Diagnose und Therapie von cervikalen intraepithelialen Neoplasien

Werbung
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
Diagnose und Therapie von cervikalen intraepithelialen
Neoplasien (CIN, SIL) und des Adenocarcinoma in situ
(AIS) sowie Vorgangsweise bei zytologischen Befunden
mit eingeschränkter Beurteilbarkeit
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe – OEGGG
Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie der OEGGG – AGO
Österreichische Gesellschaft für Zytologie
Arbeitsgemeinschaft Kolposkopie - AGK
Autoren:
O. Reich (1), L. Hefler (2), S. Regauer (3), F. Girardi (4), A. Reinthaller (5), P. Sevelda
(6), A. Widschwendter (7), H. Wiener (8)
Erstellungsdatum 2015
Freigabe durch die OEGGG: 20.05.2015
Gültigkeitsdauer: 3 Jahre ab Freigabe
1. Universitätsfrauenklinik, Medizinische Universität Graz;
2. Abteilung für Gynäkologie, Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, Linz;
3. Institut für Pathologie, Medizinische Universität Graz;
4. Ordination Baden;
5. Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien;
6. Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Krankenhaus Hietzing, Wien;
7. Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Medizinische Universität Innsbruck;
8. Klinisches Institut für Pathologie, Medizinische Universität Wien
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
1. Einleitung
Die vorliegende Leitlinie beschreibt die derzeit in Österreich empfohlene Abklärung von
auffälligen zytologischen Befunden der Cervix uteri, die Therapie von squamösen (CIN,
SIL), glandulären (AIS) cervikalen intraepithelialen Neoplasien sowie die Vorgangsweise
bei zytologischen Befunden mit eingeschränkter Beurteilbarkeit. Sie soll zu einer
Vereinheitlichung und Standardisierung des Managements führen, eine Unter- oder
Übertherapie sollen verhindert werden. Eine Leitlinien-gerechte Abklärung senkt die
Anzahl an Konisationen und verhindert eine Verzögerung in der Diagnostik.
Der zytologische Abstrich ist ein Screeningtest, der bei einem auffälligen Ergebnis
durch
einen
diagnostischen
Test
(Kolposkopie,
Biopsie/endozervikale
Curettage)
abgeklärt werden muss. Die einfache Wiederholung des zytologischen Abstrichs ohne
Kolposkopie wird nicht empfohlen und stellt keine geeignete Maßnahme zur Abklärung
dar. Es wird ausdrücklich vermerkt, dass in Österreich die Kolposkopie von den
Sozialversicherungen honoriert wird, während die Kosten der HPV-Testung derzeit nur bei
entsprechender Indikation übernommen werden. Aus forensischen Gründen wird geraten,
ein Abweichen von der vorliegenden Leitlinie zu begründen und zu dokumentieren.
Die
verwendete
histologische
Terminologie
entspricht
der
histologischen
Klassifikation der WHO 2014 (Kurman RJ et al. 2014). Die kolposkopische Terminologie
entspricht der Nomenklatur der International Federation of Cervical Pathology and
Colposcopy (IFCPC) Rio de Janeiro 2011 (Borstein J et al. 2012), approbierte
deutschsprachige Version (Girardi F et al. 2012). Die Ergebnisse der Zytologie werden
entsprechend der Leitlinien der Österreichischen Gesellschaft für Zytologie (ÖGZ) zur
Nomenklatur und zervixzytologischen Befundwiedergabe (Version 2010) wiedergegeben.
-2-
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
2. Untersuchungsgang
Zur Erkennung von dysplastischen Veränderungen an der Portio wird folgender
Untersuchungsgang empfohlen.
2.1. Inspektion
2.2. Kolposkopie
Nativ nach Reinigung der Portio, gezielter zytologischer Abstrich. Es ist streng darauf zu
achten, den Abstrich im Bereich der Transformationszone zu entnehmen. Ev. Abnahme
eines Abstrichs zur HPV-Testung, Essigprobe (3%-5% Essigsäure), ev. Schiller’sche
Jodprobe, Dokumentation (schriftlich, Zeichnung, Foto, Video).
2.3. Konventionelle Zytologie
Minimalstandards für die Abnahme der Zervixzytologie:
• gynäkologischer Untersuchungsstuhl
• geeignete Lichtquelle
• geeignetes Speculum zum Einstellen der Portio
• geeignete Abnahmeinstrumente für ekto- und endozervikale
Abstrichentnahme
• Kolposkop (optional)
Abstrich von der Ekto- und Endocervix (Transformationszone) mit geeignetem
Abnahmegerät (Spatel und/oder Bürste), dünnes, gleichmäßiges Ausstreichen, in der
Regel auf einem Objektträger, sofortige Fixierung mit geeignetem Spray oder Einstellen
in 96% Alkohol für mindestens 10 Minuten. Alternativ kann die Dünnschichtzytologie
angewendet werden.
-3-
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
2.4. Gewinnung der Histologie
Gewebsentnahme durch:
•
Knipsbiopsie mit Biopsiezange, unter kolposkopischer Sicht am punctum maximum
der Veränderung (zur Steigerung der Sensitivität der Biopsie können mehrere
Biopsien entnommen werden)
•
Endocervikale Curettage (bei Verdacht auf endocervikalen Prozess)
2.5. HPV-Testung
Eine persistierende Infektion mit humanen Papillomaviren der Hochrisikogruppe (HPVHR) ist eine notwendige Voraussetzung für die Entwicklung des Cervixkarzinoms und
seiner Vorstufen. Zwischen initialer Infektion und invasivem Karzinom wird eine Latenz
von mehreren Jahren angenommen. Daraus ergibt sich, dass ein negativer Test auf HPVHR einen hohen negativen Vorhersagewert hat; das Vorliegen behandlungs-bedürftiger
cervikaler Dysplasien kann über einen längeren Zeitraum weitgehend ausgeschlossen
werden. Eine subtypenspezifische HPV-Typisierung kann zusätzliche prädiktive und
prognostische Informationen liefern. Die Untersuchung nach HPV-Niedrigrisikostämmen
(HPV-LR) liefert keine relevante Information und soll nicht durchgeführt werden.
2.5.1. Methodik der HPV-HR Diagnostik
Weltweit sind eine Vielzahl von Testen für den Nachweis von HPV-HR verfügbar. Da im
Gegensatz zu Europa in den USA HPV-Teste einer standardisierten Qualitätskontrolle
unterliegen, sollten in der klinischen Routine ausschließlich von der Food and Drug
Administration (FDA) anerkennte Teste Anwendung finden. Folgende Teste wurden von
der FDA bisher zugelassen: 2003: Digene Hybrid Capture 2 High-Risk HPV DNA Test;
2009: Cervista™ HPV und HR Cervista™ HPV 16/18; 2011: cobas® HPV Test und
APTIMA® HPV Assay.
-4-
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
2.5.2. Indikationen zur HPV-HR Diagnostik
•
Triage beim Pap III: Für die Abklärung eines PAP III wird in Österreich primär die
histologische Abklärung wie in der Abbildung 1 und Abbildung 2 empfohlen. Ein
international anerkanntes, alternatives Abklärungsschema beinhaltet die Durchführung
der HPV-HR Testung bei Patientinnen mit PAP III. Patientinnen mit PAP III, bei denen
keine HPV-HR Infektion nachgewiesen wird, können in Routine-Intervallen untersucht
werden, Patientinnen mit nachgewiesener HPV-HR Infektion sollen umgehend mittels
Kolposkopie und Biopsie abgeklärt werden.
•
Nachsorge nach Therapie von CIN (SIL): Prospektive Observationsstudien haben
gezeigt, dass der HPV-HR Nachweis am sensitivsten residuelle oder rezidivierende CIN
anzeigt. Randomisierte Studien liegen hierfür nicht vor. Der HPV-HR Test kann 6 Monate
nach Therapie durchgeführt werden. Bei positivem Testergebnis und unauffälliger
Zytologie, Histologie und Kolposkopie empfiehlt sich ein neuerlicher Test 12 Monate nach
der Erstbehandlung. Frauen mit negativem HPV-HR Test können in jährlichen Intervallen
weiter kontrolliert werden.
3. Management auffälliger zytologischer Befunde
3.1. Management von Patientinnen mit PAP III
Siehe Abbildung 1 und Abbildung 2
3.2. Management von Patientinnen mit PAP IIIG
Siehe Abbildung 3
Anmerkung: Bei PAP IIIG und HR-HPV Positivität soll bei negativer Histologie frühzeitig
eine Indikation zur diagnostischen Konisation gestellt werden.
-5-
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
3.3. Management von Patientinnen mit PAP IIID
Siehe Abbildung 4
3.4. Management von Patientinnen mit PAP IV
Siehe Abbildung 5
3.5. Management von Patientinnen mit PAP V
Siehe Abbildung 6
4. Vorgangsweise bei histologisch verifizierter CIN I (LSIL), CIN II, CIN III
(HSIL), AIS
Siehe Abbildung 7
4.1. Resektion
Indikationen:
•
persistierende CIN I (LSIL)
•
CIN II, CIN III (HSIL), rezidivierende pathologische Zytologie ohne
histologisches Korrelat
•
Verdacht auf Frühinvasion
•
Verdacht auf Adenocarcinoma in situ (AIS)
Technik:
•
Konisation mittels Hochfrequenz-Schlinge (Schlingenkonisation, LEEP, Loop-excision,
Loop cone-biopsy; LLETZ) oder wenn indiziert mittels Skalpell (Messerkonisation). Bei
noch nicht abgeschlossener Familienplanung ist die Schlingenkonisation zu bevorzugen.
-6-
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
4.2. Oberflächendestruktion
mögliche Indikationen:
•
LSIL (Condylome, CIN I)
Voraussetzungen:
•
ektocervikal gelegen
•
vollständig einsehbar
•
nach vorangegangener Biopsie
•
kolposkopische und zytologische Kontrolle in 6 Monaten gesichert
4.3. Weiteres Vorgehen nach Konisation
·
CIN (SIL) im Gesunden entfernt
Gynäkologische Kontrollen (Kolposkopie, Zytologie) in Routineintervallen.
Der HPV-HR Test kann 6 Monate nach Therapie durchgeführt werden. Bei positivem
Testergebnis und unauffälliger Zytologie, Histologie und Kolposkopie empfiehlt sich eine
neuerliche HPV-HR Testung 12 Monate nach der Erstbehandlung. Frauen mit negativem
HPV-HR Test können in jährlichen Intervallen weiter kontrolliert werden.
·
CIN (SIL) nicht im Gesunden (non in sano) entfernt
Siehe Abbildung 8 und 9
·
AIS
Für das weitere Vorgehen nach Konisation eines AIS ist die vollständige Entfernung der
Läsion von besonderer Bedeutung. Dabei ist die histopathologische Bestätigung der
vollständigen Entfernung des AIS schwieriger als bei CIN (SIL). Bei Resektion im
Gesunden und Wunsch nach Organerhalt soll eine Nachkontrolle mittels Kolposkopie,
Zytologie und HPV-HR Test in 6 und 12 Monaten erfolgen. Bei nicht oder nicht sicher im
-7-
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
Gesunden entferntem AIS und Wunsch nach Organerhalt muss in jedem Fall eine
Nachresektion (Rekonisation) durchgeführt werden. In beiden Fällen (Resektion im
Gesunden und nicht im Gesunden) kann, wenn indiziert, sekundär eine Hysterektomie
erfolgen.
•
HPV-Impfung Es gibt Hinweise in der Literatur, dass die Durchführung einer HPVImpfung auch nach einer Konisation sinnvoll ist.
5. CIN (SIL) und AIS in der Schwangerschaft
5.1. Diagnose
•
Kolposkopie
•
Zytologie
•
histologische Abklärung bei Verdacht auf Invasion
In der Schwangerschaft kann eine Biopsie ohne Gefahr durchgeführt werden und sollte
bei unklarem kolposkopischen Befund eingesetzt werden. Die Durchführung einer
endozervikalen Curettage ist in der Schwangerschaft kontraindiziert.
5.2. Therapie
Eine chirurgische Therapie in der Schwangerschaft bleibt Einzelfällen vorbehalten und
sollte nur bei hochgradigem Verdacht auf Invasion in spezialisierten Zentren durchgeführt
werden. In der Regel sollte eine Neu-Evaluierung der Patientin 6-8 Wochen post partum
durchgeführt werden, siehe die entsprechenden Abbildungen.
-8-
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
6. Nomenklatur und zytologische Befundwiedergabe
6.1. Beurteilung der Abstrichqualität
Die beurteilten Abstriche sind einer der folgenden drei Gruppen zuzuordnen. Die Kriterien
für eine eingeschränkte Qualität werden in Anlehnung an die entsprechenden Kriterien
des Bethesda-Systems wie folgend definiert:
A) Qualität: „Gut beurteilbar und repräsentativ“
B) Qualität „eingeschränkt, aufgrund von…“:
Repräsentivitätsmängel
•
Keine oder zu wenige Zylinderepithelzellen und/oder Metaplasiezellen (unabhängig vom
Lebensalter der Frau) bei Patientinnen mit Portio. Die Zellzahl kann entsprechend der
klinischen Ausgangssituation (Schwangerschaft, Hormontherapie, Alter etc.) variieren.
•
Zellarmer Abstrich (geschätzt 5000 bis 8000 gut erhaltene und gut sichtbare
Plattenepithelzellen).
Reduzierter Beurteilbarkeit: (Methodik und technische Verarbeitung, etc.):
Fehlen wesentlicher klinischer Informationen, siehe II/1
•
Schlechte Fixierung
•
Leichte bis mäßige Zellschädigung durch Ausstreichartefakte (Quetschartefakte)
•
Überdeckung von 50-75% der epithelialen Zellkomponente durch Blut,
Entzündungszellen, dicke Zelllagen, Kontamination.
C) Qualität: „Nicht beurteilbar“ (Pap 0)
1. nicht bearbeitet wegen technisch- administrativer Mängel
2. bearbeitet, aber nicht auswertbar wegen…
-9-
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
Ad A) Qualität: „Gut beurteilbar und repräsentativ“ (alle aufgezählten Kriterien
müssen erfüllt sein)
• Entsprechende Abstrich-Kennzeichnung zur Identifikation
• Ausreichende klinische Information
• Repräsentativitätskriterien, Kriterien der Methodik und technischen Verarbeitung:
o Zylinderepithelzellen und/oder Metaplasiezellen bei Patientinnen mit Portio.
Minimum: zumindest 10 gut erhaltene endozervikale Zellen oder metaplastische
Plattenepithelzellen (PEZ) einzeln oder in Verbänden.
o Entsprechende Zahl (geschätzt 8.000 bis 12.000) an gut erhaltenen und gut
sichtbaren Plattenepithelzellen (Testbilder zum Abschätzen der Zellzahl siehe The
Bethesda System 2004).
Anmerkung: Den Zellgehalt der bestrichenen Fläche des Objektträgers zu bestimmen ist
nicht mehr adäquat.
Ad B) Qualität „eingeschränkt, aufgrund von…“: (zumindest eines der folgenden
Kriterien liegt vor)
• Repräsentativitätsmängel:
o Keine oder zu wenige Zylinderepithelzellen und/oder Metaplasiezellen
(unabhängig vom Lebensalter der Frau!) bei Patientinnen mit Portio. Die Zellzahl kann
entsprechend der klinischen Ausgangssituation (Schwangerschaft, Hormontherapie, Alter
etc.) variieren.
Zellarmer Abstrich (geschätzt 5000 bis 8000 gut erhaltene und gut sichtbare
Plattenepithelzellen).
• Reduzierter Beurteilbarkeit: (Methodik und technische Verarbeitung, etc.):
o Fehlen wesentlicher klinischer Informationen, siehe II/1
o Schlechte Fixierung
- 10 -
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
o Leichte bis mäßige Zellschädigung durch Ausstreichartefakte
(Quetschartefakte)
o Überdeckung von 50-75% der epithelialen Zellkomponente durch Blut,
Entzündungszellen, dicke Zelllagen, Kontamination.
Ad C) Qualität: „Nicht beurteilbar“ (Pap 0) (eines der folgenden Kriterien liegt vor)
c 1.) Identifikation des Abstrichpräparates oder Zuordnung zu einer Anweisung nicht
möglich.
Zerbrochenes oder nicht vorhandenes (nicht eingelangtes) Abstrichpräparat
c 2.) Repräsentativitätskriterien, Kriterien der Methodik und technischen Verarbeitung:
o Nicht ausreichende plattenepitheliale Zellkomponente (weniger als geschätzte
5000 PEZ)
o zu schlechte oder keine Fixierung; Lufttrocknungsartefakte
o Überdeckung von mehr als 75 % der epithelialen Zellkomponente durch: Blut,
Entzündung, dicke Zelllagen, Kontamination
o Ausgeprägte Zellschädigung durch Ausstreichartefakte (Quetschartefakte)
o Fehlen von Zylinderepithelzellen und Metaplasiezellen in Kombination mit
weiteren Parametern einer eingeschränkten Aussagekraft wie unter b) angeführt.
Anmerkung: Angaben zur Repräsentativität sind bei allen Fällen mit PAP II
durchzuführen. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein (entgegen den ursprünglichen
Angaben der Bethesda-Leitlinien), bei Fällen mit PAP III oder PAP IIID Angaben zur
eingeschränkten Repräsentativität/ Beurteilbarkeit zu machen. In Fällen, bei denen nicht
zweifelsfrei zwischen PAP 0 und PAP III entschieden werden kann, soll „PAP 0, Material
ungeeignet für Diagnose“ verwendet werden.
- 11 -
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
6.2. Ergebnisnomenklatur
Grundlage für die Erstellung eines zytologischen Befundes ist die Anwendung einer
verbindlichen Nomenklatur und Klassifikation auf nationaler und internationaler Ebene
(Tab. 1).
Soweit wie möglich soll eine Korrelation zur Bethesda – Klassifikation hergestellt werden.
Für ÖGZ-Nomenklatur und ihr Äquivalent zur Bethesda-Nomenklatur siehe
nachstehendes Befundschema. Abweichungen zur Bethesda-Klassifikation bestehen bei
HPV-assoziierten Veränderungen ohne Dysplasiezeichen und bei PAP IIID, mäßige
Dysplasie.
Empfehlungen/Kommentare können optional gegeben werden, müssen aber bei
Abstrichen der Gruppen PAP III bis V mit den „Leitlinien der ÖGGG für die Diagnose und
Therapie von CIN der Cervix uteri“ (in der letztgültigen Version) übereinstimmen.
- 12 -
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
Tab. 1
PAP-Gruppe
0
I*
II*
III
IIID
Befundwiedergabe Zervixzytologie
PAP Klassifikation ÖGZ 2005
Äquivalent im Bethesda System
2001
Nicht beurteilbar
unsatisfactory for evaluation
a.) nicht bearbeitet wegen
specimen rejected / not processed
technisch/administrativer Mängel (specify reason), specimen processed
b.) bearbeitet – aber nicht
and examined, but unsatisfactory for
auswertbar wegen……
evaluation of epithelial abnormality
because of (specify reason)
Normales, altersentsprechendes
Zellbild in repräsentativen
Abstrichen; leichte Entzündung
ohne Epithelalteration;
Metaplasie
Entzündliche, regenerative,
metaplastische oder degenerative
Veränderungen; normale
Endometriumzellen (Angabe
postmenopausal obligatorisch).
Hyper- und Parakeratose;
HPV-assoziierte Veränderungen
ohne auffällige
Kernveränderungen;
atrophisches Zellbild mit
Autolyse.
Stärker ausgeprägte entzündliche
und/oder degenerative und/oder
atrophe Veränderungen mit nicht
sicher beurteilbarer Dignität (CIN
oder invasives Karzinom nicht
auszuschließen).
Zellen einer leichten bis mäßigen
Dysplasie (CIN 1 - 2).
negative for intraepithelial lesion or
malignancy / other; LSIL (only HPV)
ASC-US; ASC-H
LSIL, wenn überwiegend leichte
Dysplasie; HSIL, wenn überwiegend
mäßige Dysplasie
atypical glandular (NOS) cells;
atypical endocervical or glandular
cells, favor neoplastic
IIIG
Auffällige glanduläre Zellen der
Endozervix oder des
Endometriums (Verdacht auf
proliferative oder neoplastische
Veränderungen).
IV
Zellen einer mäßigen bis
schweren Dysplasie oder eines
Plattenepithel- oder
Adenocarcinoma in situ (CIN 2 -3,
AIS). Kein fassbarer
Anhaltspunkt für Invasion.
HSIL (without or with features
suspicious for invasion); endocervical
adenocarcinoma in situ (AIS)
V
Zellen eines vermutlich invasiven
Plattenepithel- oder
Adenokarzinoms der Zervix oder
anderer maligner Tumoren.
squamous cell carcinoma;
adenocarcinoma (endocervical,
endometrial, extrauterine, NOS);
other malignant neoplasms
* Die Gruppen PAP I und II können in eine Gruppe (PAP II) zusammengefasst werden bei
Verzicht auf die Verwendung einer Gruppe PAP I.
- 13 -
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
6.3 Vorgangsweise bei zytologischen Befunden ohne Zellen der
Transformationszone
Die ASCCP (American Society for Colposcopy and Cervical Pathology) hat 2002 als
Reaktion auf die neue Bethesda Terminologie Leitlinien für den Umgang mit
eingeschränkt beurteilbaren PAP Abstrichen publiziert. Das Expertenteam der OEGGG,
AGK und der ÖGZ hat diese Empfehlungen für Österreich adaptiert:
Neben der Patientenidentifikation (Name, Vorname, Sozialversicherungsnummer) sind
die folgenden Angaben für die zytologische Bearbeitung wesentliche Voraussetzungen:
• Materialabnahme von
− Zervix,
− Scheidenblindsack,
− sonstigem.
• Anamnese:
−
−
−
−
−
−
−
−
letzte Menstruation,
Blutungsanamnese,
ev. Gravidität,
Menopausestatus,
Hormon(ersatz)therapie (lokal/systemisch),
IUD
irreguläre Blutungen,
frühere gynäkologische Operationen (Konisation, Curettage,
Hysterektomie, – benigne/maligne –, etc.),
− St. p. Strahlentherapie
• Klinischer Befund:
−
−
−
−
Entzündung
Polypus cervicis
Atrophie
andere
• Pathologische zervixzytologische Vorbefunde
• Kolposkopie
- 14 -
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
Bei nicht beurteilbarem PAP Abstrich (PAP 0) wird die Wiederholung des zytologischen
Abstriches sobald wie möglich, spätestens jedoch nach 3 Monaten empfohlen. Bei
neuerlichem PAP 0 werden Kolposkopie und ev. Biopsie empfohlen. Die Kommunikation
mit dem befundenden Zytologen kann über die gemeinsam vermutete Ursache des PAP 0
Aufschlüsse bringen.
Ursache eines beurteilbaren zervixzytologischen Abstriches mit Einschränkungen der
Repräsentativität sind häufig das Fehlen von Zellen der TZ (Zylinderepithelzellen,
Metaplasiezellen / Reservezellen) und/oder zu wenige Plattenepithelzellen. Obwohl sich
die genaue topographische Herkunft von Zylinderepithelzellen bzw. Metaplasiezellen im
Routineabstrich schwer belegen lässt, bleibt der Nachweis von Zylinderepithelzellen
und/oder Metaplasiezellen nach wie vor das wesentliche Kriterium für einen
repräsentativen Abstrich aus dem Bereich der TZ.
Andere Ursachen für beurteilbare zervixzytologische Abstriche mit anderen
Einschränkungen als Repräsentativität sind z.B. Zytolyse, Blutbeimengung, Entzündung,
Degeneration, Quetschungsartefakte, Zellüberlagerung, Lufttrocknungsartefakte,
schlechte Fixation, Atrophie, etc. Diese können oft in einer Erörterung gemeinsam mit
dem Zytologen geklärt werden.
Beim PAP-Abstrich mit Einschränkungen der Repräsentativität und/oder mit anderen
Einschränkungen wird bei bekannten unauffälligen zytologischen Abstrichen in der
Anamnese eine Kontrolle in 12 Monaten empfohlen. Eine gesonderte Information der
Patientin bedarf es nicht.
Eine Kontrolle in 6 Monaten unter kolposkopischer Sicht wird bei folgenden
anamnestischen Befunden empfohlen:
• PAP III oder mehr in den letzten 3 Jahren
- 15 -
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
• HPV „high risk“ positiv in den letzten 12 Monaten
• Portio nicht einstellbar
• Abnahme aus der Endozervix technisch nicht möglich
• Immunsuppression
• wiederholte eingeschränkte Beurteilbarkeit.
Im Wissen einer fehlenden Repräsentativität des vorherigen Abstrichs können bei der
Wiederholung eines zytologischen Abstrichs zu einem hohen Prozentsatz (geeignetes
Abstrichinstrument!) Zellen der TZ abgestrichen werden. Sollten bei der Wiederholung
des zytologischen Abstrichs neuerlich Zellen der TZ am Abstrich fehlen kann die
Durchführung eines HPV-HR Tests im Management betroffener Patientinnen helfen. Bei
einem negativen HPV-HR Test kann das Vorliegen von zervikalen Läsionen mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Bei Nachweis einer HPV-HR Infektion kann
eine histologische Abklärung erwogen werden. Dies betrifft ca. < 0.5% aller Patientinnen
mit PAP II und eingeschränkter Repräsentativität.
In der Schwangerschaft sollte in diesen Fällen (bei unauffälliger Klinik) die Kontrolle post
partum erfolgen.
Ein Abweichen von den Empfehlungen ist möglich, sollte jedoch mit einer entsprechenden
Begründung in der Kartei / Krankengeschichte festgehalten werden.
- 16 -
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
Literatur
Arbyn M, Anttila A, Jordan J, et al.: European Guidelines for Quality Assurance in Cervical
Cancer Screening. Luxembourg: Office of Official Publ EU, 2008
Bar-Am A, Gamzu R, Levin I, et al.: Follow-up by combined cytology and human
papillomavirus testing for patients post-cone biopsy: results of a long term follow-up.
Gynecol Oncol 2003;91:149-53
Bornstein J, Bentley J, Bösze P, et al.: 2011 colposcopic terminology of the International
Federation for Cervical Pathology and Colposcopy. Obstet Gynecol. 2012;120:166-72
Böhmer G, van den Brule AJ, Brummer O, et al.: No confirmed case of human
papillomavirus DNA negative cervical intraepithelial neoplasia grade III (CIN III) or
invasive primary cancer of the uterine cervix among 511 patients. Am J Obstet Gynecol
2003;189:118-20
Bosch FX, Lorincz A, Munoz N, et al.: The causal relation between human papillomavirus
and cervical cancer. J Clin Pathol 2002,55:244-65
Girardi F, Frey Tirri B, Küppers V, et al.: Neue kolposkopische IFCPC-Nomenklatur der
Cervix uteri (Rio de Janeiro 2011), Approbierte Darstellung und Erläuterung für
Deutschland, Österreich und die deutschsprachige Schweiz. Frauenarzt 2012;53:1064-6
Herbert A, Bergeron C, Wiener H, et al.: European guidelines for quality assurance in
cervical cancer screening: recommendations for cervical cytology terminology.
Cytopathology 2007;18:213-9
Houfflin-Debarge V, Collinet P, Vinatier D, et al.: Value of papillomavirus testing after
conization by loop electrosurgical excision for high-grade squamous intraepithelial
lesions. Gynecol Oncol 2003;90:587-92
Kurman RJ, Carcangiu ML, Herrington S, et al.: WHO Classification of Tumours of Female
Reproductive Organs. IARC press, Lyon, 2014
Massad LS, Einstein MH, Huh WK, et al.: 2012 updated consensus guidelines for the
management of abnormal cervical cancer screening tests and cancer precursors. Obstet
Gynecol 2013;121:829–46
Parker MF, Zahn CM, Vogel KM, et al.: Discrepancy in the interpretation of cervical
histology by gynecologic pathologists. Obstet Gynecol 2002; 100:277-80
Petry KU, Menton S, Menton M, et al. Inclusion of HPV testing in routine cervical cancer
screening for women above 29 years in Germany: results from 8466 patients. Br J
Cancer 2003;88:1570-7
Quaas J, Reich O, Frey Tirri B, et al.: Explanation and use of the Colposcopy Terminology
of the IFCPC (International Federation for Cervical Pathology and Colposcopy) Rio 2011.
Geburtshilfe Frauenheilkd 2013;73:904-7
Reich O, Lahousen M, Pickel H, et al. Cervical intraepithelial neoplasia III: long-term
follow-up after cold-knife conization with involved margins. Obstet Gynecol 2002;99:1936
- 17 -
Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
Reich O, Pickel H, Lahousen M, et al. Cervical intraepithelial neoplasia III: long-term
outcome after cold-knife conization with clear margins. Obstet Gynecol 2001;97:428-30
Stoler MH, Schiffman M.: Interobserver reproducibility of cervical cytologic and histologic
interpretations: realistic estimates from the ASCUS-LSIL Trial Study. JAMA
2001;285:1500-5
Schneider A, Hoyer H, Lotz B, et al.: Screening for high-grade cervical intraepithelial
neoplasia and cancer by testing for high-risk HPV, routine cytology or colposcopy. Int J
Cancer 2000;89:529-34
Solomon D, Schiffman M, Tarone R: Comparision of three management strategies for
patients with atypical squamous cells of undetermined significance: baseline results from
a randomized trial. J Natl Cancer Inst 2001;93:293-9
Walboomers JM, Jacobs MV, Manos MM, et al.: Human papillomavirus is a necessary
cause of invasive cervical cancer worldwide. J Pathol 1999; 189:12-9
Wright TC Jr, Cox JT, Massad LS, et al.: ASCCP-Sponsored Consensus Conference 2001
Consensus Guidelines for the management of women with cervical cytological
abnormalities. JAMA 2002;287:2120-9
Zielinski GD, Rozendaal L, Voorhorst FJ, et al.: HPV testing can reduce the number of
follow-up visits in women treated for cervical intraepithelial neoplasia grade 3. Gynecol
Oncol 2003;91:67-73
Zauna RE, Sienko A, Lightfoot S, et al.: Cervical smear interpretations in women with
histologic diagnosis of severe dysplasia: factors associated with discrepant
interpretations. Cancer 2002;96:218-24
- 18 -
Herunterladen