9 Einphasen-Brückengleichrichter mit sinusförmigem Eingangsstrom (Einphasige Leistungsfaktorkorrektur) Durch Kombination einer Einphasen-Diodenbrückenschaltung und eines Hochsetzstellers wird eine Gleichrichterschaltung gebildet, die eine sinusförmige oder netzspannungsproportionale Führung des Eingangsstromes erlaubt. Die Regelung des Eingangsstromes und der Ausgangsspannung erfolgt mittels eines integrierten Steuerbausteins. Das Erfordernis einer Vorladung des Ausgangskondensators des Hochsetzstellers bei Betriebsbeginn wird gezeigt, und der Betrieb der Schaltung für konstante Schaltfrequenz und kontinuierlichen und diskontinuierlichen Verlauf des Stromes in der Hochsetzstellerinduktivität untersucht. Die grundsätzlichen Überlegungen bei der Auslegung der Regelung der Ausgangsspannung und des Eingangsstromes werden diskutiert und der für kontinuierlichen und diskontinuierlichen Eingangsstrom resultierende Leistungsfaktor und die niederfrequenten Verzerrungen des Eingangsstromes analysiert und die Vor- und Nachteile beider Betriebsarten aufgezeigt. ~ Abb.9.1: Topologie des Einphasen-Brückengleichrichters mit sinusförmigem Eingangsstrom (Einphasige Leistungsfaktorkorrektur – „Single-Phase Power Factor Correction“ – „1~PFC“). Abb.9.1 zeigt die Topologie des Einphasen-Brückengleichrichters mit sinusförmigem Eingangsstrom (Einphasige Leistungsfaktorkorrektur – „Single-Phase Power Factor Correction“ – „1~PFC“). Diese Schaltung ist als Kombination einer Einphasenbrücke gebildet aus D16 und einem Hochsetzsteller gebildet aus CA, L1, S1–, S1+, C1 und C2 zu verstehen. - Speisen sie den PFC mit einer einstellbaren Wechselspannungsquelle (Einphasentrafo) u1 an den Klemmen X10 und X12. - Verbinden sie Klemmen X4 und X13. - Schließen sie einen geeigneten Folienkondensator CA = 10µF / 100V zwischen die Klemmen X4 (oder X13) und X9. - Belasten sie den PFC am Ausgang mit einem geeigneten Lastwiderstand RL an den Klemmen X7 und X9. - Stellen sie die richtige Relaiskonfiguration her wie in Abb.9.1 dargestellt. Zusätzlich muss Relais K2 geschlossen werden (Erklärung hierfür im nachfolgenden Abschnitt 9.1). –1– Fachpraktikum Leistungselektronik 9.1 IE9: Einphasige Leistungsfaktorkorrektur Einphasige Leistungsfaktorkorrektur mit kontinuierlichem Eingangsstrom UO* t U_1* = U*+ uO U_1 = UZK-C * îL1 * iL1 I_1P I_N1* |u1| U12-C iL1 1 IN_A 0 s1S_A = S1- uD1 I_1 = -I1-C TRI_1 Abb.9.2: Blockschaltbild zur Erzeugung des Schaltsignals s1– des MOSFETs S1– für die einphasige Leistungsfaktorkorrektur mit kontinuierlichem Eingangsstrom. Abb.9.3: Schaltungstechnische Realisierung S_A = S1– (Seite 5 in der Gesamtschaltung). der Erzeugung der Schaltsignale In Abb.9.2 ist die Blockschaltung für die einphasige Leistungsfaktorkorrektur mit kontinuierlichem Eingangsstrom (engl.: „continuous conduction mode“ – CCM) dargestellt. Sie ist dem Hochsetzsteller sehr ähnlich, jedoch wird jetzt der Sollwert des Drosselstromes iL1* durch Multiplikation des Spitzenwertes îL1* mit dem Betrag der Netzspannung |u1| gebildet. Dadurch wird eine netzspannungsproportionale Führung des Eingangsstromes erreicht. Der Spannungsregler ist als PI-Regler ausgeführt, und definiert den Spitzenwert des Eingangsstromes î1 = îL1*. Die Dynamik des Spannungsreglers muss in diesem Fall jedoch reduziert werden (R116 = 1.2K, C58 = 1µF), damit er nicht versucht, die Welligkeit der Zwischenkreisspannung zu reduzieren. Dies hätte eine Verzerrung des Eingangsstromes zur Folge. Da zur Erfassung des Betrages der Netzspannung die Spannung zwischen den Punkten X4 und X9 gemessen werden muss, die implementierte Spannungsmessung U12 die Spannung jedoch zwischen X4 und X5 misst, müssen Relais K2 und MOSFET S2– eingeschalten werden (siehe auch Abb.2 der Einführung: Topologie des Laborlehrsystems „ETH Zurich Converter Lab“). Die schaltungstechnische Realisierung ist in Abb.9.3 dargestellt. Für die einphasige Leistungsfaktorkorrektur mit kontinuierlichem Eingangsstrom muss nun folgende Konfiguration hergestellt werden (Abb.9.4). - R116 = 1.2K, C58 = 1µF - JP1: U*+ (ganz links, Pins 1-2) - JP2: UZK-C (2.Pos von links, Pins 3-4) - JP3: -I1-C (2.Pos von links, Pins 3-4) - JP10: I_1P (unten, Pins 2-3) - JP11: -REF (oben, Pins 2-3) –2– Fachpraktikum Leistungselektronik IE9: Einphasige Leistungsfaktorkorrektur - JP12: unten (Pins 1-2) - JPS1–: auf Position S_A (ganz oben, Pins 1-2) - JPS2–: auf Position INV2+ (2.Pos von unten, Pins 13-14) - Die verbleibenden JPSxx ganz unten (GND, Pins 15-16) R116, C58 Abb.9.4: Konfiguration der Jumper für die einphasige Leistungsfaktorkorrektur mit kontinuierlichem Eingangsstrom. Beachten sie die zusätzlichen Bauelemente R116 = 1.2K und C58 = 1µF. Abb.9.5 zeigt den Netzstrom i1 und -spannung u1, den vom Ausgangsspannungsregler vorgegebenen Spitzenwert des Netzstromes î1* = îL1* und den Sollwert des Drosselstromes iL1*. i1 (Zuleitung) u1 (X10 – X12) îL1* (JP10-1) iL1* (JP10-2-3) Abb.9.5: Netzstrom i1 und -spannung u1, Netzstromspitzenwert îL1* und Sollwert des Drosselstroms iL1*. –3– Fachpraktikum Leistungselektronik IE9: Einphasige Leistungsfaktorkorrektur Der Netzstrom zeigt relativ starke Abweichungen von der Sinusform in den Nulldurchgängen. Dies ließe sich bei einer industriellen Realisierung durch den Einsatz eines Vorsteuersignals insofern verbessern, als dass dann ein Leistungsfaktor = 0.999 möglich wäre. iL1 (I5) uCA (X4 – X9) uCA,m (JP2-6) s1– Abb.9.6: Drosselstrom iL1, Boost-Eingangsspannung Eingangsspannung uCA,m und Schaltsignal s1–. uCA |u1|, gemessene iL1 (S1–) Boost- (I5) uCA (X4 – X9) uCA,m (JP2-6) s1– (S1–) Abb.9.7: Drosselstrom iL1, Boost-Eingangsspannung uCA, gemessene Boost-Eingangsspannung uCA,m und Schaltsignal s1– im Zeitmaßstab 20µs/DIV. Die Lupe in Abb.9.6 kennzeichnet den vergrößerten Zeitbereich. –4– Fachpraktikum Leistungselektronik IE9: Einphasige Leistungsfaktorkorrektur In Abb.9.6 sind die Zeitverläufe hinter dem Gleichrichter dargestellt. Die Netzspannung wird am Kondensator CA gleichgerichtet (uCA) und durch den folgenden Hochsetzsteller auf das Ausgangsspannungsniveau hochgesetzt. Der Strom iL1 in der Boost-Induktivität L1 ist kontinuierlich mit einem gewissen Wechselstromanteil (Rippel). Zur Verdeutlichung des Rippels und des zugehörigen Schaltsignals s1– sind ein Teil der Zeitverläufe in Abb.9.7 in einem kleineren Zeitmaßstab dargestellt. 9.2 Einphasige Leistungsfaktorkorrektur mit kontinuierlichem Eingangsstrom und phasenversetzter Taktung von zwei Brückenzweigen. ~ Abb.9.8: Topologie zur einphasigen Leistungsfaktorkorrektur mit phasenversetzter Taktung von zwei Brückenzweigen. Abb.9.8 zeigt die Erweiterung der einphasigen Leistungsfaktorkorrektur um einen weiteren Brückenzweig, um diesen mit phasenversetzter Taktung zu betreiben. - Belassen sie den Leistungsteil und verbinden sie X4 und X6. - Stellen sie die richtige Relaiskonfiguration her. UO* t U_1* = U*+ uO U_1 = UZK-C * îL1 * iL1 I_1P I_N1* |u1| U12-C iL1 1 IN_A 0 s1S_A = S1- uD1 I_1 = -I1-C TRI_1 iL3 I_2 = -I3-C 1 IN_B 0 s3S_B = S3- uD2 TRI_2 Abb.9.9: Blockschaltbild zur Erzeugung der Schaltsignale s1– und s3– der MOSFETs S1– und S3– für die einphasige Leistungsfaktorkorrektur mit kontinuierlichem Eingangsstrom und phasenversetzter Taktung von zwei Brückenzweigen. In Abb.9.9 ist die Blockschaltung für die einphasige Leistungsfaktorkorrektur mit kontinuierlichem Eingangsstrom und phasenversetzter Taktung von zwei Brückenzweigen dargestellt. Der Sollwert des Drosselstromes iL1* wird jetzt einem zweiten Stromregelzweig zugeführt. Dieser arbeitet mit einem in der Schaltfrequenz um 180° phasenverschobenen Dreieck uD2 und generiert dadurch ein unabhängiges Schaltsignal s3–. –5– Fachpraktikum Leistungselektronik IE9: Einphasige Leistungsfaktorkorrektur Abb.9.10: Schaltungstechnische Realisierung S_A = S1– (Seite 5 in der Gesamtschaltung). der Erzeugung - R116 = 1.2K, C58 = 1µF - JP1: U*+ (ganz links, Pins 1-2) - JP2: UZK-C (2.Pos von links, Pins 3-4) - JP3: -I1-C (2.Pos von links, Pins 3-4) - JP4: -I3-C (ganz rechts, Pins 7-8) - JP10: I_1P (unten, Pins 2-3) - JP11: -REF (oben, Pins 2-3) - JP12: unten (Pins 1-2) - JP13: oben (Pins 2-3) - JPS1–: auf Position S_A (ganz oben, Pins 1-2) - JPS2–: auf Position INV2+ (2.Pos von unten, Pins 13-14) - JPS3–: auf Position S_B (ganz oben, Pins 1-2) - Die verbleibenden JPSxx ganz unten (GND, Pins 15-16) –6– der Schaltsignale Fachpraktikum Leistungselektronik IE9: Einphasige Leistungsfaktorkorrektur R116, C58 Abb.9.11: Konfiguration der Jumper für die einphasige Leistungsfaktorkorrektur mit kontinuierlichem Eingangsstrom. Beachten sie die zusätzlichen Bauelemente R116 = 1.2K und C58 = 1µF. Abb.9.12 zeigt die Zeitverläufe der Summe der beiden Drosselströme iL1 + iL3, die gleichgerichtete Netzspannung uCA und die gemessenen Einzelströme iL1,m und iL3,m. Durch Verwendung von zwei Stromreglern erhält man eine symmetrische Stromaufteilung in den beiden Brückenzweigen. Der Summenrippel der beiden Ströme ist nun im Vergleich zu vorher reduziert (vergleiche Abb.9.6). Diese Rippelreduktion und die resultierende Verdoppelung der Rippelfrequenz ist in Abb.9.13 nochmals genauer mit einem Zeitmaßstab von 20µs / DIV dargestellt. Zur Veranschaulichung sind in Abb.9.14 die Schaltsignale der beiden beteiligten MOSFETs dargestellt. iL1 + iL3 (Leitung X13-X6) uCA (X4 – X9) iL1,m (JP3-1) iL3,m (JP4-1) Abb.9.12: Summe der Drosselströme iL1 + iL3, Boost-Eingangsspannung uCA, und gemessene Einzelströme iL1,m sowie iL3,m. –7– Fachpraktikum Leistungselektronik IE9: Einphasige Leistungsfaktorkorrektur iL1 + iL3 (Leitung X13-X6) uCA (X4 – X9) iL1,m (JP3-1) iL3,m (JP4-1) Abb.9.13: Summe der Drosselströme iL1 + iL3, Boost-Eingangsspannung uCA, und gemessene Einzelströme iL1,m sowie iL3,m mit einem Zeitmaßstab von 20µs/DIV. Die Lupe in Abb.9.12 kennzeichnet den vergrößerten Zeitbereich. iL1 + iL3 (Leitung X13-X6) uCA (X4 – X9) s1– (S1–) s3– (S3–) Abb.9.14: Summe der Drosselströme iL1 + iL3, Boost-Eingangsspannung uCA, und Schaltsignale s1– sowie s3– mit einem Zeitmaßstab von 20µs/DIV. Die Lupe in Abb.9.12 kennzeichnet den vergrößerten Zeitbereich. –8– Fachpraktikum Leistungselektronik 9.3 IE9: Einphasige Leistungsfaktorkorrektur Einphasige Leistungsfaktorkorrektur mit diskontinuierlichem Strom in der Induktivität Stellen sie wieder den Leistungsteil gemäß Abb.9.1 her. - Schließen sie parallel zu L1 an den Klemmen X1 und X4 eine Induktivität LA = 20µH. Der Wickelbeginn soll an X1 angeschlossen sein. - Stellen sie eine Hilfswicklung mit einem Windungszahlverhältnis von ca. 1:5 bis 1:3 her und schließen sie den Wickelbeginn an X62-3 (ZCD). Das Wickelende wird an X622 (GND) angeschlossen. - JPS1–: auf Position S_D (4.Pos. von oben, Pins 7-8) - JPS2–: auf Position INV2+ (2.Pos von unten, Pins 13-14) - Die verbleibenden JPSxx ganz unten (GND, Pins 15-16) In Abb.9.15 ist die schaltungstechnische Realisierung zur Erzeugung der Schaltsignale für den Betrieb mit diskontinuierlichem Drosselstrom iL dargestellt. Es wird dazu ein IndustrieStandard-IC des Typs ON Semiconductor MC33262 (MC34262) verwendet. Das Blockschaltbild und die genaue Funktionsweise sind im Datenblatt nachzulesen (http://onsemi.com). Abb.9.15: Schaltungstechnische Realisierung der Erzeugung der Schaltsignale S_D = S1– (Seite 5 in der Gesamtschaltung) für den Betrieb mit diskontinuierlichem Drosselstrom. Abb.9.16 zeigt den Netzstrom i1 und -spannung u1, sowie das Schaltsignal s1– zur Ansteuerung des MOSFET S1– für Betrieb mit diskontinuierlichem Drosselstrom. Sie erkennen wieder einen Leistungsfaktor von = 0.99. Abb.9.17 demonstriert die Boost-Eingangsspannung uCA den Strom iL in der BoostInduktivität LA und das zugehörige Schaltsignal s1–, das vom IC U22: MC33262 erzeugt wird. Zur Veranschaulichung der Zeitverläufe ist in Abb.9.18 der durch die Lupe in Abb.9.17 gekennzeichnete Bereich mit einem Zeitmaßstab von 20µs / DIV vergrößert. Die Schaltfrequenz des Systems ist nun nicht mehr konstant, sondern wird durch die Stromanstiegs- und -abfallgeschwindigkeit der Induktivität L bestimmt. Sie erkennen auch den nichtlinearen Verlauf des Stromes zufolge des verwendeten magnetisch nichtlinearen Eisenpulver-Ringkernes. –9– Fachpraktikum Leistungselektronik IE9: Einphasige Leistungsfaktorkorrektur i1 (Zuleitung) u1 (X10 – X12) s1– (S1–) Abb.9.16: Netzstrom i1 und -spannung u1, und Schaltsignal s1–. iL1 + iLA (I5) uCA (X4 – X9) s1– Abb.9.17: Drosselstrom iL und Boost-Eingangsspannung uCA, und Schaltsignal s1–. – 10 – (S1–) Fachpraktikum Leistungselektronik IE9: Einphasige Leistungsfaktorkorrektur iL1 + iLA (I5) uCA (X4 – X9) s1– (S1–) Abb.9.18: Drosselstrom iL und Boost-Eingangsspannung uCA, und Schaltsignal s1– im Zeitmaßstab 20µs / DIV. – 11 –