4. 2015 ZEITSCHRIFT FÜR ÖKOLOGIE, NATUR- UND UMWELTSCHUTZ ÖKO·L 37/4 (2015) Naturkundliche Station der Stadt Linz 1 Liebe Leserin! Lieber Leser! Seit 2005 – also mittlerweile seit 10 Jahren – hat die Naturkundliche Station ihre Heimstätte im Botanischen Garten. Mit der Zusammenführung dieser beiden Abteilungen im Zuge der damaligen Magistratsreform war nicht nur ein Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung verbunden, sondern es ergab sich auch eine sinnvolle Symbiose auf fachlicher Ebene: ökologische und gärtnerische Kompetenz rückten zusammen und die Möglichkeiten, Naturschutzanliegen einem breiten Publikum zu vermitteln, wurden deutlich verbessert. INHALTSVERZEICHNIS ÖKO•L - Jahrgang 37, Heft 4 Zeitschrift für Ökologie, Natur- und Umweltschutz Hauptartikel Libellen im Botanischen Garten Linz Gäste, Heimkehrer oder doch nur Fremdlinge? Exotische Gehölze in unseren Wäldern Damit wünsche ich Ihnen eine besinnliche und (in Zeiten wie diesen besonders wichtig!) FRIEDLICHE Weihnachtszeit und viel Glück und Gesundheit im Neuen Jahr! Ihr Dr. Friedrich Schwarz (Abteilungsleiter Botanischer Garten und 2 Naturkundliche Station) I-IV ÖKO•Li Kinderseite und Poster H. STEIN ER Mit dem zu Ende gehenden Jahr rückt auch die Zeit der Weihnachtsbäume immer näher. Vielleicht haben Sie sich schon manchmal gefragt, welchen Baum Sie da eigentlich erstehen, der dann festlich geschmückt im Wohnzimmer steht? Prof. Michael Hohla, aufmerksamen ÖKO.L-LeserInnen bestens bekannt für außergewöhnliche botanische Themen, ist nicht nur diesen Saisonbäumen nachgegangen, sondern generell den exotischen Gehölzen in unserer Landschaft. Wobei er die gar nicht leicht zu beantwortende Frage stellt: Handelt es sich um „Gäste, Heimkehrer oder doch nur um Fremdlinge“? Schließlich kommt der Wildbiologe und Geschäftsführer des Oö. Landesjagdverbandes Mag. Christopher Böck zu Wort, der uns eine Replik zum Artikel von Rudolf Schauberger über den Feldhasen im ÖKO.L 3-2015 geschickt hat. Auch hier kann das Gleiche wie im Artikel von Steiner gelten: manches scheint komplizierter zu sein, als dies bei oberflächlicher Betrachtung den Anschein hat … 10 M. H O H LA In der letzten ÖKO.L-Ausgabe des heurigen Jahres wollen wir diesem kleinen Jubiläum in Form eines Artikels unseres Redakteurs und Libellenforschers Ing. Gerold Laister Rechnung tragen. Seine Forschungsobjekte befinden sich ja quasi „vor der Haustür“. Was liegt also näher, als der Frage nachzugehen, welche Bedeutung der Botanische Garten für diese Tiergruppe eigentlich hat? Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen: immerhin wurden 20 Arten, darunter einige Überraschungen, nachgewiesen. Ebenfalls regelmäßiger ÖKO.L-Autor ist Dr. Helmut Steiner. Sein in Fachkreisen immer wieder für Diskussionen sorgender Ansatz, welchen Einfluss Beutegreifer auf die Population von Vogelarten haben, kommt auch in seinem neuen Artikel über Spechte zum Ausdruck. Auf den Punkt gebracht: über Sein oder Nichtsein von Tierarten entscheidet nicht nur die Lebensraumqualität, sondern auch der Sicherheitsaspekt, was so viel bedeutet, wie: Wie hoch ist das „Risiko“, von Feinden erbeutet und verspeist zu werden? Übrigens: den Spechten ist derzeit eine interessante Ausstellung im Biologiezentrum des Oö. Landesmuseums gewidmet (noch zu sehen bis 16. Oktober 2016). 3 G. LAISTER Spechte und die „predation risk landscape“ C. B Ö CK Der Feldhase im Jagdrevier Überlegungen aus der Praxis 27 34 Informationen Buchtipps .......................................................................... 26 Leserbriefe, Richtigstellung ............................................. 33 Impressum ....................................................................... 26 Veranstaltungen ................................................................ 36 Infos zu ÖKO.L Leseprobe – Abo – Geschenk-Abo Botanischer Garten und Naturkundliche Station Roseggerstraße 20-22, 4020 Linz Tel.: 0732/7070-1862, E-Mail: [email protected] www.linz.at/umwelt/3911.asp Abo Jahrgang 2016: € 18,- TITELBILD Die Westliche Weidenjungfer (Lestes viridis) ist eine jener Libellenarten, die Jahr für Jahr im Botanischen Garten Linz zu finden sind. Titelbild: G. Laister ÖKO·L 37/4 (2015) ÖKO·L 37/4 (2015): 3-9 ENTOMOLOGIE Ing. Gerold LAISTER Libellen im Botanischen Garten Linz Stadtgrün und Straßenbetreuung Abteilung Botanischer Garten und Naturkundliche Station Roseggerstraße 20 4020 Linz [email protected] Wiesenflächen bepflanzte Bereiche Teiche barrierefreie Wege nicht barrierefreie Wege Arbeitsbereiche Glashäuser Gebäude 5 6 4 2 3 7 8 9 11 1 10 Abb. 1: Plan des Botanischen Gartens mit den 11 in blau eingezeichneten Teichen. Jeder Gartenteichbesitzer sieht es – sobald es so richtig wärmer wird im Frühling, schwirren die Libellen wieder über dem Teich. Zwar sind es meist einige „typische“, häufige Arten, die an Gartenteichen fliegen, aber Libellen sind gute Zeigerorganismen. Besonders die Strukturen – Pflanzenreichtum, freie Wasserfläche, bewachsene oder unbewachsene Ufer etc. – spielen für sie eine große Rolle. Arten haben sich in unterschiedlichem Ausmaß auf bestimmte Lebensräume spezialisiert. So gibt es Libellenarten, die neue, noch unbewachsene oder nur spärlich bewachsene Gewässer bevorzugen und daher an einem frisch angelegten Teich gefunden werden können. Sobald der Pflanzenbewuchs dichter wird, sind ÖKO·L 37/4 (2015) sie meist nicht mehr zu sehen, dafür kommen dann andere Arten, die zuweilen auch besondere Vorlieben haben, etwa eine größere Röhrichtzone oder Schwimmpflanzen. Natürlich gibt es auch Arten, die nicht so sehr an bestimmte Biotope gebunden sind und daher ganz unterschiedliche Gewässer besiedeln können. Meist stellen sie den Großteil der Arten, die beim Gartenteich zu sehen sind. Die Teiche des Botanischen Gartens Linz sind natürlich nicht in erster Linie dazu angelegt, Libellen anzuziehen. Hier gilt es, Pflanzen zu zeigen – etwa Seerosen – Sumpfzonen, Moorbereiche und andere Biotope darzustellen. Das Wohlbehagen darf natürlich auch nicht zu kurz kommen – im „Garten der Sinne“. Trotzdem – wo Wasser ist, fliegen Libellen zu – welche, das wird im Folgenden beschrieben. Die Teiche – sonnig bevorzugt! Auf dem 4,2 ha großen Gelände des Botanischen Gartens sind elf Teiche angelegt. Nicht alle eignen sich gleichermaßen für die Besiedlung durch Libellen (Abb. 1). Stark beschattete Gewässer werden zum Beispiel nicht beziehungsweise kaum von diesen Tieren genutzt. Libellen sind eben „Sonnentiere“; sie sind bei bedecktem Himmel auch deutlich weniger aktiv. 3 Abb. 2: Eingebettet in die „Landschaft“ des Alpinums, der große Alpinumteich. Abb. 3: Die beiden größten Gewässer des Botanischen Gartens beherbergen auch die meisten Libellen, im Bild Teich 10. Abb. 4: Teich 11 mit der Gemeinen Heidelibelle (Sympetrum vulgatum) im Vordergrund. Zur einfacheren Bearbeitung habe ich die Teiche nummeriert (Abb. 1). Teich 1, wegen seiner Form Hufeisenteich genannt, hat kaum Bewuchs und wird nur spärlich von Libellen genutzt. An dem nur wenige Meter entfernt im Senkgarten liegenden Teich 2 ist in dieser Hinsicht schon mehr los. Er ist rechteckig 5 x 6 m groß, und eine besondere Augenweide neben den Seerosen ist die Lotusblume. Wendet man sich nach Osten dem Alpinum zu, ist es ebenfalls nicht weit zum dritten Teich, der eher natürliche Charakteristik aufweist (Abb. 2). Krebsschere, Seekanne, Teichrose und ein Röhrichtbereich, finden sich in dem etwa 6 x 9 m großen Gewässer. Ein Stück weiter ebenfalls im Alpinum liegt der kleine Alpinumteich (Teich 4), an dem Pfitzner (1978) die Schlupfdynamik der Blaugrünen Mosaikjungfer (Aeshna cyanea) untersuchte. Gleich unterhalb neben dem Wiesenmoor liegt der dicht bewach4 sene Teich 5. Beide Teiche sind mehr oder weniger kreisrund und haben etwa 5 m Durchmesser. Die Teiche 6 bis 8 liegen im Schatten der Bäume und sind wie schon erwähnt für Libellen deshalb weniger attraktiv. Auch Teich 9 ist zum Teil beschattet, bekommt aber genug Sonne um Schwertlilie und Teichrose sowie einigen Libellenarten Lebensraum zu bieten. Mit weniger als 10 m Länge ist seine Größe vergleichbar mit der der bisher behandelten Gewässer. Die beiden größten Gewässer (Teich 10: 17 x 7 m, Teich 11: 25 x 10 m) sind im westlichen Teil des Gartens zu finden (Abb. 3 und 4). Im freien Wasser sind Seerosen zu sehen, an den Ufern werden eine Reihe weiterer Sumpf- und Wasserpflanzen präsentiert. Die dem Artikel zugrundeliegenden Daten stammen aus den Jahren 1988-2015, wobei nicht in allen Jahren nach Libellen Ausschau gehalten wurde. Libellenarten – eine Sommerreise Wie man sieht, liegen die Teiche im Botanischen Garten relativ nahe beieinander. Libellen sind gute Flieger, es erscheint daher nicht vordringlich, die einzelnen Arten bestimmten Gewässern zuzuordnen, auch wenn manche Arten immer wieder über den gleichen Gewässern fliegen. Die Reihung der Arten folgt deshalb dem Jahreslauf, beginnend mit den ersten Arten im Frühjahr bis zu den letzten im Herbst. Für die Beschreibungen der Lebensraumansprüche wurde auf Raab u. a. (2006), Bellmann (1993) sowie Sternberg u. Buchwald (1999, 2000) zurückgegriffen. Etwa zwischen dem 20. und dem 25. April beginnt zumindest im Botanischen Garten in Linz die FalkenÖKO·L 37/4 (2015) libelle (Cordulia aenea) zu schlüpfen (Abb. 5). Während des Schlupfes – es kann bis zum Abfliegen des fertigen Insektes mehrere Stunden dauern – sind Libellen praktisch wehrlos. Im Gegensatz zu anderen Arten, die sich zum Schutz vor Feinden in der Nacht zum fertigen Insekt wandeln, schlüpfen Falkenlibellen meist vormittags. Man kann den Schlupfvorgang so auch gut beobachten. Die Art ist typisch für Augebiete, hier besiedelt sie besonders Gewässer mit Röhrichtzone. Im Botanischen Garten ist sie seit Jahren bodenständig und hauptsächlich an Teich 3 und Teich 10 zu finden. Zu den ersten Libellen zählt auch die Frühe Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula). Sie besiedelt vor allem Kleingewässer mit guter Verlandungszone. Als Frühjahrsart ist sie, wie auch die Falkenlibelle, sobald sich der Sommer deutlich bemerkbar macht kaum mehr zu sehen. Im Botanischen Garten ist sie an mehreren Teichen zu beobachten und ebenfalls bodenständig (Abb. 6). Die Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) beginnt zwar auch früh im Jahr zu fliegen, ist dann aber den ganzen Sommer lang häufig zu beobachten (Abb. 7). Sie ist eine der Arten die an jedem Gartenteich zu finden sind und zählt ebenso zu den Arten, die im Botanischen Garten bodenständig sind. Es gibt allerdings mehrere Azurjungfer-Arten, bei denen die Männchen dieser kleinen, blauen Libelle ähnlich sehen und die sich hauptsächlich durch die schwarze Hinterleibszeichnung unterscheiden. Es ist also Achtsamkeit geboten bei der Bestimmung. Die Weibchen dieser Arten sind meist noch schwerer auseinanderzuhalten als die Männchen. Abb. 5: Ein Weibchen der Falkenlibelle (Cordulia aenea) kurz nach dem Schlupf. Abb. 6: Es ist schon in ihrem Namen enthalten, die Frühe Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula) ist eine der ersten Libellen im Frühjahr. Abb. 7: Die Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) ist bei uns eine der häufigsten Arten. Unverkennbar mit dem breiten, im ausgereiften Zustand blau bereiften Hinterleib ist der Plattbauch (Libellula depressa). Er fliegt vor allem an vegetationsarmen Gewässern, ist aber auch häufig an Gartenteichen (Abb. 8). Im Botanischen Garten ist er immer wieder an unterschiedlichen Gewässern zu sehen, ob er bodenständig ist, das heißt, ob er hier auch regelmäßig seine Entwicklung vollenden kann, ist allerdings nicht geklärt. Der Vierfleck (Libellula quadrimaculata) gehört, wie dem wissenschaftlichen Namen zu entnehmen ist, der gleichen Gattung an wie der Plattbauch, bevorzugt aber vegetationsreiche Weiher und Teiche. Typisch ÖKO·L 37/4 (2015) Abb. 8: Normalerweise oft an Gartenteichen zu sehen, zählt der Plattbauch (Libellula depressa) im Botanischen Garten jedoch nicht zu den häufigen Arten, da er vorwiegend vegetationsarme Gewässer besiedelt. Foto: H. Rubenser 5 ÖKO·L 37/4 (2015): 10-26 BOTANIK Gäste, Heimkehrer oder doch nur Fremdlinge? Exotische Gehölze in unseren Wäldern Prof. Michael HOHLA Therese-Riggle-Straße 16 A-4982 Obernberg am Inn [email protected] Abb. 1: Blühende Apfelbäume – Symbole unserer Hügellandschaft. Mindestens seit der Römerzeit werden Bäume aus fernen Ländern bei uns gepflanzt. Man denke an die vielen Obstgehölze oder Zierbäume in unseren Gärten oder Parkanlagen. Auch in den Wäldern finden vermehrt fremde Arten Verwendung. Man pflanzt heute Bäume verschiedenster Herkunft, darunter sogar Exoten aus Übersee. Dies alles geschieht in der Hoffnung auf gutes Wachstum, sprich Ertrag, für die nächsten Generationen oder aus Lust an Außergewöhnlichem. Immer wieder stößt man auf Gehölze, die man als Laie ohne fachliche Hilfe oder Spezialliteratur nicht bestimmen kann. Ob diese „Gäste“ in unseren Wäldern nur kurzfristig zu Besuch sein werden oder ob ihr Aufenthalt ein längerer und erfolgreicher sein wird, das wird allein die Zukunft zeigen. Abwechslungsreiche Wiesenlandschaften mit üppig tragenden Obstbäumen (Abb. 1), darunter auch herrliche alte, knorrige Gesellen (Abb. 2), Schatten spendende Kastanienbäume in den Gastgärten (Abb. 3), der berühmte Nussbaum (Abb. 4) vor dem Haus, die Marillen „in der Scharten“ (Abb. 5), prächtige Platanen in den Städten (Abb. 6), der Edelkastanienwald (Castanea sativa – Abb. 7) in Unterach am Attersee, Pappelwälder in den Flussauen (Abb. 8) … Bäume wie diese gehören heute in unsere Landschaft, zu unserem Alltag, kaum jemand macht sich noch Gedanken über deren ursprüngliche Herkunft. 10 Manche frühere Kulturpflanze unter den Bäumen hat es jedoch nicht mehr in die Jetztzeit geschafft. So pflanzte man etwa im 19. Jahrhundert in Oberösterreich hunderttausende (!) Maulbeerbäume (Morus alba u. a. – Abb. 9) für die Zucht von Seidenraupen (Kneifel 1987). Mir selber sind noch die Erzählungen meines Vaters in Erinnerung über einen alten Maulbeerbaum im früheren „Pflieglgarten“ (jetzt „Hohlagarten“) in Obernberg am Inn (vgl. Berger 1925). Er erzählte vom eindrucksvollen Gesang der Pirole aus der Baumkrone, diese Kindheitserlebnisse hinterließen bei ihm einen bleibenden Eindruck. Maulbeerbäume gibt es heute in Oberösterreich nur mehr ganz wenige. Auch andere alte Obstgehölze bzw. -sorten sind inzwischen selten geworden, neben alten – oft nur regionalen – Äpfel- und Birnensorten denke ich auch an Spilling, Zibarte, Pemsen, Zwispitz, Pfludern, Speierling (Abb. 10) u. a. (Werneck 1950 u. 1961). Gerade in Zeiten der Globalisierung werden heute standardisierte, massentaugliche Sorten bevorzugt und in großem Stil kultiviert. Alte Sorten sind heute nicht nur etwas für Liebhaber, sondern auch ein kleiner persönlicher Kontrapunkt im Angesicht der großen Strömungen! ÖKO·L 37/4 (2015) Fremde Bäume und Sträucher werden auch entlang von Straßen und Autobahnen, Bach- und Flussuferböschungen gepflanzt. Hier steht allerdings nicht der Fruchtgenuss im Vordergrund, sondern die Befestigung der Böschungen sowie Staub- und Lärmschutz im Fall der Straßen und Autobahnen (Abb. 11 u. 12). In den großen Ebenen pflanzte man schnellwüchsige Bäume, etwa Pappeln, als Windschutz. In den Städten wachsen exotische Gehölze an öffentlichen Plätzen, aus optischen Gründen aber auch in ihrer wichtigen Funktion als „grüne Lunge“ und Schattenspender (Abb. 13 bis 16). Die Stadtbäume müssen allerdings unempfindlich sein gegenüber verdichteten Böden und Schadstoffemissionen des Verkehrs und der Industrie („industriefest“). Der Angst vor Sturmschäden und Prozesslawinen fallen leider so manche der alten wunderbaren Stadtbäume zum Opfer. Abb. 2: Streuobstwiesen im Obst-Hügel-Land Scharten. Sorten, Hybriden, Cultivare, Klone … Bei den in den Städten, an Uferböschungen, Straßen, Autobahnen usw. gepflanzten Bäumen stößt man als Botaniker beim Versuch der Artbestimmung regelmäßig an seine Grenzen. So gibt es heute etwa bei Pappeln, Ulmen (Abb. 12 u. 17) oder Linden (Abb. 18) unzählige Sorten mit entsprechenden Phantasienamen. Alleine für die Stadt Hamburg werden an die 30 Ulmensorten angegeben (Mackenthun 2007). Bei der in Deutschland gegenwärtig am häufigsten gepflanzten Ulme heißt es etwa im „Handbuch der Ulmengewächse“ (Mackenthun 2010): „Die Sorte ‚New Horizon‘ ist eine der vielen Cultivare aus der amerikanischen Resista-Reihe von Gene Smalley aus Madison, Wisconsin. Man kreuzte dabei die Japanische Ulme (U. japonica) und die Sibirische Ulme (U. pumila). Die Markteinführung war im Jahr 1994. Die Sorte gilt als hoch resistent gegenüber der Holländischen Ulmenkrankheit … Da es sich bei modernen Züchtungen oftmals um Komplexhybride mit drei oder mehr Elternarten handelt, wird kein Artname angegeben, sondern die Sortenbezeichnung folgt direkt auf den Gattungsnamen.“ Extrem ist es bei den Pappeln, dort existieren heute bereits etwa 300 Sorten, die meistens durch Stecklinge (Klone) ausgepflanzt werden (Bisoffi u. Gullberg 1996). Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch etwas zu den in der Überschrift ÖKO·L 37/4 (2015) Abb. 3: Die Roß-Kastanie (Aesculus hippocastanum) – ein typischer Stadtbaum – befallen von der Kastanien-Miniermotte. Abb. 4: Einer der vielen jungen Wal-Nussbäume (Juglans regia) – noch kein zwingendes Zeichen des Klimawandels! 11 Abb. 5: Blühende Marillenbäume „in der Scharten“. Abb. 6: Mächtige Platane (Platanus x hispanica) vor dem ORFLandesstudio Linz. Abb. 7: Die Europäische Edelkastanie (Castanea sativa) – eine forstliche Alternative in Zeiten der Klimaerwärmung (L ang 2007)? Abb. 8: Pappelforst in den Innauen nahe Mühlheim am Inn. Abb. 9: Weiße Maulbeere (Morus alba) im Herrengarten des Stiftes Reichersberg. Abb. 10: Der Speierling (Sorbus domestica) – früher wie auch heutzutage eine große Rarität. 12 ÖKO·L 37/4 (2015) Ö K O · L 37/ 4 ( 20 15 ) Naturk undlic h e Station der Stadt L inz Liebe j unge Naturf reunde! I M an kann besonders im W inter beobachten, dass manche Vogelarten bei häufigerem Kontakt mit M enschen erstaunlich z utraulich w erden. D a nehmen beisp ielsw eise K ohl- und Blaumeisen D argebotenes sogar v on der H and. Seltener tut das auch mancher Sp erling. Tauben sind ohnehin nicht besonders scheu und treiben es bisw eilen bis z ur Unv erf rorenheit, indem sie j emanden, der nach Essbarem „ ausschaut“ , geradez u anbetteln, um nicht z u sagen belagern, manchmal sogar K op f und Schultern kurz f ristig als „Ausflugswarte“ benutz en. D er oder die Betrof f ene denkt dann w omö glich: „ Sind die Tauberl aber lieb z u mir! “ n Gärten, Friedhö f en und P arkanlagen – selbst oder gerade auch der Groß städte, v erhalten sich ebenso Säugetiere of t recht unbekü mmert dem M enschen gegenü ber: Feldhasen, R ehe, Fü chse, sogar W ildschw eine sind nicht erst neuerdings keine seltenen Stadtbew ohner mehr. B ekanntestes und w ohl beliebtestes W ildtier ist das Eichhö rnchen. Soeben nähert sich eines dem kleinen Buben, der da mit seiner M ama M aroni knabbernd den angeschneiten P arkw eg entlang schlendert und nimmt ihm den w armen, duf tenden Bissen ohnew eiters aus der v orgehaltenen H and. I m Nu ist es damit auf dem nebenstehenden Baum, rasp elt sich die Leckerei rein und – gibt’ s noch w as? – hockt schon w ieder erw artungsv oll, w ie es scheint, v or den beiden M enschen. Eic h h ö rnc h en E ichhö rnchen halten j a keinen W interschlaf w ie etw a M urmeltier, Siebenschläf er und andere, z u Nagetieren und Bilchen gehö rende Säugetiere. Sie sind tagaktiv und eher selten auf dem Boden anz utref f en, legen aber im Boden, in der Laub- und K rautschicht V orräte an. Eichhörnchen tragen im Tiefland meist ein fuchsrotes Fell, in Höhenlagen ist es häufig braun bis schw arz , w obei der Bauch bei allen Farbv ariationen stets w eiß ist. D ie O hrsp itz en z ieren v om H erbst bis ins Frü hj ahr H aarp insel. B eim Lauf en und Sp ringen dient der buschige Schw anz als Steuer. Eichhö rnchen sind w ahre M eister im K lettern und Sp ringen; sie kö nnen an Baumstämmen auch kop f unter hinabsausen. Gelegentlich, w enn ihnen ihr ge- E ic hhö r nc he n ( S c iur us v ulg a r is ) , F o to : J o s e f L i mb e rg e r f ährlichster Feind, der ebenso schnelle und gew andte Baummarder bis in die Baumkrone auf den Leib gerü ckt ist und ein Entkommen ausgeschlossen scheint, sp ringen sie aus schw indelnder H ö he z um Boden, w obei der Schw anz w ie ein Fallschirm benutz t w ird. D iesen Sp rung w agt der z w ei- bis dreimal schw erere Jäger meist nicht. sechs W ochen v erlassen die Jungen erstmals das Nest. U D ie Nahrung besteht aus Samen v on Nadelbäumen, aus Nü ssen, Bucheckern, Eicheln, K nosp en, Beeren, P ilz en und R inde. M an glaubt es kaum, aber V ogeleier und Jungv ö gel stehen ebenf alls auf dem Sp eisep lan des Eichhö rnchens. Z u seinen Feinden z ählen Baummarder, H abicht und Uhu. I n f reier Natur w erden Eichhö rnchen kaum älter als drei Jahre. D as H ö chstalter in Gef angenschaf tshaltung ist 18 Jahre. nser Nager legt hoch im Baum ein kugeliges Nest mit ein bis z w ei Eingängen an, den sogenannten K obel. So ein K obel besteht aus verflochtenem Astgewirr und wird mit Gras, Blättern und M oos ausgelegt. H ält sich das abt eine gute Z eit Tier im Nest auf , stop f t es die Eingänge z u. Euer R udolf Etw a im M ärz w erden nach 4 0 Tagen Tragz eit drei bis f ü nf nackte, blinde Junge geboren. O f t sind es z w ei W ü rf e im Jahr. Nach rund Tex t und Z eichnungen: R udolf S c h a u b e r g e r H ÖKO·L 37/4 (2015): 27-33 ORNITHOLOGIE Spechte und die „predation risk landscape“ Dr. Helmut STEINER Inst. f. Wildtierforschung Mühlbachgasse 5 4533 Piberbach [email protected] Abb. 2: Naturverjüngung auf Baumstumpf in einem guten Specht-Lebensraum in den nördlichen Kalkalpen. Foto: H. Steiner Abb. 1: Lebensraum des Weißrückenspechts in den nördlichen Kalkalpen. Foto: H. Steiner Spechte sind nicht einfach Anzeiger von viel Totholz oder Insekten. Sie reagieren genauso auf das FeindRisiko (Scherzinger 1998): Bei einer Borkenkäfer-Massenvermehrung im Nationalpark Bayerischer Wald wurden deckungsarme Bereiche kaum genutzt. Die Gefahr ist an unterschiedlichen Orten höher oder geringer: Neben der Deckung ist die Nähe von Greifvogel- oder Eulen-Nestern ein wichtiger Faktor. Das Überfliegen von Freiflächen und Tälern ist wegen Falken gefährlich. Unsere einheimischen Spechte sind nahrungsökologisch unterschiedlich eingenischt von Totholzinsekten (Weißrückenspecht) über Borkenkäfer (Dreizehenspecht), Baum-Ameisen (Schwarzspecht), Boden-Ameisen (Grün-, Grauspecht), Pflanzensamen und diverse Kleintiere (Buntspecht), bis zum Abklauben von Insekten in Bäumen (Mittelspecht, Kleinspecht). Untersuchungen zum Bruterfolg und Lebensraum wurden schon öfters ÖKO·L 37/4 (2015) Abb. 3: Guter Specht-Lebensraum (unter anderem Grauspecht) in den nördlichen Kalkalpen. Foto: H. Steiner Abb. 4: Totholz ist wichtig, aber nicht alles für Spechte. Foto: H. Steiner durchgeführt (z. B. Ruge u. Weber 1974,Glutz von Blotzheim u. Bauer 1980, Scherzinger 1981, 1990, 1995, 1996, 2006, Weselowski u. Tomialojc 1986, Hansen 1990, Blume 1996, L ange 1996, Pechacek 1995, Weselowski 1995, Mikusinski u. Angelstam 1997, Frank 2002, Stadler 2003a, b; Abb. 1-11, 16-17). kommt noch vor dem Eichelhäher (Prof. H. Winkler mündl.). Er hat einen großen Einfluss auf den Bruterfolg von Weidenmeise, Haubenmeise, Zwergschnäpper, Trauerschnäpper, Halsbandschnäpper oder Kleinspecht und plündert oft mehr als die Hälfte der Bruten (z. B. Gatter 2000 mit weiteren Zitaten). Selbst habe ich einmal beobachtet, wie er ein BuchfinkNest in nur rund ein Meter Höhe in einem Busch plünderte. Der Buntspecht ist der effektivste Nestplünderer bei Singvögeln und 27 Abb. 5: Grünspecht – seine Hauptfeinde sind Habicht und Wanderfalke. Foto: R. Katzinger Abb. 7: Der Kleinspecht wird durch Konkurrenz seitens des Buntspechts zurückgedrängt. Foto: R. Katzinger Aber auch Spechte haben viele Feinde (Abb. 11). Waldkäuze zum Beispiel können sie aus den Höhlen ziehen (Uttendörfer 1939). Marder klettern in die Höhlen von Schwarzspechten. Die Tiefe der Buntspecht-Höhlen ist genau so bemessen, dass ein Marder mit seiner Pfote den Boden mit den brütenden Vögeln nicht erreicht. Wir wissen aber viel weniger über die Feindvermeidung als über die Nahrungsökologie. Hier werden folgende Fragen untersucht: ] Wie unterscheidet sich die Erbeutung einzelner Specht-Arten bei Sperber, Habicht, Baumfalke, Wanderfalke und Mäusebussard? ] Wie ist die jahreszeitliche Erbeutung von Buntspecht und Schwarzspecht bei Sperber und Habicht? Wie hoch ist der Anteil flügger Jungvögel? ] Wie variiert die Erbeutung mit der Landschaft, in waldärmeren und waldreicheren Gebieten? 28 Abb. 6: Der Schwarzspecht hat sich in die fragmentierte Kulturlandschaft ausgebreitet und er wechselt oft in seinem typischen langsamen Flug von Waldinsel zu Waldinsel. Er sucht regelmäßig Nahrung in der Nähe von Habicht-Brutplätzen, brütet aber im Gegensatz zum Bunstpecht dort kaum. Foto: R. Katzinger Abb. 8: Der Buntspecht ist meistens der wichtigste Nestfeind der kleinen Singvögel. Die Erbeutung des Buntspechts durch Greifvögel dürfte sich positiv auf Kleinvögel auswirken und sollte näher untersucht werden. Foto: R. Katzinger ] Wie ist das Verhalten und Brüten des Buntspechtes in der Nähe seiner Feinde, insbesondere des Habichts? 2006, Sergio u. Hiraldo 2008), oder für Watvögel (Ydenberg u. a. 2004, Pomeroy u. a. 2006, Cresswell 2008). Das Denkkonzept der „predation risk landscape“ oder „landscape of fear“ besagt, dass der Sicherheitsaspekt wichtig für die Standortwahl eines Individuums ist. Immer mehr zeigt sich, dass die herkömmliche „Habitatstrukturforschung“ an ihre Grenzen gelangt ist. Aufwändige Statistiken mit zahllosen Parametern werden produziert, wie oft bei Raufußhuhnstudien in Mitteleuropa. Man vergisst, dass das Haselhuhn früher in Feldhecken, das Auerhuhn teils auf Feldern lebte. Früher wurde pauschal von „Feinden“ gesprochen. Man muss jedoch differenzieren. Die allermeisten Tiere haben mehrere Feinde, und es gibt einen Kompromiss oder Tauschhandel über die relative Sicherheit. Dies gilt sogar für die früher als mehr oder weniger immun gegen Feinde angesehenen Greifvögel (z. B. Übersichten von Steiner u. a. Viel öfter als gedacht kommt es zu „Schutzschirm“-Effekten (umbrella species), bei denen Säuger und Vögel – wie Spechte – gezielt in der Nähe gefährlicher Greifvögel wie Sperber, Wanderfalke, Habicht oder Adler leben (Ratcliffe 1993, Ueta 2001, Pakkala u. a. 2006: Dreizehenspecht beim Habicht, Byholm u. a. 2012). Über Specht-Dichten in den Tief- und Hügellagen Oberösterreichs berichten Weissmair u. Rubenser (2009) und Weissmair (2011): Der Buntspecht erreicht etwa 1-20 Reviere/km2 (meist 7-8); der Grünspecht knapp über 1 Revier/km2; vom Schwarzspecht gibt es nur eine Angabe aus den TraunDonau-Auen mit ca. 0,25 Revieren/ km2, und aus dem Hausruck mit 0,23 Revieren/km2 (L. Mühllechner in Stadler 2003c). ÖKO·L 37/4 (2015) Methoden Die Untersuchungen fanden in Oberösterreich statt, mit Schwerpunkt Traunviertel. Die Rupfungen an den GreifvogelHorsten wurden im Zug der umfangreichen Populationsstudien systematisch aufgesammelt und sorgfältig bestimmt (Steiner 1998). Falls möglich, wurde das Erbeutungsdatum auf Monat und gegebenenfalls Dekade geschätzt. Frischflügge Individuen wurden an den Blutkielen erkannt. Der Zeitraum der Daten umfasst 1990 bis 2014. Der Prozentanteil der Spechte in den Beutelisten der Sperber-Brutreviere hing nicht von der Stichprobengröße ab (p = 0,2, nicht signifikant), sodass die Verwendung der Daten in der vorliegenden Form gerechtfertigt ist. Abb. 9: Der Mittelspecht ist heute eine gefährdete Art, da Wälder nicht mehr alt genug werden, um eine entsprechend raue Borke zu entwickeln. Foto: R. Katzinger Bei der Kontrolle der Greifvogelhorste wurde auch in Radien von etwa 100 m auf Buntspechtbruten und von etwa 300 m auf Schwarzspechtbruten kontrolliert. Gefundene Spechthöhlen wurden mit Datum und auf 10 m geschätzter Entfernung zum Horst in Datenblätter eingetragen. Ergebnisse 414 Specht-Todesfälle durch verschiedene Greifvögel kamen zur Auswertung. Beim Buntspecht wurden die höchsten Anteile beim Habicht, gefolgt von Wanderfalke und Sperber erreicht. Beim Schwarzspecht bestand dieselbe Reihenfolge. Nur der Grünspecht wurde etwas öfter vom Wanderfalken erbeutet. Die 4 Grünspecht-Nachweise beim Sperber betrafen je 2 Jung- und 2 Altvögel, letztere jedenfalls vom Weibchen. Der Baumfalke erbeutete kaum Spechte (Abb. 12). Nur je einmal wurden ein Kleinspecht vom Wanderfalken und ein Wendehals vom Sperber erbeutet. Nicht direkt vergleichbar ist der Mäusebussard, bei dem der Anteil der Vögel in der Beuteliste neben anderen Wirbeltieren und Wirbellosen nicht genau bekannt ist. Unter 151 VogelBeuteobjekten machten Buntspechte 2,6 % aus. Er erbeutete insgesamt schätzungsweise 20-30 % Vögel (Biomasse). Übereinstimmend bei Habicht und Sperber lag der Gipfel der Buntspecht-Erbeutung im Juni, wenn die meisten Jungen die Höhle verlassen. Sonst wurden deutlich weniger erbeutet: Beim Sperber wurden im Mai weniger als die Hälfte, beim Habicht ÖKO·L 37/4 (2015) Abb. 10: Der Dreizehenspecht ist ein Borkenkäfer-Spezialist. Er braucht in seinem Lebensraum jedoch genauso Deckung gegenüber Greifvögeln. Foto: R. Katzinger Abb. 11: Rupfung eines Buntspechtes (Sperber). Foto: H. Steiner 29 ÖKO·L 37/4 (2015): 34-35 JAGD Der Feldhase im Jagdrevier Überlegungen aus der Praxis Der Feldhase wird durch viele Faktoren beeinflusst. In unserer intensiven Kulturlandschaft, die als „Superfaktor“ bezeichnet werden kann und zahlreiche andere Faktoren verstärkt, ist diese Beeinflussung meist negativ. Die Folge war, dass die Dichte zurückging. Das hat ihm den Titel „Säugetier des Jahres 2015“ beschert und man fragt sich, ob das der Feldhasen-Population etwas hilft. Vielleicht gelangt der Hase mehr ins Bewusstsein mancher Leute, die sich mit diesem Tier kaum beschäftigt haben, doch reicht das? 80000 70000 Anzahl Hasen 60000 50000 40000 30000 20000 10000 1969/70 1971/72 1973/74 1975/76 1977/78 1979/80 1981/82 1983/84 1985/86 1987/88 1989/90 1991/92 1993/94 1995/96 1997/98 1999/00 2001/02 2003/04 2005/06 2007/08 2009/10 2011/12 2013/14 0 Abb. 1: Jahresjagdstrecken des Feldhasen in Oberösterreich von 1969 bis 2014. Mag. Christopher BÖCK Wildbiologe und Geschäftsführer des Oö. Landesjagdverbandes Hohenbrunn 1 A-4490 St. Florian [email protected] Im Artikel über den Feldhasen als „Säugetier des Jahres 2015“ im ÖKO.L 37/3 2015 schreibt Herr Schauberger auf Seite 3, dass der Bestandesrückgang des Feldhasen neben anderen Faktoren auch auf „Überjagung zurückzuführen ist“ ...und dass „der Feldhase heute kaum noch bejagt wird“. Wie kommt aber der Autor darauf? Seit den 1980er-Jahren gehen die Feldhasenstrecken in Oberösterreich bis etwa zum Jahr 2005 mit natürlichen Schwankungen stetig nach oben (Abb. 1, von etwa 24.000 im Jahr 1980 bis über 57.700 im Jahr 2005, Statistik Austria)! Erst dann wirken sich einerseits die nicht mehr verpflichtende Brachenerhaltung im Rahmen der EU-Agrarpolitik sowie andererseits die schlechten Witterungsverhältnisse in der Aufzuchtzeit der Hasen vor allem im Mai und Juni (größte Anzahl der gesetzten Junghasen) auf die Besätze aus. „Überbejagung“ einzelner Besätze hat es möglicherweise woanders in Österreich gegeben, für Oberösterreich kann dies auf Grund der Zahlen aber deutlich widerlegt werden! Zunehmende Bestände opportunistischer Beutegreifer wie jene des Rotfuchses und der Rabenkrähe beeinflussen zusätzlich die Feldhasendichte – und natürlich zahlreiche Bodenbrüter. Auch die Hauskatze ist in diesem Zusammenhang zu nennen, ohne die Katze „dämonisieren“ zu wollen; sie macht das ja nicht böswillig, ist aber auch nicht auf die gefangene Nahrung angewiesen. Die nach dem Österr. Tierschutzgesetz verpflichtende Kastration soll hier der Vollständigkeit halber erwähnt sein. Abb. 2: Eigentlich ist der Feldhase gut gegen Feinde gerüstet: Fast 360 Grad „Rundumblick“, lange Ohren zum Richtungshören und für den Temperaturausgleich, gute Tarnfarbe und kräftige Hinterbeine, die Sprünge, um schnell und Haken schlagend zu flüchten. Dennoch: Gegen die moderne Landwirtschaft und eine „Überzahl“ an die Kulturlandschaft angepasster Feinde haben Jungtiere wenig Chance. Foto: Ch. Böck 34 Von „kaum noch bejagt“ kann ebenso keine Rede sein. Die Jagdstrecken sind zwar gewisse Weiser, bei geringerer Dichte wird aber unterdurchschnittlich gejagt, denn selbstverständlich hat die Nachhaltigkeit bei den Jägern großen Stellenwert und wenn kaum Zuwachs der Feldhasenbesätze zu verzeichnen war, heißt es „Hahn in Ruh“. ÖKO·L 37/4 (2015) Zum Glück gibt es aber Jagdstrecken, denn ein Monitoring dieser Tierart ist zwar gut möglich, würde aber wohl sehr teuer werden. Außerdem variiert die Feldhasendichte von Gebiet zu Gebiet gewaltig, da sogenannte Hegemaßnahmen heutzutage eben das Um und Auf darstellen. Hege bezeichnet übrigens alle Maßnahmen, die eine nachhaltige Nutzung des Wildes sichern, und das bei gleichzeitiger Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung regionaltypischer Ökosysteme mit ihren zugehörigen Tier- und Pflanzenarten. Im Zuge dessen werden auch Lebensraumverbesserungsmaßnahmen in großem Stil durch die Jägerschaft gemeinsam mit den Landwirten und den Imkern durchgeführt, die ab heuer im Zuge der neuen GAP (Gemeinsame Agrarpolitik) der EU hoffentlich den Wildtieren wieder zugute kommt. Der gute Lebensraum alleine macht‘s aber nicht aus, andere Faktoren spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle... Wir wollen außerdem auch jagen, denn die natürliche Ressource Wildbret ist in Bezug auf Nachhaltigkeit, Regionalität und Tierschutzgerechtigkeit nicht zu vernachlässigen. Auch die Aussagen auf Seite 4 des oben zitierten Beitrages, dass Raubwild seine Beute nicht ausrotte und selbiges zu erlegen sei „unsinnig, zumal einige ihrer Vertreter auch schon ziemlich rar geworden sind und längst unter Naturschutz stehen sollten“ ist nicht nur kühn zu behaupten, sondern schlichtweg falsch und monokausal gesehen. Ausrotten wird zum Beispiel der Fuchs den Hasen nicht, aber zweiterer ist nicht alleinige Beute des Fuchses, der ob nicht mehr vorhandener Tollwut Populationsgrößen erreicht hat, die ihresgleichen suchen, und somit wird der Feldhase in der Prädationsfalle (auch durch andere Beutegreifer) sitzen, ohne jemals wieder mehr zu werden (vereinfacht ausgedrückt). Nachhaltige und selbstverständlich legale Raubwildbejagung hilft nicht nur jagdbaren Tierarten, sondern auch anderen wie etwa dem Braunkehlchen, dem Kiebitz, der Feldlerche oder der Wachtel. Das heißt nicht, dass Habicht, Rohrweihe oder Uhu wieder bejagt werden sollen. Ganz im Gegenteil: Die drei genannten Arten sind bereits geschützt: Der Habicht ist als „jagdbare“ Tierart (in der Schonzeitenverordnung angeführt und somit juristisch als Wild bezeichnet) ganzjährig geschont, die ÖKO·L 37/4 (2015) Abb. 3: Zu hohe Deckung liegt dem Feldhasen nicht. Er will hinaus sehen können, um notfalls schnell „Hasenpanier ergreifen“ zu können. Foto: N. Mayr Rohrweihe und der Uhu sind im Sinne des Naturschutzgesetzes geschützt. Versuchen wir uns also gemeinsam für Kulturflüchter wie den Feldhasen einzusetzen und betreiben wir keine Feindbildpflege. Die Energie und letztlich die Synergien aller Naturliebhaber sollten nicht verschwendet, sondern richtungsweisend eingesetzt werden! Literatur Frey-Roos F. (2012): Schonzeiten für Raubwild und Neubürger? 18. Österreichische Jägertagung 2012: 59-60 Guthörl V. (2011): „Häschen in der Grube“ - Synthesen zur ökologischen Dominanz der Prädation in Kulturlandschaften. http://wildlandweltweit.de/downloads/ (16.10.2015) Litzbarski H. (1998): Prädatorenmanagement als Artenschutzstrategie. Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg, Heft 1. Meinecke B., Voigt U. (2009): Literaturstudie zur Prädation bei den Niederwildarten Feldhase, Rebhuhn und Fasan. Institut für Wildtierforschung an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Statistik Austria: Jagdstatistik des jeweiligen Jahres; Schnellbericht 1.11 (www. statistik.at) 35 Stadtgrün und Straßenbetreuung Abteilung Botanischer Garten und Naturkundliche Station Roseggerstraße 20, Tel. 0732/7070-1870 1. Quartal 2016 Kreatives & Entspannung In den Workshop-Kosten ist der Eintritt in den Botanischen Garten inkludiert. Freitag, 12. Februar, 15:30 – 18:30 Uhr und Samstag, 13. Februar, 9 – 16 Uhr, Seminarraum: Geist der Natur. Pflanzen malen mit chinesischer Tusche und Aquarellfarben mit Yonghui Deistler-Yi. Mind. 8, max. 16 TeilnehmerInnen. Kosten: € 95,-. Materialien bei der Kursleiterin erhältlich. Infos und Anmeldungen: 0660/400 15 28 oder [email protected], www.yi-kunst.com Exkursionen & Führungen In Kooperation mit der Volkshochschule Linz Ausstellungen Natur & Botanik Samstag, 2. Jänner bis Sonntag, 31. Jänner: Zitronen, Orangen & Co. – zauberhafte Vielfalt der Zitrusgewächse. Eingangshaus Samstag, 30. Jänner bis Sonntag, 13. März: Exotische Schönheiten – die Welt der tropischen Orchideen. Orchideenhaus, Eingangshaus Freitag, 4. März bis Sonntag, 6. März: Sonderausstellung des Oö. Orchideenvereins mit Verkauf und Beratung. In Kooperation mit Orchideen Kopf/Deggendorf und Orchideen Handlbauer/Gramastetten. Eingangshaus Samstag, 19. März bis Sonntag, 8. Mai: „Frühling, ja du bist’s! Dich hab ich vernommen!“ – Frühlingserwachen im Botanischen Garten. Freiland Kunstausstellungen Samstag, 23. Jänner bis Sonntag, 7. Februar, Seminarraum: Johanna Gebetsroither: Titanweiß und Himbeerrot. Ölmalerei auf Holz. Vernissage: Freitag, 22. Jänner, 18 Uhr Samstag, 19. März bis Sonntag, 3. April, Seminarraum: Barbara Ritterbusch Nauwerck: natura naturans. Die Natur als Künstlerin – die Künstlerin und Biologin als Interpretin. Vernissage: Freitag, 18. März, 18 Uhr Vorträge In Kooperation mit der Volkshochschule Linz Seminarraum, jeweils Montag, 18 Uhr, Eintritt € 7,- / keine Anmeldung erforderlich Montag, 15. Februar, 17 Uhr: Dr. Friedrich Schwarz: Ausflug in die Tropen mitten im Winter. Spezialführung durch die Schauhäuser des Botanischen Gartens. Eintritt: € 7,- / keine Anmeldung erforderlich. jeweils Dienstag, 14 Uhr, Eintritt: € 5,- / keine Anmeldung erforderlich Montag, 18. Jänner: Dr. Anton Weissenhofer: Kaokoland – der Norden Namibias. Botanische und ethnologische Besonderheiten aus dem Land der Himbas Vogelbeobachtung als Naturerlebnis. Vogelkundliche Führungen mit Konsulent Herbert Rubenser. Dauer der Exkursionen: jeweils 2 – 3 Stunden, Ausrüstung: festes Schuhwerk, Fernglas, ev. Bestimmungsbuch. Preis: Erw. € 5,-, Kinder und StudentInnen € 2,50 Dienstag, 2. Februar: Richtiges Schneiden von Obstgehölzen. Freinberg, Treffpunkt: Jägermayrhof Montag, 22. Februar: Dr. Herbert Reisinger: Die Orchideen – zauberhafte Schönheiten und raffinierte Verführer Dienstag, 16. Februar: Exotische Schönheiten für Zuhause. Pflege von Zimmerorchideen Montag, 29. Februar: Dr. Thomas Mohrs: Vielfalt ist Leben – Einfalt (gefährlich) öd. Über den Wert der Diversität unserer Kulturpflanzen ] Samstag, 6. Februar, Pichlingersee: Gefiederte Wintergäste. Treffpunkt: 7 Uhr, Parkplatz beim Campingplatz ] Samstag, 19. März, Pferdebahnpromenade St. Magdalena: Waldvögel. Treffpunkt: 7 Uhr, Park neben der Feuerwache Nord A U S S T E L L U N G Gartenpraxis Dienstag, 23. Februar: Richtiges Schneiden von Ziergehölzen im Garten Dienstag, 1. März: Kakteenpflege – Topfen, Düngen, Vermehren Dienstag, 15. März: Gartenrundgang auf der Suche nach Osterdekoration Dienstag, 22. und 29. März: Der Schnitt der Rosen praktisch erklärt G A RT E N P R A X I S Der Schnitt der Rosen praktisch erklärt Montag, 7. März: DIin Eva Thun-Täubert: Gärten in Großbritannien – ein persönlicher Querschnitt durch die reiche Gartenfülle. In Kooperation mit der Österr. Gartenbau-Gesellschaft Montag, 14. März: Ing. Herbert Pointl: Heimische Wildblumen für Natur-ErlebnisGärten A U S S T E L L U N G TITANWEISS & HIMBEERROT Ölmalerei auf Holz Johanna Gebetsroither Di., 31. März und 7. April, 14 Uhr Botanischer Garten: Treffpunkt Portier Eintritt: € 5,- & ZITRONEN, ORANGEN CO Zauberhafte Vielfalt der Zitrusgewächse Samstag, 31. Oktober 2015 bis Sonntag, 31. Jänner 2016 Botanischer Garten, Eingangshaus, täglich von 8 bis 17 Uhr geöffnet (außer 24., 25., 31. Dezember und 1. Jänner). Samstag, 23. Jänner bis Sonntag, 7. Februar 2016 Vernissage: Freitag, 22. Jänner, 18 Uhr, Botanischer Garten: Seminarraum Stadtgrün und Straßenbetreuung Stadtgrün und Straßenbetreuung Botanischer Garten und Naturkundliche Station Stadtgärten Botanischer Garten und Naturkundliche Station Botanischer Garten und Naturkundliche Station 36 ÖKO·L 37/3 (2015)