Bericht zum Beschluss Raumordnung und Klimawandel

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Bericht zum Beschluss Klimawandel
Bericht des Hauptausschusses der Ministerkonferenz für Raumordnung
(MKRO)
„Handlungskonzept der Raumordnung zu Vermeidungs-, Minderungs- und
Anpassungsstrategien in Hinblick auf die räumlichen Konsequenzen des
Klimawandels“
1. Einleitung
2. Vermeidungs- und Minderungsstrategien der Raumordnung (Beitrag zum Klimaschutz)
2.1. Handlungsfeld: Energiesparende und verkehrsvermeidende, integrierte Siedlungsund Verkehrsflächenentwicklung
2.2. Handlungsfeld: Räumliche Vorsorge für eine klimaverträgliche Energieversorgung
3. Anpassungsstrategien der Raumordnung (Beitrag zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels) - Risikovorsorge vor Extremereignissen sowie Anpassung an den Landschaftswandel und die mögliche Einschränkungen der Nutzbarkeit natürlicher Ressourcen
3.1. Handlungsfeld: Vorbeugender Hochwasserschutz in Flussgebieten
3.2. Handlungsfeld: Küstenschutz
3.3. Handlungsfeld: Schutz der Berggebiete (insbesondere Alpenraum)
3.4. Handlungsfeld: Schutz vor Hitzefolgen in Siedlungsbereichen (bioklimatische Belastungsgebiete)
3.5. Handlungsfeld: Regionale Wasserknappheiten
3.6. Handlungsfeld: Veränderungen im Tourismusverhalten
3.7. Handlungsfeld: Verschiebung der Lebensräume von Tieren und Pflanzen
4. Anforderungen an die Umweltprüfung
5. Fazit
6. Literatur
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1. Einleitung
Der Klimaschutz zählt unbestritten zu den großen Herausforderungen unserer heutigen
Gesellschaft. Die Auswirkungen des Klimawandels treffen viele Bereiche, ziehen
Veränderungen im Mobilitätsverhalten, bei der Energieerzeugung, in der Siedlungstätigkeit,
in Land- und Forstwirtschaft, beim Hochwasserschutz, im Verhalten von Touristen etc. nach
sich. Neue und veränderte Nutzungsansprüche an den Raum werden auftreten, die vorhandene Ver- und Entsorgungsinfrastruktur neuen Anforderungen und Rahmenbedingungen wie
Extremwetterereignissen gegenüberstehen. Landschaftsbilder werden sich schneller und
nachdrücklicher wandeln. Diese vielfältigen, komplexen und miteinander verknüpften Prozesse können nicht losgelöst von der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung und der
damit verbundenen Sicherung der Daseinsvorsorge betrachtet werden, was mit großer
Wahrscheinlichkeit mit Nutzungskonflikten auf der räumlichen Ebene einhergehen wird und
deshalb bereits jetzt strategische und integrative Planungs- und Entwicklungsansätze erfordert.
Vielfältige Aktivitäten auf unterschiedlichen Ebenen und in unterschiedlichen Bereichen sind
zu verzeichnen. Unter anderem hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften bereits 2007 ein Grünbuch zur „Anpassung an den Klimawandel in Europa – Optionen und
Maßnahmen der EU“ vorgelegt. Das Bundeskabinett verabschiedete am 17. Dezember 2008
die „Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel“. Die Strategie fasst den aktuellen
Kenntnisstand zu den zu erwartenden Klimaveränderungen und den damit verbundenen
möglichen Auswirkungen zusammen. Verschiedene Ministerkonferenzen, wie z. B. Umwelt,
Bau- oder auch Verkehrsministerkonferenz greifen, neben der Ministerkonferenz für Raumordnung, das Thema auf und formulieren ihren Beitrag zu Vermeidungs- und Anpassungsstrategien.
Die Grundsätze der Raumordnung des neuen ROG fordern ein, dass „den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes Rechnung zu tragen ist, sowohl durch Maßnahmen, die dem
Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dabei sind die räumlichen Voraussetzungen für den Ausbau der erneuerbaren
Energien, für eine sparsame Energienutzung sowie für den Erhalt und die Entwicklung natürlicher Senken für klimaschädliche Stoffe und für die Einlagerung dieser Stoffe zu schaffen“ (§
2 Abs. 2 Nr. 6 ROG).
Die 35. Ministerkonferenz für Raumordnung hat am 29.04.2008 in Stuttgart ein „Eckpunktepapier zu den Räumlichen Konsequenzen des Klimawandels“ angenommen und beschlos-
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sen, dieses im Hinblick auf raumordnerisch beeinflussbare Vermeidungs- und Minderungssowie Anpassungsstrategien umsetzungsorientiert zu vertiefen und daraus ein Handlungskonzept zu entwickeln. Das Eckpunktepapier befasst sich
−
sowohl mit dem Klimaschutz, also den Möglichkeiten zur Minderung des Energieverbrauchs, der Erhöhung der Energieeffizienz und der Reduzierung des CO2-Ausstoßes
−
als auch mit den Möglichkeiten zur Umsetzung von Anpassungsstrategien, die eine
Bewältigung der Folgen des Klimawandels befördern, wie Risikovorsorge durch die Anpassung an die Zunahme der Intensität und Häufigkeit von Extremwetterlagen sowie Anpassung an den Landschaftswandel und mögliche Einschränkungen der Nutzbarkeit natürlicher Ressourcen.
Auch wenn insbesondere auf regionaler Ebene die Projektionen zur künftigen Klimaentwicklung und deren Auswirkungen noch mit Unsicherheiten behaftet sind, so kann doch grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass sich die Temperatur erhöht, sich Niederschlagsund Windverteilung verändern, sich Dürre- und Hitzeperioden häufen, Gletscher abschmelzen, Überschwemmungen zunehmen. Die Betroffenheit in Deutschland wird regional verschieden sein, es wird jedoch keine Region geben, die unbetroffen bleibt. Dies verdeutlicht
die Abbildung 1 zur prognostizierten Entwicklung einiger ausgewählter Parameter.
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Abb. 1 Modellergebnisse regionaler Klimaszenarien
1961-1990
2011-2040
2041-2070
2071-2100
Zahl der Hitzetage
Zahl der Frosttage
Zahl der Tage mit mehr als 30 mm Niederschlag
Quelle: tu Dortmund „Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel“ Zweiter Zwischenbericht 2008 S. 217
(MORO-Vorstudie im Auftrag des BMVBS/BBSR)
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Raumordnerische Forschung befasst sich zurzeit intensiv mit der Thematik. So wird z. B.
durch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) im Auftrag der MKRO im
Rahmen eines Forschungsvorhabens für Deutschland eine räumliche Typisierung von Klimaänderungen und –folgen vorgenommen, regionsspezifische Schutz-, Minderungs- und
Anpassungsstrategien für die Regionalplanung formuliert und diese im Rahmen eines Modellvorhabens in ausgewählten Regionen erprobt. Erkenntnisse hieraus sowie z. B. aus den
Aktivitäten des Beirates für Raumordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung oder auch aus denen des Arbeitskreises „Klimawandel und Raumplanung“
der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) werden im Folgenden mit berücksichtigt.
Das vorliegende Handlungskonzept zu Vermeidungs- und Minderungs- sowie Anpassungsstrategien zeigt in Konkretisierung des o. g. Eckpunktepapiers die entsprechenden Handlungsfelder der Raumordnung auf Landes- und Regionalplanungsebene mit ihren Handlungsschwerpunkten auf, stellt die Handlungserfordernisse und -notwendigkeiten in diesen
dar und schlägt die jeweiligen raumordnerischen Instrumente vor, die zum Einsatz kommen
können. Dabei kann grundsätzlich auf die gesamte Bandbreite des raumordnerischen Instrumentariums zurückgegriffen werden:
−
Formelle Landes- bzw. Regionalpläne, einschließlich der durchzuführenden Umweltprüfung, mit ihren Festlegungen z. B. zum Siedlungs- und Verkehrsbereich, zu Flächen zur
Sicherung und Gewinnung regenerativer Energien, zur Risikovorsorge (z.B. Hochwasser), zum Küstenzonenmanagement. Die Festlegungen erfolgen in Form von Zielen und
Grundsätzen der Raumordnung, entweder in textlicher Form oder in zeichnerischer, z.B.
als Vorrang- bzw. Vorbehaltsgebiete zu bestimmten Nutzungsansprüchen. Wesentliche
relevante Aussagen aus den Fachplanungsbereichen (wie z. B. Hoch- und Grundwasserschutz, Land- und Forstwirtschaft) sind, im Ergebnis der Koordinierungs- und Abstimmungsaufgabe der Raumordnung, hierin aufgegriffen.
−
Stärkere Berücksichtigung von Aspekten des Klimaschutzes und -wandels im Rahmen
staatlicher Verfahren wie Raumordnungsverfahren (zu großen raumrelevanten Einzelvorhaben) oder auch landesplanerischer Stellungnahmen (zu Bauleitplanungen).
−
Aufgreifen der Thematik im Rahmen der so genannten informellen raumordnerischen
Instrumente nach § 13 ROG, also z. B. in regionalen Entwicklungskonzepten, bei der
Mitwirkung an integrierten Verkehrskonzepten oder auch regionalen Klimakonzepten, in
regionalen Foren oder Aktionsprogrammen unter Einbeziehung der wesentlichen regionalen Akteure und Netzwerke. Hierdurch kann auch ein Beitrag zur Bewusstseinsbildung
der Entscheidungsträger vor Ort geleistet werden. Durch die Mitwirkung in Modellvorha-
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ben (der EU, des Bundes) können bestimmte Vorgehensweisen und Prozesse (wie RiskGovernance-Prozesse) auf regionaler Ebene erprobt und ggf. eingeführt werden.
−
Nicht zuletzt werden Aspekte von Klimaschutz und –wandel zum Gegenstand der laufenden Raumbeobachtung, des Monitorings im Rahmen der Umweltprüfung und der Erfolgskontrolle von Raumordnungsplänen werden.
Wie jedoch die im Folgenden i. R. d. einzelnen Handlungsfelder und -schwerpunkte dargestellten Instrumente im konkreten Einzelfall auf landes- bzw. regionaler Ebene genutzt werden, hängt von der vorzufindenden spezifischen Situation und Betroffenheit ab. Das Handlungskonzept ist also nicht gleichzusetzen mit einer allgemein gültigen Handlungsanweisung,
sondern als ein Bündel von Inhalten und Instrumenten zu verstehen, das der konkreten Anwendung und Ausgestaltung vor Ort bedarf.
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2. Vermeidungs- und Minderungsstrategien der Raumordnung (Beitrag zum
Klimaschutz)
2007 einigten sich die 27 EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel darauf, bis 2020 (gegenüber 1990) den Ausstoß von Treibhausgasen um ein Fünftel zu senken. Auch der Anteil
von 20 Prozent erneuerbarer Energien aus Biomasse, Wasser, Sonne und Wind wurde verbindlich festgeschrieben, ebenso wie die Steigerung der Energieeffizienz um 20%.
Die Bundesregierung hat im August 2007 in Meseberg Eckpunkte für ein Integriertes Energie- und Klimaprogramm vorgelegt, die in einem Bericht im Dezember 2007 zur Umsetzung
vorbereitet wurden. Mit diesem Umsetzungspaket wird Deutschland dem Ziel, bis zum Jahr
2020 den Ausstoß von Treibhausgasemissionen gegenüber dem Basisjahr 1990 um 40 Prozent zu reduzieren, sehr nahe kommen.
Der wesentlichste Faktor für einen erfolgreichen Klimaschutz sind Einsparmaßnahmen bei
der Erzeugung und Nutzung von Energie (Strom, Wärme, Verkehr).
Folgende Abbildung zeigt die energiebedingten CO2-Emissionen in den volkswirtschaftlichen
Sektoren in Deutschland – Ist-Werte für 1990 und 2005 sowie das UBA-Szenario für 2020
(Umweltbundesamt 2007):
Abb. 2: Energiebedingte CO2-Emmissionen in den volkswirtschaftlichen Sektoren in
Deutschland (Ist-Werte 1990 und 2005; UBA-Szenario für 2020)
Quelle: eigene Berechnungen UBA 2007
Die Umsetzung der Beschlüsse von Meseberg betrifft nahezu alle Fachressorts. Die Aufgaben der Raumordnung verteilen sich hierbei auf die Analyse der raumrelevanten Auswirkun-
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gen dieser Umsetzungsstrategien und auf die räumliche Vorsorge im Hinblick einer klimaverträglichen Energieversorgung sowie auf den Beitrag zur Lösung neuer oder sich verschärfender Raumnutzungskonflikte. Dabei sind alle vorhandenen planerischen Möglichkeiten zur Minderung des Energieverbrauchs, der Erhöhung der Energieeffizienz und zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes auszuschöpfen, die gesamte Bandbreite raumordnerischer
formeller und informeller Instrumente einzusetzen und neue innovative Ansätze zu erproben.
Die volkswirtschaftlichen Sektoren mit den höchsten energiebedingten CO2-Emissionen (vgl.
Abb.2.), auf die die Raumordnung Einfluss nehmen kann, sind die Energiewirtschaft und der
Verkehr.
So lassen sich für die Raumordnung bei der Umsetzung der Klima- und Energieprogramme
und -strategien zum Schutz des Klimas folgende Handlungsfelder ableiten:
-
eine energiesparende und verkehrsvermeidende, integrierte Siedlungs- und
Verkehrsflächenentwicklung (siehe Kap. 2.1) durch
•
Konzentration der Siedlung auf bestimmte Bereiche und die Ausrichtung der
Verkehrsinfrastruktur (insbesondere ÖPNV) an diesen Bereichen ;
•
die vorsorgende Sicherung von Trassen und Standorten für
Verkehrsinfrastruktur insbesondere der umweltfreundlicheren Verkehrsträger
sowie von Umschlags- und Verteilzentren mit möglichst bi-/trimodaler Verkehrsanbindung
-
die räumliche Vorsorge für eine klimaverträgliche, sichere und wirtschaftliche
Energieversorgung unter verstärkter Nutzung regenerative Energieträger (Wind,
Wasser, Fotovoltaik, Biomasse, Geothermie) und unter effizienter Nutzung einheimischer Energieträger (siehe Kap. 2.2);
2.1 Handlungsfeld: Energiesparende und verkehrsvermeidende, integrierte
Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung
Die Sektoren Wohnen und Verkehr sind in Deutschland für über 1/3 der CO2 Emissionen
verantwortlich. Ihnen kommt daher eine Schlüsselrolle bei den Bemühungen um Energieeinsparung und Klimaschutz zu. Beim Verkehr dominiert der Straßenverkehr mit 85 % die CO2Emissionen (2005), der Pkw-Verkehr hat hieran einen Anteil von 60 % (BMU 2008). Laut
„Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ ist – auch bedingt durch die
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zentrale Lage Deutschlands in Europa und den Ausbau der Transeuropäischen Netze - weiterhin mit einem steigenden Personen- und Güterverkehrsaufkommen zu rechnen.
Der Hauptbeitrag des Verkehrsbereiches zur weiteren deutlichen Reduzierung des Energieverbrauchs und des CO2-Ausstoßes liegt in der Weiterentwicklung innovativer Verkehrstechniken und –technologien, wie z.B. bei der Verkehrs- und Fahrzeugtechnik oder bei alternativen Antrieben und Kraftstoffen. Die Raumordnung kann, wie nachfolgend dargelegt, eine
energiesparende Verkehrsentwicklung mit ihren planerischen Instrumenten und Mitteln ergänzen.
Eine auf den Klimawandel bezogene Minderungs- und Vermeidungsstrategie wird im Bereich
der Siedlungsflächen- und Verkehrsentwicklung bereits seit jeher durch die Verfolgung der
raumordnerischen Grundprinzipien einer dezentralen Konzentration der Siedlungsentwicklung und einer darauf abgestimmten Bündelung der linienförmigen Infrastruktur unterstützt.
Mit der Ausrichtung der Verkehrsinfrastruktur am punkt-axialen System wird zu einer energieeffizienten Beförderung von Personen, Gütern und Rohstoffen beigetragen. Gleichzeitig
ermöglicht die Verknüpfung der Verkehrsarten entlang der Siedlungsachsen und in zentralen
Knotenpunkten den Wechsel zwischen den Verkehrsarten und Verkehrsträgern und erleichtert den Übergang auf energetisch und kapazitativ vorteilhafte Transporteinheiten.
Die nachfolgenden Handlungsschwerpunkte der Raumordnung zum Klimaschutz sind teilweise eng miteinander verzahnt. Sie sind durch die Regionalplanung und die Bauleitplanung
einschließlich Stadtentwicklung (z.B. Bauformen, Materialien) zu konkretisieren. Dabei kann
die Regionalplanung, sofern überörtlich bedeutsam und erforderlich, Vorgaben machen, die
im Rahmen der Bauleitplanung zu berücksichtigen bzw. zu beachten sind.
Handlungsschwerpunkte und Instrumente
Quantitative Steuerung der Siedlungsflächenentwicklung
•
Angabe der maximalmöglichen Siedlungsflächeninanspruchnahme (in ha), die in den
jeweiligen Kommunen/Zentralen Orten nicht überschritten werden soll (innerörtliche
Flächenpotenziale und reaktivierbare Altstandorte/Brachflächen sind zu berücksichtigen). Eine Überschreitung der Werte muss begründet werden.
•
Vorgabe regionalplanerischer Mindestwerte der Siedlungsdichte (z.B. je nach Siedlungsstruktur gestaffelte Orientierungs-/Dichtewerte - beispielsweise Wohneinheiten
je ha) als Rechenbasis zur Ermittlung des kommunalen Wohnsiedlungsflächenrahmens und um im Bereich der Haltestellen des Schienenverkehrs in Zentralen Orten
auf eine Verdichtung der Bebauung hinzuwirken.
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Ziel: Vorgabe eines quantitativen Rahmens zur Beschränkung der Festlegung/Inanspruchnahme zusätzlicher Siedlungsflächen und zum Schutz von Freiflächen. Eine Eigenentwicklung der Kommunen ist zu gewähren. Im Bereich der Haltestellen des schienengebundenen
Personenverkehrs in dichter besiedelten Räumen/Zentralen Orten ist auf eine verdichtete
Bebauung hinzuwirken, um die Auslastung sowie die Schieneninfrastruktur zu sichern.
Räumliche Steuerung der Siedlungsflächenentwicklung
•
Festlegung der ermittelten Siedlungszuwachsflächen als Vorranggebiete in den
Regionalplänen, u.a. zum Schutz ökologisch wertvoller und klimarelevanter Freiflächen sowie Flächen für die siedlungsnahe Erholung (auch die Festlegung von Ausschlussgebieten ist möglich, Ö siehe auch Kap. 3 „Anpassungsstrategien der Raumordnung“).
•
Konzentration der überörtlich bedeutsamen Siedlungsentwicklung in Zentralen Orten
und Siedlungsbereichen, vorrangig entlang von Siedlungs- und Verkehrsachsen und
mit Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr.
•
Siedlungssteuerung durch Festlegungen zur Freiraumsicherung zum Schutz vor
raumbedeutsamer Inanspruchnahme.
•
Vorrang der Innenentwicklung vor einer Außenentwicklung sowie Nutzung geeigneter
Altstandorte und Brachflächen – bei vertretbarer Verdichtung und unter Gewährleistung eines verträglichen Mikroklimas.
•
Siedlungsflächenrückbaumaßnahmen sollten auch unter Berücksichtigung ihres Beitrags zur Verbesserung des lokalen Klimas / Mikroklimas konzipiert werden.
•
Nutzungsmischung in den Siedlungsgebieten (Vorgaben für die Bauleitplanung) und
geeignete Zuordnung der jeweiligen Siedlungszuwachsflächen (Wohnen/Gewerbeund Industrie) zur Verlagerung von Verkehr auf umweltverträgliche Verkehrsträger
und zur Minimierung von zusätzlichem motorisiertem Verkehr.
•
Bei der Festlegung neuer Siedlungszuwachsflächen bzw. Baugebiete ist durch die
Regionalplanung zu prüfen, ob – je nach Eignung – Fern- oder Nahwärme eingesetzt
werden können. Dezentrale Kraftwärmekopplung für eine sparsame Energieverwendung soll vorrangig in der Umgebung von Bedarfsschwerpunkten zum Einsatz kommen. Im Rahmen der Bauleitplanung sind die Möglichkeiten der aktiven und passiven
Energienutzung zu berücksichtigen (Ö siehe auch Kapitel 2.2 „Handlungsfeld Energie“).
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Ziel: Mit der gebietsscharfen Festlegung von Siedlungszuwachsflächen kann die Siedlungsentwicklung räumlich gesteuert und können ökologisch wertvolle und klimarelevante Freiräume gesichert und/oder erweitert werden. Konzentration und Verdichtung müssen jedoch
berücksichtigen, dass von zunehmender Erwärmung insbesondere die Innenstädte betroffen
sein werden. Siedlungsrückbaumaßnahmen sollten entsprechend so konzipiert werden, dass
sie einer Verbesserung des Mikroklimas Rechnung tragen. Nutzungen, mit einem hohen
Wärmeenergiebedarf sind zur Begünstigung der Fernwärmenutzung - soweit möglich, unter
Berücksichtigung bestehender/geplanter Fernwärmequellen und -netze – zu planen.
Verkehrsinfrastruktur (und Siedlungsentwicklung)
Siedlungsentwicklung und Verkehrsinfrastruktur sind so aufeinander abzustimmen, dass
eine Verminderung und Minimierung der verkehrsbedingten Immissionsbelastung erreicht
wird. Dazu ist im großräumigen Maßstab das Verkehrsnetz als integriertes und funktionales
Gesamtkonzept weiterzuentwickeln. Im kleinräumigen Maßstab hat die schwerpunktmäßige
Siedlungstätigkeit in enger Abstimmung mit den Möglichkeiten einer Anbindung und Erschließung durch leistungsfähige Öffentliche Verkehrsmittel zu erfolgen. Die Nutzungsmischung in Siedlungsgebieten kann unter dem Aspekt der kurzen Wege die Minderung des
motorisierten Verkehrs unterstützen.
•
Die schwerpunktmäßige Siedlungstätigkeit soll in enger Abstimmung mit der
(bestehenden/geplanten) Verkehrsinfrastruktur erfolgen. Vor allem in den verkehrlich
hoch belasteten Räumen ist auf eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Verkehrssystems, eine Verlagerung auf umweltverträglichere Verkehrsträger und eine
Vermeidung von zusätzlichem motorisierten Verkehr hinzuwirken. Darüber hinaus
sollte auch unter räumlichen Aspekten geprüft werden, inwieweit zur Entlastung von
verkehrlich hoch belasteten Korridoren (z.B. Rheinschiene) neue bzw. auszubauende
benachbarte Infrastrukturen erforderlich sind.
•
Bei der Festlegung von Vorranggebieten für Wohnen sind - bei geeigneten Alternativen - Standorte mit ÖPNV-Anbindung bzw. bei Vorranggebieten für Industrie und
Gewerbe Alternativen mit vorhandener Schienen- und/oder Wasseranbindung zu bevorzugen (ggf. Festlegung der maximalen Entfernung – ca. 500-700 m - der Siedlungszuwachsflächen zu ÖPNV-Haltepunkten/zur Anbindung an umweltverträgliche
Verkehrsträger). Die Wiedernutzung von gewerblichen Brachflächen sollte Vorrang
vor der Inanspruchnahme neuer Flächen erhalten.
•
Vorsorgende Sicherung von Trassen und Standorten für Verkehrsinfrastrukturvorhaben, insbesondere bei Einrichtungen mit großem Verkehrsaufkommen wie Um-
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schlaganlagen und Güterverteilzentren, die einen Verkehrsträgerwechsel ermöglichen.
•
Verstärkte Verknüpfung einzelner Verkehrsträger – z.B. sind Flughäfen als große
Verkehrserzeuger verstärkt in das Fernverkehrsnetz der Bahn zu integrieren, um
Kurzstreckenflüge zu minimieren
•
Das Netz der Fernradwege und der überörtlichen Radverkehrsanlagen ist fertig zu
stellen bzw. zu entwickeln. Inner- und überörtlich sind Radverkehrsnetze zu schaffen,
die die wichtigsten Ziele der zentralörtlichen Einrichtungen, insbesondere Schulen
und sonstige Bildungseinrichtungen, Freizeitstätten etc. sowie die Haltepunkte des
ÖPNV möglichst direkt und sicher erschließen.
•
Die Konzentration und Durchmischung von Daseinsgrundfunktionen wie Wohnen, Arbeiten, Versorgen, Erholung etc. in Städten und Gemeinden sollte verstärkt realisiert
werden, um dadurch zur Verbesserung der fußläufigen Erreichbarkeit beizutragen.
Ziel:
Die integrierte Siedlungs- und Verkehrsentwicklung soll dem Verlauf leistungsfähiger
Einrichtungen vor allem des öffentlichen Nahverkehrs folgen und sich in günstiger Zuordnung mit kurzen Wegen für Fußgänger und Radfahrer an den Haltepunkten des schienengebundenen ÖPNV konzentrieren. Insbesondere in verkehrlich hoch belasteten Räumen ist auf
eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Verkehrssystems, eine Verlagerung auf umweltverträglichere Verkehrsträger und Vermeidung von zusätzlichem motorisierten Verkehr
hinzuwirken. Ggf. sind hierfür alternativ neue bzw. benachbarte Infrastrukturkorridore erforderlich bzw. auszubauen.
Bisherige Umsetzung und weitere Handlungserfordernisse
a) Bisherige Umsetzung
Das raumordnerische Grundprinzip von kompakten, Flächen sparenden Siedlungsstrukturen
und einer darauf abgestimmten Bündelung der linienförmigen Infrastruktur, wodurch nachweislich der Verkehrsaufwand und damit die CO2-Emissionen reduziert werden können, liegt
allen Raumordnungsplänen der Länder zugrunde. Allerdings weisen die Pläne insbesondere
hinsichtlich der raumordnerischen Festlegungen zur Siedlungsentwicklung teilweise sehr
deutliche Unterschiede auf, geschuldet auch den räumlichen Disparitäten z. B. zwischen
dem hochverdichteten Ruhrgebiet und den geringverdichteten Räumen des Nordostens.
Gleichzeitig ist die Realität der letzten Jahre (regional jedoch z.T. sehr unterschiedlich) von
einer fortschreitenden Dispersion und Entmischung der baulichen Strukturen sowie einer
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ungebrochenen, wenn auch gegenwärtig in der Tendenz leicht sinkenden Flächenneuinanspruchnahme und einer deutlichen Zunahme der Verkehrsleistungen im motorisierten Personen- und Güterverkehr gekennzeichnet. Zu berücksichtigen ist dabei, dass neben der
Siedlungsstruktur auch die Wirtschaftsentwicklung sowie die individuelle Lebenssituation als
Determinanten auf das Verkehrsverhalten wirken. So entfällt beispielsweise auf den Freizeitund Urlaubsverkehr, in dem durch zunehmende Individualisierung und Flexibilisierung von
Zeit- und Aktivitätsmustern nur geringe Zusammenhänge mit siedlungsstrukturellen Gegebenheiten ausgemacht werden können, fast die Hälfte des motorisierten Personenverkehrsaufwands (UBA 26/05).
b) Weitere Handlungserfordernisse
Auch wenn der Raumordnung in Bezug auf eine klimaangepasste Siedlungs- und Verkehrsentwicklung zahlreiche formelle und informelle Instrumente zur Verfügung stehen, besteht
hinsichtlich einzelner Aspekte ein weiterer Handlungs-/Prüfbedarf.
•
Grundlage für die raumordnerische Beurteilung sind detaillierte Kenntnisse der
regionalen Ausprägung des globalen Klimawandels und der lokalen Klimate (insbesondere Frisch- und Kaltluftluftentstehungsgebiete, Frisch- und Kaltluftluftleitbahnen,
städtische Wärmeinseln). Diese Kenntnisse sind aus Klimaschutzaspekten von Belang, da hierdurch eine stärkere Anpassung der Siedlungsentwicklung sowie Trassenführung und –gestaltung an die Erfordernisse einer klimagerechten Planung erreicht werden kann.
•
Es bedarf der Verbesserung der Datengrundlagen von Seiten der Fachplanungen
u.a. bei der Ermittlung von „Hot-Spot-Regionen“, in den sich für die Siedlungsentwicklung besondere Herausforderungen abzeichnen.
•
Die Integration von Verkehrsfolgeabschätzungen in die Regionalplanung sollte
systematisch ausgebaut werden.
•
Es sind räumlich differenzierte Aussagen dazu nötig, welche technische Infrastruktur
voraussichtlich in welcher Weise vom Klimawandel betroffen ist oder sein wird (z.B.
Hitze und die Gefahr von Schäden der Oberfläche der Verkehrswege, Niedrigwasserstände und Auswirkungen auf die Schifffahrt durch veränderte Strömungsverhältnisse, Beeinträchtigung des Flugverkehrs).
•
Die Mitwirkung der Regionalplanung bei der Aufstellung integrierter
Regionalverkehrspläne ist weiter zu verbessern. Es wird darüber hinaus angeregt zu
prüfen, ob eine Koordinierung des öffentlichen Nahverkehrs in Abstimmung mit der
Siedlungsentwicklung durch die Regionalplanung nach dem Beispiel des Verbands
Region Stuttgart auch in anderen Fällen erfolgversprechend ist.
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•
Trotz der Zielsetzung, durch geeignete räumliche Zuordnung der Funktionen Wohnen, Arbeiten, Versorgung und Erholung zusätzliches Verkehrsaufkommen zu minimieren, wird ein weiterer Anstieg des motorisierten Freizeitverkehrs prognostiziert. Es
bedarf daher geeigneter Konzepte für die Entwicklung eines CO2-armen Freizeitverkehrs.
•
Das von der Bundesregierung beschlossenen Nachhaltigkeitsziel „Reduzierung der
Flächenneuinanspruchnahme auf 30 ha bis zum Jahr 2020“ ist durch operationalisierbare räumliche Steuerung der Siedlungs- und Flächenentwicklung mit den Strategien – Vermeiden, Mobilisieren, Revitalisieren – zu untersetzen.
•
Es ist zu prüfen, ob Orientierungs-/Dichtewerte bzw. Schwellenwerte als Rechenbasis
zur Ermittlung des gemeindlichen Wohnsiedlungsflächenbedarfs tatsächlich geeignet
sind, die Flächenneuinanspruchnahme deutlich zu reduzieren.
•
Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Siedlungs- und
Verkehrsstruktur sollte unter Berücksichtigung des Klimawandels geprüft werden.
2.2 Handlungsfeld: Räumliche Vorsorge für eine klimaverträgliche Energieversorgung
Wie in Kap. 2 (Abb. 2 ) dargestellt, hatte der Sektor Energiewirtschaft 2005 mit 45 % den
höchsten Anteil an den energiebedingten CO2-Emissionen. Davon macht die Stromerzeugung mit 80 % den größten Anteil aus. Abbildung 3 zeigt den Ist-Zustand und das UBASzenario der Stromerzeugung nach Energierträgern im deutschen Kraftwerksbestand (Umweltbundesamt 2007). Handlungsschwerpunkte der Raumordnung sind dabei insbesondere
die räumliche Vorsorge für den raumverträglichen Ausbau erneuerbarer Energien, die effiziente Nutzung einheimischer Energien sowie die Erstellung/Unterstützung regionaler Energiekonzepte.
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Abb. 3: Stromerzeugung nach Energieträgern im deutsch Kraftwerksbestand: Ist-Zustand für 1990 und 2005
sowie das UAB-Stenario für 2020.
Quelle: AG Energiebilanzen 2006, eigene Berechnungen des UBA 2007
Handlungsschwerpunkte und Instrumente
¾ Räumliche Vorsorge für den raumverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien
Windkraft:
Sicherung raumverträglicher Gebiete zur Konzentration der Windenergienutzung sowie Festlegung von Ausschlussgebieten zur Freihaltung möglichst zusammenhängender landschaftlich sensibler Bereiche und zur Vermeidung von teilräumlichen
Überlastungen
Instrumente:
Eignungsgebiete und Vorranggebiete (bzw. die Kopplung von beiden, d.h. Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung) sowie textliche Festlegungen, z. B. zu
Mindestabständen und zum Repowering von Windkraftanlagen
Fotovoltaik-Freiflächenanlagen
Sicherung raumverträglicher Gebiete für Fotovoltaik-Freiflächenanlagen bzw. deren
Zuordnung zu vorbelasteten Gebieten
Instrumente:
Vorrang- und Vorbehaltsgebiete und/oder allgemeine textliche Festlegung von prinzipiell geeigneten Flächen, z. B. Konversionsflächen, Halden, Brachen, und Ausschlussbereichen
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Wasserkraft:
Sicherung von Standorten für Talsperren (Vorrang-/Vorbehaltsstandorte),
Festlegungen für die Reaktivierung stillgelegter Wasserkraftanlagen an Flüssen
Energetische Nutzung von Biomasse:
Festlegung von Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete für die landwirtschaftliche Nutzung .
Geothermie
Eine Standortsicherung für die Errichtung von geothermischen Anlagen wird bisher
noch in keinem Bundesland vorgenommen.
Energiespeicher
Für die Deckung des Bedarfs an Speicherkapazitäten insbesondere durch Pumpspeicherkraftwerke können entsprechende Standorte räumlich gesichert werden.
¾ Räumliche Vorsorge für die effiziente Nutzung einheimischer Energieträger
In den Ländern, in denen Stein- oder Braunkohle zur Verstromung eingesetzt wird,
werden Festlegungen zur weiteren Nutzung einheimischer Energieträger getroffen,
um eine sichere und wirtschaftliche Energieversorgung zu gewährleisten.
Ineffiziente und veraltete Kraftwerke sollen durch moderne und effiziente ersetzt werden.
Zur Unterstützung der CCS-Technologie (Abscheidung, Transport und Speicherung
von Kohlendioxid) sind frühzeitig die Möglichkeiten zur Schaffung der räumlichen Voraussetzungen für den Transport und die Einlagerung dieser Stoffe zu prüfen und ggf.
entsprechende Standorte zu sichern.
¾ Erstellung/Unterstützung von regionalen Energiekonzepten
In regionalen Energiekonzepten sollen auch in Abstimmung mit den Energieversorgungsunternehmen alle Möglichkeiten zur Berücksichtigung örtlicher Energiepotenziale und zur Energieeinsparung (Energiemix; Erhöhung der Energieeffizienz, KraftWärme-Kopplung, Blockheizkraftwerke, Emissionsminderung bei der Verkehrsplanung etc.) untersucht werden.
Der Klimawandel erfordert ein interdisziplinäres Vorgehen. Hierfür ist die Regionalplanung als Plattform insbesondere mit dem Einsatz informeller Instrumente besonders geeignet. Sie ist Bindeglied zwischen der vorwiegend formal agierenden hochstufigen Landesplanung und der kommunalen Umsetzungsebene. Gemeinsam mit
regionalen Netzwerken kann sie auf informeller Basis abgestimmte und strategische
Energiekonzepte erarbeiten. Ein gut funktionierender Abstimmungsprozess mit möglichst vielen Akteuren und Einbeziehung vielfältiger Zuständigkeiten verhindert
kontraproduktives Handeln einzelner Akteure.
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¾ Räumliche Vorgaben für Energietrassen
Die Raumordnung verfügt z.T. über die Instrumente, um großräumige Korridore für
Energietrassen textlich und zeichnerisch festzulegen. Textlich kann ein Bündelungsgebot mit bestehenden oder geplanten linienförmigen Infrastrukturtrassen erfolgen,
das auch schon in einigen Bundesländern genutzt wird.
Bisherige Umsetzung und weitere Handlungserfordernisse
-
In den Ländern weitgehend umgesetzt sind Raumordnungspläne mit räumlichen
Festlegungen von Windeignungsgebieten bzw. Vorranggebieten mit der Wirkung von
Eignungsgebieten. Derzeit werden die Pläne in vielen Bundesländern dahingehend
überprüft, ob die räumliche Dimension der Flächenkulisse ausreicht und geeignet ist,
um den notwendigen Ausbaubedarf erfolgreich realisieren zu können.
Der Ersatz alter Energieanlagen durch neue, leistungsfähigere Anlagen (Repowering)
wird in den Ländern als Möglichkeit zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien
an der Stromerzeugung besonders hervorgehoben. Repowering wird i. d. R. außerhalb von Windeignungsgebieten/ Vorranggebieten Windenergie ausgeschlossen.
-
Eine räumliche Festlegung für Fotovoltaik-Freiflächenanlagen (z.B. als Vorrang- oder
Vorbehaltsfläche) wurde bisher in sehr wenigen Regionalplänen vorgenommen.
Für eine verstärkte Angebotsplanung (z.B. in Konzepten auf regionaler Ebene) für
Freiflächen-Fotovoltaikanlagen auf besonderes geeigneten Flächen hinsichtlich Lagegunst, Fördermöglichkeiten nach EEG oder Trassenanbindung ist ein verstärkter
Untersuchungsbedarf nötig, wie dies planerisch und rechtlich umsetzbar wäre. Zu
prüfen sind auch Festlegungen für den Ausschluss sensibler Bereiche für Fotovoltaik
(z.B. in bestimmten Freiräumen) oder Vorgaben zur Errichtung im Siedlungszusammenhang.
-
Es besteht Prüfungs- und Untersuchungsbedarf, inwieweit die Landes- und Regionalplanung Einfluss auf die Bewirtschaftung von Flächen durch die Land- oder Forstwirtschaft nehmen kann und sollte. Zu klären wäre auch ob beispielsweise der Anbau
nachwachsender Rohstoffe auf geeigneten Flächen gesteuert werden kann und ob
auf regionaler Ebene eine prozentuale Obergrenze in Bezug zum Planungsgebiet für
den Anbau von Energiepflanzen auf Landwirtschaftsflächen festgelegt werden kann
und sollte. Besonderer Klärungsbedarf wird für die Anpflanzung von Kurzumtriebs-
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plantagen gesehen.
-
Es besteht Untersuchungsbedarf für die landesplanerische Steuerung zur Errichtung
raumbedeutsamer Biomasseanlagen und geothermischer Anlagen (Standortsicherung; konzeptionelle Angebotsplanung);
-
Um die räumlichen Voraussetzungen für den Transport und die Einlagerung
klimaschädlicher Stoffe (CO2-Abscheidung in Kraftwerken) schaffen zu können, sind
noch grundlegende wissenschaftliche Untersuchungen bezüglich der zu beachtenden
Kriterien notwendig.
-
In einigen Regionen wurden bereits regionale Energiekonzepte aufgestellt. Diese
sollten auf ihre Wirksamkeit und Übertragbarkeit auf andere Regionen überprüft werden.
Beispiele für regionale Energiekonzepte: Vorstudie zu einem Erneuerbare Energienkonzept Region Westpfalz 2006, Regionales Entwicklungskonzept Südlicher Oberrhein 2005/2007, Innovative Energieregion Lausitz-Spreewald 2007; Energie Region
Rhein Sieg (zu Regierungsbezirk Köln); Nullemissionsstrategie der Region Uckermark Barnim 2008; Energiesteckbriefe der Gemeinden, Energiebericht RheinhessenNahe 2008
-
Möglichkeiten der räumlichen Festlegungen für großräumige Energietrassen sowie
Vorgaben zur Erdverkabelung (z.B. von neuen Stromleitungstrassen, zum Ausschluss von Freileitungen in Siedlungs- und Schutzgebieten oder zum Mindestabstand zu sensiblen Nutzungen) sind zu prüfen.
19
3. Anpassungsstrategien der Raumordnung (Beitrag zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels) - Risikovorsorge vor Extremereignissen sowie Anpassung an den Landschaftswandel und die mögliche Einschränkungen der Nutzbarkeit natürlicher Ressourcen
3.1 Handlungsfeld: Vorbeugender Hochwasserschutz in Flussgebieten
Die maßgebenden Faktoren für die Höhe und Dauer von Hochwasserereignissen sind der
Niederschlag und das Abflussgeschehen. Auf Grund des Klimawandels ist voraussichtlich
mit einer Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Starkniederschlägen sowie mit veränderten Abflussverhältnissen aus von Schnee und Gletschern beeinflussten Gebieten zu
rechnen. Dies kann zu einer höheren Hochwasserwahrscheinlichkeit führen.
Veranlasst durch verheerende Hochwasserereignisse in den letzten zwei Jahrzehnten waren
die Strategien zur Verbesserung der Hochwasservorsorge seitens der Fachplanung als auch
der Raumordnung schon vor der aktuellen Diskussion um die Auswirkungen des Klimawandels relativ weit fortgeschritten.
Die Ministerkonferenz für Raumordnung hat sich bereits in ihren Entschließungen vom 08.
März 1995 und 29. März 1996 intensiv mit den raumordnerischen Möglichkeiten zur Erreichung eines verbesserten Hochwasserschutz beschäftigt.
Mit den Handlungsempfehlungen der MKRO zum vorbeugenden Hochwasserschutz vom
14.06.2000 wurden diese Entschließungen handlungsorientiert in Hinblick auf eine konkrete,
möglichst vergleichbare Umsetzung in der Landes- und Regionalplanung der Länder untersetzt. Die Inhalte der Handlungsempfehlungen, die auch Eingang gefunden haben in die
Handlungsanleitung der ARGEBAU aus dem Jahr 2003 (überarbeitete Fassung vom
06.03.2008), sind hinsichtlich der identifizierten Handlungsschwerpunkte und den ihnen zugeordneten raumordnerischen Instrumenten nach wie vor aktuell.
Handlungsschwerpunkte und Instrumente
¾ Sicherung vorhandener Überschwemmungsbereiche als Retentionsraum
Instrumente:
y
für Bereiche, die i. d. R. bei einem Bemessungshochwasser von HQ 100 überschwemmt werden als Vorranggebiet, insbesondere zur vorsorglichen Sicherung von noch nicht wasserrechtlich festgesetzten Überschwemmungsgebieten,
20
y
für Bereiche bis HQ extrem, für die keine wasserrechtliche Sicherung möglich
ist, i. d. R. als Vorbehaltsgebiet
¾ Rückgewinnung von Überschwemmungsbereichen als Retentionsraum
Instrumente:
Vorranggebiet; ggf. Vorbehaltsgebiet, wenn eine landesplanerische Letztentscheidung noch nicht möglich ist Ziel: vorsorgliche Sicherung von Bereichen, die z.B. durch die Rückverlegung von
Deichen, wieder als Retentionsraum zur Verfügung stehen sollen und für die eine
wasserrechtliche Sicherung gesetzlich nicht vorgesehen ist
¾ Risikovorsorge in potenziellen Überflutungsbereichen
Instrumente:
i. d. R. als Vorbehaltsgebiet für Bereiche, die durch das Versagen oder Überströmen
von Schutzeinrichtungen (z.B. Deiche) überflutet werden können sowie in Bereichen
mit bestehenden Siedlungen zur Schärfung des Bewusstseins für die Hochwassergefahr. In Fällen, in denen im Katastrophenfall eine hohe Gefahr für Leben und
Sachgüter bestünde, käme ggf. eine Festlegung als Vorranggebiet in Betracht. Auch
diese Bereiche können wasserrechtlich nicht gesichert werden.
¾ Verbesserung des Wasserrückhaltes in der Fläche der Einzugsgebiete der
Flüsse
Instrumente:
Vorrang- und Vorbehaltsgebiete zur Sicherung und Entwicklung von Freiräumen bzw.
Festlegungen zur Art der Flächennutzung, die dem Erhalt und der Verbesserung des
Wasserrückhaltes dienen.
Da es sich bei den Flusseinzugsgebieten um sehr große Räume handelt, kann eine
Verbesserung des Wasserrückhaltes in der Fläche nur durch eine Kombination von
verschiedenen Festlegungen erreicht werden. Die Festlegung von Vorrang- und
Vorbehaltsgebieten z.B. für Natur und Landschaft oder Walderhalt/-mehrung dienen
neben ihrer primären Zielrichtung ebenfalls dem Gebietsrückhalt. Daneben sollten
aber auch Festlegungen zur Hinwirkung auf eine angepasste Form der Landnutzung
und Intensität der Bewirtschaftung getroffen werden (z.B. konservierende Bodenbearbeitung in der Landwirtschaft, erosionsmindernde Flurgliederung oder Renaturierung von Gewässern). Ein solches Vorgehen ist insbesondere dann erfolgversprechend, wenn die raumordnerischen Festlegungen sich auf eine fachlich abgegrenzte
Kulisse von Gebieten beziehen können, in denen auf Grund ihrer Gebietsparameter
21
(Topografie, Morphologie, Boden, Flächennutzung etc.) bei Starkniederschlägen oder
bei Schneeschmelze in kurzer Zeit starke oberirdische Abflüsse auftreten können.
Die Änderungen/Anpassungen von Bewirtschaftungsformen können nicht direkt über
Festlegungen der Raumordnung erreicht werden, da diese keine Bindungswirkung
gegenüber privaten Landbewirtschaftern entfalten. Daher ist eine Umsetzung solcher
Festlegungen über Förderprogramme (z.B. Umweltgerechte Landwirtschaft) durch
Lenkung der Mittel auf die besonders gefährdeten Gebiete oder im Rahmen der Regionalentwicklung im Zusammenwirken der betroffenen Akteure unter Beteiligung
bzw. Moderation der Regionalplanung erforderlich.
Der Verbesserung des Wasserrückhaltes in der Fläche des Einzugsgebietes der
Flüsse dient auch die vorsorgliche raumordnerische Sicherung von Standorten für
Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes, wie Talsperren oder Hochwasserrückhaltebecken, durch die Festlegung von Vorrang- oder Vorbehaltsstandorten.
Bisherige Umsetzung und weitere Handlungserfordernisse
a) Bisherige Umsetzung
Grundsätzlich wurden die Handlungsempfehlungen der MKRO aus dem Jahr 2000 in den
Bundesländern umgesetzt. Dabei wurden im Rahmen der Fortschreibung/Neuaufstellung der
Landesraumordnungspläne bzw. –programme die aufgeführten Handlungsschwerpunkte als
Aufträge an die Regionalplanung formuliert. Da die Fortschreibung/Neuaufstellung der Landesraumordnungspläne und die sich daran anschließende Fortschreibung der Regionalpläne
in den einzelnen Bundesländern in jeweils unterschiedlichen Zeiträumen erfolgte bzw. immer
noch nicht abgeschlossen ist, sind die Aufträge zum vorbeugenden Hochwasserschutz noch
nicht in allen Regionalplänen umgesetzt. Es ist aber abzusehen, dass dies in den kommenden Jahren der Fall sein wird.
Bei der Umsetzung der Handlungsempfehlungen besteht noch folgender Optimierungsbedarf:
-
Teilweise fehlten fachliche Grundlagen der Wasserwirtschaft oder waren überarbeitungsbedürftig, so dass eine raumordnerische Letztentscheidung mangels ausreichender fachlicher Begründung nicht getroffen werden konnte. Insbesondere betrifft
dies die rückgewinnbaren Überschwemmungsbereiche, die so größtenteils nur als
22
Vorbehaltsgebiete festgelegt werden konnten. Hier sollte in der ständigen Zusammenarbeit der Raumordnung mit der Wasserwirtschaft möglichst frühzeitig vermittelt
werden, welche Fachdaten für welche Festlegungen benötigt werden.
-
Es kam zu Akzeptanzproblemen bei der Festlegung von Vorranggebieten z.B. seitens
der Landwirtschaft und der Kommunen (Befürchtung von Nutzungseinschränkungen)
als auch seitens der Wasserwirtschaft, die über wasserrechtliche Festlegungen hinausgehende raumordnerische Festlegungen für den vorbeugenden Hochwasserschutz als nicht konsensfähig betrachteten. Daher erscheint es weiterhin notwendig,
gemeinsame Hochwasserschutzstrategien zwischen Raumordnung, Wasserwirtschaft, Kommunen und Landnutzern mit dem Ziel zu diskutieren, weitere volkswirtschaftliche Kosten und ökologische Schädigungen unserer Flusssysteme nachhaltig
zu vermeiden. Dabei sollten die raumordnerischen Instrumente als sinnvolle Ergänzung und nicht als Konkurrenz zur wasserwirtschaftlichen Fachplanung genutzt werden.
-
Der Handlungsschwerpunkt „Verbesserung des Wasserrückhalts in der Fläche der
Einzugsgebiete der Flüsse“ wird in den einzelnen Bundesländern noch sehr unterschiedlich behandelt – teilweise durch konkrete, an eine Gebietskulisse geknüpfte
Festlegungen, teilweise durch allgemeine, räumlich nicht konkrete Grundsätze, teilweise wird diese Thematik aber auch gar nicht behandelt. Hier sollten durch weiteren
Austausch zwischen den Bundesländern mögliche und erfolgversprechende Beispiele diskutiert werden.
b) Weitere Handlungserfordernisse
Eine eventuell höhere Wahrscheinlichkeit von Hochwasserereignissen erfordert eine Überprüfung der bestehenden Hochwasserschutzmaßnahmen. Dies bedeutet für die Raumordnung
-
Überprüfung der Ausrichtung der Vorranggebiete zum vorbeugenden Hochwasserschutz (vorhandene Retentionsflächen) an einem hundertjährlichen Hochwasser - ist
ggf. eine Ausrichtung an einem HQ200 (oder anderer Klimazuschlag) erforderlich?
-
Prüfung des Erfordernisses der zusätzlichen Sicherung von potenziellen
Überflutungsbereichen hinter Schutzeinrichtungen als Vorranggebiet, da die Sicherheit der technischen Hochwasserschutzeinrichtungen eventuell nicht ausreicht bzw.
sich die Versagenswahrscheinlichkeit erhöhen könnte
-
Prüfung der möglichen Einbeziehung von bebauten Bereichen (Siedlungen) in
Vorrangfestlegunen mit dem Ziel, bei der Fortschreibung der B-Pläne eine Nachver-
23
dichtung auszuschließen bzw. auf einen Rückbau hinzuwirken und Prüfung einer
Verlagerung von besonders hochwasserempfindlichen Infrastrukturen
-
Prüfung, ob in Risikogebieten auf einen Ausschluss der Förderung von
Erhaltungsinvestitionen hingewirkt werden kann
-
Prüfung der Möglichkeit der planerischen Unterstützung eines regionalen bzw. sogar
überregionalen Retentionsflächenausgleichs
-
Verstärkte Hinwirkung auf eine angepasste Flächennutzung zur Verbesserung des
natürlichen Wasserrückhaltes insbesondere in Gebieten mit potenziell starken oberirdischen Abflüssen
Für all diese Möglichkeiten der planerischen Vorsorge ist enge Zusammenarbeit der Raumordnung mit der wasserwirtschaftlichen Fachplanung erforderlich. Denn nur auf der Grundlage abgesicherter fachplanerischer Daten kann eine begründete raumordnerische Abwägungsentscheidung getroffen werden.
Entsprechend der EU-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie ist hier auch die Fachplanung gefordert, da bei der Erstellung sowie der anschließenden regelmäßigen Überprüfung
und ggf. Aktualisierung der Hochwasserrisikomanagementpläne die voraussichtlichen Auswirkungen der Klimaänderung auf das Auftreten von Hochwasser zu berücksichtigen sind.
Insgesamt muss die Raumordnung im gesellschaftlichen Kontext die Fragen beantworten:
Wie wird in der Planung mit den Unsicherheiten einer veränderten Eintrittswahrscheinlichkeit
von Hochwasserereignissen umgegangen? Welche Einschränkungen der Nutzung einerseits
bzw. andererseits welche Risiken sollen in hochwassergefährdeten Bereichen gesellschaftlich toleriert werden?
3.2 Handlungsfeld: Küstenschutz
Meere und Küstenregionen rücken zunehmend in den Fokus. Dies zeigen nicht nur die immer intensiver und vielfältiger werdenden Nutzungen und die wachsende wirtschaftliche Bedeutung der Küstenregionen und der Meere, sondern auch die Bestrebungen der EU, nach
dem integrierten Küstenzonenmanagement (IKZM) nunmehr eine integrierte Meerespolitik zu
etablieren. Die Vielzahl von Nutzungs- und Schutzansprüchen implizieren einen hohen Koordinierungsbedarf, um potenziellen Nutzungskonflikten und Risiken zu begegnen. Das hier
insbesondere die Raumordnung eine Leitfunktion wahrnehmen kann, hat auch die EU erkannt und einen Fahrplan Raumordnung zur integrierten Meerespolitik erstellt.
24
Zu dieser Gemengelage kommen die Folgen des Klimawandels hinzu, die quasi sämtliche
Lebens- und Wirtschaftsbereiche erfassen und deren regionalen Ausprägungen und Wechselwirkungen mit anderen Faktoren bislang nicht geklärt sind. Insbesondere die folgenden
Auswirkungen sind an der Küste relevant; treffen sie zeitlich zusammen, kann dies die Situation noch verschärfen:
−
Meeresspiegelanstieg bis zum Jahr 2100 zwischen 18 – 59 cm lt. 4. Sachstandsbereicht des IPCC von 2007;
−
Änderung der Häufigkeit und Intensität von Stürmen;
−
Änderung der Häufigkeit und Intensität von Sturmfluten;
−
Zunahme extremer Niederschlagsereignisse und höherer Abflüsse aus dem Binnenland;
−
Erhöhte Wasserstände Æ Verschiebung der Brackwasserzone und Zunahme der
Grundwasserversalzung und damit verbunden veränderte Nutzung landwirtschaftlicher Flächen;
−
Zunahme von Landverlusten durch Erosion auf den Inseln und an der Küste;
−
Anstieg der Temperaturen und in der Folge veränderte z. T. intensivere Nutzungen
z.B. durch Tourismus;
−
Zunahme der Nähr- und Schadstoffeinträge über die Flüsse in das Küstenmeer.
Der Küsten- und der Sturmflutschutz sind unabdingbare Voraussetzungen für die Besiedlung
der Küstenzone. Sie sind maßgeblich, um Schadpotenziale zu verringern und an der Küste
und auf den Inseln ein möglichst gefahrloses Leben und Wirken des Menschen zu ermöglichen. Eine Anpassung der Küstenschutzstrategien und –maßnahmen an die zukünftigen,
infolge des Klimawandels veränderten Rahmenbedingungen ist zwingend geboten.
Handlungsschwerpunkte und Instrumente
¾ Der Raumbedarf für Küstenschutzmaßnahmen und Klei- und
Sandentnahmestellen sind zu sichern.
Linienhafte Küstenschutzmaßnahmen wie Deichbaumaßnahmen sind nach wie vor
das Mittel der Wahl, um Menschen und Sachgüter vor Hochwasser und Überschwemmungen durch Sturmfluten zu schützen. Die Maßnahmen reichen von Neubauten über Verkürzungen der Deichlinie bis zu Deichverstärkungen und –erhöhungen. Wo zusätzlich zur 1. Deichlinie eine 2. Deichlinie vorhanden ist, ist diese zu erhalten.
25
Instrumente: Raumordnerisch erfolgt die Sicherung durch textliche Festlegung als
Ziel, ggf. durch Vorranggebietsfestlegung in der kartographischen Darstellung.
¾ Schutz vor Landverlust durch Erosion
Der Landverlust durch Erosion kommt an der Küste und auf den Inseln dem Verlust
der Lebens- und Wirtschaftsgrundlage gleich. Somit zieht Erosion erhebliche ökonomische und soziokulturelle Beeinträchtigungen in der Küstenzone nach sich. Dem ist
durch geeignete Maßnahmen (z.B. Errichtung massiver Deckwerke und Buhnen,
künstliche Strandauffüllungen, Erhalt von Schutzdünen) dauerhaft entgegen zu wirken. Dabei wird einem Anstieg des Meeresspiegels insbesondere bei neuen massiven Bauwerken durch entsprechend angepasste Bemessungswasserstände schon
heute Rechnung getragen. Eine Besonderheit für den Küstenschutz bilden die Inseln.
Ziel des Inselschutzes ist es, Siedlungsräume vor Sturmfluten zu schützen und den
Bestand der Inseln zu sichern. Bei Sturmfluten bilden die Inseln zudem ein natürliches Barrieresystem, so dass die Seegangsbelastung der Festlandsküste verringert
wird.
Instrument: Textliche Festlegung als Ziel
Handlungserfordernisse
Konflikte und Nutzungskonkurrenzen werden sich im Küstenraum wie auch andernorts aufgrund des Klimawandels verschärfen. Dabei kann die Entwicklung nachhaltiger Lösungsansätze im Sinne eines Konfliktmanagements für den Küstenraum durch das Instrument des
integrierten Küstenzonenmanagements (IKZM) positiv beeinflusst werden.
Wichtige Voraussetzung für zukünftige Strategien und neue Lösungen ist eine entsprechende Datenbasis sowohl hinsichtlich regionalisierter Daten zum Klimawandel als auch
hinsichtlich der zu erwartenden Wasserstände und der potenziellen Ausbreitung von Überflutungen in der Fläche.
Folgende Handlungserfordernisse werden identifiziert:
Erforschung, Entwicklung und Erprobung von alternativen Küstenschutzstrategien
In der jüngsten Vergangenheit wurden die Bemessungswasserstände aufgrund des zu erwartenden Meeresspiegelanstiegs bereits angepasst. Dennoch können Deiche und Schutzbauwerke zukünftig nicht beliebig erhöht werden. Zurzeit sind derartige Bauwerke in Nieder-
26
sachsen konstruktiv so ausgebildet, dass sie noch um einen weiteren Meter erhöht werden
können.
Daraus folgt, dass dringend alternative Küstenschutzstrategien erforscht, entwickelt und erprobt werden müssen. Die Prüfung des Raumbedarfs für die Umsetzung zukünftiger Küstenschutzstrategien und deren Realisierungsmöglichkeiten ist von großer Bedeutung. Die Freihaltung von notwendigen Flächen von Bebauung und sonstigen nur schwer revidierbaren
Nutzungen für Küstenschutzzwecke bildet vor dem Hintergrund, auch zukünftig eine notwendige räumliche Flexibilität für die Umsetzung von Küstenschutzanlagen sicher zu stellen,
eine wesentliche Grundlage. Erste Überlegungen in diese Richtung werden in einer Unterarbeitsgruppe der Trilateralen Wattenmeerkooperation (Coastal Protection and Sealevelrise
(CPSL)), im ComCoast-Projekt und im Projekt Climate Proof Areas (CPA)angestellt.
Festlegung von überschwemmungsgefährdeten Bereichen hinter Küstenschutzdeichen
Zur Sensibilisierung der hinter dem Deich lebenden Bevölkerung soll das Überflutungsrisiko
aufgezeigt werden. Die Wahrnehmung der jeweiligen Betroffenheit ermöglicht Nutzungsanpassungen und eine Notfallvorsorge. Zum Schutz/zur Evakuierung der Bevölkerung bedarf
es für den Fall, dass Schutzbauwerke bzw. Deiche nicht halten, eines Fluchtwegenetze (z.B.
in Dammlage geführte Straßenverbindungen).
Staffelung/Anpassung von Nutzungen entsprechend dem jeweiligen Überflutungsrisiko
In überflutungsgefährdeten Bereichen können Nutzungen entsprechend ihrer Empfindlichkeit
gegenüber Überflutung angeordnet werden. Dabei ist zum einen eine Staffelung in der Fläche denkbar (je empfindlicher desto weiter weg) und zum anderen in die Höhe (unempfindliche Nutzungen im Untergeschoss bis hin zu völliger Freihaltung – empfindlichere Nutzungen
tendenziell höher gelegen)
Flächen mit Versalzungs- und Vernässungsrisiko infolge steigender Wasserstände
und Verschiebung der Brackwasserzone
Insbesondere landwirtschaftliche Nutzungen sind von einer zunehmenden Versalzung betroffen (z.B. Anbau von Feldfrüchten, Viehtränken). Eine Vernässung als Folge des Meeresspiegelanstieges und des damit verbundenen Anstiegs des Grundwasserspiegels und der
Wasserstände der oberirdischen Gewässer schränkt die landwirtschaftliche Nutzung ebenfalls ein, ist aber auch für bebaute Flächen problematisch. Aufschüttungen können bei einzelnen Planungen Abhilfe schaffen, sind aber aufgrund des großen Rohstoffbedarfs kein
geeignetes Mittel um großflächig neue Siedlungs- und Gewerbegebiete zu erschließen.
27
Steilküstenabbrüche
Im Bereich der Steilküsten treten vermehrt Abbrüche auf, die angrenzende Nutzungen gefährden. Das Ausmaß solche Abbrüche ist kaum kalkulierbar; aus dem Ostseeraum sind
Abbrüche von bis zu 80 m ins Landesinnere pro Ereignis bekannt. Ziel muss es sein, gefährdete Bereiche zu ermitteln und großräumig von inkompatiblen Nutzungen freizuhalten.
3.3 Handlungsfeld: Schutz der Berggebiete (insbesondere Alpenraum)
Zu den vom Klimawandel besonders betroffenen Gebieten zählen Berggebiete wie insbesondere der Alpenraum. Die Folgen des Klimawandels sind dort besonders wahrnehmbar.
Verstärkend kommt hinzu, dass die Erwärmung im Alpenraum im Vergleich zum Bundesdurchschnitt um einiges höher liegt und sich die Anzahl der Frosttage im Jahresdurchschnitt
verringern wird.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Risiko von Extremwetterereignissen in den Alpen steigen wird. Prognostiziert werden zudem:
-
die Zunahme der Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen
-
eine ansteigende Tendenz von Starkniederschlägen und Hochwassergefahr
-
eine Aufwärtsverschiebung der biologischen Zonen und dadurch die Gefährdung vieler
alpiner Pflanzen und Tiere
-
ein enormer Rückgang der Gletscher
-
veränderte Gefahrenpotenziale von Naturgefahren, wie Steinschlag, Bodenerosion, Lawinenabgänge etc.
-
ein starker Rückgang der Schneesicherheit für Wintersportgebiete
Handlungsschwerpunkte und Instrumente
-
Schutz des empfindlichen Lebensraums der Alpen
-
Schutz der Bevölkerung vor Naturgefahren
-
Berücksichtigung weiterer Entwicklungsmöglichkeiten für die Bevölkerung und die Wirtschaft in den Alpenregionen
Formelle und informelle Instrumente zur Umsetzung:
28
▪
Zur Ordnung und zur Entwicklung des Alpenraums ist bereits seit 1972 das Ziel „Erholungslandschaft Alpen“ (sog. Alpenplan) im Landesentwicklungsprogramm Bayern
enthalten. Die Unterteilung des bayrischen Alpenraums in drei Zonen mit abgestuften Vorgaben und Restriktionen für die weitere Erschließung soll den Erhalt ökologisch wertvoller Lebensräume gewährleisten, das Gefahrenrisiko minimieren und
gleichzeitig eine nachhaltige Entwicklung für die Bevölkerung und Wirtschaft ermöglichen.
▪
Spezielle textliche Ziele zum Erhalt und ggf. zur Wiederherstellung der Schutzfunktion des Bergwaldes, zum Schutz vor Naturgefahren (z.B. Hangrutschungen, Erosionen, Lawinen, Hochwasser) zum Erhalt der Berglandwirtschaft und zur qualitativen
Verbesserung des Tourismus.
▪
Regionalmanagementinitiativen
Durch verstärkte Bearbeitung der Themenfelder Klimaschutz und Klimawandel,
Energie etc. Beitrag zur Bewusstseinsbildung der Entscheidungsträger vor Ort leisten. Unterstützung bei der Umsetzung von Konzepten.
▪
Risk-Governance Prozesse
Durch Mitwirkung bei entsprechenden EU-Projekten Risk-Governance-Prozesse im
Alpenraum modellhaft erproben und ggf. regionsweit einführen.
Weitere Handlungserfordernisse:
-
Fortlaufende Evaluierung der Zoneneinteilung des sog. Alpenplans im LEP (ggf. Anpassung an Naturgefahrenereignisse) und der raumordnerischen Festlegungen unter Berücksichtigung aktueller Forschungsergebnisse und Untersuchungen (zum Beispiel:
INTERREG IV B CLISP)
-
Überprüfung des raumordnerischen Handlungsbedarfs anhand der von der Fachplanung
entwickelten Hinweiskarten und Managementpläne (Gefahrenhinweiskarten, Lawinenhinweiskarten, Risikomanagementpläne für Wildbäche etc.)
3.4 Handlungsfeld: Schutz vor Hitzefolgen (bioklimatische Belastungsgebiete)
Urbane Ballungsräume sind die größten räumlichen CO2 Quellen, denn dort werden ca. 80%
der Energie verbraucht und somit die meisten klimaschädlichen Emissionen durch den ener-
29
gie- und ressourcenintensiven Lebensstandard verursacht - gleichzeitig werden die Folgen
des Klimawandels hier besonders deutlich zu spüren sein.
Infolge des projizierten (jedoch regional differenzierten) durchschnittlichen Temperaturanstiegs und der daraus resultierenden lokalen Erwärmung (Ö siehe Karte….) sind beispielsweise zwischen den Siedlungsbereichen und dem Umland Temperaturdifferenzen von bis zu
10 Grad und mehr möglich. Nach Experteneinschätzung ist damit zu rechnen, dass die
Wahrscheinlichkeit für einen Hitzesommer wie im Jahr 2003 in Europa, mit enormen volkswirtschaftlichen Schäden (13 Mrd.) und über 20.000 „Hitzetoten“, zukünftig voraussichtlich
deutlich ansteigen wird (Münchner Rück 2003).
Großen Einfluss auf die lokale Temperaturzunahme haben die Exposition, die Höhe, der
Abstand und die Beschaffenheit der Baumaterialien von Gebäuden, die Durchlüftung,
Durchgrünung und das Vorhandensein von Kaltluftentstehungsgebieten sowie die Oberflächen von Straßen und Wegen. Entsprechend kommt der kommunalen Ebene bei der Anpassung der Städte an den Klimawandel eine besondere Bedeutung zu. Mit ihren Instrumenten
kann die Raumordnung jedoch dazu beitragen, großflächige Bereiche, die zur Minderung der
mit dem Klimawandel verbundenen kritischen Auswirkungen geeignet sind, freizuhalten.
Handlungsschwerpunkte und Instrumente
Schutz überörtlich bedeutsamer klimawirksamer Freiräume/Ausgleichsflächen
•
Sicherung klimawirksamer Ausgleichsräume und Luftaustauschbahnen sowie Ausschluss entgegenstehender Nutzungen durch Festlegung geeigneter Vorrang/Vorbehaltsgebiete in den Regionalplänen, z.B. als Vorrang-/Vorbehaltsgebiete für
besondere Klimafunktionen bzw. klimaökologische Ausgleichsräume.
•
Darüber hinaus tragen auch freiraumbezogene Festlegungen, die durch entsprechende Vorrang-/Vorbehaltsgebiete gesichert werden, zur Sicherung klimawirksamer
Ausgleichsräume bei (z.B. Bereiche für die Landwirtschaft, Regionale Grünzüge,
Grünzäsuren).
Ziel: Mit der Festlegung klimatisch bedeutsamer großräumiger Freiflächen sollen insbesondere in den Verdichtungsräumen, bzw. in funktionaler Beziehung zu diesen, die Kalt- bzw.
Frischluftsammelgebieten und Abflussleitbahnen gesichert werden und auf eine Minderung
der Überwärmungen und Emissionsbelastungen sowie eine Verbesserung der Luftaustauschprozesse hingewirkt werden.
30
Räumliche Steuerung der Siedlungsflächen-/Infrastrukturentwicklung
•
Festlegung von Siedlungszuwachsflächen als Vorranggebiete sowie Infrastrukturtrassen und –standorte in den Raumordnungsplänen (siehe auch Kap. 2.2)
•
Textliche Vorgaben für die Bauleitplanung, wonach bei der Siedlungsentwicklung und
anderen raumbedeutsamen Planungen, Maßnahmen und Nutzungen die klimaökologischen Auswirkungen und erkennbare Gefährdungen durch extreme meteorologische Ereignisse berücksichtigt werden sollen
•
Darstellung von thermischen Belastungsgebieten
Ziel: Über die Sicherung klimarelevanter Freiflächen hinaus, kommt der räumlichen Zuordnung von Siedlungszuwachsflächen - zur Vermeidung und Minimierung von Wärmeinseln eine Bedeutung zu. Eine darüber hinausgehende Differenzierung der Siedlungsstrukturen
(z.B. Höhe und Zuordnung der Gebäude) ist auf kommunaler Ebene umzusetzen.
Bisherige Umsetzung und weitere Handlungserfordernisse
a) Bisherige Umsetzung
Grundsätzlich treffen alle Raumordnungspläne Festlegungen zur Sicherung von unterschiedlichen (klimawirksamen) Freiraumnutzungen. Wenige Pläne weisen dagegen explizit Flächen
zur Sicherung ihrer besonderen Klimafunktionen (z.B. als Vorrang-/Vorbehaltsgebiete) aus
oder kennzeichnen andere freiraumbezogene Vorrangfestlegungen mit einer zusätzlichen
siedlungsklimatischen Funktion.
b) Weiter Handlungserfordernisse
•
Grundlage für die raumordnerische Sicherung und Entwicklung klimarelevanter
Freiflächen ist eine bessere Kenntnis der regionalen Klimate (insbesondere Frisch/Kaltluftentstehungsgebiete, Frisch-/Kaltluftleitbahnen zur Gewährleistung klimatischer Austauschbeziehungen, Auswirkungen städtischer Wärmeinseln).
•
Es besteht Bedarf an weiterführenden Untersuchungen zu dem Spannungsfeld der
notwendigen Dichte der „kompakten“ und damit flächen-, energie- und verkehrssparenden Stadt auf der einen Seite und andererseits der diesem Trend entgegenwirkenden notwendigen Durchlüftung und Durchgrünung, um den „urban heat“ Effekt
nicht zu verstärken.
31
3.5 Handlungsfeld: Regionale Wasserknappheiten
Nach bisherigen Voraussagen kann man in Deutschland trotz des sich abzeichnenden Klimawandels davon ausgehen, dass grundsätzlich eine gesicherte Wasserversorgung gewährleistet ist, da die Grundwasserneubildung insgesamt über das Jahr gesehen höher als
die Entnahme sein wird.
Prognostizierte geringere Niederschläge im Sommer können größtenteils, jedoch nicht in
allen Regionen, kompensiert werden durch höhere Niederschläge im Winter.
Insbesondere in Südwestdeutschland und im Nordostdeutschen Tiefland ist mit einer zunehmenden Sommertrockenheit (bis hin zu Dürreereignissen) und einer generellen Abnahme
des Jahresniederschlages zu rechnen.
In diesen Regionen werden voraussichtlich trockene, heiße Sommer ohne Grundwasserneubildung zu einer deutlichen Verringerung des Wasserdargebots führen. Zu einer Verschärfung der Situation kann eine Verlängerung der Vegetationsperiode mit höherer Verdunstung
beitragen. Verbunden mit einer verringerten Grundwasserneubildung ist ggf. eine Verschlechterung der Grundwasserqualität durch die Konzentration von geogenen und anthropogenen Schadstoffen. Auch in Oberflächengewässer kann es zu gravierenden Problemen
wie Verlandung, Trockenfallen sowie Verschlechterung der Gewässergüte durch geringere
Verdünnung kommen.
Handlungsschwerpunkte und Instrumente
¾ Verstärkte Sicherung von Wasserressourcen insbesondere auch zur dauerhaften,
langfristigen Sicherung über den gegenwärtigen Nutzungsbedarf hinaus (Reservegebiete)
Instrumente:
Festlegung von Vorranggebieten (ggf. Vorbehaltsgebieten) für den Grundwasserschutz (oder vergleichbare Vorranggebiete) insbesondere für Gebiete, die noch nicht
fachgesetzlich als Trinkwasserschutzgebiete gesichert sind
¾ Unterstützung des Erhalts bzw. der Verbesserung des Wasserhaushaltes der
Böden (Erhöhung der Wasserspeicherfähigkeit, Verbesserung des Infiltrationsvermögens) in den empfindlichen Bereichen der Grundwassereinzugsgebiete
Instrumente:
Formulierung von Festlegungen zur Hinwirkung auf eine angepasste, Grundwasser
schonende Art und Intensität der Flächennutzung, insbesondere durch Reduzierung
32
der Flächenversiegelung, Förderung einer konservierenden Bodenbearbeitung in der
Landwirtschaft, ganzjährig ausreichende Bodenbedeckung. Um einen räumlich konkreten Bezug herstellen zu können, sollten sich die Festlegungen auf eine (mit Unterstützung der Fachplanung) abgegrenzte Gebietskulisse der empfindlichen Bereiche
der Grundwassereinzugsgebiete beziehen.
Die Umsetzung dieser Festlegungen kann über Förderprogramme (Lenkung der Mittel auf die besonders gefährdete Gebiete) und/oder im Rahmen der Regionalentwicklung im Zusammenwirken der betroffenen Akteure (Kommunen, Fachplanung,
Landwirte etc.) unter Moderation bzw. Beteiligung der Regionalplanung erfolgen.
¾ Vorausschauende Lenkung stark Wasser verbrauchender Nutzungen, wie z.B.
Gewerbe/Industrie mit hohem Bedarf an Brauchwasser, Siedlungen, Erholungsnutzungen mit hohem Wasserbedarf oder Grundwasser zehrender Anbau von
nachwachsenden Rohstoffen, in den von Trockenheit besonders betroffenen Gebieten
Instrumente:
Sicherung von Bereichen, wo diese Nutzungen grundsätzlich möglich sind sowie
gleichzeitige Festlegung von Ausschlussbereichen für stark Wasser verbrauchende
Nutzungen
Bisherige Umsetzung und weitere Handlungserfordernisse
a) bisherige Umsetzung
Nahezu sämtliche Raumordnungspläne in den Bundesländern haben sich auch bisher schon
mit der Sicherung von Bereichen für Wasserressourcen insbesondere durch die Festlegung
von Vorrang- und/oder Vorbehaltsgebiete beschäftigt. Allerdings erfolgte diese Sicherung
größtenteils noch ohne Einbeziehung der absehbaren Folgen des Klimawandels in Hinblick
auf den Wasserhaushalt.
b) Weitere Handlungserfordernisse
Um künftig absehbare regionale Konflikte bei der Nutzung von Wasserressourcen lösen zu
können und schon heute vorsorglich verstärkt Wasservorratsgebiete raumordnerisch sichern
zu können, ist die Raumordnung auf eine intensive Zusammenarbeit mit der Fachplanung
angewiesen. Nur auf der Grundlage fachlicher Gebietsabgrenzungen und prognostizierter
Änderungen des Wasserdargebots abhängig von Klimaprojektions- und Landnutzungsszenarien lassen sich ausreichend begründbare raumordnerische Festlegungen treffen. Dabei
33
könnte es hilfreich sein, bei der wissenschaftlichen Entwicklung von Anpassungsstrategien
seitens der Wasserwirtschaft frühzeitig die Möglichkeiten der Raumordnung mit einzubeziehen.
3.6 Handlungsfeld: Veränderungen im Tourismusverhalten
Für viele Tourismusregionen in Deutschland, insbesondere jedoch für die Küsten- und Bergregionen, wird der Klimawandel voraussichtlich größere Veränderungen (Chancen wie Risiken) mit sich bringen.
An der Küste können erhöhte Luft- und Wassertemperaturen zu einer Saisonverlängerung,
insbesondere die Badesaison, führen. Touristische Infrastrukturen können in der heutigen
Nebensaison besser ausgelastet werden. Besonders an Binnengewässern kann eine Erhöhung der Wassertemperaturen jedoch auch mit einer verringerten Wasserqualität einhergehen.
Im Sommer kann es zu einer Verlagerung von Tourismusströmen aus dem Süden Europas
(Hitzestress) v.a. an die deutschen Küsten kommen. Allerdings bringt der Klimawandel für
die Küstenbereiche auch Risiken mit sich. Die Erhöhung des Meereswasserspiegels wird zu
Landverlust, zu verstärkter Küstenerosion und Strandabtrag insbesondere an den Inseln
führen. Kosten für Küstenschutz und Aufspülungen erhöhen sich.
Für den Wintertourismus wird der Klimawandel eher Risiken mit sich bringen. Die Abnahme
der Frosttage und die geringere Schneesicherheit werden zu einer Konzentration des Skitourismus auf die höheren Lagen der Mittelgebirge und der Alpen führen. Bisherige
Wintersportgebiete müssen neue touristische Angebote finden, die Konzentration des Skitourismus auf eine insgesamt geringere Fläche bringt Überlastungserscheinungen mit sich.
Folgende weitere Änderungen zeichnen sich ab:
Der Städtetourismus wird sich eher aus den Sommermonaten heraus (Hitzebelastung) in die
Übergangsjahreszeiten verlagern.
Neue, bioklimatisch begünstigte, Erholungsgebiete werden voraussichtlich erschlossen. Allerdings können auch gerade im Bereich der naturnahen Erholung neue Raumnutzungskonflikte auftreten durch Veränderungen im Landschaftsbild, z. B. durch den Ausbau von Windenergie- und Photovoltaikanlagen sowie durch eine Umstellung in der Landwirtschaft auf die
Produktion nachwachsender Rohstoffe. Andererseits kann eine Verschiebung der Weinbaugrenze deutlich weiter nach Norddeutschland hinein, dort wiederum Chancen für den Tourismus und die Entwicklung ländlicher Räume mit sich bringen.
34
Handlungsschwerpunkte und Instrumente
Gemeinsam mit den Unternehmen und Verbänden aus dem Tourismusbereich sollten die
voraussichtlichen regionalen Veränderungen durch die Regionalplanung strategisch und
konzeptionell aufgearbeitet werden. Dies erleichtert die frühzeitige Neuausrichtung der Tourismuswirtschaft sowohl auf die Aspekte, die sich aus dem Klimawandel aber auch aus dem
demographischen Wandel ergeben.
Die Raumordnung kann
−
mit der Festlegung von neuen Tourismusschwerpunkt- und –entwicklungsräumen in
Raumordnungsplänen agieren, textliche Festlegungen zur qualitativen und quantitativen
Tourismusentwicklung treffen (z. B. durch ein Hinwirken auf die Vermeidung weiterer Investitionen in Tourismusbereiche, die künftig nicht mehr tragfähig sein werden, wie den
Ausbau von Wintersporteinrichtungen in Mittelgebirgen, um damit auch zu einer vorausschauenden Lenkung von Fördermitteln beizutragen),
−
bestehende Trassen der Schienenverkehrsinfrastruktur für eventuell spätere Nutzungen
sichern
−
neue Investitionen und Infrastrukturen im Rahmen einer Standortsicherung raumordnerisch vorbereiten sowie
−
durch die Abstimmung von Maßnahmen und Vorhaben zur Lösung von Konflikten zwischen Raumnutzungsansprüchen zum Klimaschutz (insbes. Inanspruchnahme von Flächen für erneuerbare Energien) und dem Schutz des Landschaftsbildes beitragen.
Handlungserfordernisse
Gerade in diesem Handlungsfeld ist eine enge Zusammenarbeit aller Akteuren erforderlich,
da der Tourismus als Wirtschaftsbereich erheblichen Veränderungen und Schwankungen
sowohl durch den Klimawandel als auch durch weitere Faktoren wie dem demographischen
Wandel, der generellen Wirtschaftslage usw. unterworfen ist. Aus diesem Grund sollte die
Regionalplanung hier verstärkt ihre Koordinations- und Moderationsfunktion im Rahmen der
Regionalentwicklung wahrnehmen.
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3.7 Handlungsfeld: Verschiebung der Lebensräume von Tieren und Pflanzen
Ein wesentlicher Faktor für die Verbreitung von Tier- und Pflanzenarten ist u. a. das Klima.
Steigende Durchschnittstemperaturen, veränderte Niederschlagsverhältnisse sowie die Zunahme von Extremereignissen können Jahresrhythmus, Fortpflanzung, Nahrungsbeziehungen und die Konkurrenzfähigkeit von Arten beeinflussen. Es wird hierdurch voraussichtlich
zu Veränderungen im Artenspektrum, in der Struktur ganzer Ökosysteme und zu einer Verschiebung von Verbreitungsgebieten kommen. Bisherige Ausbreitungsmodelle prognostizieren, dass sich in Deutschland für viele Arten die klimatisch geeigneten Lebensräume nach
Norden und Osten, in höhere Lagen der Gebirge oder entlang von Feuchtigkeitsgradienten
verschieben werden. Insbesondere aus Südwesten kann es zu einer Einwanderung von
Wärme liebenden Arten kommen.
Arten sind dann vom Aussterben bedroht, wenn die bisherigen Lebensräume keine geeigneten Lebensbedingungen mehr bieten und sie potenzielle neue Lebensräume auf Grund
ihrer geringen Ausbreitungsfähigkeit, veränderter Konkurrenz- und Nahrungsbeziehungen
oder auch natürlicher und anthropogener Barrieren nicht besiedeln können. Anthropogene
Barrieren entstanden und entstehen noch insbesondere durch den erheblichen Zuwachs an
Siedlungs- und Verkehrsfläche. So stieg in den letzten Jahren, entgegen dem Ziel der Bundesregierung bis 2020 den Flächenverbrauch auf 30 ha/Tag zu reduzieren, die Siedlungsund Verkehrsfläche durchschnittlich immer noch um 113 Hektar pro Tag an. Dies führte und
führt weiterhin zu einem Verlust ökologischer Verbundflächen, zur Zerschneidung von Ausbreitungskorridoren und in Folge dessen zu einer Isolation von Lebensräumen.
Schätzungen besagen, dass durch klimabedingte Auswirkungen sowie den hohen Fragmentierungsgrad der Landschaft und des bereits hohen Anteils gefährdeter Arten in Zukunft ein
Verlust von 5 – 30 % aller Pflanzen- und Tierarten in Deutschland wahrscheinlich ist.
Neben den direkten Auswirkungen des Klimawandels können auch damit in Zusammenhang
stehende Maßnahmen, wie z.B. in Anspruchnahme von Flächen für die Erzeugung erneuerbarer Energien (u. a. Produktion von Biomasse) oder verstärkter Schutz der Bevölkerung vor
Extremereignissen (z.B. Neubau von Deichen), Auswirkungen auf diesen Prozess haben.
Handlungsschwerpunkte und Instrumente
¾ Sicherung eines regions- und länderübergreifenden, funktional zusammenhängenden Netzes ökologisch bedeutsamer Freiräume zur Überwindung der Isolation
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von Biotopen bzw. ganzen Ökosystemen und zur Ermöglichung von Wanderungsbewegungen –
Dazu sollten neben naturschutzfachlich bedeutsamen Kernflächen mit einer bereits
hochwertigen Biotopausstattung (= stabile Dauerlebensräume) weitere geeignete
Freiflächen mit primär anderen Nutzungen oder Funktionen (v. a. Land- und Forstwirtschaft, Hochwasserschutz, Grundwasserschutz, naturnahe Erholung) als Verbundstrukturen einbezogen werden.
Instrumente:
Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für Natur- und Landschaft (oder
ähnliches) und Einbeziehung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für weitere Freiraumnutzungen wie Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Hochwasserschutz sowie Regionale Grünzüge und Grünzäsuren auf der Grundlage von Gebietskulissen in den
Landschaftsprogrammen und Landschaftsrahmenplänen
¾ Minimierung weiterer Zerschneidungen
Instrumente:
Bündelung und Konzentration der Infrastruktur, insbesondere Verkehrsinfrastruktur
sowie Vermeidung der Siedlungsdispersion durch raumstrukturelle Festlegungen;
Sicherung von noch vorhandenen großräumig unzerschnittenen Räumen (zumindest
als Vorbehaltsgebiet oder Grundsatz)
Bisherige Umsetzung und weitere Handlungserfordernisse
a) bisherige Umsetzung
Bereits lange vor der aktuellen Diskussion um die Folgen des Klimawandels wurde die Notwendigkeit der Sicherung eines ökologischen Verbundsystems mit Hilfe der Raumordnungsplanung in wichtigen Strategiepapieren der Raumordnung bzw. Raumentwicklung auf europäischer und bundesdeutscher Ebene festgeschrieben. Eine immer noch aktuelle Grundlage
wurde mit der Entschließung der MKRO vom 27.11.1992 zum „Aufbau eines ökologischen
Verbundsystems in der räumlichen Planung“ geschaffen. Auch in den Grundsätzen 2 und 6
des § 2 Abs. 2 ROG ist der ökologisch wirksame Freiraumverbund bzw. der Biotopverbund
verankert.
Dennoch wurden verstärkt erst in den letzten Jahren ökologische Verbundsysteme in Raumordnungsplänen gesichert, als auch landesweite naturschutzfachliche Biotopverbundplanungen vorlagen, die in die Raumordnungspläne einfließen konnten. Im Jahr 2002 wurde im § 3
BNatschG der Auftrag zur Schaffung und planungsrechtlichen Sicherung eines Biotopver-
37
bundes gesetzlich verankert. So wurde der notwendige Schritt getan, von dem lange Zeit
praktizierten Vorgehen der naturschutzfachlichen Sicherung von wertvollen Einzelflächen für
den Arten- und Biotopschutz hin zur Schaffung von Wanderungsmöglichkeiten durch Vernetzung von Habitaten, d.h. Kerngebiete, Landschaftskorridore, Verbundachsen, Trittsteine, zu
kommen.
b) weitere Handlungserfordernisse
Eine Prognose wie und in welchem Umfang Arten und Biotope in Folge des Klimawandels in
Deutschland zunehmen, zurückgehen, verschwinden oder sich in ihrer Zusammensetzung
ändern ist noch mit großen Unsicherheiten behaftet. Aus diesem Grund sollte die bisher in
den Ländern begonnene bzw. durchgeführte Sicherung eines funktionalen Netzes ökologisch
bedeutsamer Freiräume konsequent weiter verfolgt, sowie eine Ländergrenzen überschreitende Abstimmung herbeigeführt werden.
.
4. Anforderungen an die Umweltprüfung
Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen, also von Landes- und Regionalplänen, ist von
der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der
die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans u. a. auch auf das
Klima zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten
sind (§ 9 ROG 2008).
Die Berücksichtigung von Aspekten des Klimaschutzes ist also bereits in den Vorschriften
zur Umweltprüfung in der Raumordnungsplanung verankert. Die Umweltprüfung selbst ist
immanenter Bestandteil der Aufstellung bzw. Änderung eines Raumordnungsplans. Es bedarf daher keiner zusätzlichen gesetzlichen Regelungen.
Vielmehr muss die Frage gestellt werden, wie den Aspekten des Klimaschutzes inhaltlich im
Rahmen der Umweltprüfung in einer stärkeren Ausprägung als bislang Rechnung getragen
werden kann. Hierbei tritt die Besonderheit auf, dass die Auswirkungen der Festlegungen
des Raumordnungsplans auf CO2-Emissionen (Klimaschutz) in die Prüfung einbezogen sowie CO2-Vermeidungs- und Minderungsstrategien betrachtet werden, gleichzeitig jedoch
auch einige der zu prüfenden Festlegungen des Plans bereits Reaktionen auf den Klimawandel sind (Anpassungsstrategien).
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Gegenstand der Umweltprüfung und somit des Umweltberichts sind die Festlegungen des
Raumordnungsplans.
Einer der ersten Schritte der Durchführung der Umweltprüfung ist das so genannte Scoping.
In dessen Rahmen stimmen der für die Aufstellung des Raumordnungsplans zuständige
Planungsträger und die in ihrem Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Plans
berührten öffentlichen Stellen ab, wie der Umweltbericht ausgestaltet werden soll. Das betrifft
die Strukturierung des Umweltberichts insgesamt, den vorgesehenen Untersuchungsumfang
ebenso wie die vorgesehene Untersuchungstiefe, die Frage von Alternativenprüfungen und
auch die Frage der summarischen Betrachtung aller Auswirkungen auf Natur und Umwelt,
und damit auch auf das Klima.
Zu den Maßstäben für die Ausgestaltung des Umweltberichts gehören die zu berücksichtigenden Umweltziele. Hier sind neben europäischen und nationalen Vorstellungen zum Klimaschutz vor allem auch die landesweiten bzw. regionalen Klimakonzepte relevant, die auf
die jeweilige vorzufindende spezifische Situation eingehen. Konkret bedeutet dies, dass im
Raumordnungsplan mit seiner Umweltprüfung letztlich die Aspekte von Klimaschutz und –
wandel nur so qualifiziert betrachtet werden können, wie dieser Themenkomplex gemeinsam
mit den relevanten Experten und Akteuren auf landesweiter bzw. regionaler Ebene bearbeitet und beraten wurde.
Über die Umweltprüfung werden also sehr frühzeitig im Verfahren zur Aufstellung bzw. Änderung eines Raumordnungsplans Aspekte des Klimaschutzes mit einbezogen. Die Festlegungen des Plans werden auch auf ihre CO2-Vermeidungs- bzw. –minderungsfähigkeit hin betrachtet, im Rahmen der Alternativenprüfung wird dieser Sachverhalt mit aufgegriffen. Erste
vorliegende Umweltberichte zu Raumordnungsplänen zeigen jedoch, dass dem Schutzgut
Klima im Vergleich zu anderen Schutzgütern eine eher untergeordnete Bedeutung zukommt.
Eine künftig stärkere Berücksichtigung dieses Schutzgutes ist erforderlich, auch in seinem
Stellenwert gegenüber den weiteren Schutzgütern. Der Klimawirksamkeit der Planung muss
im Rahmen der Umweltprüfung nachgegangen werden. Aufgrund der regional sehr unterschiedlichen Betroffenheit von den Auswirkungen des Klimawandels wird es sicherlich
schwierig sein, sich hierzu auf bundesweit geltende Standards zu verständigen; eine Verständigung zu einem Set an Prüfkriterien sollte jedoch angestrebt werden. Zum Standard
sollte es jedoch werden, dass in der zusammenfassenden Umwelterklärung, als einem festen Bestandteil der Umweltprüfung, auf die Frage eingegangen werden muss, inwieweit der
Plan den Anforderungen des Klimawandels Rechnung trägt.
Ein weiterer wichtiger Baustein der Umweltprüfung ist das Monitoring, also die Benennung
von Maßnahmen zur Überwachung der erheblichen Auswirkungen aus der Umsetzung des
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Plans auf die Umwelt. Hierbei werden schwerpunktmäßig die Auswirkungen kontrolliert, die
im Umweltbericht beschrieben sind. Insgesamt erscheint es jedoch sinnvoll, das Monitoring
im Kontext der ohnehin zweckmäßigen planerischen Erfolgskontrolle bzw. zur laufenden
Raum- und Umweltbeobachtung zu verstehen (jedoch als - auch aus formalen Gründen abgegrenzter eigenständiger Baustein). Darüber könnte auch versucht werden die Veränderung von Klimadaten in Beziehung zu setzen zur Umsetzung der Festlegungen des Plans.
Intention dabei wäre, frühzeitig unvorhergesehene negative Auswirkungen zu ermitteln, um
in der Lage zu sein, geeignete Abhilfe zu ergreifen.
5. Fazit
⇒ Klimawandel ist ein gesamtgesellschaftliches und globales Problem und daher von allen Planungsbeteiligten zu lösen. Raumordnung muss immer dann einen Beitrag leisten, wenn überörtliche und fachübergreifende Problemstellungen betroffen sind und
Lösungen erforderlich werden, die die Aufgaben und Möglichkeiten einzelner Gemeinden oder einzelner Fachbereiche überschreiten.
⇒ Die im ROG definierten formellen und informellen Instrumente der Raumordnung sind
zum Schutz des Klimas sowie zur Anpassung an den Klimawandel ausreichend und
werden in den Raumordnungsplänen der Länder bereits teilweise angewendet. Es ist
jedoch eine Weiterentwicklung und Anpassung der vorhandenen Instrumente an die
zukünftigen Erfordernisse vorzunehmen. Im Hinblick auf häufig wenig detailscharfe
räumliche Vorhersagen und allgemein unsicherere Prognosen als beispielsweise hinsichtlich der Bevölkerungsvorausberechnungen sollte eine stärkere Flexibilisierung der
formellen Raumordnung hinsichtlich bedingter und befristeter Festlegungen (vgl. § 9
Abs. 2 BauGB) geprüft werden.
⇒ In den Raumordnungsplänen finden sich bereits viele Ansätze für Vermeidungs/Minderungs- und Anpassungsstrategien.
⇒ Erforderlich wäre eine Evaluierung, inwieweit bislang klimarelevante Festlegungen der
Regionalpläne insbesondere auf der Ebene der Bauleitplanung umgesetzt wurden.
⇒ Als Problem in Bezug auf den Klimawandel zieht sich durch fast alle Handlungsfelder
der weiterhin nahezu ungebremste Flächenverbrauch – dies erfordert ein verstärktes
Mitwirken der Raumordnung zur Erreichung des Ziels der Bundesregierung bis 2020
Flächenverbrauch auf 30 ha/Tag zu reduzieren.
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⇒ Die bei den einzelnen Handlungsfeldern aufgeführten weiteren Handlungserfordernisse
müssen in enger Zusammenarbeit mit der Fachplanung unter Nutzung neuer Daten
und Erkenntnisse ausgefüllt werden.
⇒ Dazu ist auch der weitere Austausch zwischen den Ministerkonferenzen notwendig.
⇒ Es bedarf neuer Impulse durch und für die Regionalplanung, um stärker als bisher bei
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die Aspekte der Verkehrsvermeidung,
Verkehrsminimierung bzw. –verlagerung fachplanungsübergreifend zu berücksichtigen.
⇒ Hervorzuheben ist die Rolle der Regionalplanung bei der Umsetzung der Vermeidungs- und Minderungsstrategien sowie Anpassungsstrategien insbesondere auch in
Bezug auf den Einsatz informeller Instrumente (Regionalplanung als Bindeglied zur
kommunalen Umsetzungsebene). Erforderlich ist die weitere Förderung des Aufbaus
von regionalen Netzwerken, verstärkte Wahrnehmung der Beratungs-, Moderationsund Koordinationsfunktion der Regionalplanung sowie die Durchführung eines Risikomanagements in enger Zusammenarbeit mit den regionalen Akteuren.
⇒ Insgesamt zeigt das Handlungskonzept einen Überblick über die Palette der möglichen
Inhalte und Instrumente (Handwerkszeug) der Raumordnung zur planerischen Umsetzung z.B. von raumrelevanten Ergebnissen der Deutschen Anpassungsstrategie auf
Landes- bzw. regionaler Ebene auf. Es dient damit den raumrelevanten Fachbereichen als Information und auch als Anregung, bereits im Rahmen wissenschaftlicher
Forschungen und fachlicher Diskussionen die Möglichkeiten und Chancen raumordnerischer Festlegungen mit einzubeziehen.
6. Literatur
ARGEBAU vom 25.09.2003 (überarbeitete Fassung vom 06.03.2008): „Handlungsanleitung
für den Einsatz rechtlicher und technischer Instrumente zum Hochwasserschutz in der
Raumordnung, in der Bauleitplanung und bei der Zulassung von Einzelvorhaben“
Beschluss des Bundeskabinetts vom 17.12.2008: Deutsche Anpassungsstrategie an den
Klimawandel
<http://www.bmu.de/klimaschutz/downloads/doc/42783.php>
BMU 2008: Die Verminderung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen
http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/lahl_umweltsymposium_mai08.pdf
FoPS-Studie „Verkehrliche Wirkungen einer dezentral-konzentrierten Siedlungsentwicklung –
Entwicklung einer Methodik der Folgeabschätzung regionaler Siedlungskonzepte für die Regionalplanung“; veröffentlicht in: Werkstatt: Praxis Heft 46, BBR, Bonn 2006
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FoPS-Studie „Raumordnungsrechtliche Festlegungen zum Verkehr in Regionalplänen“; veröffentlicht in: Werkstatt: Praxis Heft 48, BBR, Bonn 2007
Münchner Rück 2003: Die 10 größten Naturkatastrophen 2003
<http://www.munich-re.com/app_resources/pdf/press/press_releases/legacy/pm_2003_12_29_d.pdf>
MKRO-Entschließung vom 27.11.1992: „Aufbau eines ökologischen Verbundsystems in der
räumlichen Planung“
MKRO-Entschließung vom 08.03.1995: „Beiträge räumlicher Planungen zum vorbeugenden
Hochwasserschutz“
MKRO Entschließung vom 29.03.1996: „Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesplanung zu einem grenzübergreifenden vorbeugenden Hochwasserschutz in Flussgebieten“
Umweltbundesamt (Hrsg.) 2007: Klimaschutz in Deutschland: 40%-Senkung der CO2Emissionen bis 2020 gegenüber 1990.
BMVBS/BBR (Hrsg.): Raumentwicklungsstrategien zum Klimawandel, BBR-OnlinePublikation 19/2008
<bbsr.bund.de/cln_005/nn_23582/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/BBSROnline/2008/ON192008.html>
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