Methoden 4 - Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre

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eher soziologische Ansätze der Erklärung wissenschaftlichen Fortschritts
Paradoxien und Antinomien
Disziplinen und ihre Funktionen
Die Betriebswirtschaftslehre und die Forstliche BWL als Disziplinen
Methoden in der BWL
Wissenschaftskonzeptionen der BWL
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
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Prof. Dr. Martin Moog
Forschungsprogramme
Die Bedeutung von Forschungsprogrammen,
deren Kern nicht in Frage gestellt wird, für die
Entwicklung der Wissenschaft wird von
Lakatos betont.
Schutzgürtel
harter
Kern
Annahmen aus dem Schutzgürtel
können modifiziert werden,
um bessere Vorraussagen zu liefern.
Beispiel: elliptische Bahnen statt Kreisbahnen
Der harte Kern der Astronomie von Kopernikus:
Die Planeten kreisen um die Sonne.
Die Erde dreht sich täglich einmal um ihre Achse.
vgl. Chalmers, 2007, S. 107 ff.
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Prof. Dr. Martin Moog
Forschungsprogramme
Forschungsprogramm können sich
positiv entwickeln, aber auch degenerieren,
bis sie von anderen abgelöst werden.
Schutzgürtel
Aber auch ein Comeback ist möglich.
harter
Kern
Im Rahmen eines Forschungsprogramms
können Methoden und Instrumente
entwickelt werden.
vgl. Chalmers, 2007, S. 107 ff.
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Prof. Dr. Martin Moog
Gibt es wissenschaftlichen Fortschritt?
Oder sind Paradigmen gleichwertig?
Die Wissenschaftler leben jeweils in der Welt ihres Paradigmas
und können sich daher nicht verstehen.
Paradigma
A
Paradigma
B
Wenn das wirklich zuträfe, dann
könnte man nicht beurteilen, was
wissenschaftlicher Fortschritt ist.
Es könnte keine Einigung darüber
erreicht werden, ob ein Paradigma
dem anderen überlegen ist.
Das ist ein Zerrbild, denn es sind doch Verständigungen möglich,
beispielsweise auf Standards der Beobachtung, wie das Galileo
mit überzeugenden Argumenten gelungen ist (Fernrohre statt Auge).
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Prof. Dr. Martin Moog
Dogmen und wissenschaftlicher Fortschritt
sozialer Druck in einer
Disziplin, eine Theorie
zu akzeptieren
Wunsch der Menschen
nach gesichertem Wissen
„fester Boden unter den Füßen“
Erlernen einer Theorie ist
Investition, deren Wert bewahrt
werden muß.
verhindert Paradigmenwechsel
Hat aber Dogmatismus nicht etwas gutes?
Neue Theorien wurden trotz Kritik
(Falsifikation) weiterverfolgt, sie erwiesen
sich schließlich als den alten überlegen.
führt zu Dogmatismus
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Prof. Dr. Martin Moog
Der Argumentum ad verecundiam-Fehlschluß
Berufung auf eine Autorität.
Nach Professor
Weise gilt ......
Prof. Weise ist ein
inkompetenter
Spinner
Nur, wer erkennt wen als Autorität an?
Ted trifft seinen Freund Al und ruft: “A!! Man hat mir gesagt, Du seist gestorben.
Darauf Al lachend: „Du siehst doch, daß ich lebe.“
„Unmöglich!“ sagt Ted: „Der Mann, der mir das gesagt hat, ist viel
glaubwürdiger als Du.“
vgl. Cathcart und Klein, 2010, S. 60 f.
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Prof. Dr. Martin Moog
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
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Prof. Dr. Martin Moog
Wie können Theorien und Hypothesen entstehen?
Hypothesen entstehen im einfachsten
Fall deduktiv aus einer bestehenden Theorie.
durch kreatives Denken
Weiterentwicklung existierender
Theorien oder Schaffung ganz neuer
ad hoc
data mining
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Prof. Dr. Martin Moog
Computational Learning Theory
Es gibt Computerprogramme – nach Francis Bacon BACON-1 bis BACON-6
genannt, mit denen die Suche nach Gesetzmäßigkeiten in Daten automatisiert ist.
Autoren: Langley u.a. (1987): Scientific Discovery, Computational Explorations
of the Creative Processes
Erläuterungen bei Lauth & Sareiter, 2005, S. 79 ff.
Man kann damit z.B. Galileos Fallgesetz finden.
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Prof. Dr. Martin Moog
datengeleitete Theoriebildung
•
Suche nach der besten Prognose
Beispiel Kapitalmarktforschung und Insolvenzprognose
•
rein explorative Datenauswertung (Data Mining)
•
Fallstudien
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Prof. Dr. Martin Moog
problemgeleitete betriebswirtschaftliche Forschung?
Theorien haben in der problemgeleiteten Forschung eine dienende Funktion,
keine herrschende.
An dieser Stelle ist indessen auch ein Wort der Warnung nötig: Bei einer
großen Theorienvielfalt wird es einem unredlichen Forscher nicht schwer
fallen, nach der Datenauswertung eine geeignete theoretische Garnierung zu
finden und diesen Ansatz nach Belieben zu bestätigen oder zu falsifizieren.
Hauschild, 2003, S. 15
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Prof. Dr. Martin Moog
Paradoxien und Antinomien
Paradoxien sind Aussagen
oder Sachverhalte, die unseren
Erwartungen widersprechen.
Paradoxien
Antinomien sind besondere
Paradoxien.
Widersprüche, deren beide
Seiten gleich gut begründet
zu sein scheinen.
Antinomien
vgl. Vollmer, 1993, S. 31 ff.
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Prof. Dr. Martin Moog
Was ist paradox ? (sprachliche Paradoxien)
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Wenn ein Vater seinen Sohn unverwandt anstarrt.
Wenn ein Arzt kalte Umschläge warm empfiehlt
Ein eingefleischter Veganer
Wenn eine Kuh den Bauern anstiert.
Wenn ein Kahlkopf sich die Haare rauft.
Wenn ein Lokführer keinen Zug vertragen kann.
Wenn ein Förster keine Schonung kennt.
Die Beispiele für sprachliche Paradoxien helfen uns
nicht zu bestimmen, was eine Paradoxie ist.
Aus den griechischen Wortstämmen kann man ableiten,
daß es etwas „gegen die Erwartung“ ist.
vgl. Vollmer, 1993, S. 32 f.
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Prof. Dr. Martin Moog
Zenons Paradox – Achill und die Schildkröte
Achill und eine Schildkröte machen einen Wettlauf.
Weil Achill viel schneller rennen kann bekommt die Schildkröte einen
Vorsprung.
Nach dem Start muß Achill erst an den Punkt gelangen, von dem die
Schildkröte gestartet ist. Bis er dort ankommt ist die Schildkröte ein Stück
weitergelaufen.
Nun muß Achill wieder zu diesem Punkt laufen. Bis er dort ankommt, ist die
Schildkröte wieder ein Stück weiter.
Und so fort. Also wird Achill die Schildkröte nie ganz einholen.
Wenn die Schildkröte nicht anhält, ist ihr der Sieg gewiss.
Vertreter: „Gnädige Frau, mit dem Staubsauger
haben Sie nur halb so viel Arbeit.
Hausfrau: „Phantastisch! Ich nehme gleich zwei.“
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vgl. Cathcart und Klein, 2010, S. 63 ff.
Prof. Dr. Martin Moog
berühmte Paradoxien (und Antinomien)
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Achill und die Schildkröte
Der Pfeil, der sich im Flug nicht bewegt
Die Kreter – immer Lügner
Buridans Esel, der zwischen Heuhaufen verhungert
Katzen mit 7 Leben plus 1 (wirklich ein Paradox?)
St. Petersburger Spiel
Die Wahl zwischen 3 Türen in einer Spielshow, Wahl zw. 2 Briefumschlägen
Geburtstage der Fußballspieler
Mikado – Sehnen in einem Kreis
unangekündigte Klassenarbeit
Paradoxien bei Wahlen
Gefangenendilemma
Paradox des Haufens
Schiff des Theseus
die Nichtelefanten
das Hilbertsche Hotel
der Barbier von Sevilla
das Curry Paradox (Wenn dieser Satz wahr ist, können Fische sprechen.)
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vgl. Berger: Paradoxien, 2010
Baggini, 2005
Prof. Dr. Martin Moog
Antinomien
These
Antithese
Beide lassen sich (scheinbar) gleich gut begründen
Begriff: Widerstreit von Gesetzen (17. Jh.)
Es muß etwas mit den getroffenen Voraussetzungen nicht stimmen,
sonst könnte diese Situation nicht auftreten.
vgl. Vollmer, 1993, S. 33
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Prof. Dr. Martin Moog
Antinomien
Antinomien können in allen Sätzen auftreten:
Beschreibungen
Ist die Welt endlich oder unendlich?
Normative Sätze
Darf man töten?
Wertungen
Ist Freiheit wichtiger als Gleichheit?
Konventionen
Darf man Fisch mit dem Messer essen?
Schlußregeln
Gilt etwas, das für jeden gilt, damit auch schon für alle?
Bei Normen und Werten ist eine Bedeutungsgleichheit mit
„Konflikt“ gegeben – aber beide Seiten müssen starke
Argumente für sich haben.
Besonders unangenehm sind Antinomien in den Grundlagen der Disziplinen.
vgl. Vollmer, 1993, S. 33 f.
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Prof. Dr. Martin Moog
Der „Lügner“ – eine Antinomie
„Dieser Satz ist falsch.“
Der Satz sieht so aus wie eine Aussage,
ist aber keine.
Er bezieht sich nicht auf ein Objekt
in der Realität, sondern nur auf sich selbst.
Der Begriff der Wahrheit kann sich nur auf
die Objekte in der „Außenwelt“ beziehen.
vgl. Vollmer, 1993, S. 35
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Prof. Dr. Martin Moog
Der „Lügner“ – eine Antinomie
„Diser Sats enthält drei Fehler.“
Wir reduzieren die Zahl der Fehler schrittweise:
„Dieser Sats enthält zwei Fehler“
„Dieser Satz enthält einen Fehler“
das ist die einfache Lügner-Antinomie
vgl. Vollmer, 1993, S. 35
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Prof. Dr. Martin Moog
Der „Lügner“ – eine Antinomie
„Epimenides, der Kreter, sagt: Alle Kreter lügen immer.“
Viele Formulierungen weisen einen solchen Selbstbezug auf,
stellen sich in Frage oder widersprechen sich selbst und sind
dadurch paradox.
vgl. Vollmer, 1993, S. 36 f.
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Prof. Dr. Martin Moog
Beispiele für innere Ungereimtheiten von Aussagen
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Aberglaube bringt Unglück; dagegen hilft nur Klopfen auf Holz.
Gott sei´s gedankt, ich bin immer noch Atheist. (Bunuel)
Es ist modern, altmodisch zu sein.
Nichts ist ewig außer dem Wechsel.
Ein Satz, der nur wahrscheinlich ist, ist wahrscheinlich falsch.
Keine Regel ohne Ausnahme.
Die Geschichte lehrt, daß die menschen aus der Geschichte nichts lernen.
(Hegel)
Wenn Gott allmächtig ist, kann er dann einen Stein schaffen, der so schwer ist,
daß er ihn selbst nicht heben kann? (Pascal)
Philosophie ist der Mißbrauch einer Sprache, die eigens zu diesem Zweck
erfunden wurde.
Alles dauer länger als man denkt, selbst dann, wenn man dies bereits
berücksichtigt hat. (Murphy/Hofstadter)
Sicheres Wissen gibt es mit Sicherheit nicht.
vgl. Vollmer, 1993, S. 38
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Prof. Dr. Martin Moog
Fruchtbarkeit von Paradoxien für die Wissenschaft
Paradoxien weisen auf Widersprüche hin.
Ohne die Paradoxie wäre es nicht aufgefallen, daß in den Annahmen ein
Widerspruch steckt.
Da es aufgefallen ist, kann man nach dem Widerspruch suchen und ihn,
hoffentlich, beseitigen.
Die Entdeckung kann die Theorie töten, aber sie belebt die Theorienbildung.
Der Weg zur Wahrheit führt über die Beseitigung der Irrtümer.
Paradoxien eignen sich sehr gut als didaktisches Werkzeug.
vgl. Vollmer, 1993, S. 38 ff.
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Prof. Dr. Martin Moog
Die Russelsche Antinomie
Die berühmteste aller Antinomien:
Sie entsteht bei dem Versuch, alle Mengen zusammenzufassen, die sich nicht
selbst als Element selbst enthalten.
Der Barbier, der genau alle Männer des Dorfes rasiert, die sich nicht selbst
rasieren.
Russel entdeckte den Widerspruch in dem Werk von Gottlob Frege.
Hätte Frege die Prinzipien der Logik nicht so gut systematisiert,
wäre der Widerspruch unentdeckt geblieben.
So wurde Fortschritt möglich.
vgl. Vollmer, 1993, S. 39 ff.
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Prof. Dr. Martin Moog
Disziplinen und ihre Funktionen
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Prof. Dr. Martin Moog
Was macht eine wissenschaftliche Disziplin aus?
gemeinsames
Erkenntnisinteresse
gemeinsamer Untersuchungsgegenstand
Gruppe von Forschern
(Mindestgröße)
(Erfahrungsobjekt)
zwei Disziplinen können dasselbe Erfahrungsobjekt
haben, aber nicht dasselbe Erkenntnisobjekt
(Beispiel: Botanik und Waldwachstumskunde)
Die Disziplinen unterscheiden sich also in erster
Linie durch die Erkenntnisobjekte.
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wissenschaftliche
Organisationen
Publikationsorgane
Tagungen
Prof. Dr. Martin Moog
Funktionen von wissenschaftlichen Disziplinen
Minderung des Dilettantismus-Risikos
In Disziplinen findet die wissenschaftliche
Arbeitsteilung statt.
Spezialisierung bietet Vorteile
Zu große Spezialisierung hat aber auch Nachteile
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Prof. Dr. Martin Moog
Neubildung von Disziplinen
Entwicklung der Forstwissenschaft von den Anfängen über die
Ausdifferenzierung bis zur heutigen Schrumpfung
Entwicklung der Kulturwissenschaft
Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre
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Prof. Dr. Martin Moog
Qualitätskontrolle
Fälschung von Daten
ist hier verboten
Plagiate
nicht
erlaubt
renommierte Zeitschriften
Anteil kopierter Textstellen in Hausund Seminararbeiten in Prozent
Medizin
11,0
Wirtschaftswissenschaften
6,4
Ingenieurwissenschaften
6,0
Germanistik
5,0
Gesamt
7,0
Quelle: Compilatio.net
FAZ vom 4.12.2010
Peer-Review
Hwang Woo Suk (Klon-Skandal)
Jan Hendrik Schön (Datenfälschung für physik. Studie)
Neue Fälle an der ETH und auch in Göttingen (Forstwissenschaft!)
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Prof. Dr. Martin Moog
Literatur zu Betrug in der Wissenschaft
Charles Babbage schrieb schon 1830 darüber.
Aufsehen erregte der Fall des Physikers
Jan Hendrik Schön, der in Konstanz 1997
promoviert worden ist und dann in den
Bell Labs arbeitete. Er hatte Ergebnisse
gefälscht und damit aufsehenerregende
Aufsätze publiziert.
Die Universität Konstanz versuchte ihm den
Doktortitel abzuerkennen. 2010 entschied
das Verwaltungsgericht Freiburg erst einmal
für Dr. Schön.
erschienen 1984
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Prof. Dr. Martin Moog
Kopieren
geht über
studieren!
Betrug in der Wissenschaft
•
Plagiate sind sehr verbreitet, besonders bei Hausarbeiten, aber
natürlich auch bei Arbeiten für höhere Qualifikationsziele.
•
Fälschung von Daten
bekannter Fall des deutschen Physikers Jan Hendrik Schön
(Ein-Molekül-Transistor) etwa im Jahr 2000 in einem Labor in den USA.
Gegen Plagiate setzen
wir Spezial-Software
ein.
Mühsam ist es zu studieren,
viel leichter läßt sich Text kopieren.
Aber was taugt diese Software?
Ende 2010 machte die Charité Schlagzeilen, weil sie eine Chronik bei
einem nichtakademischen Schriftsteller in Auftrag gegeben hatte. Das
zur Verfügung stehende Budget war sehr gering.
Ein Wissenschaftshistoriker fand heraus, daß ganze Teile seiner
Dissertation für die Chronik kopiert worden waren.
Das Buch wurde eingestampft- dafür war Geld da.
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Prof. Dr. Martin Moog
Wissenschaftliche Charaktere
•
•
•
•
•
•
wissenschaftstheoretische Tugendwächter, die unrealistische Postulate
formulieren und mit starrem Blick auf das Falsifikationsdogma den
heuristischen Auftrag der Wissenschaft aus dem Auge verlieren
theorielose Empiristen, die aus gegebenen Datenbeständen Artefakte
herauspräparieren
signifikanzsüchtige Befunddeuter, die die Relevanz der Befunde
mißachten
datengetriebene Prognostiker, denen die Genauigkeit der Prognose die
Hauptsache, denen aber die Erklärung Nebensache ist
technokratische Methodenenthusiasten, denen methodische
Spitzfindigkeiten wichtiger sind als neue Aussagen
datengläubige Befundsammler, die jegliche Faktensammlung schon
dann für beachtlich halten, wenn sie nur Daten zu „ihrem“ Problem
liefert – ungeachtet der Qualität
nach Hauschildt, 2003 S. 21 f.
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Prof. Dr. Martin Moog
Welche Anforderungen werden in empirischen Arbeiten an die
theoretische Grundlage gestellt?
•
•
•
•
Kann man schon von Theorie sprechen, wenn nur begrenzte
theoretische Vorüberlegungen vorliegen, oder erst dann, wenn auf
ausgebaute, eingeführte, mit einem eigenen Namen belegte
Satzsysteme zurückgegriffen wird?
Gilt nur das als Theorie, was auf ausschließlich
wirtschaftswissenschaftlicher Argumentation gründet, oder wird eine
umfassende verhaltenswissenschaftliche Perspektive verlangt?
Ist nur das als eine Theorie zu bezeichnen, was mathematisch
formalisiert ist, oder werden auch verbal beschriebene Theorien
akzeptiert?
Liegt eine Theorie schon vor, wenn die Variablen in einen
theoretischen Bezugsrahmen eingeordnet sind?
nach Hauschildt, 2003, S. 12 f.
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Prof. Dr. Martin Moog
Was als Theorie bezeichnet wird,
ist oft nur ein ausführlicher Überblick über den Stand der Literatur,
oder ein Verweis auf einige prominente „seminal papers“.
In vielen Fällen ist Theorie allenfalls eine Kompilation der Vorläuferstudien
Hauschildt, 2003, S. 13
In empirischen betriebswirtschaftlichen Forschungsarbeiten finden sich
regelmäßig theoretische Vorüberlegungen, die den empirischen Befunden
vorangestellt werden. Insoweit bietet die Literatur das Bild einer
„theoriegeleiteten“ Forschung – vordergründig jedenfalls.
Hauschildt, 2003, S. 13
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Prof. Dr. Martin Moog
Darf man Falsches lehren?
Was ist wahr? Was ist falsch?
Gibt es sicheres Wissen?
Welche Wahrheitsdefinition will man der Beantwortung zugrunde legen?
Übersetzung in eine pragmatische oder instrumentalistische Interpretation:
Darf man man eine Theorie lehren, von der man weiß oder erwartet, daß
sie sich bei der Erklärung vergangener und der Prognose zukünftiger
Erfahrungen als weniger erfolgreich erweist als eine andere, schon bekannte
Theorie?
vgl. Vollmer, 1993, S. 109 ff.
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Prof. Dr. Martin Moog
Darf man Falsches lehren?
Die Fallgesetze von Galileo
Wenn es keine Luftreibung gäbe, dann würde sich ein in der Nähe der
Erdoberfläche geworfener Körper auf einer parabelförmigen Bahn bewegen.
Ist diese Behauptung richtig?
Nein!
Wir wissen, daß sich Planeten auf elliptischen Bahnen bewegen.
Die Naturgesetze gelten für die Planeten und für im Schwerefeld der Erde
fallende Körper gleich.
Die Fallgesetze von Galileo sind falsch.
Auch nur näherungsweise richtige Gesetze sind falsch.
Darf man sie trotzdem lehren?
vgl. Vollmer, 1993, S. 109 ff.
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Prof. Dr. Martin Moog
kritische und heuristische Funktion der Wissenschaft
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Prof. Dr. Martin Moog
Determinismus contra Willensfreiheit
Ich muß –
Ich habe keine
Wahl!
Glauben Sie an
die menschliche
Willensfreiheit?
Isaac B. Singer
vgl. Cathcart und Klein, 2010, S. 33
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Prof. Dr. Martin Moog
Die Betriebswirtschaftslehre und die Forstliche BWL als Disziplinen
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
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Prof. Dr. Martin Moog
Was untersucht die BWL?
Unternehmen
Betriebe
Haushalte
Verwaltungen
Institutionen und Personen, deren Verhalten auf wirtschaftliche Güter
bezogen ist.
(Hans Raffée in Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 1, 1989
Economics is what economists do!
???
Gründung der Kommission Wissenschaftstheorie des VHB
im Jahr 1973
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
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Prof. Dr. Martin Moog
Der Gegenstandsbereich der Betriebswirtschaftslehre
sozialer Aspekt
technischer Aspekt
soziotechnische Systeme
Betriebe
Haushalte, Unternehmen
Ordnung nach
technischen
Gesichtspunkten
weitere ggf. wichtige Dimensionen:
ökologisch
kulturell
informationell
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Prof. Dr. Martin Moog
Der Gegenstandsbereich der Forstökonomie
Gesellschafts-Dimension
Wald-Dimension
Waldbestand
Individuum
Weltbevölkerung
klassisches
Feld
Entwicklung
globale
Bewaldung
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
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Prof. Dr. Martin Moog
Selbstverständnis der Forstökonomie
•
•
•
positivistisch
praktisch-normativ
ethisch-normativ
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
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Prof. Dr. Martin Moog
von der Forstökonomie genutzte Theorien
•
•
•
•
mikroökonomische Ansätze
institutionenökonomische Ansätze
andere betriebswirtschaftliche Theorien
eher aus dem Bereich der Psychologie stammende Theorien
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
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Prof. Dr. Martin Moog
gesellschaftsbedingte Modethemen forstökonomischer Forschung
•
•
•
Waldschäden
nachwachsende Rohstoffe
Klimawandel
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Prof. Dr. Martin Moog
Welches Erkenntnisinteresse treibt die BWL-Forscher?
reines Erkenntnisinteresse
Interesse an der Gestaltung
Nach welchen Gesetzmäßigkeiten
funktionieren die Betriebe?
Nach welchen Gesetzmäßigkeiten
handeln die Menschen in den
Unternehmen?
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
Ausnutzung der Gesetzmäßigkeiten zur
Erhöhung der Wirtschaftlichkeit in den
Betrieben bzw. zur Erhöhung der
Rentabilität der Unternehmen.
45
Prof. Dr. Martin Moog
Erkenntnisobjekt der BWL
Wirtschaften = entscheiden über knappe Güter
tritt in allen Betrieben auf!
Ergiebigkeitsprinzip bzw. Wirtschaftlichkeitsprinzip
das Erkenntnisobjekt unterscheidet die BWL von anderen Disziplinen
Warum nicht Gewinnmaximierung oder Faktorkombination als
Erkenntnisobjekt?
Verbesserung der Daseinsbewältigung durch Erhöhung der Ergiebigkeit
der Ressourcen im betrieblichen Zusammenhang.
von den konkreten Zielen des einzelnen Betriebes ist das unabhängig
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Prof. Dr. Martin Moog
Funktionen der Betriebswirtschaftslehre, Erfahrungsobjekt
und Erkenntnisziel
Erfassungsfunktion
beobachten
Beschreibungsfunktion Erklärungsfunktion
beschreiben
Gestaltungsfunktion
erklären
Das Erfahrungsobjekt – das wirtschaftliche
Handeln in Betrieben – muß erst beobachtet
und beschrieben werden.
Auf der Beschreibung aufbauend
wird der Versuch gemacht, die
Gesetzmäßigkeiten zu finden.
Das ist die eigentliche Erkenntnisgewinnung.
Theoretisches Wissenschaftsziel.
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
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gestalten
Unter Kenntnis der
Gesetzmäßigkeiten
können Gestaltungsvorschläge gemacht
werden.
Pragmatisches Wissenschaftsziel.
Prof. Dr. Martin Moog
Praxisbezug der Wissenschaft
Verwendung von Methoden
Nichtanwendung
MethodenAngebot
Anwendung trotz
nicht gegebener
Anwendungsbeding
ungen
Anwendung bei
gegebenen
Anwendungsbeding
ungen
inkonsistent
kein Schaden,
primär Fehler der
Wissenschaft
Schaden
Fehler von
Wissenschaft
(primär) und Praxis
Anwendungsbeding
ungen nicht
ausreichend
beschrieben
kein Schaden,
aber potentieller
Schaden
durch Fehler der
Wissenschaft
Schaden
Fehler von
Wissenschaft und
Praxis
zufällig richtige
Anwendung,
Fehler der
Wissenschaft
konsistent und
Anwendungsbeding
ungen ausreichend
beschrieben
Schaden durch
Nichtanwendung,
Fehler der Praxis
Schaden
Fehler der Praxis
vorbildlich
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Prof. Dr. Martin Moog
Gegenseitige Beeinflussung von Wissenschaft und Praxis
Betriebswirtschaftslehre
Unternehmenspraxis
Beispiele:
Buchführung
Unternehmensbewertung
Waldbewertung
Lohnnebenkosten
Beeinflussung besonders durch die
Sozialisation als „BWLer“
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Prof. Dr. Martin Moog
Selektive Wahl der Forschungsfragen
Forscher brauchen Zugang zu den Unternehmen/Verwaltungen
Gestattung des Zugangs nur, wenn Projekt Ziele des Entscheiders
unterstützt
Forscher schlägt nur Fragestellungen vor, von denen er
erwartet, daß ihm der Zugang nicht verwehrt wird.
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Prof. Dr. Martin Moog
Berechtigung des Elfenbeinturmes
Aus dem Turm heraus blickt man weiter
ins Land.
Der Turm schafft Distanz.
Der Elfenbeinturm zwingt dazu, Vorsicht
an den Tag zu legen.
Der Elfenbeinturm bietet Schutz,
(sozial-)kritische Fragen zu stellen.
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Prof. Dr. Martin Moog
Methoden in der Betriebswirtschaftslehre
Lehrstuhl für Forstliche Wirtschaftslehre
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Prof. Dr. Martin Moog
Anforderungen an eine wissenschaftliche Methode
•
•
•
definierte, systematische Vorgehensweise
intersubjektive Nachvollziehbarkeit der Verfahrensschritte
intersubjektive Nachprüfbarkeit der Ergebnisse
Dünnschicht-Chromatographie
Glaskugel
SILVA-Waldwachstumssimulator
Data-Mining
Methoden können auch der Legitimation
von Forschungsergebnissen dienen.
Wer bestimmte Vorgehensweisen wählt,
dessen Ergebnisse werden anerkannt.
„Legitimationsvehikel“ (Frank, U.)
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Prof. Dr. Martin Moog
Hermeneutik = Kunst des Auslegens,
Lehre des nachfühlenden Verstehens
Die empirischen Wissenschaften erklären, die
Hermeneutik versteht.
Definition:
(aus dem Griechischen) [die Kunst des] Interpretierens, Übersetzens, Erklärens und Auslegens, leitet sich
her von Hermes, dem Götterboten, der den Menschen den Götterwillen immer verschlüsselt, also
interpretationsbedürftig gebracht hat.
Anwendungsgebiete:
In erster Linie bei der Auslegung von Texten, Kunstwerken oder Musikstücken. In der Theologie findet die
Hermeneutik in Form der Biblischen Hermeneutik Anwendung, in der Philosophie wird sie universal als
Weltdeutung verstanden und die Rechtshermeneutik dient der Frage nach der Anwendung und
Interpretation von Gesetzestexten. Wissenschaftstheoretisch können Naturwissenschaften (Empirie) und
Hermeneutik (Geisteswissenschaften) einander gegenüberstehen. Naturwissenschaften erklären etwas,
fragen nach Ursachen (erklären z. B. den Tod eines Menschen medizinisch). Geisteswissenschaften
versuchen etwas (im umfassenderen Sinne) zu verstehen (fragen z. B. Was ist der Tod?) In den
Sozialwissenschaften unterscheidet man subjektive und objektive Hermeneutik. Während erstere das
„einfühlende Verstehen“ z. B. in die persönliche Situation eines Menschen bezeichnet (auch Empathie
genannt), ist die objektive Hermeneutik bemüht, die tatsächlichen Beweggründe, Botschaften eines
Handelns oder einer Situation zu verstehen. Dies geschieht unter anderem durch die Interpretation von
Kontextmerkmalen einer Situation oder eines Ereignisses. Die objektive Hermeneutik stellt auch eine
Methode der qualitativen Sozialforschung dar.
Kritik:
Ungeklärt ist die Frage nach der Validität oder Glaubwürdigkeit hermeneutischer Aussagen. Hermeneutik
hat eine heuristische Wissenschaftsfunktion, d.h. es geht Um Wirkungszusammenhänge im Sinne einer
vorwissenschaftlichen Betrachtung. Damit werden unsinnige Erklärungshypothesen von vornherein
ausgeschlossen. Es besteht aber auch das Risiko, dass bestimmte gute Erklärungshypothesen nicht weiter
verfolgt werden.
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Prof. Dr. Martin Moog
Reliabilität
Zuverlässigkeit im Sinne von Freiheit von Meßfehlern, Reproduzierbarkeit
Bei einer Wiederholung des Experiments bzw. der Messung sollte dasselbe
Ergebnis erzielt werden.
Tests:
Stichprobe halbieren – sind die Meßwerte in beiden Hälften gleich?
Mit einem anderen Meßverfahren messen (Paralleltest-Reliabilität)
Übereinstimmung der Beobachter prüfen (Interrater-Reliabilität)
z.B. bei der Einschätzung von Belaubung zur Waldschadensschätzung
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Prof. Dr. Martin Moog
Validität
Wird die Größe gemessen, die zu messen beabsichtigt ist?
Nur dann ist eine Interpretation der Werte sinnvollohne Objektivität keine Reliabilität, ohne Reliabilität keine Validität.
Aber wie kann man Validität messen?
Der Intelligenztest
Konstruktvalidität
Meßdaten, die dasselbe Konstrukt abbilden sollen,
sollten stark miteinander korrelieren.
Meßdaten, die verschiedene Konstrukte abbilden sollen,
sollten nur gering miteinander korrelieren.
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Das Ergebnis ist unabhängig vom Leiter der
Untersuchung, also ist der Test objektiv
Die Messung läßt sich mit ähnlichem Ergebnis
wiederholen, also ist der Test reliabel.
Macht der Intelligenztest eine Aussage über das
Konstrukt Intelligenz? Ist er valide?
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Hermeneutik
Es gehe in der BWL auch um Sinnzusammenhänge,
daher habe die Hermeneutik Bedeutung.
Recht häufig müssen Texte interpretiert werden.
„Verstehen“ kann „Erklären“ nicht ersetzen.
Verstehensprozesse können selbst zum Gegenstand von Forschung werden.
Die Wahrheit hermeneutisch gewonnener Aussagen ist nicht überprüfbar.
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Prof. Dr. Martin Moog
Hermeneutik
Bedeutung für die heuristische Wissenschaftsfunktion
Vorselektion von Hypothesen, keine Prüfung „unsinniger“ Hypothesen
Ökonomisierung des Forschungsprozesses
Renaissance der Hermeneutik unter dem Einfluß des Konstruktivismus
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Prof. Dr. Martin Moog
Hermeneutik
Erklärung 1
Erklärung 2
Nach 6 Monaten Belagerung mußten die
Einwohner der Stadt so erschöpft und
ausgehungert sein, daß sie die Tore
öffnen mußten.
Nach 6 Monaten Belagerung mußten die
Belagerer schließlich abziehen, denn die
Bedrohung ließ die Einwohner der Stadt
alle ihre Kräfte mobilisieren, so daß der
Versuch der Eroberung zum Scheitern
veruteilt sein mußte.
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Prof. Dr. Martin Moog
empirisch-analytisches versus hermeneutisches Paradigma
Empirisch-analytisches-Paradigma
Hermeneutisches Paradigma
Setzt an in der Außenwelt, am
Wahrnehmbaren
Setzt an in der Innenwelt, am Wesen der
Dinge
Erklären
Verstehen
Erkenntnis ist ein a posteriori Unternehmen
Erkenntnis ist ein a priori Unternehmen
analytisch
hollistisch
quantitativ
qualitativ
nomothetische Sätze
idiographische Beschreibung
kausale Erklärung
finale Erklärung
synchrone Betrachtungsweise
diachrome Betrachtungsweise
Wertneutralität
Einbeziehung von Wert- und Zeitfragen
Praxis als Datenlieferant
Enge Verbindung von Theorie und Praxis
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explorative Forschung und Hypothesenentwicklung
Warum haben Kopfschmerzexperten häufiger Migräne?
Kopfschmerzexperten nehmen
weniger Medikamente als sie
selbst ihren Patienten empfehlen.
Gibt es Optiker ohne Brille?
Die eigene Migräne führen die Experten
überwiegend auf körperliche Ursachen
zurück, während sie bei ihren Patienten
überwiegend von psychosomatischen
Ursachen ausgehen.
Haben die Experten wirklich häufiger
Kopfschmerzen? Oder dekorieren sie
sich mit eigenen Erfahrungen?
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PIMS – ein Beispiel für eine explorative Studie ?!
PIMS ist das prototypische Beispiel für die Erfolgsfaktorenforschung
Initiiert wurde das Projekt 1960 als interne Studie von General Electric.
Es sollten die verschiedenen Geschäftseinheiten (SGE) von GE vergleichbar gemacht werden.
Man suchte nach Einflußgrößen, die unabhängig vom Produkt, den wirtschaftlichen Erfolg erklären.
1972 wurde das Projekt an die Harvard Business School übertragen.
1976 wurde es an das American Strategic Planning Institute weitergereicht.
Zwischen 1970 und 1983 nahmen etwas 3000 SGEs aus ca. 200 Unternehmen an den Erhebungen teil.
Kritik
an den Daten
an der Methodik
Rückschluß aus Korrelationen auf kausale Beziehungen
Vernachlässigung von Interdependenzen
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explorative Forschung oder Hypothesentest
Auf der Titanic hatten Briten die geringere
Überlebensrate, obwohl sie ein britisches
Schiff war und die Mannschaft überwiegend
britisch war.
Amerikaner hatten eine höhere
Überlebensrate.
Reisende der 3. Klasse hatten eine geringere
Überlebensrate.
Frauen und Kinder hatten eine überdurchschnittliche Überlebensrate.
Ergebnis eines Projektes, an dem u.a.
Bruno S. Frey beteiligt war.
Ist eine Hypothese
geprüft worden, oder
war es eine explorative
Untersuchung?
Ist der Datensatz
ausgewertet worden, und
man hat darin den
Zusammenhang
„gefunden“, ist der
Datensatz wertlos geworden.
FAZ vom 23.1.2009, S. 7
Briten standen auf der Titanic in der Schlange
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axiomatisch-deduktive Methode
reine Modellanalyse
logische Möglichkeitenanalyse
Es werden Annahmen getroffen, aus denen dann abgeleitet (deduziert) wird.
Was müßte gelten, wenn die Annahmen empirisch gehaltvoll wären?
Vorwurf des Modell-Platonismus – teilweise berechtigt, aber nur teilweise.
heuristisches Potential
anzutreffen vor allem im Bereich der VWL
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der homo oeconomicus – ein Menschenbild?
Der lateinische Begriff wurde wohl zuerst von Vilfredo Pareto (1906)
verwendet.
In der jüngeren Vergangenheit häufige „experimentelle Überprüfung“.
Ist das sinnvoll?
nutzenmaximierend handelnd
stabile Präferenzen
vollständige Information
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Was ist Rationalität?
rationales Handeln?
Was ist Irrationalität?
Was ist rationales Handeln bei Unsicherheit?
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realtheoretische Modellanalyse
Denken in theoretischen Modellen
Modelle haben die Funktion empirisch gehaltvoller Theorien
gehaltvolle Theorien oft aus den Nachbarwissenschaften (wird vielleicht
überschätzt)
Modelle als Anwendung solcher Theorien auf die Fragestellungen der BWL
Beispiel: Modelle des Konsumentenverhaltens
BWL nur als Theorienverwender,
die anderen Disziplinen entwickeln die Theorien
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Das deduktiv-nomologische Erklärungsschema
1. nomologische Hypothese(n)
Explanans
2. Randbedingung(en)
Explanandum
3. Ein aus 1. und 2. ableitbarer Satz
nomologische Hypothese = Gesetzeshypothese
Quelle: Raffee: Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, 1989, S. 18
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Das deduktiv-nomologische Erklärungsschema
Explanans
Explanandum
1. Wenn Unternehmen strategisch planen, sind sie c.p.
erfolgreicher
(Hypothese)
2. Unternehmen A hat eine strategische Planung,
Unternehmen B nicht
(Randbedingung(en)
3. Unternehmen A ist erfolgreicher als Unternehmen B.
Ein aus 1. und 2. ableitbarer Satz
Quelle: Raffee: Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, 1989, S. 18
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Gesetze (nomologische Hypothesen): G1, G2, ..., Gn
Explanans
Anfangsbedingungen:
A1, A2, ..., Ak
logische Ableitung
realer Sachverhalt:
E
Explanandum
Hempel-Popper-Schema wissenschaftlicher
Erklärungen
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Einfluß der deduktiv-nomologischen Methode auf den
Forschungsprozeß
Forschungsprozeß
den zu erklärenden
Sachverhalt
beschreiben
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nach dem Erklärungshintergrund
aus nomologischen Hypothesen
und Randbedingungen suchen.
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prognostische und technologische Nutzung
prognosische Nutzung
technologische Nutzung
Weil die Gesetzmäßigkeit gilt, daß
strategisch planende Unternehmen
erfolgreicher sind, und weil das
Management von A einen
Konkurrenzvorteil vor B erstrebt, führt es
die strategische Planung ein.
Weil die Gesetzmäßigkeit gilt, daß
strategisch planende Unternehmen
erfolgreicher sind, kann vorhergesagt
werden, daß das Unternehmen A
erfolgreicher sein wird als das
Unternehmen B.
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Erklärungsmodell - Entscheidungsmodell
Jedes Erklärungsmodell kann auch als Prognosemodell oder
Entscheidungsmodell verwendet werden.
Unter bestimmten Rahmenbedingungen und Anfangsbedingungen gilt eine
bestimmte Wenn/Dann-Aussage.
Kenne ich die Rahmenbedingungen und will ein bestimmtes Ergebnis
erreichen, dann sagt mir das Modell, wie ich die Anfangsbedingungen setzen
muß (technologische Nutzung als Entscheidungsmodell).
Kenne ich die Rahmenbedingungen und die Anfangsbedingungen, kann ich
das Ergebnis prognostizieren (Prognosemodell)
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Struktur der Erklärung durch ein Modell
Anfangsbedingungen
Wenn/Dann-Aussagen
Explanandum
Randbedingung, unter denen die Wenn/Dann-Aussagen wahr sind
Quelle: nach Patzelt: Einführung in die Politikwissenschaften, 1993
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Strukturidentität von Erklärung, Prognose und Technologie nach dem Hempel/Oppenheim-Schema
Erklärung
Gesetz
Randbedingung
Explanandum
Prognose
gesucht
Technologie
gegeben
gegeben
gegeben
gegeben
gesucht
Welche
Maßnahmen
führen zum Ziel?
gegeben
gesucht
Was wird
passieren?
gegeben
vgl. Wunderer/Grunwald 1980, S. 20 f.
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Kritik an der deduktiv-nomologischen Methode
nur bei Geltung deterministischer Gesetze
aber Ergänzung mit probabilistischen Erklärungen möglich
Das Grundmuster der Erklärung bleibt gleich
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Grenzen der deduktiv-nomologischen Methode
leistungsfähige, empirisch gehaltvolle Hypothesen und Theorien fehlen
gibt keine Begründung für normative Aussagen
Normen und Werte liegen auf einer anderen Ebene
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Modelle als zentrale Elemente der
Betriebswirtschaftslehre
Modelle sind vereinfachte Abbilder der Realität, die charakteristische
Eigenschaften hervorheben.
Forschung
Praxis
Für die Realität wird ein passendes
Modell gesucht, mit den konkreten
Daten wird eine Lösung berechnet.
Wenn möglich, wird die Lösung auf
die Realität übertragen.
Es wird ein Modell (Hypothese,
Theorie) formuliert. Dann wird
geprüft, ob es durch die Realität
widerlegt wird.
Erklärungsmodell
Entscheidungsmodell
Beispiel: Berechnung der optimalen
Bestellmenge
Beispiel: Führungsstile
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Entdeckungszusammenhang, Begründungszusammenhang,
Verwendungszusammenhang
Endeckungszusammenhang
Entstehung der Theorie
Begründungszusammenhang
Aufgabenbereich der
Wissenschaftslogik
Verwendungszusammenhang
Anwendung der Theorie
auf praktische Probleme
Sind je nach dem Zusammenhang (s.o.) unterschiedliche Methoden akzeptabel?
Es wird argumentiert:
Für die Entdeckung von Zusammenhängen ist induktives Vorgehen akzeptabel.
Im Verwendungszusammenhang kommt es nicht so sehr auf die theoretische
Gesichertheit der Theorien an, sondern auf die praktische Bewährung.
Diese Argumentation unterstellt einen anderen Wahrheitsbegriff:
Wahrheit liegt nicht in der Übereinstimmung mit den empirischen Sachverhalten,
sondern im praktischen Nutzen. Diejenigen Instrumente und Problemlösungstechniken
sind wahr, die sich in der Praxis bewähren.
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Wissenschaftskonzeptionen der BWL (Basiskonzepte)
historische Betrachtung
Vergleich von zwei grundsätzlich
verschiedenen Konzeptionen
Orientierung an den
Forschungsprogrammen und Aussagen
führender Köpfe der BWL
Orientierung an der Ökonomie versus
sozialwissenschaftliche Öffnung der
BWL
Betrachtung spezieller Ausformungen
der Konzepte.
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Wissenschaftskonzeptionen in der BWL
•
•
•
•
•
•
•
Schmalenbach (Kunstlehre, Wirtschaftlichkeit)
Rieger („theoretischer“ Standpunkt, Rentabilität)
Nicklisch (ethisch-normativ, Betriebsgemeinschaft)
Gutenberg (Neoklassik)
Ulrich (Systemtheorie)
Heinen (sozialwissenschaftliche Öffnung)
Neuer Institutionalismus
Leitideen können
auch metaphysischen
Charakter haben
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Leitidee
Die Leitidee als Kern der
Wissenschaftskonzeption wird
selten explizit formuliert.
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Ökonomistisches
Basiskonzept
Sozialwissenschaftliches
Basiskonzept
BWL als spezielle, interdisziplinär
geöffnete Sozialwissenschaft
BWL als eigenständige,
autonome
Wirtschaftswissenschaft
Idee der Bedürfnisbefriedigung
Idee der Einkommensorientierung
Sozialwissenschaftliche
Integration
Autonome
Betriebswirtschaftslehre
Grundkonzepte erster Ordnung
Quelle: in Anlehnung an Raffée 1974, S. 79ff.
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Eugen Schmalenbach (1873-1955)
Gilt als der eigentliche Begründer der BWL als akademisches
Lehrfach
Begründer der „Kölner Schule“
1906 Professor an der Handelshochschule Köln, 1919
(durch Angliederung der Handelshochschule)
ordentlicher Professor an der Universität Köln
Wirtschaftlichkeit
1951 Emeritierung, Nachfolger wurde Erich Gutenberg
Werk
Schmalenbach faßt die BWL als Kunstlehre i.S.e.
technologisch orientierten Disziplin auf (praxisorientierte
Disziplin).
Schwerpunkte seiner Forschung: (die dynamische)
Bilanztheorie, Kostenrechnung und Kontenrahmen:
Wirtschaftlichkeitslehre als Leitgedanke
Konnte jedoch anders als z.B. Nicklisch oder Rieger kein in
sich geschlossenes Forschungs- und Lehrsystem
begründen. Später Entw. hin zu „Gemeinwirtschaftlichkeit“.
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Heinrich Nicklisch (1876-1946)
Professor an den Handelshochschulen Leipzig, Mannheim
und Berlin
wichtigster Vertreter der ethisch-normativen Richtung der BWL
von Nicklisch
Entwicklung einer eigenständigen Sozialphilosophie
herausgegeben
und darauf aufbauend einer Lehre von der Betriebsgemeinschaft, deren
praktische Umsetzung den Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit (u.a.
mittels Ertragsbeteiligung der Mitarbeiter) aufheben sollte
„Berliner Schule“
Er sah die BWL als eine Sozialwissenschaft
und vertrat daher eine heute verbreitete Auffassung.
Teilweise erhebliche romantische Verklärung,
daher kein wirklich realwissenschaftlicher Ansatz.
Betriebsgemeinschaft
andere Vertreter der ethisch normativen BWL:
Wilhelm Kalveram,
Nicklisch wird akademische Selbstgefälligkeit
und metaphysisches Pathos nachgesagt (Frank, U.)
Friedrich Schär
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Wilhelm Rieger (1878-1971)
wichtigster Vertreter der theoriebetonten Richtung
1925 Ordentlicher Professor an der Handelshochschule Nürnberg, 1928
Ordinarius für Privatwirtschaftslehre an der Universität Tübingen (galt
zeitweilig als Außenseiter innerhalb der Zunft)
einer seiner Schüler war Ludwig Erhard, der spätere Bundeskanzler und
Wirtschaftsminister
starke Betonung der Erklärungsfunktion der BWL
Werk
Im Mittelpunkt steht das Gewinn- bzw. Rentabilitätsstreben, d.h.
systembildende Grundidee ist das Gewinnprinzip
Das Erkenntnisobjekt der Privatwirtschaftslehre ist der
Geldumwandlungsprozess
BWL als theoretische (erklärende) Wissenschaft
Ablehnung von normativen Aussagen
Rentabilität
Aber eher kein realwissenschaftliches Programm,
daher Gegensatz zwischen „Theorie“ und „Praxis“.
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Methodenstreit
Kontrahenten
erster
Versuch die BWL als Lehre von der
kapitalistischen Privatunternehmung in die
VWL zu integrieren
Moritz Weyermann, Hans
Schönitz versus Eugen
Schmalenbach
zweiter
Schmalenbach stellte die Wirtschaftlichkeit
in den Vordergrund (als Erkenntnisobjekt),
Rieger das Gewinnstreben und den
Geldumwandlungsprozeß
Eugen Schmalenbach
versus Wilhelm Rieger
dritter
Bedeutung des Ertragsgesetzes für die
industrielle Produktion bzw. Verlauf von
Kostenkurven und Zweckmäßigkeit der
mathematisch-deduktiven bzw. der
empirisch-induktiven Methode für die BWL
Erich Gutenberg versus
Mellerowicz
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empirische betriebswirtschaftliche Forschung
empirische
BWL-Forschung
Erhebungen mit
neuer Aussage
„field research“
datenbankgestütztes
„desk research“
Verbesserung
der Methodik
Tertiäranalyse
Befragungen
Entwicklung von
Meßverfahren
Re-Analysen früherer
Untersuchungen
Experimente
Entw. von Erhebungsund Auswertungsverfahren
Meta-Analysen
Dokumentenanalysen
Überprüfung von
verzerrenden Effekten
Gliederung einer Untersuchung von Hauschildt, 2003
Fallstudien
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Auf welchen Gebieten wird empirisch geforscht?
Eine Auswertung deutscher BWL-Zeitschriften der Jahre 1997 bis 2000
brachte das folgende Ergebnis:
32 Prozent der Beiträge besitzen empirischen Charakter
diese gliedern sich wie folgt:
Teildisziplin der BWL
Anteil in %
Marketing
29
Finanz- und Kapitalmarktforschung
25
Organisation und Personal
21
Controlling und Rechnungswesen
12
sonstige
13
Quelle: Hauschildt, 2003, S. 10
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Instrumentalismus
Variante des Skeptizismus
Es kann nicht mit Sicherheit bestimmt werden, was wahr oder richtig ist.
Theorien werden nach dem Erfolg in der Praxis beurteilt.
Nicht der Test der Theorie, sondern der „Modellfit“ ist wichtig
Der methodologische Instrumentalismus ist mit dem
(ontologischen und dem semantischen) Realismus
vereinbar.
Instrumentalisten können also an eine theorie- und subjektunabhängige
Außenwelt glauben und die Korrespondenztheorie der Wahrheit vertreten.
vgl. Lauth & Sareiter, 2005, S. 191
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Relativismus
Ergebnisse empirischer Forschung geben keine Auskunft über Phänomene
und Ereignisse in der realen Welt, denn man kann sie gar nicht unabhängig
von den sozialen Rahmenbedingungen betrachten, durch die sie zu einem
großen Teil determiniert werden.
Die Falsifizierbarkeit ist kein Wahrheitskriterium, sondern nur ein
Unterscheidungskriterium zwischen Wissenschaft und Nichtwissenschaft.
Streben nach Erkenntnisfortschritt wird sinnlos.
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