Fact 8.11, p. 218: Sei D(n) ein Quantor (jeder(n), kein(n), die meisten(n),...
etc.). und p >> q. Dann gilt
a. D(n) p r >> ein(n) q
b. D(n) r p >> ein(n) r
Man würde die folgenden Beispiele dafür erwarte:
(169) a. Jedes Land, das seinen König liebt, baut ihm ein Denkmal.
b. Kein Land, das seinen König liebt, baut ihm ein Denkmal.
>> Ein Land hat genau einen König.
(170) a.
Jedes Land liebt seinen König.
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v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
b. Kein Land liebt seinen König.
>> Ein Land hat genau einen König.
Wir haben aber ein Problem für
(170a)? Für diesen Fall funktioniert die Vorhersage nicht.
(171) jeder(i)
distributiv
c + jeder(i) p q =
{f ∈ c | {x |(∃g ⊃ f) g(i) = x & g ∈ c +dist p} ⊆ {x | (∃g ⊃ f) g(i) = x & g ∈ (c +dist p)
+dist q }}
Betrachte das letzte Modell M:
c0 + jedes(1) [ein1 Land] [den2 [ein2 König_von t1][t1 liebt t2]]
c0 +dist ein1 Land = {<1 → a>, <1 → b>}. Diese Menge wird für 1 durch die Individuen
{a,b} erfüllt.
c0 +dist ein1 Land +dist [den2 [ein2 König_von t1][t1 liebt t2] = {<1→ a , 2 → c>}.
<1 → b> fliegt raus, denn b hat keinen König, lässt sich also nicht erweitern. Die
Erfüllungsmenge für 1 ist {a}.
Es sollte gelten: {a,b} ⊆ {a}. Das ist falsch. Wir wollen aber, dass der Satz undefiniert oder
wahr ist.
Um den Satz für dieses Modell gut zu machen, müssen wir lokal akkomodieren, d.h. die
Präsupposition in den die Restriktion schreiben:
(172) Jedes Land, das einen König hat, liebt seinen König.
Diese Revision ist in unserem Modell wahr. Der distributive Update kann die
Präsuppositionen also nur für mache Fälle abschwächen, d.h. Beavers Behauptung muss
abgeschwächt werden.Wie genau, bleibt offen.
Aufgabe 7: Zeigen Sie, dass Kein Land liebt seinen König präsupponiert Ein Land hat einen
König.
Die Methode lässt sich in nahe liegender Weise auf das intensionale Framework
übertragen:
(173) +dist intensional
c +dist p ist definiert gdw. (∃f) {<f’,w> ∈ c | f’ = f} + p ist definiert.
c +dist p = ∪{{<f,w>} + p | <f,w> ∈ c}
{<f’,w> ∈ c | f’ = f} sind die Paare im Kontext, in denen f vorkommt.
Ganz analoge Änderungen führt man bei der Intensionalisierung von jeder(i), der(i), ein(i)
durch. Einen faktiven Satz wie
(174) Ein(1) Bauer weiß dass er1 arbeitet
= ein(1) [ein1 Bauer] [t1 weiß er1 arbeitet]
hat nun auch die schwache Präsupposition
(175) Ein Bauer arbeitet.
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v.Stechow
Ausdruck:14.01.2011
Aufgabe 8
Schreiben Sie die distributiven intensionalen Versionen für die genannten Artikel hin.
Anwendung auf Eistellungen
Für das globale Update + gilt:
(176) Ein1 Bauer weiß, dass er1 arbeitet
>> Jeder Bauer arbeitet
Betrachte zunächst den Kontext c + ein1 Bauer = c’. Für jedes <f,w> ∈ c’ gilt: f(1) ∈
F(Bauer)(w). c’ + t1 weiß er1 arbeitet ist nur definiert, wenn c’ |= er1 arbeitet. Dies
bedeutet aber gerade, dass c |= Jeder Bauer arbeitet.
Aufgabe 9
Zeigen Sie, dass man (174) in einem Modell verifizieren kann, in dem nicht jeder Bauer
arbeitet, falls man die Semantik mit +dist wählt.
6.
LITERATUR
Literatur als downloads auf meiner Homepage (Google) unter Lehre.
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Sonderforschungsbereichs 99. Universität Konstanz.
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v.Stechow
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